Project Gutenberg's Die Probefahrt nach Amerika, by Leopold Schefer

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Title: Die Probefahrt nach Amerika

Author: Leopold Schefer

Release Date: June 11, 2013 [EBook #42912]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE PROBEFAHRT NACH AMERIKA ***




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                       Die
             Probefahrt nach Amerika.


                      Roman
                       von
                 Leopold Schefer.



                     Bunzlau,
              Appun's Buchhandlung.
                      1837.




                       Die
             Probefahrt nach Amerika.


     Motto: Lasset der Welt nur den Lauf,
            und das Wasser dann findet ihn selbst schon!





�Sch�nen guten Abend, Herr Pastor! Hier bringe ich die sechs Dreier
Reisegeld nach Amerika von meinem Vater.�

So sprach eine junge M�dchenstimme in unser abenddunkles Zimmer herein,
darin ich gedankenvoll, ja kummervoll, auf- und abging. Ich hatte wohl
verstanden, was das liebe Kind wie mit Engelsstimme zu mir gesagt. Aber
desto mehr war ich von dem himmlischen Gru� �berrascht und bewegt, und
stand, gewi� �ber und �ber roth geworden, im D�stern still, und hatte die
H�nde gefaltet. Das arme M�dchen aber mochte glauben, wir h�tten es nicht
geh�rt, und so sprach es mit leiser Stimme noch einmal: �Sch�nen guten
Abend! Ich bringe unsre sechs Dreier zur Probefahrt . . . .�

Mache doch Licht an! -- sagte ich zu meiner Frau, die in der Feierstunde am
Fenster sa�, zu welchem die wie jung gewordenen ersten Fr�hlingssterne vom
dunkelblauen Himmel herein gl�nzten; -- mache doch Licht, liebe Frau! Es
ist Webers Gretchen!

Meine liebe Frau aber regte sich nicht; oder vielmehr, sie legte sich mit
dem Gesicht in ihre wei�schimmernde Arbeit vor ihr auf ihr Tischchen. Ich
seufzete unh�rbar, ging selbst, z�ndete einen Streifen Papier an meiner
Luftfeuermaschine an -- woraus die Flamme mir blitzschnell dienstfertig
herausfuhr und mich dadurch sehr erquickte; und als das Licht brannte,
sprach das liebe kleine M�dchen, wie nun erst getrost, recht freundlich:
�Sch�nen guten Abend!�

Guten Abend, mein Kind! sagte ich ihr mit dem Gef�hl, das ihr, ihren armen
�ltern, und der ganzen armen gepeinigten Gegend recht gute Tage w�nschte.
Sie gab mir die sechs Dreier Reisegeld nach Amerika, lauter Kupferdreier,
mit Gr�nspan belegt, also aus dem Salzgelde, denn der Weber verkaufte nur
Salz. Du bist die Erste, die mir bringt. Gieb mir Deine Hand und Deinen
Segen, mein Kind! sprach ich halblaut, meiner Frau wegen, und mit nassen
Augen, des �bervollen Herzens wegen. Ich trug den Weber in das dazu bereite
Buch, gab ihr eine Quittung . . . . damit man den Amerikanischen Kaufleuten
nicht zur Schande nachsagen m�ge, da� sie �ber jede Kleinigkeit in ihrem
wohlgeordneten Lande ein Quittung geben, selbst �ber ein bezahltes
Halstuch; und das liebe Kind schied mit einer verlegenen �Guten Nacht!� an
die Frau Pastorin, und mit einer getrosten guten Nacht an mich.

Die Nacht m�chte nicht gut werden! dachte ich. Ich trat zu meiner Frau,
legte meine Hand ihr auf den Kopf, den sie seitw�rts wandte. Mein Kind!
Meine liebe Frau! sprach ich so mild als m�glich. Sie regte sich nicht. Und
so fuhr ich fort in meinem Styl: La� uns betrachten! Wie w�re es denn --
wenn ich ein Missionair w�re? M��te ich dann nicht? . . . . Oder h�ttest Du
mich dann nicht geheirathet? . . . . Und bin ich nicht wirklich ein
Missionair, ein Abgesandter von dem, der uns sagte, uns, mir also auch, und
in der Noth erst recht laut: Gehet hin in alle Welt! Und unter _aller_ Welt
ist doch gewi� die neue Welt, und so Gott will, die be�re Welt, auch mit
begriffen! Ihm war Himmel und Erde bekannt, und gewi� auch Amerika, das in
der alten Welt ja auch bekannt war, den Tyriern und Sidoniern; und wenn sie
sich auch vor dem Wasser f�rchten, doch auch den Juden, und dem weisesten
Juden, der so viel und gern am Meere wandelte und lehrte. Und soll ich
zeitlebens, oder um meine zwanzig Amtsjahre nur immer geredet haben? Soll
ein Geistlicher nicht auch _thun?_ Mit gutem Beispiel vorangehn? Mit Muth!
mit Erfahrung! Wer ist denn noch �berall der stille Freund und Tr�ster des
Volkes, als die Geistlichen, die Weltgeistlichen? Bin ich's nicht auch?
Habe ich mich nicht um meine sch�ne laute Stimme gepredigt? Habe ich mich
nicht um allen meinen eigenen Trost getr�stet, so da� ich selbst wie ein
Irrlicht schwebe, nicht wie ein m�chtiges Licht, so stark, da� es selber
steht! Habe ich mir die gute redliche Brust nicht verdorben, da� nur eine
weite Seereise mich herstellen kann, aber gr�ndlich herstellen wird, wie
der Doctor sagt. G�nnst Du mir das nicht? Soll das Volk verkommen,
verzweifeln, da in aller Welt doch H�lfe f�r alle Welt ist? Soll ich nicht
reisen und ihnen die Ruhest�tte der Lebendigen helfen bereiten? Soll ich
sterben vor Leiden und Qual? Leide ich nicht? -- denn seh' ich nicht
leiden? La� mich leben! Komm Du mit!

�Das ist mein Tod!� sprach meine liebe Frau, sich aufrichtend, und, sahe
von mir weg, hinaus, hinauf unter die Sterne. Aber sie hatte ihre rechte
Hand herabhangen lassen, und das hie� von ihr -- wie ich aus Erfahrung
wu�te: -- sie hatte mir ihre Hand gegeben.

�Du gehst als ein Volksspion!� sprach sie jetzt, wie f�r mich sich
sch�mend, aus ihrem edlen liebevollen Herzen.

. . . . Volksspion? wiederholte ich ohne es zu wollen. Aber, mein Kind,
sprach ich mit ruhigem Selbstgef�hl, haben die Hirten der Heerden nicht
ihre Gesandten, die ihnen alles berichten, was ihnen frommt? Sollen die
V�lker nicht ihre Gesandten haben? Und willst Du den Apostel Paulus, den
Columbus, den Vasco da Gamma, den ber�hmten Reisenden schlechtweg, und den
Prinzen, einen Volksspion nennen, weil am Ende jede Reise, jede gro�e
Entdeckung, jede kleinste Erfindung f�r das Volk ist! Halte mich lieber f�r
eine Taube No�h, oder einen Raben! Und hei�e ich nicht _Volkmar?_ Was
_Volk_ ist, wei�t Du; und was _mar_ bedeutet, habe ich unsrem Gustav Adolph
erkl�rt. Also Volkmar will ich auch seyn!

�So oft er den Soldaten, _dem Volke_, wie man, nach Deinem Worte,
mi�br�uchlich und unchristlich sagt, nachl�uft, dann nennst Du den Jungen:
Volks-Narr! und Du, Du willst ihm vorlaufen! Verstanden?� sprach sie; stand
auf und ging hinaus, um das Abendbrot zu besorgen.

Ich aber sch�mte mich f�r Alle, die sich des Volkes anzunehmen sch�men,
nach Kr�ften, kniete auf ein Knie nieder, beugte mein Haupt und betete: O
Volk, o deutsches Volk, Dein bin ich, so lange ein Athem in mir weht, der
Athem Gottes. Denn in dir, o Volk, lebt derselbe alte Vater heilig, aber
jetzt hier recht erbarmungsw�rdig, Gottes unw�rdig! Denn Gott soll f�r alle
seine Gaben doch nicht hungern und dursten, nicht halbnackend frieren, und
so bek�mmert aussehen, wie die theuren Menschengesichter hier alle weit und
breit um mich. Gott soll kein Schlo� vor dem Munde haben, Gott soll man
nicht lebendig begraben, in seinem Sohne, seinen Kindern allen, dem Volke!
O Gott, gieb, da� Alle erkennen, Wer, welch heiliger Wer in dem Volke lebt.
Darum Dein bin ich, o Volk, so lange ich einen Tropfen Blut in den Adern
habe, eine Zunge im Munde; denn ich wei�, wer es ist, der _Es!_ -- _Es_
blitzt! _Es_ donnert! _Es_ regnet �ber die Saaten! _Es_ rei�t mir am
Herzen. _Es_ f�hrt mich fort! --

Ich stand auf, ich konnte nicht mehr. Aber ich war ruhig.

Da kam meine Tochter _Marie_, oder _Mirjam_, wie ich sie ihrer Ahnfrau zu
Ehren am liebsten nenne. Sie eilte auf mich zu, sie sank mir an die Brust,
und ich hielt sie umarmt an dem treuen Vaterherzen. Ich wei� nicht, eine
Tochter erscheint dem Vater immer so wunderbar eigen, wie seine Mutter und
sein Weib zugleich, und doch wie das zarte sch�ne Herzblatt des eigenen
Wesens selbst. Heut r�hrte sie mich doppelt. Sie war in ihren
Sonntagskleidern, wei� und sauber und lieblich angezogen; sie kam so
hastig, ihre ganze Gestalt wollte wie eine vollgedr�ngte Knospe brechen;
ihre Augen, ihre Lippen wollten tausend Dinge, die ganze Welt mir erz�hlen,
vertrauen, preisen! Sie schien eine Flamme, die nicht lodern will, eine
Lilie, die nicht gesehen sein will, so kam mir die Jungfrau ver�ndert vor
-- aber wodurch? Wie so schnell? Denn am Nachmittage war sie auf das Schlo�
gegangen, das auf einem H�gel mitten in der Stadt liegt, um ihre Freundin,
ihre Jugendgespielin zu besuchen, zu tr�sten. Denn der jungen _Baronesse
Freysingen_ war erst vor Kurzem die Mutter gestorben, eine musterhaft gute
Wittwe; denn alle Weiber werden als Wittwen gut, besonders aber diese, die
schon als Weib unvergleichlich gewesen. Denn um nur Eins zu sagen: sie
hatte alle Einwohner der zwanzig gro�en D�rfer ihrer Baronie frei gegeben
ohne Entsch�digung. Die M�dchen waren beide siebzehn Jahr alt, also wahre
Jungfrauen, ich hatte sie beide zusammen unterrichtet, und aus voller Seele
mich bem�ht, sie in allem Herrlichen redlich zu confirmiren. Was thut ein
Vater nicht! Auch mein �ltester Sohn, mein _Marbod_, hatte Theil an meinen
ausl�ndischen Worten, an dem Unterricht in der englischen und franz�sischen
Sprache Theil genommen. Viel Augen k�nnen Ein Licht sehen, viel Ohren Einen
Mund h�ren, und Kindern gegen�ber ist der Vater ein feuriger, reiner,
undurchdringlicher Lehrer. Die Kinder waren wie Geschwister. Meine Mirjam
hatte den Abend auf dem Schlosse bleiben wollen, und sie kam schon nach
Hause? Zu mir? Es war also etwas vorgegangen, geschehen, _ihr_ geschehen,
und ich frug sie, was sie mir bringe?

�Mich!� antwortete sie. �Dir . . . oder, wollte ich sagen, Ihnen, lieber,
lieber Vater!� Dabei dr�ckte sie mich heftig.

Hat Dir die Mutter drau�en gesagt? -- Ach die Mutter! Du wei�t, da� sie
schon ein Jahr und l�nger her nie ein Wort dagegen gesagt, da� ich nach
Amerika will, auf Probe; aber um wirklich sagen und f�hlen zu k�nnen, wie
Auswanderern um das Herz ist, wie ihnen also in Wahrheit geschieht, bin ich
mit Gott entschlossen, auf immer auszuwandern. In den zwanzig D�rfern
sammeln die Vorsteher . . . . das arme Reisegeld; hier aus der Stadt
brachte jetzt ein Kind an mich die ersten sechs Dreier. Nun also ist Ernst!
Das Reden ist aus, das Thun geht an, und nun spricht die Mutter: das ist
mein Tod! -- nicht meiner, mein Kind, sondern _ihrer_, meint sie -- und das
macht mir den schweren Gang nur schwerer, denn ich gehe -- und sie wird
bleiben! Nun, soll ich allein gehen? Oder -- kommst Du mit? Denn unser
Marbod bleibt hier in der Pfarre als mein Vicar, mein Substitut, cum spe
succedendi -- sag' ich Dir heut. Und bleibst Du auch bei der Mutter, so
reis' ich allein mit meinem Gustav Adolph und Gott! Und euch befehle ich
Gott!

Ich hielt inne. Du weinst? frug ich dann. Ja, Scheiden ist schwer. Scheiden
von Lebendigen schwerer, als von den Todten; denn da hat die Natur
geschieden, das Schicksal. Wer aber von Lebendigen, von Geliebten scheidet,
der kommt ihnen vor wie ein �berm�thiger, leichtsinniger -- Narr! Denn so
hat mich die Mutter genannt -- Volksnarr!

�Ach, mein Vater!� sprach sie leise, �wie soll ich Ihnen nun gestehen --
sagen, wollte ich sprechen, da� ein Amerikaner hier ist! Im Schlosse! Den
zweiten Osterfeiertag reist er schon fort nach Bremen, sich wieder
einzuschiffen. Er will Sie mitnehmen. Sie sollen ihn heut besuchen. Ich
soll Sie holen! Ach! --�

Mir war ernst, mir war froh zu Muth. Und doch kam mir meine Tochter noch
r�thselhaft vor. Ich war bewegter als sie. Denn Alles in meinem Hause, in
der Meinen Herzen hat mir immer das Wichtigste geschienen. Und scheinbar
gleichg�ltig frug ich meine Tochter nur: Ist er jung?

�Zehn Jahr gewi� j�nger als Sie, mein Vater!�

Also drei�ig! -- Ist er verst�ndig?

�O wie es sich ihm zuh�rt! Und dann hat man doch nichts verstanden, nichts
gemerkt! Ich k�nnte kein Wort treu wiedererz�hlen!�

Also ist er sch�n? frug ich eben so gleichg�ltig.

�O Vater,� fuhr sie fort, meine Frage zur Seite lassend, �das Herz klopft
Einem vor Freude, endlich einmal einen Mann sprechen zu h�ren, m�nnlich,
frei, stolz -- als wenn der blaue Himmel �ber ihm voll Heldengeister
schwebte, die ihn durch frohe Billigung st�rkten und zur Feuerflamme
machten. Mein Gott! denk' ich mir selbst den General, den Vormund der
Baronesse, oder den Superintendenten dagegen, die mit eingezogenen Achseln
stehn, und mit sch�chternen Blicken inne halten und lauschen, ob ja nicht
etwa ein Minister oder Prinz da oben schwebt, der ihre kriechenden Worte
noch nicht kriechend genug findet und sie von oben herab mit dem Finger
warnt, da� sie zusammenfahren . . . . . Was habe ich doch gesagt, mein
Vater, ja, ja, so kommt es mir vor, als wenn ich bis heut noch keinen Mann
reden gesehen h�tte, verzeihen Sie, lieber Vater, als Sie auch. Sie k�nnen
auch reden! -- Aber Sie sind ja -- mein Vater. --�

Schon gut, schon gut! sprach ich, und wu�te genug und seufzte: o Freiheit,
wie machst du den Menschen sch�n! Mein armes M�dchen, dachte ich, auch Dir
ist es geschehen! -- Ist er verheirathet? ist er reich? frug ich weiter.

�. . . W�rde er so weit reisen, wenn er eine Frau h�tte . . . .�

-- meinst Du! Du Schelm! schaltete ich ein. --

�. . . ich meine nur: er kommt aus Petersburg, �ber Constantinopel,
Alexandrien und Rom durch �sterreich, Baiern. In N�rnberg hat er tausend
Dutzend Schachspiele bestellt und bezahlt. Gehn Sie hinauf auf das Schlo�;
ich will noch bei der Mutter bleiben!�

Noch? Du gutes Kind! Du willst also mit mir! Das danke Dir Gott! Freilich.
Die neue Zeit ist wunderbar, oder die neuen Menschen, die den alten elenden
Menschen ausgezogen haben, den neuen anziehen wollen, und inde� schauernd
stehn wie Bettler. Decke den Tisch.

Die Mutter wollte das Essen noch nicht auftragen. Ich bestand auf Eile: und
sie folgte mir zwar, doch mit einer Miene, als wenn ich mich um eine Freude
br�chte. Warum aber heut am Sonntag Abend ein gebratenes Huhn? -- Warum
heut Alles so besser als sonst, das erfuhr ich, als zwei Reiter in den Hof
gesprengt kamen, und bald darauf ein Husar in der Mutter Armen lag, und in
der Schwester Armen. Denn es war mein Sohn, mein Vicar! noch in der bunten
Soldatenraupe. Mein Ersatzmann! Die Ankunft des Sohnes bedeutete der Mutter
ganz sichtbar meine Abreise, meinen Verlust, und so hatte sie ihn ohne
lauten Ausruf, nur mit stillen Thr�nen empfangen. Darauf setzten wir uns zu
Tisch. Ihre Augen hingen immer an seinem -- sch�nen Gesicht; denn warum
soll ich als Vater blind und stumm seyn? Sie a� wenig und nichts, er allein
fast alles! Denn mein Gott, wie war �berhaupt der junge Mensch verwandelt!
Einen fein gebildeten jungen Mann hatte ich vor Jahr und Tag fortgeschickt,
unter die Soldaten, einen Candidaten der fr�mmsten Wissenschaft, einen
Nachfolger der J�nger Christi, der nie zu laut sprach, wie ein M�dchen
err�thete, sich einfach kleidete, die Kartenk�nige und Ober nur vom
Amtmannspiel her kannte, der nicht tanzte, nicht Pistolen scho�, nicht Wein
nicht Branntwein trank, nicht Tabak rauchte, nur von belebenden Dingen,
wenn auch froh und heiter, sprach -- und ach! was mu�te ich jetzt von ihm
h�ren! Nichts wie von Pferden, Jagden und Hunden, von Spielgewinnst, von
vortrefflichem Tabak, und noch edlern Tabaks-Pfeifen; von B�llen, von
sch�nen M�dchen in den Quartieren bei der Musterung, Geschichten und
Abentheuer von seinen Cameraden, wie sie vielleicht heut an andern Orten
_seine_ Abend- oder Nachttheuer erz�hlten! Und seine Sprache -- wie
ba�rauh, cantorm��ig ausgetrunken seine Stimme, sein Auge so zu sagen
frech, sein Ansehn -- dem Ansehn nach gesund . . . . aber ich bin Kenner,
ich sah mit Vateraugen. Da mu� ein Vater Freude haben! seufzete ich
herzinniglich. Da m�ssen tausend V�ter jetzt Freude haben, denen ihre S�hne
so wiederkommen. Alle redliche M�he der M�tter, alle Sorgfalt der V�ter,
alle Zucht im Hause, aller heiliger Zorn �ber die kleinen Keime von Unarten
der Knaben, alle Lehren in den Schulen, alle Predigten in den Kirchen --
Alles umsonst! Von Unkraut erstickt alles �chte, rechte Menschenwesen und
Menschensinn. Predigt doch nicht, lehrt doch nicht! Lehrer und Prediger!
Lieben Eltern, la�t doch alle Knaben aufwachsen wie Wilde, ja eure M�dchen
auch -- denn auf _der_ Universit�t aller Rohheit und Laster bekommt ihr
doch Candidaten der Unreligion nach Hause, die euch Gott und Herz und Athem
und Lunge ersparen; die mit ausgerenktem und ausgerenkt verwachsenem Herzen
verdorben, sie euch doch verderben, euer Leben und ihres. Aber so verlangt
es die in Europa eiserne Zeit. -- Ich ward immer �berzeugter von der
Wahrheit meiner innern Worte. Die Mutter hatte die letzte Flasche Wein ihm
zu Ehren herauf holen wollen -- denn er hatte bescheiden seine Schwester
blos um ein Weinglas gebeten -- die Mutter aber kam mit leerer Hand wieder,
denn ich hatte den Wein armen Kranken hingetragen, und ihr Auge gab mir
ihren Dank; der Sohn l�chelte und sein Calfactor mu�te die Feldflasche mit
Arrak bringen -- und ich mu�te den vortrefflichen kosten! Ich trank den
Tropfen aber auf die Gesundheit der M��igkeitsvereine in Amerika, und bat
den Sohn um Verzeihung . . . . da� _ich_ den Wein, und heimlich,
fortgetragen in der Tasche, mit der ich im Finstern an das Gel�nder der
elenden Treppe der armen Leute angesto�en habe, und die guten Kinder
derselben h�tten mir die Glasscherben aus der Tasche gezogen -- und mit
hohlen untergehaltenen H�ndchen den filtrirten Trank der Mutter hingetragen
-- und auch noch vergossen, weil sie auf die Mutter gesehen, und nicht auf
das H�ndchen.

Da lachte mein Sohn! Und wie Odysseus �berlegte ich, ob ich das lachende
Gesicht aus v�terlichem Zorne ganz einschlagen sollte, oder ihn nur so ein
wenig schlagen, da� ihm Kinnlade und Z�hne ausfielen -- aber er h�tte ja
vielleicht den S�bel gezogen, und ich h�tte ihn dann selber todtstechen
m�ssen, und alles war aus! Meine Fahrt nach Amerika! Selbst meine H�lfe an
alle arme �ltern gegen _solche_ Freude an ihren S�hnen! Die
himmelschreiende Freude! Ich stand nur vom Tische auf, und meine
feinf�hlige Tochter Maria hing sich mir an meinen Arm und fl�sterte mir
beschwichtigend zu: �Vater, liebes V�terchen! Der Bruder wird in drei
Tagen, oder doch in drei Wochen ganz anders seyn, wieder wie zu Hause!
Vergeben Sie ihm!�

�Habe ich Sie beleidigt? Vater! Womit denn?� frug der Sohn, so unschuldig
unbewu�t -- da� es einen Stein h�tte erbarmen m�gen. Das war das �rgste: er
wu�te nicht mehr, wo und wie er fehlte! Und ich sagte zur Antwort die
Wahrheit: _Du_ nicht, mein Sohn! Du hast mich nicht beleidigt, nicht
gekr�nkt. Du hast nur Ordre pariert. Du erf�llst nur das Gesetz. -- Und so
begriff ich einigerma�en die neue, wahrhaft edle Absicht: die Soldaten nun
fromm zu machen, ihnen Gebetb�cher in die H�nde und Tornister zu bringen,
und die Commerschlieder mit frommen Morgen- und Abendliedern zu ersetzen.
Nur so ist _ihnen_ zu helfen.

Desto hei�er brannte ich auf das Schlo� zu gehen. Da kamen sie schon! Meine
Augen waren, wie des alten Zacharias Augen, auf den Amerikaner gespannt.
Aber vor ihm trat ein junger schlanker Schwarzer ein, ein Afrikaner, der
fr�hlich und wohlgemuth seinen Herrn meldete. Den Namen �berh�rte ich, weil
er selbst schon mit der Baronesse und ihrem Vormund, dem General, eintrat.
Die Weiber beknipten sich, die M�nner -- n�mlich ich mit -- kr�mmten sich
wie lange Haarw�rmer, die lange in einem h�lzernen Violinbogen gesteckt.
Der Amerikaner aber gr��te blos durch seine anst�ndige Erscheinung, das
heitre gesunde Antlitz, den wohlwollenden Blick aus den blauen Augen, zu
welchen das braune Haar ihm so wohl stand. Nach und nach schied sich die
kleine Gesellschaft und vereinigte sich. Die Mutter klagte vermuthlich dem
General-Vormund die Noth, der Husarenoffizier theilte der jungen Baronesse
seine mit Freuden aufgenommene Freude mit, sie wieder zu sehen, wozu Maria
mit einer Hand auf dem leisen Harfenzuge des Pianoforte von Zeit zu Zeit
die Melodie von dem Volksliede h�ren lie�:

   �Auf, auf, ihr Br�der, und seid stark!
   Der Abschiedstag ist da.
   Schwer liegt er auf der Seele, schwer,
   Wir m�ssen �ber Land und Meer
   In's hei�e Afrika!�

Und so trugen die alten, im Volke unverge�nen und jetzt neu lebendig
gewordenen T�ne meine Seele in dem nun entsponnenen Gespr�ch mit dem
willkommenen Gaste, dem Amerikaner.

Ihre Kunde, sprach ich am Caminfeuer mit ihm sitzend, darf ich als
Wegweiser wohl benutzen, denn Wegweiser sollen etwas mehr wissen und eher
als die Weg_wandler_ -- Auswanderer.

�Also wirklich! Sie wollen auswandern? -- -- Auswandern?� sprach er ernst.
�Auswandern, sich selbst verbannen! Sich selbst ermorden! -- um der Kinder
willen. Seinen Leib, sein Herz, seine Seele aus dem Leibe rei�en -- um der
Freiheit willen. O schwer, o bitter, das Bitterste auf der Welt. Sterben
wir, so ist hoffentlich Land und Erde vergessen. Meine ich. Aber! Wandern
wir aus, so geben wir Vaterland und Leben verloren -- es bleibt Alles,
Alles hinter uns, wie hinter einem Lebendigbegrabenen. Denn so eng, so
dumpf und schweigend und leblos, so jammervoll ist es um den
Ausgewanderten, sagte mein Vater uns Kindern bei jeder Gelegenheit, bis in
das Alter, noch oft; selbst auf dem Sterbebette -- bald leise, bald laut;
und im letzten Traume sprach er erst recht bewegt von der Heimath, hier
dr�ben von dem Berge! von dem Vaterhaus -- dem Schlosse hier dr�ben -- von
den alten Linden -- so da� uns in der Fremde geborenen Kindern zu Muthe
ward, als w�re ein weltfremder Mann, ein gutm�thiger Wilder -- ein Sohn der
Sonne unser Vater! Ich f�hre das nur an, so wie er auch sagte: Selber
B�ume, einen ganzen Wald w�rde man f�r desto rasender halten, wenn sich die
B�ume alle selber ausrissen, �ber Felder und Berge und das Weltmeer liefen,
und dr�ben mit den Wipfeln oder K�pfen sich in die Erde pflanzten, und die
Wurzeln hoch in die H�he kehrten, da� sie gr�nten und bl�hten und Fr�chte
tr�gen! Doch wenn ich euch ansehe, Kinder, sprach er auch wohl, sehe ich
doch, in der Welt ist Alles m�glich! . . . . wenn es n�thig ist! Das
Ungl�ck ist das einzig wahre Saamenkorn des Gl�cks! Die Noth, die �u�erste
Noth ist dem Menschen die Todtenerweckerin, die unbarmherzige Aufschreierin
seiner tiefsten, gewaltigsten Kr�fte, die ihn �ber blo�es Menschenseyn mit
zwei Beinen und Armen erhebt, und ihm Fl�gel giebt �ber das Meer. Es giebt
ein kleines Insekt, der Vater wies es mir oft, das hat zwar Fl�gel unter
den Fl�geldecken, aber es l��t sich von den Kindern jagen, martern,
stechen, brennen -- und erst, wenn man ihm die Fl�gel ansrei�en will, dann
fliegt es fort, hoch in die Luft, und macht sich unsichtbar seinen
Marterh�lzern von Menschenfleisch oder Menschenfleischern. Der Mensch ist
noch lebensz�her als ein Polyp, der sich umkehren l��t, das Innere heraus,
die Haut hinein, und fortlebt -- das vermag der Mensch bei Herz und Seele
im Leibe -- aber mein Vater kam mir doch vor wie . . . . wie eine nackte
Seele, so immer wund, so immer schauernd, da� mir erst wohl ward, als er
mir seinen Segen gab, der gewaltig klang und voll Verhei�ung triefte wie
Gottes Wort. Aber sein Schlo�, seine Kinderstube, seine alten Linden hier
mu�te ich doch sehen. Wahrlich, mich trieb nicht das Capital, welches noch
von ihm her auf diesen G�tern steht. Es mag stehen bleiben, wenn es sicher
ist. Sonst will ich sehen, was hier zu unternehmen und auszuf�hren ist --
nach _seinem Testament_.�

Ich denke, es steht sicher; sprach ich, nicht ganz �berzeugt, meinte aber,
da� die Sequestration, die jetzt eingetreten war, das Capital desto
sicherer stellte. Der Amerikaner war also der Sohn des vorigen alten Herren
der Baronie, und der j�ngere Herr _von_ Steinbach, und Herr von Steinbach
wollte ich ihn nennen, als er nicht unanst�ndig, aber gnugsam lachte, und
sprach: �Ich hei�e _Winhing_, mein Bruder _Johannes_, meine Schwester
_Sabina_, und auch meine Mutter hei�t _Susa_, so da� alle Vornamen der
Stra�burger Familie sich in uns einmal wiederholen. Aber dem a und de
Steinbach haben wir Ade gegeben und den Taufnamen _Erwin_ zu unserem
Familiennamen gemacht, da wir einen Mann haben, der den Geschlechtsnamen
erst durch Verstand und Flei� und Kunst geadelt. Das ist nicht ganz zum
Lachen, und nicht ganz des Vergessens werth.� Er lachte aber. Und doch
freute er sich �ber mein Weib, auch eine geborne von Steinbach, also eine
Mitenkelin vom alten _Erwin_ von Steinbach, der den Stra�burger M�nster
erbaut, und blos als Andenken zeigte er mir das Wappen auf seinem Petschaft
--: das gekr�nte Kind, das aus blauem Meer auftauchend eine wei�e Rose in
der rechten Hand h�lt.

�Mein Vater!� erz�hlte er dabei, �ging aus dem Wunsch aus Europa: kein
_armer_ Adliger mit ungl�ckseligen Sclaven oder sogenannten Unterthanen,
wie man sie hier nennt, zu seyn, sondern lieber ein reicher, freier, blo�er
Mensch; durch Landbesitz, den er f�r sein Geld erworben, also adliger, als
jene ersten Adligen in Deutschland, die mit gewaffneter Faust einwandernd
Leute und Land behielten. Mein Vater hat mir in seinem Testamente vermacht
und aufgegeben -- und Geld dazu: -- in meinen m�nnlichen Jahren eine
Colonie verarmter Adliger und bauergutsloser Rittergutsbesitzer nach unsrer
Union �berzusiedeln, und ich habe schon sechzig Familien, freilich kaum ein
Hunderttheil der ganzen Trauerliste. Aber entschlie�en sie sich? Sie h�ngen
wie Faulthiere am abgefressenen, eingegangenen Brotfruchtbaume, bis sie
verschmachtet herabfallen und dann kaum weiter schleichen k�nnen auf den
neuen Lebensbaum.�

Freilich, kann ich sagen, sprach ich, Frau und Mann m�ssen Beide gleich
entschlossen seyn, auszuwandern! _Das ist die erste Regel!_ Freilich mu�
die neue Europ�ische Noth der alten Asiatischen Noth, gleichsam einer
�gyptischen Finsterni� gleich kommen, ehe die Deutschen ihr _Ruheland_
Deutschland verlassen, wie einst Asien, aus welchem sie noch verschiedene
Kasten voll und von Noth mitgebracht. Die Deutschen vor allen sind
Erdwanderer, vielleicht Erdumwanderer -- bis ihre Enkel klug und gl�cklich
durch Californien und das von den herrlichen Menschen volle Sibirien wieder
heimkommen! Aber was ist Noth? Wenigstens bei den Deutschen, also auch
Menschennoth? . . . . �Noth� hei�t bei den alten Deutschen: Fessel, Gewalt
und Zwang. Dieses Kleeblatt von der Todes- oder H�llenwiese war ihr
tiefstes Ungl�ck! Ihr einziges! Sonst ertrugen sie Alles! Was nicht Fessel,
Gewalt und Zwang war, war keine Noth -- und Noth bezeichnet, wie ihnen,
auch uns noch das tiefste Ungl�ck; das letzte aber auch. Ein Volk von
Charakter hat Jahrtausende dasselbe Herz, denselben Sinn. Glauben Sie,
Master Erwin, da� der kl�gste Mann von Rom, C�sar, ein Esel gewesen ist,
oder da� er Luchsaugen gehabt? Und dieser alte Luchs und Fuchs, C�sar, sagt
von den Deutschen: �Ubi fons, campus, nemusve iis placuerit, ibi domos
figunt, _mox alio transituri_ cum conjugibus et liberis. _Nam diu eodem in
loco morari periculosum arbitrantur libertati._� Und schon haben es sich
die Deutschen �ber 2000 Jahre hier zu Lande gefallen lassen.

�Wir Amerikaner haben auch die lateinische Sprache abgethan! Was sagen Sie
also, Herr Volkmar?�

Und froh verwundert dar�ber sagt ich: �Wo ein Quell, Feld oder Hain den
Deutschen gef�llt, da befestigen sie ein Haus, mit der Absicht bald vor�ber
zu ziehen mit Weibern und Kindern. Denn lange an demselben Orte zu sitzen,
halten sie gef�hrlich f�r die Freiheit.� -- Wir Deutschen kennen unser
Vaterland nicht, blos unser Gasthaus und Wirthshaus. Und sch�ndlich w�re es
von Einem Deutschen, Einen Deutschen zu beschuldigen, von Einem �bles zu
reden, denn es ist nur geschehn, was sie Alle hier gewollt und gesollt,
oder geduldet. Nur vom �bel redet ein Redlicher. Aber davon auch frei.
_Wohin_ aber nun unser Zug geht, der unwiderstehliche Zug, aus
unerkl�rlichem Drang und Zwang, wo nun das Zelt aufschlagen? Das ist die
Frage!

�Kleinasien, Ru�land fa�t viele Millionen,� bemerkte der Amerikaner.
��gypten!� --

Da giebt es nur Einen Stoffeh�ndler. Freier Handel w�re uns lieb! versetzte
ich.

-- �Griechenland ist sch�n und �de.� --

Da f�rchten wir den Religionskrieg, die Pest.

-- �Italien ist nah, und W�ste genug um Rom.� --

Von den R�mischen Pfaffen ist den Deutschen alles Ungl�ck gekommen, Beten
lehrt uns die Noth schon genug. Den Papst hat ein Nebenzweig von unserem
Stamme, die Trojaner und ihre Colonie die R�mer, mit aus der Mongolei
gebracht. Er ist weit genug geschleppt.

-- �Also nach Spanien! Das Hesperien selbst der Hesperiden, der Itali�ner.
Nicht? -- S�damerika? An der Grenze von Peru kauft man ein K�nigreich um
das Geld f�r ein englisches Pferd. --�

Lieber in die W�ste gebaut, als neben unruhige Nachbarn.

-- �Also nenne ich Mexico nicht, weil es Neu-Spanien ist. Aber Canada?�

Das soll erst werden und thun, was die vereinigten Staaten von Nordamerika
sind und gethan, h�rt man von dort. Aber warum wollen Sie uns nicht zu
sich?

-- �Wenn die Deutschen ihren Charakter behaupten k�nnen! Und den Charakter
verdirbt alles Nachmachen, Nachreden, die angenommene Sprache, Nachsitten,
Nacharten, Nachneigen, Nachgehorchen, selbst wenn Gesetze, Verfassung und
Regierung h�chst menschlich und w�nschenswerth w�ren.�

Wir geben klein zu! D�rfen wir bei Ihnen Wir seyn und Wir bleiben, wenn wir
kein Gesetz, keinen Menschen beleidigen?

-- �_Ja!_ Ich meine! --� schlo� der Amerikaner.

Wir hatten Amerikanisch, also Englisch, und im Grunde dann Alts�chsisch,
Altdeutsch gesprochen, und dieses uralte �I guess� ich meine, vergesse ich
nie. Ich stand auf. Wir waren fertig mit dem -- Friedensplan und
Friedenszug. Nur noch das Wort setzte mein neuer Freund hinzu: �Raum zu
leben und sich wohl zu befinden, haben noch Vierhundert Millionen Menschen,
so breit sie sich machen, so hoch sie wachsen wollen. Aber auf den
Einmalhunderttausend deutschen Quadratmeilen Land ist unterschiedliches
Klima, mit Seeen, mit Wald, mit Bergen, mit Str�men, mit Meeren nach Morgen
und Abend und Mittag, mit Pflanzen und Blumen und Kr�utern und B�umen, mit
Fischen und V�geln, mit zahmen und wilden Thieren der Erde, da� Jeder das
Seine sich w�hlen kann. �_Brot und Freiheit_� steht mit Schwei� und Thr�nen
f�r unsere G�ste angeschrieben �ber dem Thor zu unserem Lande. Aber nicht
mit Blut! Wir haben _keine Schulden_ -- wenn Ihr das Wort versteht. Wir
haben _keine Feinde_, als solche, die wir verachten k�nnten -- wenn Ihr das
Wort versteht. Wir haben _Frieden_ auf lange Jahrhunderte -- wenn Ihr das
Wort versteht. Wir haben _keine Armen_ -- wenn Ihr das Wort versteht. Ja
wir haben selbst eine miserable Miliz, einen l�cherlichen Landsturm, der
aber gradezu eine himmlische Heerschaar ist, weil er l�cherlich seyn kann
-- wenn Ihr das Wort begreift. Ich meine.�

Ich meine auch; sagte ich. Heut zu Tage braucht man nichts mehr zu sagen.
Die ganze Welt meint blos, und die ganze Welt versteht. So weit haben wir
es durch Cultur gebracht! Wie stehen in Etwas erschrecklich hoch, und was
bei Ihnen fehlt, weil es noch nicht n�thig ist, die Humanit�t ist unser
Ungl�ck. Denn ein Vern�nftiger l��t sich am Ende Alles gefallen, selber ans
Kreuz schlagen, weil er meint, es thut Andern wohl, und so thut es ihm
nicht weh. Aber das lange H�ngen macht Zappeln.

Der General-Vormund f�hlte sich bedr�ckt, da� seine ganze sch�ne Armee in
Amerika mehr als �berfl�ssig und ein Unding sein sollte! So viel Festungen
-- Undinge! So viel Kanonen -- Undinge! So viel Plage, Geschrei und m�de
Gebeine -- Undinge! Aber er f�hlte sich schuldig, verschuldet, und schwieg.
Mein Sohn Marbod sa� in seiner Husaren-Uniform wie ein Gespenst da, und das
Gold darauf blitzte umsonst. Meine Tochter hatte endlich ein wenig lauter
auf dem Pianoforte, wenn auch nur mit einem Finger, die Melodie des
neugebornen Liedes: �Auf, auf, ihr Br�der, und seid stark!� gespielt, und
Master Erwin trat nun sehr bescheiden zu ihr und bemerkte blos, da� in der
ganzen Union Sonntags kein Laut Musik aus Schonung der vollst�ndigen Ruhe
der Andern erklingen d�rfe -- als sie feuerroth ward und das Instrument
verschlo�. Der Gehorsam r�hrte mich schwer und bewegte mich tief zu
seufzen, denn meine Braut war mir einst auch so gehorsam gewesen. Kaum aber
hatte ich dies sichere Zeichen der Neigung gesehen, als sie erbla�te, sich
an die Freundin lehnte und bald darauf aus dem Zimmer ging, ja nicht mehr
wieder kam, so lange die G�ste dablieben, denn ihr bewunderter Freund hatte
im ferneren Gespr�ch gesagt: �_da� er hundert Sclaven habe_.� Hundert
Menschensclaven -- Er!

Es war schon sp�t. Abreden wurden getroffen, sie sagten gute Nacht, und
Erwin lie� gute Nacht dem armen Kinde sagen. Als sie fort waren, kam meine
Maria wieder und versicherte mich: da� sie nun getrost mit mir gehe. Ich
w�nschte ihr gute Nacht. Da hob sich ihre Brust nur, und ihre Augen
blinkten vor dem Licht in ihrer Hand, und sie getraute sich nicht, die
Augen vor ihrem Vater aufzuschlagen.

Vom Morgen an war nun ein neuer Geist �ber mich gekommen. Die Zeit zur
Abreise war kurz. Ich verzeichnete mir alle Gesch�fte, ich theilte sie in
die Tage ein. Durch meinen Entschlu� zu reisen war mir die Heimath zur
Fremde geworden, das Volk selbst zu G�sten im Lande. Ich war wie ernstlich
krank geworden. Ich war mir und Andern unn�tz, zu jeder Arbeit unwillig,
ungeschickt, verdrossen. Da� die Sonne zum Fr�hling h�her und w�rmer
schien, kam mir �berfl��ig vor. Aus j�hrlicher Gewohnheit deckte ich die
Weinlaube ab; aber ob die Reben Augen hatten -- die Kirschb�ume Knospen --
ich sah nicht darnach! Da� die Primeln in reichem Flor standen, erregte mir
nur Bedauern; da� ich Kinder taufte, junge Paare traute, schien mir ganz
�berfl��ig. Jemanden zu begraben, that mir recht leid. Hier war es ja nicht
werth zu leben, nicht werth zu sterben, oder recht werth, und ich segnete
die Todten mit gewaltigen Worten ein -- mit Zornworten von der Erde, nicht
mit Vorbereitungsworten f�r ihre neue Welt, ihre be�re Welt. Dem Kaiser
Karl V. kann nicht so zu Muth gewesen seyn, als er sich lebendig begraben
lie�. Denn um mich sangen ganz andere Stimmen! Prophetenworte riefen mich.
Den kommenden V�geln sagte ich: bleibt dort, liebe Kinder! Alle Papiere
suchte ich durch, um Jedem jeden Heller zu bezahlen. Ein langes Gesch�ft.
Ich hatte Geld einzufordern. Ein l�ngeres, undankbareres Gesch�ft. Von
nahen und fernen Freunden hatte ich Abschied zu nehmen, und einen
lithographirten Brief sch�mte ich mich an Alle zu schicken. Da mu�te Sohn
und Tochter schreiben, ich unterschrieb nur. Von den Andern hatte ich in
den Zeitungen Abschied genommen. Aber darauf erhielt ich nun Briefe,
dringende Bitten: Zehn, Zwanzig, Hundert, Tausend, Zweitausend Menschen
mitzunehmen oder nur zu f�hren! Diese Briefe voll Noth und Klage, schwerer
als sie zu ertragen schien, so lange zu ertragen unm�glich schien, lie� ich
in Quartb�nde heften, binden: die Briefe ungl�ckseliger armer Geistlichen,
die auf Korn gesetzt, bei Korn fast verhungerten, weil es nicht galt; die
Briefe von -- bei ihren Gemeinden verha�ten Geistlichen, weil sie in ein
gewisses Horn geblasen; Briefe von examinirten oder gleichsam im Examen
entseelten -- durchgefallenen Candidaten; die Briefe von Rechtsconsulenten,
die n�chstens zu verhungern versprachen, weil Bauer und B�rger aus Mangel
an Geld zu Prozessen lieber gleich alles Unrecht �ber sich ergehen lie�en;
Briefe von Hammerwerksbesitzern, die nur noch den gro�en Hammer besa�en,
aber keine eisernen G�nse; Briefe von Gelehrten, Philologen,
Schriftstellern, Professoren, Juris-Doctoren, ja sogar die tr�bseligsten
Briefe von Censoren, Waschweibern, Kammerjungfern, von Studenten,
Gymnasiasten und Schuljungen sogar! Briefe von armen Bergleuten, die
Tagel�hner, Klafterschl�ger und St�ckeroder geworden, von ihren
Frau-Spitzenkl�pplerinnen, den Nachkommen der Frau Barbara Uttmann, die f�r
sie nach Brabant gereiset, und f�r welche ich nach Amerika reisen sollte,
als ein Barbarus Uttmann; denn die armen Weiber versicherten, da� sie ihre
M�nner und Kinder von dem Kleinhandel nicht ern�hren k�nnten, sondern aus
Noth das K�rbchen Obst, Gem�se, ja N�gel, Blechger�the, Schwefel und
Z�ndh�lzchen angreifen und veressen m��ten. Der Amerikaner, Master Erwin,
besuchte mich t�glich, oder ich ihn; er war mein neuer Freund, denn die
Noth macht Freunde, oder zum Gl�ck, sie hat auch noch Freunde. --Ich sollte
nun aller Welt Freund und Erl�ser seyn, wie die Briefe sagten; ein
abgesetzter Professor der Geschichte titulirte mich den neuen Cadmus oder
Pelops; denn die Noth und der Druck in �gypten m�ge wohl auch entsetzlich
gewesen seyn bis zum Aus-der-Haut-fahren; denn das Vaterland sei die weite
Haut des Menschen oder der Leib des Leibes. Das war auch Erwins Meinung; er
war nicht recht einverstanden mit meiner Reise, und sprach eines Tages:
�Denken Sie sich nur, wenn wir Amerikaner auswandern wollten; wenn wir
freien Amerikaner in Deutschland eine Niederlassung gr�nden wollten, als
saurer Sauerteig in das alte Backfa� . . . .�

Ich erschrak billig, wie Tausende oder Hundert doch, vor diesem furchtbaren
Gedanken. Aber es schien Ernst dahinter, er verzog keine Miene, gab mir
Plan und Ausf�hrung an, und als sie ihm immer sch�ner und heilsamer, mir
immer grausenvoller erschien, frug er mich: Was Wir denn bei Ihnen zu Lande
wollten -- als abgebackenes Obst oder Mehl, nicht Korn!

Da brachte mir meine Frau zwei Briefe zusammen herein. Ich �berflog sie.
Ich lie� sie ihn lesen. Und so laut vorgetragen rauschten und z�ndeten sie
ordentlich in der gemeinen Luft, und es kam fast Entsetzen �ber mich, da�
der heilige �ther auch dazu da seyn solle, solch Geistergift und Elend zu
tragen -- wie das heilige Meer Sclavenschiffe mit dumpfem Gest�hn. Und so
zitterte in der Luft der

_Brief des Executors_.

�Sie gar lieber Herr Pastor, Sie wissen, da� ich im Nachbarland
Justizamtmann gewesen, aber untergehen mu�te, weil ich keine Arbeit mehr
hatte. So habe ich nunmehr hier die allerh�chste, wichtigste Stelle der
Justiz erstiegen, als Executor. Nur ein Executor kennt Recht und Unrecht,
von Gerechtigkeit will ich nicht reden. Er kennt Milde und Elend, Milde
derer, die auf alte Gerechtsame halten, wie mit H�nden von Eisen, um nicht
um Schlo� und -- Th�r zu kommen, und das Elend derer, die alte Schuld der
Zeit und der Menschen, die sie sich im Schlafe der Dummheit und Feigheit
haben aufladen lassen, nun mit erwachten Herzen abzahlen sollen. Kurz, ich
bin m�de, den Leuten die letzte Kuh aus dem Stalle zu nehmen, und die
d�rren Thiere meilenweit an miserablen Stricken fortzuschleppen und f�r ein
Hundegeld, kein Kuhgeld, erstehen zu sehen von den abscheulichsten,
hartherzigsten St�cken von armen Teufeln, welche aus Noth ein Auge
zudr�cken m�ssen, und das Herz im Leibe todt. Ich hei�e zwar kein Sclave,
aber ich bin ein _Seelensclave_, ich lebe in der Seelen- und
Herzens-Sclaverei, und ich bitte mit dem letzten Tropfen guten Blutes im
Herzen, da� Sie mich mitnehmen, und mich f�r die Kosten der �berfahrt
vermiethen, auf tausend Jahre meinetwegen, oder gradezu als _leiblichen_
Sclaven verkaufen, und mir soll wohl seyn. Die alten Deutschen verspielten
sich auch und verkauften sich selbst. Meine Seele verkauft meinen Leib.
Brot habe ich so nicht. Nehmen Sie mich mit, oder, ich versichre Sie,
lieber Herr Pastor, ich habe noch mehr als einen alten Strick, und so
morsch er ist -- schwer bin ich nicht. Ich stehe drau�en vor Ihrer Th�r und
warte auf Antwort.�

Ich sprang gleich hinaus, sahe den Mann mit seinem verwilderten Barte,
Thuiskon und alle alten G�tter standen vor mir; ich f�hrte ihn herein. Er
mu�te sich setzen, und schwieg. Denn der Amerikaner war ins Feuer gekommen
und las nun laut den zweiten:

_Brief des Schulmeisters_.

�Ew. Hochw�rden verzeihen, Sie als Christ von Ihrem gro�g�nstigsten
Vorhaben abreden zu wollen. Ist gegen allen herk�mmlichen Respekt. Aber wo
der Respekt in solcher Zeit hingekommen, wei� ich sub fide quasi pastorali
nicht anzugeben. Jetzt speculirt man gradezu auf Alles, die Menschheit
sogar zu vermindern, was doch stracks gegen das Einzige Gebot l�uft,
welches der alte Vater im Paradiese gegeben hat: �Seid fruchtbar und mehret
euch!� Ein wahrhaft g�ttliches, ja paradiesisches Gebot! Wie ich denn
selber 9 Kinder habe, zwei M�dchen und sieben S�hne, welche f�r die Pr�mie
von 50 Rthlr. -- also 9 Rthlr. 3 Gr. 5 1/7 Pf. pro Sohn -- nun, Gott sei
Dank! alle bei den Soldaten auf Lebenszeit versorgt sein werden und m�ssen.
So habe ich als Speculant nun gelesen, da� in China Hungerschulen in Flor
sind. Erschrecken Sie nicht, Hungerschulen, worin und wodurch man nicht
verd�chtig und strafbar die Noth sucht abzuwehren, sondern menschlich und
hochpreislich zu ertragen. Wer hungern kann, kann gradezu Alles auf Erden.
Und Wer hungern will, der will Alles, der ist zufrieden mit Allem, es hei�e
wie es wolle, ja es sei, was man will. Ich lege Ew. Hochw�rden, sub signo
solis, einen ausf�hrlichen Plan bei, worin Alles landesm��ig ausgearbeitet
ist, aus dem chinesischen Reiche und Clima in unser deutsches Reich oder
Clima �bersetzt. In China hei�en diese respectablen Schulen gradezu
Hungerschulen oder Tsing-Long. Ich schlage f�r uns und die lieben Unsern
lieber den Titel vor: Friedensschulen, Geduldschulen, oder h�chstens:
Magenschulen. Dort existiren sie zu tausenden. Die _Studenten_ darin tragen
eine Ehrenkleidung, die nur sie und auch der Kaiser tr�gt. Sehr gut und
exemplarisch. Denn da� bei uns die Armen wissen, da� F�rsten und
F�rstinnen, nebst Prinzen und Prinze�chen, doch zu Zeiten auch Kartoffeln
essen und alle Tage Salz, das giebt den Armen einen gewissen Adelstolz,
auch wenn sie selber nichts andres haben. �ber die Kleidung wollten wir uns
nicht streiten, denn das dort Wohlfeile ist hier theuer, und so habe ich
_Nanking_ etwas frei mit �roher Leinwand� �bersetzt. Climatisch! Oder
Schaafpelz? (Der K�lte wegen. Denn hungern _und_ frieren ruinirte alle
unsere Sch�ler, Studenten oder _Akademiker_; denn dieser Ehrentitel
�Akademiker� w�rde die deutschen armen Schlucker sehr anlocken.) Beispiele
von Vornehmen, Adligen u. s. w. w�rden Wunder wirken, wie der Hof den D�nen
das Pferdefleisch zur Probe gegessen hat. Beilage sub signo lunae aber
enth�lt ein vorl�ufiges Verzeichni� der Studenten und -- hier fehlt mir das
Wort -- etwa der geistlichen Schwestern unserer Gegend. Die ganze Kunst der
Chinesen beruht nun auf dem (sonderbar!) deutschen Sprichwort: �Der Hunger
ist der beste Koch!� Die Chinesen in sothanen Schulen, Gymnasien oder
Akademieen _fasten_ also, geistlich gesprochen, blos so lange, als es nur
ein Araber oder Wilder aushalten kann. Der Schmachtriemen hilft nach;
Wasser thut Wunder und n�hrt lange allein, wie man an Pflanzen sieht. Wenn
aber keine Kunst, keine Geduld, kein Zureden der angestellten geistlichen
und weltlichen Beamten mehr hilft, und auf lange Schw�che endlich Ohnmacht
schon eingetreten, dann wird das Zimmer mit G�nsebraten ger�uchert, n�mlich
mit ungebratenem, mit den Federn, die ein pr�chtiges Gastmahl vermuthen
lassen; oder Kinder schreien im Hofe der Anstalt wie ein Kalb und bellen
dazu wie ein Hund, als f�hre ein Fleischer eins heim, oder schlachte es
schon; oder es ert�nt quickendes und erquickendes Schweinegeschrei, als
werde sogar schon ein Schwein geschlachtet. Andere Knaben klopfen mit zwei
stumpfen Beilen auf ein Bret, als mache man Wurst. Kurz nach allen
Kunstst�cken der Politik und der Seelenlehre, wenn der Studiosus wirklich
zu sterben drohte vor Appetit -- dann wird ihm ein wenig -- aber was? --
Pferdefleisch gebracht, und die gute ehrliche Seele bleibt wieder in ihrem
Leibe oder in ihrem irdischen Vaterlande, und l��t sich wieder t�uschen. So
lernt er, so kann er, wird sanft, mildth�tig, lehrf�hig, und stiftet dann
selbst wieder eine Magenschule in andern e�begierigen Gegenden, und alle
Unzufriedenen, durch Steuern oder Prozesse, oder gar Arbeitslosigkeit zu
Grunde Gerichteten gehen in diese dem Lande r�thlichen Schulen. Aber erst
in unsern Kleinkinderschulen diese wahre Koch- und E�kunst einzuf�hren,
w�re eine Verbesserung, welche die Sache an der Wurzel angriffe, und bleibt
wie die Erfindung derselben uns Abendl�ndern vorbehalten . . . . Ihnen, ich
erspare Ihnen und der seelensguten Frau Pastorin Ihre Auswanderung, und
30,000 unwissenden, armen, deutschen, j�hrlich blos darum Auswandernden,
weit sie eine Erfindung der Chinesen nicht ahnen, die ihnen doch Allen so
nahe liegt, sich so aufdr�ngt Tag f�r Tag. Aber vergebens. Denn die Welt
ist blind. . . . .�

So weit hatte der Amerikaner gelesen, laut, und wir sahen uns billig an,
und zuckten die Achseln, als der Verfasser, mein braver Schulmeister in
Hammersdorf, hereintrat, weil ihn das Vorlesen wie ein Strom in seine
eigenen Worte gezogen. Er hatte seinen besten Staat an, ein abgeschabtes,
gewandtes, schwarzes Kleid, aber das blasse, redliche, wohlmeinende,
kummervolle lange Gesicht, die mild und treu uns anblickenden Augen
benahmen uns jeden Gedanken, als den des redlichen frommen Willens in
diesem Manne.

�Da� die Natur so weit herabsinken kann bis in eine solche Gestalt, bis in
solche Gedanken!� sprach der Amerikaner leise zu mir. �Er scheint seinen --
Schulplan schon selbst erprobt, ja probat gefunden zu haben; so
himmlisch-chinesisch sieht er aus. Aber das nennen wir in Amerika:
Phantasmen! Schlimme Zeichen schlimmer Krankheit! Sogar in unsern
Irrenh�usern spuken doch andere Pl�ne. Solche nicht. Der redliche Mann ist
mir wie ein Verwesungszeichen an einem noch Unbegrabenen -- den man nun
begraben kann! Man begr�bt sicher nur einen Todten. Jetzt rathe ich Ihnen
mit mir zu reisen! Noch ein anderes Zeichen habe ich unterweges bemerkt.
Die Leute, besonders die M�nner bei Ihnen und weithin, scheinen n�mlich
taub. Man mu� schreien, ehe sie h�ren, zweimal es sagen, ehe sie antworten.
Das bedeutet Geistesabwesenheit, Versunkenheit. Kurz, wir reisen! --�

Ich sagte ihm, da� der Schulmeister Tolera, als Repr�sentant aller
m�glichen Toleranz, von den armen Schulkindern kein Schulgeld nehme -- und
der Executor best�tigte, da� er nie Leute f�r ihn habe auspf�nden sollen --
da� derselbe mit K�hen handle, Capitale von 3 bis 20 Thalern den Armen
negozire, und der Amerikaner rieth mir, diesen Speculanten mitzunehmen;
Fracht und Spesen wolle er f�r ihn tragen. Ich sagte das laut. _Tolera_
nahm es an, und versprach in seinem Eifer die Magenschule in der
vereinigten Republik anzulegen, worauf ihm bemerkt ward, da� dort nur die
Faulen hungerten, nicht die Flei�igen �und Flei� ist die Tugend der freien
Amerikaner.� Der Schneider brachte mir eben meine Reisesachen, und so
konnte ich dem armen Tolera sogleich meinen respectablen Rock schenken,
welchen er drau�en anzog und sich dann uns pr�sentirte. Er ging ihm bis auf
die Kn�chel, aber das gab ihm W�rde. Der Executor h�tte den Rock gern
gehabt, aber er schlug die Augen nieder und weinte fast, denn f�r ihn
schien der Amerikaner nicht Fracht und Spesen tragen zu wollen. -- �Das
Gl�ck ist selten doppelt,� sprach er, �das Ungl�ck aber oft. Ich mu�te oft
wegen zwei Schuldposten auspf�nden -- und ich will es ferner mit Gottes
H�lfe.�

Mit _Gottes H�lfe!_ Das verzweifelte Wort entsetzte und r�hrte mich. Soll
Gott zu Druck und Rache helfen? Ich getraute mich, beim General-Vormund ihm
die vacante Stelle des gl�cklichen Meisters Tolera zu verschaffen, damit er
lieber ein Executor des g�ttlichen Willens werde. Das war er zufrieden und
f�hlte sich gl�cklich. Master Erwin nahm dagegen mit feinem L�cheln den
Schulmeister in Pflicht, zum Heil Amerika's dort die Hungerschulen
einzuf�hren. Das war er zufrieden und f�hlte sich gl�cklich.

Ich hatte in den Zeitungen von meinen entfernten Freunden Abschied
genommen, aber die Nahen konnte ich nicht besuchen. Mein Gott, so sollte
ich sie denn hier lassen, dahinten auf immer! Sie sollten alt werden, Staub
werden, vergessen seyn! Wahrscheinlich, wie bisher, sahe ich -- wenn ich
blieb -- etwa nur Einen oder den Andern in Jahren, und noch zuf�llig
irgendwo auf eine Stunde! Aber es war doch m�glich, da� ich zu ihnen
konnte, sie zu mir! Diese begl�ckende M�glichkeit schnitt ich mir nun ab.
Ach, die M�glichkeit! Die Menschen wissen gar nicht, was sie an der blo�en
M�glichkeit haben. Oder vielmehr, sie wissen es wohl, Alle �bersch�tzen
sogar die M�glichkeit! Weil alles Gute, Freiheit, Friede, Gl�ck, m�glich
ist -- darum halten sie aus wie besessen, so lange es m�glich ist, ja meist
noch l�nger, noch sch�ndlicher. Diese Betrachtung st�rkte mich recht, wenn
ich mit meinem Sohne durch die zwanzig Dorfschaften ritt, deren Ambassadeur
ich war. Wie sie so still vor den Th�ren sa�en, wie sie sich um mich
versammelten, die Greise, die M�nner, die Weiber und Kinder, die Jungfrauen
und Junggesellen! Sie waren Alle ausgewurzelt mit dem Geiste, nur leicht in
Erde geschlagen, wie B�ume, die versetzt werden sollen. Aber es war auch
schon ein Geist �ber sie gekommen, wie ich ihn diesen Leuten nie zugetraut
h�tte, sondern �berhaupt nur der Welt und dem Gott, von wannen er ihnen
gekommen. Ja die Leute tr�steten mich und dr�ngten mich! In Frankreich
hatten die Pfaffen wieder einmal dem Volke den j�ngsten Tag wei� gemacht
und angesetzt. Der Wirrwarr soll aus der Maa�en gewesen seyn. So konnte ich
auch an jedem Abend sagen: Ich habe heut seltsame Dinge gesehen. Wie vor
dem j�ngsten Tage ging es auch hier zu -- und wer wei�, wie nahe er ist --
nur alles hier geordneter und zu einem vern�nftigen Zwecke, wozu eine
besondere Th�tigkeit n�thig war, kein Heulen und Z�hneklappen und
Lippengepl�rr. Fast Alles, was die guten Leute hatten, war auf die
Bedingung verkauft, verschenkt, ja durch Testamente vermacht an Andere,
Bleibende, Herziehende, wenn ich ihnen Nachricht sendete, Freudennachricht:
�Ihr Menschen kommt! Ich habe gefunden, was Ihr gesucht, seit Eure V�ter
aus Indien gezogen, so viel tausend Jahre sie hier sich versessen, und am
Teich Bethesda gelegen, den kein Engel bewegt, geschweige ein schwarzer
Engel oder mehrere.� Sie betrachteten den Amerikaner, wie ohngef�hr die
Peruaner einst einen wei�en Sohn der Sonne, der zaubern k�nne. Und so
thaten wirklich seine einfachen, graden, wahren Worte, keine
Versprechungen. Selber der kleine Landesherr w�rde keinen solchen Eindruck
mehr auf sie gemacht haben, wie Er. Ich seufzte und schwieg. Mein Sohn ging
statt rothweltlich nunmehr wiederum schwarzgeistlich; auch den Schnurr- und
Schnauzbart hatte ich ihm im Schlafe abrasirt, versteht sich in Eil _nur_
ein Wenig davon, nur die H�lfte auf einer Seite, und die andere H�lfte
mu�te er Schande halber am Morgen dann selbst cassiren. Alles Volk kam mir
auch wie von einem guten Vater jetzt so halb rasirt vor, und die Schande
des Halben wird alles Halbe nun selbst rasiren. Wie lange sa� ich selber
nicht eingeseift! Ich ermahnte die guten Leute zu Geduld, und sie frugen
mich fast wehm�thig, ob sie nicht Geduld gelernt h�tten, und nun eben erst
recht beweisen wollten dadurch, da� sie wegz�gen? Ich hatte mich mit den
Anordnern von Auswanderungen in vielen andern Gegenden in Verbindung,
gesetzt; mit den sehr l�blichen Anordnern und Versorgern der Auswanderer
aus der Schweiz, aus W�rtemberg, aus Rheinbaiern, den Rheinprovinzen, aus
Hessen und Sachsen, und manches Gute erfahren, auch B�cher zugesandt
erhalten, viele von den Verfassern selbst; denn welcher Deutsche meint es
nicht selbst mit dem Teufel gut -- wie Klopstock mit dem b�sen Engel --
geschweige mit Deutschen. Diese B�cher vertheilte ich nun in alle die
D�rfer so, da� sie wechselten und Jedes in jedem den Gemeinden an den
Sonntagen vorgelesen wurde. Als: Kromme's Reise durch die vereinigten
Staaten; Klinkhardts Reise nach Nordamerika; das herrliche: �Michigan�, ein
Wegweiser f�r Auswanderer; �Illinois�, ein Wegweiser f�r _Ein_wanderer;
(sch�n gesagt: _ein_ statt _aus_, denn wer auswandert, thut es eben blos um
einzuwandern) �Leben und Sitten in Amerika�; -- �Missouri, ein Wegweiser
f�r Einwanderer�; -- �Doctor August Neanders Richard Boxter�; -- �Kurze
Schilderung der Nordamerikanischen Staaten nebst ausf�hrlichen
Vorsichtsregeln f�r Auswanderer, von Witte�; -- �Der Nordamerikanische
Rathgeber von Gerke�; -- �Der vollkommene Nordamerikaner, von Dalp aus
Bern.� (Das bis jetzt beste Buch von allen). Und so manche andere B�cher
und Charten. Auch hatte ich mir selbst eine enorme Charte der vereinigten
Staaten zusammengemalt, eine Specialcharte, illuminirt, so gro�, wie ein
Scheuntenne, und auf ein Tenne lie� ich sie breiten, und mein bester
Schulmeister Tolera erkl�rte sie mit einem Rechenstiele den Zuschauern im
leeren Bansen. Abends fand ich gew�hnlich Handwerker mit ihren Weibern bei
mir; und selbst ein sonst immer betrunkener Schlosser war so
feierlich-n�chtern, so wei� gewaschen, verst�ndig, so wohl gekleidet und
artig, voll vom Gef�hl, da� sie nach Amerika wollten -- als wenn sie wegen
einer edlen That sollten zu einem K�nig zur Tafel gehen, und bei mir Probe
��en, denn ich behielt die guten Leute zu Tische. Meine Tochter Maria hatte
ihre Kleider, und Alles, was ich von Weiberhand bedurfte, selbst flei�ig
gemacht und fertig. Die Mutter hatte keine Hand dabei angelegt. Mein Sohn
Marbod war in meine Stelle eingewiesen. Ihr ward noch kein Auge feucht.
Erst als ich am Auferstehungstage meine letzte Predigt gehalten, als ich
den Leuten das Abendmahl ausgetheilt und es selbst genommen, noch einmal
den lieben Ort, die versammelten Menschen, die Apostel �ber mir im Gew�lbe
angesehen, und die Altarstufen hinunter gewankt und �ber die Gr�ber nach
Hause geeilt war, und meiner Frau um den Hals fiel, da glaubte sie mir --
denn sie war in der Kirche gewesen und, aus Wehmuth, vor mir nach Hause
geeilt. Als sie sich ausgeweint hatte, stand sie, d�ster zur Erde blickend,
gl�hend im Gesicht, und sprach zuletzt: �Das h�tte ich nicht von Dir
geglaubt, da� Du mich verlassen w�rdest . . . .�

Und ich nicht von Dir, sprach ich gest�rkt, und bat und dr�ngte sie,
mitzukommen.

�Siehe,� sprach sie aufblickend, �soll ich es denn sagen? Wie elend haben
wir Jahre lang uns durchgebracht, wie schwer die Kinder erzogen! Denn was
�ltern jetzt auf Kinder wenden wollen, das m�ssen sie sich abdarben. Ihr
Geistlichen seid zumeist auf Korn und Hafer gesetzt -- auf Geld sitzt Ihr
nicht; h�chstens auf den paar Groschen f�r Trauen und Taufen; zum Abendmahl
gehen Viele nicht, weil sie es bezahlen m�ssen -- und Korn und Hafer gilt
nicht, und von Brot lebt man heut zu Tag nicht -- und so haben wir
sch�ndlich genug auf den Tod meiner alten Muhme, der Frau von Gaispitzheim
in Breslau, gewartet; aber heute lebt sie noch und sitzt auf ihren drei
Tonnen Goldes. Gehe ich nun . . . sterbe ich vielleicht, so bekommen unsere
Kinder Nichts! Und die armen drei Kinder m�ssen sich eben so plagen, so
darben und dulden wie wir. In Breslau liegt Amerika f�r mich! Also weil ich
redlich als Mutter denke, darum bleibe ich! -- Sprich nicht, ich bin kein
gutes Weib, oder gar: ich scheide mich von Dir. Du scheidest Dich ja auch
nicht von mir -- das wei� ich -- Du gehest nur! Ach, darum gehe, und gehe
getrost, und la� mich getrost. Nur Eins w�re schlimm, und ein schlimmer
Betrug, wenn ich bliebe und doch vor der Erblasserin st�rbe. Dann gedenke
mein! Ich habe es gut gemeint.�

Darauf gab sie sich mir wieder hin. Ich f�hlte ihre N�he, ihr Gl�hen, ihre
Liebe, Ihren Besitz. Die helle sch�ne Sonne schien uns Beide an, wir hatten
zwei Schatten, aber Ein Herz f�r die Unsern -- _Wen_ wir jedes denn f�r die
Unsern hielten! _Wie_ wir es Beide denn gut mit ihnen zu meinen glaubten.
Und von ihren hei�en Worten schmolz mein Verdacht, als bliebe sie nur weil
sie eine Adlige war, und sie wu�te, da� ein Adliger eben grade viel weniger
in den Freistaaten gilt, als ein verst�ndiger Bauer, und alle Europ�ische
Thorheit, wie t�rkische Pantoffeln vor dem Gotteshause, auf dem Strande von
Amerika abgelegt werden mu�, wenn Jemand noch so halsstarrig gewesen, sie
nicht zu Hause abzulegen, oder auf der tausend Meilen langen Bu�reise durch
die Meeresw�ste, und da sie Gott und Menschen, selbst Wallfischen und
Gestirnen abzubitten. Mir war also ein Stein _vom_ Herzen, aber ein anderer
_darauf_ gew�lzt -- mit sehenden Augen, mit Liebe im Herzen, bei lebendigem
Leibe und vollem Verstande von meinem Weibe zu scheiden. Denn meine
Trennung war einer Scheidung wenigstens gleich! Aber ich hatte mein Wort
gegeben, ja meine Seele, das hei�t: meine �berzeugung, und so schied ich
mich als Geistlicher mit den gebr�uchlichen Worten von ihr; aber sie war
dazu vor mir niedergeknieet -- und ich knieete zuletzt auch zu ihr, und wir
hielten uns an den H�nden und sahen uns an einander noch einmal satt. Da
h�rten wir den Gustav Adolph gelaufen kommen. Wir standen gefa�t auf. Und
da� der Knabe bei der Mutter bleiben sollte, -- weil er wollte, war mir nun
lieb; denn sie blieb bei unserem Sohne Marbod, und wenn Dieser nun droben
�ber ihr in der Studirstube umher ging, konnte sie denken: Ich bin's. Bis
sie weinte und sprach, ach, Er ist es nicht, Der ist geschieden! Aber ich
will ihm alle Jahre schreiben zur Christbescherung und er schreibt mir, und
wenn die D�rfer nachwandern, wandre ich mit . . . . oder schiffe nach! --

Drauf sa�en wir Alle vereint, die Henkersmahlzeit zu essen. Da ereignete
sich noch eine kurze Scene. Nun, da meine Mirjam mit weggehen sollte, jetzt
war es meinem Diakonus Bierey eingefallen sie zu heirathen. Er kam noch vor
Tische und hielt um sie an. Ich �berlie� die Antwort meiner Tochter, die
ihm Ja sagte -- wenn er mitgehen wollte. �In Amerika soll das
vortrefflichste Bier seyn,� sprach er, �auch Wein schon. Das lockt mich
sehr; aber dort bin ich von der Gemeinde absetzbar, und meine Eink�nfte
h�ngen von der Vortrefflichkeit meiner Predigten ab -- und da man sich
auspredigt, und alle Jahre schlechter -- schlecht will ich nicht sagen --
so will ich doch in meinem Europ�ischen schwarzen Talar stecken bleiben --
so leid es mir thut, beste Maria! Nun heirathe ich in meinem Leben nicht,
denn es war nur so ein Einfall, aus Neid gewi� nur, denn das Lagerbier ist
noch zu jung und bekommt mir nicht. Also ein Einfall aus Neid, aus was Sie
wollen, nur machen Sie mich nicht l�cherlich, da� ich derber Vierziger habe
heirathen wollen. Es w�rde mir schlecht gegangen seyn!�

Mit den letzten Worten meinte er seine bew�hrte Antipathie gegen die
M��igkeitsvereine, nicht gegen die verschiedenen trinkbaren Stoffe, wogegen
sie errichtet sind. In Amerika h�tte er nun vielleicht gar an die Spitze
eines solchen Vereines treten sollen. Er mu�te, als Dank von meiner Seite,
mein Gast seyn. Die Baronesse schickte mir zur Henkersmahlzeit mit den
Meinen sechs Flaschen edlen Wein; und schon bei der zweiten hatte er seine
neue Liebschaft �ber die alte vergessen. Was uns aber traurig �berraschte
-- sechs sehr artige, liebe, wohlerzogene Jungfrauen, die T�chter des uns
bekannten, verarmten und als Wittwer begrabenen Eisengu�werkdirectors
Horazius kamen reisefertig, und baten mich, da� sie blos unter meinem
Schutze mitreisen d�rften. Sie wollten sich ungekannt _dr�ben_ vermiethen
-- hier sch�mten sie sich. Sie zeigten mir ihre sechs kleinen Beutelchen
mit dem Gelde zur �berfahrt. Es ward ein Taufen angesagt; der Diakonus
empfahl sich uns allen und seinen lieben sechs Muhmen -- und w�nschte uns:
gl�ckliche Reise! Es ist kein Zweifel, wer das Sterben erfunden, der hat
auch das Abschiednehmen erdacht, es geschieht alle Tage auf der ganzen Erde
gewi� tausendfach, aber ich glaube haupts�chlich nur deswegen, da� der
Mensch recht empfinden soll, was er besitzt, besessen hat, und in Wahrheit
doch beh�lt, sonst w�rde es bei allen bittern Schmerzen doch nicht zugleich
ja gar so selig seyn! �Wir behalten uns!� sprach ich schon immer im Voraus,
indem ich in der Stube auf und abging, bald meine -- ach was denn! _meine_
Kupferstiche ja nicht mehr -- an der Wand ansah, bald meine Mirjam, die,
auf dem Sofa sitzend, eine Hand der Mutter gegeben hatte, eine Hand ihrer
Jugendfreundin, der Baronesse. Darum ist mein zweiter Hauptrath zum
Auswandern: _Nehme Jeder alle die Seinen mit!_ Sonst scheidet er nicht,
nein, er schneidet sich entzwei, kommt mit dem verdrossenen Leibe dr�ben
an, und hat die Seele zu Hause gelassen. Wo _alle_ die Unsern sind, da ist
es zuletzt �berall sch�n oder doch gut genug. Kinder aber scheiden noch
leicht und verlieren noch unbek�mmert. Denn mein dummer Junge, mein Gustav
Adolph, malte lieber Ostereier, als da� er eine Viertelstunde neben mir
gesessen h�tte, um meine letzten v�terlichen Worte anzuh�ren! Kinder sind
Etwas, sind Viel -- und auch Nichts! Unsere Stube war voll vornehmes
Abschiedsgesindel, Gevattern, Pathen, Anverwandte. Alles Weltneugierige.
Die Menschen k�nnen Keinen sterben lassen, er mu� ihnen wenigstens noch 12
mal 12 multipliciren; sie m�ssen ihn tr�sten, bedauern, vergeben, kr�nken
und zu rechte r�cken; sie k�nnen Keinen scheiden lassen, sie m�ssen ihm das
Leben schwer und die Zunge leicht machen. Ich ging also inde� auch
Abschied, nehmen -- zu meinen B�chern. Hilf Gott! wie �berfiel es mich da!
Ich weinte bitterlich! Aber sonderbar, wie ein Sterbender that ich einen
befreiten Blick �ber die armen Geister. Viel Freude ist in unsrer Literatur
nicht, das Meiste: Bed�rfni�, Noth, H�lfe. Es ging mir ein Licht auf; ich
m�chte sagen, ein bitteres. Kein Mensch schreibt mehr aufrichtig! H�chstens
ein Mediciner, ein Bohneneinsalzer. Keine Geographie, keine Geschichte ist
aufrichtig, was verdient Aufrichtigkeit genannt zu werden. Und da nun Jeder
anders f�hlt und denkt, so seufzte ich schwer: Ach, mit der Aufrichtigkeit
stirbt die Treue, mit der Treue stirbt der Mensch. --

�Sind wir Menschen?� frug eine h�hnische Stimme, wie der Teufel, hinter
mir, und ich sahe mich um. Aber nun auch, wie viel war ich los und warf ich
ab: zuerst alle Landcharten, Ru�land, T�rkei, Kirchenstaat, Spanien,
Portugal, selber Deutschland! Alle Journale fielen von mir ab, wie
angeklebte Bilder von einem als Bildermann maskirten Apotheker. Alle
Zeitungen, alle Kirchenzeitungen, denn nur noch eine Teufelszeitung fehlt
-- zerfielen in ihren deutschen Staub, Gott sei Dank! Ich war wie
neugeboren. Alle Philosophie, die zuletzt nur dem Papst den Pantoffel
flickte. Selbst alle Dichter. Und wie im Himmelsfeuer stand mir G�the auf
seinem Tabor verkl�rt. Denn sonderbar, unser Matador, der manchen Stier
erlegt, unser Dichterf�rst, was hat er wiederum in seinem besten, sch�nsten
Werk, dem Wilhelm Meister, anders angelegt -- und vollst�ndig in den schwer
verkannten Wanderjahren gelehrt -- als _die Auswanderung! Die
Auswanderung!_ Derselbe, der Herrmann und Dorothee das einzig h�lfreiche
Wort zur Zeit sprach: D�chten Alle wie ich, so st�nde die Macht gegen die
Macht auf, und wir erfreuten uns Alle des Friedens. K�nnte man sich manche
Deutschen so dumm denken, da� ein Mann wie G�the, gen�hrt mit dem Mark der
alten Welt, und in Leib und Herzen und Geist das Mark der Natur, ein Mann,
der f�r sich gar herrlich wu�te frei zu seyn, und sich aus Allem los zu
ringen, so vernagelt, so neidisch, so niedertr�chtig gelebt und gedacht,
nicht Allen Andern das zu g�nnen, was ihm allein nichts helfen konnte? In
Amerika will ich ein B�chlein ediren �der Volksfreund von Goethe,� der
seine ungeheuren Worte frei machen soll. Ja, ich getraute mich, durch
Ausz�ge und Zusammenstellungen seiner schlagenden und erschlagenden Blitze
ihn gradezu auf eine der beliebtesten Vestungen zu bringen, wenn er nicht
sicher in der F�rstengruft ruhte. -- Sicher? -- Hat man nicht schon gesagt,
er werde wieder hinaus practicirt werden? Weil auch der Staub verschieden
sei . . . . weil auch noch die Feder der todten Taube sich vor der Feder
des todten Habichts kr�mme, also kr�mmen m�sse. Fahret hin! sprach ich
lachend. Ich fahre auch hin. Aber zur Mitgift auf die Reise stach ich mit
dem Finger blind in ein Buch, dachte dabei an Amerika, blickte dann hin und
las mit R�hrung die sch�ne tr�stliche Stelle in Iphigenia:

   �Denken die Himmlischen
   Einem der Erdgebornen
   Viele Verwirrungen zu,
   Und bereiten sie ihm
   Von der Freude zu Schmerzen
   Tief-ersch�tternden �bergang;
   Dann erziehen sie ihm
   In der N�he der Stadt,
   _Oder an fernem Gestade_ --
   Da� in Stunden der Noth
   Auch die H�lfe bereit sei --
   _Einen ruhigen Freund_.�

Ich k��te den Band und lie� ihn wie Honig in einem absterbenden Baume. Die
gr��te Aufgabe der Indier w�hrend ihres Lagers im sogenannten Deutschland
scheint mir die L�uterung des durch die herrschs�chtigen Neu-R�mer
verf�lschten Christenthums, und so nahm ich als reines Facit nur �D. August
Neanders Werke� und �Reinhards Plan Jesu� mit mir. Von weltlichen B�chern
aber ein Buch -- wozu ein Volk von Gelehrten geh�rte, also die Deutschen,
und Jahrtausend alte und reiche Kenntni� es zu schreiben -- eine Bibliothek
in Einem Werke, mit einem Wort: die unsch�tzbare �Encyclop�die von Gruber
und Ersch.� Wenn einmal ein auf Welt-Unkosten reisender himmlischer
Regierungsrath, oder himmlischer geheimer Consistorial-Assessor k�me, und
auf der Erde Schulexamen ihrer Kinder vorgehalten haben wollte, oder Adam
fr�ge: wie viel wissen denn nun meine Kinder durch die Frucht vom Baume der
Erkenntni�; so th�te man f�glich am k�rzesten, dem Vater Adam oder dem
himmlischen Regierungsrath oder himmlischen Ober-Consistorial-Assessor die
Encyclop�die von Gruber und Ersch als Scriptum der geistreichen Kinder zur
Einsicht und Kenntni�nahme gehorsamst darzureichen. Und der Bericht an die
Weltregierung, das gro�e Ministerium des wahren Cultus, w�rde gl�nzend
ausfallen.

Jetzt Abends brachten mir arme B�rger eine Musik. Ich wei� nicht, ich bin
bei allen Dingen standhaft, sie kommen mir alle noch weltlich,
oberfl�chlich, menschlich vor. Aber, so wie Musik erschallt, wie Kl�nge aus
der gew�hnlichen Menschenluft da drau�en sich regen und hervorbrechen wie
rosige Blitze aus Wolken, und wie Donnergemurr und Gottes Rede aus Wolken
-- dann bin ich hin, dann bin ich erweicht, und die Geister machen mit mir
was sie wollen, und das Ereigni� erscheint nun geweiht, es geschieht nun im
ewigen sch�nen geheimen Leben; die Geister des Himmels wissen darum, sie
loben, sie preisen, sie verherrlichen es mit ihren Engelszungen, und nur
mit h�chster �berwindung bring' ich's dahin, dazu und darein zu singen, und
wenn mir's gelingt, dann lebe ich mit in dem Leben der himmlischen
Heerschaaren! Und nun sangen sie gar: �Befiehl du deine Wege!� . . . und
mit erh�hter gewaltiger Stimme: �Und ob gleich alle Teufel hier wollten
widerstehn, so wird doch ohne Zweifel Gott nicht zur�cke gehn. Was Er sich
f�rgenommen, und was Er haben will, das mu� doch endlich kommen zu seinem
Zweck und Ziel!� . . . und das Kraftwort: �Mach' End, o Herr, mach' Ende an
aller unser Noth!� -- Da trat der General-Vormund mit meiner lieben
Lehrtochter, der Baronesse, zu mir Einsamen herein. Sie w�nschten mir
Gl�ck, sie empfahlen sich meiner Gunst und Vorsorge. Denn er �bergab mir
2000 Guineen als Privateigenthum seiner M�ndel, das in der englischen Bank
gestanden und den Gl�ubigern nie mit geh�rt habe -- nur die Baronie -- und
auf den Fall, da� sie den Gl�ubigern ganz geh�ren werde, sollte ich dem
armen Kinde reicher Ahnen, der jungen Baronesse, dr�ben wieder ein St�ck
Amerika kaufen, so gro� es f�r das Geld seyn werde und k�nne. Kaufen aber
sollte ich jedenfalls; �denn,� sprach der General-Vormund, �in Zeiten mu�
Jeder f�r seinen Fall besorgt seyn. Vorsorge ist die wahre Sorge. Alles
Andere ist Kummer und Noth.� -- Dagegen versprachen sie mir, f�r meinen
Sohn alles M�gliche zu thun, und meiner -- Strohwittwe Freude zu machen,
die eigentlich nur um des geliebten Sohnes willen dableibe -- und die
Freysingen gab mir ihr H�ndchen darauf, aber sie zitterte, sie war err�thet
und ihre Augen schlug sie sch�chtern nieder und ein L�cheln schwebte �ber
ihr Gesicht und -- ich segnete sie . . . . . wenn mein Vaterherz sie recht
verstanden hatte, und sie weinte.

�Ja, es ist ein Elend,� st�hnte der General-Vormund; �die alten Burgen
w�scht der Regen herunter, und auch alle die Herren _von_ -- ��die Herren
von Hab' und Gut�� -- f�hrt der Himmel auch herab unter die
Menschenkinder.�

Am schwersten schien mir der Abschied von meiner alten lieben Gro�mutter,
die in dem Alter von 88 Jahren und staarblind in meinem Hause lebte, still
und ungemerkt. Aber er ward mir am leichtesten. Denn die gute Alte segnete
meinen Gang und sprach: �Du hast wohl einmal geh�rt, mein Kind, da� mein
j�ngster Sohn August, um mich als Wittwe zu kr�nken, von mir gegangen ist
nach Amerika. Das hab' ich aus Rotterdam erfahren. Er war kaum Chirurgus.
Meine Augen waren immer schwach; er wollte mich heilen und sein Mittel
machte mich blind. Da stie� ich harte Worte im ersten Schrecken gegen ihn
aus. Er solle aus meinen Augen gehn! Ich wolle ihn nicht mehr sehn! -- Ich
will Sie nicht mehr sehen, meine Mutter; ich kann es auch nicht! sprach er
und floh. Mein Gesicht kam wieder. Er blieb fort. Nun bin ich blind! Nun
kann er kommen! So lange habe ich gelebt, ihn wieder zu sehen! Und gieb
Acht, er lebt noch, Du findest ihn! Ja, so lange sterbe ich nicht, bis er
kommt. Und Du kommst auch wieder, mein Sohn!�

Nach Allem endlich schliefen wir zum letzten Male im Hause zusammen. O das
letzte Lichtausl�schen! Das letzte Gute-Nachtsagen! Und die Glockenschl�ge
der alten Uhr vom alten Thurme! Und das letzte Tagabrufen des
Nachtw�chters! O die Welt ist entsetzlich tief und schauerlich! Und das
Menschenherz ist sehr stark, und unzerrei�bar von allen Erdbeben und
St�rmen, die unter Gewitterwolken es zittern und klingen lassen von
unbegreiflichen, hinrei�enden Melodieen des Lebens. Und die Tr�ume kamen;
die alten Tr�ume, die weinenden, kamen lachend; und die neuen Tr�ume, die
lachenden, kamen weinend! Und ich schlummerte ein wenig, und die Tr�ume
weinten viel, aber die Thr�nen standen am Morgen _mir_ in den Augen. Und
ich dachte, so ist schon Hunderttausenden gewesen, in alten Tagen und
neuen! So wird noch Millionen seyn, so Gott will. Alle Th�ren im Hause
standen offen, als ginge es auf einen gro�en Jahrmarkt . . . . ich jagte
noch unser Rothkehlchen hinaus in die Freiheit; ich lies den Zeisig aus dem
Gebauer in die Freiheit -- die Katze blieb und der Hund lief mit! Und
sonderbar -- ich schied von Nichts und von Niemand schwerer, als von
Jemand, den ich doch mit mir nahm -- von meiner Tochter! Wohl weil ich sah,
wie sie Mutter und Bruder und Heimath verlor. Man mu� die Augen zumachen
wie ein Todter, den man hinaustr�gt, sprach ich zu mir. Mit offenen Augen
schiede er selber schwer! --

�_Du kommst wieder!_� sprach mein Weib zum Abschiedswort, und blieb fest in
der Hausth�r stehen, �Komm' wieder, Vater!� sprach mein Knabe, und kroch
mir noch in den Wagen nach, um mich noch einmal zu k�ssen; -- denn ich
hatte Pfefferkuchen bei mir!

Ein Wagen ist so dumm nicht erdacht; nach hinten und an den Seiten zu --
nur nach vorn, nach der Zukunft offen! Die Tochter sa� neben mir, mein
Schulmeister gegen�ber und mein �ltester Sohn, der mich begleitete. Der
Schwager stie� in sein Horn . . . . mein Gott! ich hatte die Nacht noch
Abschied nehmen wollen von Vater und Mutter auf dem Kirchhof -- und nun
mu�te ich denken: wir lassen nur Staub hier; was die Todten uns gewesen und
was sie noch sind, das besitzen wir, das sind wir selbst, das nehmen wir
mit. Sie waren auch �berhaupt nicht von hier -- sie sind auch noch weiter
ausgewandert! Sie mu�ten. Wir m�ssen. Und in den frischen Morgen klang das
Horn in den Wald hinein, in den Gesang der V�gel, den Berg hinan, dann den
Flu� entlang -- und die stillen Wellen reiseten ja alle so Tag und Nacht,
so still nach dem Ocean! Die Morgensonne trat auf die Berge und l�chelte
uns an, die gro�e Reisende, die gestern das Land gesehen, wohin wir
wollten, und sie leuchtete uns _dazu_, gewi� dazu! Meine Frau hatte mir ein
Blatt Papier beim Scheiden gegeben, ich entfaltete es; es war ein
Notenblatt, das Lied: �Dir folgen meine Thr�nen!� Da that ich einen
Morgenschlaf im Wagen, und die �ndern wurden still, und schliefen wohl
auch. O Schlaf! Zwei Augen zu -- und die Welt ist still, und das Herz wird
leicht und rein, als schm�lze der Schlaf es ein, l�uterte das Gold, und
g�sse es nun in die Form des neuen Tages, die ihm die Hoffnung gegeben und
reizend geschm�ckt. Im bestimmten Nachtquartier fanden wir uns mit dem
Amerikaner und seinem Neger Wilberforce zusammen. Als er auch meine Mirjam
aussteigen sah, schien er sehr froh -- er diente ihr h�flich-amerikanisch;
er frug l�chelnd: ob nicht der Diaconus mitgekommen? Sie sah ihn an, er
sie; und sie err�theten Beide so fl�chtig, wie eine Schwalbe vor�berfliegt.
So kamen wir nach und nach, geschwind genug, durch vieler Herren Staaten,
�ber Grenzen und Grenzen, durch mannigfarbig bemalte Schlagb�ume, erhielten
mancherlei kleines Geld heraus und bekamen nach mancherlei Ellen gemessen.
Wir sahen das Bewegen, das Hinundherregen, das Umherdrehen von Soldaten,
Fuhrleuten, Landleuten. Nur zu einer �bung in allerhand Privatkleidern
sagte der Amerikaner: �Vergessen Sie das nicht!�

Und als wir so viele mi�muthige, verdro�ne Gesichter gesehen, und wenig von
Lust und Freude geh�rt, sagte er wieder: �Vergessen Sie das nicht! wenn Sie
unsere Gesichter sehen. Kind und Greis sehen einerlei gleichg�ltig aus, und
innerliche Betrachtungen und �berlegungen hemmen Hand und Fu� und Auge und
Leben. So tanzen wir auch noch nicht. _Die Seele_ ist zu steif dazu.�

Endlich eines Abends �berholten wir in einem d�nnen Walde, im Sandweg,
Auswanderer! Deutsche Auswanderer nach Amerika. Scheckige Ochsen zogen
langsam einen Wagen fort, darauf Grabscheite, Hacken, ein Gebund Betten und
kleine Kinder sa�en, w�hrend die V�ter, M�tter, S�hne und T�chter von drei
Familien nebenher zu Fu�e gingen. Ein andrer Wagen mit Pferden fuhr die
letzten oder ersten n�thigsten Sachen, S�ckchen mit S�mereien und allerhand
Zusammengeh�uftes von mehreren Haushaltungen. Wenn Swift ein Gebet �ber den
Besenstiel verfertigt, so w�re mir gewi� jetzt ein r�hrenderes �Gebet �ber
ein Grabscheit� gelungen, deren Eisen mich gl�nzend anblitzte. Die Leute
gingen anst�ndig gekleidet, aber stumm, wie der Sprache beraubt. Nur eine
Jungfrau frug uns: �Wie weit ist noch Bremen?�

Dort liegt es ja! antwortete ich selber �berrascht. Die Wagen hielten, die
M�nner nahmen ihre M�tzen ab, Alle falteten die H�nde und beteten ein
stilles Vaterunser, ein Walte-Gott, oder ein: Nun danket alle Gott!
vermuth' ich. Nun standen die Th�rme der Stadt uns auf aus der Hoffnung,
der hohe Angariusthurm, die Liebfrauenkirche, das Rathhaus, die Domkirche,
die Sternwarte, alles in dem geschm�ckten gr�nen Wall umher wie Spielsachen
in dem Raum eines Geburtstagskuchens. Dann die Masten der Schiffe! Seiler
spannen hier Schifsstaue; dort schmiedeten M�nner in Hemden gro�e Anker.
Dann umfing uns die enge Stra�e mit H�usern voll Erkern, �ber und �ber vorn
mit Fenstern, wie eine streifige _gl�serne_ Weste, die Gott vor Schlo�en
bewahren m�ge. Endlich die lange Br�cke, die liebe Weser und das gro�e
Wasserrad. Ein sch�ner junger Mensch begegnete uns, der unwillk�rlich sein
englisches Pferd anhielt, wohlwollend, ja fast z�rtlich uns . . . ich
glaube, zumeist meine Tochter, ansah, den Kopf senkte und dann erst still
des Weges ritt. Zufall! Schicksal!

Denn mein lieber Master Erwin kehrte bei einem Handelsfreunde ein; ich, bei
meinem redlichen, guten, besten Freunde, dem Doctor Professor Weber. Wir
stiegen hinauf, er kannte mich nicht; ich aber wu�te, da� er es war, ich
brachte ihm Gr��e von meinem Bruder, den ich gar nicht habe -- und nun fiel
er mir um den Hals. Seine sch�nen Kinder standen um uns und hielten den
Athem an -- meine Tochter hatte er nicht gesehen, und es ist wohl die
eigenste Befriedigung, die sch�nste L�sung des heiligen Lebensr�thsels:
einem Freunde die erwachsene Tochter zu bringen, zu zeigen. Und das gute
M�dchen stand vor ihm befangen, ja gefangen da, wie eine unbewu�te
Schuldnerin von unabwehrbarer Neigung und Liebe, die ich dem theuren
Freunde im Herzen bewahrte. Er f�hrte sie zu seinem Weibe, der auch ich
gleich wie ein naher Verwandter war; und meine Augen hingen an seinen
Knaben, wie an Ablegern einer k�stlichen Nelke, die der G�rtner bisher nur
immer allein gesehen hat! Und nun hat sie sich verdoppelt, vervierfacht,
verj�ngt, versch�nt. Er fand mich im Verlieren, ich wollte nach Amerika,
und die Glocke der Freude zersprang. Und so sagte er mir im Vertrauen, da�
sein werther Freund und G�nner, der Graf B . . . . . St . . . . . . . ihm
den jungen, incognito hierher gekommenen Prinzen empfohlen, der neben ihm
wohne und den Titel eines Herzogs in seiner urspr�nglichen Bedeutung den
Deutschen auffrischen wolle -- und als F�hrer der Auswanderer aus seinem
nicht gar gro�en L�ndchen auftreten, da sein Vater sich noch nicht
entschlie�en k�nne, dem das Amt eigentlich zukomme. Denn, sage er, mit
einem Schwarm junger Bienen, welche den alten Mutterstock verlassen, und in
die neue, von den Spurbienen gesuchte B�ute schw�rmen, zieht nicht ein
junger Weisel, sondern der alte erfahrene Weisel des Stockes, als r�hrendes
Beispiel f�r Menschen! Die Herz�ge der alten Deutschen seien es auch nur
f�r die Zeit des Zuges oder der That gewesen, und in dem dr�ben angekauften
freien Lande m�chten ihn die Seinen nun ferner zum Haupt w�hlen, oder einen
Andern, wenn er nur br�derlich f�r sie gesorgt, bis wo sie sein und des
Vaters nicht mehr bed�rften. Er meine eine gro�e, deutsche, zeitgem��e That
dadurch zu thun, indem er mit Willen und Liebe sich an die Spitze der
Bewegung stelle; aber sein Vater wolle ihn davon abhalten, und werde dieser
Tage in Bremen eintreffen, �um den so guten, edlen, feurigen, jungen Sohn
auf gute Weise zur�ckzuf�hren und wieder einzuspannen in den alten schweren
Wagen von Europa, von dem Niemand wisse, wohin er fahre, nur wie schlecht
der Weg sei --� wie er selbst ihm geschrieben. �brigens lagern Tausende von
Auswanderern so eben jenseits der Altstadt, nach Elsfleth zu, die ich
lieber sogleich gesehen und ausgefragt h�tte. Da kam der junge Prinz
gesprengt, er sprang ab, er kam herauf, und �berrascht, uns . . . . ich mu�
es sagen . . . . meine Mirjam hier zu finden, sah er noch einmal so
schw�rmerisch sch�n aus, seine Augen leuchteten, aber seine Anrede
verwirrte sich, selbst sein Gru� stockte, seine Frage blieb aus, und er
schlug die Augen wie ein M�dchen zur Erde. Im Geiste hatte er schon seinen
Titel abgelegt, und dem gew�nschten Incognito gem��, lernten wir ihn nur
als Herrn _Leuthold_ kennen! Leuthold -- Publicola -- der Name machte mir
ihn werth; und als er nun h�rte, da� ich die armen Einwohner von zwanzig
gro�en D�rfern hin�bersiedeln wolle, �bersch�ttete er mich mit einer Masse
von wohlgegr�ndeten Nachrichten aus redlicher M�nner Munde, dr�ckte mir die
H�nde, und es ward verabredet, das Lager der Auswanderer gegen Abend zu
besuchen, und auf dem Pianoforte spielte er mir den unvergleichlich
r�hrenden �_Gesang der Pilger_� aus Hasses Pilgerinnen vor, und sang dazu
mit feuchten Augen und bebender Stimme. Ungern schied ich inde�. Denn ich
hatte die eben angekommenen sechs Freundinnen meiner Tochter
unterzubringen, die sich dr�ben vermiethen wollten.

Gegen Abend also gingen wir dann. Ich mit dem Freunde; der Prinz f�hrte
meine Tochter und sprach in seinem Feuer mit edlem Anstand zwar, doch wenig
verhalten zu ihr -- als uns der Amerikaner begegnete und als Freund sich
uns anschlo�. Er gesellte sich aber zu mir, ging mit mir hinter dem Paare,
und sahe ernst und bla� aus und sprach nicht, und sahe bisweilen murmelnd
lange starr zu Boden, als schimmere ihm unter der Erde ein gro�es Buch,
dessen Schrift er mit Gewalt entziffern wolle. Der immer vorsichtige Mann
stolperte jetzt sogar. Zuletzt trug er, wie ich wohl bemerkte, erst Eine,
dann beide geballte F�uste in der Tasche. Wilberforce, sein Neger, sahe,
wie ein treuer Hund nach dem J�ger sieht, gespannt nach den Augen seines
Herrn. Er frug endlich, doch leise, meinen Freund, wer der junge Gentleman
sei, der die Mi� vor ihnen f�hre. . . . . . �Der Prinz . . .� sagte ich
ihm, zwar leis, doch etwas unvorsichtig, und er h�rte es kaum halb, als ihm
recht wohl schien. Es stand ein L�cheln auf seinem Gesicht, das ganz Europa
wegl�chelte, ein kostbares L�cheln, das mich hinri�. Aber meine Tochter war
noch G�nschen genug und noch von keinem Prinzen und so verbindlich gef�hrt
worden, und ich als Herr Vater und Unterthan steckte auch noch so tief in
der Eselshaut, da� ich keine Scene, besonders nicht gleich und hier auf der
Stra�e besorgte. Der sch�tzbare Master Erwin aber nahm mich unter den Arm,
hielt mich zur�ck, als wolle er mir etwas zeigen; und als die �brigen
voraus genug waren, frug er mich ehrerbietig und l�ftete den Hut dazu:
�Wollen Sie mir Ihre Tochter g�nnen?�

Wie so? -- frug ich.

�Zur Hausfrau! -- meine ich.�

Ich wu�te, wie meine Tochter dachte und f�hlte. Ich gestand ihm das; aber
auch, da� sie ihm, da� sie der je ihr eignen und freien Neigung entsagt --
weil er Sclaven -- hundert -- f�nfhundert Sclaven habe.

Der Mensch in dem Amerikaner, in dem Kaufmann und reichen Plantagenbesitzer
ward roth. Er pre�te die Lippen zusammen, blickte mit starren Augen ein
inneres Bild vor seiner Seele an, und sprach dann: �Schon gut! meine ich.
Also Sie meinen sonst Ja?�

Ich zuckte, eigentlich wunderbar froh die Achseln und meinte: Ja!

Da verlie� er mich, ohne �bereilung, ging dem guten Prinzen zur Seite und
sprach: �Wollen Sie mir nicht erlauben, meine Braut zu f�hren?�

Da lie�en die Arme der beiden unschuldigen Kinder sich los. Mein Kind war
bla�, so viel ich sehen konnte, sie stand ein wenig vorgeneigt, mit
gesenktem Antlitz, und hielt ihre linke Hand leicht �ber die Augen, ihre
Lippen standen ge�ffnet, als w�re eine Rose pl�tzlich aufgebl�ht.

. . . . Das habe ich nicht gewu�t; -- stammelte der J�ngling.

�Ich auch nicht! Aber Sie wissen es jetzt;� sprach der �berraschte und
�berraschende Br�utigam.

Der J�ngling trat zur�ck. Die Braut lie� sanft und langsam ihre Hand von
den Augen sinken, und ihre gro�en Augen sahen einen wunderbaren Augenblick
nach mir zur�ck; dann sah sie vorw�rts, sah nicht den Br�utigam an, der den
gesenkten Arm anst�ndig an den seinen nahm.

Und nun gingen wir -- schweigend bis ganz in die N�he des friedlichen
Lagers. Da h�rten wir singen, blieben betroffen stehen, und h�rten nach
r�hrender Weise in Moll ganz deutlich die Worte:

   �Nun wandern wir mit Thr�nen aus,
   Von Bergen und von Thal!
   Die Erde ist ein gro�es Haus
   Mit manchem Saal!
   Du Sonne, kommst mit �ber's Meer
   In jene be�re Welt;
   Du Mond, du schiffst still nebenher
   Am Sternenzelt.

   Der Boden zieht sich unterm Meer
   Dahin, in sichrem Band;
   Und dr�ben hebt er sich so hehr
   Als freier Strand!
   Da dr�ben bl�ht der Fr�hling auch
   Im alten Himmelreich;
   Die Erde h�lt den alten Brauch --
   Bleibt Euch nur gleich!

   Habt Dank, Ihr Br�der, nah und fern!
   Ihr halft uns Alle gern;
   Habt gro�en Dank, Ihr gro�en Herrn,
   Habt Dank, Ihr Herrn!
   Ihr Fl�sse habt den sch�nsten Dank
   F�r eure klare Fluth;
   Doch euer Trank, der macht uns krank,
   Ihr meintet's gut!

   Nun sind wir Furcht und Qualen los,
   Wir werfen Alles ab;
   Und gl�ckt uns Nichts -- im Erdenschoo�
   Bleibt uns das Grab!
   Drum angenehme Ruh! Gl�ck zu!
   Nun Alle gute Nacht!
   Haus, B�ume, Feld und Pferd und Kuh --
   Es ist vollbracht!

   Viel thaten wir mit unsrem Arm,
   Viel tausend St�dte stehn! --
   Der Korb ist nicht der Bienenschwarm.
   Sie stehn -- wir gehn!
   Wohl hundertmal jed' Beet mit Flei�
   Umpfl�gten wir mit Muth --
   Das Land ist na� von unsrem Schwei�,
   Von unsrem Blut.

   Manch Schlachtfeld deckt die V�ter zu,
   Der Todten morsch Gebein!
   Drum la�t uns ziehn in Fried' und Ruh,
   Uns unser seyn!
   Nicht hundert Jahr, so kommen wir
   Zur�ck zu Euren Gau'n,
   Und wie's Euch geht, geloben wir,
   Mit Ernst zu schau'n!�

                   *       *       *       *       *

So etwas hatte ich noch nicht geh�rt auf Erden, gedachte aber an das Lied:
�An Wasserfl�ssen Babylon.� Die Leute, die gesungen, schwiegen kaum, als
wir von einer andern Seite her schon den Ausgang eines andern Liedes
vernahmen, das junge Burschen in lustiger Weise sangen:

   �Nun schn�rt die letzten Lumpen ein
   Und macht ein gro� Gebund!
   Schn�rt Sonne, Mond und Sterne drein!
   Und bleibt nur fein gesund!

   Vor allen schn�rt die H�nde ein!
   Und Kopf und Herz und Mund!
   Ein H�ttchen wird schon dr�ben seyn,
   Das glaubt sogar mein Hund!�

                   *       *       *       *       *

Einer von ihnen wollte jetzt das bekannte Lied anstimmen: �Was ist des
Deutschen Vaterland?� -- als Andre ihn unterbrachen und frugen! Ist das
noch nicht aus? -- und Einer wollte in das Lied eingestimmt haben: �Wer
wei�, wie nahe mir mein Ende?� -- M�dchen kamen uns entgegen gesprungen,
welche schon einen Maik�fer gehascht und wieder fliegen lassen, und aus der
drei�igj�hrigen alten Noth dazu sangen:

   �Flieh, K�fer, flieh!
   Dein Vater ist im Krieg,
   Deine Mutter ist in Pommerland --
   Pommerland ist abgebrannt --
   Flieh, K�fer, flieh!�

Die Knaben aber sangen ein andres, mir unbekanntes, schwerm�thiges, treues
Lied, auch aus Moll, was �die Schwalbe� hie�; denn unter diesem Titel
forderten es von den andern Kindern zwei liebe, sch�ne Knaben, beide wie
Br�der gleich gekleidet; beide gelbe Strohh�tchen auf, beide blaue J�ckchen
an, beide wei�e lange Hosen und beide baarfu�. Sie sahen gesund, aber
kummervoll aus. Und die andern Kinder wollten es, manche dem Anselm, manche
dem Wilhelm zu Liebe mitsingen; die Br�der selber sangen nun, hell und bang
herauszuh�ren aus dem lieben Knabengesang:

   Du, meine liebe Schwalbe,
   Ziehst weit nun �ber's Meer,
   Siehst meine Heimath wieder --
   Ach, wenn Ich doch -- _Du_ w�r'!

   Ich baut' an Mutter's Fenster
   Mein Nest mir einsam, leer;
   Ich s�ng' ihr meinen Kummer,
   Wenn Stille um uns w�r'!

   Da spr�ch' sie einst zum Vater:
   �Das Lied macht mir so schwer!
   Ach, fange doch die Schwalbe,
   Und bringe sie mir her!�

   Da la� ich mich ihn fangen;
   Die Mutter k��t mich sehr!
   Drauf soll ich wieder fliegen --
   Da bin ich schon nicht mehr!

   Da steht sie tief betroffen,
   Denkt bang an mich und schwer,
   Begr�bt mich bei dem Weinstock,
   Der sagt ihr: da� Ich's w�r!

Jetzt hatten wir Stimmung! Das Herz war uns schwer, und wir begriffen, wie
den Abgeschiedenen zu Muth war, die mir so eigen bed�rftig, so eigen
heimathlos vorkamen, wie den Schiffern die m�den V�gel, die vor Hunger und
M�digkeit ohne Menschenfurcht sich auf dem Fluge �ber das Meer in die
Segelstangen setzen, sich ausruhen, auch wohl schlafen und im Schlafe vom
Morgen tr�umend singen! -- O Natur, du bist unter allen Masken nur Eine,
voll Leid und Freude und Trost und Hoffnung immer und �berall.

Darauf gingen wir hinter in den gr�nen Raum, wo die deutschen Auswanderer
lagerten, theils in offen stehenden leeren Magazinen, Scheunen, theils auf
dem Platze davor. Es ist unm�glich, zu leugnen, da� der Anblick ergriff:
diese kraftvollen, r�stigen M�nner, diese gesunden, auch sch�nen Weiber und
rosigen Jungfrauen, diese Knaben und M�dchen, diese kleinen Kinder in
Bettchen hier, dort auf Strohe liegend, und von den kleinen Schwesterchen
gewiegt, herumgetragen, oder im Schlafe bewacht von einem treuen Hunde, der
wie aus dem Schlaf die Augen nach uns richtete, aber die wohlwollende Seele
in den unsern erkannte, nicht anschlug, nicht knurrte, sondern ruhig wieder
die Schnauze hinstreckte. Auch alte M�nner mit wei�en Haaren sa�en da,
welche, kaufm�nnisch betrachtet, doch kaum die paar Thaler f�r die
�berfahrt werth waren, und welche doch -- wie die T�rken in Constantinopel
sich dr�ben in Scutari begraben lassen -- auch dr�ben wollten begraben
seyn. Sie schnitzten L�ffel, auch nur Spielsachen f�r die Kinder. Hier und
da hing ein Ochse oder eine Kuh, welche f�r ihre M�he: die Wagen hierher an
das Ufer zu ziehen, geschlachtet und f�r die Seereise in F�sser
eingep�ckelt wurden. Selbst einigen Ziegen war es so gegangen, die r�uchern
hingen, und ihre geh�rnten Felle nicht weit davon zum Trocknen. Andere
Ziegen mit schwellenden vollen Eutern, von den Jungfern mit Gras gef�ttert
und eben gemolken, sollten den Kindern auf der See frische Milch geben, und
es dr�ngte mich, den Weibern zu lehren, wie sie auch Milch aufbewahren
k�nnen. Kessel kochten das Abendessen �ber Feuern; im Strom gefangene
Fische zappelten auf dem Rasen noch ungeschlachtet. Wasserkr�ge und kleine
Trinkkr�gchen standen bereit. Alle waren anst�ndig gekleidet, Manche
vielleicht aus Armuth sonnt�glich.

�Welche Wehmuth geht von dem Raume aus!� sprach der Prinz. �Hier schaut man
unleugbar: Ganz gewi� ist etwas vorgegangen, ganz gewi� ist diesen Menschen
etwas Unleidliches geschehen, ganz gewi� hoffen sie Erl�sung, eine bessere
Zukunft, als sie hier abwarten und mit durchleben wollen, da� wir diese
Tausend und schon Legionen und noch Legionen hier am Eingang des Meeres
sehen! Etwas ganz gewi�. Das ist unleugbar. Etwas, dem Niemand helfen kann
oder will. Denn menschliche Geduld ist -- �bermenschlich, oder deutsch.
Ach, wer in alle die Herzen sehen k�nnte! Diese Menschen sind nur --
heilige Meerschweine, die auf die Oberfl�che der See kommen, wenn Sturm
soll kommen! Sie sind Sturmv�gel! Oder fliegende Fische, die nicht vor
Vergn�gen . . . . sondern, dem Tode zu entgehen, vor Angst vor einem oder
vielen kleinen Haien, sich der ihnen von der Natur aus Vorsorge zu Lehn
gegebenen gro�en Flossen oder Flosse -- der Schiffe -- bedienen. Sie sind
M�nnchen im Mantel, die aus dem Wetterh�uschen bei schlechtem Wetter
herauskommen, und von der gekr�mmten Darmsaite gezwungen, sich herauswinden
m�ssen. Denn welche Schnecke bleibt nicht gern in ihrem Hause? Welcher
Fuchs ist so dumm, aus der Haut zu fahren, als wenn sie aufgeschnitten ist
und er gebrannt und geprellt wird. Der Mensch ist nicht d�mmer als das
Vieh, aber _am Ende_ auch so klug und so tapfer. Ja der Zahnarzt, der
keinen Zahnarzt findet, nimmt sich in der Angst selbst einen Zahn aus, und
je weher er sich selber thut, je lieber er sich selber zur Th�r
hinauswerfen m�chte, je gewaltiger ruckt er an seinem Zahne, bis er
hinausfliegt. Kurz, hier schmerzen die Z�hne, oder die Herzen. Herzensweh,
gr��tes Weh!� sprach er und schlug die Augen nieder. Meine Tochter auch,
die dem von Wohlwollen leuchtenden J�ngling mit feuchten Augen zugesehen,
oder zugeh�rt -- ich wei� nicht.

Mein ehrw�rdiger Prinz -- wollte ich sagen -- aber durfte nur sprechen: Sie
einziger, theurer Herr Leuthold, wie ungern gebe ich Ihnen Recht --
verzeihen Sie, es ist h�chst unrecht und unanst�ndig, vornehmen Leuten
Recht zu geben -- Furcht und Hoffnung treibt und jagt die Welt. Inde�, was
Jeder, oder was Alle hoffen oder f�rchten, ist nach der Bildung des Geistes
und Herzens eines Jeden verschieden, und stuft sich ab von Brot bis zur
Freiheit, von Qual bis zu K�lberbraten und Salat. Indessen w�re es doch
h�chst wichtig, selbst den H�chstwichtigen, zu wissen: was diese fliegenden
Fische oder Wetterm�nnchen f�rchten oder hoffen, oder hoffen _und_
f�rchten. Wir wissen es so ziemlich gewi�, aber ob auch Diese? Doch das
Volk wei� Alles wahr und klar, durch handgreifliche Dinge, und beurtheilt
die Saaten und die B�ume nach Garbe und Frucht; die Graf Magnische Wolle,
Electoral- und K�niglich-Spanische Wolle beurtheilt es aber blos nach dem
Rocke -- den es selber tragen kann!

�Rem acu tetigisti! Sie haben den Schaden mit der Sonde ber�hrt, und er
schmerzt mich!� versetzte Herr Leuthold. Mein Schulmeister Tolera hatte
schon Bekanntschaft unter der Menschenheerde gemacht, und er zeigte uns
Studenten von verschiedenen Universit�ten, die, wie er uns erz�hlte, statt
Doctoren zu werden, mit dem Gelde von ihren �ltern, theils ohne . . .
theils da� diese es wu�ten, und zufrieden waren, nach Amerika auswanderten.
Sie wollen auf einer Nordamerikanischen Universit�t studiren, oder dr�ben
Garten-, Vieh- und Menschenzucht betreiben, und haben sich schon die
haltbarsten, sch�nsten M�dchen hier ausgesucht, die ihnen die �ltern nicht
abschlagen wollen. Ich begreife gar nicht, wie aus altem Holze schon neue
Triebe wachsen, wie man auf der Reise an's Heirathen denken kann. Freilich
paaren sich St�rche, Amseln, Kraniche und Schwalben, grade ehe sie
fortziehn -- wie die fortgeschickten Polen in Danzig alles von der Stra�e
wegheiratheten. So wundre ich mich nun nicht mehr so sehr. Vorhin war ein
Herr hier, der frug einen Professor, der auch mit auswandert: �Das sind
wohl eigentlich alles Pracken?� Gewi�, versetzte der Professor; aber es
bleibt dabei die Frage: ob sie geprackt worden, oder ob sie geprackt haben
-- alle Andern, alle Solche wie Sie, und Sie nicht ausgenommen. Dabei
kehrte er ihm den R�cken. Tolera brachte uns aber eigentlich nur die beiden
Knaben, die vorhin das Lied von der Schwalbe gesungen, und winkte sie
n�her. Sie kamen, die gelben Strohh�tchen in den wie zum Beten gefalteten
H�nden, waren bildh�bsch, und der �lteste, der Anselm, sprach: �Ach, liebe
Herren, Alle oder Einer, unser Vater ist blos �ber dem Wasser hier dr�ben,
in einer gro�en Stadt, die Kentucky hei�t; unsre Mutter hat sollen
nachkommen, sie ist aber gestorben, und nun lacht uns jeder Schiffscapitain
aus, wenn wir ihn bitten: uns ohne Geld mit hin�ber zu nehmen. Erbarmen Sie
sich, Einer oder Alle, unsres Vaters, der wird sich doch gar zu sehr
freuen! Ach, und das ist ein rechtes Ungl�ck, man kann dr�ben nicht mehr
die �berfahrt abverdienen, wenn Einen der Capitain daf�r auf ein paar Jahr
vermiethet, das hat der dr�bensche Congre� verboten! Ach, wenn der Congre�
uns s�he am Ufer stehen, er w�re ein barmherziger Amerikanischer Congre�!
Aber die Congresse sind so weit von uns, so unbarmherzig und hart und wie
blind, da� sie uns arme Kinder freilich nicht hier stehen sehen k�nnen!
Aber Sie sehen uns stehen, beste Herren! Oder wenn Sie kein Geld haben,
oder an uns nichts wenden wollen, befehlen Sie nur einem Capitain, da� er
uns mitnehmen mu�! Schreiben Sie es mit ihm nieder, da� er mich dr�ben
verkaufen mu�, f�r mich und meinen Bruder, den armen Schelm! Ich will Gutes
thun. Inde� wachs' ich noch gr��er. Und wenn ich meinen Vater erst in zehn
Jahren sehe, so sehe ich ihn doch einmal und mein Bruder auch.� Die Kinder
fa�ten vor Freude sich schon bei den K�pfen.

Master Erwin sagte uns, da� alle europ�ische Contracte in der Union gar
nichts gelten, und warnte uns. Meine Tochter schien ihn zu bitten, den
lieben Knaben die �berfahrt zu bezahlen, als sie der Prinz schon beide an
den H�nden ergriff, und zu einem Capitain f�hrte, der jetzt aus einer
Scheune kam. Ein sonnegebr�unter, kerniger, hoher Mann im blauen Frack und
langen, wei� und roth gestreiften Hosen und Schuhen, einen dreieckigen
langen niedrigen Hut die Quere auf dem Kopfe, wie ein kleines schwarzes
Boot. Er gab jedem der Knaben darauf eine Karte aus seiner Brieftasche; und
ohne vor Freuden sich nur zu bedanken, sprangen sie fort und rissen vor
Eifer im Laufe andere Kinderchen um. Der Prinz kam still wieder zu uns.
Master Erwin, oder nun mit Gott denn: mein Schwiegersohn, hatte inde� ein
Gespr�ch mit mehreren Auswanderern angekn�pft, deren Einer ihn jetzt als
Amerikaner auf sein Gewissen frug:

Also freies Raff- und Leseholz k�nnen Sie uns gewi� versichern?

�Auf f�nfhundert Jahr vor der Hand, meine ich.�

Der Kreis sahe sich froh an. Eine alte Frau rieb sich den R�cken und
seufzte: Da werde ich also nicht krumm und lahm gepr�gelt. -- Mein Gott!
wie bist Du doch gn�dig da dr�ben �ber dem Wasser! Hier war es wie's war!

Und ein Anderer frug wieder: Herr, ich habe wegen Angeln und Krebsen vier
Jahr gesessen, und bin freilich ein Liebhaber, aber auch ein armer Teufel
-- wie steht es da dr�ben?

�-- Freier Fischzug in allen Fl�ssen und Seeen. --�

Der Mann machte eine besondere Geberde, die aber uns nicht galt, zog einen
alten J�ger herbei, und frug weiter: Der hier hat, als streng angewiesener
Gr�nspecht, einen oder ein paar Wildsch�tzen erschossen, die einen Hasen
nicht haben herausgeben wollen -- ist dort Wildpret genug? Denn, lieber
Herr, wo jeder Bauer den Garten voll Pflaumenb�ume stehen hat, da stiehlt
kein Kind eine Pflaume.

�-- Freie Jagd und Wildpret in Unzahl. Gefl�gel in Unzahl. Maisv�gel,
Truth�hner, Tauben.�

Da m�chte man sich das Leben nehmen! seufzte der alte J�ger, dessen Augen
und Wesen deutlich verriethen, da� er dem Wahnsinn und einer schrecklichen
That an sich selber ganz nahe stand.

Aber Wiesewachs, Futter f�r die K�he! Wie viel Stunden weit hat man wohl in
das Gras? und w�chset auch welches?

�-- Liebe Frau, da wird ihr der R�cken nicht weh thun. Die K�he hinaus! und
wenn Ihr hundert habt; und welche ihr melken wollt, die ruft Ihr bei Namen.
Aber einen Namen mu� sie haben. So macht Ihr es auch mit Euren hundert
Schweinen, und Ihr ruft nur: Komm, la� dich schlachten! Ich l�ge nicht, so
mach' ich es, so machen es tausend Nachbarn noch hundert Jahr . . . Ein
Pfaffe hat Europa verdorben, und das Schwein verdirbt Amerika. Haltet keine
Schweine, damit ihr keine Schweine werdet; denn auf dreimal Schinken den
Tag, setzet Ihr auch vielleicht dreimal Whisky und Rum.�

Ach Gott! nur zu Weihnachten ein Schweinchen! schmunzelte eine Frau.

�-- Schlachtet Ochsen! --�

Ach, der liebe Gott ist doch sehr gn�dig da dr�ben �ber dem Wasser! Hier
war es mit den Ochsen nicht recht richtig; st�hnte die alte Frau und sahe
ganz jung aus vor Freude.

Aber, aber! sprach ein alter Mann: Ich habe Zeitlebens gearbeitet wie mein
eigener Sclave, und habe Nichts, als diese Jacke auf dem Leibe, weil Arbeit
uns hier nicht mehr n�hrt, Alles der b�sen Nachbarn wegen, des Krieges
wegen, der Schulden wegen, der Furcht wegen! Was wollte ich noch fragen?
Ja! -- Sind dr�ben gute Nachbarn? Sonst kehre ich heim.

�Das Weltmeer ist der schlimmste und beste Nachbar; �brigens ist dort kein
Papst, kein Kaiser, kein K�nig auf weit und breit. Friede und Brot!� sprach
mein Schwiegersohn.

Friede und Brot! wiederholte der alte Mann; und drei alte Weiber sprachen
nun wie die drei Eumeniden wieder im Chor: Mein Gott, wie bist Du doch
gn�dig da dr�ben �ber dem Wasser!

�_Meine_ S�hne!� rief hier eine Mutter zu ihren vier J�nglingen. �_Meine_
S�hne!� sprach eine andere Mutter zu ihren Sechsen. �_Mein_ Sohn!� rief
eine dritte Mutter.

�Ja, Euer seid Ihr dort!� sprach mein Schwiegersohn; �selber das ganze Land
oder Reich, n�mlich die souveraine Republik, ist dort Euer, und selber der
Pr�sident, der blo� Euer Vorsitzer ist. Ohne Erbe ist kein Erbfolgekrieg;
ohne Furcht vor dem Volke ist keine Unterdr�ckung, ohne Schulden sind keine
Zinsen, ja, es ist die bitterste Wahrheit: in wenigen Jahren mu� Jeder bei
uns von der Regierung alle Jahre Etwas heraus bekommen an Gelde!�

Und die drei Eumeniden sprachen wieder: Mein Gott, wie bist Du doch gn�dig
da dr�ben �ber dem Wasser!

�Ihr habt Recht!� sprach er, �aber verge�t nicht: blos Europa hat es
dadr�ben gut gemacht! Alles, was man hier im Geiste gesehn und gew�nscht,
das wird da dr�ben in Wahrheit; was man hier verw�nscht hat, das bleibt
hier begraben. Drum tretet dankbar und leise auf das heilige Grab und
segnet es hier und noch dr�ben!�

Und es war wunderlich anzusehen, wie Einige leise und schonend auf dem
heiligen Boden des Vaterlandes -- des Mutterlandes der Freiheit -- fort zu
den Ihren schlichen. Mir quollen die Thr�nen in den Augen.

Herr Leuthold aber dr�ckte meinem Schwiegersohn die Hand, da� er
Deutschland gepriesen als die saure Rebe der s��en Traube. Das Lager der
Auswanderer hatte den tiefsten Eindruck auf ihn und uns Alle gemacht. Und
diese ihre erzwungene Mu�e, dieses gro�e M��igsein voll stiller Geduld und
sch�nen Zutrauens war allerdings ein eigener Zustand der Menschen auf
Erden, in deren Leben wir einen tiefen, d�stern und erfreulichen Blick
thaten. Diese hier sangen, andre wuschen die Kinder, noch andre a�en, alles
in herzlicher Eintracht. Einer theilte dem Andern mit, was er hatte, und es
that ihm nur leid, wenn es ihm fehlte, und er sprach wohl freundlich zu
ihm: Bruder, das habe ich nicht! und ein Nachbar hatte es geh�rt, rief ihn
und sprach: Bruder, ich habe noch, komm! So wurden die Verschiedenen zu
Einem. Denn gleicher Wille und gleiches Ziel verbinden die V�lker.

Es war noch Zeit, unsre Arche, das Schiff zu besehen, das mein
Schwiegersohn gemiethet. Wir fuhren zu Wasser hin. O so ein Haus! So ein
gro�er verst�ndiger Fisch! Wie sauber Alles. Und die goldenen Sterne, 27
Sterne, f�r jeden Freistaat ein Stern in himmelblauem Eckfelde der roth,
blau und wei�en Flagge. Seine Fl�gel schliefen. Die sauberen R�ume standen
noch leer. �Es ist nicht gro�, darum geht es nicht tief, und kann �berall
eher ans Land;� sagte mein Schwiegersohn; �es ist neu, also wird es der
Capitain nicht mit Willen stranden lassen, um die versicherte Pr�mie zu
gewinnen. Ich habe es ganz gemiethet, es fa�t 150 Menschen, und so kostet
Jedem die �berfahrt ohne Essen und Trinken nur 30 Thaler. Sie kommen mit
nach New-Orleans, um Florida zu sehen, das man so r�hmt, und dann den
Todtenstrom, den Missisippi hinauf, auf einem der Dampfboote, nach
Kentucky, Ohio und wohin Sie wollen.�

So hatten wir denn, wie die Kinder, schon in der Kutsche gesessen, die noch
ohne Pferde steht. Abends aber f�hrte uns Master Erwin in die Versammlung
der verarmten Rittergutsbesitzer, denn wohl zwanzig Familien hatten seiner,
auf des Vaters Befehl gethanen Einladung, mit Freuden Folge geleistet. Sie
wohnten alle in der N�he, sie waren versammelt, sie lernten ihn kennen, wir
sie. Unter den merkw�rdigen, anst�ndigen, mitunter sch�nen Gesichtern und
den unleugbar sich auszeichnenden Gestalten der M�nner, Frauen, jungen
Herren und Fr�ulein, und unter den mannigfachen Reden der Verdrossenen,
Neu-hoffenden, vergesse ich nie die Valet- oder Standrede des Adels, welche
ein launiger alter Herr hielt, welcher sich selbst den Herrn von Habenichts
nannte. Unter andern sprach er: �O Don Colibrados, und alle Ihr Colibraden,
kommt mit! Was Ihr einmal waret, begreift Niemand, Ihr selber nicht mehr!
selbst Euren Namen nicht. �Wir sind vom Geschlecht der Colibraden!� Das
Wort mu�te uns Spannung geben. F�r den Schein mu�ten wir alle Wahrheit
opfern! Pferde, Spiele, B�lle. Wir tanzten wie ein gewisses fettes Thier
vor Angst auf den hei�en Eisenst�ben. Denn der G�terhandel, der
Pferdehandel, der Holzhandel, der Wollhandel, der Getreidehandel, kurz alle
Handel und H�ndel brachten uns zum Tanzen. Was waren wir noch? Sequester
der Juden! Sclaven unserer Schaafe und Ochsen. Und nun sollten unsere
Junker _lernen!_ Lernen, was andere Menschen, die Krety und Plety, wissen
und k�nnen; unsere Fr�ulein sollten B�rger heirathen -- blos um das einzige
W�rtchen _von_ im Stillen zu behaupten! Das sei Gott geklagt. Wir werfen
das einzige W�rtchen �_von_� von uns ab, als den alten schweren Harnisch,
verlassen die hohe Region, erwerben im Thale des Lebens f�r unser letztes
Hab und Gut gro�e G�ter, und nennen uns heimlich, bis wir es sind, �die
Herren _von_ -- Europa.� Und sind wir nicht dennoch die Vorbilder des
Volkes gewesen? Und haben wir es nicht vortrefflich gehabt, so lange wir es
gewesen? Haben wir Edlen nicht alle wilden Schweine, Hirsche, Rehe, alle
Hasen, alle Rebh�hner und Lerchen gebraten und gekocht, alle Hechte,
Karpfen, und Krebse gegessen, bis wir dem gemeinen Volke den Mund w��rig
gemacht, und alle das liebe Wild ihnen verkauft, um Kutschen und Kleider zu
kaufen. Sind wir nicht Keiler, Zehnender, Hasen, Bretkl�tzer, Hechte u. s.
w. �ber und �ber? Ja durch und durch! Und unsere Burgen und Zimmer, haben
sie nicht nun Alle? Was wir tragen, tr�gt es nicht Jeder? Was wir wissen,
wei� es nicht Jeder? Wie wir ohne Steuern und Gaben zu seyn wu�ten, will es
nicht Jeder? Haben wir uns nicht gegen den hohen Adel gestemmt, und ihm
Alles abgetrotzt? Kurz, durch uns Muster und Modelle sind nun Alle im Lande
Edelleute geworden, ja sie wollen sogar edle Leute seyn! Und so sind wir
die Steinplatte mit der ersten, so so gezeichneten Menschengestalt gewesen,
welche man tausendfach abgedruckt hat, die aber selbst dar�ber abgenutzt
und verwischt worden bis zum Unkenntlichen, hoff' ich. Das war nobel! hoff'
ich. Und unser Lohn ist, der Abschied eines Dieners, oder eines Herrn, der
sich unn�tz gemacht hat -- eines Stockes, der durch Lehre und Zucht der
Schulknaben zu kurz geworden -- eines Flegels in genere, der durch Dreschen
abgedroschen ist, und in der Scheune verloren dah�ngt, als sein eignes
Monument. O Welt, wie sch�n bist du, wie dankbar! so da� dein gr��ter Dank
f�r die Gr��ten und Edelsten grace, der himmlische Dank ist: da� sie darin
�berfl��ig, verachtet, verspottet, zum alten Flegel werden, vom seligen
Herrn von Habealles, allm�hlig zum Herrn von Habewas, bis endlich zu meines
Gleichen: den seligen Herrn von Habenichts! Und so danke ich allen meinen
Ahnen, die das vollendet, -- allen Schatten der nobelsten Geschlechter
danke ich hier in dem Einen schwarzen Schatten, der von mir an der Wand
schwebt, als letztes concretes und concentrirtes Bild unsrer edlen Kaste,
ich gehe hin und k�sse ihn dreimal laut: Dank! Dank! Dank!�

Und so that der herrliche fr�hliche Mann wirklich, ging hin und k��te den
Schatten �mit dreimal Dank.� Und mit sonderbarem Gef�hl wischte er sich den
Kalk der Wand von den Lippen, setzte sich und sprach: Nun sage Niemand
mehr, da� Einer sich nicht selber k�ssen kann! Sie meine Herren und Damen,
sind m�nniglich Zeuge! Und m�nniglich sind Sie, da� Sie mich nicht etwa
erz�rnt zur Th�re hinauswerfen, sondern so edel, so gescheidt, so
politisch, so habs�chtig, da� wir in genere die Landstra�e zu Wasser nach
Amerika einschlagen wollen und werden. --

�Sie lachen! Alle! Sie lachen heiter! Sie haben �berwunden;� sagte mir der
liebe Leuthold ins Ohr. �Es w�re vielleicht doch nicht gut, ein ganzes
L�ndchen mit allen St�nden und St�ndchen hin�ber zu setzen! Wer dr�ben
leben und denken, unbillig leben und denken will, der bleibe gleich lieber
hier und leide sich und Andere! Man d�rfte nur �Constantinopel wie es ist�
-- �Venedig wie es ist� -- �Wien -- Rom -- wie es ist -- Neapel -- Baiern,
wie es ist� -- nach Amerika hin�ber versetzen, und ganz Amerika w�re auf
immer verdorben! Und das verdorbne Europa auch! Ich fange an, Nord-Amerika
f�r eine Art wohlgedeckte gro�e Freimaurerloge anzusehen, wohin man nur mit
Schurzfell und Kelle kommen darf. Diese Erfahrung hier wird meine
�bersiedelung stark berichtigen! Aber sehen Sie nur, was Herr von
Habenichts auskramt!�

Ich sah. Dieser breitete eine gro�e Charte von einem kleinen angekauften
L�ndchen aus, und zeigte Jedem sein neues Gut, oder doch Habe. �F�r den
Rest, den Ihr auf Eure Schulden herausbekommen, f�r die 5000 Thaler etwa,
habt Ihr Jeder so viel Erde dort wieder, als Ihr hier niemals besessen --
Teiche, W�lder, Wild! F�r den Werth des Holzes in Wien oder Berlin kauftet
Ihr hier ein F�rstenthum; aber thut es ja nicht! Denn dort m��tet Ihr
verhungern, wenn Ihr das sch�ne Mahagoniholz nicht verbrennen wolltet zu
Acker, da die B�ume keine Brotb�ume sind. Aber Menschen -- denn mit
Erlaubni�, so nenne ich Euch jetzt, pflanzt Pisang! Pisang! Denn ein St�ck
Land, das mit Euren vermaledeiten Kartoffeln bepflanzt, nur Adam und Eva
n�hrt, das n�hrt, mit Pisang bepflanzt, ein halbes Hundert. Ihr seht also,
da� Ihr die alte B�renhaut mitnehmen k�nnt, um dort mit den H�nden so viel
auszuruhen, als Ihr hier mit dem Kopfe habt arbeiten m�ssen. Jeder findet
sein Haus, und gef�llt es Euch nicht, wie vermuthlich nicht -- doch ein
Blockhaus ist kein Stockhaus, sondern nur einst�ckig -- so baut Euch Ein
Schlo� auf der Stelle, wo alle Eure Grenzen zusammensto�en -- einen gro�en
Boarding, ein Gemeinlogis, sch�mt Euch des Namens nicht! Denn ein Gut,
wovon nicht Jeder das Gleiche besitzen und brauchen kann, ist ein wahres
�bel, wie unsere _G�ter_ waren, welchen Namen ein alter Prophet
aufgebracht, um uns einmal -- das hei�t jetzt -- den Stolz zu benehmen.
Aber was macht denn das Kartenspiel so interessant f�r die herrlichsten
Menschen? Also auch f�r Euch, denn ich darf Euch nun Menschen nennen, und
herrliche Menschen, denn Ihr habt wieder Etwas, ja viel -- was rei�t so zum
Kartenspiel? Nun? . . . . da� sie Freiherrn werden, Schicksalsg�tter, da�
sie nach ihrem Kopfe mit K�nigen, K�niginnen, Buben, As, Spadille und
Manille verfahren k�nnen, wo ihnen keine Hausehre, kein Offizier, kein
K�nig darein reden darf, denn wenn er kann und will, sticht er -- oder
pa�t, verpa�t. Seht, hier habt Ihr eine be�re Art Charte, die Euch noch
froher machen wird -- hier ist ein neues Spiel; setzt Euch ein! Da seid Ihr
wieder Herren!�

W�hrend nun die sch�ne klare Charte und mancher Plan den Auszug oder die
Ausz�gler und Vorz�gler des Adels besch�ftigte, und sie w�nschten, da� Alle
als Nachz�gler k�men, ward mein Freund Weber abgerufen. Er holte bald den
Prinzen nach, dessen Vater, der F�rst, gekommen war, mein gn�digster
Landesherr, der, obgleich souverain, doch, so viel er von h�hrem Ort
durfte, Jedem Freiheit lie�, ja gab. Und doch schien mir seine Ankunft dem
guten menschenfreundlichen Prinzen fatal. Wir zogen uns auch zur�ck, und
mein Schwiegersohn, Gott bewahre, nicht der neue Landesherr dieser
vornehmen Neuweltsrekruten -- unter welchen Obersten, Generale und gro�e
Thiere waren -- sondern blos der bescheidene Herr ihres neuen Landes, ward
von ihnen, wie Moses am rothen Meere von den Kindern Israels verehrt, und
Jeder empfahl sich ihm einzeln zu gn�digem Schutz. So steckte noch die alte
Lust und Gewohnheit: protegirt zu seyn, in den redlichen Leuten!

Zu Nacht erst war ich allein mit meiner Tochter, und konnte sie, als Braut
eines ihr lieben Mannes, in meine Arme schlie�en und segnen. Sie war zu
allem still, und sprach zuletzt nur: �O wenn nur die Mutter hier bei uns
w�r'!� -- Ich deutete das in meinem Sinn, wie ich ihr eigentlich nur Segen
von dem Segen gab, den ich durch ihre reiche Heirath �ber mich
ausgesch�ttet, f�hlte. Fand ich dr�ben keine Anstellung als Prediger,
vielleicht wohl gar bei den ausgezognen Adligen, und starb ich nicht, ehe
ich verhungerte -- so verhungerte ich nun nicht, sondern meine gute Tochter
gab mir gewi� das Gnadenbrot! und ich konnte umsonst predigen, taufen,
trauen, begraben, was bei uns der nobelste Bischof nicht thut, und wir
theuren Herren kosten mit Kirchen und Schulen den armen Leuten zu viel, und
ich habe immer einen Stich in der Seele gef�hlt, wenn ich den Becher
Taufwasser, oder den Leib des Herrn mit den paar Dreiern von den guten
Leuten bezahlt erhielt, welche sie hinter dem Altare wandelnd
hervorgesucht! Und doch schielte ich abscheulicher Mann dennoch manchmal
nach dem Gelde, oder schlauer sogar nur freundlich, nach den Augen der
Opfernden; denn, wer mit zugemachten Augen gab, der sch�mte sich, so wenig
zu geben, als er in den bedeckenden Fingern mir auf den Altar heraufreichte
-- aber, mein Gott! ich bedurfte das Geld, und seufzte, wenn ich es so
geschwind durchz�hlen konnte, und es f�r den Herrn Sohn auf der --
Pferdeakademie nicht langte, denn er lernte reiten; oder nicht langte zu
dem bestellten Weihnachtsgeschenk f�r die Frau . . . . und morgen ging die
Post! Darum segnete ich die Tochter mit feurigem Dank f�r meine Erl�sung
und bat: da� alle Geistlichen so liebe T�chter h�tten, auch so liebe
Amerikaner f�nden, um Alle, Alle im Geldsinn, nicht im Weltsinn umsonst zu
predigen, umsonst Wein und Oblaten auszutheilen, umsonst kleine Kinder zu
taufen, kurz, Alle von Judas Ischariot's S�nde erl�st zu werden -- wie ich
nun schien. Ich schlief die Nacht in einem Rosengarten, der in Amerika lag;
denn im Traume sah ich ungeheure Str�me, H�hlen, W�lder, Wasserf�lle,
Blumen und B�ume, tausend Wunder, Alles mir neu -- und selbst meine Tochter
wandelte dort, nebst einem H�uflein Kinder, aber mit dem Prinzen Hand in
Hand, der sie dort in seiner Provinz, wohin er sein ganzes V�lkchen
�bergesiedelt, als redlicher einfacher Herr Leuthold geheirathet hatte --
-- -- und ich k��te ihm die Hand, aber er gab mir mit meiner Tochter Hand
eine Ohrfeige, und die Hand war eiskalt! -- So etwas mu�te am Tage mir
still durch die Seele gefahren seyn, ich meine nicht die Ohrfeige, sondern,
da� die lieben Kinder ein sch�nes Paar w�ren!

Der Amerikaner sagte mir am Morgen nichts N�heres, Gewisseres �ber seine
Verlobung -- blo�, da� unser Schiff fertig liege, und da� der Wind nur nach
Ost umzusetzen brauche. Freund Weber, vom F�rsten besch�ftigt, konnte mir
auch kein W�rtchen sagen, als: der hergeeilte Vater will den armen Leuthold
nach Hause bringen oder zwingen. So kamen wir, ich, meine Tochter, Erwin,
von seinem Wilberforce und nun seinem Tolera begleitet, am Ufer der Weser
zu einer herzzerrei�enden und doch herzerfreuenden Scene. Der junge
Leuthold kam uns d�ster und allein entgegen. Er blieb bei uns stehen, wir
lasen in seiner Seele, aber nicht laut, und deuteten lieber auf etwas auf
dem Strome, den Knaben, dem er gestern mit seinem Bruder die �berfahrt zu
seinem Vater in Kentucky besorgt hatte. Wir kannten den Anselm an seiner
Kleidung, ja am Gesicht; sein Bruder Wilhelm fischte mit ihm.
Wahrscheinlich hatten sie einen gro�en Lachs gefangen und der �ltere Bruder
beugte sich �ber, er konnte die Last nicht erheben, er wollte sie nicht
fahren lassen, w�hrend der kleinere Bruder im Strome den Kahn nicht zu
halten vermochte. Uns verging der Athem vor Angst. Er machte eine
Anstrengung nach dem Fisch und st�rzte in die Wogen des tiefen und breiten
Stromes. Den kleinen Knaben f�hrte die Str�mung im Kahne davon. Der
Verschwundene kam nicht herauf. Endlich, endlich erschien das schwarze
kleine Haupt -- das wieder �berspielt ward, dann wieder einmal eine Hand --
wie Geisterzeichen aus einer Mauer -- endlich zwei H�nde. Und indem wir
starr hinblicken, ohne an H�lfe zu denken, erblicken wir eine Gestalt in
der Gegend des Knaben -- meine Tochter ruft ged�mpft! es ist der Prinz! und
f�llt dem Amerikaner um den Hals und verbirgt ihr Gesicht an seiner Brust,
und so h�lt sie ihn auf. Inde� seh' ich allein das Traurige. Der
menschenfreundliche Leuthold ist uns entschlichen, ist weiter unterhalb in
den Strom gesprungen -- weil kein Kahn hier steht -- und hat sich gewi�
gef�hrlich gesto�en an einem ungeheuren Pfahl; denn aus seinen
gelegentlichen Worten von gestern wei� ich, da� er schwimmen kann -- und
jetzt doch dort drau�en mitten auf dem Wasser h�lt er sich kaum. Er rudert;
vergeblich. Er sucht; vergeblich. Er bedarf selbst der H�lfe. Der
Amerikaner sieht, was vorgeht, �ber die Achseln seiner Braut, oder doch
meiner Tochter. Eine seiner Wangen ist gl�hend roth, die andere wei� -- er
hat ein Auge geschlossen, eins hat er mitleidig offen. Ich rede zu ihm an
das linke Ohr und frage: �kann Wilberforce nicht schwimmen?� -- ich erwarte
keine Antwort, gehe vor Eifer auf die andre Seite. �Wilberforce!� rufe ich.
Das hat nun auf dem rechten Ohre der sonderbare, halbtodte, halblebendige,
halbfrohe, halbtraurige Erwin geh�rt -- er winkt, und der Neger, der sich
schon bereitet hat, theilt sicher und flink, wie ein Reh, die Fluth --
endlich, endlich kommt er auf die gef�hrliche Mitte. Ich habe nicht Augen
genug, wie es sich ereignen wird, schon ereignet hat. Ein Kahn ist vom
jenseitigen Ufer her�ber gekommen zu H�lfe. Der Neger hat den rettenden
J�ngling ergriffen, er zieht ihn nach. Aber Leuthold, Kindhold,
Menschenhold hat den Knaben mit seiner Hand an der Hand und zieht ihn nach.
Ich jauchze: sie leben! Er lebt! -- Meine Tochter schl�gt die Augen auf und
sieht mich an. Sie lehnt sich nicht mehr an ihres Br�utigams Brust. Sie
sieht nun selbst -- der J�ngling wird von den Schiffern in den Kahn gehoben
-- aufrecht gesetzt, oder setzt er sich selbst; der Knabe wird zu seinen
F��en gelegt, und ist nicht zu sehn. Der Neger schwingt sich in den Kahn.
Sie rudern schnell. Sie kommen. Sie nahen. Sie landen. Sie springen ans
Land. Selber der Knabe kommt wie betrunken getaumelt. Maria fa�t ihn in
ihre Arme, so na� er ist. Er dr�ckt sich die schwarzen Locken aus. Leuthold
bleibt ruhig in dem Kahn. Ich steige hinein. Der Amerikaner steigt hinein
-- der sch�ne J�ngling ist ertrunken, und seine sch�ne Hoffnung ist dahin,
ins Land der Hoffnung, oder war sie zuvor schon dahin. Und die Hoffnung
vieler Tausend. Durch den Vater.

Der Bruder des Knaben kommt am Ufer heraufgelaufen. Er ist weiter unten
gl�cklich gelandet. Es freut uns nicht. H�lfe kommt; ein Wundarzt; es freut
uns nicht. Das edle purpurne Blut flie�t aus dem entbl��ten m�dchenwei�en
Arm des blassen sch�nen J�nglings; die H�lfe bleibt vergebens -- es betr�bt
uns nicht. Der Vater, der F�rst kommt. Es betr�bt uns nicht. Es ist sein
einziger Sohn; er hat nicht Viele retten sollen -- Einen zu retten, dem er
schon Freude gemacht, dem er Vater und Vaterland wiedergeschenkt, das hat
er nicht unterlassen k�nnen; die abgeschnittene Rebe hat in der engen
einzelnen That sich ausgeweint. Meine Tochter weint. Sie soll mit dem
Br�utigam gehen. Sie hat sein Wort nicht geh�rt. Er geht allein. Der F�rst
schenkt dem Neger seine goldene Uhr; Wilberforce l�uft seinem Herren nach,
zeigt sie und fr�gt: ob er sie behalten d�rfe? Der wirft sie gelassen in
den Strom und geht. Jetzt eilen wir nach. Wir kommen zusammen nach Hause.
Er hat vorher geschwiegen. Er schweigt auch jetzt. Er steht nur einmal
still, blickt freundlich ernst auf den Boden -- und ist dann der Vorige! So
hing denn auch dieses hin, wie so Vieles in der Welt hinh�ngt,
unausgemacht, ungewi�, selber die Sonne am Himmel.

Tolera berichtete am folgenden Tage, da� sich die Auswanderer alle
bereiteten, mit Leuthold zu Grabe zu gehen, der ihnen so manches Gute
gethan, wie sich jetzt erst hervorthat. Der Leichenzug w�re merkw�rdig
gewesen. Besonders wenn die guten Deutschen, wenn Diese noch so genannt
werden durften, gewu�t h�tten, da� er ein Prinz sey, der einmal sich an die
Spitze des Volkes zu stellen entschlossen war, um Volkswillen auszuf�hren,
n�mlich das Volk, wie Moses aus �gypten. Wir unter uns glaubten, der Vater
werde ihn in dem Bleikeller der hohen Domkirche beisetzen lassen, damit er
dort unverweslich und unverwandelt als die gr��te Merkw�rdigkeit ruhe und
lehre. Der Vater war aber durch des Sohnes Tod, das Andenken an ihn, das
Hineindenken in ihn so zum Sohne geworden, da� er ihn wenigstens in den
Freistaaten begraben lassen wollte. Aber Amerika weiset die Todten von
sich; kein Schiffer schifft sie hin�ber. Das nennt man Aberglauben. Ich
hatte die Ehre mit meiner Tochter, den Vater an demselben Abend bei meinem
Freunde zu sehen, als Leuthold nach der Gruft seiner Ahnen abgef�hrt
worden. Da ihm als Incognito Niemand besonders krumme R�cken und
j�mmerlich-unterth�nige Redensarten zeigte, so sahe man hier, was
Behandlung, die Art des Selbstbenehmens, thut. Er war fast wie wir andern.
Es waren an diesem Tage mehrere reiche Auswanderer angekommen, denen keine
leiblichen G�ter fehlten, also nur die geistigen G�ter; denn es waren
bekannte hochgebildete M�nner, und Frauen darunter!

Der F�rst erz�hlte, er habe mit ihnen gesprochen -- und solcher Deutschen
Auswanderung habe ihn frappirt -- an das Herz geschlagen. Und wie schlugen
mir seine Worte an's Herz! �Europa,� sprach er, �Europa ist das Land wo
alle Rechtsinstitutionen zuerst im Gro�en auf V�lker angewendet worden
sind. Seit einem Jahrtausend hat es sogar versucht, die Religion auf den
Staat anzuwenden, in jedes Haus, an jeden Heerd, bis in das Gewissen jedes
Menschen eindringend. Das sind denn wohl ungeheure, h�chst ehrw�rdige
Versuche! Da� ihr Gelingen aber nicht m�glich war, und seyn wird, da�
Europa an dem Widerstreit seiner alten, ersten und nun hinzugekommenen
entwickelten Institutionen untergehen wird und mu�, deswegen grade sey es
gl�cklicheren, durch keine alten Fesseln gehemmten V�lkern desto
ehrw�rdiger -- weil es rechtlich war! Es hat den Begriff des Rechtes
festgehalten, und heilig das Erworbene, �berkommene geehrt; ob es gleich in
sp�terer Zeit nicht neu ertheilt worden w�re, so hat es doch das Bestehende
gesch�tzt -- um Keinen zu kr�nken, und lieber den Anschein haben wollen:
als kenne es nicht das Reine, Vollkommene; lieber im Kampf mit Abl�sung
alter Asiatischer Gebrechen untergehen, als mit dem Schritt zu einem
Zustande, wie er den Einsichten der _entwickelten Menschheit_ angemessen
w�re, die Verbindlichkeiten seiner Erblasser absch�tteln, und gro�, frei,
herrlich . . . . aber _schuldig_ und verschuldet dastehn. Inde� sichern ihm
seine niedergelegten Beweise von Kenntni� des H�chsten: die Achtung des
Geistes �berall; und sein _Verhalten_: den Adel des Herzens; und sein
Schicksal und seine Verlassenschaft: die ewige Dankbarkeit aller sp�tern
V�lker. Und seine Grabschrift wird seyn: Es that, was Recht war; dar�ber
ging es zu Grunde, der Welt zum Opfer. Have, anima pia!�

Er schwieg. Er dachte gewi� an seinen Sohn, denn er sprach noch einmal mit
feuchten Augen auf Deutsch: �Ruhe sanft, du gute Seele!�

In dieser wehm�thigen Pause zogen grade die Studenten nach Elsfleth
vor�ber, um sich diese Nacht noch einzuschiffen. Wir h�rten die ersten und
letzten Verse ihres Liedes nicht, nur diese beiden, die mit Kraft und Jubel
gesungen, nicht ohne Eindruck blieben:

   Dem Menschen ist nichts angeboren,
   Als Maul und Nase, Aug' und Ohren
   Et caetera! Et caetera!
   Und hat er nicht den Kopf verloren,
   So steht der Bursch stets neugeboren
   In Galla da! In Galla da!

   Dem Menschen ist viel _ein_geboren --
   Ein Leben, frei und unbeschoren
   Et caetera! Et caetera!
   Wo guter Wein gut ausgegohren,
   Da singt der Bursch, wie neugeboren:
   Halleluja! Halleluja!

�Die guten jungen Menschen!� sagte der F�rst. �Wirklich: junge _Menschen_!
Sie kommen mir so unschuldig vor, wie der Lebensbalsam, der nicht in der
Retorte bleiben kann, in welcher er bereitet worden, sondern �bergeht! Auch
keine Blume bl�ht in der Erde, in der sie gekeimt. Dann ist die ganze Natur
treulos, wenn diese jungen Blumen, jungen Menschen treulos sind. Diese alle
fliehen den langweiligen unsichern Proce�, das Recht zu gewinnen. Und
. . . . sie wollen des Lebens positive G�ter. Und wie kommen mir Alle, alle
die Auswanderer so fromm vor, gar so fromm! Sie murren nicht, sie tadeln
nicht, sie klagen nicht! Sie leiden! Sie meiden! _Sie gehn_! Geht mit Gott!
Ruhe fordert der Mensch mit Recht; Ruhe seit uralten Tagen; Ruhe zu eigenem
th�tigem Leben. Und darum Sicherheit -- heitere Aussicht -- L�mmer am
Himmel, nicht Kriegsgestalten. Und h�tten wir nicht Alle die Ruhe verdient?
Ist es nicht unmenschlich, dem nicht die Ruhe zu g�nnen, der sie erlangen
kann, der gern arbeiten will, da� ihm das Blut aus den N�geln dringt, um
nur Ruhe zu haben. Die Ruhe ist ein inneres Gut. Und w�re ich so reich, um
Jedem sein halbes Brot da dr�ben zu sichern, und w�re der Mantel des Doctor
Faust noch im Gange, da� Jeder gleich dr�ben erwachen k�nnte mit allen den
Seinen, und fr�h zu dem Fenster hinaus sehn -- wie viele �mter w�rden fr�h
ohne M�nner seyn. Pfarr�mter, Gerichts�mter, selber mancher Ministerstuhl
w�rde leer stehn. Und nur die, welche vom Wirrwarr, vom Kritisiren leben,
die w�rden, sich dann doppelt breit und gro� machen, wie Kinder, die auf
dem Kirchhofe den Geist spielen, und das Betttuch auf dem Rechen
emporstrecken. Indessen ist das Meer eine Art von Zaubermantel. Die Reichen
ziehen fort, um ihres Wohlstandes sich dr�ben doppelt zu freuen, doppelt
reich zu seyn -- leiblich und geistig. Selber die Besten ziehen fort, die
da glauben, da� es in Europa gewi� gut werden wird, ja da� die deutschen
�Vereinigten Staaten� die Amerikanischen himmelhoch �bertreffen werden.
Aber da h�rt' ich ein Lied derselben, das hei�t:

   Und selber die Leiden
   Und Wehen vom Neuen --
   Die wollen wir meiden;
   Dort Deiner uns freuen
   Wie Hirten vom Feld --
   _Du geborener Held_!

Und sie glauben also: Wir m�ssen durch den gro�en Umschwung in Europa uns
viel mehr verwandeln, aus Mangel an Kopf oder Geld von dem in Schwung
gebrachten Rade zur Seite geschleudert, als wir uns dort verwandeln m�ssen,
n�mlich nur die Augen aufmachen! Die Armen aber, sie finden dr�ben die oft
uns genannten zehn Plagen nicht. In Amerika sind nicht: Europ�ische
Politik; stehende Heere; zu kostspielige Hofhaltung;
Aristokratenherrschaft; papistische Umtriebe und Priesterherrschaft;
Staatsschulden; Staatspapiere; Handelssperre durch directe und indirecte
Abgaben; Ungleichheit der Besteuerung; Ungleichheit vor dem Gesetz. --
_Nichts_ ist _Viel_. Viel ist Nichts. -- So gehen sie denn. Und mit
doppeltem Eindruck wiederholte er seine Worte: Sie murren nicht, sie tadeln
nicht, sie klagen nicht. -- Sie leiden! Sie meiden. _Sie gehn_. Geht mit
Gott! Gott ist gewi� auch �ber dem Wasser!�

Zu diesem Worte, das uns an den Alten-Weiber-Spruch erinnerte, mu�ten wir
beinahe lachen. Er schlo� aber ernst:

   �Denn keusche Reinheit, zarter G�ttersinn
   Wohnt in dem armen menschlichen Geschlecht.
   Im stillen sanft, im Ganzen allverbreitet
   La� es das Leben allgemach sich schm�cken
   Auf reinstem Wege, wie dem Menschen ziemt.
   Die Einzelnen nur m�gen Reue f�hlen,
   Dem menschlichen Geschlecht ziemt Reue nicht,
   Ziemt alles Gro�e, W�rdige und Sch�ne;
   Und sicher seines Tags, in mildem Stolz,
   So wandelt's rein zum reinsten Erdengl�ck.�

Ich f�hre diese Gesinnungen deswegen an, weil sie darauf einen geheimen
Contract zwischen dem Vater des Leuthold und Herrn Erwin zur Folge hatten,
worunter ich mich nur als Zeuge mit unterschreiben mu�te, ohne jetzt mehr
zu erfahren, als da� beide Theile dabei das Beste ihres resp. Vaterlandes
besonders im Werke f�hrten. So viel jedoch konnte ich mir abnehmen, da� die
Sache einen Austausch von Einwohnern oder Unterthanen betraf, wie sie f�r
jedes Land am zweckm��igsten w�re! Ich sollte dabei h�chlich interessirt
seyn, und vorz�glich wirken. Ich! Und somit ward ich in die Welt
verwickelt. Wer lebt, kann in Alles gerathen. Ein Kind kann gro� wachsen,
ein Erwachsener kann Soldat werden, ein Soldat kann -- Nelson erschie�en!
oder Moreau! die auch einmal Jungen gewesen sind. Denn die� ganze
Geschlecht besteht aus gro�gewachsenen Jungen und M�dchen, und die Kinder
spielen nun Leute. Darum kann ich immer keinen rechten Respect vor allen
den Herren bekommen! Und was ich selber thue, kommt mir immer nur wie ein
gro�er Kinderstreich vor! Und wenn mich ein alter Bauer �Hochw�rden�
nannte, so mu�te ich mich recht zusammennehmen, um das Amtsgesicht zu
machen! Wie mag das dem Papst erst schwer werden! Nur nicht, wenn er
bedenkt, da� alle seine Vorfahren und Pfaffen ja eigentlich auch nur Kinder
sind. Im Nebenzimmer, unter vier Augen steckte mir der F�rst den kostbaren
Ring an den Finger, den sein Leuthold getragen -- als ein Andenken f�r
meine sch�ne liebe Tochter an ihn. Die Vornehmen erfahren und vermuthen
doch Alles, weil Jeder sie f�r seinen Beichtvater h�lt, dem er Alles aus
dem Herzen sch�tten mu�, und der alle S�nden vergeben kann. So war auch
meine Tochter verrathen -- oder ihr zur Ehre nur der gute Leuthold. Ich
kehrte aber die gro�en funkelnden Steine des Ringes in das Inwendige der
Hand -- und mu�te noch obendrein mich bedanken. Es kam aber nicht besonders
heraus. Mehr Freude machte mir ein Beutelchen Gold zum Abschiedsfest der
Auswanderer im Lager, damit sie �Einen guten Tag� in Deutschland, h�tten.
Und wir Andern, die sich selbst hinauspracticirenden Adligen, die
Wohlhabenden, kurz wir Alle feierten das Abschiedsfest mit ihnen, unter
ihnen als alle nun: Neue Landsleute! Amerikaner! Das Fest war sehenswerth,
mehr aber h�renswerth, am meisten jedoch bedenkenswerth.

Ein wei�er weiter Fr�hlingsnebel bedeckte das Vaterland am Einschiffmorgen.
Wir sahen die Sonne nicht mehr. Nur einzelne Stimmen lie�en sich vernehmen,
und ein gewisser Kr�ppel sang wieder sein unvergessenes Lied: Frisch auf,
Cameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! Ins Feld, in die Freiheit gezogen! --
Wir umarmten die bleibenden Freunde am Ufer, empfahlen ihnen die
Abschiedsbriefe in die Heimath, und sa�en dann wie die alten Helden -- im
Pferdebauch. Kanonensch�sse donnerten, so da� wir in der Seele recht hell
erwachten und einen Blick in die Welt thaten. Der Lootse, ein Kerl wie ein
B�r aus Helgoland, sprang aus dem Nebel auf das Verdeck, der Anker ward
eingeladen und wir schwammen! Das n�chste Land, das wir sahen, war Amerika,
und dazwischen lag nur die Meeresw�ste, wie vor den Kindern Israel ihre
Sandw�ste, um in der einsamen heiligen Zeit unsere S�nden abzub��en und
neue gute Entschl�sse zu fassen. O Weltmeer, mit deinem blauen Gew�lbe,
worin des Tages nur Eine gro�e Lampe vor�bergetragen wird, und des Nachts
viel tausend goldene Lampen -- welcher Tempel vergleicht sich dir! Wo man
den Menschen vergi�t, da erscheint Gott! Und Deutschland lag mit seinem
Gewimmel, seinen Th�rmen und H�tten hinter uns, wie den Nachhauseziehenden
eine kleine Stadt mit ihrem verl�schenden Jahrmarkt, wenn es drinnen
finster werden will. Nur als drau�en auf offener See am Abend der Mond aus
der Fluth aufstieg, als ich glaubte zu Hause zu seyn, und nur die Tochter
neben mir stand, da wurden die Augen mir feucht, und ich lehnte mich an
sie. O was ist ein Kind in der Fremde! Wir sehen uns an -- und wir reisen
nicht; wir sind daheim; da wo wir auch zu Hause daheim sind, wenn wir uns
ansehn. Nur die Mutter hatte mir das Herz schwer gemacht; denn das
Postschiff hatte uns drau�en bei Wangerooge noch eingeholt, Briefe
nachgebracht -- und meine Frau schrieb mir: �Ich komme! Segle vor dem
Zwanzigsten ja nicht ab! Ich bringe unsern Gustav Adolph mit. Es hat sich
hier viel ver�ndert!� -- Und das las ich bei vollem Winde den Achten des
Monats! Zw�lf Tage zu sp�t! Ich hatte ihr geschrieben, da� Steinbach unsere
Tochter zur Frau von mir begehrt, und da� ich sie ihm zugesagt. Das war
gewi� Eine von den Ver�nderungen, die sie bestimmt hatten, mir sogleich
nachzufolgen. Und nun war ich fort! Mit einem schweren Seufzer mu�te ich
auch Das gut seyn lassen, wie tausend Andere in der Heimath! Ich verschwieg
aber der Tochter die Nachkunft der Mutter, meine Sorge und die Verwirrung,
welche nun entstehen mu�te. Die M�nner m�ssen verstehen, das Schwerste
allein zu tragen. Darum sind auch noch die Weiber und Kinder so lustig in
Deutschland. Daf�r wu�te ich Einem Vater dr�ben Freude zu machen, durch die
zwei Knaben, den Anselm und Wilhelm, die mir anvertraut waren. Vom
Schulmeister Tolera unterst�tzt, hielt ich Vor- und Nachmittags
Schiffsschule mit den Kindern der Auswanderer, und trieb vorz�glich nur
Neueweltkunde, Geographie und Naturgeschichte. Die Kinder lernten alle wie
Genie's! Denn das Interesse lag vor uns -- nicht r�ckw�rts! Das ist die
Ursache, da� so viele Candidaten, besonders der heiligen Theologie, den
Repuls bekommen! Die �ltern hier aber erlebten Freude und sa�en mit
gefalteten H�nden an den Borden umher. Bisweilen sangen in der Morgen- und
Abendstunde auch die Rothkehlchen dazu, und die Staare schwatzten. Denn ein
Freund der Natur hatte eine kleine Arche voll Singv�gel mit eingeschifft:
Leipziger Lerchen, 50, je ein M�nnlein und ein Fr�ulein; Polnische
Sprosser, 50, je ein M�nnlein und ein Fr�ulein. Bayersche Staare! Und
Oberlausitzer Haidelerchen, die V�gel mit dem wehm�thigsten Gesange auf
Erden! Und auch den fr�hlichsten, liebsten Vogel der Kinder -- den Kukuk!
12, je ein M�nnlein und ein Fr�ulein.

War der Mann mehr ein Menschenfreund? Oder ein Freund der V�gel, der diesen
da dr�ben neue unerme�liche W�lder schenken wollte? Ich weinte fast, wenn
ich die lieben S�nger ansah, und war voll von tausend Fr�hlingen. Der
Inhaber derselben frug mich l�chelnd: �Bin ich der Herr von Habenichts? Ich
will durchaus wissen, ob ich dr�ben der Herr von Kannnichts seyn werde; das
will ich wagen und pr�fen! Die geheime Macht ist die gr��te; und das
geheime Wissen und K�nnen, was Jedem einwohnt, ohne da� er es wei� -- das
ist das Herrlichste. Was f�r ein Esel hat mein Ahn und Ihr Ahn -- Adam
geglaubt zu seyn, als ihn der Engel zur Auswanderung aus dem Paradiese
gen�thigt; und ward er nicht ein herrlicher Landpfleger in Asia, der
Normalbauer, auch Schaafz�chter der Heidenheit! Und o wie schwer mu�te dem
Herrn von Adam das Leben unter nicht einmal b�rgerlichen, sondern
thierischen Canaillen werden -- da er das Paradies geschaut hatte und
drinnen gelebt! Wie viel tausendmal besser haben es wir -- die wir bei uns
nichts vom Paradiese gesehen haben, als Schwarzkittel, Regimenter Engel mit
dem Schwerdt, und wenig Freudenh�user -- als die privilegirten! Und ist
jeder Bauer im Schiff hier nicht ein Auserw�hlter des Herrn, wie Noah in
seinem Kasten! Damit wir gesegnet w�rden, durften Millionen nicht ersaufen,
sie durften _auf trockenem Lande_ bleiben! Und was fand Noah, als er
ausstieg? -- Recta Nichts! Und was finden wir? -- Recta Alles! Bis auf die
Singv�gel, und die bringe Ich!�

Zur Erg�tzlichkeit der Andern wurden fast alle Gespr�che �ffentlich
gehalten, und ich erstaunte, wie bald sich der Mensch an Redefreiheit
gew�hnt. Die alten ertragenen Leiden waren unleugbar �berstanden, und wie
man von Todten spricht, so redeten hier die Leute von Europ�ern und
Europ�ischen Dingen: das _waren_ gro�e Schulden -- das _waren_ schwere
Zeiten -- das _waren_ schlechte Aussichten. Kurz, der liebe Schiller ist
nie zur See gefahren, sonst h�tte er wahrer gesungen: �Auf dem _Meere_ ist
Freiheit!� -- Uns war es die Freiheitsschule.

Wir waren schon mehrere Wochen gesegelt, und Anselm wu�te, wie wir Alle,
da� Amerika da sey, wenn die Wache aus dem Mastkorbe riefe: _Land_! Da rief
sie nach einem schweren Gewitter einst: Land! Land! -- Es konnten diesmal,
da uns der Sturm zur Seite gedr�ckt, jedoch nur erst die azorischen Inseln
seyn. Der Knabe aber stieg in die Strickleitern hinauf -- sahe Land, sah in
seiner Meinung das hei� ersehnte Amerika -- er dachte gewi� an seinen
Vater, wollte gewi� die H�nde ausstrecken, hatte sich also nicht mehr
angehalten, und so war der arme, vor Freude taumelnde Knabe herabgest�rzt
auf die harten Bohlen, und wir hatten einen Halbtodten im Schiff, den der
Arzt herzustellen nicht gewi� versprach. Ich bekam eine Nothtaufe; darum
schrieb ich zu den andern Regeln f�r �berfahrer auch die: nur geborene
Menschen mitzunehmen. Der Sturm hatte in der Ferne wo ein Schiff
zerbrochen, und in der darauf folgenden g�nzlichen Windstille erkannten wir
endlich einen Menschen, der, mit einem Schwimmg�rtel versehen, sein Leben
gerettet hatte. Ich fuhr im Boote mit hinaus ihn aufzufischen. Welch ein
Mensch! Alle die Seinen waren umgekommen. Er hatte in einer Tasche vor der
Brust noch Lebensmittel auf viele Tage. Sein erstes Wort war: �Niemand mu�
sich allein retten. Das ist sch�ndlich, unausstehlich!� Der Mann sah
furchtbar aus. Er trug einen leichten Panzer, �ber und �ber mit
Stahlstacheln gegen die Angriffe der Seeungeheuer, womit er auch schon zu
Lande, in W�ldern und S�mpfen, jeder Schlange, jedem B�re getrotzt. Er
erz�hlte uns im Schiffe seine Abenteuer. Trotz dem, da� er der gr��te
Wagehals schien, war er doch nur der gr��te Gottfried Sicher gewesen und
nannte sich selbst den gr��ten Feigling. Auch uns Auswanderern wollte er
seinen Namen wie einen gro�en Mantel umwerfen, da� wir ausgewandert w�ren.
Seine Worte waren schneidend. Er gab mir eines Abends seine
Lebensbeschreibung in einer Glasbouteille �Leben eines Wagehalses�, und am
andern Morgen war er, so sehr wir auch �berall suchten, doch nirgends auf
dem Schiffe zu finden. Viele hielten ihn f�r eine Geistererscheinung, die
einem von uns den Tod bedeute. Andere konnten �ber das untergegangene
Schiff nur beruhigt werden, da� sie von Seekundigen h�rten: �Erst das
hundertste Schiff scheitert, und von hundert gescheiterten Schiffen kommt
erst die Mannschaft von Einem um. So steht die Seerechnung!�

Ein ander Seegesicht darauf erfreute und best�rzte mich bang! Ein Schiff
segelte unter dem Winde an uns vor�ber. Nicht f�nfhundert Schritt weit. Die
helle Morgensonne schien hinein. Ein Schiff ist auf der See eine
Merkw�rdigkeit. Nach meiner Gewohnheit sahe ich mit dem Fernrohr hin�ber in
die rosig und saffranfarbig gl�henden Segel. Auch die Reisenden sahen nach
uns her�ber; Frauen, Knaben, die Gesichter nach uns gewandt. Endlich
erblicke ich, ein Gesicht -- Gott! es war mein Weib! Ich konnte vor Beben
kaum sehen, wie ihr die Augen leuchteten! Wie sie sehnsuchtbla� aussah. Sie
hielt die Hand auf den Kopf meines Sohnes. Aber ach! sie vermuthete uns
nicht, und sahe sofort her�ber in stillem Tr�bsinn. Das Meer rauschte; der
Wind sauste. Ich wollte durch das Sprachrohr dennoch versuchen ihr
zuzurufen, mich ihr bemerklich zu machen, sie wenigstens zu gr��en! Ich
rief meine Tochter, ich sagte ihr: Kniee nieder! siehe hin�ber, da steht
ein Weib . . . . wie unsere Mutter. Sie sahe hin�ber -- sie hatte eben das
Mutterantlitz gefunden, da wendete sich das Schiff und zeigte uns das
Steuerruder. Es rauschte mit Fl�geln, des Sturmes davon. Maria sah mich an.
Und ich fa�te mich, ich verrieth ihr nichts; und so wu�te sie ruhig die
Mutter daheim bei den Br�dern. Ich aber besann mich, da� die Mutter ja
wu�te, wir segelten nach Neu-Orleans. �Also auf fr�hliches Wiedersehen in
einer bessern Welt!� sprach ich gedankenlos. Und so hatte ich richtig
geahnt. Ich hatte sie zum letztenmale gesehen!

Darauf �berfiel uns wieder tagelange Windstille. Unser Schiff schien wie
ein Schwan auf dem Wasser zu schlafen. Die Tage waren schon hei�. Anselm
ward kr�nker; Er lie� sich noch von seinem Bruder Wilhelm das Lied von der
Schwalbe vorsingen, und die andern Knaben sangen es mit; Und f�r seinen
Vater h�rte ich weinend die letzten Verse mit an:

   Da la� ich mich ihn fangen;
   Die Mutter k��t mich sehr!
   Drauf soll ich wieder fliegen --
   Da bin ich schon nicht mehr!
   Da steht sie tief betroffen,
   Denkt bang an mich und schwer;
   Begr�bt mich bei dem Weinstock --
   Der sagt ihr: da� Ich's w�r'! --

Unter diesem Gesange war er gestorben, ohne auch todt noch zu seinem
ersehnten Vater zu kommen; Denn wir begruben ihn darauf, wie man auf dem
Schiffe begraben kann, in Gottes heilige See! Auf ein Bret gebunden, das
mit Steinen beschwert war, um zu Grunde zu gehen, in ein wei�es Tuch
geschlagen, das Gesicht unverh�llt, versenkten wir ihn in die heilige
Tiefe. Es war nicht zu weit mehr von der s�dlichen Spitze von Ostflorida,
dem Eingang in den Meerbusen von Mexiko, oder in das neue mittell�ndische
Meer von Amerika, in einem Clima wie in �gypten. Die See war nicht zu tief
und bei der Klarheit des Himmels und der Klarheit des Wassers glaubten wir
den Grund des Meeres zu sehen; oder wie wir mit Erstaunen und Bewunderung
wahrnahmen: sie trug ihren Grund oben! Und welchen Grund! Welche
Zauberg�rten! Gestr�uche und Wasserpflanzen mit k�stlichen gro�en Blumen,
wie Kindergesichter, bl�hten und schwankten leis, ob sie gleich alle aus
Edelsteinen gemacht schienen! Bl�tter, breit und gez�nkelt, wie aus Rubin!
Zweige, wie aus Gold und Rauchtopas! Bl�then und Blumen, wie aus Milch oder
Schnee -- aber Alles, Alles mit einem Anhauch von Smaragdgr�n �berflossen,
wie die Pflaume von blauem Hauch. Und im lichten goldnen Sonnenstrahl
funkelte der Zaubergarten golden und blau und gr�n und roth, wie bes�t mit
funkelndem, strahlendem Thau! -- Da hinab -- in dies Paradies, das, hierher
in das heilige Meer, verzaubert, so himmlisch und ruhig fortbl�ht -- da
hinab versenkten wir die wei�e Gestalt des sch�nen Knaben; noch einmal so
wohlgemuth durch das tr�stliche Wunderspiel der Natur. Das Schiff stand in
der Windstille, wie angewachsen, und so sahen wir, wie er losgelassen von
den Seilen sank und sank und sank! Wie das wei�e Gebild gemach und leise
gr�nlich ward vom Scheine des Meeres, und gr�ner, und endlich kr�ftig gr�n,
wie sonnedurchschienener Smaragd. Endlich ruhte er, wie ein gro�es
funkelndes sch�nes Gestirn, auf schwankenden Zweigen, wie eingewiegt von
lieblichen Zaubergestalten von guten Geistern, die sich, in gro�e Blumen
verwandelt, ihm weich und hold, �ffneten, sich reizend �ber ihn neigten,
und �ber ihm schlossen. Alles war so wunderbar, da� wir uns nicht gewundert
h�tten, wenn die Zaubergebilde da drunten nun auch mit heiligen zarten
Stimmen gesungen h�tten! Selbst nicht, wenn sie den Menschenvers gesungen:
�Wer will mir nun den Himmel rauben?� Alles schwieg sofort. Er blieb da
drunten sofort und die Augen vergingen uns �ber der Pracht. Da kam ein
L�ftchen, kr�uselte das Meer -- und Alles war hin! Ein sch�nes Grab! Ein
sch�ner Tod, der Tod vor Sehnsucht! Aber ich hatte noch einen Knaben f�r
seinen Vater. Und der Knabe war nicht lange begraben, so schrie die Wache
vom Mastkorb: Land! Land! Licht! -- Denn es war Nacht. Und in der Nacht
fuhren wir um die Spitze von Florida, diesem papstlosen Italien der neuen
Welt, dessen Sicilien Cuba hei�t.

Die leicht anzulegende Durchfahrt quer durch Florida w�re sehr zu w�nschen!
Denn im Canal von Bahama wurden wir so von Wind und Wogen gepeinigt, da�
der wieder seekranke arme Tolera sich mit den Armen an mich anhielt, mir in
die Augen sah und frug: �Mein Herr Pastor! was m��te wohl Einer an
Hochw�rden bezahlen, wenn er Sie zu Hause auf Ihrem Hofe in einen Kasten
sperren und f�nf Wochen lang Hochw�rden Tag und Nacht derma�en sch�tteln
und r�tteln wollte, da� Sie die Welt f�r einen Dreier verkauften? Ich
glaube, schweres Geld!�

Das hei�t Krieg, sagte Napoleon, sprach ich, und das hei�t Seefahren, und
man kommt wohin, und wohin? mein Tolera! Denk' Er doch! -- Am Morgen war
uns die K�ste wieder zu dem heraufd�mmernden Streifen eines Traumes
geworden. Die Hitze ward unausstehlich, und die dicksten M�nner lie�en sich
an Stricken unter dem Arme und an das Schiff gebunden eine Stunde lang
durch die frische Flut nachschwemmen. Unser Schiff ward gewaschen und neu
angestrichen, damit wir, wie Garden geputzt, wie von einem blo�en
Spaziergang heiter in das heitre Land einz�gen.

Endlich erreichten wir die Mobile-Bay, und den Meerteich vor dem Hafen von
Neu-Orleans. H�ben und dr�ben gr�nende K�sten, flach wie �gypten, mit
Tulpenb�umen, Akajous, Wachsmyrthen, mit Feigenb�umen, Orangenb�umen voll
Fr�chte, ja mit Palmen!

Wir begegneten ein gro�es Amerikanisches Kriegsschiff. Es war ein Man of
War, ein Seeheld vom ersten Rang. In schweigender Majest�t. Und Tolera
sagte: Columbus sahe nur gr�ne Zweige treiben und schlo� auf das Land.
Solche Fr�chte aber lassen auf einen Riesenbaum schlie�en. �Es leone
unguem!� Die Sonne stand uns im R�cken. Ein Fr�hlingsgewitter zog
segenverstreuend in's Land. Ein breiter, prachtvoller Regenbogen bildete
ein himmlisches Thor zu dem herrlichen Lande, hoch und weit ge�ffnet vor
uns, wie von bunten, hellen, dreifarbigen Blumen bekr�nzt! Vor Entz�cken
glaubten wir selbst an dem himmlischen Thore die himmlische �berschrift mit
Gold geschrieben zu sehen:

FRIEDE. BROT. FREIHEIT.

Die Kanonen hallten. Wir waren da! Wir umarmten uns Alle durcheinander vor
Freuden! Wir weinten wieder einmal recht aus Herzens Grund, wie die Kinder.
So steuerte uns der Lootse in den Hafen, unter die hundert Schiffe, der
Stadt n�her, nahe, dicht hinan. Wir hatten nicht Augen genug! Und als der
Anker fiel, als die Segel alle nach und nach eingezogen waren, als das
Schiff stand, -- als Alle aus tiefer Brust dem gl�cklichen Capitain das
�Hurrah!� riefen, da erwachte ich wie aus einem Traum. Ich rieb mir die
nassen Augen. Es �berfiel mich mit Todesangst: Du bist fort! Ein tausend
Meilen breiter Meerschwall trennt dich . . . . ich wu�te nicht von wem? von
was? Aber es lag eine Gewalt in dem stillen, unbekannten, verlornen Etwas,
da� ich in einen Winkel hinter das gro�e Steuerrad ging und bitterlich
weinte. Auswandern -- sterben! Doch auch: Auferstehn! sprach ich wieder zu
mir. Steh' also auf aus dem Grabe! Steh' auf in der neuen Welt, mit neuem
Leibe und neuer Kinderseele!

Ein Gesundheitsbeamter kam -- er fand uns Alle gesund, und wir durften an's
Land! -- Aber bald murmelte es in der verworrenen Menge der an's Land zu
steigen Begierigen: �Das gelbe Fieber ist in der Stadt! das gelbe Fieber!�
Und vor Schrecken legten die Meisten ihre B�rden wieder hin und sahen sich
an. Es ward Abend �ber uns, und wir hatten uns nicht ger�hrt. Nur um den
gro�en Todtenstrom, den furchtbar angeschwollenen, f�nftausend Fu� breiten
Missisippi zu sehn, dessen gewaltiges Rauschen und Tosen wir �ber den Damm
weg h�rten, stiegen wir nach einander in den obersten Mastkorb. Gro�e
Str�me und gro�e V�lker gelangen schwer in den Ocean der Zeit! Sie f�hren
zu viel Ballast mit sich, und verw�lzen sich selbst ihr Ende mit Staub der
Erde. Nur hohe D�mme f�hrten den gewaltigen Strom noch m�hsam durch das
Delta, durch die vielen Bayous in's Meer, und nur weil er in Emp�rung war!
Sonst versiegt er wie der Ganges, wie der Nil, wie der Rhein, und wie ihre
V�lker, und die Pest herrscht in Calcutta, in �gypten und hier. Dies Ende
der V�lker und Str�me, diese Lehre der Natur stimmte mich herzhaft! Ich
lie� meine Tochter in dem sichern anst�ndigen Schiffe, selber Erwin bat sie
darum, und sie folgte doppelt gern. Ich mu�te mein gutes Weib aufsuchen!
Meinen Knaben! Ich fuhr auf einem kleinen Boot mit einem F�hrer an die
Schiffe, welche in diesen Tagen vor uns schon Auswanderer mitgebracht. Ich
fand gl�cklich den Capitain, der mein Weib und Kind �bergef�hrt. Er nannte
mir das Haus, wohin sie mit dem Knaben sich gewendet. Ich bat darauf meinen
Freund um seinen Neger Wilberforce; und sauber gekleidet und gl�hend im
Gesicht ging ich in der Abendd�mmerung mit ihm dahin. Er trug meinen Mantel
und mein rothes Saffian-K�stchen. So dr�ngten wir uns durch ein Gewirr von
Menschen, und da� ich auch so sch�ndlich unterscheide -- durch unz�hlige
Sclaven, von welchen sehr viele nur Einen Arm hatten, der ihnen von ihren
Herren weggehauen worden, wenn sie ihn auch oft nur zuf�llig gegen
denselben erhoben. Alle wichen mir als einem Wei�en aus, schon von Weitem.
Aber Alle sahen d�ster, ja gef�hrlich aus, und ihre Augen funkelten und
desto greller in der sinkenden D�mmerung. Das ersehnte war ein ziemlich
einsam stehendes pr�chtiges Haus mit gro�em Erker mit Spiegelscheiben, in
denen der Abendschein gl�hte. Der treue Wilberforce meldete mich unter dem
Namen eines franz�sischen Obersten. Das sey der geringste Titel, den ich
mir geben m�sse, meinte er. Ich dachte an das Wiener �Gnaden� und lie� es
geschehen. Ich ward angenommen. Alles prachtvoll im Hause! Kostbare
Teppiche auf der Treppe. Ein gl�nzendes Vorzimmer. Ein unbeschreiblich
liebliches Zimmer, worin ein Weib auf der Ottomane lag, sich halb
aufrichtete, als ich hereintrat; und als ich ihr n�her trat, und ihr doch
noch zu fern stehen mochte, als da� sie in dem abendroth d�mmernden Zimmer,
wie sie w�nschte, mich sahe -- da stand sie ganz auf, und leise, leise bog
sie ihr K�pfchen vor. Es war mein Weib nicht. Aber da ich mit
unbeschreiblicher Sehnsucht, mit dem L�cheln, Jemand zu �berraschen, mit
der Freude: Freude zu machen, mit gro�en, gewi� leuchtenden Augen nach ihr
gesehen, so hatte ich auch gesehen, da� es ein Weib war, sch�n, wie die
Kaiserin Josephine in ihrer bl�hendsten Jugend gewesen seyn mag; aber
solche Augen voll Seele, gro� und mild, solch einen Wuchs, solche Glieder
hatte ich noch nie gesehen. Es war, ihrem nur wie mit einem Hauch vom
lichtesten, fast wei�en Braun behauchten Gesicht, dem Hals und Nacken und
den Armen nach, eine Quarterone, die, ein Theil Indisch, zu drei Theilen
Wei� gemischt, meist zauberisch sch�n sind. Mit dieser Neugier, dieser
Verwunderung, ich will nicht sagen Bewunderung, sah ich sie an. Sie
l�chelte, wie ich sie so ansah. Wir waren allein. Ich schlug die Augen
nieder. Dann glaubte ich Ger�usch hinter den Vorh�ngen ihres Schlafcabinets
zu vernehmen -- und ich blickte mit Sehnsucht dahin! Aber es trat Niemand
heraus! Nur ein buntgefiederter Ara hatte sich in seinem Ringe geschaukelt
und mit der Kette gespielt. Sie hatte sich wieder gesetzt. Und ihr Blick
stieg jetzt langsam von meiner Fu�spitze an mir herauf und blieb dann an
meinen fragenden Augen fest geheftet, bis jetzt _sie_ die Augen
niederschlug, und vor sich hinl�chelte, wie ich nie gesehen.

Ich ward roth, ich f�hlte es, �ber ein m�gliches, wenn auch noch so
ehrenwerthes oder holdes Mi�verst�ndni�, und so wollte ich, alle Schleier
zerrei�end, nun, leise jedoch, nach meinem Weibe, meinem Knaben fragen --
denn auch er st�rzte dem Vater noch nicht in die Arme . . . . oder hatte
sie mich in dem Briefe gutm�thig get�uscht, oder ich mich gutm�thig im
Schiff -- aber wie dann doch der Capitain des Schiffes . . . . so �berlegte
ich noch . . . . aber eben deswegen wollte ich ja fragen, fiel mir, von dem
jungen Weibe ganz Verworrenen ein -- da sprang sie pl�tzlich auf und stie�
einen Schrei aus; und wie erschrocken dar�ber, da� sie so laut geschrieen,
hielt sie sich doch gleich selbst mit der kleinen Hand den kleinen Mund zu
-- ich blickte im Zimmer umher -- es war hell! ich blickte nach dem Fenster
-- ich sah Gluth. Feuer ging auf in der Stadt. Schon schlug eine hohe Lohe
empor. Rauch quoll auf Rauch, und die Feuers�ule stieg himmelan. --

Die sch�ne Frau zitterte am ganzen Leibe; ihre Z�hnchen klapperten vor
Schrecken, und Furcht. -- �Sehen Sie dort! Dort auch!� -- sprach sie auf
franz�sisch, mit ged�mpfter, hastiger, �ngstlicher Stimme, deren Drang und
Laut mich innig durchscholl und bewegte. Und als sie einige Schritt auf die
Gluth zu gethan, rief sie in h�chster Best�rzung: �Und dort! Dort auch!� --

Sie sank auf ein Knie und verbarg ihr Gesicht in den H�nden, und ihr volles
Haar fiel schwarz und auch wie schrecklich �ber sie herab, mit den Spitzen
bis auf den Teppich. -- �Ich bin verloren!� st�hnte sie. �Wir sind
verloren!�

-- Die Feuer sind weit! tr�stete ich sie. Sie scheinen freilich angelegt.
Denn drei Geh�fte gehen an verschiedenen Orten zu gleicher Zeit mit
demselben Stundenschlage auf. Aber man wird es l�schen. Das Feuer ist dem
Menschen oder doch dem Wasser, unterthan.

�Ach, die Sclaven! die Sclaven! Sie stiften den Brand nur an, um uns zu
ermorden, um frei zu seyn!� sprach sie, in h�chster Angst aufspringend,
irrte im Zimmer umher und rang die H�nde. �Mein Mann ist todt; schon ein
Jahr. Er war hart. Ich bin gut. Aber sie haben es ihm nicht vergessen.
Sclavenrache ist f�rchterlich! Die s�dlichen Staaten zittern vor ihren
Millionen Sclaven! Wohl hunderttausend sind hier in der N�he! Und hier,
hier im Geh�ft sind 63 Neger! Himmel! Sie singen ihr f�rchterlich Lied!
Quillt nicht dort Rauch aus dem Dach? -- Ach, wie entflieh' ich? Retten Sie
mich! Ach, ich bin noch so jung! Ich lebte so gern, nun wollt' ich erst
leben, und soll nun sterben!�

Sie weinte. Und ehe ich nur so was denken konnte, lag das zitternde,
gl�hende, bebende Weib schon an meiner Brust . . . ihre Augen sahen
himmlisch bittend mit ihren schwarzen, gro�en Sternen aus dem gro�en,
reinen, feuchten Milchwei� zu mir auf . . . . ihre Lippen zuckten . . . sie
war ein Weib . . . . ich war ein Mensch . . . L�rmen von tausend dumpfen
Stimmen scholl her, die Gluth wuchs, als wenn die Wolken anbrennten, Wagen
eilten und rasselten, Glocken lauteten grell und �ngstlich; �Alle Sclaven
bei Todesstrafe in die H�user!� h�rte ich deutlich unten rufen -- --
Schiller trat als Geist vor mich, ich erblickte sein blasses,
menschenfreundliches, keckes Gesicht deutlich, und er sprach deutlich.

   �-- Vor dem Sclaven, wenn er die Kette bricht --
   Vor dem freien Menschen erzittert nicht!�

So etwas hatte ich mir nicht vorgestellt, nirgends, am wenigsten hier; aber
ich war mitten hinein geworfen, die junge Wittwe k��te meine H�nde, sie
gelobte mir ewige Freundschaft, ewige Dankbarkeit, wie ein Weib sich nur
irgend bedanken k�nne, mit Allem, was sie habe und sei, wenn das zulange,
mir genug oder nicht genug sei . . . . . nur erretten sollt' ich sie,
retten . . . .

-- und ich war bereit.

Aber wie? -- Das war die Frage; und ich that sie mit Trost, aber mit Eifer.
Ich wei� nicht wie. Es ist etwas Eigenes um ein gar so sch�nes Weib! und in
Noth und in Thr�nen! Sie wu�te Rath. Das Opfer war nicht gering. Aber es
gab nur diesen Weg, sonst keinen. Denn an Vertheidigung war nicht zu
denken. -- In meinen Kleidern wollte sie fliehen, mit meinem Mantel und
Hut, mit meinem B�ndel. Denn so hatten sie mich gewi� hereinkommen gesehn,
so lie�en sie mich in dem Eifer gewi� wieder hinaus; aber _sie_, statt
mich. Ich sollte mich aber in ihr Bett legen -- als Kranker, vom gelben
Fieber pl�tzlich Befallener -- wenn mich die Sclaven suchten und f�nden und
hervorrissen. Sie w�rden sehen, ich sei fremd. Selbst in der Wuth w�rden
sie so blind nicht seyn. Am wenigsten k�nnten sie ahnen, da� wir schon ein
Einverst�ndni� h�tten!

Bei diesem Wort sah sie mich mit Augen an, von welchen ich nicht mehr
geglaubt h�tte, da� sie mich angehen, mich anfechten, ja in mich dringen
k�nnten. Ich kam aus dem Erstaunen nicht heraus. In der Welt ist Alles
m�glich! dacht' ich. Zeit, Ort und Umst�nde sind die Herren aller Dinge.
Sollte ich sie in St�cke zerhauen sehn? Doch, wenn ihre Flucht gelang, wenn
sie sicher war, dann war ich erst in der gr��ten Gefahr. Doch das dachte
ich nicht. Denn . . . .

Sie war rasch zum Werk. Sie holte mein Ledert�schchen selbst aus dem
Vorzimmer, sie warf meine Sachen heraus, meine besten, theuersten Sachen
und Papiere, sie schlo� eine Commode auf, nahm Papiere heraus, und f�llte
es daf�r damit an; sie band mir das Halstuch ab, nahm die Weste, nahm den
Hut, den Mantel, die Stiefeln, sogar; ich mu�te mich in ihr weiches zartes
Bett legen, sie deckte mich zu, ja, als ich gehorsam wie ein gro�es
Windelkind, �berrascht und wie gefangen mit dem Kopf in den weichen Pf�hlen
lag, neigte sie schnell ihr Gesicht �ber mich, ihr rechter Arm schlang sich
unter meinem Nacken durch, ihre Stirn ruhte einen Augenblick auf meiner,
und ihre Lippen k��ten meine Lippen im Fluge einen Augenblick, w�hrend ich
nicht aufblickte, sondern die Augen fest zugeschlossen hatte; und schnell
lispelte sie mir noch zu: �Das soll Dir nicht unvergolten bleiben! So Gott
will!�

Und so verschwand sie -- wie mein zweites Ich, und ich tr�umte mit
wachenden Augen, und sahe die Gluth des Feuers und h�rte das Tosen in der
Stadt.

So lag ich voller Erwartung der Dinge. Ich liege eine Viertelstunde, eine
halbe Stunde, eine -- -- zwei Stunden -- -- ich h�re keine Uhr mehr; keine
Glocke; das Tosen l��t nach, das Feuer brennt lichter am Himmel als auf der
Erde. Ich bin halb eingeschlafen. Endlich ganz. Ich wei� nicht wie lange.
Aber mit Sorgen. Denn nun h�re ich leise Tritte, �berall im d�stern Zimmer
umher! Ich h�re rufen! Es kommt zu meinem Bett! Es ruft mich! meinen Namen!
Es greift und tappt auf meiner Decke, es ergreift meinen Kopf, meine Hand.
Ich fasse zu, als wenn ich einen L�wen festhalten wollte.

�Ich bin's!� spricht die Stimme. Es ist der Neger -- Wilberforce. �Sind Sie
hier? Sind Sie es?� fr�gt er.

Ich mu� leider Ja sagen.

�Haben Sie Muth?� fr�gt er mich. �Wissen Sie schon?�

Ich habe Muth, wie Du siehst, und wei� nichts! antworte ich.

�Wissen Sie nicht ihr Schicksal?�

Ist sie todt? frag ich, und fahre empor.

�Nun Sie es sagen -- ja! Sie ist todt!� spricht er und weint.

Ich falle vor Schreck zur�ck. Ich denke sie mir todt. In der That, mir
stockt das Herz. Ich athme kaum. Weinen kann ich nicht.

�Aber Ihr kleiner Sohn lebt;� spricht er.

Also _meine Frau_ ist todt! ruf' ich und springe aus dem Bett.

�Am gelben Fieber;� sagt er. �Vor vierzehn Tagen. Die reiche, sch�ne, junge
Wittwe hier hat sie redlich pflegen und begraben lassen, und ihr ein
gemauertes K�stchen in das Wasser machen, denn hier begr�bt man in Wasser.�

Nun kann ich weinen.

Nach langem Schweigen frag' ich zu meinem Troste: aber mein Sohn lebt,
warum kommt er nicht?

�Schon Ihre vormalige Frau hat geglaubt, Sie sind voraus nach Ohio -- und
so hat, nat�rlich aus einem Irrthum, das gute liebe Weib hier, ich meine
Madame Josephine, ihn in guter Begleitung nach Cincinnati abreisen lassen
mit Briefen an dasselbe Haus, an das Sie empfohlen sind. Das wei� ich vom
Hausvoigt. Ja, sie hat ihn schon fortgesandt, ehe er auch erkranke, und ehe
seine Mutter gestorben ist.�

Aber warum lebe ich noch? Wo sind die Neger gewesen?

�Zuf�llig eingeschlossen, -- von mir! Sie w�ren ermordet worden im, Bett.
Vielleicht auch nicht. Denn wir sind nur rachs�chtig, nicht blutd�rstig.
Ich sah Sie forteilen ohne mich -- ich eile nach; da entdeck' ich, es ist
Josephine, die sich mir entrei�t. Da vermuth' ich mit Recht, da� Sie noch
im Hause sind. Da verschlo� ich die Sclaven. Im Grunde umsonst; denn der
Aufruhr ward in der Stadt ged�mpft. Die Neger h�rten nichts mehr, und so
blieben sie ruhig. Aber alle hatten sich schon mit Waffen versehn! sie sind
schuldig. Ach, bitten Sie morgen f�r meine Br�der, wenn Josephine vom
Landhaus wiederkehrt. Die Gefahr ist vor�ber. Morgen k�nnen Sie gewi�
hundert Sclaven sehen die rechte Hand abhauen. Denn wer von uns nur eine
Hand gegen seinen Herrn aufhebt, dem wird sie abgehauen. Darum tragen wir
sie gern ganz steif an den Schenkeln hinunter. Ach Gott, wer zu Hause w�re,
und h�tte nur Freiheit im Vaterland! Freiheit und Vaterland, keins ist ohne
das andere was werth -- wie nur Ein Bein, Eine Hand! Ach! Ich bin frei! F�r
treue Begleitung auf seiner Reise hatte mir mein Herr die Freiheit
versprochen. Aber was ist das ohne Vaterland! Was ich Jahre gehofft, ist
mir nun nichts! Doch nein -- die Freiheit ist mir die Erlaubni� im
Vaterlande zu wohnen!�

So verlie� er mich weinend.

Es war nat�rlich, da� mir das Ungl�ck meiner Frau um meiner Tochter willen
am tiefsten leid that. Denn weil die Tochter lebte . . . . so war ich jetzt
am meisten um die Tochter besorgt. Was w�rde sie gelitten haben! Und warum?
Warum schon jetzt? Warum �berhaupt! Ich beschlo� also fest, meiner einzigen
Tochter den Tod ihrer Mutter zu verschweigen. Meiner Gro�mutter Sohn war
gewi� schon lange todt, und in der alten Frau lebte er immer noch
gl�cklich! Und so schlief ich endlich voll Liebe und Tr�ume ein, mit nassen
Augen. Zu Hause sa� meine alte Gro�mutter blind -- ohne ihren liebsten
Sohn; mein Sohn Marbod vielleicht noch auf dem Schlosse bei der Baronesse
Freysingen Doppelsonaten spielend. Mein Knabe war hier im Land, aber fremd
unter Fremden mich suchend! Aber meine Tochter hatte ich nahe, die arme,
ungewisse Braut, die sich edel scheute vor einem Mann, der Sclaven hat
. . . . und ich lag hier in dem weichen Bett . . . . als Gesandter . . .
und wer hatte gestern in diesem Bett geruht . . . . ein Gebild, das ich nie
gekannt, das mir wie im Traume Verhei�ungen gethan, die mir hei� machten
. . . . die nun in Erf�llung gehen konnten . . . . und morgen fr�h im
Morgenroth kam sie vielleicht schon . . . . oder kam nicht . . . . Und ich
f�rchtete mich vor ihr! und auch nicht . . . . .

Mein Gott! Was ist der Mensch! Das Meer murmelte, ich dachte an seine W�ste
-- aber auch an seine Blumeng�rten in der Tiefe. Und ich beschlo� neu zu
seyn in der neuen Welt. Und ich sah einen mir neuen, hellen, sch�nen Stern
am Himmel, den ich nie gesehn. Und er war doch, und ich war! Ich -- 40
Jahr! In meinen sch�nsten Jahren!

Was ist der Mensch! Und auf diesen Grundstein baute ich edle Pl�ne f�r
viele Menschen -- f�r schwarze und wei�e! Das Alles versteht sich -- im
Traume!

Ich schlief bis die Sonne schon hoch stand. Ich war todtm�de an Leib und
Seele, und die erste Nacht Schlaf auf dem Lande, diese Wonne, dieses Gef�hl
der Erde, ist allein eine tausend Meilen weite Seereise werth. Das kann man
mir glauben, mir, der ich gar nichts auf solche Dinge halte, als da sind:
Braten, Wein, gutes Bett und alle die Herrlichkeiten der Herrlichkeiten.
Ich sah mir die Sonne an, das heilige Bild, das treu aussehend wie in der
Heimath, hier wunderhell am Himmel strahlte und mich anl�chelte. Ich war
barbarisch hungrig -- in diesem Lande, wo Millionen Fische in den Str�men
und Seeen schwimmen, wo alle Fr�chte der Erde im �berflu� wuchsen, war ich
barbarisch hungrig, und im Hause regte sich Niemand, kein Mensch frug nach
mir. Ich h�tte mir gern ein halbes Dutzend Feigen oder Orangen von den
B�umen am Hause hereingelangt; aber ich w�re bald zum Fenster
hinausgest�rzt, und schlug mir auf den Magen: Freund, Geduld! -- Ich go�
Waschwasser in das Porcellainbecken, ich lie� es eine Zeit auf dem offenen
Fenster stehen, w�hrend ich meine zerstreuten Sachen zusammenlas, und als
ich mich waschen wollte, verbrannte ich mir fast die H�nde darin, so hei�
war es von der blo�en Sonne geworden, die hier ein ganz anderes Ding war!
Und ich erkl�rte den im Geiste vor mich tretenden Vorstehern unsrer zwanzig
D�rfer laut: La�t uns betrachten! Es ist Unsinn, hierher in die Gluth zu
wandern. Wollt Ihr faul werden? -- faul, wie die Itali�ner? Zu sinnlichen,
unwissenden Menschen? Oder flei�ige Deutsche bleiben, die den Tag flei�ig
arbeiten, oder bis in die Nacht noch flei�ig studiren? -- Selber Bienen,
die hierher kommen, und den ersten und alle Winter hier Blumen und Nahrung
im �berflu� finden, werden faul, das hei�t: sie n�hren sich blos. Oder,
liebe Gemeinden, wollt Ihr in Furcht vor den Sclaven leben? Oder noch
schlimmer, wollt Ihr Sclaven halten? Ihr k�nnt Euch ja denken, wie Sclaven
zu Muth ist; denn das kann Jeder. Wollt Ihr Plantagenbesitzer werden,
Diener der Kaufleute? Wollt Ihr alle Jahre am gelben Fieber sterben? Das
hei�t: Jeder der Euren nur einmal. Aber das ist genug f�r Jeden. Und wenn
der Vater oder die Mutter in einem Hause stirbt, zu fr�h, zu unn�thig,
macht das nicht oft ein ganzes Geschlecht bis auf Kind und Kindeskind
ungl�cklich? -- Ihr wollt das Alles Alle nicht! Ich h�re es. Also Kinder,
vermeidet _die K�ste_ von Amerika, von Boston bis Neu-Orleans, wo ich meine
Frau verloren. Zieht nicht in die Staaten, wo die Sclaven die heimlichen
Herren sind, also nur nach Ohio, wo kein Mensch einen Menschen als Sclaven
halten darf, nach Kentucky h�chstens, wo sie verl�schen. Lieber nach
Indiana, Illinois! Aber n�rdlicher nicht! Denn alte Menschen m�ssen in ein
w�rmeres Clima wandern, das thut ihnen wohl! Nicht in ein k�lteres, wo kein
Wein w�chst, die Milch der Alten, der Wein, der des Menschen Herz erfreut
-- und soll sich der Mensch nicht freuen der Erde auf Erden? Bed�rft Ihr
nicht Freude? Ach, ein Glas Wein Euren Armen und Alten h�tte Euch wohl
gethan! -- Ich dachte in dieser Rede an die Flasche, die ich an dem
Treppengel�nder zerschlagen, an das Lachen meines Herrn Sohnes -- und
schwieg; Mit diesen Worten, sahe ich, hatte ich mir aber selbst meinen
Reiseplan vorgezeichnet -- und ich war nur auf einige Staaten gewiesen,
freute mich und rieb mir die H�nde. Die Herren Vorsteher mit ihren H�ten in
den H�nden verschwanden mir aber pl�tzlich alle; denn ein prachtvoller
englischer Wagen mit herrlichen Pferden kam donnernd vor das Haus gefahren
und hielt. Ich sah zum Fenster hinab. Und das r�ckw�rts gebeugte K�pfchen,
das herauf strahlende Auge, das freundlich l�chelnde Gesicht, die wie
Perlen blitzenden Z�hnchen im rothen, schwellenden Munde -- ich kannte das
Alles schon wie aus einem Traume. Ich fuhr in meinen Rock -- ja, um ein
aufrichtiger Mann zu seyn -- ich sah in den Spiegel. Die Seereise hatte
mich wundervoll hergestellt. Ich konnte kaum �ffnen, als sie an ihrer
eignen Th�r mit schnellem Finger anpochte, und wie eine Erscheinung, rasch
und leuchtend, stand Josephine schon im Zimmer; aber wie sorgf�ltig
geschm�ckt, wie l�ndlich-lieblich im wei�en Kleide mit blauen B�ndern um
Leib und Brust, und doch wie reich! gro�e Perlen am Ohr; ein unsch�tzbares
Halsband von sehr gro�en Diamanten um den Hals, dreimal ihn weit umlagernd.

�Nun,� sprach sie doppelt zart und unschuldig klingend auf franz�sisch, und
reichte mir ein H�ndchen und sahe mir in die Augen -- �nun, wie schlief es
sich hier . . . in Amerika?� und meinte gewi� nur ihr Bett. Denn sie
err�thete zart und unschuldig. Aber pl�tzlich brach sie in lautes Gel�chter
aus, denn sie sahe auf meine F��e. Ich war in Str�mpfen. Aber um ein
aufrichtiger Mann zu seyn, mu�te ich gestehen und ihr sagen: �Als Sie
gerettet waren, sahe ich nicht ein, warum ich hier bleiben, vielleicht den
Tod erleiden und nicht lieber versuchen sollte, desgleichen zu entkommen!
Das vergeben Sie mir gewi� auch! Ich malte mir also mit meinem Finger aus
ihrem Dintenfa� -- schwarze Schuhe auf die Str�mpfe . . . aber da glaubt'
ich heraufkommen zu h�ren, und, um ein aufrichtiger Mann zu seyn, ich
verbrachte ein angenehmes halbes St�ndchen in ihrem Camin, -- -- Ich mu�te
lachen. Es war unm�glich, ich mu�te. Sie betrachtete ihr Bett und sagte,
lachend bis zu Thr�nen: �Ja, es ist wahr!� Und wie vor Lachen barg sie ihr
Gesicht einen Augenblick in den Kopfkissen.

Ich r�usperte mich; ich rieb mir mit der flachen Hand die Brust; ich
machte, �rgerlich, ein finstres Gesicht.

Aber sie sprach, jetzt ernstlich besorgt: Sie sind hungrig! Ich lebe jetzt
auf dem Lande und war gestern nur auf ein Huschchen hereingekommen, doch
ist hier Rath. Und schlank und flink, willig und gutm�thig, ja fast
gehorsam, als w�re sie selbst eine wei�e Sclavin, eilte sie, rief sie,
besorgte sie; und athemsch�pfend und rosig und heiter kam sie wieder. Mein
Gott! mu�te ich sprechen und seufzen! Sie hatte mir, ehe sie wiedergekehrt,
die mir fehlenden Kleidungsst�cke mit einer jungen Sclavin, schwarz wie
eine Schnecke, aus dem Wagen geschickt. Dieselbe bediente uns bei Tisch, an
welchem wir uns Beide gegen�bersa�en, und uns von der �berstandenen Angst
und der Nacht erz�hlten. Die kalten Speisen, die Fr�chte, der Wein, Alles
war k�stlich, und ein heitres Mahl l��t Alles heitrer betrachten. Und doch
kostete sie kaum von Einem oder dem Andern, wie Kinder. Und doch ward ich
immer trauriger mit jedem Glase Wein, ob er gleich Amerikaner war. O wie
hatte ich mich auf den ersten Bissen Amerikanisches Brot gefreut! auf den
ersten Trunk Amerikanisches Wasser! Ich dachte zu Hause an unsre letzte
Mahlzeit, ja mein Diakonus stand wieder vor mir, und hielt um Maria an; ich
l�chelte, und Josephine l�chelte hold unbewu�t. Darauf nahm sie ein, vielen
deutschen B�rgermeistern und Andern noch wohlbekanntes Russisches
Instrument, eine Knute von der Wand, aber l�ndlich zierlich mit sch�ner
bunter Schlangenhaut �berzogen und aus Schlangenhaut geflochten. Wir gingen
hinab in den Hof, in dessen Mauern vor den Geb�uden die Sclaven standen,
die im Glauben, ein Unrecht gestern begangen zu haben, auf ihre Kniee
fielen. Sie hatten das Lied gesungen . . . .! Ich sollte es bezeugen! Da
knieeten nun die Kinder jener ersten Kinder der fr�hsten anf�nglichen Erde,
noch schwarz wie ihre ersten �ltern unter der �berall hei�en Sonne. Und
ihre kleinen Kinder hoben neben den M�ttern die kleinen schwarzen H�ndchen
in die H�he. So weit hatten sie es also in Jahrtausenden gebracht! So weit
das wei�e Geschlecht! Ich bat f�r die Armen, die nichts verbrochen, als da�
sie die Freiheit w�nschten. Ich mu�te lange bitten, w�hrend ihre Herrin mit
von mir abgewandtem Gesicht langsam umherging. Endlich wandte sie sich
pl�tzlich um und sprach: �Ich habe Allen sogleich verziehen, Glauben Sie
es! Aber es ist gar so hold, wenn Sie bitten; ich wei� nicht, es macht mir
recht innerlich Freude.� Sie rief sechs M�dchen herbei und sagte ihnen:
�Ihr habt Euch verheirathen wollen, so macht denn heut Hochzeit, und Alle
freuen sich mit Euch!�

Kein Hund, kein Mensch kann sich so bedanken, wie diese von einem guten
Worte Gl�cklichen. Josephine konnte sich nicht ihrer wehren, und sie wies
auf mich und sagte: �Danket dem Herrn hier!� -- Nun umkniete mich der
Schwarm, und ich sagte ihnen: Danket dem Herrn Jesus Christ! Da tiefen
Alle: �Ah, Monsieur Jesus Christ! Monsieur Jesus Christ -- quand viendrat
-- il en Amerique?�

Mich frug dann ein alter Neger genauer. Er glaubte: Ihr Freund lebe bei
Uns! aber au�er seinem Namen wu�te er kein Wort von ihm. Die Neger hatten
nur jeder einen Namen; von einer Taufe wu�ten sie nichts, auch nicht, da�
ein Pfarrer die jungen Paare trauen werde. Das mu�te nun wohl einen Pastor
verdrie�en, aber nicht grade einen Lehrer und Prediger. Daf�r dankte ich
meiner g�tigen Wirthin f�r ihre G�te . . . und es mu�te gesagt seyn -- ich
dankte ihr auch, da� sie mein Weib so gepflegt, und sie, die Unbekannte, so
dankenswerth habe begraben lassen! Nun war mir der Stein vom Herzen.

�Aber mein Gott!� . . . rief Josephine, und trat einen Schritt auf mich zu.
Sie war bla�, ganz bla� geworden, ihre Arme hingen an ihren Schenkeln
herab, und die Hand lie� noch eine wundervolle, tellergro�e, rothe Bl�the
fallen, und ihr K�pfchen neigte sich auf die Brust. Welche Gedanken sie im
Innern �berw�ltigten, wie sollte ich es bedenken, ich, dessen Herz so voll
war, dessen Augen sich f�llten. Endlich lispelte sie, wie zu sich selbst,
ohne mich anzusehen: -- �also der unvergleichlich sch�ne Knabe, das war
seyn Sohn! Und wie erkannt' ich nicht gleich den Vater! Ist er ihm nicht
�hnlich, wie der halbgef�llte Mond dem vollen Mond?� Und zu mir gewandt
sprach sie mit Thr�nen in den Augen: �Ich hatte den Knaben so lieb, drum
schickt' ich in Zeiten ihn fort!�

Was sollte ich sagen? -- Mein Gesch�ft hier war zu Ende. Mir blieb nichts
als zu scheiden, aber erst Abschied zu nehmen; jedoch bei den ersten Worten
dazu fragte sie mich, w�hrend ihre gro�en Gazellenaugen mich treuherzig
ansahen: �Und wieder in alle Welt schon wollen Sie hin? Wohin? Habe ich Sie
beleidigt? War ich zu heiter -- war ich zu aufrichtigen Herzens? Ach, viel
im Leben h�ngt davon ab, in welcher Reihenfolge wir etwas vernehmen, in
welcher Gedankenfolge ein Mensch den andern sieht . . . . o, ich war so
heiter! Und alle die Angst!�

Ich bat sie nur Eins: zu verschweigen, da� die Fremde hier gestorben sei,
damit es meinem Knaben, damit es meiner Tochter ein ruhiges Geheimni�
bleibe . . . .

�Ihrer Tochter!� sprach sie fast betreten. �Sie haben . . . .?�

Ja, sie ist hier; hatte ich kaum gesagt, als meine Maria schon vor mir
stand, und hinter ihr Wilberforce. Die Unruhe hatte sie hergetrieben.
Josephine stand lange vor ihr mit niedergesenkten Augen, den Mund fein
geschlossen; sie getraute sich aus reinster Schaam, ja Besch�mung nicht sie
anzusehn. Ja, in dieser befangenen Stellung sprach sie zu ihr, begr��te
sie, hie� sie willkommen, ja reichte sie ihr eine langsame Hand, die sie
gleich wieder zur�ckzog. Sie erblickte im offenen Thor die sechs
Schwestern, die auch vom Schiffe an's Land gekommen; sie sahe mich fragend
an, sie lie� sie einladen; und w�hrend Wilberforce ging, und nachdem sie
von mir geh�rt, welche Absicht sie h�tten, versprach sie mir schon im
Voraus, sie alle bei sich zu behalten, wenn ich auch das erlaube . . . .
oder vielleicht auch die Tochter . . . wenn ich gehe, damit sie nicht ganz
allein sei. Und den Schwestern entgegen wandelnd, vertraute ich dem
treuherzigsten Gesch�pf von der Welt, da� sie eine sonderbare Braut sei mit
Master Erwin; die Ursache ihrer Scheu vor ihm, als einem so grausamen Mann,
der Sclaven halte, und nun seine Scheu vor ihr. Aber zu meiner Verwunderung
fand sie sein Anhalten sehr nat�rlich. O der Mensch ist blind �ber gute
Menschen; dann wie ich h�tte Ursache gehabt mich zu freuen.

Nun mu�te ich bleiben. Ich ging darauf allein zu Erwin, um meine Sachen
alle zu Josephinen tragen zu lassen. Er war das zufrieden; auch da� meine
Maria bei ihr bleibe, war er zufrieden, ob er mir gleich mit Achselzucken
vertraute, da� Josephine, als Abk�mmling von schwarzer Haut, bei keiner
ganz wei�en Haut in irgend einer menschlichen Achtung stehe; so sch�n, so
seelengut, so achtungswerth, ja so reich sie sei -- denn sie sei die Wittwe
seines Bruders, und wahrscheinlich, wie er sich einbilde, sei ich nur durch
Namensverwechselung an ihr Haus gewiesen worden. Ohne etwas zu ahnen, hatte
er damit nur mein Weib gemeint.

Also ihr Bruder ist todt? wollte ich fragen, aber ich vermied aus eigener
Trauer die Frage. Er versprach mir zur Reise den Todtenstrom hinauf alles
Erforderliche anzuordnen; er selbst habe Hoffnung zum Senator gew�hlt zu
werden, und dann m�sse er mit, oder nach mir -- denn er habe noch Vieles
und Schweres zuvor zu besorgen -- nach Philadelphia, nach Washington. Dabei
gab er mir wieder die Hand, und sch�ttelte sie dreimal, wie in Bremen auf
der Stra�e, als er die wohl von Eifersucht ausgepre�te Frage an mich that.
Das war mein ganzer Bescheid! Ich mochte verdrossen aussehen, aber er
l�chelte kaum bemerklich. Das ergrimmte mich noch mehr. Meine Hoffnungen
waren zu Wasser! Die Auswanderer waren schon lange in's Land, den Strom auf
einem der hundert Dampfschiffe hinauf! Nur den Wilhelm fand ich allein, den
ich mit mir nahm. Ich traf zu Hause, so mu�te ich schon sagen, aber meine
Tochter nicht mehr, Josephinen nicht mehr, sondern nur einen angespannten,
auf mich wartenden Wagen, der uns im Fluge hinaus nach dem pr�chtigen
Landsitz brachte.

In den wenigen Tagen, die ich darauf noch hier blieb, hatte sich Josephine
an die dritte der sechs Schwestern, an die sch�ne Cl�ta gew�hnt, die
franz�sisch verstand, sie lieb gewonnen; und gegen meine Maria war
Josephine versch�mt, aber mild, und so war auch meine Tochter versch�mt vor
ihr, aber mild. Gegen mich war Josephine gelassen, ernst, d�ster, so
anst�ndig und zart, wie ich kaum je ein so junges Weib, ja nur eine
Jungfrau gesehen. Schien ich etwas zu w�nschen, so sprang sie in der ersten
Zeit noch behend auf wie ein Reh, aber sie kam wieder und hatte nur f�r
sich etwas geholt. Mir war sonderbar zu Muth. Manchmal, wenn wir neben
einander am Abend in den schattigen G�ngen ihres Gartens wandelten, und die
gro�e, hier himmlische Abendsonne durch L�cken der bl�henden Akazien und
Magnolien ihr Gesicht und Schulter vergoldete, da, um ein aufrichtiger Mann
zu seyn -- fiel folgendes Gespr�ch in mir vor:

-- Mein liebes Weib, Du bist ja doch nun todt einmal, also auf immer! Ich
lebe noch -- auf dem Gipfel des Lebens. Der Hinuntergang ist schlimmer als
der Hinaufgang. Wie viel Gutes und Sch�nes w�rde ich f�r mich und die
Kinder erlangen, mit dieser Gestalt . . . . . wenn ich Muth h�tte!

-- -- Unterstehe Dich! und sag' ihr ein Wort! sprach meine Frau, die als
Erscheinung der Seele mir klar, sogar sichtbar vor meinen Augen in dem
Schattengang schwebte, und uns nicht von der Seite wich, -- und n�her mir
wiederholte: Unterstehe Dich das! Und jetzt schon! O Du Undankbarer! Denn
war ich nicht eine Adlige, die Dir ihre Hand gab? Und ist diese arme Person
hier nicht eine Namenlose, eine Unehrliche im Lande? Mucke!

Da schwieg ich eine Weile. Dann fing ich doch leise wieder an: Aber wenn
ich sie nach Europa n�hme mit alle den Sclaven? Und ehe wir reiseten,
k�nnte ich Dir lassen ein prachtvolles Mausoleum erbauen mit Deinem Wappen;
und vor meinem Namen wollte ich lassen ein �Von� einhauen damit ein Jeder
hier l�se, da� Du keine Mi�heirath gethan!

L�gen willst Du sogar? sprach das Luftgebild. Ich sehe schon, wie Du
denkst. Ich bin verloren, aber zum Gl�ck bin ich todt!

Nein, sprach ich, Du sollst meine innere, geistige Frau seyn, und diese
hier meine �u�ere, leibliche.

O sie ist sch�n! sprach meine geistige Frau; um mich in Versuchung zu
f�hren.

Soll ich ihr hier ungesehen zu F��en fallen? Ach, ich d�rfte nur ihre Hand
ergreifen -- und ich denke, sie f�llt mir zuvor um den Hals.

Da schrie meine Frau auf, und fuhr zwischen mich und Josephine, die sich
mit dem Arm an eine Cypresse gelehnt, und der sinkenden Sonne nachsah, aber
mit zugeschlossenen Augen. Ich selbst aber hatte den Schrei meiner Frau mit
meinem Munde ausgesto�en -- so da� die V�gel erschreckt von den Zweigen
flogen -- da� Josephine mich ansah, und erstaunt sah, wie ich zitternd und
bebend und ganz bla� vor Schrecken dastand, wie aus dem Himmel gefallen;
aber ich war nur aus dem innern Hause des Menschen heraus auf die lebendige
Erde getreten. Und ich sch�mte mich und schwieg. Und sie frug nicht. Und so
blieb es. So blieb sie. So blieb ich. Ein Wittwer ist eine besondere
Person. Aber ich dachte auch manchmal: auch eine Wittwe ist eine besondere
Person; nicht Jungfrau, nicht Weib, nicht Mutter -- denn Josephinen stand
dereinst erst dies Gl�ck bevor. -- Ach! es sollte nur Wittwen geben von 70
Jahren, und Wittwer von 80! Der Tod, besonders der fr�he Tod stiftet
allerhand Unheil.

So ein Gespr�ch w�re mir, in Allem ehrlichem Manne, wahrlich nicht
vorgekommen, wenn ich nicht auf immer aus dieser Gegend nun scheiden mu�te;
Josephinen auf immer zur�cklassen. Und die Trennung ist ein Wurm, der die
Fr�chte zu fr�h reift -- da� sie abfallen. Es war ein Gedanke gewesen zum
Besten meiner Kinder, zum Besten der armen schwarzen Kinder der Erde. Ich
schrieb einen ausf�hrlichen, lehrreichen Brief in die Heimath, an mein Volk
-- dessen Gesandter ich war; an meinen Sohn. Meine Tochter schrieb an die
Baronesse Freysingen, an ihren kleinen Bruder, und -- was ich heimlich mit
Thr�nen sah -- sie schrieb einen langen, herzlichen Brief an ihre Mutter,
die aber nicht weit von ihr in der freien Erde lag. Sie versprach ihr,
recht oft zu schreiben. Dann besprachen wir, neben Josephinen sitzend,
unsere Reise. Meine Tochter wollte mich nicht verlassen und fiel mir um den
Hals. Josephine sagte mir am letzten Abend blos gute Nacht wie gew�hnlich.
Aber am Morgen war sie schon fr�h abgereiset . . . . nach der Stadt in ihr
Haus. Daf�r fand ich in unserem Dampfschiff unsre Karte f�r mich, f�r Maria
und unsern Wilhelm _Mosburg_ bezahlt; wir fanden K�rbe voll k�stlicher
Speisen, voll Wein, voll Fr�chte. Aber auch meine Tochter fand nach dem
Wirrwarr des Morgens jetzt erst im Schiffe: da� das dreifache Halsband mit
den gro�en Diamanten von Josephinen ihr um den Hals gebunden war. Das
deutete auf ewigen Abschied. Das konnte Niemand gethan haben, als sie --
des Nachts -- und wir sahen uns an und weinten fast Beide. Mein Kind wollte
wieder an's Land, es zur�ckstellen, Gewi�heit haben, doch danken. Aber das
Schiff ging schon sausend den heiligen Todtenstrom hinauf in das heilige
Land, einen Urgarten der Erde, das k�nftige Paradies der schwarzen Kinder,
denn hier konnten sie allein arbeiten und gedeihen. Ihnen geh�rt es also
von Natur. Nicht den Wei�en, denen es eine Schande geworden, etwas zu thun,
weil sie nicht k�nnen.

Ich finde in meinem Reisebuche bemerkt: �Hier waren also _alle_ Wei�e
adlig, oder f�hlen sich so; und alle Schwarzen -- Canaille, und f�hlen sich
nicht so; bei uns sind es doch nur einige ber�hmte Geschlechter -- gewesen.
In den n�rdlichen Staaten darf sich sogar kein freier Neger niederlassen.�

Unser Dampfschiff ward, nach der neusten Erfindung, selber mit Wasser
gefeuert. Und so fuhren wir, auf der gr��ten Silberader, der Saugader des
Landes, in welche 40 gro�e Silberadern sich ergie�en, auf dem Missisippi,
nach und nach in immer h�heren Ufern hinauf. Meine Tochter ist
niedergeschlagen. Aus Einem Grunde. Ich bin niedergeschlagen. Aus
dreifachem Grunde! Unsere Reisegef�hrten waren nicht heiter, und
erheiterten sich und uns wenig. Viele Amerikaner reisen zu ihrem Vergn�gen;
und da Europa zu unerheblich oder Asien zu weit ist, so reisen sie im
Vaterlande und lernen es kennen und sch�tzen. Denn wahrlich hier ist ein
Vaterland! Und wer wollte den Menschen den Stolz darauf verargen! Wer sich
dar�ber �rgern? Ach, eher k�mmern! Aber in dem Gesicht des Amerikaners
liegt etwas Unerkl�rliches. Nicht Tiefsinn, nicht Muthlosigkeit, nicht
Sch�chternheit, nicht Verlegenheit; aber die Stille einer gro�en Zukunft,
und eine bescheidne und doch schmachtende Begierde danach, und eine fast
kindische Befangenheit und ein Bangen, wie eines Br�utigams, ruht auf den
Gesichtern. Mir kamen sie vor, als wenn sie selber auswandern sollten -- in
ferne, ungekannte, sch�ne Tage! Daher die heimliche Unruh, der eigene
ged�mpfte Blick, ein fast komischer Ernst und eine heitre Trauer! O wie
r�hrend und sch�n ist der Jugend Gesicht! Ich seufzete selbst �ber alte
M�nner! Und auch die jungen St�dte des Landes, gro� angelegt aus ungeheurer
Hoffnung und doch noch in ihrer Kindheit -- r�hrten mich. Baton;
Francesville; Fort Adam; Natchez; Huntson; Warren. Old-Arkansaw gegen�ber,
kamen Auswanderer den Arkansaw herab, die sich, nicht Alle, aus einem
�berfall der noch nicht weit genug vertriebenen Wilden gerettet. Wir mu�ten
sie aufnehmen; es waren Neu-Griechen, die sogar erst seit dem Frieden ihr
k�nigliches Vaterland verlassen; ein _griechischer_ Bischof f�hrte sie. Das
zeigte deutlich, welche Furcht sie hinweg getrieben. Nach und nach wu�ten
wir um Namen, Vorhaben und Verm�gen fast aller Mitreisenden. Und so ward
denn ein junger Mensch von etwa 22 Jahren, so h�bsch und anst�ndig er war,
von den Meisten zuletzt vermieden. Darum grade suchte ich seine
Bekanntschaft. Und nach einigen Tagen konnte er nicht �ber das Herz
bringen, mir nicht sein Schicksal zu klagen. -- �Man hat mir meinen Vater
erschlagen,� sprach er betr�bt und zornig, und ich habe als Sohn es so weit
gebracht, da� sein M�rder nun hingerichtet wird, ein Ansiedler in Kentucky,
dem er Landeserzeugnisse verkauft, und ihn dabei vielleicht zu sehr
gedr�ckt hat; denn im Inlande ist kein Geld, und ganz ohne Geld kann
Niemand bestehn, weil doch nicht Jeder Alles erzeugt. Mein Vater war ein
Aufk�ufer, die freilich �berall hier so verha�t als unentbehrlich sind.
Auch h�tte er l�ngst in seinem Alter von 60 Jahren ausruhen k�nnen, da er
die sch�nste Besitzung in Ohio hat. Aber er hoffte noch immer seinen Sohn,
meinen �lteren Bruder, zu finden, der ihn verlassen hat, weil der Vater
wirklich fast unertr�glich sich gegen ihn benommen. Aber hier ist es
vergebens, einen Menschen zu suchen. Der Zufall allein thut oft Wunder, wie
ich schon gesehen, so jung ich bin. Mein Vater stammte aus Deutschland, und
er selbst scheint auch seinen �ltern heimlich davon gegangen zu seyn; denn
alle Weihnachtsabende hat er zwar nach Hause geschrieben, aber nie die
Briefe fortgeschickt, sondern sie alle gesammelt und sorgf�ltig vor uns
verschlossen. Auch hat er nie einen Brief empfangen, so unerh�rt es ist,
da� Einer auf unsern 7000 Post�mtern verloren geht. Hier ist Jedermann
unbedingter Herr selbst von dem h�chst achtbarsten Verm�gen; der Vater kann
frei Einem Alles, den andern Kindern Nichts vermachen -- mir hatte mein
Vater Alles vermacht, und so konnte ich unbesorgt meinen Bruder suchen, und
hatte ihn gl�cklich gefunden. Ich bewege ihn gl�cklich, mit mir zum Vater
zu reisen; er ist nicht daheim; wir reisen ihm nach; -- er ist nicht auf
der Meierei, von wo er doch nicht fortgereist war. Unser Neufoundl�nder
Hund findet seyn Geripp in einem Ameisenhaufen der gro�en Ameisen. So sah
der Sohn den Vater wieder. Und nun macht man mir Vorw�rfe, da� ich das
Gesetz angerufen, und sagt: �Hier wird Niemand hingerichtet! Man bessert!
Und unsere Anstalten dazu sind die erfolgreichsten auf Erden. Wir haben nur
noch die Todesstrafe auf qualificirten Mord, und sind insofern noch dem
alten Judengott zugethan, dem: Auge um Auge, Zahn um Zahn; wenn die
Europ�er -- welche hier nur die Verwahrloseten hei�en -- noch das halbe
Judenthum, und das ganze r�mische Heidenthum in ihrem itali�nischen Glauben
und r�mischen Gesetzbuch haben! Statt tausend Straftitel haben wir die
Geschworenen, die es so christlich machen k�nnen, als sie wollen; auch das
ist nicht verboten, und je weniger diese ehrw�rdigen M�nner von
Gesetzgebung und Wesen wissen, je einfacher sie sind, ja wenn sie blos ein
Menschenherz im Leibe haben, desto vollkommner sind sie, desto ehrw�rdiger.
Aber sie sprachen den _Mosburg_ nicht frei, weil sie grade glaubten, einem
M�rder m�sse es eine Wohlthat seyn, Strafe zu leiden; denn auf
Wiedervergeltung beruhe das Weltgericht, und sonst brauche keines zu seyn.
Aber das m�sse ja seyn, sonst werde die Tugend ja auch nicht belohnt im
Himmel, und ewig, ewig.� --

Ich war �ber ein Wort in der Erz�hlung erschrocken, und bebte �ber den
Namen _Mosburg_, denn so hie� der Vater des Knaben, seines noch einzigen
Kindes, des armen Wilhelms, der neben mir zuh�rte, aber zum Gl�ck nicht
Englisch verstand. Sein Vater wohnte bei Perkins. Und so frug ich in Gottes
Namen, wie der Ort hei�e, wo der Mosburg wohne, oder gewohnt.

Er nannte mir unbedenklich den Ort. Es war _Perkins_! --

Meine Tochter ging von uns und weinte. Sie f�hrte den Wilhelm mit fort, und
zeigte ihm den sch�nen Abendhimmel und die gr�nenden Berge, wie ich von
fern an ihrem ausgestreckten Arme bemerkte. Dann setzte sie sich, und hatte
ihn vor sich umarmt, und ich sahe, er trocknete ihr die Augen mit ihrem
Tuche.

Mosburg lebt doch noch? frug ich weiter.

�Ich reise zur Hinrichtung. Es werden Tausende bei diesem seltnen, fast
erloschnen Schauspiel zugegen seyn!� sprach er.

Ich war froh. Ich konnte dem lebenden Vater doch den lebenden Knaben
bringen! Und wir beschlossen zusammen zu reisen. Ich, wie ich sagte, blos
aus Neugier.

Einige vertheidigten dann auch den braven Sohn mit den Worten: �Wenn wir
Amerikaner endlich einmal ein rechtes; Volk, ein Muster- und End-Volk
werden sollen, so m�ssen Alle f�r Alles solidarisch einstehen, so weit es
Menschen m�glich ist; f�r Mord und Brand, Diebstahl und Schaden in aller
Art; Jeder mu� das Recht, ja den Beruf haben, statt eines Andern zu klagen,
der feig oder gef�hllos es selbst nicht kann oder will. Dann sind erst die
Staaten ein wahrer Rechtsstaat, bis dahin ist Alles nur Pfuscherei! Der
Freie mu� Alles d�rfen und k�nnen, was recht und was gut ist.�

Man lobte zum Einwandern besonders mir Indiana, das herrliche; Illinois, ja
Einer sagte: �Wer redlich an die Zukunft denkt, der thut wohl, sich ganz im
Westen am Meere, am Columbiastrom niederzulassen, auf den Fall, da� es mit
Europa aus ist und aus wird, und wir die Kr�fte nach Asien wenden. Haltet
Ihr die Natur f�r so kurzs�chtig und albern, da� sie sonst dort nach Abend
einen solchen allm�chtigen Strom hat flie�en lassen, und so lange umsonst.
Sie k�nnte ihr Wasser ja besser brauchen.� --

Und so w�re ich lieber in Indiana gereiset, statt nach Kentucky mit
Sclaven, aber das Schicksal trieb mich hin; und ich rathe keinem Menschen,
auf Reisen eine Commission anzunehmen -- denn wie bitter war mir die meine!
Aber das reichliche Reisegeld von dem guten Prinzen f�r den Knaben reichte
f�r mich und Maria. Noch zog mich ein Anderes an den jungen Mann. Nicht,
da� er reich und wohlerzogen war, und t�glich auf die bescheidenste Weise
meiner Tochter gef�lliger war, die sie selber r�hrte, ob sie gleich
innerlich fest an ihrem sonderbaren Freunde Erwin hing; und ob ich gleich
mit zu jener schlimmsten Art der V�ter geh�rte, n�mlich zu denen, die
T�chter haben, und Luchsaugen haben m�chten, um jungen M�nnern in die
Herzen zu sehen, wem sie das Beste, was sie haben, einmal anh�ngen k�nnen.
Das ist die abscheulichste Sorge f�r einen T�chter-Vater. Ein Sohn- oder
Zehn-S�hne-Vater ist gl�cklich. Denn die versorgen sich selbst, und m�ssen
und k�nnen ihr Schicksal machen. Und meine Tochter war mir so gut wie
wiederum auf dem Halse, was mir nur schwer fiel, weil ich mir schon eine
lange gl�ckliche Zeit diese B�rde eines Tochter-Vaters erleichtert gef�hlt.
Doch, um ein aufrichtiger Mann zu seyn, das Alles war es nicht, was mich an
den jungen Mann zog, sondern es war die Neugier, die Wi�begier -- f�r meine
alte blinde Gro�mutter -- es war der _Koffer_ des jungen Mannes, auf dessen
vergoldetem Schilde der Name: Marfolk stand. Das bemerkte ich, als er das
Schild sich zerbrach, die zwei St�cken verschoben neben einander lagen, so,
da� sein Name nun �Folkmar� zu lesen war. Das gab mir einen Stich in meiner
Gro�mutter Herz. Ihr Sohn, ihr August war also erschlagen -- und kam nie
wieder? Der Name Volkmar konnte � la Norfolk nur Marfolk englisirt seyn.
Denn der Vater war ja ein Deutscher. Der junge Mann bekannte sich zwar zu
dem Koffer und zu dem Namen. Aber so fein und plump ich mehr zu wissen
versuchte -- er wu�te nicht mehr.

Wir gelangten in den sch�nen Ohioflu� und landeten in Handerson in
Kentucky, wo Washington auf Mount Vernon, wie vom Herrn, begraben liegt.
Hier sah ich mit Freuden das erste Geld, Silber und Gold, und sahe die
ersten Zeitungen, die Literatur der Amerikaner; denn das ganze Land
schreibt f�r das ganze Land diese tausend Zeitungen, die in Millionen
Bl�ttern wie Wundertauben �ber das Land fliegen -- und wie aufrichtig! Wie
der Geist Gottes! Vox populi, vox Dei! Ich wollte sie �bersetzen, Ausz�ge
f�r uns. Aber was f�r Amerikaner aufrichtig ist, ist noch nicht aufrichtig
f�r Deutschland. Eine oder tausend eben so aufrichtige Zeitungen f�r
Deutschland m��ten ganz anders seyn. Und hier schreibt Einer im ganzen
Leben vielleicht nur Einen lehrreichen Aufsatz. Ich sahe die erste Schule
-- aber was wu�ten die Kinder hier mehr! Wie viel, wie gr�ndlich Alles, was
sie Zeit Lebens brauchen k�nnen und sollen und werden. Aber wie geschieht
das? Antwort: Die Griechen und R�mer waren so klug und weise und gro� in
ihrem Fach -- besonders, weil sie nicht mit Griechisch und Lateinisch die
jungen Seelen verhunzten. O wir Armen! Wir armen Gl�ubigen! Wir glauben an
alle V�lker! Nur an uns nicht. Und deswegen sagte Napoleon: �Die Deutschen
sind kein Volk.�

Auf dem gr�nen Flu� schifften wir nach der Besitzung von Wilhelms Vater. Er
war nicht da -- in der Stadt im Gef�ngni�. Ich mu�te dem Knaben doch Alles
zeigen, und mit wie schwerem Herzen sah ich zu, wenn er sich auf des Vaters
Stuhl setzte, seinen im Schrank h�ngenden blauen Oberrock anzog, und vor
Freuden damit in der Stube umhersprang; wenn er die alte Hausfrau nach ihm
frug, wie er vor Ungeduld weinte, wenn sie ihn nicht verstand, und wie sie
weinte, als ich ihr sagte: es ist der Sohn des Herrn! Selber Marfolk hielt
es hier nicht aus, und ehe wir fortzogen, durchrannte der Knabe noch den
Garten mit angepflanzten B�umen, die Wiesen, bestieg die H�gel und hatte
fast einen Arm voll duftende Blumen, die er dem Vater mit nach der Stadt
nehmen wollte. Selber der Haushund war ger�hrt, und leckte ihm die Hand,
als m�sse Derjenige seines Herren Sohn seyn, der sich hier so freue, ihn
mit so guten Bissen f�ttere!

In der Stadt erlangte ich gern, ja mit Seufzen des Mitleids die Erlaubni�,
den Vater zu sehn. Der Ort, ein h�chst saubrer, freundlicher. Der Mann, ein
h�chst gutm�thiger, wohlwollender. Und ihm mu�te ich sagen, da� ich ihm
seinen Sohn Wilhelm bringe!

Der ruhige Mann schlug sich vor den Kopf. Dann sa� er mit aufgestemmten
H�nden, w�hrend der Sohn an die Th�r pochte vor Ungeduld. Wilhelm aber
sollte und wollte dem Vater nicht sagen, da� Mutter und Bruder gestorben
seyen.

O Wiedersehn! heiliges Wiedersehn! Wie weinte meine Maria, wie -- um ein
aufrichtiger Mann zu seyn -- wie weinte ich! Wie gedr�ckt war des Vaters
Herz, denn in wenigen Stunden hatte er zu sterben. Wie str�mten ihm Lehren
und K�sse vom Munde! und segnende Blicke und Thr�nen von den Augen! --
Endlich und endlich, nachdem ihm der Knabe viel erz�hlen m�ssen von Mutter
und Bruder -- ja als er ihm auch im Eifer, sein kindliches Herz ganz
auszusch�tten, erz�hlte, wie sie den Anselm in den Meergarten begraben --
weil sie beide zu ihm gewollt -- weil ja die Mutter gestorben sey -- -- --
da fa�te sich der Mann wunderbar, schwieg eine Zeit, schien viel zu f�hlen
und zu bedenken, und gab mir seinen Sohn dann an der Hand mit den Worten:
�Ich habe eine weite Reise vor, mein Kind! Lerne indessen flei�ig, lebe gut
und fromm und dulde kein Unrecht wie ich! Ich reise gern. K�nnte ich nur
Alle mitnehmen, die mich dazu n�thigen! Dein F�hrer hier wird ferner Dein
Freund und . . . . Dein Vater seyn.� Dann setzte er sich ruhig hin und
sprach nicht mehr. Wie konnte ich anders, als, so schwer sie mir war, eine
so heilige Pflicht von dem Vater �bernehmen.

Endlich gingen wir fort. Der Knabe ging r�ckw�rts zum Zimmer, r�ckw�rts zur
Th�r hinaus, um den Vater also noch l�nger zu sehn -- und als die Th�r
schon zu war, w�nschte er ihm noch �gl�ckliche Reise, fr�hliches
Wiedersehn!� durchs Schl�sselloch. Da h�rten wir drinn einen dumpfen Fall!
-- Aber wir gingen! Und noch war hier ein Herz geschont, das Herz des armen
Knaben, der nun mein war.

Nach der Hinrichtung des Vaters besuchte ich allein den freien Platz,
worauf viele Tausende versammelt waren. Und wohl zwanzig reisende
Geistliche benutzten die Gelegenheit zu zwanzig getrennten camp meetings,
zu Feldpredigten oder Bergpredigten. Ich urtheile nie �ber M�nner von
meinem Fach -- aber die Seele ging mir gro� auf, als ich dachte, als ich
sah -- Erde und Himmel sind die sch�nste, die einzige wahre Kirche! Und das
Leben ist der einzige, reinste, �chteste Gottesdienst. -- Auch will ich
nicht verschweigen, da� der Ankl�ger Marfolk fast gesteinigt worden w�re,
da� ihn Furcht befiel, dann Ha� und Lust von dannen zu ziehn. In dieser
Noth h�tte ich ihn beinahe �Vetter� genannt. Auch Maria zeigt ihm Mitleid.
Nach einigen Tagen stellt er sich gleichfalls beinahe an: mich zu bitten,
da� er mich Schwiegervater nennen d�rfe. Aber nur beinahe. Maria bittet
mich dringend von dannen zu reisen. Und hier mu� ich doch sagen, wie meine
Tochter h�tte gesinnt seyn m�gen! Und wie ich h�tte gesinnt seyn m�gen!
Jedes ganz verschieden.

N�mlich Josephine und Erwin wu�ten, da� wir uns l�nger in Handerson
aufhalten w�rden, um auszuruhen. Wir empfingen also Briefe. Ich einen Brief
von meinem Caplan aus der Heimath, der meldete: da� die Baronesse
Freysingen bankrot sey! Da� _Erwin_ sie ausgeklagt. (Das best�rzte Marien
vollends.) Da� sie im Schlosse zur Miethe wohne, und da� sie nunmehr als
armes, geringes, fast verachtetes M�dchen entschlossen sey, ihrem
Jugendfreund Marbod, meinem Sohn, ihre Hand zu geben, wenn er nur von
seiner t�dtlichen Krankheit genese, und sie hoffe grade durch diese
Aussicht ihn herzustellen. Da� meine alte Gro�mutter mit Gewalt sich habe
den Staar stechen lassen, weil ihr Sohn kommen w�rde; da� sie aber von der
Vorbereitungscur ganz schwach, und vor Alter ganz kindisch geworden.

Das war Ein Brief.

Dann schrieb mir meine liebe Cl�ta aus Neu-Orleans nach manchen andern und
vielen Eing�ngen, da� ihre �_sch�ne_,� ihre �_seelengute_,� ihre
�_reiche_,� ihre �_junge_,� ihre �_geliebte und liebensw�rdige_� Herrin
Josephine -- seit dem Tage, unserer oder meiner Abreise krank sey, recht
bedauernsw�rdig krank. Ihre gro�en Augen seyen noch gr��er, noch
schmachtender geworden, ihr Mund noch kleiner, ihre Gr�bchen in den reinen
Wangen noch sichtbarer. Sie rede oft im Schlafe -- und von mir! Sie rufe
mich! Sie springe im Nachtkleid aus dem Bett und ringe mit ihr matt und
flehend, sie hinaus, sie fort zu lassen. Deswegen meine sie (n�mlich
Cl�ta), da� ihre Herrin seit _meiner_ Abreise krank geworden, und wohl
nicht besser werden m�chte, wahrlich nicht _m�chte_ -- so gleichg�ltig sey
ihr das Leben, bis ich wiederk�me, oder bis sie mich wieders�he, bis ich
sie wieders�he, aber mit g�nstigen Augen. Das l��t Cl�ta nur durchblicken.
Cl�ta hat von Josephinen ihr kleines Bildni� erhalten -- das schickt Cl�ta
mir. Die kostbare Einfassung habe sie behalten. Als Nachschrift stehen die
Worte: �Sie hat ihre Plantagen verkauft.�

Das war der zweite Brief.

Diesen las ich allein! Denn eine erwachsene Tochter ist wie ein Engel, vor
welchem der Vater sich selber sch�mt . . . . geschweige ein sch�nes und
junges Weib zu nehmen -- so n�thig es dem armen Manne ist, so wohl es ihr
selber auch th�te, damit sie verm�chte ein Engel zu bleiben, und nicht eine
Sclavin zu werden brauchte.

Maria aber beredete mich fortzureisen. Ich war willig und wollte bereit
seyn, wenn ich ein herrliches Grundst�ck, das ich hier gesehen hatte, f�r
die Baronesse . . . . also auch f�r meinen Sohn gekauft h�tte, woran ich
jetzt erinnert worden. O, ein Vater ist ein edler Mann! Aber die Kinder
machen ihn dazu! Ich fuhr mir unwillig und schnell mit der flachen Hand
�ber die Stirn bis hinauf in die Haare! Es war aber klug und gut.

Kaufte ich nun f�r die Baronesse eine kleine Grafschaft, -- denn hier sind
auch Grafschaften, wie Spinnennetze ohne Spinne, so ohne ihre Hauptzierde:
die Grafen -- so war zu Hause Marbods Stelle leer, wenn er mit ihr herzog;
oder der Diakonus nahm sie an, und bekam vielleicht wieder einmal am Tage
Heirathsgedanken. Das Alles war Vorrath f�r jede Hoffnung, f�r jedes
pis-aller. Ich hatte mit meinen paar Guineen in der Tasche unerme�liche
Lande vom Strom aus gesehen, und die Begier, der Geiz der Ank�mmlinge war
�ber mich gefallen. Ich wollte das sch�nste, fruchtbarste Land, den Morgen
f�r 27 Kreuzer, nicht gern aus der zweiten Hand f�r ein paar Kreuzer mehr.
War es noch ganz mit Wald bewachsen, so schien es nach unseren Preisen wohl
100,000 Thaler mehr werth. Aber leerer Acker gilt hier mehr. So zweifelnd
und w�hlend trieb ich mich m�de umher, bis ich vor Verzweiflung am gr�nen
Flusse in Kentucky 5000 Morgen -- Alles kaufte, was mir irgendwo reizend
geschienen. Aber als ich das Gold aufgez�hlt, von meinen paar Dreiern noch
zugelegt, da sah ich -- da� die Bergabh�nge die Sonne im R�cken hatten --
da� hier kein Wein gedeihen m�chte. Gott, kein Wein! Ich war au�er mir!
Aber ich mu�te die Acten zu mir stecken, und empfahl B�ume, Quellen,
Wildpret, Truth�hner, V�gel, Fische und Schlangen, Alles indessen dem
lieben Gott. Mit dem Gelde war mir ein Stein vom Herzen, und zwei darauf.
Denn ich fand auch, da� mein Eldorado unter dem 37sten Grade der Breite
lag; und h�chstens erst unter dem 38sten Grade soll sich ein Deutscher
ankaufen, wenn er nicht aqua toffana schwitzen will, wie ich vor Angst
schon schwitzte. Und nun sollte ich meinen Committenten zu Hause ihr
k�nftiges Paradies aussuchen! War es schlechter als mein gekauftes, dann
schien ich ein Eigenn�tziger! War es besser, dann war ich ein Narr gewesen
-- Volkmar! In _Ohio_ sollte alles gute Stromuferland schon besessen seyn.
_Indiana_ erst sp�ter bequem; und da es so breit daliegt, wird auch noch
sp�ter wohl in Europa ein Ungl�ck seyn, welches Ungl�ckliche hier gl�cklich
macht. Ich wei� nicht, wie mir ward; aber ich fuhr, �ber den Ohio eben nach
Indiana hin�ber, hinauf nach Clarkesville ganz in dessen N�he mein Freund
oder Feind Erwin den Adligen auf seines Vaters Befehl im Testament ein
unsch�tzbares Grundst�ck einger�umt. Und das erste Wort, das ich von dem
vorigen Herrn von Habenichts h�rte, war: �Rechts und links von White river,
oder gar erst droben von Recovery bis Weautenan soll es am sch�nsten seyn!�
-- Wir hatten himmlische Freude, uns wiederzusehen. Ihre Wohnungen waren
gut, ihre G�rten und Felder und W�lder wie unvergleichlich. �berall f�hrten
mich wenigstens immer funfzig gl�ckliche Menschen herum. Der Nacken that
mir weh, die thurmhohen, mit Bl�then wie dunkele gro�e Rosenknospen
�bersch�tteten Fichten anzusehn! Die Trompetenb�ume, welche, wie die Kinder
sagten, Posaunenb�ume hei�en sollten. Aber wo f�hrte mich der alte Freund
auch hin! -- In einen Saal, nicht weit vom Ohio, den schon Tausende, die
stromauf oder stromab gefahren, besucht hatten, als ein hiesiges
Weltwunder. Ich sahe beim ersten Blick ein Wachsfigurencabinet mit allen
Europ�ischen Potentaten, die hier ganz eigenth�mlich in tiefem Schweigen,
wie in tiefer �berlegung dasa�en. Ich nahm meinen Hut ab, obgleich nichts
ges�nder ist, als der Gebrauch der Amerikaner, grade wenn man in's Zimmer
kommt, den Hut, selbst vor Damen, aufzubehalten, die ihre noch
wunderlichern, man m�chte oft sagen unh�flichern H�te ja auch nicht
abnehmen. Aber ich sahe nach langer Wehmuth endlich, da� der Saal ein
Klein-Europa, voll seiner besten Erinnerungen, war, alle blos zum Andenken
mitgebracht an das theure Vaterland -- Deutschland. Da lagen aus dem Cours
der Menschen mit fortgenommene M�nzen, mit dem Bilde der verschiedenen
souverainen Herren. Da hingen Ellen aus jeder Provinz, l�nger oder k�rzer,
keine gleich. Da blecherne Maa�e, alle verschieden; Me�viertel und Metzen,
alle verschieden. Und so tausend verschiedene Dinge. Dort Censuredicte,
Cataloge verbotener B�cher aus jedem L�ndchen, die einander meist aufhoben.
Verschiedene Strafgesetzb�cher, St�dterechte, Privilegien, Uniformen,
silberne Bischofsm�tzen, schwarze evangelische M�tzen. Da hingen an einer
langen Kette von Eisen die abgelegten Orden der Herren, ja der Stifts- und
anderer Damen. Da lagen Armenlisten, Klosterlisten und Abbildungen von
Sonderbarkeiten, eine Reihe Carrikaturen vom ersten Witz, aber
unbeschreiblich. Dort lag schwarzes Bauerbrot nebst einer in Wachs
bossirten Bauerfamilie. Da verkaufte ein Herr Salz; da Tabak; da einer
Wolle, Holz; da hingen Studentenm�tzen von allen Farben . . . . da lagen
Zeitungen mit den letzten Nachrichten; ich b�ckte mich -- ich las den
B�chertitel: �Von Authenrieth, Kunst aus Holz Brot zu backen.� -- Mein
Gott, ich war daheim! Unbezwingliche Wehmuth befiel mich. Heilige Sehnsucht
nach alle dem Elend! Das Herz bleibt das Herz. Der Mensch bleibt der
Mensch. -- �La�t uns betrachten� . . . . wollte ich anfangen, aber ich
mu�te aufh�ren vor Weinen. Ich ging an den gro�en H�uptern vor�ber, die
ohne Kronen und Scepter, nur ein T�felchen mit ihren Namen an den gedeckten
leeren Tischchen, sa�en -- bestaubt, bla�, in hundert Jahren alle todt,
zerfallen, wie diese Wachsbilder bald zerschmolzen, in das uralte schwarze
Element der Erde. Und ich sahe: Sie waren alle Menschen! Ich sahe, sie
waren ja alle aus ihrem Volke! Sie thaten alles M�gliche f�r ihr Volk, in
den Ketten und Banden der Zeit, die schleichen mu� wie eine Schlange, nicht
fliegen . . . . nicht auswandern kann, sondern daheim gebaut ist, wie
Ulysses Bett auf den im Boden festgewachsenen St�mmen der uralten
Olivenb�ume gezimmert; unbeweglich wohl, aber theuer und werth ist, einzig
werth; und wie Penelope daran, an diesem Geheimni� ihren lang verkannten
Gemahl erkannte, so erkannte ich hier mein Vaterland! Aber ich stand wie
ein Ehebrecher dabei -- wie der erschlagene Sohn meiner Gro�mutter, der
seiner Mutter um ein herbes Wort willen auf immer entronnen und umgekommen
war, und die arme alte Mutter sa� daheim, zwar nicht mehr blind, aber ohne
ihn elend, wie er elend ohne sie gewesen. -- �La�t uns betrachten� --
wollte ich wieder beginnen, aber ich konnte kaum meine Gedanken alle
fassen! Mir war auf der Reise die Flasche zerbrochen, welche mir der
Wagehals mit dem Schwimmg�rtel ausgeh�ndigt. Ich hatte eine Stelle in
seinem Lebenslauf, den ich der Welt einmal mittheilen will, noch vor Kurzem
nicht verstehen k�nnen; jetzt, jetzt klar und gewaltig �berkamen mich die
Worte, wie Feuer vom Himmel: �Nichts ist feiger als Flucht! Die armen
Elenden! Sie ihrem Schicksal zu �berlassen und sich allein zu retten -- o
Schaam, o Schande! Als wenn eine Mutter oder ein Vater ein krankes Kind,
alle seine Kinder krank und gebeugt und hungrig zu Hause w��te -- und an
einer pr�chtigen Hochzeittafel tafeln wollte, sich allein es wohl seyn
lassen wollte, in dem freien, fr�hlichen, hellen, sicheren, prachtvollen
Hause -- und nicht heimkehren! O Schaam! O Schande! Nicht heimkehren! Oder
fortgehen! wenn sie ihm auch nur krank _geschienen_! Wenn er ihnen auch
nicht helfen k�nnte, nur mit ihnen leiden, sie nur tr�sten, sie nur k�ssen!
Ja, hier in Amerika ist das freie, das fr�hliche, helle, das sichere,
prachtvolle Haus. Ja, es ist hier so sch�n -- da� es eine Schande ist, es
sich allein wohlgehen zu lassen, und nicht zu Hause zu sorgen, da� das �bel
besser werde. Wo der Mensch besser werden kann, wo er am besten, am
h�lfreichsten, ja wo er nur am edelsten seyn kann, da ist sein Vaterland!�

So sprach ich mir ohngef�hr in zitternder Gluth die Worte vor und vergab
dem Manne. Ja, wie ich in Bremen gesehen meinen adligen Freund sich k�ssen
an der Wand, so wu�te ich es zu machen, da� ich meine Lippen an die Mauer
dr�cken konnte -- denn ich k��te die Welt. _Ich_ war der Schatten hier. Und
ich hatte in mir ein Gel�bni� gethan, still, aber fest wie der stille Fels.
N�mlich das Gel�bni�: Als ein Deutscher nach Deutschland zu kehren, in ein
. . . in mein Vaterland! Damit ich ein Vaterland h�tte, und das Vaterland
mich; damit ich nicht ehrlos, feig, selbsts�chtig, muthlos, rathlos,
h�lflos _scheine_, so sehr ich es _w�re_! Oder _war_! O, ich war es nicht
mehr, denn ich f�hlte mich froh schon daheim! O wie wollt' ich nun wirken
. . . und weben und ruhig sitzen an meinem, an unserem gro�en Webstuhl, der
uns Deutschland hei�t: O, ich h�tte Heiden bekehrt, geschweige deutsche
Auswanderer! Jetzt war mir ein schwererer Stein vom Herzen, der Fels, der
mich zu Tode gedr�ckt. Wie der Riese hatte ich wieder die Erde ber�hrt, und
alle ihre Kraft hatte mich geladen. Ich hatte aber noch Pflichten. Mein
armes Weib war also umsonst gestorben. Die guten, die edlen Weiber haben
immer Recht. In jeder Mutter wohnt die Stimme der Natur. Ich schrieb in
meiner neuen Stimmung an Cl�ta, lie� neue Plane durchblicken -- ich legte
ihr eine schwarze Locke von meinem Haupte mit in den Brief. Ich f�hlte ein
neues Leben -- gesund am Leibe war ich so schon geworden, ich f�hlte das
Leben neu. Sollte ich blind seyn? Herzlos? Undankbar? Denn was ist �lter
als alle Welt? Welches Gef�hl? Und wie Josephine mich eher gesehen, und ich
sie eher gesehen hatte, ehe wir Beide wu�ten, da� _meine Frau_ das
Schicksal getroffen -- wie ich Josephinen also noch in eine lebendige Welt,
als die letzte, die sch�nste Gestalt mit aufgenommen, nicht farbenlos,
geisterhaft in die darauf erst mir aufgethane farbenlose, geisterhafte Welt
der Geraubten, so war Josephine ja nun darinnen lebendig, und regte sich --
o sie regte sich wunderbar! Was ist der Mensch? -- Ein immer neues Wesen in
der immer um ihn versinkenden Welt. Oder man sollte im neuen Lenz keine
neue Rose brechen und an die alte Brust stecken, ja nur ansehn.

Darauf zog es mich ins Land hinein, links an den Wabasch. Schon der Name
�Harmoniten� reizte mich. Ich wanderte mit meiner Tochter, wie in einem
langen Traume, im s��esten Sonnenschein. Aber die Flasche konnte ja Unrecht
haben, ich konnte nun erst am gewaltigsten irren, nun ich glaubte Recht zu
haben! Das Gef�hl, Unrecht gethan zu haben, verstimmt mit der Welt und
macht blind auch. Und wollte ich billig seyn, ich konnte nicht leugnen:
diese Deutschen in alle den Ansiedlungen, die ich nun antraf, schienen mein
Heimweh �berstanden zu haben! Denn sie schienen nicht nur, sie waren
wirklich gl�cklich. Bei m��iger, ja nicht der Rede werther Arbeit
gl�ckliche, harmlose Landleute. Sie waren keine St�dter, keine von der
alten Welt gebildete oder verbildete Leute, kurz keine Gelehrte, keine
Vornehme gewesen. Und doch sagte mit ein Doctor, der hier zum Bauer
geworden: �Welch Ungl�ck ist gr��er, als eine gro�e Stadt? -- Welche L�ste
tauchen dort auf wie aus feuerspeienden Bergen und schwelgen sich satt!
Hier im ganzen Lande, den einzelnen Meiereien, ist kaum ein treuloses Weib.
Kein Spieler. Ich sage meine ganze �berzeugung: Es ist nichts sch�ner und
menschlicher, als ganz an und mit der Natur zu leben! Versteht sich
menschlich! Menschlich mit Blumen, die man tr�nkt, menschlich mit alten
B�umen, menschlich mit dem Lamme, dem Hunde, ja mit dem B�r im Walde und
mit der Schlange. Denn durch Milde des Menschen sind alle Thiere z�hmbar,
dienstbar zu machen, und alle sind seiner v�terlichen Stimme, seinem
liebevollen Auge unterthan, denn die Thierseele ist auch noch ein Hauch von
der gro�en Seele, wenn auch nur wie letzter rosiger Hauch an den Wolken in
wunderlichen Gestalten, noch heiliges Licht der Sonne. Gartenbau, Feldbau,
das ist das erste, mittle und letzte Gesch�ft selbst des einst ganz klaren,
ganz gro�en Menschen, und im Schoo�e der Natur wird es am ersten, am
schuldlosesten, wenn einmal die Flamme in ihm entbrannt ist -- und sie ist
entbrannt! Und hier im Lande werden nur lauter G�rten seyn, lauter G�rtner
und Bauern. Aber ein Bauer ist ein ungeheurer Kerl, gro� wie Adam,� schlo�
er l�chelnd. Der Doctor begleitete uns auf der Weiterreise, bis nach dem
kleinen Flecken Fashionout oder Modelos, welchen Engl�nder angebaut, um der
Mode zu entfliehn.

Mein Gott! wie oft des Tages mu�te ich hier im Lande mein kaum gesagtes
Wort zur�cknehmen! Zu des Doctors Lob des Bauers hatte ich gesagt: In der
freien Natur, in einzelnen Pflanzungen hebt das angeborene richtige Gef�hl
die Menschen �ber den kleinlichen, schwelgerischen, neidischen,
erb�rmlichen Verkehr gro�er St�dte. Und hier gilt nur das Herz! Kein Rang,
kein adliger Stolz, nicht Schaam einer niedrigen Magd. Man sieht, was in
Europa die Seelen bedr�ckt, das Gef�hl der St�nde, des eigenen, von
Jahrtausenden ausgedr�ckten Unwerths, das nicht zum Gef�hl der _gleichen_
Menschenw�rde empor gelassen wird -- nur fort nach Amerika. Ich mu�te das
Wort sehr bedingen. Denn der Doctor frug mich nun gern: �Warum wandern die
so ziemlich freien Engl�nder aus? -- Um der Sclaverei der Mode zu
entfliehn, der Jeder, der reich geworden, erst recht verf�llt! Ein
ruinirter Fashionable, den ich curiren soll, sagte mir erst gestern: die
Mode ist die albernste Gesetzgebung, die kostspieligste; die Mode ist das
Ungeheuer, welches Europa's Flei�, der M�nner und Weiber Sch�tze,
Lebenslust und wahres Leben auffri�t. Die Europ�er, vor allen die
Engl�nder, sind die wahrsten Sclaven durch die Mode. Die Engl�nder -- denn
ich bin keiner mehr, sagte er -- sind �berall frei -- aber im Hause
Sclaven! Es w�re besser, sie w�ren in der Nachtm�tze, in Pantoffeln, bei
der Suppe, bei Messer und Gabel frei, als frei �berall au�erdem auf Land
und Meer. Alle K�nste m�ssen dar�ber zu Grunde gehn, alle K�nstler, kurz
Land und Leute. Die englische Gesellschaft und ein jeder Abdruck derselben
umher ist die erb�rmlichste auf dem Erdboden, und wenigstens zehntausendmal
erb�rmlicher als die chinesische, wo doch viel zu merken und viel zu lernen
ist; aber Alles auf Zeit Lebens, auf das Leben vom Urgro�vater bis zur
Urenkeltochter und immerdar in die selige Ewigkeit. Hier in Fashionout
beobachten wir Menschenanstand, und kleiden uns und leben nach Wetter,
Bedarf, Verm�gen, Gesundheit.�

Ich aber dachte, da� Deutschland 2500 St�dte hat und 40 Millionen deutsche
Zungen, Seelen, oder _M�uler_, wie die Chinesen sagen, und Gro�m�uler, wie
die gro�en Deutschen gern sagen.

Wie von diesem braven Doctor, so ging f�r mich nun ein t�gliches Scheiden
an, von jeder Gegend, jedem Bach, jedem Baum, jedem guten, freundlichen
Menschen -- aber zuerst beinahe von meiner Tochter! Sie war mir krank
geworden; ich wollte sie in Gottes Namen nach Lawrencebury am Ohio
schicken, in das Haus des jungen, sie ehrenden Marfolk. Aber mit wem? Ach,
war nur mein Schulmeister Tolera hier! Denn auf dem Stra�enbau hier im
Lande h�tte er nicht n�thig gehabt, die Menschen hungern zu lehren! Im
Gegentheil nicht gar so viel essen; zum Fr�hst�ck schon in Butter
gebratenen Schweinebraten, Fische, fetten Kuchen, Eier, K�se; und ihr
Aufseher -- nicht gegen die Unm��igkeit im Essen angestellt -- erz�hlte mir
mit sonderbarer Freude, da� die 6000 Arbeiter hier in 90 Tagen keiner einen
Schnaps getrunken habe! Aber meine Tochter nahm sich zusammen, und ihr
Geist, so jung der liebe Geist war, war stark. Ich fand es f�r meine Leute
hier �berall gut, sich niederzulassen, so weit wir umherzogen, beschwerlich
genug. Hier begruben die Leute selbst; sie trauten junge Paare, sie tauften
selbst -- und der Papst und die Clerisei fiele auch hier in Ohnmacht! Ja,
wir wurden selber zu einer Taufe in Silverheelstown eingeladen, wo ein
Vater an jedem seiner Kinder einen besondern Gl�ubigen hatte. Der �lteste
Sohn war ein Jude; der folgende ein T�rke; der dritte ein Qu�ker; die
�lteste Tochter eine Katholikin, und so fort, damit doch Eines seiner
Kinder den rechten Glauben erwische. Ich sollte nun Pathe stehen bei einem
kleinen Buddhaisten. Aber wir wu�ten Alle von den Ceremonieen dabei nichts.
Tolera selbst h�tte sich zu Tode gewundert oder betrunken. Indessen dieser
Vater wollte auch Vater meiner Kinder werden, und ihnen ein gesegnetes
St�ck W�stenei verkaufen. Und ich schlo� mit ihm die Bedingungen ab. Und
nun begehrten wir alle nach Cincinnati zum Bruder, vielleicht alle weiter,
nach Hause. Aber das Geld ging mir unterwegs nun endlich aus! Maria will
ihr Halsband von Josephinen verkaufen; -- das will ich nicht! Ich will den
Ring vom Prinzen verkaufen; -- das will sie nicht. Aber das mu�te geschehn,
denn f�r den sp�tern Erl�s des Halsbandes bezahlten wir die Heimfahrt nach
Europa. Aber nun war kein baares Geld von den Kauflustigen f�r den Ring
aufzutreiben! H�chstens Anweisungen auf eine ferne Bank. Sollten wir nun
hier, was wir an Materialien zum Tausch erhielten, verzehren -- so waren
wir nicht weiter. Wir mu�ten also lebendige Ochsen und Schweine nehmen und
einen Treiber, um sie am Ohio in Geld zu verwandeln. Die Reise war
merkw�rdig genug. Schweine verliefen sich -- ich konnte nicht nachlaufen!
Ochsen waren marode, Maria sch�ttete ihnen Gras hin, beklagte sie und lie�
sie liegen. Eine Nacht ruhten wir in einer H�hle der Berge, die voll
uralter fremdartiger Menschengerippe war. Wir sahen Postdampfwagen
pfeilschnell vor�berfahren, wir konnten keine Stelle darauf bezahlen.
Endlich trieben wir gl�cklich in Lawrencebury ein. Aber Niemand lachte uns
aus. Alles Nothwendige steht hier in Achtung. Wir frugen nach Marfolk's
Wohnung, fanden sein gro�es Geh�ft mit Niederlagen und Speichern, und ob er
gleich mein Schwiegersohn werden wollte, so dr�ckte er mir doch die �brigen
Ochsen und Schweine ab. �Im Handel keine Freundschaft!� sagte er. Dagegen
im Hause war er unser Freund. Er wu�te um mein Anliegen, er f�hrte mich,
noch ehe wir ausgeruht, in seines Vaters Zimmer. Da hing �ber seinem Tische
meiner Gro�mutter Bild.

Schwarz, in gro�er Haube, und drunten stand der Name des reisenden
Silhouetteurs _N�the_ aus G�rlitz. Er �ffnete die Weihnachtsbriefe. Sie
waren nach dem Ort meiner Heimath adressirt. Es gab eine Scene der
Erkennung, welche Maria durch k�hlen Anstand milderte. Marfolk war in allen
Zeitungen im ganzen Lande durch seine Anklage auf Hinrichtung gleichsam
an's schwarze Bret geschrieben. Er wollte fort aus Amerika. Er fand es
sch�n, vor die alte Gro�mutter zu treten, und wenn er nicht in Europa
bliebe, wollte er bei der R�ckkehr als ein frischer Einwanderer sich in
einem andern Staate der Union unter seinem wahren Namen Volkmar
niederlassen. Er wollte mit uns reisen! Das setzte voraus, da� wir wirklich
reiseten. Auch war ihm die Reise im Testament des Vaters, also nun meines
Oheims, aufgegeben. Wegen des Knaben Wilhelm bestimmten wir, da� er ein
Gerber werde, als die jetzt noch vortheilhafteste Profession, weil H�ute um
ein Spottgeld und Leder sehr theuer w�ren. �brigens war hier nichts mit
andern Handwerken; denn die Maschinen machen schon alles, oder werden hier
noch alles machen, als seelenlose, blinde Ableger oder Riesenkinder des
Menschen, gleichsam ein eisernes Geschlecht, in welches der Mensch seine
Sclaverei gebannt hat; und wor�ber Europa zu Grunde geht, durch Maschinen,
das bringt Amerika empor, weil hier Alle breit und bequem auf die
fruchtbare Erde sich st�tzen, und Alle sich neben und mit Maschinen grade
erst recht hoch emporrichten. Um dem Wilhelm zu der Ansiedlung von seinem
Vater zu verhelfen, mu�te ich ihn jedoch erst durch einen verschriebenen
Taufschein als Erben legitimiren. �brigens lernte ich hier im Hause das
Verh�ltni� und das Verhalten der Dienstboten -- bei uns des Gesindes --
hier der dienenden Herren und Frauen -- kennen, die so behandelt werden und
so sich betrugen, als bei uns adlige Herrn und Fr�ulein im Dienst bei
B�rgerlichen sich benehmen und behandelt werden w�rden. Mein Gott! so viel
thut schon das blo�e Bewu�tseyn: Wir sind frei! und das gro�e Verh�ltni�:
Es ist nur Ein Stand im Lande -- der Stand des Menschen! Das war das
Bitterste, was ich erfahren habe, und das Sch�nste. Ja, wenn wir hier
blieben, wenn ich keine andere Aussicht f�r uns w��te -- und ich sahe weder
als Pastor, ja nur als Schulmeister ein Ankommen -- wenn wir nicht _Bauer_
wurden, in dem kolossalen, freien, Amerikanischen Sinne, durch Ankauf aus
dem Ertrag des Diamantenhalsbandes -- -- -- so wollten wir uns selbst mit
meiner Tochter vermiethen.

Aber ich hatte recht vermuthet! Mein Vetter Marfolk hielt um meine Tochter
an. Ich konnte ihm nichts darauf sagen, als da� schon ein Anderer um sie
angehalten, dem ich es schreiben wolle. Und so that ich. In 14 Tagen
erhielt ich die Antwort von Erwin: �Im November komme ich nach
Philadelphia. In vielen Gesch�ften. Erwin.� Noch stand das Wort dabei: �Ich
bin Senator der vereinigten Staaten.�

Auf solche unbestimmte Antwort dr�ngte mich meine arme Tochter, die mir
herzlich leid that, zur Heimreise nach Europa. Ja vorher, gewi� vorher --
ehe sie den Erwin wieders�he. Aber leider waren wir schon im Herbst, der
unendlich sch�n und bunt und mild und heiter sich �ber das ganze Land
gesenkt hatte. Meine Reise konnte nicht die Absicht haben, die Natur
abzumalen, und so habe ich alle die tausend Gelegenheiten vor�ber gehen
lassen, ein Bild von Dinte ihr nachzupfuschen! Denn hier ist mehr wie
Griechenland und Italien. Hier ist Persien, kurz alle sch�nen Gegenden der
Welt, nur keine Schweiz. Freilich blieb mir �brig, auf der Besitzung der
Baronesse Freysingen und ihres mir so nah verwandten jungen Mannes den
Voigt zu machen, oder den Geh�lfen auf der Ansiedlung unsrer zwanzig D�rfer
-- aber meine Tochter hatte _alle_ Amerikaner satt, durch Einen, und
Amerika mit ihm herzlich satt. Zum n�chsten Fr�hjahr also versprach mir der
gute, bescheidene Vetter Marfolk mit nach Europa �berzufahren. Jetzt nahmen
wir von ihm Abschied. Wir reiseten ziemlich armselig. Jeder Vater kann sich
denken, da� ich endlich schweres Verlangen trug, meinen Knaben in
Cincinnati zu sehen. Wir schifften die kurze Strecke den Ohio hinauf nach
der Stadt, die einen H�gel hinauf sch�n und herrlich liegt. Wo er seyn
sollte, wu�te ich. Ich lie� meine Tochter in unserm Boarding, oder h�chst
anst�ndigen Familien- oder Gesellschafts-Gasthof, ging allein und fand das
Haus. Aber mein Sohn war fort! Fort in eine Anstalt nach Philadelphia. Wer
konnte das gethan, ihm so wohlgethan haben? Alles Rathen war aber
vergebens. Inde� er lebte, er hatte geschrieben -- auch an mich; ich
empfing seine Briefe. Ich mu�te sie k�ssen, ehe ich sie las, und dann
weinen, denn er erinnerte mich an die Mutter, die nun schon lange im Lande
hier schlief. Ich schrieb ihm wieder und ein Diener ging sogleich mit dem
Briefe fort.

Als ich nach Hause gekommen, fand ich eine Einladung zum Mittagessen zu
einem guten Freunde, der sich jedoch nicht genannt hatte. Stra�e und Haus
war angegeben. Warum sollte ich der Einladung nicht folgen? Meine Aufregung
war heftig. Ich zog wieder einmal die guten Kleider an. Alle meine guten
Freunde schwebten mir vor. Wie angenehm war mir ihre N�he im Geist. Aber
ach, wie viele waren elend gebannt zu Hause! Doch auch unter den Wenigen,
die hierher gewandert seyn konnten, rieth ich vergebens, und blieb in der
holden Erwartung, wen ich sehen, wen ich an das Herz dr�cken w�rde.

So geh' ich. So trete ich ein. Niemand zu sehn! Nur ein Tischchen mit zwei
Gedecken steht bereit. Aber im Cabinet regt sich es wieder mich sonderbar
erinnernd. Ich sehe. Es lauscht zwischen den zugehaltenen Vorh�ngen. Ich
sp�he. Ich gewahre ein gro�es braunes Auge in seinem milchwei�en Himmel.
Mir klopft das Herz. Ich sehe oben dar�ber schwarzes, gl�nzendes Haar. Nun
erscheint ein kostbares Nasenspitzchen, die sch�ne, edelgebildete Nase.
Jetzt Lippen wie Erdbeeren, wie eine Doppelkirsche. Mir beben die Kniee wie
in meiner gr�nsten Jugend. Mir vergehen die Sinne. Denn nun sehe ich auch
sch�ne, aber blasse Wangen -- das ganze edle Antlitz ist frei. Aber die
Augen sind jetzt leise geschlossen. Die Augensterne zucken unter den
langbes�umten Augenliedern. Ja, an den Wimpern quillt es leis und zart
hervor wie Thau an Blumen. Ich weine selbst.

Josephine! ruf' ich.

Da verh�llt sich ihre ganze Gestalt wieder hinter dem Vorhang. Ich bin
bet�ubt. Ich setze mich gleichsam in Ohnmacht auf das Sopha. Meine Hand
bedeckt die Augen. So bleibe ich lange. Ich tr�ume, ich schlafe eine
mannigfach best�rmte, aber sch�ne Zeit. Ich komme zu mir. Die Gestalt sitzt
neben mir. Ihre Hand h�lt meine Hand. Ich schlage die Augen auf. Ihre
gro�en, feuchten Augen sehen mich an. Wenn ich nicht auf dem Sopha sa�,
w�r' ich ihr zu F��en gefallen.

In dieser herzbeklemmenden Stunde erschien mir wie damals wieder im Zimmer
vor mir stehend die Gestalt meiner Frau. Ich machte die Augen vor ihr zu.
Aber sie sprach heut mild zu mir: �F�rchte Dich nicht! Ich bin unter den
Todten so klug geworden, wie alle Todten. Weiber und M�nner, die von den
Ihren hinweggerissen, nur wohlthun, ihnen auf Erden noch alles Gl�ck zu
g�nnen, ihnen neidlos alles Gl�ck zu verschaffen, oder bei ihrer Ohnmacht
sie doch zu segnen. Also jetzt sprich zu dem armen Weibe. Sie wird kein
Wort Dir sagen. Denn ein Weib ist edel. Und so sehr sie verrufen sind, da�
sie schwatzen, so halten sie doch ihre Liebe zu heilig, als sie je auf die
Zunge zu nehmen gegen einen Mann. Rede also Du! Und sie wird Dir antworten
ohne Worte, mit Thr�nen, mit ihrem ganzen Dir holden, sch�nen Wesen. Auch
prophezeihe ich Dir, lieber Volkmar: Noch heut wirst Du mit ihr getraut.
Diese Nacht schon ruhest Du hier. Und wenn Du das Licht ausl�schest, und es
sich unheimlich im d�stern Zimmer regt, so denke: ich bin's, die
hinschwebt, das kalte Lager der Todten zu dr�cken.� --

Jetzt schwieg sie, sahe mich z�rtlich an, und verschwand oder verlosch
vielmehr auf derselben Stelle allm�hlig, wie ein Regenbogen verschwindet
und hin ist.

Ich aber war noch ganz verworren, und sagte laut und verst�ndlich vor mich
hin: Das la� ich mir eine vern�nftige Frau seyn! Sie r�th mir nun selbst
zu, den Engel zum Weibe zu bitten. -- Ich fuhr auf. Denn ich erwachte jetzt
�ber die Worte erst v�llig und war gewi� �ber und �ber roth.

Aber auch Josephine war von R�the �bergossen. Aber sie verbarg sie an mir.

Und das einmal ausgesprochene Wort meines vormaligen Weibes gab mir Muth
und Veranlassung, der sch�nen jungen Wittwe zu erkl�ren, ja Alles
aufrichtig zu sagen, was ich von der Erscheinung geh�rt . . . . und mein
Schlu�wort dazu zusetzen oder anzubringen.

Und wie mich mein Weib versichert, so geschahe es. Josephine weinte blos,
oder schlang h�chstens nur einmal ihre Arme um meinen Nacken -- aber die
Edle k��te mich nicht! Doch -- um ein aufrichtiger Mann zu seyn -- ich
k��te sie! Zum Erstenmal. Aber nicht zum Letzten. Und als Braut f�hrte sie
der Br�utigam -- meine Wenigkeit -- zu Tische.

Wie wenig essen Gl�ckliche!

Aber wie viel trinkt ein armer erl�ster Pastor vortrefflichen Wein! Um ein
aufrichtiger Mann zu seyn, mu� ich aber gestehen -- und jeder Eingang mit
dem Worte �_gestehen_� taugt gew�hnlich nicht viel -- ich sch�mte mich vor
meiner Tochter, wieder ein Weib zu nehmen, und ein so sch�nes, so junges,
und da es einmal so war, auch ein so reiches. Wenn meine Tochter
heirathete, so mu�te sie sich vor mir sch�men -- da� sie so liebte bis zum
Heirathen. Oder wir waren doch quitt. O, ein Vater hat in jeder Lage gar
viel zu denken, zu bedenken, zu beobachten. Doch meine Tochter sollte ja
gar nicht erfahren, da� ich nur wieder heirathen k�nnte! So war ich heraus.
Aber dabei mu�t' ich nun bleiben.

So viele Monate, so schwere Zwischentage waren wir uns unter tausend
Zweifeln mit Josephinen doch gut gewesen -- hier zu Lande war kein
langweiliges, meist nur �berfl��iges Aufgebot n�thig, da keine Kirche, also
auch keine Kirchenordnung oder Litanei hier ist. Auf einem Spaziergang
gegen Abend lie�en wir uns dem Geistlichen melden, denn meine Braut kam mir
garnicht mehr so voll vor, als da ich sie zum letztenmal gesehen. Und so
standen wir vor dem Geistlichen, gelobten uns Treue, gelobten uns: Gl�ck
und Ungl�ck mit einander zu ertragen, und der Mann hielt eine kurze Rede,
wie ich selber niemals eine zu halten im Stande gewesen -- so ger�hrt war
er. Und als junger Mann und junge Frau wandelten wir nach Hause. Marien
aber lie� ich sagen, ich w�re in so liebe Gesellschaft gerathen, da� ich
wohl vor Morgen fr�h nicht nach Hause kommen w�rde. Dabei schickte ich aber
der guten Seele ein gro�es K�rbchen mit allerhand vortrefflichen Speisen
und Wein, damit sie unbewu�t doch von meinem Hochzeitschmause koste.

Bis zum Morgen aber hatte sich meine liebe, kostbare Jungefrau
entschlossen, mit uns nach Europa zu gehn. Ich bat sehr, ob ich gleich
wu�te, wie gern sie ging, um aus einem Lande zu kommen, wo sie, so sch�n
und edel sie war, nur mit dem Schleier sich zeigen durfte -- ihrer
schimmernden Farbe wegen.

Als ich nach Hause kam, schlief meine Tochter, und ich k��te sie, und bat
ihr unser Gl�ck ab und meine liebende T�uschung. Ich aber konnte ja nun
wieder -- versteht sich ohne den rechten Namen -- von ihrer guten Mutter
reden. Ja, der folgenden Tage Einem f�hrte ich Josephinen bei ihr ein --
als eine Gesellschafterin f�r sie auf der sch�nen Herbstreise durch Ohio
nach Philadelphia, ja nach Europa.

Abends ging ich gew�hnlich in die oben angef�hrte �so liebe Gesellschaft.�
Und so hatte ich in diesen wieder gl�cklichen Tagen nur einen, aber h�chst
bittern Verdru�. Ich wollte doch das Merkw�rdige von Cincinnati sehen. So
lasse ich mich in die gelehrte Gesellschaft einf�hren, zu der auch, und
besonders die hiesigen Buchh�ndler geh�ren. Man mu� meinen Namen Volkmar
mit: Volkhard verwechselt haben. Manche kommen und bedauern mich. Manche
dr�cken mir die H�nde. Einer fragt mich mi�trauisch: wie ich aus meinem
19j�hrigen Zuchthaus entkommen? Ein Andrer: was ich gedacht oder f�r
Entschl�sse gefa�t, als ich das Bildni� habe um Vergebung anflehen m�ssen?
Andere wendeten mir den R�cken, oder sahen mich h�hnisch, ja was noch
barbarischer war, sie sahen mich mitleidig an. Kurz, ehe es zu der Collecte
kam, die man f�r meine arme, unschuldige Frau und Kinder sammeln und ihnen
schicken wollte, suchte ich zu entkommen. Denn meine nackte Versicherung,
da� ich kein Buchh�ndler, am wenigsten ein Bayer sei, schlug bei den einmal
Verblendeten nicht an, und sie hielten mein Ablehnen f�r Schaam, f�r
falsche Schaam in Amerika. Durch diesen Vorfall erwachte aber -- in meiner
Weise, der mitleidigen, h�lfreichen -- mein Heimweh bis zur Angst. Und ich
wand die H�nde.

Also nach einer sch�nen, gl�cklichen Reise durch das, reich angebaute,
unvergleichliche Ohio -- worin aber zwischen Urbana und Bixbie und zwischen
Chillicothe und Marietta noch ungeheurer Platz zu den gesegnetsten
Niederlassungen der Einwanderer harret -- waren wir im November endlich in
Philadelphia, und wohl logirt, denn meine Frau hatte unerme�liches
Verm�gen, ob ich gleich noch nicht darnach gefragt, und ich war der Herr
wiederum meiner Frau.

Sie ging mit mir voll Freuden zu nunmehr unsrem Sohne Gustav Adolph,
welchen, wie ich jetzt erfuhr, _sie_ in eine vortreffliche
Erziehungs-Anstalt hatte bringen lassen. Sie ging zuerst zu ihm hinein.
Aber das war vergebliche Vorsicht ihn auf den Vater vorzubereiten! Er kam
-- bei ihr vorbei, �ber den Saal, auf die Treppe mir entgegen gest�rzt, wo
er auf den h�heren Stufen stehend, mich wie gleichgewachsen, so recht
umhalsen konnte. Aber er hatte ja mich, den Vater. Und so war sein erstes
Wort: �Ist die Mutter drunten?�

Vorbereitet auf diese Frage sagte ich ihm, da� sie wieder nach Hause
gereiset sei, weil ihr lieber Sohn Marbod krank gelegen.

Das glaubte er. Denn er kannte ihre Vorliebe zu jenem Kinde. Und ach, so
blieb ihm die Mutter leben, lange, lange Jahre. Er frug aber nach der
Schwester Maria. Und so mu�te ich ihn unter Bitten und Bedrohungen
ermahnen, da� er sage: die Mutter habe mir ihn selbst, den Gustav Adolph,
mit einem Freunde hierher nach Philadelphia nachgesandt, weil die Schwester
sonst �ber die Mutter und den kranken Bruder sich gr�men w�rde. Was die
Mutter betraf, hatte ich die Wahrheit gesagt. Unter dieser mir von dem
folgsamen Knaben zugesagten Bedingung konnte ich der armen Tochter doch
eine Freude machen: den Bruder wiederzusehn. Auch mu�te sie das glauben,
denn auch ihr hatte ich in Vorrath gesagt, da� ich meinen kleinen Sohn gern
nachgesandt h�tte, und deswegen nach Hause an die Mutter geschrieben. Und
so belohnte sich diese fromme List auf der Stelle. Denn Maria kam herauf,
und die Geschwister weinten reine Freudenthr�nen.

Eines Abends darauf -- es mochte in Deutschland um die Zeit seyn, wo Tag
und Nacht mit einander ringen, nach Mitternacht -- kam meine heimliche Frau
zu uns in merkbarer Aufregung, und ladete uns zu einem Gang an den Hafen
ein, denn es w�ren Schiffe gekommen, die auslandeten. Wir gingen also.

Die Delawarabai wimmelte von Schiffen. Unmerklich aber f�hrte uns Josephine
an einen Stapelplatz, wo Boot auf Boot voll Neger, Hundert zu Hunderten ans
Land gesetzt wurden. Negerm�tter sa�en schon auf der Erde, und hatten die
Kinder an der Brust, auf dem Schoo�, oder um sich her. Junge und �ltere
M�nner, alle neu gekleidet, gingen ab und zu und halfen den Ihrigen Seil
ziehen, P�cke tragen, alles in br�derlicher, fr�hlicher Gemeinschaft. Auf
einmal trat meine Tochter best�rzt hinter mich. Ich wandte mich um. Sie
verbarg sich an meiner Brust. Sie war bla� wie von Schnee; sie bebte wie
gesch�ttertes Rohr. �Was? Wer? Warum?� frug ich. -- �Ach, dort!� sprach sie
und deutete unmerklich �ber meine Achsel mit dem Zeigefinger. Ich sah
�berall umher. So erblickte ich auch unter einigen Gruppen zwei einzeln
stehende M�nner, deren Einem, dem gro�en, schlanken in blauem �berrock ich
nicht ins Gesicht sehen konnte; aber der Andere hatte es uns zugewandt --
es war Erwin. Nun wu�te ich Alles! Ich dr�ckte ihr herzlich die Hand und
hie� sie abw�rts sehen. Aber die M�nner kamen beide im Gespr�ch auf uns zu.
Ich wich unmerklich aus, aber Erwin schien uns vermuthet, erkannt zu haben.
Und w�hrend wir alle die Augen zur Erde niedergeschlagen hielten, kamen sie
uns so nahe, da� ich ihre Fu�spitzen sahe. So blieben sie vor uns stehen.
Sie gr��ten leicht und zuversichtlich -- und ich hatte die Ehre und das
Vergn�gen und die Erfahrung, an Erwin das Compliment eines get�uschten
Tochtervaters zu machen oder zu schneiden, und ihm zu danken. Welches
Gesicht ich aber dazu gezogen oder geschnitten, kann ich als ein
aufrichtiger Mann nicht sagen; denn ich habe es nicht gesehen -- als im
Spiegel von Josephinens Antlitz, worauf es ganz roth aussah. Wie mu�te mir
aber erst werden, als Erwin nun so seine liebe Stimme vernehmen lie�:

�Ich sollte eigentlich recht b�s seyn, und ich will auch nicht leugnen, da�
ich im Kern der Seele, im Stolze, recht schwer, ja recht schwer beleidigt
war! Sehen Sie nur, General,� sprach er zu seinem Begleiter, �da hinter dem
Vater steht versch�mt das Kind, das mir das Leben so schwer gemacht -- aber
mich zum freien Manne, und hoffentlich nun auch zum gl�cklichen� . . . .

Er wollte Mariens Hand ergreifen, und wie sie sich ihm entzog, und um mich
herum schl�pfen wollte -- ergriff er sie von der andern Seite und hielt sie
fest an der Hand. Und das ganze M�dchen zitterte.

Und mit seelenreiner, seelenfroher Stimme sprach er getrost zu ihr: �Ehe
ich nicht frei war -- denn wer nur noch einen Schatten von einem Sclaven
hat, der ist selber ein Sclave -- eher sch�mte ich mich Dir mit einem Worte
zu nahen -- und Du, Du hast doch das Schweigen verstanden? Meine ich! Aber
jetzt, jetzt! Ich habe keinen Sclaven mehr! Bin ich nun Deiner werth? Nicht
wahr -- ein Amerikaner! . . . . und er sollte Sclaven haben . . . . nicht
wahr, das konnte die liebe Seele ja nicht ertragen! Wer w�rde so ein Mann
als Mann gewesen seyn! Nicht wahr? Aber ich habe keinen Sclaven mehr, da
siehst Du sie alle umher! Du, mein edles Kind, Du hast sie frei gemacht --
und hast doch nur Einen Menschen recht geliebt. Und das hab' ich
verstanden! Das hab' ich geehrt.�

�Wohl, sehr wohl! Senator,� sprach der General.

Wir andern alle weinten, und namentlich mir schn�rte es heimlich ordentlich
die Kehle zu. Aber o Gott, der Blick, der jetzt aus meines M�dchens Augen
in ihres Freundes Augen str�mte, der war wohl werth, da� Du Menschen
geschaffen hast, Du allliebender Vater, da� Du sie Sclaven werden l�ssest
und erl�sest, durch Deine heilige Macht. Was h�tten die Menschen denn sonst
auf der Welt zu thun, als etwa alle ewig im Bett zu liegen -- wenn Alles
vollkommen w�re! Das verh�the Gott, und hat es verh�thet. So haben die
guten Menschen etwas vor, das Gute zu thun, und eine Freude, den Sieg �ber
Irrthum und Blindheit der andern armen Menschen. -- Das war mein
innerliches Gebet. O ich war ja nun endlich ein gl�cklicher Tochtervater!
Und die Ungl�cklichen k�nnen nicht beten; denn Beten hei�t: Gott loben in
allen Dingen. So meine ich.

�Die Sache freut mich!� sprach der General. �Sie geben ein Beispiel, und
ich danke Ihnen f�r Viele, Senator.�

�Es geschieht nach meines Vaters Testament;� sprach nach Gottes Willen nun
mein Schwiegersohn. �Denn welcher Deutsche verg��e sein Vaterland! Das ist
uns keine Schande; denn Deutschland ist auch das Vaterhaus von England,
woraus unser Penn stammt. Thue ich was dazu, so geschieht es aus allerhand
Liebe und Ehrfurcht. -- Also mir keinen Dank, Pr�sident!�

Gott's Wetter! h�tte ich bald laut gesagt, das ist der Pr�sident der ganzen
27 vereinigten Freistaaten! und ich hielt mir wirklich den Mund bescheiden
zu und sahe meine Tochter bedeutend an, deren Auge aber schon an dem Manne
hing, still, sanft, ehrfurchtsvoll, wie eines Kindes Auge, das zum
erstenmal den Engel, das Christkind sieht, und selber die eigene gr��ere
Schwester in ihm nicht erkennt, ob es sich gleich ohne Maske zu ihm neigt
und mit unverstellter Stimme freundlich zu ihm spricht. Das blaue Band auf
ihrem Busen ging aber auf und nieder . . . so klopfte ihr Herz. Und ich
h�tte die golden untergehende Sonne fragen m�gen, ob sie etwas Gr��eres auf
ihrer weiten Bahn erblicke, als einen freien Vater freier Kinder.

. . . . . �Und lieber Vater,� sagte Erwin nun zu mir, �die Neger gehen nach
Deutschland.� --

Ich erschrak billig und unbillig.

�Ich meine in die Schule,� fuhr er fort, �in die mein gewesenen zwanzig
D�rfer der Freysingen; denn ich habe sie laut Testament den Menschen zur
Ausstattung mitgegeben. Die G�ter der Einzelnen habe ich gekauft. Die
Schiffe bringen die Neger hin, und laden Ihre Gesellschaft her. K�nftig
folgen Mehrere! Tausende! Sorgen Sie nur, da� Sie dagegen 5000 M�nner
hersenden; denn so viele k�nnen gleich einen eigenen Staat gr�nden und sich
eine Verfassung geben, und schon Abgeordnete zum Congresse schicken. Das
Schlo� der Freysingen, den Park und die Appendixe von Vorwerken aber
erlaube ich mir Ihnen anzubieten, lieber Vater!�

�Sie wollen also nicht bei uns bleiben? Wir haben die Deutschen so gern;�
sagte mir der gegenw�rtige Vater des Volks, �Jeder, wie er will. Nur recht
f�r sich und nicht unrecht f�r Andere. Aber was haben Sie hier gesehen und
bemerkt?�

Ich hatte aber das Herz auf einmal zu voll von der Heimath, oder sprach aus
Verwirrung: Was ich alles nicht gesehen? Sub fide pastorali: keinen
Majest�tsverbrecher, keinen Censor, keinen Pfennig Steuer oder
Gewerbesteuer im ganzen Lande, keinen Hungrigen, keinen Faulen, keinen
Soldaten, keinen Adligen, keinen Erbitterten, der die Regierung st�rzen
will, keinen Bettler, keinen Kr�ppel, keinen Executor, keinen sogenannten
Advokaten, keinen Theologen, ja nicht einmal einen Papst; schlo� ich.

Es sollte aber noch �rger kommen, denn er wiederholte: �Nein, ich meine,
Was Sie hier bemerkt haben?� -- Und ich sagte nun gar: Keine Kunst, keine
Cultur, keine Religion, -- oder Moral, wollte ich sagen! Aber ich konnte
gar nichts mehr sagen, und blieb rein stecken, roth wie begossen, denn ich
merkte meinen groben Fehler, oder meine fehlerhafte Grobheit -- aber mich
�berkam ein furchtbarer, verzweifelter Muth, und ich setzte hinzu . . . �um
ein aufrichtiger Mann zu seyn. Hier steh' ich, Gott helfe mir, Amen!�

Der Volksvater legte die Hand an's Kinn. Erwin aber entgegnete mir, fein
l�chelnd: �Sehn Sie umher, lieber Vater! Es giebt ein gro�es Thier, dem der
Mensch nur Alles nachmachen kann, aber soll! Wo ist in diesem gro�en Thiere
Religion, als im Menschen? Im freien, im ausgebildeten Herzen des Menschen!
das bedenken Sie wohl. Aber liegt nicht eben darum die Sittlichkeit der
ganzen Natur zum Grunde, schwimmt sie nicht darauf, lebt sie nicht darin,
wie eine Wasserblume mit allen ihren Kelchen? So mu� die Sittlichkeit auch
der Menschensch�pfung, dem Staate zum Grunde liegen, aus ihr hingebreitet,
wie ein unsichtbares, aber festes Netz -- das Niemand f�ngt, der es nicht
sieht, nicht sehen will, oder nicht gewahren kann.�

Ich hatte mich wieder gesammelt, und fing an zu h�ren, was ich h�rte; und
h�rte nun weiter: �Da ist die Staatsgestalt die rechte, da ist die
Staatsgewalt die �chte, wo sie nicht alle Gewalten selbst ist, sondern alle
ebenb�rtigen Gewalten neben sich grade bef�rdert; alle Gewalten n�mlich,
die keine Staatsgewalt weder hervorbringen, noch je vertilgen kann: die
Gewalt der Seele: die sittliche oder religi�se Gewalt, und die
patriarchalische, die v�terliche, die hausv�terliche Gewalt. Diese zwei
Gewalten m�ssen in jedem Menschen, in jedem Hause herrschen. Daran darf
nicht einmal ein Scherge klopfen -- also auch kein Priester. Es giebt also
Millionen Staatsgewalten im Lande, deren Ausdruck und Schutz blos die
sogenannte eingesetzte Staatsgewalt ist. Wo es so steht, da ist das wahre
Recht, die wahre Freiheit zu _Hause_, wahrhaft zu Hause, zu Kopfe, zu
Herzen! -- und somit denn im ganzen Lande, bei uns, meine ich. Und der
erste negative Staat wird wundersam der erste positive, den die Menschheit
aber ausf�llen mu� und darf und kann! meine ich.�

Jetzt fielen Kanonensch�sse von einem anlegenden Schiffe, und die Worte
wurden mir ordentlich eingedonnert.

�Und was die Kunst betrifft? Ohne Wohlstand, �berflu� und Reichthum keine
Kunst? Wo wird sie also eher aufbl�hen oder eher ausl�schen, h�ben oder
dr�ben? -- So frug ich mich selbst von Rom bis Bremen. Und glauben Sie,
gegen eingewurzelte, in Jahrhunderten begr�ndete Armuth sind Flei�,
Ordnung, Recht, ja selber die endliche Freiheit vergebliche Mittel. Doch
unsere famose Geldaristokratie ist nur ein offenes, steigendes, sinkendes
Institut, das hier kein einziges Vorrecht gew�hrt! Und wenn Viele im Lande
100,000 Dollar haben, was hindert das, da� nicht Alle so viel erwerben und
haben? Was schadet das Haben der Andern Jedem, der nicht _vorreich_ seyn
will, sondern nur reich, _mitreich_! Denn das ist der erb�rmliche
Unterschied, der den Reichthum dem Vorreichen wieder zu Armuth macht, und
dem Reichen den Reichthum zu Pein. Auch dieser Pein wird hier begegnet,
durch auseinander wohnende Menschen! Das Paradies mit Einer gro�en Stadt,
voll siebenst�ckiger H�user, w�re auch ganz ohne Adam's und Eva's
S�ndenfall dennoch zur H�lle geworden. Ich meine. Nur die Sonne sieht man
mit einem geschw�rzten Glase an! Uns aber gar mit russischem Marienglas?
Doch sehen Sie nur dort die neuen Einwanderer, die da eben heraufsteigen --
o es giebt auch Augen f�r uns! Indessen Sie sehen, es giebt Patrioten auch
hier, die unaufh�rlich aufmerksam und unerm�dlich th�tig das Volk das Gute
finden lassen!�

Dabei l�chelte er, gab mir eine Rolle Papier und sagte: �Das ist die Magna
Charta f�r Ihre Neger. Ich meine, sie werden den F�rsten achten -- unsern
Freund, den Vater des lieben Leuthold; sie werden alle Gaben gern geben;
gern Soldat werden; nach keiner Pre�freiheit fragen und so weiter; kurz,
folgsame, gl�ckliche Deutsche seyn. Ich d�chte aber, Sie tauften sie dieser
Morgen einen im noch einsamen D�mmer, g�ben ihnen Namen, trauten die lange
Verheiratheten und th�ten dergleichen Europ�isch Erforderlichen Alles. Bis
zur Abfahrt lernen sie auch noch Etwas -- das m�ssen sie wissen. Aber meine
Schw�gerin Maria hat ihren guten Theil an dem Allen, m�ssen Sie wissen.
Werde nicht roth! Du aber, Maria, komm auch mit uns! Und der Vater! . . .�

Ich aber hatte mit Erschrecken meinen Sohn Marbod mit der Baronesse
Freysingen unter den Gelandeten erkannt, war in einiger H�llenangst und
versprach nachzukommen! Sogleich! Und so ging denn meine Tochter, von Erwin
an der linken Hand gef�hrt, und zu ihrer Linken von dem edlen, ernsten,
wohlwollenden Freunde ihres Freundes begleitet von hinnen, meine heimliche
Frau aber zur Rechten Erwins. Mir war wohl, mir war unvergleichlich zu
Muth. Denn meine Tochter sahe sich nach mir um, und ihre leuchtenden Augen
nickten mir unter dem schattigen Hute so gl�cklich zu! O es ist wohl werth,
edel zu denken und edel zu bleiben -- und dann erst recht werth, wenn man
dadurch _nicht_ gl�cklich wird -- wie mein armes Kind. Jetzt hatte sie
gewi� Respect vor allen Amerikanern. Jetzt blieb sie hier!

Ich flog meinen Kindern entgegen. Wie froh waren sie, einen Vater zu
finden, und hier. O, wer kann das beschreiben! Denn um uns standen
Hunderte, die wie ein sonderbares, ganz eigenth�mliches Geschlecht, ohne
Heimath wie die Fische, ohne K�nig und Herrn wie die V�gel gleichsam als
Amphibien der Vor- und Nachwelt hier im Abendscheine standen, die noch
wankenden Kleinen an ihrer Hand! Aber auch f�r sie war gesorgt. Nach den
ersten Umarmungen aber schon frug auch mein Sohn nach der Mutter. Und so
t�uschte ich auch ihn, mit dem Wort, das nun gelten und stehen bleiben
konnte, als Wahrheit f�r sie, so bald und so oft sich auch alle, jetzt und
sp�ter, besprachen, da� die Mutter von Neu-Orleans nach Hause gereiset sey
-- in unsrer Abwesenheit -- weil ihr Marbod krank gelegen. So sollte und
konnte nun auch Maria wissen.

�So haben wir sie also verfehlt! die gute Mutter!� sprachen sie bedauernd.
�Aber, V�terchen, Du gehst ja heim.� Und nun verschlang der Strom des
Lebens die Gedanken, die Todten und Lebenden, die Fernen, die Alten, die
heiligen Alten, die alte Welt -- Alles und Alle. Ich f�hrte die
Angekommenen nach, zu Erwin und zu Maria, zu Josephinen -- und heut war
Amerika ein herrliches, heiliges Land.

Meine Lage war nun f�r einen Pastor �u�erst lobenswerth, besonders, wenn
ich wieder in die vorgeschobene �angenehme Gesellschaft� ging. Ja, ich
bekam Amtsarbeit. Die Neger, wohl untergebracht, wohl unterrichtet im A. B.
C., wohl beaufsichtigt und versorgt durch Wilberforce und meinen ganz dick
gewordenen, fast majest�tischen, langen, noblen, gutm�thigen Tolera -- die
Neger kamen eines Morgens sehr fr�h (am 14ten November) zur Taufe. Die
katholischen Priester hatten ganze Schaaren S�damerikaner mit der
Feuerspritze getauft, und dann mit Kart�tschen erschossen -- so _viele_
K�pfe zu taufen, so _viele_ Pathen zu stellen, war in der n�thigen K�rze
unm�glich. Die Schwarzen lagen auf den Knieen. Der Morgen, von sonderbaren
Wolken umhangen, graute kaum. In die heilige Stille sprach ich einige Worte
zum Eingang. Da war es auf einmal, als wenn eine allm�chtige Hand alle
Wolken vom Himmel weggerissen! Tausend Gestirne gl�nzten da droben
funkelnd, spr�hend, Strahlen versendend, ausstr�mend, wie goldnen,
brennenden, leuchtenden, langen Regen. Jetzt, jetzt r�hren sich die
Gestirne am Firmament -- oder wanke ich? taumle ich? Aber nein! Was nie
geschah, und nie geschehen wird -- das ganze Firmament voll Gestirne zieht
rasch, wie auf entsetzlicher Eil durch das dunkelblaue Himmelsschwarz.
Alles wird licht auf der Erde! Die Meerbucht gl�nzt, die B�sche brennen,
die Nachtv�gel st�rzen, wie betrogen von tausend Sonnen, zur Ruhe; ich
unterscheide die Bl�tter der Blumen zu meinen F��en, denn ich erblicke mit
Erstaunen meinen wie rasend um mich schwirrenden Schatten. Jetzt rei�t sich
ein Stern los, er st�rzt mit Gezisch und Gestrahl, mit Gedonner hernieder.
Zehn Sterne rei�en sich los, wie reife Fr�chte! Hundert Sterne st�rzen mit
Gezisch und Gestrahl hernieder! Tausend Gestirne, immer gr��er, wie
Feuerkugel-Lawinen, st�rzen und zischen und strahlen, und tausendf�ltiges
Donnergekrach st�rzt dr�ber hernieder. Ich war blind, ich war taub, ich war
au�er der Welt.

Es war geschehn. Es war ruhig, als wenn nichts geschehen. Es war
todtenstill, es war grabesfinster. Da standen die schwarzen Menschen auf,
beteten mich fast an, und dankten mir bebend vor Furcht, und klappten noch
mit den wei�en Z�hnen, die in dem Nachtgraun schimmerten. �Nun sind wir
getauft!� riefen sie alle. Und: Ihr seyd getauft! sprach ich und segnete
ihren Ausgang und Eingang -- in Europa. Dann enteilten sie wie Geister.

Das war wieder einmal ein Wunder, st�hnte ich. Und nach langem Betrachten
schlich ich nach Hause und verschlief den ganzen Tag. Mir tr�umte: Ich war
in einem brennenden Hause und fiel in Ohnmacht -- dann sprang ich auf und
lief fort. Der Traum war meine v�llige Lehre oder Cur. Wenigstens hast Du
nun Deine Kinder und Kindeskinder beim sicheren Nachbar. So erg�tzte ich
mich nun noch mit ihnen Allen.

Zum zeitigen heiteren Fr�hling kam unser Vetter Marfolk richtig. Da war
neue Freude. Meine Tochter, die ich mit Erwin getraut, in Gesellschaft der
zu trauenden verheiratheten Neger, kam von Washington zu unsrer Abreise.
Ich fuhr meinen anvertrauten Einwanderern voraus auf dem ersten
Dampfschiff. Der Morgen der Abreise kam. Erwin kam noch, und nach dem
Abschied fl�sterte er mir noch ein Wort in's Ohr: �Wir bitten einander zu
Pathen!� -- Er wu�te also, da� ich ein Weib hatte -- und Wen! Ich legte als
Antwort den Finger �ber die Lippen. Und er sagte leise: �O gern!� -- Ich
band ihm meine Einwanderer nach Indiana nochmals auf die Seele. -- Was soll
ich nun sagen, wie ich von Tochter und S�hnen schied? O es war schwer. Aber
alle sagten hier, wie daheim mir wieder: V�terchen, Du kommst wieder! Oder
-- droheten sie -- wir kommen zu Dir! Und dennoch brach mir der Abschied
von meinem Hunde, dem Pudel �Menschenfreund� fast das Herz. Meine Tochter
wollte ihn behalten. Sie mu�te ihn fort-, zur�ckschleppen, den Strand
hinauf; da blieb er geduckt liegen und winselte. Ich mu�te noch von ihm
Abschied nehmen. Ich streichelte ihm den R�cken; ich sagte ihm:
Menschenfreund, sey verst�ndig! Ich lie� ihn mir eine Pfote geben, und er
gab mir seine treue, sanfte Hundehand. Aber wie er mich dabei ansah! Was,
ja Wer in seinen dunkeln, bangen Augen so wehm�thig heraussah, herausdrang!
O ich sch�mte mich! Kurz, warum bleibt der Hund im �rmsten Hause -- wenn er
auch darin mager und elend wird? O, die Welt ist gut. Nur der Mensch taugt
nicht immer. Du bist ein gutes Thier, ein Menschenfreund! sagte ich ihm,
und er wedelte mit seinem feinwolligen Wedel.

Wir kamen ohne Gef�hrde nach Hamburg. Diesmal in 14 Tagen! Ich konnte nun
also langsam fahren, und das that schon fast Noth, doch nicht meinetwegen.
Josephine war wie neugeboren. Und -- um ein aufrichtiger Mann zu seyn --
ich auch. O, es lebt nicht nur ein eigener Geist, meinetwegen ein erst so
gewordner in jedem Menschen. Jedes Haus im Lande, jede Familie, jedes Dorf,
jede Stadt hat einen eigenth�mlichen Geist, _eine_ Stimme wie ein
Bienenstock, einen lieblichen Wiederhall, ein Verst�ndni� all unsrer Worte,
unsrer W�nsche, unsrer Freuden und Leiden. Und der Geist in einem Lande --
der w�re kein Geist? Der Jahrtausende Eingewohnte, das millionenfache Ich?
O, das ist das Vaterland! Und als ich Deutschland wiedersah, rief ich aus
voller Brust: Ja, es giebt ein Vaterland! Nur wer es noch nicht erkannt,
h�chstens die Jugend wandere aus, und mache ihre Stimme wo dr�ben zur neuen
Seele des Landes, der Berge, der Fl�sse, der Haine. Aber wer je wo geweint
hat, wie M�nner weinen, der bleibe, und hoffe Frucht von seinen Thr�nen,
und Segen von seinem Seufzen. Denn Millionen weinen und seufzen mit ihm,
und w�nschen und schaffen mit ihm, und sind stark und mild wie er, und
werden sich freuen wie er.

Ich kaufte vier englische Schimmel und einen pr�chtigen Wagen -- wenigstens
um nicht ausgelacht zu seyn. Denn am Strande in Amerika hatte ich einen
M�ller gesehen, der bei sch�nen M�llerkenntnissen eine k�nstliche M�hle
dort bauen wollen und Mehl wie Kreide mahlen. Aber er hatte eine Handvoll
Amerikanisches Mehl in die Hand genommen -- wie Schnee und fein -- wie
Amerikanisches Mehl, und war fein still nach Hause gereiset.

In meiner Vaterstadt fuhr ich nun donnernd �ber die Schlo�br�cke, in nun
mein Schlo�. Ich sa� kaum im Lehnstuhl, als es murmelte und trappelte auf
der Treppe und im Vorsaal. Selbst mein Caplan war darunter, denn ich h�rte
ihn kr�hen. Aber ich bestellte ihn auf Morgen, denn meine Tochter war
verheirathet, und lie� ihm nur sagen, seine sechs Muhmen h�tten sechs
reiche Kaufleute in Neu-Orleans; aber dort handelten auch die Geistlichen
sogar mit Wein, und die Doctoren predigten auch nach Gelegenheit. -- �Schon
gut, schon gut,� h�rte ich ihn sagen.

Eine Freude aber, mu�te ich sogleich noch machen: Meiner guten, theuren
Gro�mutter! Ich ging zu ihr selbst hin�ber auf die Pfarre; denn sie hatte
nur gebeten, sie noch kurze Zeit in der Wohnung zu lassen. Sie wohnte aber
unten. Sie sahe mich, sie erkannte mich. �Also Du hast ihn gefunden?�
sprach sie. Nach einer langen Erz�hlung gestand ich vorsichtig zu: Ja, er
ist gefunden! Er ist auf dem Schlosse. Er wird kommen. Aber mein Gott, sie
freute sich so -- da� sie einschlief! -- Seliges Alter! Wer nicht alt wird,
ist kein Mensch gewesen. Es ist fast �bermenschlich und hautschauernd, so
�bermenschlich gef�hllos, jetzt mit der Seele weg, jetzt da zu seyn! Jetzt
jung, jetzt alt! Jetzt schon im Paradies -- jetzt noch in der Kinderstube!
Ein alter Mensch ist wirklich Alles; ein Junger ist nur immer -- sein Tag,
seine Stunde. Ihr Enkel, der ihrem Sohne so �hnlich sah, hatte auch sogar
heut wieder die Kleider angezogen, in welchen sein Vater der Mutter
entflohen war. Denn der Vater hatte sie treulich aufgehoben. So, in
altv�terscher Tracht, aber jung und wirklich voll Schaam hier
hereinzutreten, trat er herein. Ich winke ihm, ruhig sich ihr gegen�ber zu
setzen, weil sie schl�ft. Nachdem er des armen Vaters gute Mutter sich
lange angesehen, schl�ft er selber noch m�de ein. Ich gehe inde� auf den
Thurm; ich f�ttre die Tauben; ich winke Josephinen mit dem Tuche. Mir ist
es wie ein Wunder, sie hier zu sehn. Wohl nach einer Stunde gehe ich wieder
in das Zimmer. Der junge Volkmar schl�ft noch. Die Gro�mutter scheint zu
schlafen. Aber ich sehe deutlich, -- sie ist munter gewesen! Sie hat sich
vorgeneigt -- sie hat ihn erblickt -- sie hat ihn erkannt: den Sohn! den
treulosen Sohn. Die kindische Seele hat ihn f�r denselben gehalten -- so
ist sie sitzen geblieben -- -- aber gestorben, und ruhig und selig _todt_!
Und ich wiederholte meine Worte, jetzt aber mit fromm gefalteten H�nden:
�Jetzt jung; jetzt alt; jetzt noch in der Kinderstube -- jetzt schon im
Paradies! O, es k�nnen nicht Alle wiederkehren, die hin�ber wandern! Schon
Ein verlorener Sohn zerrei�t der Mutter das Herz, da� sie nicht sterben
kann. -- -- Und Ihr, Ihr tausend S�hne des Vaterlandes! Wie k�nnt' es
selbst sterben ohne Euch? -- O, es giebt ein Vaterland! O seyd denn seine
S�hne!�

Ich w�rde gar nicht geglaubt haben, weg, fort, so lange, so weit gewesen,
und wieder da zu seyn, wenn nicht meine Amerikanische Frau kam, so still,
so sch�n, so lieb, und l�chelte, als sie die beiden Schlafenden sah. Viele
der neuen Auswanderer umringten jetzt das Haus; sie sahen durch die
Fenster; ich kannte die Gesichter. Ja Manche stimmten ein fr�hliches
Auswandrerlied an! Ihre Augen funkelten vor Freude! Und ich dachte: -- Was
kein Mensch erkl�ren kann, das kann kein Mensch verhindern! Das ist nicht
menschlicher Sinn; das ist g�ttliche Macht! So mu�te ich sagen, um ein
aufrichtiger Mann zu seyn. Denn ich sahe mein Weib vor mir; und welchen
Schatz hatte ich da dr�ben gefunden! Ist nicht die Sch�nheit der Welt da
dr�ben? Und die Welt der Liebe? --

Die Sonne ging unter. Die Glocke im Thurme l�utete ihr zu Grabe. Der
verlorene Sohn sprang auf von dem Hall und stand von dem Glanze geblendet.
Und selber die Kinder drau�en nahmen schon vor dem Walten der Welt ihr
H�tchen ab, und beteten, unter dem Schwirren der Schwalben, das Vaterunser.

_Breslau_, gedruckt bei _Leopold Freund_.




Anmerkungen zur Transkription


Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert.





End of Project Gutenberg's Die Probefahrt nach Amerika, by Leopold Schefer

*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE PROBEFAHRT NACH AMERIKA ***

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