The Project Gutenberg EBook of Strix, by Svend Fleuron This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Strix Die Geschichte eines Uhus Author: Svend Fleuron Translator: Mathilde Mann Release Date: October 13, 2006 [EBook #19530] Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STRIX *** Produced by Inka Weide, Louise Hope and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net * * * * * * * * * * * * * * Svend Fleuron S t r i x Die Geschichte eines Uhus [Illustration: Verlagssigel] F�nftes bis neuntes Tausend Verlegt bei Eugen Diederichs Jena / 1921 Berechtigte �bersetzung aus dem D�nischen von Mathilde Mann Alle Rechte insbesondere das Recht der �bersetzung in fremde Sprachen vorbehalten. Copyright 1921 by Eugen Diederichs Verlag in Jena * * * * * 1. Das Ohr des Waldes In der fernen Tiefe der gro�en F�hrdenw�lder, wo sich Licht- und Schattenb�ume wirr ineinander verzweigen, ragt ein hoher H�gelzug steil empor. Er zieht sich rund um ein kleines Waldmoor herum, so da� die Morgensonne seine Westseite und die Abendsonne die Ostseite bescheint, w�hrend die Strahlen der Mittagssonne nur seinen Gipfel streifen. An der Nordseite des H�gels, ganz hart an der Wand, steht zwischen Dornen und Gestr�pp eine alte, abgestorbene Eiche. Sie war einstmals eine Rieseneiche, ein Kolo� von Baum; jetzt ist sie hohl -- der Kern ist vermodert und ganz zusammengesunken, so da� gleichsam ein Haus in dem zunderigen Stamme entstanden ist. Es riecht s�uerlich da drinnen und seifig wie nach Zecken. ... Die Zeit wohnt hier und zeugt jede Sekunde, wetzt ihren Zahn und fri�t, was die Zeit vor ihr �briggelassen hat. Ungef�hr in halber H�he des Stammes, an der Seite der alten Eiche nach dem Moore zu, g�hnt ein gro�es Loch aus dem Bauch des Baumes hervor. Eine Daune flattert in einem Spinngewebe an dem oberen Rande der �ffnung. Tief unten in dem Loch, das in bezug auf das Sonnenlicht so gestellt ist, wie der H�gel selbst --: die westliche Wand bekommt Morgensonne, die �stliche Abendsonne, w�hrend die hintere Wand nie den Schimmer eines Strahles erhascht -- sitzt ein riesengro�er Vogel, und je nachdem die Sonne ihren Weg �ber den Himmel geht, r�ckt er aus dem einen Schatten in den andern. Es ist ein Nachtraubvogel --: ein gro�er, braungefiederter Uhu! Diese alte Eiche hier im Revier hat er mit gutem Bedacht erw�hlt: hier sitzt er gleichsam im Ohr des Waldes; jeder Laut, der von drau�en her �ber den See hereindringt, f�hrt zwischen den H�gelw�nden hin und her und bis zu ihm in das Loch hinein. Es ist ein dickes, kr�ftiges Uhuweibchen ... Sein Kopf ist so gro� wie der der gr��ten Wildkatze, nach vorn zu flach abgeschnitten, so da� er das sch�nste Gesicht bildet. Der Schnabel ist stark und gekr�mmt, und die Schneiden sind so scharf wie eine Rosenschere. Sie behandeln einen Braten kunstgerecht, zerlegen ein St�ck Wild im Handumdrehen. Ritsch, Ratsch -- und sie haben selbst die Schenkelknochen eines z�hen, alten Hasen durchgeschnitten. Er _f�ngt_ kein Tier, dieser gro�e Uhu -- er _schlachtet_ es! Von den gelben Schnabelr�ndern steht ein Kranz von Federn wie ein brausender Schnurrbart ab. Er tr�gt sein Teil dazu bei, auf humane und r�cksichtsvolle Weise das arme Opfer irre zu f�hren, wenn es im Kampf um sein Leben versucht, sich ein Urteil �ber den gro�en Schlund seines Gegners zu bilden. Der Schlund ist enorm -- aber erst wenn der Uhu ihn �ffnet, kann man es sehen. Die Mundwinkel gehen ganz bis hinter die Augen und enden fast bei den Ohren; sie erschlie�en einen feuerroten, dampfenden Schlund, der den verh�ltnism��ig engen Trichter zu einem ungeheuren Sack bildet, in dem eine ganze Stallratte verschwinden kann. Oben auf dem Kopf, rings um die Ohrl�cher, die ungeheuer sind im Verh�ltnis zu ihrer Gr��e bei andern V�geln, sind die Federn sinnreich geordnet, so da� sie gleichsam einen Schirm bilden, gegen den die Schallwellen anschlagen k�nnen. Das Geh�r der gro�en Eule ist denn auch so fein, da� sie h�ren kann, wie die Maus kaut und das Gras trinkt, ja selbst jede Bewegung, jeden Fl�gelschlag des Nachtfalters h�rt sie! Oben von den Schirmen ragen wild und drohend, wie die Lauscherpinsel eines Luchses, zwei wehende Federb�sche in die H�he. Aber die Augen sind doch das Furchteinfl��endste in diesem Gesicht! Sie sind prachtvoll gelb mit r�tlichem Au�enrand; die Eule kann gleichsam Feuer und Blut dahineinlegen, sie gl�hen und Funken spr�hen lassen, so da� das Opfer gel�hmt wird, wenn es seinen Blick pl�tzlich f�ngt. Sie ist so gro�, da� sie im Morgen- und Abendlicht, wenn sie �ber die Waldeswipfel hingleitet, einer kleinen Wolke gleicht -- einer Wolke, die schwarz ist und an den R�ndern sonderbar faserig! Ihr K�rper ist wie der einer Gans, und ihre St�rke gibt der eines K�nigsadlers nichts nach. Sie hat Fl�gel wie Schaufeln und so muskul�se Schenkel wie nur ein Fuchsr�de; die k�nnen ihren n�chtlichen Wanderungen �ber den Waldboden Fahrt und ihrem Griff, wenn sie f�ngt, Feuer verleihen. Ihre F�nge, die selbst durch Eichenrinde bis auf den Grund gelangen, sind fingerdick, und wenn sie sie v�llig ausspreizt, haben sie fast die Spannweite einer M�nnerhand: die Wulsten unter ihnen gleichen schwellenden Kissen und aus einem jeden ragt eine lange, dralle, sichelf�rmige Kralle, wie ein kleiner t�rkischer Krumms�bel hervor. Sie sitzt f�rmlich in Daunen und Federn ... Die D�mmerung hat sie mit ihrem Pfeffer und Salz bestreut, und die Nacht hat ihr mit schwarzem Pinsel �ber Fl�gel und R�cken gestrichen. L�ngs der Mitte der dicken, breiten Brust l�uft ein wei�licher Strich, der sich oben unter dem Halse zu einem Fleck erweitert. Das ist das einzige wirklich Helle an ihr, es ist gleichsam eine Erinnerung an den Glanz des Tages, an das Licht der Sonne -- ganz will es sie doch nicht lassen. Es ist sonnenwarm und mitten am Tage ... Die Eule sitzt satt und tagesschlaff zusammengesunken �ber ihrem Stand, die langen Schwungfedern gleich einem w�rmenden Unterrock �ber ihre F�nge gebreitet. Der gro�e, runde Kopf mit den m�chtigen Federb�scheln ist ganz nach dem Leib herabgezogen -- dadurch erh�lt das Gesicht etwas m�rrisches, unzug�ngliches. Wie ein gro�er Wurzelstock ragt sie aus dem hohlen Stamm hervor. Die Finken k�nnen piepsen, der Specht kann klopfen und der Hirsch unter ihrem Baum schreien -- sie h�rt es nicht! Kl�fft aber ein Hund in weiter Ferne, ert�nt das Rollen eines Wagens oder der Klang einer Axt -- gleich zittert es in den Federb�scheln, sie str�uben sich drohend wie Bocksh�rner auf ihrem Kopf, werden nach und nach zu H�ngeohren wie an einem melancholischen Schwein, um sich schlie�lich hinten�ber zu legen, ganz an den Hals herunter, wie bei einem wilden, bissigen Pferd. Drau�en �ber dem Waldmoor flimmert die Luft von Licht; es ist so sonnenwei� da drau�en, so voll von Tag und Leben. Feuergl�nzende Stechfliegen treten pl�tzlich in die Erscheinung, stehen einen Augenblick still und gl�hen -- und verschwinden dann wie Sternschnuppen in den Schlagschatten. Gro�e, schimmernde Libellen schwirren schaukelnd �ber den Wasserspiegel, schrauben sich im Spiralflug empor und fahren mit j�hen Wendungen und unvorhergesehenen Bewegungen in Schw�rme von M�cken hinein, so da� bei dem schnellen Flug ihre steifen, durchsichtigen Fl�geldecken knistern. Dann schwingt sich ein Schwarm roter Falter von einem Wasserrosenblatt auf. Gleich Bl�ttern in einer Wolke von welkem Laub, das pl�tzlich vom Winde erfa�t wird, stehen sie �ber den Erderh�hungen hin ... der Staub auf ihren unber�hrten Schwingen glitzert und leuchtet, w�hrend sie in lautlosem Sonnentanz, einander umgaukelnd, sich vom Winde treiben lassen, bis sie sich schlie�lich paaren, je zwei und zwei. Da mischt sich ein Flug wei�er Schmetterlinge mit den roten und bringt Verwirrung in das so gl�cklich beendete Hochzeitsspiel. Nun schweben sie alle hernieder und setzen sich mit ausgebreiteten Fl�geln ein jeder auf seine Irisknospe. Es sieht so aus, als seien alle Knospen auf einmal erbl�ht! Und himmelblaue Holztauben huschen hin und her von den Sch�pfstellen, und nachtschwarze Bl��h�hner flattern bullernd �ber Wassert�mpel, w�hrend taugraue junge Reiher zwischen dem Flimmern des R�hrichtsaums sich in der Geduld und dem Gewerbe des Fischens �ben. Es ist Tag da drau�en ... es liegt Leben �ber dem Waldmoor. Drinnen aber im Baumstamme ist es d�ster und kalt. Die gefurchten W�nde, die dieselbe glanzlose Farbe haben wie gebleichtes Gebein, und die holperig sind von Zunderknoten und fauligen Knorren, wimmeln von Larveng�ngen und Wurml�chern. Reisig und abgewehtes Laub hat sich angesammelt -- und dicke, wollstrumpf�hnliche Spinngewebe, die sich in der Zugluft kr�mmen, verkleiden die W�nde der Rinde wie geheimnisvolle Vorh�nge. Hin und wieder verirrt sich ein Sonnenstreif durch einen Spalt und zeichnet einen phantastischen Lichtfleck auf die entgegengesetzte Wand. Da kommt Leben in ein paar zottige Spinnen, eine schildgepanzerte Kellerassel rollt sich schleunigst zusammen, w�hrend ein B�ndel schwefelgelber Stinkpilze, denen hier drinnen auch ein Lebensplatz angewiesen wurde, aus Rissen in der Finsternis heraus einen langen Hals machen. Der Wind plaudert ununterbrochen mit der alten, abgestorbenen Eiche; er g�nnt ihr den Frieden nicht, sondern f�hrt fort, sie zu qu�len. Wenn dann der Baum so recht kl�glich �chzt, reckt die Eule sich auf und sch�ttelt sich im Schlaf -- dies Knarren des alten Holzes tut ihr so innerlich gut. -- -- -- Auf einmal dringt ein sonderbares, anhaltendes Kratzen durch das Loch zu ihr herein. Der Laut nimmt zu -- -- -- Dr�hnen von Pfotenklatschen, Ritzen von Krallen, die sich in Rinde bohren, dumpfes Bumsen von losgerissenen Moosfladen, die in das Laub unter dem Baume herabfallen, jagen wie Hiebe gegen ihr Trommelfell. Da ist jemand auf dem Wege zu ihr herauf! Im selben Augenblicke ist die Eule wach. Es geht schnell zu ihr hinauf im runden Korkziehergang, ganz so, als statte der Specht vormittags ihrem Wohnbaum einen Besuch ab. Jetzt ist das Ger�usch dicht hinter ihrem R�cken; sie h�rt das trockne Holz des Stammes �chzen, und es dr�hnt in dem hohlen Baum wie in einer leeren Tonne. Die Eule richtet sich auf und wird zweimal so gro�! Sie wirft gleichsam die Kissen ab und ihr vorhin so dicker, aufgeplusterter K�rper wird schlank und lang. Pl�tzlich gleitet ein kleines, langgestrecktes, schlangengeschmeidiges Raubtier in kastanienbraunem Pelz lautlos durch das Eingangsloch ... Da leuchtet es unten aus dem Zunderdunkel wie Zauberglut auf. Ein elektrischer Strom, aus Spannung und Erregung geschaffen, entz�ndet magische Funken in den brandgelben Lichtern der Eule, sie sperrt ihren m�chtigen Schlund auf und gibt pl�tzlich ein Furcht einfl��endes Fauchen von sich. Das geschmeidige Raubtier f�hrt mit einem Satz zur�ck; in langen Spr�ngen jagt es kopf�ber am Stamm hinab und verschwindet in wilder Flucht. -- -- -- Der Marder Taa ist der blutd�rstigste R�uber des Waldes. Aber noch ist er so jung, da� er dergleichen Fehlgriffe begehen kann. Er hatte gehofft, ein Eichh�rnchen in dem hohlen Stamm da oben zu treffen oder doch wenigstens einen kranken, alten H�her. Jetzt macht er sich schleunigst unsichtbar, ganz verwirrt infolge des Irrtums. Alle Bewohner des Waldes kennen ja den gro�en, braungefiederten Nachtvogel -- _den fliegenden Wolf_, mit dem menschlichen Gesicht und den geradeaus gerichteten Lichtern, die die Macht des Blickes besitzen. Sie ist der Tyrann des Hochwalds, der seine Steuer von allen erheischt, von den Hirschk�lbern bis hinab zu den M�usen. Sie scheuen sie, sie f�rchten sie ... Strix Bubo, die gro�e Horneule! 2. M�nnchen und Junge Strix steht in ihren Kraftjahren, in den jubelvollen Tagen ihres gl�cklichen Alters. Alles, wonach sie greift, f�ngt sie, und alles, was sie schl�gt, f�llt und stirbt; sie hat Wachstum in den Federposen, Griff in den F�ngen und einen ewig brennenden Hunger im Magen; sie ist riesenstark. Wenn sie nur einen Hasen anr�hrt, spritzt das Blut gleich aus den zur Ader gelassenen Pulsen; sie hat Lust zur Paarung und Freude an den Jungen, sie besitzt alles, was reizt. Ihr Jagdgrund ist gro�! Sie wohnt hier in den Hochw�ldern, ganz am Ende der F�rde und kann bis zum n�chsten Nachbar jagen. Es sind alte, pfadlose W�lder, voll von Dickicht und sauren Erlenmooren, umgest�rzte B�ume und herabgewehte Zweige liegen �berall umher, und �berall stehen zunderige, hohle B�ume und knarren. Unter der Gei�el eines gro�en Wildbestandes sind die W�lder aufgewachsen: Urwald-, Kronenhirsche und Rudel von Rehen hatten hier zu allen Zeiten ihren Stand und haben sich den Winter �ber k�mmerlich im Holz durchge�st. Daher das viele verkr�ppelte Eichen- und Buchengestr�pp, daher die vielen verrenkten Eschen und Erlen, daher das urwald�hnliche Gewirr, das einem gro�en Uhu das Leben des Lebens wert machen kann. Aber der L�rm der Menschen r�ckt Strix n�her und n�her. Es werden h�ufiger B�ume im Walde gef�llt, neue Menschenwege werden angelegt, kleine Steinhaufen und gro�e Steinhaufen, aus denen Rauch aufsteigt und in denen Menschen wohnen, tauchen in wachsender Zahl l�ngs des Waldsaumes auf. Schon mehrmals hat sie ihren Wohnbaum �ndern und tiefer in den Wald hineinziehen m�ssen. Wo die B�ume am h�chsten sind, wo der Sturm am meisten zu nehmen findet, wo er die h�rtesten Wunden schlagen kann, so da� gro�e L�cher in das morsche Holz kommen -- da ist sie immer am besten gediehen. Aber sie hat kaum ein halbes Jahr in ihrem neuen Versteck gewohnt, als auch schon der gro�e Naturzerst�rer mit S�ge und Axt dorthin gelangt ist. Sie ahnt ihn, lange bevor er sich auch wirklich hat blicken lassen, denn vor sich her treibt er eine Schar anderer Tiere, denen es so ergeht, wie der gro�en Horneule selbst. Es sind Hirsche und Kahlwild, H�hnerhabichte und Wanderfalken, Edelmarder und Wildg�nse -- alle fliehen sie vor den Axthieben, vor Hundegel�ut und Sch�ssen und vor der scharfriechenden F�hrte des arbeitstollen Menschen! Die urspr�nglichen Bewohner des Waldes weichen dieser l�rmenden neuen Welt; sie ballen sich zusammen an den Stellen, wo sie noch Lebensbedingungen nach ihren Gewohnheiten und Bed�rfnissen finden -- in den �den Landecken, in entlegenen Winkeln, zwischen Heide-, Moor- und Sumpfstrecken. Hier halten sie sich am Tage auf -- sie warten die Nacht ab! _Das m�chtige Lichtgez�cht_, das mit dem Tage erwacht und die Unruhe, den L�rm, die Ver�nderung und die Umbildung der Erde und der Natur schafft, die die Tiere scheuen, zwingt sie, sich zu verbergen, so lange es rast! Aber des Nachts kehren sie zur�ck zu den alten St�tten, verbreiten sich auf schnellen Sohlen, auf schleichenden L�ufen �ber das Reich, das einstmals das ihre war. Die Hirsche und das Kahlwild �sen den Roggen der Ansiedler, die D�chse tummeln sich in den Saatfeldern, Marder und Fuchs stehlen Tauben und H�hner -- und Strix nimmt an Katzen und Ratten, was sie ergattern kann! In der Nacht geh�rt die Erde noch den Tieren! Aber die Erde wird doch kleiner und kleiner. So dicht liegen bald die Steinh�hlen der Menschen um die Hochw�lder herum, da� stellenweise Tag und Nacht eine angsteinfl��ende Wolke ihres eigent�mlichen Geruches aufsteigt. Eines sch�nen Abends merkt Strix, da� sie um der Nachbareule willen gern so weit jagen kann, wie sie Lust hat. Die Nachbareule l��t ihre Kampfstimme nicht mehr ert�nen, sie mu� wohl weiter weg bessere Jagdgr�nde gefunden haben! Die Nachbareule ist fort -- der gro�e Moloch, das G�tzenbild der Menschheit: die Zivilisation, hat sie get�tet. Der Ausrottungskrieg gegen die St�mme des gro�en Uhus geht seinen f�rchterlichen Gang. In den letzten Jahren haben die Menschen angefangen, auf eine andere Weise angreifend vorzugehen. Auf den G�tern jenseits der F�rde tauchen pl�tzlich gro�e, bunte, langschweifige V�gel in Mengen auf. Es sind Fasanen! Sie sind in kleinen Feldh�lzungen ausgesetzt, wo sie sich durch Kunst im �berflu� vermehren. Es wimmelt von Ihnen am Waldboden und in den B�umen. Sie sind so fett und gleichg�ltig, da� sie weder laufen noch fliegen m�gen. Sie ziehen aus allen Richtungen viele von den gro�en Uhus an; _hier_ brauchen sie ja nur ins Gras niederzusto�en, gleich haben sie die F�nge voll Nahrung. Rings um diese kleinen Geh�lze, einladend �ber Dickicht und Gestr�pp aufragend, stehen hohe, schlanke Pf�hle aufgepflanzt. Auf der Spitze eines jeden liegt -- so recht dazu gemacht, um sich darauf zu setzen -- ein kleines strammgespanntes Tellereisen. Diese Eisen machen es im Umsehen Uhu-leer um Strix herum. Zu dieser Zeit trifft sie ihr letztes M�nnchen. Er ist alt und abgelebt, aber ihr bleibt keine Wahl -- da sind keine andern M�nnchen ihrer Art. Er singt und heult ihr einen Winter lang etwas vor und bet�rt sie f�lschlich, indem er trotz der schlechten Zeiten best�ndig mit Beute in den Klauen fliegt. Es ist ein Eisen, das er schleppt. Er tr�gt es solange, bis die Federn des Eisens sich ihm durch das Bein geklemmt haben, dann stirbt der Fu� ab, und eines sch�nen Tages f�llt er mit Eisen und Fang zu Boden. Ein erstklassiger Freier ist er ja freilich nicht, aber was tut das -- -- er ist ein Uhu und kein Kanarienvogel! -- -- -- Da thront er neben ihr ... Jedesmal, wenn sie die Hautblende von den Augen fortzieht, sieht sie einen Schatten ihrer selbst vor sich: einen gro�en, braunen Uhu mit Federb�scheln wie ein paar Katzenohren und mit einer Mundspalte, die sich darunter weit nach hinten zu fortsetzt ... Das ist der einklauige: UF! Er ist an die hundert Jahre; seine Zeitgenossen sind der Wolf und der Adler gewesen -- der letzte �berrest von Tieren, die noch etwas von der gro�en Zeit an sich haben. Den ganzen Winter sitzen sie zusammen in dem hohlen Baumstamm und w�rgen an ihrem Gew�ll. In der Regel schlafen sie gut -- und erwachen sie zuf�llig, so haben sie genug zu tun. Bald fordern die Nackenfedern einen Besuch ihrer Krallen, bald wollen die Lichter gerieben und die Wangen gewaschen werden, oder der Schnabelbart mit den vielen eingetrockneten Blut- und Fleisch�berbleibseln meldet sich und bittet eindringlich, da� man ihn reinigt und b�rstet. Dann pudern sie sich halbe Stunden lang und nehmen die possierlichsten Stellungen ein. Uf wird zu einem j�mmerlichen Gro�vater in der Nachtm�tze und mit Haarzotteln um die Ohren; Strix wird zur Furie; zu einem wilden Gespenst -- bereit zu kratzen und um sich zu schlagen! Aber zur Fr�hlingszeit, wenn die M�rzst�rme den Wald �stimmen�, wenn die Larven in dem faulen Holz des Baumstamms mit offenbar fieberhafter Hast anfangen, ihr eifriges Klopfen und H�mmern zu beschleunigen, wenn die Tr�ume, die sie tr�umen, immer wiederkehren, da geht es nicht mehr an, nur zu schlafen und sich zu putzen! Da m�ssen sie auf -- auf und die H�rner str�uben und mit den Fl�geln schlagen, w�hrend sie auf dem Zunder, auf dem sie sitzen, h�pfen und tanzen; da m�ssen sie schw�nzeln und sich kr�pfen und hu--u, hu--u heulen ... Und dann bauen sie ihren Horst. In einem Bett aus Reisig liegen zwei graubedaunte Junge! Sie sind runzelig im Gesicht wie alte Weiber und h��lich f�r alle, nur nicht f�r Strix. Der Horst liegt in einer gro�en Vertiefung unter einem alten Baumstumpf, aber er geht in den Baumstumpf hinein, weit hinein, so da� man in ein tiefes, undurchdringliches Dunkel sieht. Es ist ein ganz vorz�gliches Nest, da ist ein Fu�boden und da ist ein Dach -- auf dem Fu�boden liegen allerhand Federreste. Ganz hinten im Baumstumpf ist die Vorratskammer; da gibt es Amseln und Birkh�hner und Hasen -- und alle Speisen sind frisch, die Tiere sind ganz k�rzlich geschlagen. Aber vor dem Baumstumpf ist der Fu�boden in weitem Umkreis mit Fl�geln und Knochen �bers�t; da sieht es aus wie vor einer R�uberh�hle. Die Jungen sind noch klein. Vor zw�lf Tagen erst sind sie aus dem Ei gekrochen, und Strix' einkralliges, altes M�nnchen sitzt getreulich �ber ihnen, um durch die W�rme seines K�rpers den Lebensfunken in ihnen zu erhalten. Uf kann schlecht fangen, kaum f�r den eigenen Bedarf, geschweige denn f�r den anderer; seine Kralle ist stumpf und seine Augen sind schwach -- da haben er und sie die Rollen vertauscht. Ihr liegt es also ob, alle Vorr�te zu beschaffen! Und sie ist zu allen Zeiten ein k�hner J�ger gewesen. Gleich bei Tagesanbruch fliegt sie vom Nest auf. In dem blanken, sonnenfreien Licht, das der ganzen Umgebung und allen Gegenst�nden ihre richtige Gr��e verleiht, jagt sie am eifrigsten und f�ngt sie am besten. Da durchsucht sie den Wald, steigt �ber Mooren und kleinen Wiesen auf ... sie r�ttelt wie ein Falke auf hastig klappenden Fl�geln und sp�ht hinab. W�hrend die Holztauben gurren und die Drosseln singen, w�hrend die Hasen ganz davon in Anspruch genommen sind, auf Freiers F��en zu gehen, w�hrend die Wasserh�hner in den Moort�mpeln sich um M�nnchen und Brutpl�tze balgen, k�rt sie zwischen dem �berflu� und macht Beute. Oder sie fliegt auf ein baumfreies Feld hinaus, hinaus auf �cker und Heiden, und l��t, w�hrend das Tageslicht mehr und mehr �bermacht gewinnt, die Ferne unter sich aufsteigen: neue W�lder weit da drau�en fangen an zu winken, Anger mit L�mmern und Zicklein kommen verlockend nahe, sie gewahrt ferne Feldraine und Menschennester, in deren N�he es von Wieseln und Ratten wimmelt. Rings umher unter ihr ert�nt das Kullern des Birkhahns und das herausfordernde Zusammenrufen streitbarer Rebh�hne ... abgezehrte und abgearbeitete Fehen sieht sie mit St�cken von Schw�nzen anstelle der fr�her so dicken, buschigen Lunten herumhuschen. Die Geburt der Jungen hat alle Haare mitgenommen. Aber die Fangzeit ist kurz zu dieser Zeit des Jahres ... bald surrt gl�hende Luft vor ihrem Blick, scharfe, �tzende Strahlen bei�en sie in die Augen -- und auf einmal ist es, als werde die Erde unter ihr sonnenbestrichen, der letzte Rest von Klarheit verzieht sich -- und nun blinkt und flimmert und glitzert das Gras. Da nimmt sie mit dem f�rlieb, was sie zwischen den F�ngen hat, und fliegt schleunigst zur�ck nach ihrer Behausung, das rote Licht des Sonnenaufgangs �ber den Fl�geln. So holt sie Ratten aus den weitentlegenen D�rfern, Birkh�hner aus der Heide, Hasen vom Felde, Kr�hen aus dem Walde -- sie m�ht sich getreulich ab und nimmt, was sie kriegen kann. Mit einem triumphierenden Hu-u bringt sie ihrem Gatten den Fang, und wenn Uf sieht, was sie hat, str�ubt er die H�rner und gibt einen zufriedenen, gurrenden Laut von sich --! Wieder ein Hase! sagt er �berrascht in seiner Sprache! ja! sie strengt sich an! Dann erhebt er sich von den beiden Jungen mit den scharfen F�ngen; ihre unheimlichen, halbkahlen K�pfe gucken hervor und zeigen sich ihrem m�tterlichen Ursprung. Sie will ihm bei der Beute behilflich sein, will ihm helfen, sie abzuziehen und zu zerlegen, aber er rei�t sie ihr weg: sie soll nur fangen, nichts als fangen -- -- --! Doch Strix l��t sich nicht kommandieren; sie kennt ihn und wei�, da� er gern f�r seinen eigenen Schnabel sorgt; so tranchiert sie denn das Wild nach bester Regel, zermalmt die Knochen und macht z�he Muskeln weich; sie kaut die Bissen durch und pfropft sie holterdiepolter ihren hei�hungrigen Kleinen in die Schn�bel. Uf sitzt da und schmollt -- --: sie soll nur fangen, nichts als fangen -- -- Es d�mmert ... es ist ein fr�her Morgen im Mai! Die Flederm�use heben sich noch wie M�wen vom Himmel ab. Die Drosseln schlagen ihre ersten, tastenden Schl�ge, nur ein ganz kurzes Fl�ten ohne Zusammenhang. Dann f�ngt ein Birkhahn drau�en am Waldrand an zu kullern und zu schleifen. Eine Amsel trillert, ein kleiner Zaunk�nig piepst -- der ganze Wald erwacht und begr��t den d�mmernden Tag mit Gesang. Der Kuckuck ruft in unaufhaltsamen Kaskaden, aber die Weibchen sind zu gesch�ftig, um zu lauschen -- sie sind ganz davon in Anspruch genommen, ein Pflegeheim zu finden! Rastlos fliegen sie umher, sie gucken in Astl�cher hinein und zwischen Baumwurzeln, oder sie flattern tief unten �ber Nessel- und Wildkerbelinseln hin; ihre langen Schw�nze streifen f�rmlich an den Kr�utern entlang und jagen die br�tenden kleinen V�gel auf. Strix ist auf Fang aus! Sie mu� in der letzten Zeit immer weiter hinaus, die zun�chst gelegenen Jagdgr�nde sind ersch�pft. Von ihren fr�heren Ausfl�gen wei� sie, da� dort auf der andern Seite des Waldes unter einem mit Gestr�pp bestandenen Abhang eine gro�e Herde Ziegen mit Zicklein zu weiden pflegt. Heute Morgen ist ihr das Gl�ck hold! Eine der Ziegen hat gelammt und die kleinen, neugeborenen Zicklein dr�cken sich neben der Mutter an deren Euter. Die Erde ist im Begriff, die Nebel der Nacht abzusch�tteln: alle kleinen Niederungen zwischen den H�geln stehen in einem Dampf, so da� es f�r Strix ein leichtes ist, die Tiere zu �berrumpeln. Keine von den vielen, neidischen Kr�hen oder wachsamen Kiebitzen, deren Gebiet sie hat durchfliegen m�ssen, hat sie er�ugt. Ungeahnt dringt sie vor ... sie sieht das Gestr�pp schon in der Ferne. Sie hat nicht den Mut, sogleich niederzusto�en und Beute zu machen. Es gilt jetzt ja mehr, als nur zu fangen! Die Beute mu� mit ... mit in die Luft hinauf und nach Hause in den F�ngen. So st�rzt sie sich denn in einen Wipfel hinein, der aus dem Dickicht aufragt ... Der Zweig kracht unter ihrem Gewicht und dem Griff ihrer F�nge, so da� alle Ziegen sp�hen und sich aufrichten; aber jetzt, wo sie sich gesetzt hat, verschwimmt sie mit dem Kronengew�lbe und mit dem Abhang -- und die Morgenschl�frigkeit senkt sich wieder auf die Tiere herab. In v�lliger Ruhe kann sie ihre Beute ausw�hlen: dasjenige der Zicklein das zu �u�erst liegt. Es sind Ziegen von der kleinen, ungekreuzten verk�mmerten Landrasse, ein Zicklein wird sie schon tragen k�nnen, wenn sie es nur richtig gefa�t kriegt. Geduldig wartet sie den g�nstigen Augenblick ab. Auf einmal ist sie da! Die F�nge bereit, vorn unter der Brust, st�rzt sie sich herab. Im Vor�bersausen versetzt sie der halbschlafenden Mutterziege eine Ohrfeige, dann pa�t sie es so ab, da� sie das Zicklein noch im Fliegen packt. Sie hat es ... sie flattert damit �ber den Erdboden hin. Es ist schwer, sie merkt, da� es nicht so recht mit in die Luft hinauf will -- es geh�rt mehr Aufstiegschwung unter die Fl�geldecken dazu. Mechanisch gebraucht das Zicklein die Beine, und Strix reizt es durch ihr Kampfgeheul zu den �u�ersten Anstrengungen. Der Druck unter den Fl�geln wird st�rker. Bald hebt sie es leicht �ber Gr�ben und Erderh�hungen -- und jetzt, mit einer m�chtigen Kraftanspannung, nimmt sie endlich ihren Passagier mit in die Luft hinauf. Sie hat die F�nge in beiden Flanken des Zickleins, tief drinnen in dem zarten Rumpf, die Qual des kleinen Opfers wird auch nur kurz, schlaff h�ngt der Kopf herab, ehe Strix nur die H�lfte ihrer Flugh�he erreicht hat. -- -- -- An diesem Morgen hat Strix etwas zu schleppen! Aber die Last ist ihr teuer! Als sie um Sonnenaufgang, schachmatt und abgehetzt, einen langen Schwanz von Kr�hen und kleinen V�geln hinter sich, schwer durch die Baumwipfel herabgeflogen kommt, als es Uf klar wird, da� sie die F�nge wirklich voll hat -- da vernimmt sie die z�rtlichsten Liebeslaute seiner alten Kehle: Wap, wap, wap! Das sind Zeiten f�r Strix! Tag und Nacht wechseln nicht schnell genug ... Der ganze hohle Baumstamm liegt voll von teilweise unanger�hrten Tierleichen. Da sind Birkh�hner und Rebh�hner, Holztauben und Kr�hen, Hasen und Rehkitzchen -- ein unvergleichlich anheimelnder, gedeckter Tisch! Die Kleinen k�nnen nicht so schnell �sen, wie sie fangen kann, aber ihr Sinnen ist darauf gerichtet, da� sie immer einen gewissen �berflu� vor Augen haben; dadurch sollen sie ihre Abstammung erkennen. Ihrem alten Uf aber ist dies Wohlleben nicht zum Vorteil! Fett und rundlich ist er geworden, und noch �lter und bequemer. L�ngst hat er aufgeh�rt, Kinderw�rterin zu sein und hat sich in seine eigene Privath�hle zwischen einem Haufen gro�er Steine zur�ckgezogen. Aber darum hat Strix ihn nicht aufgegeben. Wenn sie in der Dunkelheit der Nacht sein flehendes Rufen h�rt und begreift, da� er leidet, weil er seinen Hunger nicht hinreichend stillen kann, so fliegt sie regelm��ig mit seiner t�glichen Nahrung zu ihm hinab. Dann aber ereignet sich etwas -- -- -- Eines Morgens, als sie heimkehrt, sind die Jungen verschwunden. Sie heult leise, sie ruft laut. Sie schreit wild und drohend und sucht. Den ganzen Wald, die Kreuz und die Quer sucht sie ab; sie ist in allen L�chern, Spalten, �ffnungen ... nein, die Jungen sind weg! War es der gro�e Zerst�rer? War es der Marder? Er, der Marder -- -- -- neulich morgens, als sie lange weg war, hat _Taa_ die Gelegenheit benutzt, einen Anschlag zu wagen. Das ist ja ein Leichtes f�r ihn, da sich der Horst zu ebener Erde befindet! Taa war auch gl�cklich �ber die Au�enwerke des Horstes gelangt: �ber die gro�en Reisigpalisaden, den abgelagerten Kehricht und die vielen Skelett- und Aasteile, aber _hinaus_gekommen war er nicht wieder so glimpflich. Die Jungen hatten ihn nach den uralten Regeln empfangen: sie hatten sich auf den R�cken geworfen und ihm das Gesicht mit den giftigen Krallen zerfleischt. Sie hielten ihn noch in ihren F�ngen, als sie, die Alte, heimkehrte. Sie entri� ihn ihnen und in dem Glauben, da� er tot sei, warf sie ihn weit hinaus �ber den Rand des Horstes. Aber Taa war noch h�chst lebendig. Mit dem Verlust seiner halben Rute, die ihm eines der Jungen in seiner Wut abgebissen hatte, rettete er sich zwischen ein Gewirr von Knabenkraut. Ha, der Marder, -- -- nein, diese Baumratte ist es nicht gewesen! Der Sommerwind murmelt seine melodischen Ges�nge, er bildet sich Orgelpfeifen aus Astl�chern, Fl�ten aus Rindenspalten und gespannte Saiten aus Zweigen und Strohhalmen. Er singt Strix mild und t�nend etwas vor, wie er so mancher andern trauernden Mutter gesungen hat. Und Strix nimmt den Trost an -- und vergi�t dann schlie�lich die Jungen! Als sie sich aber im n�chsten Fr�hling auf ihre zwei rauhschaligen, runden Eier setzt, hat sie sich gegen die Schlechtigkeit der Welt gesichert: diesmal br�tet sie hoch oben in einem alten, ausgebesserten Bussardhorst. Eines Tages kommt ein Mensch durch den Wald. Es ist ein kleiner, untersetzter Mann mit einer langen Hakennase, die wie ein Hahnenschnabel vorspringt, und mit kleinen, stechenden Augen. Er hinkt ... kla-datsch klingt es, wenn er geht. Er hat eine bunte Sportm�tze auf dem Kopf und tr�gt eine dicke, blauschimmernde Joppe. �ber der Schulter h�ngt an einem d�nnen Bindfaden eine alte verbeulte Botanisiertrommel. Ein paar Klettersporen, nachl�ssig in Zeitungspapier gewickelt, gucken ihm aus einer Tasche und aus der andern baumeln die Enden einer selbstverfertigten Strickleiter. Der Mann ist Leuchtturmw�rter auf einem kleinen Leuchtturm weit drau�en am Auslauf der F�rde. In seiner freien Zeit, oder wenn er die Aufsicht �ber den Leuchtturm seiner Frau �bergeben kann, ist er ein eifriger Trapper -- heute ist er auf dem Jagdpfad. Sein Bezirk reicht so weit, wie der Himmel blau ist. Im Fr�hling durchpfl�gt er alle W�lder nach Raubvogeleiern und alle umliegenden Heiden, Moore und S�mpfe nach andern Vogeleiern. Er begn�gt sich nicht mit nur einem einzelnen Ei von jeder Art, nein, er hat Verwendung f�r mehr und nimmt selten weniger als das vollz�hlige Gelege. Im Sommer, wenn die V�gel ausgebr�tet haben, findet man ihn wieder; jetzt ist er darauf aus, daunige Junge in den verschiedenen Stadien zu beschaffen. Er sammelt nicht f�r sich selbst, sondern f�r ein paar gro�e Gesch�fte, von denen Schulen, Privatsammler und zuf�llige Liebhaber unter dem Publikum ihre Versorgung bekommen. Die Natur soll in die Stube hinein -- tot oder lebendig -- aber in die Stube hinein soll sie! Auf Kommoden und B�cherschr�nken, in Naturaliensammlungen der Schulen oder in den Glask�sten der Museen erblickt man die letzten �berreste der urspr�nglichen Fauna des Landes; hier steht sie ausgestopft mit starren Glasaugen. Jeder zweite, dritte Vogel, der fr�her so allgemein war, da� er in die Sagen des Landes verwoben wurde, ist jetzt bald selbst nur noch eine Sage. Sie werden zu Geld gemacht, sie werden aus den Wolken und von den Baumwipfeln herabgeholt, um die Taschen der Leute mit klingender M�nze zu f�llen, der letzte Adler, wie die unverletzlich erkl�rten St�rche! Die Menschen wollen die seltenen Exemplare besitzen, wollen sie in die Hand nehmen und vorzeigen k�nnen. �Vogelhansen� oder ganz einfach �Vogel�, wie er genannt wird, hat sich sein Gewerbe zum Spezialfach ausgebildet, und er verdient in der Hauptgesch�ftszeit einen guten Tagelohn damit. Er ist als verwegener unerm�dlicher Bursche bekannt, der klug ist in allem, was in sein Fach schl�gt -- er ruht nicht, bis er seine Beute in der Botanisiertrommel hat. Als Sohn eines Holzhauers hier aus der Gegend, ist er von Kindesbeinen an gew�hnt, im Walde umherzustreifen. Auf einer Fahrt als Schiffsjunge hatte er in seiner gr�nen Jugend das Ungl�ck, vom Mast zu fallen und einen h��lichen Bruch des linken Schenkels davonzutragen, was ihm in sp�teren Jahren die neuerrichtete Leuchtturmw�rterstellung drau�en am Auslauf der F�rde verschaffte. Und Dank seiner Klettersporen und seiner unbezwinglichen Leidenschaft ist er noch immer imstande, selbst in den Wipfel der unzug�nglichsten Buche hinaufzugelangen. Im vergangenen Jahr, als er seinen gro�en Fang hier im Walde machte und -- von den schreienden und fauchenden H�hern geleitet -- Strix' zwei possierliche, voll befiederte Junge fand, hatte er in der Nacht zuvor einen Besuch auf ein paar H�fen abgestattet, die in einem kleinen gr�nen Tal jenseits der Heide lagen. Nach Erkundigung bei einem seiner vielen Bekannten aus der Zeit, als er noch bei den Eltern im Hegemeisterh�uschen am Hochwalde wohnte, hatte er in Erfahrung gebracht, da� sich auf dem Scheunenfl�gel des s�dlich gelegenen Hofes ein Storchennest befand. Das war genug f�r Vogelhansen. In der Dunkelheit der Nacht radelte er die Meile �ber die Heide und traf um Mitternacht an Ort und Stelle ein. Er findet den Hof und sieht zu seiner Freude den Storchenvater auf einem Bein, den Kopf unter dem Fl�gel, auf dem Nestrande neben der br�tenden St�rchin schlafen. Eine Brandstiege nehmen und sie anstellen, ist ein Leichtes f�r �Vogel�, und da das Nest gerade dort liegt, wo zwei zusammengebaute Fl�gel sich kreuzen, gelingt es ihm, auf Socken auf das Strohdach hinaufzuklettern. Der Storchenvater wehrt tapfer sein Nest gegen diesen R�uber, namentlich die St�rchin geht scharf vor; sie klammert sich an dem Nest fest und will ihm auf keine Weise gestatten, mit der Hand �ber den Rand des Nestes zu gelangen. Sie schl�gt und hackt ihn in Schulter und Arm, so da� seine Kleider lange Risse davontragen. Da greift Vogelhansen in die Tasche, zieht eine Flasche mit Ammoniak heraus und schleudert der St�rchin ein paar geh�rige Sch�sse ins Gesicht. Das hilft -- wenige Sekunden sp�ter liegt das Nest offen da. F�nf gl�nzende wei�e Eier schimmern ihm entgegen, ein volles Gelege! Schnell zieht �Vogel� einen seiner Str�mpfe aus, steckt vorsichtig die Eier hinein und nimmt den Strumpfschaft in den Mund ... Aber durch das Klappern des Storches ist der Hofhund erwacht, er f�ngt an zu kl�ffen und zu bellen: im Wohnhaus wird Licht angez�ndet und einen Augenblick sp�ter klappern Holzschuhe �ber das Steinpflaster. Da gilt es, sich zu beeilen! Vogelhansen setzt sich auf seine vier Buchstaben, h�lt die geraubten Eier mit der rechten Hand hoch in die H�he und rutscht resolut vom Dach herunter. Aber in der Eile verfehlt er die Leiter, er mu� der Sache ihren Lauf lassen -- und wie ein Schlitten nach einem Luftsprung saust sein K�rper in die Luft hinaus. Da hat er das unversch�mte Gl�ck, da� der D�ngerhaufen sich gerade unter ihm befindet: er f�llt weich -- in einen gro�en Haufen Streu hinein. Er greift nach seinen Schuhen und nimmt Rei�aus �ber die Heide. Alle Storcheneier waren heil geblieben -- er hatte f�r seine Verh�ltnisse einen ungew�hnlichen Fang gemacht! -- -- -- Jetzt ist er wieder hier in der Gegend. Ein eifriger Sammler hat ihm einen hohen Preis f�r die Beschaffung eines vollen Geleges Eier von dem gro�en Uhu geboten. F�r den Sammler gilt es, die Eier zu erlangen, solange der Vogel �berhaupt noch vorhanden ist. Aus seiner Knabenzeit und von seinen sp�teren zahlreichen Besuchen hier ist der kleine Leuchtturmw�rter mit sich im Klaren, wo ungef�hr er suchen mu�. Er geht geradeswegs nach der Stelle, wo er im vergangenen Jahr das Eulennest gefunden hat und beginnt von hier aus, den Wald in immer gr��eren Kreisen zu durchtraben. Er ist eifrig. Dem kurzen Bein wird es schwer, Schritt zu halten, ihm mu� mit einem dicken, eisenbeschlagenen Eichenknittel nachgeholfen werden, dessen Kr�cke so gebogen ist, da� sich der Stock schnell in die Seitentasche einhaken l��t, wenn �Vogel� die H�nde frei haben will. Er klopft an die St�mme und guckt in die Wipfel hinauf, er kratzt an den alten Eichenstubben und jagt den Stock bis an die Kr�cke unter alle Weg�berf�hrungen und in die alten, mit Laub angef�llten Fuchsr�hren. Strix liegt auf ihren Eiern wie ein Huhn, flach ausgestreckt -- mit gestr�ubten H�rnern ... Schon aus weiter Ferne h�rt sie den eigenartigen Gang des Mannes. Kla--datsch, klingt es, kla--datsch, kla--datsch ... Als Strix eben fl�gge geworden und unbekannt mit der Welt war, hatte sie eines Tages ein possierliches Tier im Walde umhertrollen sehen. Es ging auf der hohen Kante und benutzte nur seine beiden hinteren Beine, die beiden andern baumelten an der Seite herab. Wieder und wieder kehrte es zur�ck, strich mit den Vorderpfoten an den B�umen entlang und sp�hte wie ein Hahn in die Wipfel hinauf. Strix hatte beobachtet, da� es eine ungew�hnliche F�higkeit besa�, die Farbe zu wechseln; bald war der Pelz grau, bald schwarz, bald beides ... es war ein Mensch. Der Mensch hatte sich ein Nest aus Steinen zusammengetragen, das lag drau�en am Waldessaum und nicht weit von ihrem Horstbaum. Sie fand das Nest eines Abends und sah den Menschen hineingehen und vor ihren Augen verschwinden. Lange Zeit blieb sie drau�en sitzen und starrte das Loch an, durch das der Mensch verschwunden war. Er war eine sonderbare Erscheinung, fand sie. Sein Gang und sein Treiben, sein scharfer Geruch erregten ihre ganze Neugier. Sie konnte es nicht lassen, den Menschen anzusehen, ihm aus der Entfernung zu folgen, sie f�rchtete ihn instinktiv, ohne sich erkl�ren zu k�nnen, weshalb, f�hlte sich aber trotz alledem m�chtig von ihm angezogen. Er kam nie in Eile, der Mensch, nie pl�tzlich �berraschend, wie das Raubtier, er trollte gleichsam umher und k�mmerte sich nur um sich selbst. Er kn�hrte nicht wie der Hirsch, heulte nicht wie der Hund, er quakte im Grunde wie ein gro�er Frosch. Nur selten geschah es, da� der Mensch des nachts ausging; geschah es aber, so sah Strix, wie er auf seinen n�chtlichen Wanderungen durch den stillen Wald gleichsam zum Narren gehalten wurde. Da ging er und stolperte schwerf�llig auf seinen Klumpf��en und stie� bei jedem Schritt ein St�ck Ast in die Erde -- kla-datsch klang es, kla-datsch -- w�hrend es rings umher in der Dunkelheit von neugierigen Tieren wimmelte. Alle kannten sie seine Unterlegenheit! Der Fuchs lag hart am Wegrande zwischen den Farnen, der Rehbock stand nicht zwei Spr�nge davon zwischen den St�mmen, der Marder guckte ruhig unter einem Stein hervor, und das Stachelschwein trabte in seinen Fu�stapfen und schn�ffelte an seinen klappernden Ballen. Alle hatten sie ihn lange, lange gesehen und geh�rt, ehe er vor ihnen stand; alle wu�ten sie, da� er in der Dunkelheit blind und taub war. Stand er aber pl�tzlich still, so erfa�te die ganze Schar ein Schrecken; Strix h�rte sie davonst�rzen, und sie empfand selbst ein sonderbar beklemmendes Gef�hl im Halse. -- -- -- Dasselbe beklemmende Gef�hl stellt sich jetzt wieder ein, als sie pl�tzlich das Kla-datschen unter sich h�rt und den Menschen zwischen den St�mmen auftauchen sieht. Sie dreht den Kopf ganz nach ihm herum ... Aber was soll sie f�rchten? Sie hat ja ihren scharfen Schnabel und ihre spitzen F�nge; noch nie haben diese beiden m�chtigen Waffen sie im Stich gelassen, wenn Not am Mann war; die F�nge greifen fest zu und bohren sich ein Loch da, wo sie anpacken -- und der Schnabel gibt den F�ngen nichts nach. Und dann hat sie ja die Fl�gel. Wie sie hier so im Baum liegt und auf die Erde hinabsieht, f�hlt sie sich dem gro�en, l�cherlichen Tier unendlich �berlegen; sie kann sich ja von ihm weg emporschwingen und ihn unter sich kleiner und kleiner werden sehen. Auch das ist gleichsam eine Befreiung! Nein, was soll sie f�rchten! Sie hat den �bermut und die Sicherheit aller gro�en V�gel, sie besitzt den Glauben an sich selbst und das Vertrauen zu den eigenen F�higkeiten und Kr�ften. Da auf einmal f�ngt ihr Horstbaum an zu zittern und zu beben. Sie h�rt, wie sich gro�e, geh�rnte Krallen einen Weg am Stamm hinauf bahnen. Sie pre�t sich fester auf ihre Eier, rollt mit den Augen und faucht wie eine Kr�te. Die Krallen kommen n�her und n�her -- und machen dann pl�tzlich unter ihr Halt. Da f�ngt sie an zu jammern und zu klagen wie eine Bruthenne und st��t eine Reihe tieft�nender Aah -- Aah aus ... Dem Leuchtturmw�rter klingt es, als klage ein todkranker, leidender Mensch. Das Herz pocht in ihm! Wenn jetzt nur Eier und keine Jungen im Nest sind, ist er seines Fanges so gut wie sicher. Er zieht seine Strickleiter heraus und befestigt sie an einem Zweig. Da t�nt es pl�tzlich wie ein Tju vor seinem Ohr. Die M�tze f�llt ihm ab und drei lange tiefe Risse, aus denen Blut hervorquillt, zerfetzen ihm die Wange. Es ist Strix, die jetzt angreifend zu Werke geht; endlich ist ihre Geduld ersch�pft. Aber da gibt's kein Erbarmen! Auch auf diese M�glichkeit ist Vogelhansen vorbereitet; er wirft seinen Rock �ber den Kopf und zieht einen alten Fechthandschuh �ber die rechte Hand -- dann bet�ubt ein halber Liter Ammoniak den Uhu, und es gelingt ihm, das Nest zu pl�ndern. Strix fliegt in der Verwirrung eine Strecke �ber den Wald hin und f�llt dann ohnm�chtig zwischen den B�umen nieder. Als sie aus der Bet�ubung erwacht und hustet und nach Atem ringt, steht das Hahnengesicht des Leuchtturmw�rters mit den kleinen stechenden Augen noch immer vor ihrem inneren Blick. Die Augen starren sie gieriger an als die der F�chse, wenn sie, neidisch auf ihren Fang, geifernd um sie herum sitzen, und sie sind grausamer und berechnender kalt als der Blick, den ihr Taa an jenem Tage zuschleuderte, nachdem sie ihn unversehens aus den Klauen der Jungen errettet hatte. Und gegen ihr Trommelfell h�mmert es: Kla-datsch, kla-datsch! ... Die Fu�tritte kann sie nie wieder vergessen! Sp�ter legte sie noch einmal und lag getreulich wochenlang br�tend auf einem einzigen, erb�rmlichen, kleinen Ei. Aber, woran es liegen mochte -- aus dem Ei wurde nie etwas anderes als die Schale. 3. Der gefl�gelte Wolf Das Flammengelb des Sonnenuntergangs stand noch am Himmel! Es spannte seinen Brandgurt um die Erde und lie� ihre pechschwarzen Haarstr�hnen sich str�uben. Es entschleierte am Horizont einen gro�en Wald, mei�elte das Kuppelgew�lbe der Buchen aus und schliff den S�gezahnrand der Tannen blank. Drinnen im Walde, tief unten zwischen dem welken Laub, sitzt Strix auf einem bemoosten, halbverfaulten Baumstumpf. Vor ihr, den Oberk�rper halb auf den Baumstumpf hinauf, h�lt eine kleine, schreckgel�hmte Maus sich in verzerrter Stellung, sie zittert und bebt am ganzen Leibe. In ihrem Kampf ums t�gliche Brot ist die Maus in die N�he des Baumstumpfes gekommen, und in der Hoffnung, in dem faulen Holz einen K�fer zu finden, ist sie, ohne B�ses zu ahnen, hinaufgehuscht, als sie pl�tzlich, gerade gl�cklich �ber den Rand gelangt, einem Paar gro�er, rollender Lichter begegnete. Im selben Augenblick ist sie an den Fleck genagelt. Alle ihre Kr�fte, all ihre Energie und ihr Wille haben sie verlassen; schreckgebannt und verloren sitzt sie da, zu regungslosem Verharren hypnotisiert. Der b�se Zaubervogel sieht und sieht das erstaunte, kleine Wesen nur mit seinen gl�henden Lichtern an, dann erhebt er ruhig seine Marterf�nge und krallt sie um die Maus. Zappelndes Leben kommt in das dem Tode geweihte Tierchen, als die F�nge von allen Seiten ihre Hornmesser in seinen Leib hineintreiben. -- -- -- Strix liebt M�use -- und jetzt, wo sie f�r den Rest des Sommers nur Uf und sich selbst zu versorgen hat, gibt sie sich gern dem zeiterfordernden M�usefang hin. Nur auf diese Weise ist es ihr n�mlich m�glich, die kleinen Kerle zu fangen: die Leckerbissen verschwinden wie Krumen zwischen ihren groben F�ngen. Die Fr�sche sangen ihre bubbelnden, quakenden Ges�nge ... sangen so innig und mit einer eigenen �berzeugenden Kraft! Sie brachten in ihrer Sprache das Lob des Mitsommerabends zum Ausdruck und wetteiferten, wer das am bet�rendsten zu tun vermochte. Einige knarrten wie altes Holz im Sturm, andere krachten wie das d�rre Reisig des Waldes, wieder andere glucksten, gurgelten und bubbelten die T�ne heraus -- es klang nach Eisschmelze und Platzregen, nach Rieseln in Entw�sserungsr�hren und Gr�ben. In den Pausen aber lie� die Rohrdommel sich h�ren! Eigentlich hatte sie die ganze Zeit gesungen, sie hatte sich nur kein Geh�r verschaffen k�nnen -- jetzt dr�hnte die Luft von ihren spr�den, d�nnen T�nen, bis die lebendigen kleinen Nu�knacker von neuem begannen. Still! Still! Alle Fr�sche im Walde wurden auf einmal stumm --: ein gro�er Vogel strich mit weichem Fl�gelschlag lautlos �ber das Wasser. Strix untersucht den Saum des R�hrichts ... Langsam l��t sie sich �ber Wasserlachen und Wasserrosen dahingleiten, �ber die Schilfpflanzen im Sumpf, wie �ber das Wollgras am Ufer entlang; tief, mit h�ngenden F�ngen flattert sie dahin und guckt zwischen die Erderh�hungen hinab. Wildenten und Bl��h�hner suchen schleunigst ihr Versteck auf ... es pl�tschert und spritzt um sie her. Der Waldsee hat ihr nichts geliefert! So muss sie denn eine ihrer andern Fangstellen aufsuchen. -- -- -- Weit drau�en am Waldessaum, am Rain, steht eine kleine, verkr�ppelte Eiche; ein d�rrer Zweig ragt aus der Mitte ihres Stammes auf: dicht �ber dem Zweig bildet der Stamm einen Knick, biegt sonderbar ungeschickt ein und wird hohl im R�cken wie eine Elfe. Ein stark begangener Wildwechsel l�uft gerade unter der Eiche hin. Zu beiden Seiten des Waldrains und an seinen Abh�ngen hinauf w�chst dichtes Schlehdorngestr�pp, oben dahingegen ist er nackt und kahl. Der Wechsel f�hrt das Wild nach dem Felde und wieder zur�ck. Er l�uft erst durch den einen Schlehentunnel, dann �ber den Wall hinauf und weiter durch den zweiten Tunnel. Wenn nun der Hase oder das Rehkitz, das Wiesel oder der Marder dem Wechsel folgen und in das schirmende Dornengeflecht hineinschl�pfen, machen sie gern einen Augenblick halt, um zu verschnaufen. Aber sie nehmen sich nicht in acht vor dem kleinen St�ck offenen Walles; die m�den Wanderer trippeln noch, wenn sie gem�chlich und sorglos �ber den Rand des Knicks gleiten. Dieser Umstand ist gerade die Pointe des Fangplatzes, er verleiht ihm Ruf und Anziehungskraft! Kein Habicht oder Bussard kann sich im Walde niederlassen, der nicht fr�her oder sp�ter den Weg zu diesem Lauerplatz findet. In fr�heren Zeiten ist hier manch' ein Kampf zwischen Strix' verblichenen Vorfahren ausgefochten. Die streitbaren Uhum�nnchen haben um ihr Leben gek�mpft und die F�nge oft derartig ineinander geschlagen, da� sie zu einem Klumpen verfilzt tot unter dem Baum gelegen haben. Es ist schon sp�t am Abend, als der d�rre Eichenzweig kracht unter den F�ngen der gro�en Horneule! Sie faltet die weichen Daunenfl�gel zusammen, und verkriecht sich in die Kr�mmung des Stammes, so da� ihr Kopf die H�hlung ausf�llt. Sie ist ganz unsichtbar ... Das Flammengelb des Sonnenuntergangs ist nicht mehr am Himmel sichtbar! Die Kuppelw�lbung der Buchen, den S�gezahnrand der Tannen hat die Nacht verschlungen; es ist d�ster und unheimlich im Wald wie in einer H�hle. Aber f�r Strix ist es noch heller Tag. Jetzt sieht sie die Welt in ihrer Beleuchtung, so wie sie sie schon als ganz kleine Eule gekannt hat! Des Tages blendet sie sie oft h��lich -- da hat sie einen dreidoppelten Farbenbelag -- und es kann vorkommen, da� sie Sonnenstich und Farbenkolik bekommt, so da� sie sich verirrt, wenn sie in ihr Nestloch hineinfliegen will. Des Nachts dahingegen irrt sie nie in bezug auf irgendeinen Zweig! Sie sieht das Spiel in den Augen der M�use, sie sieht die Kr�te, wenn sie �ber den Weg kriecht, sieht die Schnecke und den Wurm, wenn sie sich durch das Gras schleichen, sie sieht den Tanz aller Nachtfalter! Sie sieht deutlich die M�cke, die die Fledermaus f�ngt. -- In der Nacht beherrscht sie alles! Vor ihr breitet sich die Erde baumlos und offen aus, mit Feldern und Wiesen, Moorstrecken und Heidefl�chen. Der Tau spielt �ber Gras und Kr�utern, rollt an Stengeln und Halmen herab, und legt sich in Haufen auf die Blumen. Es strahlt und schimmert da drau�en! Aber das Gr�n ist nicht scharf wie am Tage und das Wei� und das Rot empfindet man nicht wie Wind im Auge ... die Farben der Nacht sind alle so zart und milde! Nun beginnt das Leben auf den geheimnisvollen Wechseln. Das welke Laub der Waldwege bibbert und bebt, ein vereinzelter, d�rrer Zweig wiegt sich auf und nieder. Da unten wandern die M�use! Eine Ricke mit ihren Kitzen kommt ganz oben zum Vorschein; sie stehen lange und winden -- setzen dann in ein paar Spr�ngen �ber den Waldrain hinweg. Der Fuchs maust am Gehege entlang und �ugt verstohlen nach den Rehkitzen; das hinterste, findet Reinecke, ist ein etwas ausgelassener, kleiner Kerl! Aber es sind alles Wanderer, die andere Pfade geschritten und durch andere Tunnel gegangen sind, als den, welchen Strix bewacht. Da h�rt sie Bl�tter krachen, Zweige knacken ... auf dem Wechsel unter ihr ist jemand. Tripp, trapp! Tripp, trapp! das ist ein Hase ... Hasen waren in fr�heren Zeiten ihre t�gliche Speise; damals, als der Wald noch Hasen genug hatte, verbrauchte sie ein paar Hundert im Jahr; jetzt mu� sie sich mit bedeutend weniger begn�gen und Jungf�chse und Dachswelfen zur Aushilfe nehmen. Der Hase macht auf dem Wechsel dicht vor dem Tunnel Halt. Er setzt sich und lauscht -- er hebt sich ganz auf die Hinterl�ufe ... die Augen stehen ihm starr im Kopf, w�hrend der Windfang mit der tiefen Hasenscharte in der Lippe sich fortw�hrend rund herum bewegt. Strix kann mittels des Geh�rs ihren kleinen Lampe auf der ganzen Reise verfolgen! Sie h�rt, wie er aus seiner aufgerichteten, kundschaftenden Stellung die spitzen Vorderl�ufe wieder an die Erde setzt, h�rt seine kr�ftigen Lungen arbeiten, seine N�stern sich bl�hen -- o, wonniger Laut! -- h�rt seinen Magen schreien und die Ged�rme vor Hunger rummeln. Da wei� sie, da� sie nicht vergeblich gelauert haben wird. Und dann geht es, wie es gehen soll! Der Hase hoppelt sorglos und sicher durch den ersten Schlehentunnel -- und sorglos und sicher kommt er heraus; er will weiter �ber den Waldrain in seinem Tripp, Trapp-Geh�pfe, als sich pl�tzlich etwas wie eine schwarze, warme Wolke auf ihn senkt. Ungeahnt taucht Strix aus der Finsternis auf; auf ihren Wollfl�geln kommt sie -- von hinten. Sie kommt mit dem l�hmenden Schrecken, der die Folge jeglicher �berrumpelung ist, und wird erst sichtbar, als sie sich in greifbarer Entfernung von ihrer Beute befindet. Der Hase wird in beiden Flanken gepackt, und so gewaltsam ist das Hineinhauen, da� die F�nge der Eule sich in der Brust begegnen. Er st��t einen Schrei aus, im n�chsten Augenblick sitzt ihm etwas wie ein Krummesser im Nacken; der Hase hat noch so eben Zeit zu dem Gedanken: So, da bist du offenbar auf die Dornen gelaufen! dann wei� er von nichts mehr, er zappelt mit den Hinterl�ufen und streckt die Drossel ... die gelben Lichter starren steif in den Raum hinein. Strix geht in der Dunkelheit der Nacht mit gesenktem Kopf, mit krummem Buckel und gesenkten Fl�geln auf ihr Opfer zu, und sie walzt vor �sungslust um den armen Hasen herum. Dann pflanzt sie die kreuzf�rmigen F�nge auf ihn, knappt mit dem Schnabel und �ffnet ihren m�chtigen Schlund. Sie zerschneidet Brustbein und Knochen ... es kracht und knackt in dem Hasenleib; gro�e St�cke gleiten mit Haut und Haar hinab, w�hrend lebenswarmes Blut ihre Schwungfedern befleckt und sich in ihren Schnabelwinkeln und in den gelben F�ngen festsetzt. Sie ist ganz satt -- -- aber noch steht ihr der gr��te Genu� bevor. Sie fliegt auf ihren Ast hinauf und sitzt da und starrt und sieht auf den toten Hasen hinab, als wolle sie ihn noch einmal mit Grauen erf�llen. Stundenlang kann sie so sitzen, und wie ein Geizhals unverwandt und gr�belnd auf ihren �berflu� hinabstarren -- bis sie dem herzzerrei�enden Geheul ihres alten Gatten, der nach Nahrung schreit, nicht l�nger widerstehen kann. Da ruft sie ihn -- und woll�stig schlingt Uf die blutigen �berbleibsel herunter. -- -- -- Nacht aus, Nacht ein erlegt Strix die Nahrung f�r sich und Uf an dieser alten Fangst�tte. Dann, eines sch�nen Abends, versiegt pl�tzlich der Zulauf. Die Stelle ist abgefangen, Strix hat alles erlegt, was auf dieser Seite des Waldes herausgeht. Da mu� sie eine neue Taktik versuchen -- oder sich auf lange Zeit anderswohin begeben. Es ist mondhell! Bla�gr�n scheint die Strahlenf�lle der Himmelslaterne auf den Wald hinab. Ein alter, abgestorbener Gespensterbaum auf einem Werder drau�en im Moor tastet mit seinen eingeschrumpften Zweigen flehend zum Himmel empor, er versinkt wie im Wasser -- der Rest des Murrkopfes ist im Nebel verborgen. Die schlanke Wei�birke tritt als Elfe aus dem Nebelgebr�u der Moorhexe hervor und umspringt tanzend den Baum. Ein Mensch w�rde das Bild so sehen -- -- und er w�rde sein Herz klopfen f�hlen unter dem Druck seiner Phantasie; er w�rde sich erdr�ckt f�hlen von der Mystik des Waldes, von der eigenartigen Beleuchtung der einsamen Umgebung. Aber Strix hat keine Phantasie, mit der sie zu k�mpfen braucht; f�r sie ist der Wald zu n�chtlicher Zeit eine Freist�tte, ein Heim; sie ist vertraut mit jedem Bilde, mit jedem Laut -- und verkr�ppelte, rindenlose Astst�cke oder verschleierte Birken haben, trotz der Gaukelk�nste des Nebels, keine Zauberkraft, kein Leben f�r sie. Bald wird der Mond gelb; er ist seinem Untergang nahe! Grau, aber mit einer Ahnung von Rot und Klarheit, h�ngt die D�mmerung schon �ber dem �stlichen Horizont. Es murrt da unten, es wimmelt von Licht unter der dunkeln Decke, wie es unter einem Waldboden von M�usen wimmelt. Da kommen die Hasen mit M�digkeit in den Augen, mit dem Bed�rfnis nach Ruhe in den matten Gliedern; ger�uschlos huschen sie auf ihren Hexensteigen durch das Korn, sie wollen in den Wald hinein und sich setzen. Sorglos h�pft Lampe auf seinen weichen Ballen und mit hochgekniffenem Bauch, um nicht na� zu werden, denn der Tau spritzt hoch von dem Grase. Strix thront auf dem Fangzweig. Sie sa� dort gestern Abend und auch vorgestern Abend -- aber ohne Ergebnis; die Fangstelle ist ihr nicht freigiebig. Die Hasen sind scheu und mi�trauisch geworden. Sie benutzen den hundertj�hrigen Wechsel nicht mehr; der Steig betr�gt, das haben sie entdeckt -- sie schlagen andere Wege ein, die ihn weit umgehen. Da nimmt Strix ihre Zuflucht zu der Stimme! Sie beherrscht ein ganz ungew�hnliches Instrument! Sie kann die Stimme so tief t�nen lassen wie nur ein Ba�, und eine Reihe hohler, posaunenartiger T�ne entsenden; aber sie kann auch in die H�he gehen und ein scharfes, gellendes Geheul anstimmen. Ein heimliches Schaudern, ein stilles Grauen geht durch alles Lebende des Waldes, wenn sie des Nachts ihre m�chtige Stimme ert�nen l��t ... die kleinen V�gel rings umher in den Nadelfestungen des Tannendickichts weichen tiefer hinein zwischen die schirmenden Zweige, der Buntspecht und das Eichh�rnchen ducken sich tief in ihre Astl�cher, ja, selbst der Marder h�lt inne in seiner n�chtlichen Jagd, wenn er die unharmonische Verk�ndigung seines gro�en Nebenbuhlers h�rt. Den Fall gesetzt, die Eule w�re hungrig, und n�hme, was ihr in den Weg k�me, da w�rde Taa in ihrem Rachen verschwinden wie eine Ratte! Mit viel Mystik hat die Natur sie begabt. Ihr lichtscheues Treiben, die Farbe ihres Federkleides, ihr Bed�rfnis nach Einsamkeit hat ihr seit undenklichen Zeiten das Mi�trauen der Menge zugezogen -- auch �ber ihrer Stimme liegt etwas, das mystisch und eigenartig wirkt. Es steckt ein St�ck Bauchredner in Strix; wenn es ihr pa�t, kann sie teuflisch mit ihrer Stimme t�uschen -- niemand kann danach beurteilen, wo sie sitzt. Sie kann br�llen wie ein Stier, heulen wie ein Wolf, miauen wie eine Katze oder in ein schallendes Gel�chter ausbrechen wie ein wahnsinniger Mensch. Jetzt heult es tief drinnen aus dem Walde! Es klingt schwach und fern, als k�men die T�ne von weit her. Der Hase auf dem Felde f�hlt sich sicher und gl�cklich dabei und doch -- -- sitzt sie da, die gro�e, rot�ugige F�ngerin, dicht hinter dem Waldessaum. Huu -- Huu -- Huu ... bis in die Unendlichkeit hinein kann sie so fortfahren. Die Geduld ist ihr angeboren. Eine Viertelstunde nach der andern kann sie so dasitzen und vollkommen von ihrem Hinterhalt in Anspruch genommen sein. Huu -- Huu -- Huu ... eigent�mlich hohl und dumpf klingt es; wer ihr etwas anhaben will, folgt dem Klange der Stimme und glaubt, da� er sie die ganze Zeit vor sich hat, aber er geht und geht und ist ihr best�ndig gleich nahe. Huj -- Huj ...! auf einmal wechselt Strix die Betonung und unerwartet nahe, so wie der Schrei jetzt klingt, bringt sie den verwirrten Hasen dazu, angsterf�llt ein Versteck zu suchen. Bald br�llt sie, als sei sie hinter ihm, bald, als hinge sie gerade �ber ihm; der Hase ger�t von Sinnen und schl�pft schleunigst auf den alten, lieben Weg -- auf den Todesweg -- um die Sicherheit und den Wald aufzusuchen. Da st��t sie aus der Dunkelheit heraus und herab auf das kleine Langohr, in demselben Augenblick, als es den Kamm des Walles erreicht. Aeee, klagt der �rmste, Aeee, Aeee ... und wild und tr�bselig schreit der Hase sein Leben aus. Ungerufen erscheint Uf -- -- und hinter ihm drein wimmeln alle F�chse herbei; ein Hasenschrei lockt sie, wie der Magnet Eisenteilchen anzieht. Sie kommen von weit her, wie an der Nase herbeigezogen und sitzen da und geifern, w�hrend die beiden gro�en Uhus in aller Ruhe ihre Mahlzeit verzehren. Es kommt wohl vor, da� ein hei�hungriger, mutiger Reinecke sich mit den Lefzen heranwagt, da rollt Strix ihr Federkleid auf, sie str�ubt jede Daune und wird unheimlich gro�, dann knappt sie mit dem Schnabel und z�ndet Feuer in den roten Lichtern an. Hu -- u --, heult sie ... Nase weg! Strix ist ein gro�er R�uber, ein m�chtiger J�ger! Sie ist ein Meister in allen anwendbaren Jagdmethoden. Sie jagt ihre Beute offenkundig, verfolgt sie auf der Flucht, und streicht dar�ber hinweg, oben in der Luft, durch den Wald. Oder sie bedient sich des weniger anstrengenden Hinterhalt-Verfahrens, h�llt sich in den Schleier der Dunkelheit oder der D�mmerung und setzt sich vermummt als Baumstamm oder als Erderh�hung auf die Liebessteige oder die Futterpl�tze des Kleinwilds. Der jagende Fuchs knirscht oft mit den Z�hnen vor Wut �ber sie; er nennt ihr Jagdverfahren, �dem Wild das Leben stehlen�. Hah! still dasitzen und lauern und aus der Luft niederschlagen auf eine arme, nichts ahnende Beute, hah! das kann jeder! h�hnt der Fuchs in seiner Sprache. Sie sind neidisch auf sie, alle, die zu Fu� jagen! Fuchs und Marder, Iltis und Dachs; sie hassen sie instinktm��ig, f�rchten aber ihre F�nge. 4. Das neue Gelege Dicht fallen die Bl�tter im Herbst ... Dichter noch, als der Oktober herannaht ... �berall in den W�ldern wird es welk und kahl! Und dann im November folgten die vermoderten Zweige, und das Regenwasser trieb in Str�men an den St�mmen herab. Die letzten Motten und Nachtschw�rmer ertranken und lagen mit ihren nankinggelben Fl�geln auf dem Waldboden und trieben auf den Wasserlachen. Der Dezember kam -- und der Schnee! Dann br�tete der Winter �ber dem Lande -- Jetzt haben die M�rzst�rme getobt und die Aprilschauer gesp�lt -- Hagelwolken haben mit Sonne am Himmel gewechselt, die Schnepfe ist hier gewesen, die Anemonen stehen in Bl�te: Es ist Fr�hling und die Hochw�lder strahlen von Mai! Strix und Uf haben wieder den Horst voll Junger: sie liegen versteckt unter einer kleinen Tanne an einem H�gelabhang. Uf hat die Stelle als Kinderw�rterin noch nicht angetreten. Die Jungen, die vor kaum vierzehn Tagen aus dem Ei gefallen sind, werden vorl�ufig von Strix betreut und liegen wie lebendige Eidotter zitternd unter ihr. Sie ist so z�rtlich mit diesen Jungen, z�rtlicher als sie je mit ihren fr�heren Jungen gewesen ist -- und sie bewacht sie mit nie erm�dender F�rsorge. Keines Habichts gellende Paarungsfanfare, keines noch so starken Fuchsr�den heftiges Bellen duldet sie innerhalb ihres Bereichs. Und die Menschen -- die bekommen nur schwer Erlaubnis, den Wald zu betreten! Eines Morgens jagt sie einem biederen Bauersmann einen geh�rigen Schrecken ein ... Er kommt in seinem Einsp�nner gefahren, um das Holz zu holen, das er im Walde gekauft hat. W�hrend er gem�tlich dahinzuckelt, sieht er pl�tzlich einen braunen Vogel aus dem Dickicht brausen, durch das der schmalspurige Weg f�hrt. Der Vogel ist gro�, und er setzt sich ohne weiteres auf das Pferd und f�ngt an, ihm gewaltig um Maul und Ohren zu schlagen. Das Pferd macht Kehrt und geht durch; und der Bauer hat seine liebe M�he, es wieder zu b�ndigen, denn fortw�hrend streicht ein schwarzer, unheilverk�ndender Schatten �ber das Fuhrwerk hin und heult so bestialisch wie der Teufel in eigener Person. Und noch schlimmer wird es, als die Jungen erst Form annehmen, als die Daunen aus ihren wei�spieligen Federposen herausquellen und sie anfangen, die nackten H�lse zu drehen. Jetzt hat Uf seine Arbeit als W�rmflasche angetreten, so da� Strix mehr Zeit zur Verf�gung hat. Sie ist auf dem besten Wege, eine Fabel f�r die ganze Umgegend zu werden. Sie f�ngt wie gew�hnlich ... holt Ratten aus den D�rfern und Rebh�hner von den Feldern, aber es macht ihr immer mehr M�he, Futter f�r ihre hei�hungrigen Jungen und ihren nicht minder hei�hungrigen, alten Gatten zu schaffen. Ihr gro�es Bereich ist in den letzten Jahren merklich magerer geworden; der Hasen und Birkh�hner sind weniger -- nur die Menschen haben zugenommen. Daf�r hat sich hier und da einer von den bunten V�geln mit den langen St��en von den G�tern dr�ben auf der andern Seite der F�rde gezeigt -- und eines Morgens taucht ein neuer, gro�er Auerhahn auf. Es d�mmert am Horizont ... sch�chtern schl�gt der Zaunk�nig seinen ersten, schmetternden Triller, dann h�lt er inne -- er ist zu fr�h aufgestanden! Ein Birkhahn kullert ein vereinzeltes Mal drau�en am Waldessaum -- und alles wird wieder still wie zuvor. Nur die Morgenbrise seufzt und st�hnt in den Baumwipfeln ... Da setzt ein Auerhahn mit seinem scharfen Tju-it ein! Strix str�ubt die H�rner. War das ein Traum, der Lenzruf des gro�en Hahns? Sie sieht diesen gro�en Vogel ja sonst nie. Von neuem ert�nt der durchdringende Ruf, es ist kein Schrei und kein Fl�ten, und doch schallt es weit durch den Wald. Strix verl��t den Horst und fliegt davon, der Richtung folgend. Bald ert�nt der Kampfruf eines andern Auerhahns -- und nun k�mpfen die beiden gro�en H�hne gleichzeitig mit einem Schwall von Kraft. Sie h�rt vor sich Fl�gel schlagen und krachen. Ausgebreitete Federfahnen in breiten Fl�geln hauen mit donner�hnlichem Get�se gegeneinander. Sie ist fr�her in solchen Augenblicken ein erfolgreicher J�ger gewesen und hat sich der K�mpfenden Mangel an Aufmerksamkeit zu Nutzen gemacht -- lautlos schaukelt sie �ber dem Walplatz ... Es ist noch dunkel in der Kronenw�lbung und dunkel ist es auf dem Erdboden. Von weit her aus der Heide vernimmt sie das Trillern der Lerche und das dumpfe Trommeln der Birkh�hne. Hier drinnen bullern rucksende Holztauben auf: Ku-kuu, ku-kuu! Sie fliegt in eine Tanne hinein und setzt sich zusammengekauert hin, mit gestr�ubten H�rnern und funkelnden Lichtern. Das frische Balzspiel beginnt von neuem ... tief und klangvoll t�nt es aus der Kehle und rollt in den d�mmernden Morgen hinaus. L�ngst hat sie den Vogel entdeckt. Ihr scharfer Blick erkennt deutlich den Glanz seiner Federn und das rote Ebereschenb�schel �ber jedem Auge. Mit stolzer Haltung, mit gef�chertem Sto� und gekr�mmtem Hals stolziert der schwarze Hahn auf seiner kleinen Lichtung umher; um seinen Nebenbuhler zu �bertrumpfen, ist er nahe daran zu platzen. Auf einmal macht er einen m�chtigen Sprung, und indem er die Fl�gel krachend vor der Brust zusammenknallt, st��t er gerade unter Strix nieder und stimmt einen Schlu�gesang an, noch feuriger, als bisher. Jetzt kann sie nicht mehr an sich halten; als sei sie ein neuer Hahn, geht sie auf das Balzen ein. Mit gestr�ubten Halsfedern, mit schleifenden Fl�geln, den Sto� gespreizt wie ein Rad, f�hrt der Auerhahn auf ihn ein. Er knappt mit dem Schnabel. Seine dicke, feuerrote Augenhaut schwillt und die Augen gl�hen vor Wut. Da entdeckt er seinen Irrtum -- Strix l��t auch ihre Fanfaren ert�nen! Er h�tte sich verteidigen sollen, der schwarze Puter! Er h�tte es wohl gekonnt! Er ist eben so gro� wie der Uhu und hat Hiebkraft in seinem Schnabel und Kratzgewalt in seinen Krallen, aber Strix' Heulen ist nicht auf _seinen_ Kammerton gestimmt -- der Auerhahn ist gleich bereit zur Flucht. Strix f�hrt ihm indessen an die Kehle, ehe er Kehrt gemacht hat -- und wie ein Federb�ndel rollen sie am Erdboden herum. -- -- -- Strix machte reiche Beute an diesem Morgen! Aber sie war nicht imstande, den Hahn nach Hause zu schleppen; sie mu� sich damit begn�gen, gro�e St�cke Brust zur Zeit zu nehmen. Uf schwelgte und schmatzte mit der Zunge ... Strix h�tte sich ruhig verhalten sollen! Sie h�tte nicht auf den Bauer einfahren und auf die alten, friedlichen Weiber, die Reisig im Walde sammelten -- als dergleichen wird ruchbar und kommt schnell einem kleinen, unternehmenden Waldh�ter, _Pist Lak_ zu Ohren. Als dann der Waldh�ter eines Nachmittags drau�en in den Tannen auf den seiner Brust beraubten gro�en Auerhahn st��t -- ausgesetztes Wild, womit die Menschen sich bem�hen, die Verheerungen wieder gut zu machen, die sie unter der Fauna des Landes anrichten -- da wird es ihm nicht schwer, zusammenzuz�hlen und auszurechnen. Er l��t �Vogel�, den gro�en Agenten benachrichtigen, dessen kleiner Unteragent er, Pist Lak, sein Lebelang gewesen ist -- und sobald der Leuchtturmw�rter wieder einen freien Tag hat, macht er sich auf die Wanderschaft. In diesem Jahre will er Junge haben, und zwar am liebsten lebende. Er hat Bestellung auf so viele junge Uhus, wie er nur beschaffen kann, f�r Tiergruppen ringsumher in sogenannten �Zoologischen Gartenanlagen�, diesen modernen Naturparks, die reiche Leute zur Zerstreuung und Belehrung auf ihren Landsitzen einrichten lassen. Mindestens f�nfzig Kronen sind dabei zu verdienen, d.h. Pist Lak soll ja zehn davon ab haben; aber die kann er ihm ja vorl�ufig schuldig bleiben! An dem Tage nach Feierabend, wo �Vogel� und Pist Lak -- wohl ausger�stet zu ihrem gefahrvollen Unternehmen, mit Pferdedecken und ein paar langen St�ben -- ausgezogen sind, um den Eulenhorst zu suchen und ihn auch _finden_, f�gt es sich so, da� die beiden Alten abwesend sind. Strix besorgt die ihr obliegenden Gesch�fte; sie ist auf Raub aus -- die Jungen, die jetzt fast fl�gge sind, belegen ihre Arbeitskraft voll mit Beschlag. Uf dahingegen ... Uf ist wohl niemals ein wirklich z�rtlicher Vater seinen Kindern gegen�ber gewesen, mag es nun sein, weil er alt ist, und es ihm an K�rper- wie Herzensw�rme gebricht, oder weil er seine unwirksame Kinderw�rterinstellung satt hat. Ihm liegt es ja ob, die Kleinen zu f�ttern, den Marder fernzuhalten und sie von den gro�en, h��lichen Zecken zu befreien, die sich gern an ihren Augen festsaugen wollen. In diesem Jahr ist er aber auffallend nachl�ssig gewesen, hat seine Pflichten auf die leichte Achsel genommen und sich nicht gescheut, in seiner Gier und Eigenliebe, h�ufiger als sonst, den L�wenanteil des zugetragenen Fra�es an sich zu raffen. Strix liebt ja M�use -- und die Jungen sind nat�rlich ganz wild auf diesen Leckerbissen! Deswegen hat Strix daf�r gesorgt, da� sie so viele M�use bekommen haben, wie sie nur in sich hineinpfropfen konnten. Sie haben M�use als Morgenimbi�, M�use als Mittagessen und M�use zur Abendmahlzeit bekommen -- Strix hat nicht begreifen k�nnen, da� nicht die Kleinen der M�use l�ngst �berdr�ssig geworden sind, so wie das der Fall zu sein pflegte, wenn sie zuviel von anderem Raub bekamen. Da entdeckt sie eines sch�nen Nachts, da� Uf, wenn sie fortflog, alle M�use verzehrte. Das w�re allenfalls noch gegangen! Aber neulich Nachts, nachdem l�ngere Zeit Schmalhans geherrscht hatte, �berrascht sie ihn dabei, wie er einem seiner eigenen Kinder gegen�ber die rauhe Seite herauskehrt. Ja, es konnte kein Zweifel dar�ber herrschen -- er wollte das Junge _kr�pfen_! Da fuhr sie auf ihn los! Er wurde ger�ttelt und verpr�gelt. Es sang in seinem alten, m�rben Gerippe -- und wo Strix' Fl�gelknochen hintrafen, entstanden blutunterlaufene Flecke. Als wollte er vort�uschen, da� er bei seiner schwarzen Missetat einen Augenblick des Verstandes beraubt gewesen sein m�sse, starrte er sie mit einem erstaunten, halb bl�dsinnigen Ausdruck in den alten, listigen Augen an, aber Strix brachte ihn schnell auf andre Gedanken; er bekam noch eine Tracht Pr�gel, so da� er unter der gewaltsamen Behandlung seiner handfesten Eheliebsten ganz f�rchterlich jammerte und klagte. Hinterher stellte er sich sehr zerknirscht und voller Reue und machte sich ganz klein und fuchsschw�nzlerisch, w�hrend er um ihre Verzeihung bettelte. Aber es half alles nichts -- er wurde aus dem Horst verwiesen und hat sich seither selbst seine Nahrung suchen m�ssen. -- -- -- Pist Lak und �Vogel� wird es doch nicht so ganz leicht, die Jungen zu bew�ltigen. Die kleinen Teufel empfangen sie genau so, wie ihre Geschwister in fr�herer Zeit den Marder Taa empfingen; sie werfen sich auf den R�cken und rei�en und kratzen mit den scharfen Hornkrallen um sich. Obwohl die Pferdedecken �ber sie geworfen werden, mu� der stinkende Ammoniak mehrmals zu Hilfe genommen werden und seine bet�ubende Wirkung aus�ben. Als Strix endlich mit einer fetten, braunen Ratte in den F�ngen heimkehrt, wird ihr ganzer Kopf fast zu Augen. Uf kann sich gl�cklich preisen, da� er nicht in der N�he ist, sonst w�rde die Reihe, gefressen zu werden, jetzt wohl an ihn kommen. Sie scharrt in dem Horst herum, wendet Reisig und trocknes Laub wieder und wieder um, bis ihr auf einmal ein eigent�mlich �tzender Gestank in die Nase steigt. Ihre Lichter f�llen sich mit Wasser -- sie schnappt nach Luft ... Da sieht sie vor sich den Anblick vom vergangenen Jahr: das hakennasige Gesicht des kleinen Leuchtturmw�rters mit den stechenden Augen starrt sie wie durch einen Nebel an, und in ihren Ohren dr�hnt es: Kla--datsch, kla--datsch ... _Die Nacht_ hat in den Tannen gelegen und in den Tag hinein geschlafen. Sie hat Ihre ganze Energie n�tig gehabt, um die Augen geschlossen zu halten, denn die Sonne, die seit Tagesgrauen gebrannt hat, rumort auch hier und peinigt und plagt sie mit ihren Lichtstrahlen. Aber die Nacht ist wie ein Mann mit Willenskraft. Schlafe nur! hat sie gesagt -- und geschlummert. Jetzt ist die Sonne in einem Sack untergegangen; die m�chtige Wolkenschicht am Alkoven des Horizonts hat sie wie eine Ratte eingefangen -- sie ist weg, weg! Dann sch�ttelt und schuddert die Nacht sich, behutsam streichelt sie die Drossel, die im Begriff ist, sich zur Ruhe zu begeben -- und dann schleicht sie hinaus, sie umf�ngt das Dickicht und die Waldwiesen und den Saum der Lichtungen und l�scht den Unterschied aus zwischen Kraut und Unkraut, zwischen Nutzholz und K�mmerling, zwischen des F�rsters Lieblingsschonung und dem Anflug, der sich aus dem Humus hervorstiehlt. Die Nacht nimmt den Wald in Besitz, entrei�t ihn dem Licht, das in der Ferne entweicht; sie h�llt die Millionen von Bl�ttern in ihre schwarze, eint�nige Finsternis. Und nun schleicht sie sich �ber den Waldraum, _tritt aus_, wie es von dem Wild des Waldes hei�t -- tritt aus, an Hecken und Gr�ben entlang, schiebt sich vor �ber �cker und Wiesen, wo der Widerschein des Sonnenunterganges noch liegt und als letzte R�ckzugsstellung Wachedienst tut. Und so umf�ngt sie das Grundst�ck jedes Bauern, die Felder jedes Kirchspiels, die �cker jedes Gutes; sie erobert das ganze Land zur�ck von dem Licht und gibt es ihrem gro�en Finsterniskind, der Eule. Aber was hilft das dem Kinde? Von der ganzen Erde begehrt es nur _seine Jungen_. -- -- -- Die Nacht wird tiefer und tiefer ... Und Strix, die seit der D�mmerung gesucht hat, gelangt allm�hlich weit umher im Umkreis. Da, um die Morgenstunde, als sie in die Gegend der Menschennester hinauskommt, h�rt sie von einem kleinen Haus, das einsam und im Versteck unter einigen hohen Tannen liegt, den schwachen, hei�ersehnten Laut. Sie f�ngt ihn in ihren Ohren auf, betastet ihn gleichsam mit ihren Federh�rnern und l��t ihn sich mittels heftiger Pulsschl�ge in die Brust hineinh�mmern. Ihr wird auf einmal so leicht zumute: da sind ja die Jungen! Sie stehen in einem Gitterkasten auf dem Hofe. J�h fliegt sie gegen den K�fig, so da� der Kasten erbebt -- und sie und die Jungen vereinen lange ihre Klage. Wu--hu! Wu--hu! heulen die Kleinen. Und Strix stimmt ein ermunterndes Knappen mit dem Schnabel an. Sie glaubt, da� sie hungrig sind und fliegt davon, um einen Augenblick sp�ter mit vollen F�ngen zur�ckzukehren -- dann f�ttert sie ihre Jungen, obwohl diese im �berflu� schwelgen. Sie will sie mitnehmen, will sie heraushaben -- sie zerrt an dem K�fig und rei�t an den Gitterst�ben. Da st�rzt der Kasten, der auf einem Haublock an der Mauer aufgestellt ist, um und f�llt mit lautem Get�se in ein offenstehendes Kellerfenster hinein. Es ist schon halbhell, und nach einer Weile kommt der Waldh�ter Pist heraus. Er glaubt, da� sich die Katze mit dem Kasten zu schaffen gemacht hat, und pre�t mit banger Ahnung die Nase gegen die Gitterst�be. Ein rasendes Fauchen -- und beruhigt tr�gt er den K�fig in die Stube hinein. Strix sitzt in einer der Tannen und sieht den Menschen herausst�rzen und wieder in sein Nest verschwinden. Sie heult -- sie ruft -- aber niemand antwortet ihr mehr. Da fliegt sie einmal rund im Hofe herum -- die Jungen sind weg! Die n�chste Nacht sitzt sie wieder in den Tannen. Sie erblickt den Kasten, der an seinem alten Platz steht -- und sie umschwebt ihn voll Wonne, ja, sie wagt sich sogar ganz hinein durch die offenstehende Klappe. Ach, das Bauer ist leer -- die Jungen sind weg! Einen ganzen Monat lang besucht sie alln�chtlich das Menschennest und sitzt da und heult von einer der hohen Tannen am Hause herab; aber niemand antwortet ihr au�er einer schwarz und wei� gescheckten Katze. -- -- -- Da nimmt sie Uf wieder in Gnaden auf und zieht mit ihm noch tiefer in den Hochwald hinein. Der Sommer geht zur R�ste ... Herber Duft von abgefallenem Laub und aufschie�enden Pilzen mischt sich mit dem w�rzigen Brodem der Waldmoose. Die Ebereschen err�ten, aber die Becher der Adlerfarnen werden braun und h�ufen sich zu gro�en Schanzen unter den Birken auf, deren erste vergilbende Bl�tter in dem funkelnden Gespinst der Spinne baumeln. Eine eigenartige Rastlosigkeit ist in die Ameisen gefahren, sie k�ren nicht mehr zwischen den Insekten und den d�rren Zweigen, sondern nehmen mit Fieberhast, was ihnen in den Weg kommt: magere, langbeinige Schnaken und eingetrocknete Blattrippen. Kleine Froschkinder sind �berall in Bewegung und spielen den gro�en schn�ffelnden jungen F�chsen manch einen Schabernack. Da summt eine Biene ... die jungen F�chse schnappen danach, es ist unwiderruflich die letzte Biene des Jahres! Die Tiere haben Junge geworfen, die V�gel haben ihre Eier ausgebr�tet und die Pflanzen haben Samen angesetzt; jetzt ist der gro�e Erneuerer, der _Winter_, im Anzug. -- -- -- Als es rauh und kalt geworden, und als es mit dem Futter knapp wird, besuchen die beiden alten Eulen ein Aas, das am Rande eines kleinen Sees jenseits der F�rde liegt. Und dann eines Abends, als sie sich eben gesetzt haben, h�ren sie die Unruhe aus einer Tanne herausbr�llen. Es ist ein Schu� -- und die Federn stehen Uf um die Ohren. Er wird ganz verwirrt und ger�t von Sinn und Verstand, er klappert mit dem Schnabel und dreht sich auf demselben Fleck rund herum, wieviel Strix auch ruft. Ein kleines kurzbeiniges, rotbraunes Ding, das wie ein Fuchs bellt, f�hrt auf ihn ein -- und stimmt dann pl�tzlich ein gottserb�rmliches Geheul an. Den hat er doch wenigstens gefa�t! denkt Strix. -- -- -- Aber seither ist auch Uf weg gewesen. Er hatte wohl Wandergel�ste bekommen und war von ihr weg geflogen -- �ber alle Berge! 5. Strix und die Menschen Es ist wieder Fr�hling in den gro�en W�ldern an der F�rde. Die blankschwarzen Wasserfl�chen der Waldseen liegen mit V�geln �bers�t da ... Auf den kleinen T�mpeln schie�en die Bl��h�hner hitzig und paarungstoll aus dem schimmernden Versteck des R�hrichtsaumes heraus; sie gleichen Maulwurfshaufen, die auf dem Wasser schwimmen. Auf den gro�en f�hren die Schw�ne Krieg, blendend wei� und mit Federgebrause um den gekr�mmten Hals. Und in den kleinen L�chern, wo es friedlich und warm ist, liegen stumme, gepaarte Enten. Hin und wieder breitet ein Schwanenpaar die Fl�gel aus und flattert von einem Gew�sser zum andern, da stiebt dann das kleine Getier verwirrt nach allen Seiten auseinander ... An den Ufern entlang schleichen Marder und Wiesel; der Fuchs aber liegt im Schilf und lauert auf die Wildg�nse, die an Land gegangen sind, um zu grasen. Mitten in dem Idyll kann man eine H�sin auf einem Wechsel in voller Flucht sehen, drei, vier zerzauste Rammler hinter ihr her. Da macht Reinecke ein paar Spr�nge, besinnt sich dann aber ... nein, er mag nicht rennen! Es gibt jetzt �sung genug! Die Paarungsk�mpfe zwischen den gro�en Tieren und den V�geln machen viele Invaliden! Durch die Baumkronen zieht das kreischende Gelichter der H�her. Scharen von f�nf bis zehn unbeweibten M�nnchen verfolgen mit Geschrei und Gekr�chze ein gl�ckliches Paar oder machen einem alten ledigen Weibchen st�rmisch den Hof. �berall, wohin sie kommen, schweigen die Drosseln, und der Rabe stimmt den Fr�hlingsruf an, um sein Weibchen zu warnen, das schon Eier gelegt hat; aber der H�her, der in seinem abgestorbenen Baumwipfel sitzt und lauert, streicht augenblicklich von dem Zweig ab und fliegt in der Richtung der n�chsten l�rmenden Schar. Aus dem Gestr�pp schie�en die Amseln, den Sto� in die H�he, �ber die Lichtungen hin -- und wo viele alte B�ume stehen, schallt das Konzert der Stare und Dohlen ohrenbet�ubend. Strix stimmt in den Fr�hlingsjubel ein. Sie heult und heult ... nicht klagend, wie nach den Jungen, sondern hohl, tief und klangvoll. Nacht f�r Nacht, vom sp�ten Abend bis zum fr�hen Morgen ruft sie nach ihrem alten einf�ngigen M�nnchen; sie sucht alle ihre fr�heren Horstpl�tze ab und zieht weit �ber das Land hinaus, jenseits der Menschennester; aber nirgends sieht oder h�rt sie das geringste von Uf, so wenig wie von einer andern Eule ihrer Art. Sie f�hlt sich immer einsamer und verlassener. In den milden, feuchten N�chten geht Zug auf Zug von starken, feurigen Lenzv�geln �ber ihren Kopf hin, und tausende und abertausende von fr�hlichen Vogelstimmen schallen aus der Luft zu ihr herab. Sie gr��t die Reisenden mit ihrem tieft�nenden Ho--oo, sie schie�t aus den Baumwipfeln zwischen sie hinauf und sieht sie, schreckerf�llt �ber ihr Erscheinen, nach allen Seiten auseinanderstieben -- und sie zieht eine lange Strecke mit ihnen, bis sie, deren Fl�gel dem pfeilschnellen Flug nicht gewachsen sind, zur�ckbleibt wie ein Hund, der einem dahineilenden Zuge zu folgen sucht. Und je weiter der Fr�hling fortschreitet, um so tiefer krallt sich der herannahende Schlu� der Paarungszeit mit all seiner Wildheit und Unb�ndigkeit in ihr Inneres hinein. Sie wird immer empfindlicher und reizbarer. Ihr feines Geh�r, das es ihr erm�glicht, in gro�em Umkreise an der Welt teilzunehmen, ist um diese Zeit immer aufnahmebereit; Kr�hengekr�chz und H�hergel�chter, Hundegebell und L�rm der arbeitstollen Menschen regt sie ununterbrochen auf und macht sie grimmig und streitlustig. Diese Laute erwecken in ihr fortw�hrend Erinnerungen an die gro�e Heerschar ihrer Feinde! Ein alter Fluch ruht auf ihr und ihrer Sippe, und der ganze Wald ger�t in Aufruhr, wenn man sie am Tage erblickt. Die Eigenart und �berlegenheit ihres Stammes in der Nacht ist schuld daran; alle V�gel und Tiere, die schlafen, solange die Finsternis br�tet, m�ssen sie notgedrungen f�rchten und sie deswegen hassen. Sie ist der Vogel der Nacht, sie ist ihr verk�rpertes Grauen, ihre Mystik ... wie die Finsternis selbst kommt sie lautlos und �berraschend, und wie das Wetter der Nacht kann sie pl�tzlich ein teuflisches, schreckeneinjagendes Geheul anstimmen. Die andern werden bange vor der Nacht und verkriechen sich; sie fliegt in ihre Arme und tummelt sich darin, sie ist das eigene, hoch betraute Kind der Nacht. Sie wohnt best�ndig in den Hochw�ldern, aber drau�en in einer Ein�de, in einem tiefliegenden dumpfen Winkel. Hier hat sie ihren Luftwechsel, ihre Tunnel und geheimen G�nge durch Kronengew�lbe und Laubgeh�nge. Da hindurch kann sie aus dem �berwucherten Baum, in dem sie wohnt, ungehindert abstreichen und zu der freien Fahrt �ber Lichtungen und Unterwald hin gelangen. Aber einmal, als sie in der D�mmerung ihren Lieblingspfad -- einen langen und schmalen Gang durch rotknospigen Wei�dorn und k�tzchengelbe Haselb�sche -- entlangstreicht, findet sie ihren Luftweg zerst�rt. Das sch�tzende Versteck, das sich so innig fest und dicht um ihn geschlossen hatte, ist umgerissen, liegt bunt durcheinander in einem gro�en Berg. Wo fr�her B�ume standen und wilde Sch��linge wuchsen, breitet sich jetzt ein offener Platz aus, �ber den sie hinjagen kann, ohne den Zweig eines Wipfels mit den Fl�geln zu ber�hren. Sie hat den ganzen Tag tief unten in ihrem hohlen Stamm ein starkes Hack--Hack geh�rt, als arbeite tief drinnen im Wald ein Riesenspecht. Sie kennt den Laut, es ist der, den sie am meisten von allen ha�t ... es ist der Schlag der _Axt_! Die Axt macht licht, und sie ha�t das Licht-machen. Sie will Dichtigkeit von Zweigen und St�mmen, von allen St�mmen, rings um sich haben. Sie will Waldesdunkel haben! Aber die Axt macht die B�ume bis in die Wipfel erbeben, kippen und sich pl�tzlich legen. Am n�chsten Morgen ist der Laut wieder da! Und er h�lt den ganzen Tag an. Sie sitzt in ihrem Versteck und schneidet Gesichter, sie f�hlt jeden Hieb wie einen Stich in ihrem Fleisch. Hu, diese Laute, diese verdammten, menschengeschaffenen Laute, sie rauben ihr das Verweilen im Verdauungswohlsein und erf�llen sie statt dessen mit aufregender Unruhe. Als dann der Abend kommt und die im Laufe des Tages angehauenen B�ume anfangen zu fallen, als das Krachen und Poltern und Dr�hnen seinen H�hepunkt erreicht, da fliegt sie einem Waldarbeiter in den Nacken. Die Waldarbeiter pflegten sonst nie etwas von Strix zu sehen; sie h�rten sie nur. Oh, oh! klagte etwas in der Tiefe; uh, uh! antwortete es von weit her. Das war zu der Zeit, als Uf noch lebte. Da hatten sie in den fr�hen Abendstunden, namentlich in der Paarungszeit, ihre feurigen Wechselges�nge angestimmt; _sie_ hatte laut gerufen, scharf und innig begehrend, und _er_ hatte geantwortet, tief, hohl, mit einem unheimlichen Uhuu, das aber f�r ihr Ohr so wild und aufreizend klang. Die ganze voraufgegangene Nacht hatte Strix nach Uf gerufen, aber vergebens ... auch das hat dazu beigetragen, sie aufzuregen. Sie bedient sich ihrer bekannten, unfehlbaren �berrumpelungstaktik. Ungeahnt taucht sie auf aus dem flockigen Versteck der Dunkelheit, wirft sich �ber den Waldarbeiter, packt ihn mit beiden F�ngen bei den Schultern und w�rmt ihm die Ohren mit den Fl�geln. Mit ihren scharfen Ellbogenknochen schl�gt sie ihn in die Schl�fen und macht ihm ein paar blaue, blutunterlaufene Augen, dann greift sie ihm in die Haarb�schel und sch�ttelt ihn. Der Holzhauer wirft sich auf die Nase und schl�gt die H�nde vor seine Augen; aber jetzt erst nimmt Strix ihn als rechtm��ige Beute in Besitz. Sie hakt die F�nge in seinen K�rper und rei�t ihm den Hintern auf ... Es ist Pist Lak, den sie gefa�t hat, aber sie ahnt es nicht. In diesem Augenblick sind ihr alle Menschen gleich! Pist, der im ersten Nu, ehe er noch die F�nge der Eule zu kosten bekam, ganz entz�ckt war, jetzt endlich die Gewi�heit zu erlangen, da� dieser Geldvogel noch immer hier ist, hat pl�tzlich seine Ansicht ge�ndert ... er br�llt wie ein Stier. Da erdr�hnt der Erdboden, da trampelt es im Laub: kla-datsch, klingt es ... kla-datsch, kla-datsch ... Ein Zucken durchf�hrt Strix! Ihr Gesicht kann sie t�uschen, kann vergessen; ihr Geh�r nie. Sie wei� es schon lange, bevor sie die Gestalt erblickt: jetzt kommt er, der lahme Kerl mit dem stinkenden Atem! Ein mehr als instinktm��iges Rachegef�hl ergreift sie ... -- -- -- Wie gew�hnlich ist der kleine Leuchtturmw�rter auf seinem Fr�hlingszug nach Raubvogeleiern aus! Raubvogeleier hatten stets ihren Wert, denn sie wurden immer seltener. Kr�hen-, Bl��huhn- und Elstereier dahingegen wollte niemand mehr haben, die waren jetzt zu gew�hnlich. Den ganzen Nachmittag hat er sich in der N�he von Holzw�rter Pist's Arbeitsplatz aufgehalten, war mehrmals bei ihm gewesen und hatte ihn gequ�lt, er m�ge ihm doch den Horst des gro�en Uhus zeigen. Pist hat immer geantwortet, so wie es war: da� er den Horst gar nicht _wisse_, ja, in diesem Jahre die V�gel nicht einmal _gesehen_ habe. Aber der gute Leuchtturmw�rter, der nicht ohne Grund ein schlechtes Gewissen in bezug auf gewisse sieben Kronen hat, die er seinem kleinen Unteragenten noch vom vergangenen Jahre her schuldet --, hat im Stillen gemeint, da� _die_ wohl Schuld daran seien. Da h�rt er auf einmal das f�rchterliche Gebr�ll ... Mit Sturmeseile kommt er gelaufen und sieht zu seinem ungeheuren Erstaunen, zugleich aber mit geheimer Freude, den gro�en Uhu auf Pist's R�cken reiten. Im ersten Augenblick ist er ganz �berw�ltigt von seinem Gl�ck -- dann ergreift er seinen schweren, eisenbeschlagenen Eichenknittel und haut auf die Eule ein, die sich aufgeblasen hat und ihm ins Gesicht fahren will. Der Schlag trifft Strix an den Kopf, sie verliert die Besinnung ... und als sie wieder zu sich kommt, sitzt sie hinter Schlo� und Riegel. Sie ist in einem K�kenbauer untergebracht -- in demselben h�lzernen Kasten, der vor einem halben Jahre ihre Jungen beherbergt hat. Er ist gr�ndlich nachgesehen und frisch genagelt. Ihr wird etwas schwammige Lunge durch das Gitter gesteckt. Da spr�hen ihre Lichter Funken, und sie faucht wie eine Katze. Der Leuchtturmw�rter tritt unwillk�rlich einen Schritt zur�ck --: Du gro�er Zerst�rer! sagen die Lichter ... k�nnte ich dich nur auffressen! Strix r�hrt die Lunge nicht an. Gefr��ig starrt sie dem hahnenschn�beligen kleinen Kerl in die stechenden Augen und sieht drei lange Narbenstreifen, die an seiner Wange herablaufen. Soviel kann ihr bi�chen Eulenverstand fassen, da� diese Fratze alles erw�gt, was ihrem Besitzer zum Vorteil dient ... sie ist gleichsam von einem Vollmond-K�lteglanz umgeben! Die Dunkelheit senkt sich herab, und Strix arbeitet die ganze Nacht, um aus dem Bauer zu entkommen ... Sie scheuert sich den Bart ab, indem sie ununterbrochen mit dem Schnabel an den Gitterst�ben auf und nieder kratzt, und sie schl�gt sich den starken Ellbogen blutig durch ihr st�ndiges Sto�en. Aber das Bauer ist solide, es h�lt! Als das Licht des Tages sie eine Weile geblendet hat, so da� sie gezwungen ist, sich in den dunkelsten Winkel des Kastens zur�ckzuziehen, f�ngt sie den Laut von Schritten auf: es ist das Strix jetzt so bekannte kla-datsch, kla-datsch. Der hinkende Hahn in dem blauschimmernden Gewand, mit dem flachen, schmetterlingbunten Kamm auf dem Kopf, tritt vor das Bauer und macht sich daran, mit einem Stock in ihren Brustdaunen zu w�hlen. Sie schl�gt ihren Fang in den Stock und f�hrt auf ihn los, so da� das Blut aus dem verletzten Fl�gelknochen ihm ins Gesicht spritzt -- und sie h�rt da drau�en ein m�chtiges Kr�hen. Ihre Federn str�uben sich; sie hat sich aufgeplustert und sitzt da und faucht, die Fl�gel wie einen Schild vorn �ber dem Kopf erhoben. Da kommen auf dem Boden des Bauers ein Paar sonderbare steife Klauen herangeschlichen; sie �ffnen sich und schlie�en sich am Ende ihrer d�nnen, storch�hnlichen Beinstiele. Wenn sie nach der einen greift, nimmt die andere die Gelegenheit wahr -- und dann auf einmal bei�en sie sich in ihre beiden St�nder fest. Sie schl�gt mit den Fl�geln um sich und f�llt hin ... Da sp�rt sie wieder den erstickenden Geruch; der lahme Hahn bl�st ihr seinen stinkenden Atem ins Gesicht; der legt sich ihr vor die Brust, benimmt ihr die Luft, sie schnappt und bei�t blindlings um sich. Ein Nebel gleitet vor ihre Lichter und eine einschl�fernde Wolke senkt sich �ber sie -- sie mu� schlafen, sie mag wollen oder nicht. Als sie wieder erwacht, sitzt sie wie in einem hohlen Stamm, nur da� er ganz eng ist, und er schaukelt, als sei der Baum w�hrend eines Orkans im Begriff umzufallen. Sie ist an den Gutsf�rster verkauft, an einen kleinen Teufel von Mann, eifrig und unverzagt, und ebenso hart von Gem�t wie hart von H�nden. Es ist dem F�rster endlich -- dank Vogelhansens nie versagendem Ammoniak und seiner eigenen zusammenschraubbaren Fuchszange -- gelungen, Strix in seine Gewalt zu bekommen und sie in den gro�en, einem Rucksack �hnelnden Eulenkorb zu sperren, der auf seinem R�cken schlingert. Jetzt radelt er mit ihr nach Hause. Strix soll als �Auf� gebraucht werden! Erst soll sie einige Tage hungern, damit sie m�rbe wird und mit sich �reden l��t�. Dann soll sie einen Spatzen bekommen und nach und nach mehrere Spatzen, bis sie auf ordentliche Zahmvogelart gelernt hat, dankbar aus der Hand zu fressen. Dann soll sie daran gew�hnt werden, sich um einen der St�nder fassen zu lassen, um mit dem R�cken am Boden des Bauers entlangschleppend, mit einem Ruck herausgezogen zu werden. Sie soll daran gew�hnt werden, wie eine br�tende Henne angebunden zu sein und wie ein Piepvogel auf der H�tte zu sitzen, w�hrend die Kr�hen sie uml�rmen und ausschimpfen, und er, der F�rster, im Hinterhalt liegt und eine Kr�he nach der andern niederknallt. Endlich soll sie, sobald sich eine passende Gelegenheit bietet, verkauft werden, und der Erl�s soll zwischen ihre drei Aktion�re verteilt werden. -- -- -- Bei der Ankunft in der F�rsterwohnung des Gutes jenseits der F�rde wird pl�tzlich �der Orkan� so stark, da� der hohle Stamm, in dem Strix sitzt, den Boden in die H�he kehrt. Sie wird kopf�ber in ein Bauer gesch�ttet. Das Bauer ist alt und m�rbe. Es hat ein paar Jahre lang einen kleinen Kr�ppel von H�tten-Eule beherbergt, aber die machte keine Faxen. Die hat da gesessen von dem Tage an, da sie als junger Vogel von einem kleinen stinkenden Menschen im Walde geraubt und von seinen gro�en, rotgefrorenen H�nden dahineingesetzt wurde. Der F�rster hatte sie allm�hlich so weit gez�hmt, da� sie von selbst herausflog und sich auf den Deckel des Eulenkorbes setzte. Es riecht noch nach ihr im Bauer und da liegen eine Menge Federn und �berreste von Geschmei�. Da liegt auch eine halb gekr�pfte magere Taube -- dem kleinen Kr�ppel, der �brigens eben erst eingegangen ist, hat es offenbar an Appetit gefehlt. Es ist eine gef�hrliche Taube! W�re Strix nicht ein wilder Vogel gewesen und h�tte die �sung verachtet, in die sie nicht selbst ihre F�nge geschlagen hat, so w�re es mit ihr aus gewesen. Die Taube ist eines nat�rlichen Todes gestorben ... an H�hnerdiphteritis. Der F�rster hat keine Ahnung davon gehabt -- eine H�tteneule bekommt ja alles: von im Hause gefangenen Ratten bis zu abgebalgten F�chsen! Strix sitzt da und schlingert; ihr ist noch etwas unklar nach der Bet�ubung. Sie starrt durch das halbverrostete Drahtgewebe und sieht vor sich, auf der T�r ausgespannt, gleichsam einen Schatten von sich selbst: einen gro�en, braunfederigen Riesenuhu mit einer Schnabelspalte, die bis weit unter die Ohren reicht. Er hat nur einen Fang. Strix meint, sie m�sse den Fang kennen! Dann k�hlt die Luft um sie her allm�hlich ab; lange schwarze Schatten schleichen sich �ber den Hof hin -- -- der Tag geht zur R�ste. Gleich einem gro�en Vogelzug mit Wildrosenschimmer �ber den flimmernden Fl�geln sieht sie die Wolken dem fernen, roten Abendland entgegeneilen. Und der Wind folgt hinterdrein, so schnell er nur kann ... es wird ger�uschleer, fast waldeinsam um sie her. Bald jagt die erste kleine behende Fledermaus an ihrem Bauer vorbei. Es folgen mehrere -- und dann auf einmal wimmelt es von Flederm�usen. In unbest�ndigem Zickzackfluge huschen sie �ber den Hof, aus und ein, wenden in rechten Winkeln oder schaukeln in langen anmutigen Zirkelbogen herum, um dann wieder wegzuflimmern und zu Punkten in der Luft zu werden. Gro�e, schwerbelastete Nachtschw�rmer mit dem fetten, plumpen Hinterk�rper, der unter ihren hastig schwirrenden Fl�geln herabbaumelt, schrauben sich m�hsam vor ihr in die Luft empor, w�hrend ungeschlachte, brummende Maik�fer mit einer Geschwindigkeit, die sie veranla�t, lange Striche die Kreuz und die Quer durch die Luft zu ziehen, klatsch, klatsch gegen das Bauer schlagen und krabbelnd herunterfallen. Die Finsternis verdichtet sich um Strix ... in dem tiefen Blau oben �ber den Baumwipfeln funkelt der Abendstern, gelb und gro�, als einziges, schimmerndes Loch in der Himmelskuppel ... Die treuen Tiere der Nacht sind alle ausgegangen! Sie ist nun wieder ganz zu Kr�ften gelangt und rumort in ihrem Gef�ngnis herum, w�hrend sie mit Schnabel und F�ngen an dem Drahtgewebe zerrt. Sie zieht es auseinander, sie holt es zu sich heran, sie r�ttelt und rei�t -- und das Drahtgewebe zerspringt. Es hat Jahre lang gehalten; jetzt kann es keine Stunde mehr halten! Sie bekommt den Kopf heraus und den halben K�rper, aber die beiden gro�en Fl�gel bleiben h�ngen. Sie mu� wieder zur�ck, wieder hinein und weiter an den z�hen Str�ngen zerren; ihre Zunge blutet, ihr Schnabel schmerzt -- aber endlich gelingt es ihr doch das ganze Drahtgewebe aufzurei�en. Als sie sich auf der Schwelle zur Freiheit befindet, f�hrt pl�tzlich ein kleines, schiefbeiniges, rotbraunes Ding kl�ffend auf sie ein. Es ist der Nachtw�chter und Gef�ngnisw�rter hier auf dem Forsthofe, der alle die verschlossenen T�ren und Luken unter seiner Aufsicht hat. Das f�rchterliche Rumoren dort im Eulenbauer hat ihn schon lange darauf aufmerksam gemacht, da� da etwas los ist; nun will er aber die neue Eule lehren, da� er sich dergleichen gr�ndlich verbitten mu�. Der wachsame kleine Gef�ngnisw�rter hat indessen kein Gl�ck. Strix schl�gt die F�nge in seinen R�cken ... er f�ngt an, gottsj�mmerlich zu heulen und st�rzt schreckerf�llt ins Haus hinein. Es ist sonderbar ... aber das Geheul erinnert sie auf einmal wieder an Uf! Im selben Augenblick schreitet ein kleiner schwarz- und wei�gefleckter Kater mit steifem Schwanz und eifrig windenden N�stern auf den Hofplatz. Er geh�rt eigentlich zu einem Forsthaus weit dr�ben auf der andern Seite der F�rde, aber der Fr�hling zerrt auch in ihm! Des Fressens halber kommt er nicht, doch ... wenn sich die Gelegenheit bietet, nimmt er gern einen Bissen mit. Jetzt wittert er pl�tzlich V�gel und sieht eine Chance ... Er verrechnet sich, armer Kerl -- und es geht ihm schlimmer als dem kleinen, schiefbeinigen Gef�ngnisw�rter. Strix, die nun gl�cklich dem Bauer entronnen ist, nimmt ihn als ihre rechtm��ige Gefangenenkost und h�lt eine wohlverdiente Mahlzeit an ihm. Noch in derselben Nacht findet sie sich �ber die F�rde zur�ck und in ihre Ein�de in dem trauten Hochwald. Sie versteckt sich in ihrem hohlen Baumstamm ... da sitzt sie und denkt das _ihre_ �ber das Dasein. Zu Anfang war sie dem Eindringen der Menschen in ihr Bereich offen und mit Macht begegnet! Was sollte sie wohl f�rchten? Sie hatte ja ihren scharfen Schnabel und ihre spitzen F�nge, und sie hatte ihre gro�en, starken Fl�gel; sie besa� Selbstvertrauen und Zutrauen zu ihren F�higkeiten und Kr�ften -- was sollte sie wohl f�rchten! Aber ihr h�ufiges Zusammentreffen mit den Menschen und die Erfahrung, die sie daraus sch�pfte, hatte ihrem Vertrauen auf eigenes Verm�gen einen Sto� versetzt; hier hatte sie ja einmal �ber das andere ihren Meister gefunden --; einen Gegner, den sie nicht hatte in die Flucht schlagen k�nnen! Da� der Mensch gef�hrlich war -- das begriff sie jetzt. Es war nicht besser geworden mit der Unruhe im Hochwald. Noch am Abend bei Sonnenuntergang, wenn sie aus ihrem Tagesschlaf erwachte und sich anschickte auszufliegen, konnte sie Wagenrollen und �xteschlagen h�ren. Ihr gro�es Heim, wo sie vor vielen Jahren in ihrer Jugend gewohnt hatte, war schon umgestaltet und abgeholzt. Ganz weit drau�en, wo einst ihr Horstbaum stand, erhob sich jetzt ein Haus neben dem andern, Gitter und Hecken wechselten ab mit Stacheldraht und Z�unen; Motorr�der surrten umher, Telephondr�hte durchwebten die Luft, lange Schornsteine spien die Eingeweide der Erde aus, und heulende Eisenbahnz�ge fauchten �berall. Die Menschen breiteten sich aus wie die Wanderratten in gewissen Jahren auf dem Berge ihrer Vorfahren; Strix wollte es scheinen, als m��ten sie vorw�rts �ber ihre Leichen! -- -- -- Und dann ward endlich der Gipfelpunkt erreicht. Es ist Jagd im Tierwald, dem letzten der einstmals so ausgedehnten Hochw�lder am innersten Ende der F�rde, dort, wo Strix ihre jubelerf�llten Tage gelebt hat -- und die Hunde hetzen einen Hasen. Sie wird von dem Gekl�ff geweckt, und als sie den Hasen vor�berschl�pfen sieht, kann sie nicht widerstehen; sie mu� der Bande folgen. Es ist ja ihr Hase, den die Hunde hetzen! Es ist der letzte Hase, der sich hier im Walde, ja, in der ganzen Umgegend findet -- nun holen die meutestarken Teufel ihn! Ihr geh�ren alle Hasen, das ist doch ganz selbstverst�ndlich; so lange sie gelebt hat, haben die Hasen ihr geh�rt! Strix setzt von ihrem Zweig aus den Sp�rhunden nach ... Sie streicht lautlos �ber ihnen und wirft sich mit einem Brausen dicht vor der Nase des ersten nieder. Im Vor�berflug gibt sie ihm einen Fang, der sein rechtes Nasenloch unheimlich klaffen macht. Der Hund st��t ein durchdringendes Geheul aus ... Dann bei einer Wegbiegung, packt Strix den Hasen. Sie ist schon dabei, ihn zu verzehren, als zwei gro�e Sp�rhunde nahen. Mit dem dicken Ende des Fl�gelknochens versetzt sie dem eifrigsten einen Schlag gegen die Nase und zerfetzt mit den F�ngen das Ohr des andern. Nach einer Weile erscheint einer von den J�gern. Er ist wie gel�hmt, als er aus der Ferne die Hunde geifernd um einen gro�en Vogel sitzen sieht -- und er bleibt schleunigst stehen und macht sich schu�bereit. Er will dir den Raub wegnehmen, denkt Strix ... na, versuch' es nur mal! Da entsendet der J�ger ein Br�llen in den Wald hinaus, sein Atem geht von ihm aus wie ein hei�er Kampfesodem, und mit unsichtbaren F�ngen zerrt er an ihrer Haut. Das war unergr�ndlich geheimnisvoll, und davor entfloh sie! Aber nun hatte Strix genug -- seit dieser Zeit hielt sie sich den Menschen fern. Der gro�e Uhu kann sich nicht mit der Kultur abfinden. Es gab einige Tiere, die sich nach ihr einstellen konnten. F�chse und Dachse zum Beispiel, Marder und Wiesel, die konnten sowohl in der zahmen Natur wie in der Wildnis gedeihen. Und da waren andere, die den wilden unangebauten Gegenden ganz entsagen konnten, die Vorteil zogen aus der stark um sich greifenden Urbarmachung und ihr Leben danach einrichteten. Da waren Rebhuhn, Hase, Reh, Kr�he und Elster; die wuchsen f�rmlich aus dem Boden, wo die Axt rodete und wohin der Pflug kam. Sie aber, Strix Bubo, konnte sich auf keinen Vergleich mit dem Neuen einlassen. Alles das, was aufr�umte und licht machte, war ihr ein Greuel; es t�tete die Lebensfreude in ihr ... es hatte sie, so lange sie denken konnte, ununterbrochen in die Flucht getrieben. Aus ihrer Ein�de in den Hochw�ldern um die Tiefe der F�hrde wird sie nun weiter und weiter hinausgedr�ngt, dem Waldessaum zu, bis sie schlie�lich wegfliegen mu� -- hinweg �ber die Menschennester, hinweg �ber das Land jenseits der Menschennester, hinaus nach einem sonderbaren, ausgestorbenen Walde, der einsam und fern zwischen S�mpfen und Heidemooren liegt. In einer wilden H�gelschlucht -- _Teufelsh�hle_ genannt -- vor einem �den, d�stern Waldsee findet sie endlich in dem verfaulten Stamm einer alten, leeren Buche eine neue Freistatt, ein Heim, das ihr uraltes Sehnen nach einer Bergschlucht erf�llt. Sie ha�t Stimmengekr�chz, sie ha�t Hundegekl�ff -- und Axthiebe und S�gezahnbisse k�nnen sie um Sinn und Verstand bringen. Sie sollte nur niedersto�en auf diese Friedensst�rer, auf diese gro�en Ratten, die selbst hier im entlegenen Walde, wenn auch nur von Zeit zu Zeit, herumhuschen. Aber sie mag nicht mehr; auf alle F�lle nicht am Tage -- und des Nachts geschieht es nie, da� diese Mitgesch�pfe sich bemerkbar machen. Dann heult nur der Wind, und der Wald summt seine alten Melodien; sie kann ungest�rt jagen, ungest�rt kr�pfen, nach allen den bekannten Wiesen und Lichtungen fliegen und vern�nftige Spazierg�nge in aller Ruh rings umher auf dem Waldboden unternehmen. Die Finsternis ist ihr Reich, und die Finsternis kehrt wieder nach dem L�rm des Tages, kehrt immer, immer wieder ... Nur diese Tatsache h�lt sie best�ndig fest, sonst w�re sie Uf l�ngst nachgeflogen -- �ber alle Berge! 6. Winterleben im entlegenen Walde Dahin sind die hellen Tage des Sommers mit goldener Sonne �ber reifendem Korn! Die W�lder sind verwelkt, das Laub ist abgefallen -- alle die bunten Farben des Herbstes liegen bleich und zerm�rbt um die Wurzeln der B�ume. Nur das Moos schimmert, und die Beeren an der Eberesche sind hellwach! Klare, k�hle Morgen mit d�nnem Eise und Nachtreif sind dunklem, regnerischem Tagesgrauen gewichen. Der Novembernebel hat schwer und dr�ckend �ber einsamer Heide und steifen W�ldern gelegen und die S�fte des Lebens zur Ruhe gebracht. Jetzt hat sich der Winter gemeldet, jetzt ist der Frost gekommen! �berall liegt Schnee. In dem fernen Walde ist die Schlucht zwischen den hohen, steilen H�geln, wo Strix jetzt wohnt, ein Wirrwarr von Faulbaum und Erle, von Birke und Gei�blatt -- und unter den ineinander gefilzten Zweigen flie�en -- schwarz und kalt -- die grundquellreichen Wasser des �den Waldsees. Hier ist das M�rchenland, von dem der Mensch fabelt! Es sch�umt da drinnen. Aus dem blanken, sturmblauen Osthimmel tritt der wei�e Wintermond hervor, rund und klar. Im Westen gl�ht es. Der Horizont brennt mit hagebuttenrotem, goldgelb flammendem Schein ... Strix ist noch nicht aus ihrem Tagschlummer auf dem Grunde ihres hohlen Baumes erwacht. Aber Taa, der Marder -- ihr alter Erbfeind und schlimmster Nebenbuhler, der sich wie sie aus dem Hochwald hat zur�ckziehen m�ssen -- ist schon auf Jagd aus. Ihnen beiden ist es eine Zeitlang k�mmerlich ergangen! In den dunklen Dezembern�chten, w�hrend str�mender, eiskalter Regen mit Sturmesgewalt �ber den Wald herabgeschleudert wurde und ihn durchn��te und schwer zug�nglich machte, hat sich alles Lebende unter Dach gehalten. Da haben sich die fleisch- und pflanzenfressenden Tiere in Kriegszustand befunden -- und Strix und der Marder haben bittern Hunger gelitten. Jetzt, wo der Schnee dicht �ber Heide und Moor liegt, halten sie sich schadlos -- und ihre scharfen Augen entdecken jetzt doppelt sicher den Raub, dessen sie bed�rfen. Zum �berflu� ist der Winter ungew�hnlich mildt�tig gegen sie gewesen: er hat ihnen -- als Neues vom Jahr -- einen gro�en Zug Eichh�rnchen gebracht. Anfangs gab es fast �berall im Walde Eichh�rnchen; die behenden Tierchen haben alle L�cher in den hohlen B�umen mit Beschlag belegt, haben die Tannen und die leeren Kr�hennester ausgef�llt. Strix pflegt jede Nacht ein halbes Dutzend zu bew�ltigen. Da aber auch der Fuchs auf Raub ausgeht, und der Marder ganz einfach die Forderung stellt, in Eichh�rnchen schwelgen zu k�nnen fangen die leckern Tiere schon an, auf die Neige zu gehen. Der grausame Taa ist noch grausamer geworden! Die H�rte des Winters macht sich auch in ihm geltend, und er mu� fortw�hrend etwas Warmes in den Leib bekommen. Drinnen im M�rchenland, auf einer Lichtung, nicht weit von dem Baum des gro�en Uhus, hat er fr�h am Abend das Gl�ck, ein Eichh�rnchen zu �berraschen. Das Eichh�rnchen ist noch sp�t drau�en. Es sitzt in dem Wipfel einer kleinen, allein stehenden Tanne und pickt an einem samengespickten Tannenzapfen. Es ist unvorsichtig von dem Eichh�rnchen, seine Abendmahlzeit so sp�t einzunehmen und so weit entfernt von dem schirmenden Versteck; daher hat Taa auch sofort seinen Schlachtplan fertig: auf dem Erdboden wird er dem kleinen Springer �berlegen sein, das wei� er! Vorsichtig schleicht er sich unter die Tanne -- und Ritsch, Ratsch -- steigt er in die H�he. Das Eichh�rnchen l��t schleunigst die tannennadelbehafteten Pfoten von den Schuppen des Zapfens und st�rzt auf den n�chsten langen federnden Tannenzweig hinaus. Als es das Ende des Zweiges erreicht hat, benutzt es ihn als Schwungbrett und l��t sich mitten in die Lichtung hinabschleudern. Mit raschen Spr�ngen eilt es dahin �ber den Schnee ... Der Marder setzt dem Fl�chtling nach. In wilden R�ckenbiegungen und Streckungen nimmt er in Spr�ngen von anderthalb Metern die Lichtung. Er gleicht einem Flitzbogen, der ununterbrochen bald stramm gezogen, bald schlaff gemacht wird. Aber Taa ist im Nachteil durch seines behenden Gegners lange, geschickte Luftspr�nge; er kommt seiner Beute nicht nahe, ehe sie zwischen den Baumst�mmen angelangt ist. Das Eichh�rnchen saust in die H�he -- und Taa ihr nach; und dann geht es durch eine Baumkrone nach der andern, so da� der Schnee in gro�en Klumpen herabf�llt. Das Eichh�rnchen bedient sich aller Kniffe; es f�hrt den Marder auf Abwege, auf verfaulte Zweige hinaus, von dem obersten Wipfelzweig st�rzt er sich mutig herab, und ist dann im n�chsten Augenblick wieder oben in der �u�ersten Spitze eines Baumwipfels. Die schneebedeckte Erde schimmert gr�nlich-wei� im Mondlicht ... unheimlich dunkel klemmt sich der Hochwald zusammen, um die beiden fliegenden Tiere, und schwarze Dickichte unter ihnen liegen da und rollen sich gleichsam im Schnee. Der Kronenw�lbung Gewirr aus Zweigen und �sten zeichnet ein Gewebe, ein Netz gegen den hellged�mpften Himmel, aus dem die Sterne wie ferne Katzenaugen hervorfunkeln. Pl�tzlich hat das Eichh�rnchen Ungl�ck. Da, wo es sich hat herunterplumpsen lassen, hat sich der Schnee in einer gro�en Schanze angesammelt; es sinkt auf den Grund und wird in den losen, weichen Flocken begraben. Gleich einer roten Rakete, beleuchtet von den flimmernden Mondstrahlen, streicht der Marder durch die Luft, seiner Beute nach und hakt sich in sie hinein, ehe sich das Eichh�rnchen von dem Schnee zu befreien vermag. Er sch�ttelt den kleinen t�chtigen Akrobaten, bis der sein Leben aufgibt -- und springt dann weiter, mit seinem Leckerbissen im Fange. In der alten, hohlen Buche ist Strix erwacht und erscheint mit blinzelnden Lichtern in ihrer T�r. Sie sitzt da und schielt ... hinauf zu dem Mond und zu den Sternen, und hinab auf ihre eigenen schwei�befleckten F�nge! Ihr Blick hat einen harten und strengen Ausdruck bekommen. Die Einsamkeit qu�lt sie, und sie kann nicht vergessen ... Der Groll und die Bitterkeit nach den vielen Ungl�cksf�llen ihres Lebens nagt noch immer an ihrem Innern. Gelegentlich, wenn es sich so trifft: wenn sie Menschen reden oder Axthiebe fallen h�rt oder wenn sie die dumpfen Spr�nge ihres alten Feindes Taa vernimmt, flammt es in ihr auf -- und dann wird sie grausam und rached�rstig. Lautlos still, aber bitter kalt ist die Nacht ... Eine spr�de, glitzernde, gleichsam mit Nadeln angef�llte Frostluft f�chelt ihr um den Bart; sie h�rt die Baumst�mme st�hnen unter dem Joch des Frostes und die rieselnden Wellen des Waldsees gegen das Eis ank�mpfen. Hell wie am Tage breitet sich der Wald unter ihr aus und legt sich nackt hin, selbst ganz unter den dicht verzweigten Buchen, wo die ausgehungerten M�use hausen. Ganz deutlich sieht sie jedes Getier, das sich hervorwagt. Es ist Fangwetter, wenn die Erde ihr Wintergewand angelegt hat, und der Vollmond hoch am Himmel steht. Gleich einer Riesenfledermaus wirft sie sich aus ihrem Loch heraus und verschwindet mit einem Geheul zwischen den Zweigwolken, um auf Raub auszugehen. Eine Strecke vor ihr, drinnen im Walde, h�pft Taa mit seinem kleinen Akrobaten. Er hat schon ein wenig in sich hineingesogen und einzelne Bissen von dem Braten herausgerissen, aber er hat noch nicht den ganzen Akrobaten verschlungen. Er, der Marder, wei� sehr wohl, es ist eine Eigent�mlichkeit jedes Bratens, der munden soll, da� man sich damit erst abseits in die B�sche schlagen und einen Ort finden mu�, wo man verborgen sitzen kann, w�hrend man das Mahl verzehrt. Da, auf dem Wege dorthin f�llt er �ber einen Steig aus tiefen, groben Spuren, eine warme, frische F�hrte steigt ihm in die Nase -- und pl�tzlich sieht er vor sich etwas wie einen trocknen Tannenstumpf aus dem Schnee aufragen. Auf einmal steigt ein gro�er, brauner Kopf in die H�he und ein Paar lange Lauscher schlagen die Schneeschollen weg, als schl�gen sie nach M�cken. Es ist ein Rottier, das warm in seinem wei�en Winterbett sitzt! Taa ist doch ein klein wenig best�rzt, namentlich, als er nach einigen weiteren Spr�ngen dem Kalb des Rottieres von Angesicht zu Angesicht gegen�bersteht ... es ist dicht bereift �ber den ganzen R�cken. Da ert�nt pl�tzlich ein h��liches, wahnsinniges Getute. Es wird von einem durchdringenden, langgezogenen Geheul eingeleitet, dann folgt ein heiseres, abschreckendes Lachen, und endlich ein Schrei, der durch Mark und Bein geht. Das Rottier f�hrt zusammen -- und krasselt mit dem Kalbe in wilder Flucht davon, auf die n�chste Dickung zu. Der Marder aber verliert die Besinnung, statt sich in das Lager des Rottiers zur�ckzuziehen, sich mit seinem Raube einzugraben und im Schnee zu verschwinden, wei� er im Augenblick nichts besseres zu tun, als das Eichh�rnchen in den Fang zu nehmen und dem Wild zu folgen. Strix jedoch jagt ebensosehr dem Geh�r wie dem Gesicht folgend! Jeder Laut, den sie vernimmt, meldet ihr eine M�glichkeit; lautlos setzt sie ihm nach, ungeahnt taucht sie auf, das gro�e, gefiederte Gespenst! L�ngst haben ihre Ohren das Ger�usch des fliehenden Rotwildes aufgefangen -- sie beschleunigt den Flug der Wollschwingen und richtet die Marterf�nge ... da erblickt sie Taa mit etwas im Fange! Sie erinnert sich seiner deutlich von jenem Sommermorgen, wo er eingeklemmt in den zusammengepre�ten F�ngen ihrer Jungen sa�; er war der Erste, der versuchte, ihr ihre Brut zu rauben -- und auch er hatte sie angef�hrt. Strix verschlingt ihn mit den Augen von dem abgenagten Stummel seiner Rute bis zu seinen breiten Sohlen; schon glaubt sie, da� die rote Waldkatze ihr geh�rt ... Da spielt der Schattenvogel, den der Mond vor ihr auf den Schnee zeichnet, Strix einen niedertr�chtigen Streich -- der Marder wird in der letzten Sekunde gewarnt! Im Augenblick wo sie niedersto�en will, dr�ckt er sich pl�tzlich an den Boden, so da� die Eule �ber ihn hinf�hrt und nur das kleine verendete Eichh�rnchen in den Klauen h�lt. Wie sich ein Maulwurf in einem Nu in die Erde birgt, gr�bt sich Taa bis auf den Grund in die wei�en Kristalle hinein, Strix schl�gt um sich, aber vergebens -- die geschmeidige Marderkatze bringt sich in Sicherheit. Da mu� Strix sich zufrieden geben; mit ihrem geraubten Fra� fliegt sie auf einen Zweig hinauf und kr�pft ... Sie verschlingt das Eichh�rnchen, kr�pft seine Fahne, seine Z�hne, seine Klauen; dergleichen grobk�rniger Zusatz bef�rdert die Verdauung so angenehm! Aber _ein_ Eichh�rnchen ist zu wenig f�r einen Verbraucher wie Strix. Sie mu� versuchen, sich mehr zu erlauschen, zu erlauern oder zu erjagen -- und sie streicht, einer gro�en Flocke gleich, durch die Kellertiefe des Tannenwaldes und gleitet weiter wie ein Schatten durch den Hochwald. Sie untersucht die Wipfel -- sollte da nicht eine Taube sitzen? Sie versenkt sich in die Dickungen --: sollte sich nicht eine Amsel dort verborgen haben? Die l�hmende Angst folgt ihr; da� man sie nicht h�rt, sie nicht sieht, ehe sie auftaucht, darin besteht Ihre Zaubermacht. Schon breiten sich bla�gelbe Nebel im Osten aus. Die graue Dunkelheit wird zu blauem Himmel, und schwarze Wolkenschichten erhalten Glorienglanz. Die gelbe Sonne ist auf dem Wege aufw�rts, bald wird sie auf ihrem kurzen Tageszuge rings um den Wald wieder sichtbar werden. Ein paar rote Dompfaffh�hne zwischen einem Gewirr reifgeschm�ckter Birkenzweige scheinen Strix grell in die Augen, und jetzt endlich sieht sie, wonach sie die ganze Nacht gesucht hat --: ein Eichh�rnchen schl�pft vor ihr her, einen Zweig entlang. Das Eichh�rnchen ist morgenfrisch -- und Strix hat Pech mit ihrem ersten grausamen Schlag; sie schl�gt von unten zu, aber sie jagt nur die F�nge in den Zweig, auf dem das Eichh�rnchen sa�. In langen, krummbahnigen Spr�ngen, als w�re es eine abgeschossene Kugel, saust das Eichh�rnchen von einem Baumwipfel zum andern. Mit zusammengefalteten Fl�geln schleudert sich Strix hinter ihm her, sie macht j�he Wendungen rund um die gro�e Krone herum. Sie steigt mit schnellen, aber lautlosen Fl�gelschl�gen, gleich einem gro�en, braunen Fu�ball, und streift mit blitzschnellen Hieben den glatten Pelz des Eichh�rnchens. Haare stieben durch die Labyrinthe der Zweigw�lbungen ... Das Eichh�rnchen schwebt in gr��ter Gefahr. Trotz ihres schweren K�rpers versteht es Strix meisterhaft, sich zu winden, und sie ist dem Springgesellen mehrmals so dicht auf den Fersen, da� ihr die zur�ckschnellenden Zweige ins Gesicht schlagen. Aber dieser Akrobat ist nicht von gestern. Es ist ein alter, gewiegter Bursche, der schon fr�her im Leben Eulen im Nacken gesp�rt hat -- er wei�, wo er hin will, wo Hilfe zu finden ist. Die Gebirge auf dem Mond werden schwarz ... Immer m�chtiger, immer blendender erscheint die Himmelskuppel im Osten. Schon schlecken gelbe Flammenstrahlen herauf -- und weit drau�en am Horizont schl�gt gleichsam ein gro�er Pfau sein prachtvoll bl�ulich glei�endes Rad. Ein Schimmer vom Tag sickert zwischen den B�umen herab ... Strix ist zu sehr in Anspruch genommen von ihrer Jagd; sie achtet nicht auf das Licht, das den Wald um sie her lebendig macht. -- -- -- Auf der Leeseite des Waldes, in einem entlegenen Eschenmoor, sitzen Kr�hen und Dohlen auf ihren Schlafb�umen. Strix hat in der letzten Zeit zu sehr in Eichh�rnchen geschwelgt; sie hat diese leckere Neuigkeit des Jahres der allt�glichen Kost, den Aasv�geln, vorgezogen. Sonst h�tten die Kr�hen keine so ruhige Nacht gehabt! Wie eine Sternschnuppe sinkt das Eichh�rnchen nach einem gl�cklich ausgef�hrten Riesensprung quer durch das Kr�henvolk hindurch ... Da stiebt aus den Kronen alter Eschen eine boshafte, _morgenverdrie�liche_ Vogelschar auf. Mit Schreien und Fl�gelschlagen umwirbeln sie die Schlafb�ume, kreischen wild und brechen in ein gellendes Gel�chter aus. �ber den Waldwipfeln in der Ferne geht gerade die Sonne auf ... Strix ist mitten zwischen ihnen, ehe sie sich's versieht. Sie erhaschen einen Schimmer ihrer wolligen d�mmerungsfarbenen Fl�gel, mit denen sie zwischen den B�umen aus und ein fliegt -- und nun st�rzen sie sich �ber sie. Von oben, von unten, von der Seite kommen sie. Die Kr�hen haben etwas zu r�chen. Der gro�e n�chtliche R�uber wirkt auf sie wie ein Schlag ins Gesicht, versetzt sie in Wut -- sie kennen Strix von mancher Gewalttat her! Gleich stechs�chtigen, aus dem H�gel aufgescheuchten Wespen umsummen sie Strix. In langgestrecktem Bogen, unter spitzen, unbeholfenen Wendungen sto�en sie auf sie ein. Sie sind mutig, sie sind zahlreich: Hunderte und aber Hunderte gegen _einen_ Feind. Federn und Daunen stieben wie Laub im Herbst durch den Wald ... Strix hat genug zu tun, um sich w�hrend der Flucht zu sch�tzen. Mit Fauchen und Lichterblitzen, mit Fl�gelknochen und F�ngen ist sie bem�ht, sich die zudringlichen Viecher vom Leibe zu halten. Sie wagt nicht, ihre gew�hnliche Kr�hentaktik anzuwenden, die sie in ihrem �bermut zuvor so oft diesen Proletariern der Luft gegen�ber benutzt hat. Freiwillig hat sie sich zuweilen von ihnen finden lassen und ihnen gestattet, ununterbrochen um sie zu k�mpfen. Und dann pl�tzlich, wenn eines zu dummdreist geworden war, hat sie die Gelegenheit wahrgenommen und den Gesellen mit ihren F�ngen erhascht. Da aber sind es nur drei, vier St�ck gewesen -- und jetzt sind da Hunderte und aber Hunderte! Das leckere kleine Eichh�rnchen ist vergessen; das hat sich l�ngst geborgen und sitzt wohl verwahrt in irgendeinem Schlupfwinkel und verschnauft. Auch Strix' Gedanken drehen sich jetzt um nichts weiter als um einen hohlen Baumstamm. Das Gesindel ist hinter ihr drein, der Wald ist in Aufruhr ... Da ist das Gl�ck ihr hold. Wie sie sich in wildester Flucht, verfolgt von dem Kr�henschwarm, hinter einen Stamm wirft, verschwindet sie pl�tzlich. Ihren Verfolgern will es scheinen, als sei sie von dem Baum verschlungen. Kopf�ber taumelt sie in einen tiefen Spalt hinab ... Wo ist sie abgeblieben? schreien die Dohlen, und sie verdichten sich wie Kohlenrauch um ihr Versteck, machen einen langen Hals und starren. Ein verwegener Schelm wagt sich ganz dicht heran und guckt in das Loch hinein, f�hrt aber mit einem Gekreisch zur�ck. Hu! war das ein gr�ulicher Anblick! Es gl�ht aus dem faulen Holz heraus, wild und flammend; der Schelm hat genug gesehen, er ist am Rande einer Schlucht gewesen, die tief wie ein Abgrund war. Dann kreischen die aufgeregten Kr�hen eine Stunde lang, sie schelten und schimpfen, fahren einander an die Kehle und kratzen und hauen sich gegenseitig nach den Augen, bis ein armer, r�udiger, wintermatter Fuchs ihrer Wut endlich den n�tigen Ablauf schafft. -- -- -- Als eine Weile alles still gewesen ist, kommt ein gro�er Kopf behutsam zum Vorschein. Strix taucht auf und sieht sich lange w�tend um. Da sind Drohungen, da ist Rache in ihrem Blick! -- -- -- Am folgenden Abend ist kein Brand im Sonnenuntergang: das Licht ist hinter Schneet�ll verborgen. Ein schwerer, grauer Himmel lauert �ber der Erde; es schneit hin und wieder -- und die vereisten Birkenkronen klirren. In der freien Luft �ber dem Walde, wo ein bei�end kalter Nebel die h�chsten Wipfel verschleiert, sind die Kr�hen im Begriff, sich zur Nacht zu versammeln. Schon aus der Ferne h�rt man sie in kleinen Scharen von acht bis zwanzig heranziehen ... Sie versammeln sich heute abend fr�h -- und wie sie sich in schwarzpunktigen gro�en Schw�rmen rund herum schwingen um den alten, dichten Tannenwald, der sie mit seinem Nadeldach und tausenden von Ruhezweigen anzieht, klagen sie in einem m�chtigen Chor ihre Winternot. Die Kr�he gibt in der Regel einem kahlen Schlafast den Vorzug. Sie will am liebsten in der Esche des Moores oder in der alten Buche des Hochwaldes sitzen, um leicht aufhaken und abstreichen zu k�nnen. Aber heute abend ist das Wetter ungew�hnlich hart, und der Hunger im Bauch ist nur halb gestillt. Kra-ah! Kra-ah! singen die schwarzen V�gel -- und es liegt etwas bedr�ckend Unheimliches in ihren Stimmen. Jedesmal, wenn ein neuer kleiner Schwarm von der Tagesarbeit zur�ckkehrt und sich den Genossen anschlie�t, erh�lt der Chor gleichsam neue Unheimlichkeitsnahrung und vermehrt seine St�rke. Und dann schwindet das Licht -- -- Die rund herum segelnden gro�en Schw�rme schweben n�her und n�her den emporragenden Wipfeln zu, l�sen sich pl�tzlich auf und kuscheln sich in die Nadeltiefe ein. Es ist ein Wohlsein, eine namenlose Erquickung, den K�rper unter den warmen Kissen zu bergen. -- -- -- Aber unten, ganz nahe am Stamm, auf dem knorrigsten Ast thront Strix. Sie sitzt da und heuchelt einen Knorren. Mit gespannter Aufmerksamkeit hat sie das Abendgekr�chze der Aasv�gel verfolgt ... die spielenden Federh�rner haben ihre Gem�tsstimmung ausgedr�ckt. Das unheimliche D�mmerungskonzert ist in ihren Ohren zu der lebhaftesten Musik geworden; sie hat mit voller Befriedigung vernommen, wie der Chor wuchs und wuchs, und die Luft von den vielen gespannten Schwungfedern dr�hnte. Jetzt, wo die Kr�hen wie die Flocken aus einer Schneewolke, die zerstiebt, rings um sie her in die Tannen hinabplumpsen, jetzt, wo sie es endlich in ihrer unmittelbaren N�he kribbeln h�rt, wird sie auf ihre Weise dem Ursprung allen Lebens dankbar. -- -- -- Ein stumpfrutiger Marder hat die gleichen Absichten wie Strix. Er spaziert hoch oben in Kronenh�he durch den Tannenwald; das regnerische Wetter beg�nstigt auch seine Meuchelm�rdertaktik. Er ist an einem Stamme drau�en am Rande des Waldes aufgebaumt; jetzt hat er einen Kilometer, oben zwischen den Zweigen balancierend, zur�ckgelegt. Niemand ahnt ihn! Er schiebt sich an einem Zweig entlang, der im Winde schaukelt. Fa�t dann das Ende des Zweiges und wippt in einen neuen hin�ber, an dem er entlang kriecht, bis er im Baum verschwindet. Dann schiebt er sich auf der entgegengesetzten Seite weiter, lauert von Zeit zu Zeit und windet lange. Es geht nicht in geschwinder Fahrt, wie hinter dem Eichh�rnchen drein, aber es eilt ja auch nicht! Zuf�llig steuert er geradeswegs auf die knorrige Tanne los, die sich so ungew�hnlich gut zum Lauern eignet. Sie ist voll trockner Knorren und dicht nebeneinander sitzen sie, so da� er keinen Vorteil durch Klettern einb��t, nein, er kann schleichen ... ganz bequem, als ginge es eine Treppe hinauf. Und dann dort, wo der lange Schaft des Stammes allm�hlich irgendwo hoch oben unter den Wolken einen Besen bildet, ist die Tanne so zusammengefilzt, so dicht und nadelig, da� niemand, weder von oben noch von unten, einen Einblick hinein gewinnen kann. Eine kleine Lichtung in dem gr�nen Gew�lbe, zu dem sich die Tanne emporreckt, erschlie�t den Kr�hen und Holztauben den n�tigen Einflug. In seine eigenen, tiefsinnigen Gedanken versunken, beginnt der allt�glich bek�mmerte Taa seinen Aufstieg. Sein knurrender Magen hat unm�glich vergessen k�nnen, da� er vor mehr als achtzehn Stunden um einen kleinen leckern Akrobaten betrogen ist, f�r den die sp�henden Lichter und der suchende Windfang ihm noch keinen Ersatz in Aussicht gestellt haben. Seine Spr�nge von einem Zweig zum andern auf dem Spaziergang hierher sind nur knapp bemessen gewesen; bei _einer_ Gelegenheit ist er sogar hindurch geplumpst -- bis hinab auf den Erdboden. Er ist halbwegs m�de und schlapp ... Hin und wieder w�hrend des Aufbaumens streifen seine gierigen Lichter wohl einen gro�en Knorren oben an der Seite des Stammes; aber solche Knorren hat ja jeder zweite alte Baum, und die greisenhafte Tanne hier ist voll davon. Zum �berflu� kommt der Wind gerade von der verkehrten Seite; es zieht durch die Lichtung von unten herauf, wie durch einen Schornstein. Als Taa bei dem Knorren angelangt ist, wird dieser pl�tzlich lebendig und f�rchterlich zu schauen. Strix �ffnet die Seher und z�ndet gleichsam Licht an, ein brandroter, phantastischer Schein schiebt sich �ber den Marder und h�lt ihn fest. Sein halb offener, arbeitst�hnender Rachen schlie�t sich und in seinen Blick kommt das Verschlagene und Verlegene, das ein Raubtier nicht zu unterdr�cken vermag, wenn es sich einer groben Unachtsamkeit bewu�t wird. Aber Strix will hier keinen Kampf! Wohl ha�t sie diesen schlauen und frechen R�uber -- und kann sie ihn von hinten �berfallen, die F�nge in seinen Rumpf schlagen und seinen starken Nacken in den Schraubstock ihrer Schneiden fangen -- dann ist die Gelegenheit da. Aber nach offenem Kampf, wenn ihr der Hunger nicht in den F�ngen kribbelt und sie unb�ndig macht, so da� sie gleichsam rufen: greif ihn und kr�pf ihn! gel�stet es sie nicht. Und Taa seinerseits wird sich schon h�ten! Es ist, als wenn diese beiden mordlustigen, ungef�hr ebenb�rtigen Gegner sich des Anlasses dieses Zusammentreffens wohl bewu�t sind; kein Laut dringt aus ihren Kehlen. Der Uhu bl�st sich nur auf und str�ubt die Zauberh�rner; der Marder schleicht von dannen wie eine begossene Katze. Der Sturm schaukelt die Tannen, so da� ihre wolligen Zweige in die H�he schlagen wie ein Kleid, das der Wind gefa�t hat. Es ist dunkel zwischen ihnen wie im Grabe. Die tagm�den Kr�hen sind l�ngst eingeschlafen. Der Himmel speit Schnee, und die Schauer treiben Brandung und Sturzseen in den Wald und bringen die Legionen der Tannennadeln zum Kochen und Sieden. Wer hoch oben auf einem Zweige sitzt und in die Tiefe hinabsieht, dessen Gesicht wird noch dunkler, wer aber von unten heraufkommt und in die H�he guckt, hat noch eine Chance trotz der Dunkelheit. Er sieht schwarze Kr�henleiber auftauchen, als seien es gro�e Tannenzapfen an den Zweigen. Ein heiserer Todesschrei schleppt sich pl�tzlich durch die Nacht! Strix hat lautlos ihren ersten schlafenden Klaus �berrascht. Der �rmste erwacht erst, als er in ihren F�ngen eingeklemmt sitzt. Der Schrei weckt j�h die zun�chst schlafenden Kameraden. In das Sturmesgesause mischt sich vereinzeltes Kr�hengekr�chz. Dann auf einmal flattert es aus allen Tannenwipfeln heraus; gleich gro�en, verirrten Finsternisflocken schwingt sich Kr�he auf Kr�he in die Luft hinaus. Heisere Schreie und langgezogene, wehm�tige Klagen steigern das Grauen und das Entsetzen. Sie singen in ihrer Sprache, die schwarzen Aasv�gel, �ber den Verlust und die Verg�nglichkeit des Erdenlebens: hier sa�en wir so sch�n, nachdem wir es so schwer gehabt hatten, da, da -- -- Strix w�tet oben zwischen ihnen. Sie schl�gt die F�nge in den Bauch einer zweiten Kr�he und macht sie schnell auf ewig verstummen. Sie packt eine neue und noch eine -- gar viele schl�gt sie nieder in der Schlacht. Unten aber h�pfte Taa und sammelte eifrig auf ... Jetzt endlich fand er Ersatz f�r seinen kleinen Akrobaten! 7. Der neue Wald r�ckt vor Es war noch wild und urzeitartig in dem gro�en entlegenen Walde. Er war ja freilich ein k�niglicher Staatswald. Es gab einen Forstmeister und es gab F�rster, Hegereier und Waldh�ter, und jeden Winter in der Zeit des F�llens dingte man drauf los unter den Leuten in der Umgegend, um zu roden; aber noch war man nicht so weit gelangt, den Wald auf fachgem��e Weise zu durchforsten. Darum gab es Teile, die noch nie unter dem Gesetz des Rei�eisens und der Axt gestanden hatten, in die seit einem Menschenalter kein Mensch au�er dem Wilddieb und dem Treiberjungen oder dem leidenschaftlichen Eiersammler seinen Fu� gesetzt hatte. Es war hier nicht wie im Kulturstaat, wo es kaum einen Quadratfu� Boden gibt, der nicht alle zehn Jahre mindestens einmal die Stiefelsohlen des Holzw�rters sp�rt. Nein, Gr�ben und Entw�sserungsr�hren waren hier unbekannt, gro�e Moore und Lichtungen lagen mit Gestr�pp bewachsen da, zahllose kleine Seen mit R�hricht und Weidenb�schen gab es, und im Winter war fast jede Niederung �berschwemmt. Es war ein stark kupierter Wald, durchschnitten von langen, sonderbar gewundenen Schluchten, die bei der Fr�hjahrsschmelze das Wasser der H�gel den stillen Waldseen zuf�hren halfen. Arbeitete man sich die H�gel hinauf, so erreichte man H�henpunkte mit weiter und ferner Aussicht; man sah den Wald von oben, sah Kronen und Wipfel im Schein der Luft: das gr�ne Gew�lbe im Mai, das gelbe und rote im Oktober lag wie ein unerme�liches Bl�ttermeer unter Einem und glitzerte in Wellen und Kr�uselungen. Durch den Boden der Kl�fte wanden sich B�che in tiefe Betten. Im Sommer waren sie trocken, nur welke Bl�tter und umgest�rzte Baumst�mme h�uften sich darin auf. Aber zur Fr�hlingszeit gruben die Str�me der Schneeschmelze die Betten auf, gruben sie tiefer und tiefer; stellenweise konnte man in sie hineinsehen, als s�he man in einen Abgrund -- so steil waren die Abh�nge, da� das Herbstlaub, wenn es fiel, in Spr�ngen an ihnen hinabh�pfte wie Kr�ten. In diesem Walde, der so weicherdig und so laubges�ttigt war, da� der Mensch seine eigenen Fu�tritte nicht h�ren konnte, wo ihm, dem hohen Wesen auf Zehen, zumute war, als _schwebe_ er, und wo er deswegen oft schauderte �ber das ungew�hnlich Geisterhafte, das pl�tzlich �ber seinen sonst so schwerf�lligen Fu� und R�cken gekommen war, in diesem Wald versteckt sich D�nemarks letzte gro�e Eule. Sie hatte hier ungef�hr zehn Jahre gelebt und war dieselben Luftwege -- aus und ein -- zwischen dem Zweiggew�lbe geflogen, sie hatte dieselben Fangzweige, dieselben Lauerstellen benutzt und versucht, ihre Beute zu �berholen, wo die Verh�ltnisse und ihre Erfahrung sie gelehrt hatten, da� sie �berholt werden konnte. Alles war von einem Tage zum andern gegangen, wie es zu gehen pflegte -- im Sommer �berflu�: Birkh�hne, Hasen und sp�tgesetzte Rehkitzchen; im Winter Schmalhans: Eichh�rnchen und Kr�hen, und Zank und Streit mit Fuchs und Marder. Sie hatte sich nun an ihre Einsamkeit, an ihr gro�es Entbehren gew�hnt. Nur um die Fr�hlingszeit bei Regenschauern, und auch sonst wenn schlechtes und unruhiges Wetter im Anzuge war, tauchten die alten Erinnerungen in ihrem Innern auf. Wohl entsann sie sich keiner Einzelheiten ... nur unbestimmte Ahnungen von geraubtem Gl�ck durch den Verlust von M�nnchen und Jungen konnten sie zu diesen Zeiten andauernd grimmig und b�se stimmen. Aber es ging nur �ber Marder und Fuchs, �ber Kr�he und Habicht her, nur diese, ihre verh�ltnism��ig unschuldigen Feinde, bekamen ihre F�nge zu f�hlen, die verfolgte sie noch immer aus tiefstem Herzensgrunde. Der Mensch dahingegen war f�r Strix nicht mehr das gro�e, l�cherliche Tier; er war der Herr, dem man gehorchen mu�te, in dessen Launen man sich finden mu�te, und nach dessen Treiben Strix sich notgedrungen richten mu�te. Ihr Drauflosgehen den Menschen gegen�ber hatte l�ngst einen Knacks erlitten; sie scheute sie jetzt mehr, als sie es je zuvor getan hatte. Und dann eines Tages verlautete es ... es ging auf Fledermausfl�geln durch den Wald, unh�rbar f�r andre, als f�r die, so es verstanden: sie hauen, sie f�llen ... Wer? �Die Zweibeine�, �die Gesichter�, �die gro�en Zerst�rer� oder welche Namen man nun f�r die Friedensst�rer hatte. H�rt! Sie roden, sie hauen, die B�ume fallen um, Versteck wird zu Luft und Schutz zu N�sse. -- -- -- Es war ein neuer Forstmeister in die W�lder des gro�en F�rdenkreises gekommen, ein eifriger Kerl; er hatte fast sein ganzes Leben in der Kanzlei gesessen und Entw�rfe gemacht, daher hatte er ein f�rchterliches Bed�rfnis, sich zu r�hren: zu hauen! Er sah den Wald durch die Zauberbrille der Kultur: die B�ume sollten da und da wachsen und so und so stehen ... Sein Vorg�nger war ein altes, amtsm�des Individuum gewesen, mit Sehnsucht nach Natur im Leibe. Er hatte, wo er nur konnte, gern hier und da in seinen Anpflanzungen einen selbstges�ten K�mmerling stehen lassen, und er hatte auch Hirsch und Rehbock geschont und das Ohr dem Pfiff des gro�en, fl�ggen Habichtjungen verschlossen. Jetzt sollte dieser Schlendrian ein Ende haben! Es sollte geschossen werden, _geschossen_, und es sollte gef�llt werden, _gef�llt_ ... ein ganzes Menschenalter sei ja dort im Walde kein Ast anger�hrt, behauptete der neue �Meister�. Die Holzw�rter waren gewohnt gewesen, glimpflich vorzugehen; sie hatten viel zu Hause zu tun. In Zukunft sollte die Pfeife einen andern Ton haben; sie sollten im Walde sein und sonst nirgends. Der neue Forstmeister st�rmte dahin wie ein Unwetter. Alles was m�rbe und �berlebt war, mu�te sich beugen -- und mit den Tagen, die gingen, und dem Winter, der vorschritt, ward es lichter und offener im Walde. Strix h�rte die �xte schlagen und die S�gen schneiden, und sp�t am Abend, wenn sie ausflog, sah sie neue Haufen gef�llter B�ume und geschlagenen Holzes; es lag in langen Streifen hinter den Menschen so wie die verdauten Erdknollen hinter einem Regenwurm. Eines Tages kommt ein Fu� um die alte hohle Buche herum. -- Schale und Lauf sah man oft um den Baum herum, aber ein Fu� -- -- Und Strix str�ubt die H�rner. Nach ihrem langj�hrigen ungest�rten Leben hier drau�en im Walde war sie gleichsam in den Urzustand ihres Stammes zur�ckversetzt. Noch bis vor wenigen Monaten hatte sie nur selten andere Laute geh�rt als die eigene Stimme und die Stimmen des Waldes und des Sturmes; jetzt steigt ihr ein brenzeliger Geruch wie von sonnenged�rrtem Harz und sumpfigem Moor in die Nase, und das Ger�usch von Tritten fordert eindringlich, in ihren Ohren zur Ruhe gebracht zu werden. Strix kann nicht recht wach werden -- -- Da rafft sie sich auf; sie wird pl�tzlich schlank, mit �berm�chtiger Kraft dr�ngt sich ihr die Erkenntnis auf: das ist ja der _Mensch_! Ein Rei�eisen wird hervorgeholt, und ein Stock mit einem Spatenblatt am Ende f�ngt an zu kratzen und zu hauen; Strix ist kurz davor, auszufliegen, so genau untersucht der neue Forstmeister die Buche. Herr du meines Lebens! -- entf�hrt es seinem Munde, und er rei�t ein gewaltiges Loch in die Rinde des Baumes ... herunter mit ihm! Am n�chsten Tage kommen die Schritte wieder, das Kratzen und Hauen wiederholt sich. Aber mehr als zweimal l��t sich Strix nicht in ihrer Tagesruhe st�ren, ihr Mi�trauen ist erwacht -- wie ungern sie es auch tut, sie mu� aus ihrer alten Wohnung ausziehen. Sie fliegt nach der Tiefe der alten Tannen und sinkt in ihr warmes, lichtschwaches Gew�lbe hinab. Hier sitzt sie eine Woche lang in einem alten Habichthorst. Bis es pl�tzlich eines Morgens in dem Stamm singt und wie von wei�en Federn um seinen Fu� stiebt ... sie f�hlt den Wipfel erbeben, den Baum schaukeln und auf einmal umfallen -- da erst streicht sie ab. Sie w�hlt eine neue Tanne, weiter entfernt im Dunkeln, aber schlie�lich erreicht die Axt auch die ... die gierige Axt fri�t ganz regelrecht auch Tannen! Dann nimmt sie f�rlieb mit dem tiefen Astspalt hoch oben in der Buche, der sie seiner Zeit vor den Kr�hen errettet hat. Es ist freilich ein enger Raum, in dem es zieht, denn der Baum ist fast durch und durch faul, und hatte ein Loch neben dem anderen, sowohl �ber ihr als auch unter ihr in der ganzen L�nge des Stammes. Aber ein Zufluchtsort ist der Spalt doch! Als der Fr�hling kam, wurden alle L�cher benutzt. Strix, die die Vornehmste war, wohnte im ersten Stockwerk, �ber ihr in den vielen andern Stockwerken hatten Stare, Blaumeisen und Kohlmeisen ihre Behausung, unter ihr wohnte ein Dohlenpaar und ganz unten im Keller eine fette schwarze Ratte, eines der sogenannten Moorschweine. Das Erdgescho� aber stand leer, denn dort wohnte im Winter Meister Taa, und nach ihm roch es den ganzen Sommer. Es war Strix indessen unm�glich, sich an den Spektakel der vielen kleinen Leute �ber und unter ihr in dem neuen Hause zu gew�hnen. Als daher der Sommer kam und das Laub die Schlupfwinkel des Waldes d�ster machte, blieb sie oft den ganzen Tag drau�en sitzen. Sie setzte sich gew�hnlich auf einen Fleck, wo selbstges�ete Birken und Erlen oder Tannen in gro�en Haufen Wurzel in der nachtschwarzen Erde der Waldmoore geschlagen hatten; dahinaus wagten sich nicht viele von denen, die zu Fu� gingen. Sie zog tief in die Moore hinein, nach den sumpfigen, feuchten Stellen, wo die B�ume klein waren und sich in den allerverzerrtesten Formen umeinanderschlangen. Namentlich hatte sie drau�en auf einem Grasb�schel mitten in einer Wasserlache zwischen den kranzf�rmigen Zweigen eines uralten Weidengestr�pps eine liebe und ruhige Schlafst�tte. Es war hier wie in einer Laubh�tte -- und diese Laubh�tte benutzte Strix oft und lange. Bis die vielen kleinen V�gel: Gartens�nger, M�nch, Rohrdommel und Nachtigall, deren eigentlicher Besitz dies alles war, und die ihren Heckplatz und ihre Nestwohnung rings umher in dem Schlupfwinkel hatten, zuf�llig auf sie stie�en. Da hatte der Friede ein Ende! Die kleinen V�gel h�rten nicht auf, Strix ihr Mi�fallen ins Ohr zu schmettern, die Lumpen des Waldes -- die H�her, zogen auf, und bald darauf die Drosseln -- die wachsamen Schutzleute des Waldes -- da wu�te sie, da� die Botschaft erging, da� das gellende Horn ert�nte, da� der Wald binnen kurzem mobil gemacht sein werde, und sie breitete die Fl�gel aus und flog hinauf durch das Laubdach, flog davon -- um sich wieder tief in ihrem Spalt zu verstecken. Nichts konnte Strix so reizen wie dies Kleinv�gelgesindel. Meinetwegen die Kr�hen! dachte sie. Meinetwegen Marder und Fuchs und zur Not auch die Menschen! Das alles war gro�, so wie sie selbst und hatte das Recht, auszuschelten; aber so eine kleine lebende Flocke, was hatte die zu sagen! In dem tiefen Spalt war es scheu�lich im Sommer -- schw�l und zum Ersticken! Und kitzelndes Spinnengewebe hatte sie best�ndig im Schnabelbart -- in der Laubh�tte des Weidengestr�pps war es so frisch und k�hl gewesen! Der Sommer verging -- Es wurde immer schwieriger f�r Strix, sich in dem alten Walde zurecht zu finden. Es war mit dem bald ebenso wie mit den vielen andern, aus denen sie ihrer Zeit geflohen war: der gro�e Zerst�rer hatte ihn nun ganz umgewandelt. Wo sich S�mpfe und Erderh�hungen zwischen stehenden Gew�ssern hinzogen, wo Zwergweiden und Birken, Wollgras und Porsch wuchsen, dahin kamen breite Gr�ben mit Wiesen und Gras. Wo einst Sandgr�ben und Heideebenen und rotbraunes Heidekraut gewesen, wo Rehbock, Birkhahn und Hase freien Durchgang gehabt, da wuchsen kleine immergr�ne Miniaturw�lder auf. Selbst Strix' kleiner Waldsee zwischen den H�geln war verschwunden. Wo einst Wasser glitzerte, und R�hricht und Entengr�n und herrliche Wasserpflanzen f�r Wildente und Storch zum Hineinschlabbern bereit lagen, da sah sie nun auf ihren n�chtlichen Z�gen nur noch ein leeres Schlammbett liegen. Und so �berall! Wo die Einsamkeit wohnte, wo der Wind seinen Singplatz und die Sonne ihre Badestelle hatte, wo der Herbststurm zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche wild brunstete, und der Lenzregen in Bachbett und Schluchten rieselte und summte -- dort rumorte jetzt der Menschengeist. Es wurde Winter -- und Strix h�rte Taa in seine Wohnung unter ihr einziehen. Er hatte ein Junges bei sich ... -- -- -- Taa war jetzt eine alte Ratte und lange nicht mehr so kampflustig, wie er es in seinen jungen Tagen gewesen, als er die Nestpalisaden des gro�en Uhus st�rmte. Er hatte graue Stoppeln im Bart, und die Farbe des Pelzes fiel ins laubbleiche und nicht mehr in das fr�her so glanzvolle und tiefe Kastanienbraun. Er hatte das gew�hnliche Leben eines Marders gelebt, hatte sich durch die Welt ger�ubert und sich durch seine Schlauheit, Entschlossenheit und seine vielen k�rperlichen Fertigkeiten Respekt verschafft. Jetzt hatte er, was die letzteren anbetrifft, nichts mehr, dessen er sich r�hmen konnte; er war halb steif und zahnlos und lebte haupts�chlich von dem, was er durch seine v�terliche W�rde einem Sohn abzupressen vermochte. Klein-Taa artete in allem nach seinem Erzeuger. Er war, wie ein Waldmarder sein soll, voll Schl�pfen in der Pfote, Springen im Lauf und einem ewigen Verlangen nach Blut in den Z�hnen; aber er war noch gr�n und unerfahren ... Er lie� sich indessen gut an! An Streitbarkeit des Gem�ts �bertraf er sogar noch den Vater -- und so jung er war, lie� _er_ sich kein Eichh�rnchen nehmen, das er m�hsam gefangen hatte, ohne vorher entschlossen sein Leben daf�r eingesetzt zu haben. Bei dergleichen dummdreisten Neigungen w�rde er nicht alt werden, das konnte sein Vater ihm weissagen, aber der gro�e Taa hatte sich nie mit Weissagungen abgegeben. Nur Einem gegen�ber zeigte sich Klein-Taa ungew�hnlich gutm�tig; das war so wie es sein sollte, n�mlich seinem v�terlichen Erzeuger, dem gro�en Taa gegen�ber. Schlau und erfahren, wie der gro�e Taa war, hatte er den Sohn n�mlich von fr�hester Jugend an daran gew�hnt, seine Beute mit ihm zu teilen. So oft ward Klein-Taa der leckerste Teil seines Fanges weggenommen, da� er es allm�hlich als selbstverst�ndliche Pflicht empfand, diesen kr�ftigen alten Kerl versorgen zu m�ssen. Jetzt, wo es Winter mit ung�nstigen Witterungsverh�ltnissen geworden war, und die Sp�rlichkeit der Beute das Leben noch k�mmerlicher f�r einen alten, abgelebten Marder machte, hing sich der gro�e Taa wie eine Klette an seinen Sohn und wich nie -- auch nicht am Tage -- von seiner Seite. Klein-Taa empfand es zuweilen als etwas Naturwidriges, da� sie beide am Tage in derselben H�hle sa�en und Grillen fingen, da aber auch f�r Marder Wohnungsnot herrschte und der Fr�hling noch nicht in der Luft zu sp�ren war, fand er sich darein. Eines Morgens bei Tagesgrauen kehren sie beide schneedurchn��t heim. Strix h�rt Vater und Sohn in ihre Behausung schl�pfen und anfangen, sich in ihrer luftigen Stube zu putzen. Strix sitzt in der ihren �ber ihnen. An diesem Morgen sind Spuren im Schnee zu lesen, und die J�ger sind �berall auf den Beinen. Drei gro�e, starke M�nner folgen den Mardern auf den Fersen; sie finden den Baum, versuchen hinaufzuklettern, sind aber nicht imstande dazu. Da z�nden sie Feuer an der Wurzel des Baumes in dem Loch des Moorschweins an. Das �Schwein� wird gebraten -- und es schw�lt h��lich durch den ganzen m�rben Stamm hinauf. Der gro�e Taa niest, und Klein-Taa niest, und auch Strix mu� niesen. Jeder von ihnen denkt, da� es ihm gilt. Aber als die Marder hinausschl�pften, flog auch Strix auf ... Die J�ger schossen den gro�en Taa. Strix und Klein-Taa bekamen sie nicht. Wo sollte Strix jetzt nur bleiben? Die alten Tannen waren dahin, und die Einsamkeit und Waldestiefe um ihre liebe alte Buche auch. Von ihrem ganzen einst so wilden Walde mit Sturmesgebraus und Baumgeknarre waren nur noch einzelne zerstreute Teile �brig, in denen sie fr�her nie hatte sein m�gen. Ein niedriger Jungwald breitete sich �berall �ber den entw�sserten Mooren und auf den offenen Stellen aus, und mystische, von Menschen geschaffene Laute hielten sie von Morgend�mmerung bis Abend wach. Wo sollte sie nur bleiben? Es wurde immer gef�hrlicher f�r Strix, hier im Walde umherzuschweifen. Die J�ger kamen oft mit Flinte und Hund hierher, und es wurden gro�e Treibjagden abgehalten. H�tte sie das Leben nicht dies und jenes gelehrt, und h�tte sie nicht best�ndig den Platz gewechselt oder sich unsichtbar gemacht, indem sie sich unter gro�en, halbverfaulten Baumst�mpfen und in alten, unbewohnten Fuchsbauten versteckte, so w�rde es ihr nie gelungen sein, den J�gern zu entkommen. Mehr und mehr ward es ihr klar, da� sie nun wieder weiter mu�te! In ihren jungen Jahren war sie viel gewandert. Im Herbst und namentlich zur Winterszeit war sie in der Regel von dannen gezogen, und hatte nach Lust und Laune umhergestreift. In sp�teren Jahren hatte sie sich nicht viel aus diesem Umherstreifen gemacht; sie war geblieben, wo sie war. Aber nun zwangen die Verh�ltnisse sie von neuem. Wohlan, so mu�te sie denn fort; sie mu�te sich eine neue und bessere Gegend suchen! -- -- -- Um die Fr�hlingszeit werden die uralten Wandergrillen nach Verlauf von Jahren wieder lebendig in Strix -- in einer sch�nen Nacht �berkommen sie sie pl�tzlich wie mit der Unb�ndigkeit eines Fiebers. Sie merkt, wie gleichsam ein Trieb, ein Verlangen in ihr aufsteigt. Es ist kein Hunger, nichts, was sie durch ihren Schnabel, durch ihre F�nge befriedigen kann. Es wohnt anderswo als in ihrem Magen und schmerzt auf eine eigene, innere Art. Sie wird unruhig, kann nicht schlafen, nicht still auf dem Zweig sitzen, sondern mu� fortw�hrend mit den Augen zwinkern und die Fl�gel halb �ffnen, wie zum Flug. Das Verlangen w�chst und w�chst, auf seine Weise genau so, wie der Hunger w�chst ... und so steigt sie denn, als der Vollmond blank am Himmel steht und das Licht grell �ber der Landschaft liegt, wie in einem Rausch �ber den Waldeswipfeln auf und verschwindet. Sie wandert, wie hunderte von gro�en Uhus vor ihr gewandert sind, von den Menschen vertrieben, der Naturruhe und Einsamkeit entgegen, nach denen ihr Sinn stand. Gleich diesen heimgegangenen Vorfahren aus den l�ndergro�en, jetzt verschwundenen W�ldern hat auch sie dieselbe Liebe, dasselbe innige Bed�rfnis, sich auszuscheiden, zu isolieren. Von Natur ist niemand so ungesellig wie Strix; aber es ist doch, als wenn ihres Zeitalters �berflu� an Menschen sie -- die letzte -- noch weniger umg�nglich gemacht hat. Ruhe, Ruhe, seufzt sie, wenn sie f�r sich seufzt; Ruhe ist sozusagen eine Lebensbedingung f�r sie. Sie kann nicht atmen, nicht gedeihen, wo wie hier Axthieb auf Axthieb f�llt, wo Wagengerassel und Pferdegetrappel erschallt, und Menschen und Hunde l�rmen. Sie ist der Vogel der gro�en Einsamkeit! Was die Sonne f�r die Blumen, ist die Naturruhe f�r sie; sie mu� sie suchen, ihr nachziehen, wie man die Zweige der B�ume sich nach dem Licht kr�mmen und strecken sieht. Sie w�hlt die N�chte zu ihren Fl�gen und h�lt sich am Tage still und verborgen in irgendeinem �den Winkel. Sie sitzt in einsamen Torfh�tten, in verfallenen Scheunen, in alten Kircht�rmen, die ganz allein liegen. Hier darf sie in der Regel in Frieden sitzen, niemand ahnt ihre Anwesenheit -- gro� genug ist sie ja, aber sie hinterl��t keine Spur! Es geht ihr nicht wie dem Hirsch, der, wohin er auch immer tritt, einen gro�en Abdruck seiner breiten Schalen hinterl��t, eine Spur, die eine Unzahl von Sch�tzen und J�gern hervorzaubert. Das Einzige, was Strix verr�t, wenn sie zu lange an einem Ort verweilt, sind die wei�en Kalkkleckse die sie aus nat�rlichen Ursachen um ihren Sitzplatz verbreiten mu�. Aber sie ist scheu und erfahren; sonst w�re es ihr schon l�ngst ergangen wie Uf, und sie w�re nie davor bewahrt worden, das Schicksal des gro�en Taa zu teilen. 8. Auf der Heide Der Schimmer des Tagesanbruchs liegt gleich einem ungeheuren Tautropfen und schaukelt �ber der Erde drau�en am �stlichen Horizont. Strix ist geflogen und geflogen -- Jetzt gewahrt sie in der Ferne Wald, sie sieht kuppelf�rmige Kronen und zahllose Anl�ufe zu Wipfeln -- ein m�chtiger Hochwald mit einer W�lbung neben der andern rundet sich �ppig vor ihr empor. Was sie er�ugt, sind Heideh�gel am Horizont, sind H�nengr�ber und Wachholderb�sche, die B�ume, an die sie gew�hnt ist. Bald l�st die ferne Fata morgana sich auf -- und das ungeheure, schwarzget�nte Heidekrautmeer gibt sich zu erkennen. Noch ein Kilometer -- und als die Sonne aufsteigt, wird das Heidekrautmeer zu der gro�en herrlichen Naturebene der Heide mit dem Porschgr�n der Schluchten und dem Violett der H�gelrundungen. Die unz�hligen Heidekrauterh�hungen bekommen Form und F�lle, sie treten hervor und werden f�r Strix zu Reisern und B�schen. Ameisenroter Eisenocker guckt stellenweise hervor, olivenfarbene Mehlbeerenzweige recken sich �ber trocknen, natterbeschwerten Flechten empor. Der moos�hnliche Wolfsfu�, der gr�ne Pflanzenwurm der Heide, kriecht mit seinen behaarten Ranken �ber den Sand hin, auf sie zu; sie erkennt das alles wieder von ihren wilden Streifz�gen in ihrer Jugend -- und sie fliegt hinein in die Heide bis an eine tiefe Schlucht zwischen ein paar hohen, finsteren H�geln, da l��t sie sich nieder und setzt den Fu� auf den trockenen, knirschenden, mit Renntiermoos bedeckten Boden. Es durchflutet sie, als sei sie lenztrunken und erf�llt von dem m�chtigen Paarungstrieb; ihr wird so munter und leicht, sie wird wild vor Freude ... hier ist noch die Erde in ihrer Urspr�nglichkeit, weit und offen mit Mooren und S�mpfen, mit Weide und Porsch und dem Zug der H�gel, der in den Himmel �bergeht; ein �berrest Natur von ihrer Natur breitet sich vor ihr aus, mit Ruhe und Gro�z�gigkeit, frei von den vielen Steinhaufen, aus denen immer Rauch und L�rm aufstieg! Zwischen Heidekraut, so kr�ftig, da� es in bezug auf H�he mit den Wachholderb�schen wetteifert, und Strix hoch �ber dem Kopf zusammenschl�gt, watschelt sie den bemoosten, reich mit Porsch bestandenen Abhang hinauf und setzt sich auf den Gipfel eines alten H�nengrabes, das in einsamer Majest�t hoch oben auf einem der H�gel thront. Sie sitzt da und keucht nach der Reise und starrt hinaus �ber ihr neues Heim. Da h�rt sie ein Piepsen gerade unter ihren St�ndern. Es ist ein kleines Birkk�cken ... Strix beobachtet mit gespannter Aufmerksamkeit, wie es sich ganz langsam und mit gro�er M�he durch das Moos hinaufarbeitet. Strix hat wohl Lust zu dem Bissen; sie ist hungrig nach der Reise -- und schl�gt deswegen auf das K�cken nieder. Da wird der Moosh�gel, in dem das Birkk�cken sitzt, gleichsam lebendig; es kribbelt und krabbelt um die F�nge der gro�en Eule herum. Strix will nat�rlich alles fangen, was kriecht -- und sie greift wild und gierig nach alten Seiten um sich. Endlich meint sie, da� sie genug hat und �ffnet vorsichtig die Griffe -- da hat sie nur Heidekraut und Moos in den F�ngen. -- -- -- Eine Birkhenne, die durch das Erscheinen des gro�en Uhus �berrascht wurde, wu�te nichts Besseres und Eiligeres zu tun, als ihre kleinen K�chlein in das Moos einzugraben; dort sollten sie stillsitzen, solange der gro�e F�nger ausruhte. Nun h�tte ein kleines ungehorsames Junges um ein Haar die ganze Brut in Gefahr gebracht! Strix nimmt sich ihr Mi�geschick nicht weiter zu Herzen, sie betrachtet das Ereignis als eine Art wohlgemeinten aber schlecht ins Werk gesetzten Willkomm. Jetzt will sie sich eine Wohnung suchen. Und sie fliegt eine Wendung nach der andern und stolziert auf ihren unbeholfenen, behosten F�ngen, w�hrend sie mit rollenden Fl�geln zwischen den Heidekrauth�geln herumsucht. Da h�rt sie es auf der andern Seite des H�nengrabes brummen. Es ist, als erwache jemand da unten und spr�che laut mit sich selbst, w�hrend er sich in aller Eile fertig macht. Das Gebrumme des Reisenden klingt immer m�rrischer; Strix fliegt aus Neugier dahin -- und sieht eine gro�e Hummel aus einem Fuchsloch herauskrabbeln. Hu -- Hu -- Hu! schilt die Hummel und setzt mit einem gierigen und honigerpichten Brummen �ber den Kopf der Eule hinweg. Diesmal ist der Willkomm h�bsch ins Werk gesetzt, meint Strix! Der Fuchsbau riecht ja freilich ein wenig, ja, er stinkt; aber das ist ja nur heimatlich. Sie watschelt in den Eingang des Loches hinein und scharrt sich eine Vertiefung, einen richtigen Nestraum mit W�lbung und reichlich Platz zum R�hren; hier l��t sie sich nieder. Reineke kommt fr�h heute morgen und sehr angegriffen von der Nachtjagd. Er geht halb im Schlaf und h�lt den gro�en Uhu f�r das, was _er_ unter einem Gespenst versteht. Er ist nur ein kleiner Fuchs, ein Dieb, der sich auf Art der Diebe leicht erschrecken l��t. Sein K�rper ist schlaff, die Gesichtshaut sitzt ihm in Falten, die Lefzen h�ngen herab und seine listigen Lichter haben einen eigenen melancholischen Ausdruck. Er sieht so aus, als habe er an Nahrungssorgen gelitten -- von der Art, die ihren Mann zeichnen und ihn engherzig und hohlwangig machen. Der Fuchs ist abgelebt -- das ist die Sache! Die Eckz�hne im Unterkiefer sind bis auf die H�he der Vorderz�hne abgeschliffen, seine Krallen sind eckig und stumpf -- er kann nicht mehr fangen. So kommt es denn aus diesem Anla� zu keiner Pr�gelei. �Das Gespenst� ist standhaft; es h�lt sich Stunde auf Stunde in dem Bau, und so oft auch Reineke seine Nase hereinsteckt, bekommt er sie mit gro�en, perlenden Blutstropfen an der Spitze zur�ck. Schlie�lich ist die Sache entschieden; der Bau ist besetzt, Strix wohnt da! Und dann geht Reinecke durch die Hintert�r. -- -- -- Eine lange Zeit beh�lt Strix ihre Wohnung hier bei dem Heidefuchs, sie sitzt warm in seinem Bau, in Schutz vor Regen und Sturm und gesch�tzt gegen das blendende Tageslicht. Wenn der Fuchs nach Hause kommt und seine Einquartierung vergessen hat, wenn er sich in der T�r irrt und durch den Haupteingang geht, wie er es sonst immer gewohnt gewesen ist, bl�st Strix sich auf und versetzt ihm einen Hieb mit einem ihrer F�nge ... das hilft dann seinem Ged�chtnis f�r eine Woche auf. Auf der Heide findet Strix Ruhe -- der Kampf um ihre Ern�hrung fordert alle ihre Kr�fte. Sie f�ngt Regenpfeifer und junge Kuckucks und Brachv�gel, wenn sie im August kommen und sich in dem Ma�e mit Heidelbeeren m�sten, da� ihr B�rzel ganz schwarz davon wird. Sie f�ngt Stachelschweine und fri�t sie mit Haut und Haar, und ohne R�cksicht auf die scharfen Stacheln zu nehmen. Sie nimmt auch Fische und Kreuzottern und Nattern. Und wenn der Tag zur R�ste geht und die Sonne hinter den H�geln versinkt, wenn der Sommerwind sich legt und alles so wunderbar k�hl wird, wenn die Blumen nach des Tages Arbeit ihren starken Duft ausatmen und der Schlaf sich schwer �ber die Landschaft legt, dann fliegt sie umher nach den fernen, einsam gelegenen H�fen und f�ngt ihre leckerste Speise. Alle Menschen sind in ihren Steinh�hlen, nur ihre Gew�nder --: Frauenhemden und Str�mpfe, Socken und M�nnerhemden, die zum Trocknen hinausgeh�ngt sind, nehmen noch den Kampf mit der Finsternis auf. Da wimmert und pfeift und schreit es um die Geb�ude herum, da heult es in der Nacht, gierig und garstig, w�hrend Strix die von den Menschen fett gemachten Ratten kr�pft. Alle ihre Jagdmethoden wendet Strix hier in der Heide an; sie macht Birkh�hner und Hasen bange mit ihrem Geheul, schl�gt sie in der Luft und im Fluge. Sie entrei�t auch andern Raubtieren ihren Raub, wo sie dank ihrer �berrumpelungstaktik ihre Nebenbuhler von hinten �berfallen kann. Eines Abends segelt sie lautlos �ber die Heide ... Sie streicht ganz niedrig und folgt den Windungen des Bachlaufes durch den langen, grasgef�llten Talboden. Da h�rt sie pl�tzlich unter sich einen klagenden, jammernden Laut und gewahrt nun zwei engverschlungene Gestalten, die sich im Wasser tummeln. Sie schie�en in die Tiefe hinab, kommen pl�tzlich wieder zum Vorschein und treten Wasser, so da� der Bach sch�umt. Es sind zwei Ottern im Kampf. Nach einer Weile arbeiten sie sich an Land und k�mpfen dort weiter ... Der eine hat einen leckern Fisch im Maul, und _dem_ gilt der Kampf. Strix schl�gt zwischen ihnen nieder und setzt ihren Fang auf den Fisch. Da sitzt sie dann, �ugt mit den Lichtern bald den einen, bald den andern an und versetzt ihnen einen Schlag mit dem Fl�gel, wenn ihre fauchenden Gesichter ihr ein wenig zu nahe kommen. Dann auf einmal fliegt sie mit der Beute auf! Da werden die beiden w�tenden Gegner im Handumdrehen Busenfreunde, sie springen hoch in die Luft empor, ihr nach. -- -- -- Hier auf der Heide liegt ein altes Eichengestr�pp. Es liegt auf einem H�gelabhang, nicht weit von dem H�nengrab, in dem sich der Fuchsbau befindet. Das struppige Heidekraut reicht den kleinen, verrenkten Eichenkr�ppeln an vielen Stellen weit �ber den Kopf. Aber die Knirpse sind trotzig -- sie kr�mmen sich zu einer dichten und umfangreichen Krone, indem sie die Zweige wild und heftig um sich schlingen. An den Zweigen wachsen Bl�tter -- und dieser Sonnenschirm benimmt dem Heidekraut den Mut. H�her hinauf an den Abh�ngen, wo die Knirpse in Gesellschaft stehen und durch ihr Zusammenhalten Macht gewinnen, mu� sich das Heidekraut damit begn�gen, eine Verbr�mung um die Lichtungen zu bilden. Und ganz oben auf dem H�gelr�cken werden sie zu B�umen, die fast Mannesh�he erreichen. Diese B�ume nennen die Heidebauern �Wald!� Es ist wilder Wald: keine Steige au�er denen, die das Wild tritt, finden sich hier. Hier wachsen Zitterespen zwischen Ebereschen. Und Adlerfarne zwischen den Zitterespen. Das Geisblatt duftet. Hier ist Lauberde und Waldboden und Maibl�mchen und Schatten hier auf der Heide! Im Fr�hling kommen hier Anemonen und im Herbst Pilze, und die Eichen tragen kleine, verkr�ppelte Eicheln. Ein Stelldichein f�r Tiere und V�gel ist dies Gestr�pp -- ein Sammelplatz f�r die Insekten! Sie feiern die Ankunft jedes Warmbl�tlers und wimmeln ihm tanzend entgegen, wie Wilde bei der Landung eines vornehmen Europ�ers. In diesem Gestr�pp schl�gt Strix manch einen leckern Raub! Es ist ein holdseliger Morgen! Der Kuckuck ruft �ber die Heide hin, und im Eichengestr�pp zwischen bl�hendem Ginster und dichtbelaubten Ebereschen sitzt der kleine Bluth�nfling mit der ziegelroten Brust und singt. Strix hat sich am Rande des Gestr�pps auf einen alten Grenzwall zwischen einer Gruppe steifer Adlerfarnen und dem r�tlichen, zarten Laub der Eichensch��linge versteckt. Es gluckert und ruft drinnen im Heidekraut ... Jetzt schwingt sich eine Lerche mit kraftvollem Morgengezwitscher aus den taufeuchten, dicht benadelten Heidekrautb�schen empor, ruhig und selbstverst�ndlich steigt sie dem Blau entgegen. Strix blinzelt mit dem einen Auge nach der Richtung hin -- ja, da gewahrt sie den Ton! Eine Schwalbe bestreicht den Grenzwall l�ngsschiffs und f�ngt Fliegen gerade �ber ihrem Kopf wie ein Fischdampfer Heringe im Schleppnetz; sie h�rt ihre Fl�gel schwirren. Es wimmelt in den Kr�utern um sie herum; allerlei Gew�rm eilt Stengel auf Stengel ab, es krabbelt, mi�t, klettert und spinnt sich vorw�rts. Da sieht sie auf einmal durch den Ausguck der Laubh�tte einen graubraunen Vogel mit gestrecktem Hals und hocherhobenem Kopf aus dem Heidekraut herausschreiten. Ein Schwarm von behenden, braunschwarzen Gesch�pfen, nicht gr��er als welke Bl�tter, brodelt wie ein Ameisenhaufen rings um sie herum. Es ist ein Rebhuhn mit seinen K�chlein. Das Huhn h�pft in die H�he und wirft den Kleinen Grashalme hinab, es �berholt eine Libelle, die �ber einen Sandfleck dahinschie�t, und zerhackt sie in feine, feine St�cke, und nun w�hlt es einen von den Haufen der wei�en Ameisen auf ... Hinter dem Eichenlaub und den Adlerfarnen schie�t etwas wie ein gro�er brauner Pilz auf. Da verstummt der H�nfling pl�tzlich in seinem Gesange, die Schwalbe, die dahergestrichen kommt, f�ngt an zu zwitschern und zu schreien, das Rebhuhn, dem der Wink gegolten hat, st��t ein warnendes Glucksen aus -- und alle Bl�tter bekommen Beine zum Laufen. Strix verl��t ihr Versteck! Es raschelt in den Adlerfarnen und kracht in den Brombeerranken. Aber sie hat sich zu gut versteckt --: ehe sie sich freimachen konnte, hat die kleine gl�ckliche Familie sich gerettet! Ein leises Ger�usch in einem Moosb�schel dicht neben der Stelle, wo Strix sich niedergelassen hat, macht sie indessen glauben, da� dort vielleicht ein kleines Rebhuhn unter dem Moos versteckt sitzt -- und mit einem kr�ftigen Hieb schlie�t sie ihren Fang um den B�schel. Was sie fa�t, f�hlt sich wie ein Stock an; er rollt unter ihr, -- und im n�chsten Augenblick erhebt eine gro�e, braune Kreuzotter ihren schuppenrasselnden Leib vor ihr in die H�he. Auch sie ist auf Rebhuhnjagd aus! Die Schlange wohnt hier im Heidegestr�pp l�ngs des alten Grenzwalls und pflegt eine gewisse Jahreseinnahme von ihren H�hnern zu haben. Vor drei, vier Tagen hat sie eine gro�e Beute gemacht. Da war sie �ber die K�chlein hergefallen, die noch so klein waren, da� sie keine Kraft in den St�ndern hatten. Schon hatte sie zwei umgebracht, sie lagen zerkaut und mit Schleim �bergeifert da, aber es war ihr nicht m�glich gewesen Ruhe zu finden, um sie zu verschlingen. Wenn sie gerade dabei war, fuhren die rasenden Eltern auf sie ein; der Hahn kr�hte laut und das Huhn schlug sie mit den Fl�geln in die Augen und kratzte sie mit seinen scharfen Krallen. Unabl�ssig hatte sie zischen und mit der Zunge spielen und ausweichen m�ssen, wie vor Feuer und Rauch. Endlich war es ihr gelungen, des dritten K�chleins habhaft zu werden; das Kleine lag da und spattelte in den letzten Z�gen. Da packte sie es und sauste damit von dannen; sie trug es im Maul hoch erhoben �ber dem Heidekraut -- und ging dann mit ihm in ihre Erdh�hle hinunter. Hier hatte sie es sich in Ruhe und Frieden einverleibt. Aber das Malheur mit den beiden andern kitzelte ihr noch immer den Gaumen. H�tte sie bekommen, was ihr zukam, die drei Jungen statt des einen, so h�tte sie ruhig faulenzen und sich an Nachttau und Tagessonne g�tlich tun k�nnen. Nun f�hlte sie sich nach ein paar Tagen wieder so schlank im Leibe -- sie mu�te hinaus, sie mu�te etwas zu fressen haben! Im Laufe der Nacht war sie in einem Dutzend M�usel�chern bis auf den Grund gewesen. Aber nirgends traf sie jemand zu Hause. Dann hatte sie sich am Rande des Eichengestr�pps versteckt, wo sie in ihrem rechtm��igen Revier lag und lauerte, als sie auf einmal urpl�tzlich in ihrer Jagd gest�rt wurde. Die Schlange ist ein gro�es, rotbraunes Weibchen mit einem schwarzen Blitzstrahl am R�cken entlang. Sie mi�t fast eines Armes L�nge und ist stellenweise so beleibt, da� sie beinahe die Dicke eines Handgelenks hat. Als sie sich von dem Griff ihres brutalen Gegners befreit hat, rollt sie sich in einer Spirale zusammen, den flach gedr�ckten, eigent�mlich herzf�rmigen Kopf klar zum Angriff �ber dem Gipfel der bebenden K�rperringe erhoben. Sie ist ergrimmt und erregt! Ihre kleinen verr�terischen Augen blitzen und funkeln vor List und Bosheit. Ihr breiter R�cken und die Bauchmuskeln arbeiten krampfhaft und wringen und kr�mmen sich nach der unsanften Behandlung in Strix' F�ngen. Ihr kurzer, rundlicher Schwanz, der gew�hnlich steif wie ein Stock unter ihr zu liegen pflegt, f�hrt ununterbrochen wie ein tickender Pendel �ber den Sand hin und her. Strix erwacht im Handumdrehen aus dem Fangerausch; steif wie ein kalkuttischer Hahn in Ekstase, die Lichter in den Augen der Schlange, dreht sie sich nach ihr hin. Wie von einer pl�tzlichen Eingebung getrieben, rollt sich die Kreuzotter aus ihrer zusammengewickelten Stellung, um bis an den St�nder der Eule zu gelangen und sich darum herum zu winden; Strix aber befreit sich mit einem Satz rechtzeitig aus den Schlingen. Da wechselt die Schlange die Taktik und richtet sich auf. Mit spielender Zunge und grausam starrenden Augen h�ngt sie vor Strix, sie siedet wie ein Teekessel und baumelt in der Luft wie ein gro�es umgekehrtes Fragezeichen. Strix bl�st sich zu doppelter Gr��e auf; sie str�ubt ihre Federn wie ein Stachelschwein seine Stacheln, dann macht sie einen blitzschnellen Ausfall und schl�gt mit einem ihrer Fl�gel nach dem Heidewurm. Die Schlange st�rzt sich auf den Fl�gel und bohrt ihre stark gekr�mmten, nadelspitzen Giftz�hne durch die weichen Federn, sie pre�t die Z�hne bis auf den Grund und l��t in bester Absicht mit ruhig geschlossenen Augen das Gift str�men. Zum Gl�ck f�r Strix ist es nur eine der hohlen Posen der Schwanzfedern, die die Schlange f�llt -- und sie sch�ttelt sie schnell ab. Da richtet sich der Heidewurm nochmals auf -- und diesmal bis zu zwei Dritteln seiner L�nge; er schiebt sich lotrecht in die H�he und so hoch, wie er nur kommen kann, nur sein kurzer, rundlicher Schwanzstummel ruht vom Afterloch bis zur Spitze als tragendes Fundament auf dem Erdboden. Sein schleimgef�llter, eiterspeiender Rachen ist auf Strix' Kopf gerichtet, er kocht stark und rasselt mit seinen schuppenf�rmigen Bauchh�uten, w�hrend er schwarze Doppelblitze aus seiner drahtd�nnen, tiefgespaltenen Zunge entsendet. Strix ihrerseits ist auch nicht m��ig! Ihre hornartigen Nasenl�cher beben und gellen wie von der Luft aufgeweitete Trompetentrichter, und sie tr�ufeln reichlich w�hrend ihres Fauchens und Zischens. Sie wiegt sich elastisch auf den federbehosten St�ndern, bereit zu Parade und Ausfall. Da hat sie pl�tzlich ein Gef�hl, als schlage ein eiskalter Schneeklumpen gegen eins ihrer Augen! Die Schlange ist ihr bei ihrem Ausfall dicht auf den Leib ger�ckt, ehe Strix sich mit dem Schild ihrer Fl�gel hat decken k�nnen -- und nun sticht sie sie gerade unter das Auge in die feinbedaunte, empfindliche Haut des Augenlides. Da sie aber schon einmal, nur vor Sekunden, sich zur Gen�ge entladen hat, vermag sie -- zum Gl�ck f�r Strix -- den Stich nicht mit ihrem Gift nachzuf�llen. Strix empfindet nur einen bei�enden, brennenden Schmerz -- und bis zur Raserei gereizt, langt sie mit ihrem Fang aus. Und diesmal hat sie die Kralle voll; sie packt die Schlange an ihrer schw�chsten Stelle, greift sie um den Halsstengel gerade hinten in den Nacken -- und sie breitet die Fl�gel aus und hebt sich mit ihr in die Luft empor. Gleich einem langen Ende Tau schleppt die Kreuzotter ein St�ck am Erdboden hinter ihr drein ... Vergebens sucht die Schlange sich mit dem Schwanz festzuhaken; die Fahrt ist schon zu schnell, als da� es gl�cken k�nnte. Da, als sie merkt, da� der Erdboden unter ihr schwindet, zieht sie schnell ihren geschmeidigen K�rper in die H�he -- und nun schlingt sie sich um den Leib ihres fliegenden Widersachers. Die Schlange hat Kr�fte -- und schwer ist sie! Doch Strix ist gewohnt, mit gr��eren Lasten umzuspringen. Sie hat ja fr�her ein junges Zicklein weggeschleppt, und sie hat sich nicht gescheut, mit einem Rehkitz anzubinden, fast t�glich k�mpft sie mit Birkh�hnern und Hasen, die t�chtig um sich bei�en und kratzen k�nnen; mit der Schlange wird sie schon fertig werden -- wenigstens vorl�ufig noch! Es ist Strix' Absicht, sie pl�tzlich loszulassen, so da� sie herabf�llt; von dieser Taktik hat sie die wunderbarsten Erfolge erlebt! So wie die Kr�he, die sich der widerspenstigen Muschel gegen�ber, die sich nicht bereitwillig �ffnen will, zu helfen wei�, indem sie sie in den Schnabel nimmt und �ber einen gro�en Stein mit ihr aufsteigt, um sie darauf pl�tzlich herabfallen zu lassen -- so kennt auch Strix _ihr_ Gesetz der Schwerkraft. Aber das abscheuliche Gew�rm scheint Strix nicht loslassen zu wollen! Immer dichter windet es sich um ihren Leib; sie f�hlt seinen na�kalten, geschmeidigen Schwanz sich unabl�ssig unter ihre Daunen hineinbohren und mit seiner stumpfen Spitze �berall prickeln. Mit einem Trotz und Eigensinn, der der gro�en Bubo eigen ist, h�lt sie best�ndig den Hals der Kreuzotter in ihrem Schraubenstock fest. Die Schlange windet den Nacken nach allen Richtungen und versucht bald mit heftigem Rucken, bald mit List und Vorsicht den Kopf so weit zu befreien, da� er seine Hauz�hne wieder gebrauchen kann. Ihre gro�en Giftbeh�lter haben jetzt wieder das Bed�rfnis, entleert zu werden; der Notwehrtrieb und die Wildheit, die sie vorhin so stark zapften, haben wieder �berflu� an der t�tenden Fl�ssigkeit geschaffen. Schon mehrmals ist es der Schlange gelungen, den einen ihrer spitzen, kegelf�rmigen Giftz�hne in der Richtung nach dem Fang der Eule zu winden, aber der Zahn ist abgeprallt an der harten, hornartigen Haut. Strix wackelt in der Luft. Die Schlange windet und kr�mmt sich, so da� es durch Strix' Schenkelbeine zittert; sie schwankt hierhin und dahin, wie ein havarierter Ballon, der mit der Schwere seiner schon von der Erde gefangenen Gondel k�mpft. Aber Strix ist ein alter Uhu; sie l��t sich nicht so leicht erschrecken! Wie oft hat sie nicht mit einer widerspenstigen Beute ringen m�ssen. Niemand ergab sich ja gutwillig, niemand wollte aus freien St�cken in ihren roten dampfenden Rachen hinein; selbst der Maulwurf und das angstgel�hmte kleine Moorschwein sind, wenn es galt, nicht bange gewesen, sie f�hlen zu lassen, da� sie Z�hne hatten. Dann gelingt es ihr, auch ihren andern Fang nutzbar zu machen. Sie umklammert damit den dicken Kreuzotterleib und pre�t ihn so, da� die Schlange ihren stinkenden Unrat von sich gibt und der Schlangenbauch unter ihrer Umklammerung aufschwillt. Da l��t die Kreuzotter los. Es ist auch h�chste Zeit, denn in ihrer Todesangst hat sie sich rund um Strix' Fl�gel gerollt, sie pre�t den Federf�cher zusammen, so da� die eine von Strix' Tragfl�chen immer kleiner wird -- sie hat schon lange mit den Fl�geln schlagen m�ssen, um nicht in der Luft zu kentern. �berwunden ist die Schlange jedoch nicht! Im n�chsten Nu f�hlt Strix sie um ihre St�nder, und ihre m�chtigen F�nge werden jammervoll zusammengeschn�rt. Die Schlange wickelt sich rund um sie herum, bis der dicke Teil ihres K�rpers in Schlingen und Kr�mmungen �bereinander liegt, wie die Windungen in einer aufgeschossenen Trosse. Auf diese Weise hat Strix noch nie einen Fang gemacht. Ihr ist zumute, als wenn sie in einem Anfall wahnsinnigen Hungers sich hat verleiten lassen, die F�nge in einen Klumpen Harz zu schlagen, von dem sie sich nie wieder befreien kann -- und sie windet und verr�ckt sie und bohrt in ihrer Verzweiflung ihre langen, pfriemspitzen Krallen, die kleinen Krumms�bel ihrer F�nge, bis auf den Grund in das Fleisch der Kreuzotter. Es quillt heraus und siedet um sie auf. Da gebiert die Schlange; eines nach dem andern gehen ihr zehn lebende Junge ab! Aber damit ist auch ihre Lebenskraft ersch�pft. Ihr dicker, geschwollener Hinterk�rper schwindet an Umfang. Die Windungen in der lebenden Trosse erschlaffen, sie gleiten auseinander und rollen sich ab -- eine langes Tauende baumelt leblos herunter. -- -- -- Strix aber behielt die Kreuzotter einen ganzen Tag und eine ganze Nacht in ihren F�ngen; sie sa� in ihrer H�hle innerhalb des Fuchsbaus und schlief damit. Dann kr�pfte sie ihre Beute mit gutem Appetit! _Die Heide bl�ht!_ Die bisher so eint�nige Fl�che der braunen Heide zaubert jetzt auf einmal die sieben Farben des Regenbogens vor Augen -- und so gewaltsam ist die Bl�te, da� gleichsam ein Nebel von Violett von allen H�geln und Schluchtenr�ndern aufsteigt. Die Heidebeere wird schwarz, die Preiselbeere wird einmacherot und die Blaubeere tiefblau wie ein Nachthimmel. Auf den kahlen Stellen im Renntiermoos streckt der B�rlapp seine wei�lich-gelben Staubf�den in die H�he, und rings umher an den Ufern des seichten Moors wimmelt es rostrot von rundbl�tterigem Sonnentau; zu tausenden wimmelt er hier empor, der kleine Insektenfresser -- und jede Pflanze klemmt eine schwarze, zusammengedr�ckte kleine Fliegenleiche in ihrem kleberigen Scho�. Strix ist aus dem Fuchsbau in das alte Eichengestr�pp �bergesiedelt; sie hat versehentlich den rechtm��igen Inhaber des Baues aufgefressen. Eines Nachts sa� sie auf dem H�nengrabe ... der Donner rollte �ber die Heide, und die Blitze knatterten; es war so erstickend hei�, da� es ihr den Atem benahm. Das ungem�tliche Wetter machte sie wie gew�hnlich reizbar, sie f�hlte sich boshaft, grausam und rachgierig. Da kehrte ihr alter, gutm�tiger Wirt heim und schnupperte in aller Unschuld an den k�mmerlichen �berresten eines Birkhuhns. Das war ihr Birkhuhn; sie hatte es in der D�mmerstunde geschlagen und gleich bis auf wenige �berbleibsel gekr�pft. Der Anblick Reinekes dort bei ihrem Raube schaffte dem Gewitter in ihrem Innern pl�tzlich Luft -- und ohne weiteren nachweisbaren Grund flog sie hinterr�cks auf ihn los und schlug ihm ihre acht Krummesser tief zwischen die Rippen. Er ri� sich los und sprang auf sie ein; sie aber �berspritzte ihn mit Kalk und stieg auf ihren Fl�geln in die Luft empor. Dann war Reineke in seinen Bau geschlichen. Strix hatte ihren Birkhuhnrest verzehrt und sich zum Schlaf in ihre H�hle gesetzt. Pl�tzlich aber war er -- st�hnend, hustend und r�chelnd -- vor ihre Eingangst�r gekrochen und hatte, gleichsam reuevoll, weil er fehl gegangen, seinen zottigen Kopf vor sie hingelegt. Sie versetzte ihm einen Schlag mit der Kralle! Er r�hrte sich nicht. Sie versetzte ihm noch einen. Er schlief noch ebenso fest. -- Da l�ste sie das weiche Fleisch von seinen stumpfen Z�hnen -- und kr�pfte sp�ter weiter, so oft sie Appetit hatte. Aber eines sch�nen Nachts fing sein Fleisch an, bitter zu schmecken, und sie konnte nun auch nicht weiter in den Bau hineinkommen. Fliegen und Aasgr�ber wimmelten in ihre H�hle hinein, und diese ungeladenen G�ste st�rten sie im Schlafe -- so war sie denn ausgezogen. Tief drinnen im Eichengestr�pp, wo selbst der wilde Westwind nicht imstande ist, hineinzugelangen, wo das Wiesel sein Nest in Gemeinschaft mit Bussard und Turmfalk hat, da wohnt sie. Die kleinen Eichenkr�ppel, die die Laubh�tte bilden, in der sie sitzt, sind mit Flechten und schwarzgr�nem Moos dicht bepelzt. Oft am Tage, wenn sie erwacht und zwischen dem Flitter des Laubes zum Himmel hinauflugt, der so blau aussieht, geschieht es wohl, da� das Guckloch sich auf einmal verdunkelt, eine Wolke gleitet davor, eine lebende, flimmernde Wolke aus Grau und Blau und Wei� und Fl�geln. Bald ist es eine Taubenwolke, bald eine Starwolke mit �berstarker, �berm�tiger Brut! Oder auch der lebende Schneeflug, Wildg�nse in einem Keil, zieht mit Gegacker und Geschrei �ber ihrem Kopf hin. Wohin geht ihr Flug? -- Weit fort, gen S�den, �ber ferne, sich gelb f�rbende W�lder. Da str�ubt sie die Federb�sche; sie kann den L�rm der Vogelschar h�ren, schon lange, bevor sie da sind. Es klingt wie ferner, rollender Donner. Der Herbst ist im Anmarsch. Bald wird das Korn von den Feldern eingefahren, und auf den einsamen Heideh�fen heimst die Hungerharke die �berreste ein. Tausende von Feldm�usen, die im �berflu� geschwelgt haben, merken, da� sie arm und �rmer werden. Fr�her brauchten sie nur an den Halmen hinaufzurennen und die �hre hinabzubiegen, dann wurde sie mit den Z�hnen abgeschnitten und heimgetragen -- hinunter in das Mauseloch. Jetzt mu� man m�hselig nach einer �hre suchen, lange Wege laufen -- und findet man sie, so ist man gl�cklich, wenn sie nur nicht verschimmelt ist oder nicht schon l�ngst gekeimt hat. Aber es soll noch schlimmer werden! Die Rolle, die eine �hre fr�her gespielt hat, wird bald von einem Korn �bernommen. Die M�use huschen zwischen den Stoppeln umher ... sie haben ihre G�nge und Schlupfwinkel �ber das ganze Feld; es ist gleichsam von ihren Tunneln untergraben. Und ein Loch liegt neben dem andern, schr�ge geht es hinab und bestimmt guckt es aus der Erde hervor mit einem Kissen aus herausgetragenen Erdkl�mpchen am Ende ... die M�use suchen unabl�ssig nach K�rnern. Aber sie sind noch nicht sparsamer geworden, nein, dazu m�ssen sie mehr Mi�geschick, gr��eres Ungl�ck erleiden -- dann kommt der Sch�lpflug und wendet das Tischtuch um, so da� die Brocken und sie selbst darunter geraten. Und nun beginnt die Not -- und damit die gro�e, allj�hrliche Auswanderung. Bei Tag wie bei Nacht, haupts�chlich aber bei Nacht, zieht ein Strom von kleinen Nagetieren aus den Feldern auf die Heide hin�ber. Ein einzelner fester Stamm, der ein ordentliches Mauseloch hat, in das kein Regen hineinl�uft, und hinreichenden Vorrat, von dem er zehren kann, bleibt an Gr�ben und Hecken zur�ck, die �brigen aber wandern und wandern ... In solchen Tagen bekommt das alte Eichengestr�pp �Eulenbrot�. Strix nimmt Gottes Gaben in Empfang, lange ehe sie zu ihr hereinkommen. Im Halblicht der D�mmerung fliegt sie weit hinaus auf die Heide und setzt sich, als Granitstein oder Heideh�gel vermummt, dort hin und l��t die wandernden M�use ganz dicht an sich herankommen. Dann l�hmt sie sie, wie sie tausende vor ihnen gel�hmt hat -- und nun kann sie nur zulangen und in sich hineinstopfen. -- -- -- Jetzt ist die Luft rauh und na�kalt und eisige Regenschauer gehen nieder -- der Scho� der Heide wird blumenleer, wildleer und unfruchtbar. Die Laubh�tte wird zu Feuchtigkeit und das Eichengestr�pp bildet ein Bauer aus Zweigen um sie her. Sie zieht in einen verfallenen Torfschuppen drau�en in einem gro�en Moor und lebt hier eine Weile herrlich und in Freuden von hereinwimmelnden Ratten. Von allen Seiten wittern sie diese einzige warme Behausung mit ihrer Streu und ihrem D�nger. Ratten sind ein Leckerbissen f�r Strix! Und doch -- recht lange, das f�hlt sie, h�lt sie die Heide nicht aus: wenn sie in den bebenden Heidekrautb�scheln den schwachen Ton eines m�chtigen Brausens sp�rt, steigt das Bild des Waldes in ihrem Innern auf. Der Wald ist ihr Bereich! Der Wald ist warm und traulich in jedem Wetter ... bei Sonne und Windstille wie bei Sturm und Regen. Selbst die Oktoberst�rme verschwinden ja im Walde, und wenn die kalten Regenschauer des Novembers kommen, nimmt er ihnen das �berm�tige, so da� man das Pl�tschern nur weich und sanft empfindet. Und der Wald f�hrt fort, sie zu locken, sie zu bet�ren, in ihren Tr�umen zu spuken. Ho--o, heult sie, ho--o! Der Wald in Sturm und N�sse, wenn man doch geborgen in seinem hohlen Stamm s��e ... ja, dabei bleibt sie: Regenwetter im Walde mit den plaudernden Tropfen ist das Unterhaltendste, was sie sich denken kann! Und dann eines Nachts macht sie sich auf, mit langem, hastigem Fl�gelschlagen streicht sie dahin, quer zum Winde. Sie hat es im Gef�hl, welchen Weg sie einschlagen soll. Ein Gestank von Schornsteinrauch, ein Strahlen von Licht aus den Steinh�hlen der Menschen st��t sie ab, immer weiter, weiter -- in entgegengesetzter Richtung von ihrem fr�heren Heim und den jetzt so fernen Hochw�ldern am innersten Ende der F�rde. Wochenlang streift sie umher, duldet Hunger und leidet unter b�sem Wetter, bis pl�tzlich eines Morgens ein Duft von sonnenges�ttigter Baumrinde und s�uerlichem Waldboden sie an der Nase hinter sich dreinzieht. Welche Wonne, als sie durch gelb gewordene Kronen jagt und die Moderluft des Laubfalls in ihren Nasenl�chern sp�rt -- es ist, als wenn ein versp�teter, ausharrender Sommerfrischler an einem tr�bseligen und regenkalten Herbstabend wieder eingefangen wird von dem L�rm seiner geliebten Gro�stadt. 9. Im Kampf mit einem Adler Es ist sp�t am Nachmittage. Das fahle Licht des Wintertages wird noch fahler, die D�mmerung quillt f�rmlich aus den Wolken herab. Die Luft ist scharf, und der Ostwind, der seit Tagesgrauen geheult hat, nimmt mehr und mehr zu. Strix sitzt in ihrer warmen Holzh�tte tief unten in dem Bauch einer alten Esche ... Der Wald, den sie vorgefunden hat, liegt tief zwischen H�geln, und ist der letzte, von den einstmals so zahlreichen W�ldern in dem gro�en F�rdendistrikt. Eine �de Gegend zieht sich zwischen ihm und der Heide hin -- und auf der entgegengesetzten Seite, nur eine Meile entfernt, braust das Meer. Strix schl�ft am Tage und tr�umt und sitzt unbeweglich, als sei sie ein gro�es unverzehrtes St�ck von dem Mark des Baumes. Aber selbst im Schlaf h�rt sie und hat zuverl�ssige Empfindungen. Den ganzen Tag hat die Kronenw�lbung gebrummt. Ein surrender, orgeltiefer Laut ist von ihr ausgegangen. Es hat so hohl, so dumpf get�nt ... das ist der Gesang des Schneegesauses. Bald ein Menschenalter hat Strix nun gelebt und den Wechsel der Jahreszeiten verfolgt; sie kennt dies Sausen nur zu gut. Es w�chst, wird st�rker und st�rker -- und wie es zunimmt, w�hrend der Abend zur R�ste geht, werden alle andern Laute ged�mpft; ihre Klangfarbe wird ihnen genommen. Selbst die n�chsten werden gleichsam von weitem weggezogen und klingen schlie�lich ganz fern. Das Bum-Bum der gro�en Wasserm�hle, das Knurren dieses wunderlichen, von Menschen geliebten Raubtieres, das sie zu h�ren gewohnt ist, wenn ein Ostwind weht, wird schw�cher und schw�cher; sie merkt auch kein Fallen von Zweigen mehr, und das Heulen und Knarren der B�ume ist ohne t�nenden Schallboden; jegliches Ger�usch und Get�se wird gleichsam von Federn aufgefangen. Der Schneesturm stiefelt �ber Wald und Heide, �ber Wiese und Moor hin, verkittet und l�scht aus -- nur die rinnenden Gew�sser liegen wie vorher da, grauschwarz und offen. �ber die blanken Eisg�rtel auf den stillen Mooren, die sich wie ein Keil in den Wald hineintreiben, gleitet das Gest�ber in breiter Schlachtordnung dahin, bis es pl�tzlich aufgewirbelt und in eine Schneeschlange verwandelt wird, die auf dem Schwanz steht. Es dunkelt in der Baumtiefe um Strix herum. Ihre lichtstarken Augen k�nnen das Spinnengewebe nicht mehr sehen, das von dem Schlackerwetter fortw�hrend auf und nieder geschaukelt wird. Immer weniger scharf hebt sich der Eingang da oben zu ihrem Hause ab ... die Nacht, die sie so sehr liebt, naht. Besonnen erklimmt sie die Treppe und sitzt in der T�r und heult: die Erde hat ja die Farbe gewechselt, wie die B�ume die Rinde, die Natur ist verwandelt, ihr alter Bekannter aus dem Wunderland gen Norden, der Winter -- das Wei�wetter -- ist gekommen! Mit einem Satz fliegt sie hinaus und hinab in den Schnee, sie badet sich darin, sie tummelt sich darin wie eine Ente im Wasser! -- -- -- Der Schneesturm aber nimmt zu. Sprung auf Sprung wirft sich das Gest�ber gegen den Wald. Es wirbelt vom Waldessaum her, es stiebt aus den Wipfeln herab, es ist, als falle der Himmel in wei�en kleinen St�ckchen nieder, ununterbrochen ... ein Wolfswetter, das drei Tage und drei N�chte anh�lt! In einem solchen Wetter werden alle Raubtiere reizbar; es wird ihnen schwer, Beute zu finden, und sie haben kein Gl�ck beim Fang. Alle Grasfresser suchen ihr Versteck auf; die zanks�chtigen unter ihnen werden friedlich und die streitbaren f�gsam, sie erkennen ihre gemeinsame Ohnmacht und halten sich notgedrungen in Ruhe. Den Raubtieren ergeht es umgekehrt. Das Wetter peitscht sie auf, sie empfinden den Hunger doppelt, die Mordlust wird angespornt, und sie sp�ren einen eigenartig brennenden Durst nach Blut. Es ist mitten in der Nacht nach dem dritten Tage. Der Schneesturm hat sich gelegt, und der Wald liegt reif�berpudert und mit gro�en Schneeklecksen da. Abenteuerlich sieht er aus -- gro�artig phantastisch erscheint er in der Dunkelheit. Alle Blattknospen in den Windeln, alle Anemonen in der schwarzen Fruchterde, die Puppen, die zu Schmetterlingen werden, die Larven, aus denen sich einstmals beschwingte Insekten entwickeln sollen, sehen ihn -- ohne ihn zu sehen -- im Traume! Ja, es ist, als wenn die Erde, auf der der Wald steht, selbst tr�umt -- und der Wald in seinem phantastisch wei�en Wetterkleide ist der wundervolle Mitwintertraum der Erde! Der Vollmond, der rot und gro� und flachgedr�ckt aus dem schneebew�lkten Horizont weit hinten zwischen den H�geln aufgestiegen ist, ward schon l�ngst klein, wei�schimmernd und rund. Ein kalter und bei�ender Atem weht zwischen den St�mmen herein; Strix, die schon stundenlang auf ihren Fangstellen gelauert hat, f�hlt den eiskalten Hauch bis auf ihren K�rper; mit gro�en Frosttropfen im Brustbart sitzt sie da. Dreimal hat sie vergebens im Schnee nach einem Hasen geschlagen. Der Hase hat sie genarrt und sich in eine Dickung gerettet. Dann hat sie es mit einem Wiesel versucht, das am Graben entlang schn�rte; aber das Wiesel ist ihr zwischen den F�ngen entwischt, ist bis auf den Grund gesunken und ist von da aus durch einen seiner vielen Tunnel unter dem Schnee geschl�pft. Schlie�lich hat sie sich sogar herabgelassen, auf ein Moorschwein niederzuschlagen -- jedoch alles ist vergeblich gewesen. Sie hat Hunger, einen wahren Wolfshunger, Gekr�se wie Magen sind gleich leer, und sie sp�rt schon die schrecklichen Halluzinationen des Hungers. Da ist kein Tier zu gro� ... wenn sie es sich r�hren sieht schl�gt sie blindlings drauf los, nur um Beute zu machen! -- -- -- Auf der Leeseite des Waldes, wo der eisige Atem fast niemals hingelangt, sitzt auf einem Ast ein reisem�der Adler. Er hat sich den ganzen Tag durch den �ther gewiegt, hat eine Landschaft nach der andern unter sich wechseln sehen; zuerst vom Meer zu Land, dann von gro�en steinigen Flecken, wo gleichsam Berg an Berg lag -- St�dte der Menschen -- zu offenen, weitgedehnten Feldern, aus deren schneebedecktem Erdreich nur ein vereinzelter viereckiger Steinhaufen aufragte. Schlie�lich war er wieder �bers Meer gekommen und hatte schwarze, schwankende Waldess�ume erblickt, Zweig hinter Zweig und Baum hinter Baum tauchte am Horizont auf. Er hatte sich beeilt, dahin zu kommen ... dort lag ja Wald, sein lieber Wald! Im roten Schein des Sonnenuntergangs hatte er sich �ber den Wipfeln hingearbeitet, war in gro�en Bogen rund herum gesegelt und hatte sich tiefer und tiefer nach der ruhewinkenden St�tte hinabgesenkt. Und dann war das Tageslicht entschwunden, die D�mmerung verdichtete sich zwischen den St�mmen und sprang gleichsam aus Rinde und Zweig heraus, sie wimmelte aus den Wipfelzweigen hervor und wirbelte empor wie Wolken von M�cken, den dunklen Fleck der Waldmasse verdoppelnd -- die lag da wie ein gro�es Flo� mit Baumst�mmen beladen und schwamm auf dem Schnee. Da strich der Adler durch die Wipfel hinab und nahm schwerf�llig einen Ast in Besitz. Er umfa�te ihn gierig, faltete die Fl�gel zusammen und legte sie h�bsch zurecht an dem K�rper. Wie gut es tat zu sitzen! Er sah sich um; er vergewisserte sich, indem er lange den Kopf drehte. Aber alles, was er sah, und alles, was er erlauschte, geh�rte zu dem Walde, zu dem lieben alten Bekannten! Dann bewegte er sich seitlich, den Zweig entlang, bis er dicht an den Stamm kam, er sch�ttelte sich wie ein Pferd nach langem Ritt, wetzte die Krallen an dem Zweig, putzte die Federn und g�hnte m�de. Noch ein paar Bewegungen nach der Seite, um eine Rundung an dem Zweig zu finden, die f�r seine F�nge pa�te, damit er in der Nacht keinen Sitzkrampf darin bekam, dann g�hnte er noch einmal, wohl zufrieden -- jetzt endlich _sa�_ er -- jetzt endlich sa� er gut! Es ist die Gewohnheit des Adlers, ruhig zu schlafen; es ist, als seien diese V�gel mit der �berzeugung geboren, da� sie nichts zu f�rchten brauchen. Sie verschlafen Unwetter, Sturmgebrause, Fu�tritte und Sch�sse. Der reisem�de Adler schl�ft und schl�ft ... Sein schweres, langgezogenes Schnarchen, das regelm��ig steigt und f�llt, wie das eines Menschen, kommt und geht durch den Wald -- ein wunderliches, bullerndes Ger�usch, das in der klaren Frostluft gleichsam verst�rkt wird. Zuweilen klingt es, als m�sse der Riesenvogel von seinem eigenen Geschnarch geweckt werden, das zu _einem_ langen, bullernden Schnarchen anschwillt und schlie�lich gleichsam in einem Befreiungsruf endet. Dann hat der Adler im Schlaf den Hals lang gemacht, hat den Kopf gesch�ttelt -- und dadurch wieder Luft in die Nasenl�cher bekommen. Verschwenderisch liegt der Schnee auf allen �sten und Zweigen -- jedes d�nne kleine Reis hat sein Teil abbekommen! Selbst an den St�mmen, die nicht kerzengrade stehen, hat er sich festgekittet; er dr�ngt sich in Borkenrisse, hakt sich ein in d�rre Reiser, und liegt als verlorener Klecks auf allen Knorren und Narben. Oft, wenn sich das Schnarchen des Adlers pl�tzlich zu einem Orkan steigert, verlieren die aufget�rmten Schneemassen in den Baumkronen das Gleichgewicht; da fallen sie in langen, wei�en Spritzern herab und bohren sich mit hohlem, dumpfen Plumpsen in den Bodenschnee. Der Adler aber schl�ft mit einem guten Gewissen! Er bedarf der Ruhe, w�hrend er sich wieder bis an den Rand mit der m�chtigen, unerkl�rlichen Kraft des Schlafes f�llt. Nachtfarben und gro� wie ein Auerhahn sitzt er da und l��t sich weder von dem Mond st�ren, dessen bleiche Lichtstrahlen um seine Augenlider spielen, noch von Klein-Taa, der vor�berkommt. Teils um den fu�hohen Schnee zu meiden, teils aus Furcht, seinem alten, halbsteifen Erzeuger wieder zu begegnen, durchjagt Klein-Taa den Wald oben in den Baumkronen. Pl�tzlich wird der Adler durch einen Sto� von seinem Ast heruntergetrieben; er hat das Gef�hl, als wenn er durch eine drohende Gefahr j�h geweckt wird und sich gleich in die Luft hinausst�rzen mu�. Ein paar feste Griffe klemmen sich ihm in die Seite, bohren sich in sein Fleisch; er will schlagen, aber eine scharfe Klammer schraubt sich ihm um den Nacken, so da� er, ohne es zu wissen, den Hals ausstrecken mu�. W�hrend dessen flattert er auf einem Flimmern von Fl�geln durch die Luft. Schneeklumpen und kleine Lawinen st�rzen um ihn herab, bis er in dem fu�hohen Schnee am Erdboden endet. Sein Hals und sein Nacken sind schon _ein_ blutiges Fleisch und die Klammer um den Hinterkopf schraubt sich immer dichter zusammen. Der Vogel der Nacht, der D�mon der Finsternis, k�mpft mit dem Sohn der Sonne, mit dem K�nig aller Tagv�gel -- und auf D�monenart hat der Angreifer seine St�rke in dem Ungew�hnlichen und scheinbar �bernat�rlichen. Da sch�ttelt sich der Adler; Strix h�ngt �ber seinem R�cken wie eine sturmgepeitschte Riesenklette und mu� sich ununterbrochen ihrer Fl�gelarme und Schlagfedern bedienen. Der Adler kommt auf den Einfall, sich zu rollen, er steigt in die H�he, wirft sich auf den R�cken, so da� Strix zu unterst kommt, schl�gt dann mit den Fl�geln, so da� er das Gleichgewicht wieder gewinnt und macht pl�tzlich einen Satz in die Luft hinauf, wie eine Elster. Aber Strix sitzt fest; sie hat schon fr�her alle m�glichen Purzelb�ume geschlagen und noch viel schlimmere, halsbrecherische Schwenkungen mitgemacht. Der Schnee stiebt auf unter den Fl�gelschl�gen der beiden gro�en V�gel, er weicht ihnen aus und �ffnet willig ihren schwer arbeitenden K�rpern seinen Schlund. Da st�rzt eine Lawine von dem Baum herab, unter dem sie k�mpfen -- und begr�bt sie. Lange Zeit sind sie weg; nur eine flackernde Spitze von ein paar Schlagfedern ist sichtbar. Dann graben sie sich langsam aus der Tiefe heraus und steigen nach dem Untertauchen wieder auf: _ein_ Vogel scheinbar, mit _einem_ Kopf und _einem_ Hals, aber mit vier Fl�geln. Die Natur des Adlers ist wie der helle Tag; er ist mutig und offen und ohne T�cke. Der Adler will seinen Gegner sehen, will ihn vor sich haben, Brust gegen Brust. Strix aber ist hinterlistig und grausam wie die Finsternis; sie l��t nicht los, was sie hinterr�cks gefa�t hat -- -- Der Adler hat Schlund und Schnabel voll Schnee bekommen ... es wird ihm schwer zu atmen, aber seine Kr�fte und seine Energie sind noch gleich ungeschw�cht. Er will den Teufel auf seinem R�cken in den F�ngen haben -- und er langt mit seinem m�chtigen Raubvogelfu� -- er hat die Spannweite einer ausgewachsenen M�nnerhand -- nach dem Eulenleib hinauf. Aber die F�nge w�hlen in einem Berg von Daunen herum und es gelingt ihnen nicht, etwas anderes als die Haut zu fassen. Z�he und ebenb�rtig, unter lautlosen Kraftgriffen, kollern sich die beiden gro�en Gesellen im Schnee herum; nur das Blasen ihrer Nasen und das st�hnende, heftige Ringen nach Luft h�rt man. Da gl�ckt es dem Adler, w�hrend einer j�hen Bewegung, seinen langen, spitzgekr�mmten Schnabel in den Schenkel seines zottigen Gegners zu bohren; er rei�t eine Wunde da hinein, die brennt. Strix st��t ihr wildestes, unheimlichstes Geheul aus; als sei es eine Eingebung, l�st sie ihren Griff aus der linken Seite des zitternden Adlerleibes, f�hrt den freien Fang vor und schl�gt beide F�nge um den Nacken des Tagraubvogels zusammen. Ihre langen, pfriemspitzen Krummf�nge feiern aufs neue einen Triumpf -- ohne jegliche Kraftanstrengung, als glitten sie durch Butter, versinken sie bis auf den Grund in dem Kopf des Gegners. Der Adler dreht sich herum wie ein m�chtiger Mistk�fer ... er wei� nicht mehr, da� er lebt. Aber es w�hrt lange, bis seine Fl�gel, seine F�nge, seine Unmengen von Muskeln still werden. Strix ist zu hungrig, um darauf zu warten; so bald es m�glich ist, beginnt sie unbek�mmert ihre wohlverdiente Mahlzeit. -- -- -- �Ein herrlicher Auerhahn�, fand Strix. Aber es war ja auch lange her, seit sie Auerhahn bekommen hatte. Sieben fette Jahre verlebte Strix hier im Westerwald! Der Wald war gut genug, nicht gro�, aber so recht nach ihrem Geschmack. Ein unzul�ngliches Wegenetz und unzureichende Bahnverbindungen hatten die Forstverwaltung davon abgehalten, den Wald schlagen zu lassen. Die Gegend war �berhaupt nur d�nn bev�lkert und �de. Wie man auf einem gro�en, reich bestellten Gut mit einem �berflu� an schwerem Weizen und tiefgr�nen R�benfeldern pl�tzlich mitten in aller �ppigkeit auf einen unfruchtbaren, von Unkraut �berwucherten Steinplatz sto�en kann, so lag das Land hier um den Westerwald herum. Jahrhunderte schienen daran vorbei gelaufen zu sein; er lag da, gleichsam gefeit gegen die moderne Zivilisation. Aber das Gefeitsein war nur scheinbar. Langsam aber sicher breiteten sich die Menschen best�ndig aus! Sie s�eten sich �ber die Landschaft aus wie die Blumen, die sie in ihren G�rten zogen. Strix entdeckte anfangs nur eine vereinzelte, gleichsam verirrte Blume: ein Ansiedlerhaus, frisch ziegelgedeckt, taucht aus einem Heidetal auf, wie eine gro�e scharlachrote Mohnbl�te. Dann kam �die Pflanze� allm�hlich h�ufiger vor, sie f�llte Flecken und ganze Strecken -- und ihr folgten Pflug und Spaten und Entw�sserungsrohre und Windmotore, w�hrend Moos und Heidekraut den Eindringlingen mehr und mehr Platz machen mu�ten. Kaum zehn Jahre bevor Strix nach dem Westerwald kam, hatte man von dem Gipfel seiner Waldh�gel �ber lauter Moore und Heideh�hen, �ber niedriges Gestr�uch und S�mpfe hinausgeschaut; jetzt wurde das Kahle und Eint�nige allgemein! Die Buschflecken und Sumpfwasserspiegel verschwanden, die schwarzen Heideh�gel schrumpften ein -- und Strix sah lange, wei�e Wegestreifen sich wie getrockneten Schleim hinter Schnecken die Kreuz und die Quer durch die Landschaft ziehen. Wie einstmals im dichten Wald ert�nte jetzt auch hier der Ruf: h�rt, sie pfl�gen, sie graben, sie schaufeln, sie entw�ssern -- der Wasserspiegel wird zu Morast, das R�hricht zu Gras, Inseln und Werder zu landfestem Boden, die Katze geht trocknen Fu�es, wo einst der Otter schwamm ... Regenpfeifer und Brachv�gel pfiffen es klagend hinaus, Krickenten und Schnatterenten plapperten es trauernd nach, und dumpf und unheimlich trommelten rauschende Birkh�hne es heraus. Der alte, herrliche Urpelz, den die Erde anhatte -- ach, nun waren die Menschen dahinein gekommen! Es schritt r�stig weiter mit der Zivilisation ... und der Raum, den einst ein alter Fuchs, ein gro�er Marder oder Uhu inne hatte, um sich darauf zu bewegen, ward kleiner und kleiner. Und dann eines Tages, als ein armer Edelhirsch, gejagt und verfolgt, sich vor seinen Nachstellern in ein letztes �berbleibsel von Dickung im Westerwald zu retten suchte, stand dort weit hinten auf einem gro�en Platz, wo die sch�nste Zierbl�te der Kultur, das Wahlvereinsbanner sich entfaltet hatte, ein Reichstagsabgeordneter und bef�rwortete den Bau einer Lokalbahn. Da hatte aber Strix den Westerwald schon l�ngst verlassen. 10. Der Leuchtturmw�rter Am Auslauf der F�rde, wo der Sturm freien Zutritt hatte und wo das Meer sch�umte, stand meilenweit ein eigenartiger Streif von B�umen. Sie waren zum gr��ten Teil im Laufe der Zeiten von selber gekommen. Die V�gel hatten sie ges�et und die Tiere hatten sie gepflanzt ... wenn Fuchs und Dachs nach M�usen stachen, wenn das umherziehende Rehwild nach Dornenbeeren scharrte, hatten die Tiere unbewu�t B�ume in die Erde gepflanzt. Sie hatten Eicheln und Bucheckern und N�sse von der Haselstaude gelegt, sie hatten Ebereschen gepflanzt und das gro�blumige Gei�blatt. Ganz unten am Rande des Strandes zwischen dem Sand und den Steinen waren die B�ume so winzig klein, da� sie den Namen �Baum� kaum verdienten. Dann stiegen sie an H�he, je weiter landeinw�rts man kam. Aber mehr als zweimal Mannesh�he erreichte kein Baum. Selbst einen halben Kilometer weiter hinauf und mit einem halben Kilometer schutzgebenden Schirmes vor sich, erhielt kein Gipfeltrieb Erlaubnis, die einmal festgesetzte H�chstleistung zu �berschreiten; der Sturm von der See her war eine Riesenschere, die best�ndig schnitt und schnitt ... Gleich einem sanftabfallenden Halbdach �ber einem offenen Schuppen senkte sich die ganze Kronendecke nach der See hinab und tauchte den Rand des Daches in Gischt und Schaum. Ein eigenartiges Dach �ber einem eigenartigen, mit Schlackerwetter angef�llten Schuppen -- und doch, wenn man aus See kam und sich zwischen dem Baumgewimmel barg, hatte man ein Gef�hl von Wohlbefinden und Traulichkeit, als sei man zu Hause angelangt. Bei ruhigem Wetter war es so still hier im Strandwald -- da kehrte der Paradiesesfriede wieder. Aber bei Sturm und Regenschauern l�rmte diese ganze, erwachsene Baumwelt h��lich, sie schrie und st�hnte und schuf die unheimlichsten Laute. Da bebte meilenlang das sturmgestutzte Halbdach, das Wetter legte sich darauf wie ein grober Gesell und versuchte, ob es nicht in den Schuppen hinabgelangen k�nne. -- -- -- Hier hinaus kommt an einem fr�hen Morgen im Herbst der alte Sonderling, die Eule. Der Wei�dorn steht mit Fleischbeeren da und die Schlehe mit blauschwarzen, kugelrunden Fr�chten, die Ameisen suchen einen Haufen, und die Wildg�nse schmettern mit scharfen, gellenden Schreien eine Fanfare in die Luft �ber ihrem Kopfe. Sie findet ein Haus zwischen einem Haufen gro�er Steine mitten in der dichtesten Schlehenfestung. Hier sitzt Strix, w�hrend das Laub von den B�umen f�llt, und sp�rt, wie es um ihr Haus herum wimmelt von Z�gen und abermals Z�gen stummer, reisender kleiner V�gel: Laubs�nger, Rotkehlchen, Drosseln und dem lieben, leckeren Krammetsvogel, und sie h�rt den gehetzten Hirsch leise kn�hrend umhertrollen und mit seinem Geweih an die Au�enwerke ihrer Festung schlagen. Uhm, uhm, grunzt er, wenn er umgeben von ein paar St�cken Kahlwild sich seines Daseins freut; h��lich aber ert�nt sein R�hren, wenn er, von den Schleiern des Morgennebels verborgen, sich erk�hnt, seinen schallenden Brunstruf auszusto�en. An den rauhen Novemberabenden, wenn die Meerestiefe grau da liegt und die Wellen in langen, wei�en Grundstrichen in die F�hrde hineinjagen, wenn der Horizont Regen verk�ndet, und der aufgehende Mond mit seinem roten Segel kaum Erlaubnis erh�lt, hervorzuscheinen, verfolgt sie von ihrem Versteck aus den Zug der Tausenden von Wildenten. Gleich schwarzen Klumpen mit langen H�lsen, steigen sie Schof auf Schof �ber dem Walde auf, um landeinw�rts zu eilen und sich in den Mooren und S�mpfen des Hinterlandes zu bergen. Und sie sieht die M�wen sich in gro�en Schw�rmen vom Meer hereinwiegen und sich im Schutz hinter den Steinen des Strandes schwerf�llig zur Ruhe setzen. Da schl�gt sie an manch einem Abend eine fette Stockente oder eine wurmgespickte M�we ... derartig hat sich der Fre�sack angef�llt, da� ihm die Regenw�rmer lang aus dem Halse heraush�ngen! Und hier sitzt sie in den Wintertagen bei Schneegest�ber und h�rt das Meer unter sich tosen und l�rmen. Sie f�hlt sich sonderbar ergriffen von dem Laut. Es liegt, so scheint es ihr, ein eigenartiges Waldessausen darin, und hohle, tiefe T�ne, wie von ihrer eigenen Stimme. Die d�nischen W�lder sind arm an Uhus geworden; Strix' eigene Art ist dahin, ebenso die Gro�en ihrer Rasse: H�hnerhabicht, Wanderfalke und Weihe h�rt sie kaum je mehr -- sie wei� nur noch von Meeresbrausen und Waldessausen wie von einem Wesen _ihrer_ Art. -- Sie mu� es sich so recht traulich machen, die wunderliche, menschenscheue Eule, wenn sie hier aus der Tiefe ihres steingew�lbten Hauses heraus altklug mit Meer und Wald plaudert. Das Meer, das Meer ... Es kamen Tage, wo das Meer in Aufruhr stand, wo das sturmgepeitschte Wasser von ihm aufstob wie Schneetreiben von einem Felde und Staub von einer Landstra�e. Da trieb es die verschiedenartigsten Wracks an Land: Boote und Treppen, Pf�hle und Kisten, alles bunt durcheinander, mehr oder weniger zersplittert. Da schwemmte es auch seinen frischen, seegr�nen Tang an ... das Meer erntete, m�hte selbst den Ertrag seines Bodens und trug ihn, Fuder auf Fuder, l�ngs der K�sten und Ufer heim. Hier lag es am Strande in Haufen und Schobern und bildete neue Welten mit Einfahrten, F�rden und Buchten. Weit drau�en am Horizont, unter einem d�stern Chaos von Wolken und Regen richtete sich eine Welle nach der andern empor, man sah eine graugr�ne Mauer, die in einem Nu mit sch�umendem Wei� �berpinselt wurde. Dann trat eine Verwandlung ein: die Mauer wurde zu einem Bergr�cken, wild und zerrissen schoben sich wei�lich-gelbe Felszinnen turmhoch empor, und es stob von ihnen wie Schneewehen ... bis der Wasserberg pl�tzlich zusammenst�rzte und unter l�rmendem Gepolter und siedenden Wirbeln in die Tiefe versank. Und neue Mauern richteten sich empor, und neue Bergr�cken schossen auf ... sie tummelten sich feurig, die m�chtigen Wogen. Dann veranstalteten sie einen Wettlauf an Land und hauchten mit einem Gekrach ihr Leben zwischen den Steinen aus. -- -- -- An solchen sturmerf�llten Tagen ... wenn die Abende kamen und die Ragnaroksage auf die Erde wiederkehrte, wenn die Finsternis jede Kreatur bedr�ckte, so da� sie zitterte ... dann tanzte Strix, w�hrend der Horizont flammte, mit Buckel und krummen Fl�geln oben auf dem Kamm des Abhanges. Ihre wehenden Federb�sche str�ubten sich, die Pupillen wurden gro� und der Blick scharf und �tzend. Aber in den N�chten, die auf solche Tage folgten, fuhr die Wildheit in sie. Sie t�tete r�cksichtslos, sie wu�te nicht warum, sie t�tete nur, t�tete ... Die Enten, die im Tang lagen und ihren Leib versteckten, fest �berzeugt, da� sie sie nicht sehen konnte, nahm sie zu Zweien auf einmal, eine in jeden Fang; sie machte Jagd auf die kleinen Goldammern, die sie sonst gar nicht anr�hrte, sie qu�lte ihre gefangenen Ratten, wie eine Katze, und zog jedem Stachelschwein die Haut bei lebendigem Leibe ab. Und ununterbrochen f�llte sie den Strandwald mit ihrem durchdringenden Geheul --: Ho--o! Hu--u! Ha--Ha--Ha! Im Strandwalde erlebt Strix ihre mageren Jahre. Die Gegend ist zu rauh, um irgendwelchen �berschu� an Wild zu bergen. Sie nimmt nicht zu an Wohlbeleibtheit und mu� namentlich im Winter alles in Betracht ziehen und auf M�use und Bussarde und eingefrorene Seev�gel niederschlagen. Nur im Sommer, in der Brutzeit, f�llt sie sich m�chtig; die M�wenkolonien am Strande entlang m�ssen ihr erklecklichen Tribut zahlen; sie schnappt die G�ssel der Wildgans und die Jungen des gro�en S�getauchers weg, und manch ein rundlicher Dachswelpe, manch ein feister Jungfuchs geht in ihrem sack�hnlichen Magen zu den seligen Jagdgefilden ein. Sie lebt gl�cklich auf ihre Weise, in ihrer Einsamkeit, und genie�t ihre Ruhe. Kein aufreizender Axthieb, kein polterndes Wagengerassel peinigt ihre Nerven ... nur das Rollen der Wellen und das Zirpen der Heuschrecke klingt um ihr dickichtumkr�nztes, sturmzerzaustes Haus. Und dann eines Abends, als sie ausfliegt, scheint ihr aus weiter Ferne, oben von dem �stlichen Ende einer Anpflanzung, ein ziegelgedecktes Dach in die Augen. Es schie�t aus einigen Tannenwipfeln auf wie ein feuerroter Fliegenpilz �ber gr�nem Moos ... die untergehende Sonne macht es ergl�hen und Funken spr�hen. Es ist ein Menschennest, das dort aufgeschossen ist -- eine Villa! Die Bahn ist eine Tatsache geworden. Aus der gro�en Provinzstadt am Ende der F�rde geht sie durch den Westerwald bis hier hinaus an die K�ste. Die Spekulation hat auch dies Ende des Landes erfa�t; man hat ein Auge auf den Strandwald geworfen, auf die Abh�nge, die Aussicht und den guten Badestrand; eine gro�e Genossenschaft hat den ganzen �Dreck� gekauft und zerst�ckelt ihn jetzt in lange Streifen; jeder Streif erh�lt sein St�ck Wald, sein St�ck Strand, sein St�ck Wasser ... Die Einsamkeit verschwindet schneller als die Buchenbl�tter gebrauchen, um zu gr�nen und gelb zu werden; kleine �berf�llte Dampfboote fangen an zu pfeifen und herumzupl�tschern, kleine Hunde bellen, Wagen mit M�ttern und Kindern kommen dahergehumpelt -- und fast jeden zweiten Abend, wenn Strix aufwacht, ist ein neues, pilz�hnliches Menschennest aufgeschossen. Sie weicht und weicht, fliegt ein oder gar zwei lange Nachtfl�ge am Strande entlang, aber dann kann sie pl�tzlich nicht weiter kommen, sie ist hart an der Landspitze -- am Meer. Da drau�en liegt der kleine Leuchtturm ... An einem dunklen und sp�ten Herbstabend ... die See tost, und die B�ume in dem letzten Streifen Strandwald klatschen die kahlen Zweige gegeneinander ... ist ein Fischerjunge aus dem kleinen Dorf drau�en an der Landspitze, auf der der Leuchtturm liegt, auf dem Heimwege begriffen. Der Junge folgt dem Pfade auf dem Abhang oben am Waldessaum entlang und sieht �ngstlich in die Finsternis hinein, die dick zwischen den St�mmen liegt. Da h�rt er auf einmal ein wunderliches Hallo an sich vor�bersausen und weiter durch den Strandwald jagen ... Es durchschauert ihn eisig. Mit offenem Munde und pochendem Herzen bleibt er stehen. Einen Augenblick sp�ter ist das Hallo wieder da! Er glaubt, Pferdegetrappel und ein gewaltiges Bellen und Kl�ffen von Hunden zu vernehmen -- und er schl�gt die H�nde kreuzweise vor die Brust. Ob dies wohl das ist, was Gro�vater Pibe �K�nig Waldemars wilde Jagd� nennt? Die Haare str�uben sich ihm auf dem Kopf, er will davonrennen, da f�llt ihm ein, da� das ja das Schlimmste ist, was er tun kann. Er mu� nur gehen, gehen -- und er eilt dahin, mit hastigen Schritten. Am n�chsten Tage sprach das ganze Dorf von dem Erlebnis des Jungen! Auf der Bank unter dem kleinen Leuchtturm, wo die alten Seeb�ren bei Sonnenuntergang zusammen kamen und ein Garn spannen, h�rte der Leuchtturmw�rter eines Abends, da� von Spuk geredet wurde. -- Wo ist der Spuk? -- fragte �Vogel�. Ja, es war hier ganz in der N�he des Strandwaldes. Kristian Lars' Sohn, erz�hlte einer der Fischer, hatte es geh�rt, und nun vorgestern hatte auch er es geh�rt. Es war ein eklicher Kram; es heulte und miaute und bellte und kl�ffte und r�chelte wie ein sterbender Mensch. Der alte Niels Pibe, der ja nun nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte, behauptete, es w�re �K�nig Waldemars wilde Jagd�; er sagte, solche n�chtliche Jagd habe er, als er ein Junge gewesen war, fast in allen F�rdenw�ldern geh�rt, nur viel schlimmer. Da jagte der K�nig mit gro�em Gefolge und vielen Hunden; jetzt habe sich die Teufelsmusik wohl vermindert. -- Daran sind gewi� die vielen Kirchen Schuld --, f�gte der Erz�hler gottesf�rchtig hinzu. Der Leuchtturmw�rter spitzte die Ohren. Aus seiner Kindheit drau�en im Waldw�rterhause dicht vor den Hochw�ldern war er gar wohl bekannt mit der Musik des gro�en Uhus ... sollte es m�glich sein, dachte er, lebte wirklich noch eine von den gro�en Bubos, und zwar so nahe an seinem Gebiet! Das mu�te ein Zugvogel sein, einer aus dem n�rdlichen Skandinavien, der auf seiner Winterreise hierher verschlagen war ... Und Vogelhansens alte Leidenschaft stieg mit einem Brausen in ihm auf ... Im n�chsten Augenblick gaukelte er sich vor, da�, wenn da ein Vogel sei, auch zweie da sein m��ten ... es erging dem gro�en Uhu wohl so, wie man sich von der Bekassine erz�hlte, da� sie nie allein liegt. Dann konnte er am Ende wieder ein Gelege Eier bekommen oder eine Brut Junge fangen; alles Einheimische von der Art stand jetzt fabelhaft hoch im Preise! Es erging ihm fast so wie der Frau mit dem Milchtopf, aber dann besann er sich -- nun, er mu�te ja erst einmal sehen! _Eine_ Eule mu�te auf alle F�lle da sein -- und wenn die nur da war, hatte er auch sichere Hoffnung auf einen guten Gewinst. Der gro�e Uhu war immer zu verkaufen, wenn man ihn nur, tot oder lebend, in H�nden hatte. Der kleine Leuchtturmw�rter hatte sich freilich Zeit seines Lebens J�ger genannt, aber es war nicht mehr vom J�ger in ihm als auf dem R�cken einer Hand Platz hat. Er war �Schie�er� schlecht und recht, er scho� nur f�r den Kochtopf und f�r die Tasche -- und am liebsten f�r die letztere! Denn das, was da hinein kam, konnte verkauft und in geliebtes Geld umgesetzt werden! Er war ein Aasj�ger, wie er sein Leben lang ein Nestr�uber gewesen war; aber den Trost hatte er, da� leidenschaftliche Sammler und andre brave M�nner, die Schulen und Museen mit Vertretern der Fauna des Landes versorgten, sein Treiben in Briefen oft eine �sehr gemeinn�tzige Tat� genannt hatten. Nun war er bejahrt und nicht mehr imstande, in eine Buche hinauf zu klettern; aber das konnte auch einerlei sein, es gab nichts mehr, was sich des Hinaufkletterns verlohnte. Schon seit Jahr und Tag hatten ihn die Verh�ltnisse gezwungen, damit aufzuh�ren. Um so eifriger brauchte er nun die Flinte! Die Flinte war der lange Arm, womit er noch etwas an sich raffen und einem steifen R�cken und einem stocklahmen Bein abhelfen konnte. -- -- -- Und die Flinte wurde an diesem Abend von ihrem Platze �ber dem Herde heruntergenommen, wo sie sonst immer bereit lag, um gegen die vor�berstreichenden M�wen verwendet zu werden -- er hatte die alleinige Lieferung von M�wen f�r eine Modewarenhandlung -- und mit gro�em, grobem Schrot klar gemacht. Tag f�r Tag schlich er in seiner Freizeit im Strandwalde herum. Er durchwanderte ihn die Kreuz und die Quer, ja, er ging ganz bis an den Badeort hinunter und frech durch alle G�rten der jetzt mit geschlossenen L�den daliegenden Sommervillen. Aber er konnte nichts von dem gro�en Uhu entdecken au�er einer vereinzelten braunen Feder. Diese Feder gen�gte ihm jedoch; nun wu�te er, da� der Vogel wirklich vorhanden war. Strix sa� in einem Fuchsbau tief unter der Erde, da war es ja kein Wunder, da� der Leuchtturmw�rter jedesmal vergebens ging. Er ruhte jedoch nicht: er blieb seiner Natur und seinem Wahlspruch getreu: -- niemals etwas aufgeben, ehe du nicht die Beute im Kasten hast! Es d�mmert eines Abends ... Die Farben entweichen von der Erde und steigen zum Himmel empor; der wird im Westen rotgl�hend und schwefelgelb. Die Steine am Strande entlang, alle die wei�en, alle die grauen, die roten Taschenkrebsschalen, wie die blauen Muscheln, verschwinden f�r das Auge und werden zu einem dicken, wolligen Streif. Und der Streifen zerbr�ckelt gleichsam, wird zu Sand, zu schwarzer Erde -- die D�mmerung nimmt auch ihn. Nur der kleine Leuchtturm drau�en auf der Landzunge bleibt �brig. �ber die See weht ein wahrer Orkan aus Westnordwest ... D�stre schwarze Wolfen, wild zerfetzt an den R�ndern, jagen �ber den Horizont. Sie k�mpfen mit funkenspr�henden Feuerschlangen, die sich um ihren R�cken geschlungen haben, so da� rings umher in der Luft blutige Risse klaffen. Das Meer tost und sch�umt ... sein Brausen ist in den Strandwald gefahren, der siedet und brodelt, er kocht vom �u�ersten Rande bis ins innerste Dickicht. In seiner dicht verfilzten Kronenw�lbung gehen tiefe, m�chtige Windwellen, die vom Wipfelast bis ganz hinab zur Wurzel reichen. Der Sturm treibt selbst mit den innersten B�umen Kurzweil; er knechtet sie, die verwachsenen, kaum zwei Mann hohen Baumkr�ppel, so da� die wilden Sch�sse des Unterwaldes sich vor Wonne sch�tteln, wenn sie h�ren, wie schwer die gro�en Baume k�mpfen m�ssen. Man kr�mmt den R�cken da oben an Land! Steht dem�tig da und dienert, wo es sonst gilt, den besten Platz an der Sonne zu erhaschen; man schmei�t �ste, Zweige und die letzten lieben Bl�tter ab -- und ist froh, wenn man nur damit davon kommt. Der ganze Waldboden ist bedeckt von abgerissenen Reisern und Tannennadeln; er sieht aus wie ein Weg, der zu einer Beerdigung mit Gr�n bestreut ist. Da ist nicht gespart, nicht gegeizt, Vogelbeeren, Schlehen und Hagebutten liegen da -- und gleich willig und verschwenderisch streut der Sturm noch immer drauflos. Der kleine Leuchtturmw�rter ist auf dem Jagdpfade; er schleicht in der Dunkelheit herum, die Flinte bereit. Ist die Eule am Tage nicht zu sprechen, wohlan -- dann mu� er versuchen, ob er sie nicht des Nachts treffen kann. Dichter und dichter dr�ckt sich die Finsternis um ihn, sie guckt hervor aus Gestr�pp- und Baumstammzwischenr�umen, sie faucht ihm ihre schwarzen Tupfen ins Gesicht und macht seine wei�e Hand, die das Flintenrohr umfa�t, dick und schwarz. Heulen, Jammern und Seufzen erf�llt den Strandwald. T�ne, bald so herzzerrei�end, da� man glauben sollte, ein Mensch sei in Not, und T�ne, bald so �berirdisch, als k�men sie vom Himmel, str�men ununterbrochen seinem aufmerksamen Ohre entgegen. Aber nicht nach ihnen lauscht er ... die Laute kennt er von seinen vielen Wachen oben im Leuchtturm. Er wartet auf das Halloh und fragt sich mit einem Fluch, wo es nur abgeblieben sein kann. Ha, ha, ha, daran sind die vielen Kirchen schuld! h�hnt er im Stillen, als er wieder eine Viertelstunde vergeblich umhergeschlichen ist ... nein, die gro�en Horneulen haben sich an Zahl vermindert, ihrer sind weniger und weniger geworden -- das ist die Sache! Der Sturm ist wohl derselbe, der er immer gewesen ist, und auch das Klipp-Klapp der klappernden Zweigspitzen, aber �die Hunde� scheuchen wohl seltener als fr�her Wild auf. Da streift die wilde Jagd pl�tzlich an ihm vor�ber ... Und es ist Fahrt im Treiben und Kl�ffen in der Meute, es dr�hnt, es rasselt, es bellt, faucht und klagt um ihn herum; er mu� sich auf seinen Stock st�tzen -- er entsinnt sich nicht, den hochseligen K�nig jemals so wild jagen geh�rt zu haben! Strix hat n�mlich einen leckern Bissen gefangen; es ist ein Hase, den sie in den F�ngen h�lt, w�hrend sie vor�berfliegt. Sie hat indessen keine Ruhe, ihn zu verzehren, denn eine Schar kleiner Eulen, die ihr Gl�ck entdeckt haben, verfolgt sie und mischt ihre hohlen, schnarrenden Hornlaute in ihr d�steres, durchdringendes Fauchen. Sie neiden ihr den Fang und l�stern laut dar�ber. Die Sturmst��e kommen und gehen durch den Wald und zerren und ziehen an den Wipfeln. Pl�tzlich und �berraschend, mit der Geschwindigkeit eines Habichts, schlagen sie nieder, wirbeln das Laub auf und schleudern es dem Leuchtturmw�rter ins Gesicht. Er mu� den Rockkragen aufklappen und den Knoten des Halstuches fester binden. Er zittert am ganzen Leibe vor Eifer und Spannung und starrt sich fast die Augen aus dem Kopf ... wo schrie es doch?... wo heulte es eben? Auf den Zehenspitzen schleicht er umher, bewegt sich so lautlos wie sein lahmer Fu� es gestattet. Er bleibt oft stehen und lauscht mit offenem Munde, die Handfl�che hinterm Ohre ... war das nicht das Fauchen eines Uhus?... ja, jetzt hat er es ... es kommt aus der Anpflanzung ... da drinnen zwischen den Fichten, da heult es! Der Leuchtturmw�rter hat Gl�ck: auf einem schmalen Pfad st��t er auf die sonderbare Versammlung. Er sieht etwas Schwarzes, das sich im Dunkeln bewegt, legt die Flinte an die Wange und zielt in der Finsternis, so gut er vermag ... Strix' Leben h�ngt an einem Faden! Sie sitzt �ber ihrem Opfer und klemmt es fest gegen den Erdboden, rollt Feuer aus den Augen und knappt mit dem Schnabel. Die kleinen, fliegenden Katzen umschwirren sie wie Elstern. Der Leuchtturmw�rter zittert f�rmlich, die Beine wollen ihm versagen; er kann die Flinte nicht ruhig halten, er mu� auf die Knie nieder. Da ert�nt endlich der Schu� ... Aber in der Erregung und in der Dunkelheit schie�t der Leuchtturmw�rter zu hoch; zwei behende kleine Eulen fallen wie zwei B�ndel Kleider zur Erde. Strix macht sich aus dem Staube und nimmt obendrein ihren Hasenbraten mit. Aber in dem Augenblick, wo sie, von dem Sausen des Sturmes getragen, �ber die Fichtenwipfel dahinsegelt, ruckt es in ihr. Sie ist in den Wind vom Leuchtturmw�rter gekommen, und der beeilt sich und st�rmt vorw�rts, um seine Beute zu sichern -- sie aber �ffnet die F�nge und gibt freiwillig ihren leckern Braten preis ... Kladatsch, klingt es, Kladatsch, Kladatsch, so schnell, da� die Kladatsche fast �bereinander stolpern. Und dann ist sie im Sturmgebraus verschwunden. -- -- -- Das ist Tag und Jahr her -- und vergessen; vergessen war das Ganze. Nicht einmal Erinnerungen an ihre jubelerf�llten Tage waren zur�ckgeblieben. Nur der Kampf um die Nahrung und der Kampf um das Leben haben sie jetzt seit Jahren in Anspruch genommen; sie ist ein einsamer Vogel und hat sich daran gew�hnt, als sei sie es ihr Leben lang gewesen. Jetzt pl�tzlich taucht es alles wieder auf ... Nicht leibhaftig und in Gestalten geformt, so wie das Menschengehirn es vermag ... nein, nur in fernen unbestimmten Ahnungen. Ihr Gesicht kann t�uschen und ihr Gesicht kann vergessen, ihr Geh�r nie -- und diese, eines Menschen eigent�mliche Art zu gehen, hat sich ihr nun einmal unter Umst�nden, wo ihre Nerven bis aufs �u�erste angespannt waren, unausl�schlich eingepr�gt. Ist er es, der lahme Hahn mit dem stinkenden Atem, der ihre Jungen geraubt und sie in einen Bauer gesetzt hat?... Sie ahnt es und f�hlt dasselbe unwiderstehliche Kribbeln in ihren F�ngen, wie wenn eine pl�tzliche Lust, etwas Lebendem die Haut abzuziehen, sie anwandelt. Der Kampfesmut aus alten Zeiten f�hrt in sie, der Ha�, die Wildheit, die Bosheit flammen auf. Aus der Fichtenanpflanzung heraus hinkt der ein wenig niedergeschlagene kleine Leuchtturmw�rter, seine beiden kleinen Eulen in der Hand. Seine erste Eingebung ist, sie wegzuwerfen; aber dann f�llt ihm ein, da� er sie dem �Ausstopfer� in der n�chsten Stadt ja anschnacken kann. Da hat er wieder das wilde Halloh um die Ohren! Diese neue M�glichkeit erf�llt augenblicklich seine ganzen Gedanken. Schnell steckt er eine frische Patrone in die Flinte -- und eilt davon, dem Ger�usch nach. Aber nun l��t Strix erst allen Ernstes ihre Stimme ert�nen. Ein heimliches Schaudern, ein stilles Grauen durchbebt den lahmen Hahn ... ein so teuflisches Heulen, wie er es jetzt h�rt, meint er noch nie zuvor vernommen zu haben. -- Huu -- Huu ... bis ins Unendliche ruft die Eule, so wie damals, als sie den Hasen in den Todestunnel hineinlockte. Der Leuchtturmw�rter rennt dem Laut nach; er glaubt die ganze Zeit, da� er die gro�e Eule im Dunkeln gerade vor sich hat; aber er rennt und rennt und ist ihr immer gleich nahe. Sein Kla-datsch, Kla-datsch von dem lahmen Bein h�mmert aufreizend und anfeuernd in Strix' Ohren; sie hat eine brennende Lust, auf ihn niederzuschlagen, in seinem Fleisch zu zerren. Aber die Furcht vor den Menschen ist noch immer zu gro�. Sie mu� sich damit begn�gen, ihn zu foppen und sich ihrer �berlegenheit in der Finsternis zu freuen ... da geht er ja unter ihr, taub und blind, und stapft schwerf�llig auf seinen Klumpf��en -- und sie �ndert ihren Platz wieder und wieder und saust von allen Seiten �ber ihm, w�hrend sie ihm ihr Geheul in die Ohren gellt. Nur wenn er still steht, schweigt sie, und dann sp�rt sie das alte, beklemmende Gef�hl im Halse. Huu -- Huu ... quiwitt, quiwitt! Hin und her durch den Strandwald geht es, dann �ber die Abh�nge hinaus und auf und ab an den langen D�nenw�nden, unter denen das Meer siedet und sch�umt. Der lahme Hahn ist nahe daran, vor Durst zu vergehen, es schwitzt ihn, und das Halstuch hat er schon l�ngst in die Tasche gesteckt; er f�hlt sich immer mehr gereizt durch die Fopperei des Vogels und ist doch gleichzeitig mehr denn je darauf erpicht, ihn zu kriegen. Hier an den offenen D�nenh�ngen, wo hinaus er die Eule nun endlich getrieben hat, scheinen seine Aussichten ihm verbessert ... hier kann sie ihn nicht so leicht durch ihr Geheul t�uschen, hier kann er den gro�en Vogel ja sehen, wenn er von Zeit zu Zeit einmal aus dem Schlehengestr�pp aufschie�t, befreit von den Schlagschatten und der Erddunkelheit. Er _will_ sie haben; er kann es an ihrem Heulen h�ren, da� es eine alte, m�chtige Eule ist; sie mu� viel wert sein, und es gibt ja nicht mehr von der Art .... Huu -- Huu ... und best�ndig erschallen vor ihm die verwirrenden T�ne. -- Ein paarmal schon hat er sich an dem D�nenhang hinauf und wieder hinab gearbeitet und dagesessen und ihr im Schutz eines kleinen dichten, sturmgepeitschten Dornenstrauches aufgelauert; jetzt h�rt er sie wieder, sie ist hoch oben �ber seinem Kopf, gerade unter dem Rande des Abhanges. Der Sturm pfeift in den wilden Klettenstengeln und entf�hrt seiner gro�en Hakennase Tropfen auf Tropfen, er singt hohl und orgelt�nend in den Flintenrohren und klemmt einen eigenen vorwurfsvollen, gellenden Ton aus den kleinen Steinen heraus, die in der Tiefe unter seinen F��en rasseln. Auf allen Vieren, das Gewehr fest unter die Achselh�hle geklemmt, kommt er heraufgeklettert ... Ganz zuf�llig flattert Strix im selben Augenblick von einem Schlehdorngestr�pp auf und schwingt sich �ber den Abhang hinaus, wodurch sie sich einen Augenblick vor ihm in der Luft zeigt, gerade als er vor einem Absatz an der D�nenwand steht. Er richtet sich schnell auf, geht blindlings drauf los und vergi�t, sich in acht zu nehmen; jetzt will er einen Schnappschu� versuchen, will versuchen, den Satan nach dem Geh�r zu schie�en; aber in der Eile tritt er fehl und h�lt einen gro�en Schlagschatten am Ende des Absatzes f�r festen Boden, er strauchelt, will mit der Flinte vor sich fassen, die Sch�sse gehen ab, der rechte, als das Rohr gerade �ber dem Boden ist, der linke, als das Rohr schon in der Erde ist. Der Lauf zerspringt ihm zwischen den H�nden und rei�t ihm die rechte Hand ab, er kann sich nicht festhalten, er gleitet und st�rzt in die Tiefe. Strix sieht ihn fallen, aber sie versteht seinen Fall nicht! Sie glaubt, da� er hinter ihr drein ist -- bis sie von einem neuen Sturmsto� wieder gegen den Abhang geworfen wird und ihn erblickt, wie er ausgestreckt am Strande liegt, den bleichen Hahnenschnabel steif in die Luft. Sie umkreist ihn, wirft sich in langen Bogen vor sein Antlitz nieder und fa�t im Vor�bersausen nach seinen wehenden Haarstr�hnen -- und dabei heult sie und schleudert ihm ihr kr�chzendes, �berm�tiges Hohngel�chter ins Gesicht, w�hrend der Sturm im Riedgras seufzt und pfeift. Endlich setzt sie sich auf einen Vorsprung des D�nenhanges; dort sitzt sie lange stumm und starrt gr�belnd und unverwandt auf ihren toten Feind hinab. Es ist das erste Mal, da� sie einen Menschen so still sieht ... der Mensch -- die ewige Unruhe, die sie zeitlebens gest�rt hat -- nun liegt er dort tief unter ihr und ist so still geworden. Da schreit sie h��lich, da heult sie unheimlich ... es schallt im Walde -- es hallt wieder von den D�nenh�ngen --: -- Qui -- witt, quiwitt -- komm mit! komm mit! ... ha, ha, haaa! -- Es heult in der Nacht. Seit jener Nacht waren Strix' Tage am Strande gez�hlt. Es verlautete gar bald, da� Leuchtturmw�rter Hansen auf n�chtlicher Jagd auf einen gro�en Uhu umgekommen sei. Die Strandzeitung schlug L�rm und der Bericht ging durch das ganze Land -- und obwohl es keineswegs stimmte und auch nicht weiter verlockend war, und obwohl es ganz au�erhalb der Jagd- und Badesaison war, benutzte doch ein gewiegter Hotelp�chter die Gelegenheit, m�chtige Reklame f�r sein neues, gro�es Badehotel mit dazu geh�rigem �Jagdwald� zu machen. 11. Klein-Taa Der Winter verging leidlich f�r Strix. Sie hatte nur mit dem Hunger und der Langenweile zu k�mpfen. Das Los des Leuchtturmw�rters wirkte gerade nicht verlockend auf die in der Gegend ans�ssigen J�ger; sie erblickten darin eine weitere Best�tigung f�r die Annahme, da� die gro�e Eule ein Zaubervogel sei, den man am besten in Ruhe lie�. Der alte Niels Pibe, den die Strandzeitung interviewte, benutzte die Veranlassung, um verschiedene Geschichten von Eulen wieder aufzufrischen, aus denen zu ersehen war, da� die Eule B�ses ansagt -- und da�, wenn man sie schie�t, dies den Tod bedeutet. Eifrige Sammler lie�en sich freilich nicht von diesen Ammenm�rchen abschrecken, und als der Fr�hling sich n�herte und das Wetter weniger rauh wurde, erhielt der gewiegte Hotelp�chter in der Tat Anfragen in bezug auf seine Pensionspreise und den viel beredeten Vogel. Indessen kam ihnen ein Fremder, mit dem niemand rechnete, zuvor. Es ist an einem Abend, Ende M�rz, bei heftigem Seesturm ... Das Meer sch�umt. Kein Fahrzeug ist zu erblicken. Die grauen Regenschauer und die graue See gehen ineinander �ber. Nur eine vereinzelte, gro�e M�we mit einer unverh�ltnism��ig gro�en Fl�gelweite f�r den kleinen, leichten K�rper tummelt sich im Sturmgebraus und wiegt sich hin und her �ber dem einsamen Horizont. Scharf und salzig treibt die Seeluft durch den Strandwald; sie stinkt nach Fischen und Tang, nach Strand und Muscheln ... Strix tanzt nicht mehr an dem D�nenhang, sie hat zurzeit anderes zu tun. Sie hat sich ein Nest aus Zweigen zwischen ein paar ausstrahlenden Wurzelh�lsen einer kleinen verkr�ppelten Erle zusammengetragen und liegt und br�tet auf einem unbefruchteten Ei, einem letzten, aus alter Gewohnheit gelegten Ei! Und die Regenschauer kommen in Zwischenr�umen, aber regelm��ig wie die Kinder in dem Heim armer Leute, und das Meer da drau�en nimmt die trostlose Farbe des Sandgraus an. Und der Regen peitscht herab, str�mt und str�mt, so da� auch oben in der Luft See und Meer entstehen. Strix dr�ckt sich tief in ihr sch�tzendes Nest unter dem Erlenstamm und l��t die Regenschauer kommen und die Regenschauer gehen; sie br�tet und gibt acht ... auf die Erde, das wei� sie ja, ist kein Verla�. Da kracht und raschelt es vor ihr im welken Laub ... ein langgestrecktes, schlangengeschmeidiges Raubtier wickelt seinen blanken Pelz aus dem Grau der D�mmerung heraus. Es ist auch einer von den alten Feinden -- ein guter Bekannter aus Strix' jubelvollen Tagen! Obwohl Klein-Taa jetzt ein alter Marder geworden ist, �hnelt er noch immer seinem Vater so aufs Haar, da� ihm eigentlich nur die gestutzte Rute fehlt. Klein-Taa ist auf der Fr�hlingswanderung; auf der Suche nach einem Weibchen -- sonst k�me er nie in diese rauhe Gegend. Der Marder ahnt die Eule nicht, er kriecht nur in Schutz vor dem Wasser. Hopp, hopp, geht es, hopp, hopp -- ins Trockne hinein, am Eulenbaum entlang. Stieg in Strix eine Erinnerung auf, als sie den Burschen sah? Bereute sie vielleicht erst jetzt eine ungenutzte Gelegenheit bei einer zuf�lligen Begegnung in einer dunklen Tanne? Oder ist nur das Wetter schuld daran? Sie f�hrt auf die Waldkatze ein. Der Marder glaubt in dem ersten Augenblick der �berrumpelung, da� er einem Truthahn geradeswegs in die Arme l�uft. Ein warmes Aufblitzen, eine Mischung von Freude und �berraschung �ber dies unerh�rte Gl�ck zuckt in den kleinen, listigen Lichtern des behenden Raubm�rders auf -- da pflanzt Strix ihre acht F�nge in seinen Hinterk�rper. �h! knurrt der kleine Taa ... verdammter Irrtum! Und blitzschnell rei�t er seinen kurzen, kr�ftigen Katzenschlund auf -- Strix sieht wie in einer Sonnenuntergangsvision den roten, blutdampfenden Rachen und die wei�en Zahnreihen. Eine drohende Wolke von wilder Bosheit senkt sich �ber die vorhin so glitzernden Pupillen des Marders; er legt die Lauscher zur�ck und windet sich mit einer Kraftanspannung pl�tzlich in eine kauernde Stellung. Strix will sich das Tier mit ihren F�ngen vom Leibe halten, aber Klein-Taa ist zu lang, ohne Anstrengung gelingt es ihm, seine Vorderl�ufe in die Horneule hineinzuschlagen. Er umarmt Strix auf beiden Seiten des Brustbeins und bohrt in der Wut seines ganzen Schmerzes seine Nase und seinen Rachen in ihre Federn und ihr Fleisch. Einen Augenblick ist Strix kurz davor, umzufallen. Sie mu� den einen Fang loslassen und in aller Eile die Fl�gelspitzen und den Sto� als St�tzst�be in die Erde bohren, aber der Marder geht mit der vollen Unb�ndigkeit seines ganzen Mordinstinktes drauflos. Vergebens pre�t Strix ihr zottiges Gesicht gegen seinen Nacken und l��t ihre scharfe Hakennase seinen Pelz lichten, vergebens schleudert sie ihm ihr Wolfsgeheul ins Ohr und begeifert ihn mit ihrem Auswurf: der aufgeregte Taa l��t sich nicht einsch�chtern, es handelt sich um Leben oder Tod -- Strix mu� entweder weichen oder sich ergeben. Strix, die noch unverletzt ist, weil ihr dichtdauniges Kleid und die langen, dicken Brustfedern bisher den Stachel von den leidenschaftlichen Bissen des Marders abgehalten haben, w�hlt das erstere und rei�t sich mit einem Ruck von ihrem Gegner los. Aber der Marder h�lt fest und geht mit. Da kommt ein Orkansto�! Er schl�gt pl�tzlich wie ein Vogel Greif nach Beute in die Waldestiefe hinab, f�llt ein paar B�ume und erhascht einen Arm voll Laub. Strix breitet mechanisch die Fl�gel zur Flucht aus -- und leicht wie ein Federball, den Marder in ihren F�ngen, braust sie durch die Waldesgipfel empor. Sie hat das Gl�ck, beim Aufflug, wo Klein-Taa endlich loslassen will, seinen langen, geschmeidigen K�rper fest zu umklammern, ihre acht Krummdolche bohren sich in sein Fell hinein, gerade unter den Schulterbl�ttern zwischen den Rippen. Das wird eine seltsame Luftfahrt! Im Vergleich damit ist der Flug mit der Kreuzotter das reine Kinderspiel; der fauchende Sturm nimmt Strix mit ihrem bi�chen Beute in seine m�chtigen Klauen und streicht mit rasender Geschwindigkeit mit ihnen davon. Er spielt Fangball mit ihnen, wirbelt sie in gro�en Rutschbahnschleifen auf und nieder und nach den Seiten und rund herum. Strix hat alle ihre Kr�fte n�tig, um die Fl�gel gespannt zu halten. Die wasserblanke Erde jagt wie auf fl�chtigen L�ufen des Rehbocks unter ihr dahin; sie sieht von Dukelheit umh�llte Baumwipfel auf sich zu eilen, im Nu unter ihr liegen und dann wieder davonschie�en. Bald ist sie schwindelnd hoch in der Luft �ber ihnen, sie sieht weder Gestr�pp noch Hochwald oder die Lichtung der kahlen Stellen; bald ist sie den schaukelnden Kronenw�lbungen so nahe, da� sie ihr Sturmgebraus und Zweigegeklapper h�ren kann -- und es durchschaudert sie, trotzdem sie den Marder umklammert h�lt; sie kann ja nicht landen, das f�hlt sie, nicht anhalten und die Fl�gel emporschwingen und im Winde r�tteln; alles, was sie ber�hrt, wird sie umrennen. Da macht sie eine m�chtige Bewegung mit den Fl�geln und, obwohl ein Flug in die hohe Luft sonst nicht Sache der Eule ist, steigt und steigt sie -- sie mu� fort von der Anziehungskraft der Erde und der Sturmesgewalt, hoch hinauf, wo sie ungehindert gleiten kann, wenn auch in einer selbst f�r sie wahnsinnigen Eile. Eindr�cke und Empfindungen sausen durch ihr Gehirn; sie dr�ngen sich auf, gewinnen Platz, werden beiseite gesto�en und gewinnen abermals Platz, und w�hrend alledem k�mpft sie -- _sie_, der lebende Ballon -- mit ihrem noch immer gleich mordlustigen Passagier in der Gondel. Klein-Taa, dem schon gleich zu Anfang Strix' Klauen durch die Eingeweide gedrungen sind, w�hlt ununterbrochen in ihrer Brust und ihren Flanken herum, aber ihm fehlt eine St�tze f�r seinen Hinterk�rper, seine Bisse gelangen nicht auf den Grund, er rei�t ihr nur gro�e B�schel Federn und Hautstreifen aus. Strix ihrerseits arbeitet mit der ganzen Willenskraft des Selbsterhaltungstriebes. Z�h und ausdauernd klemmt sie die Horndolche tiefer und tiefer in die Seiten des Marders und zapft Blut aus seiner Brust, w�hrend sie vor Erregung und Anstrengung im Fluge schlingert. Taa ist im Begriff zu ermatten. Er schnappt wild und blind im Irrsinn des Todes um sich, und seine kr�ftigen Hinterklauen, die wiederholt w�hrend der Fahrt Strix auf verh�ngnisvolle Weise gegen den Bauch gesto�en haben, fangen an, schlaff und leblos herabzuh�ngen. Da benutzt Strix einen Augenblick, wo Klein-Taa, um Luft zu sch�pfen und die kitzelnden Federn vom Maul zu entfernen, den Hals ausstreckt, und sie umfa�t mit ihrem scharfen Krummschnabel seine Kehle. Einen Bruchteil einer Sekunde schwindelt es sie -- dann l��t sie pl�tzlich, zuerst mit den F�ngen, dann mit dem Schnabel, los. Sie schleudert ihn von sich und gibt ihm noch einen Segen in Gestalt ihres kalkwei�en Geschmei�es mit. In einem langgestreckten Bogen sieht sie seinen schwarzen Raubtierk�rper, der sich rund um seine Rute herum dreht, durch die Luft Purzelb�ume schlagen, bis ihn das Erdendunkel endlich verschlingt, und er in der Nacht verschwindet. Im selben Nu erfa�t der Sturm Strix wie mit einem Kampfruck. Von ihrem Passagier befreit, ist sie einen Augenblick sp�ter hoch oben zwischen den Wolken; sie mu� schleunigst ihre Fl�gelweite verringern, sich rund herumdrehen und, den Kopf gegen die Windrichtung, sich in langen, weitgedehnten Schleifen seitlich dahintreiben lassen. Na�kalte Sturmst��e fauchen ihr ins Gesicht und pfl�cken lose Daunen und Federn aus ihrem Kleide -- dann ergie�en sie sich in rei�enden Regenstr�men �ber sie. Ermattet vom Kampfe und schwer von dem Regen, der sie niederzuschlagen droht, sucht sie schleunigst Schutz hinter dem ersten H�gelabhang, den sie antrifft. Jetzt, wo sie ein freier Vogel ist, hat sie keine Angst, dagegen zu rennen; sie hat ihre ganze Beweglichkeit wieder und landet glatt auf einem Fels im Talgrunde. Sie ist entsetzlich zugerichtet. Der eine Schenkel h�ngt in Fetzen, bis in die F�nge hinein schnurrt es darin; der St�nder versagt anf�nglich dem K�rper die St�tze. Von den langen Brustfedern, mit denen sie die F�nge zu w�rmen pflegt, sind nur noch einzelne Daunen �brig geblieben, der �brige Teil der Brust besteht aus schwei�enden L�chern und Rissen. Sie ist m�rbe am ganzen K�rper, im Nacken, in den Fl�geln -- und ihre m�chtigen F�nge sind wie aus den Gelenken gezogen. Der gro�e Knoten an ihrem linken Augenlid, den sie jahrelang mit sich herumgeschleppt hat, seit ihrem Kampf mit der Kreuzotter, ist fast zu Wallnu�gr��e angeschwollen und ragt �ber das Auge vor, so da� sie nur schlecht sehen kann. Jeder Fleck an ihrem Rumpf schreit nach Pflege und S�uberung. Sie mu� irgendwo in Ruhe und Einsamkeit sitzen -- und sie hinkt davon, hinab nach einem Graben und verkriecht sich unter einer Br�cke. Ein gro�er Frosch, der, aus seinem Winterschlaf erwacht, auf dem Wege ins Freie ist, hat das Ungl�ck, ihr geradeswegs in die F�nge zu laufen. -- -- -- Der kalte Klumpen war ein G�tterbissen f�r Strix, er wirkte wie ein St�ck Eis in dem Mund eines armen, d�rstenden, fieberkranken Patienten! 12. Zur�ck Die Luftfahrt mit dem Marder blieb Strix' letzte Heldentat. Die K�mpfe des Lebens hatten sie allm�hlich arg mitgenommen. Als sie wieder einigerma�en zu Kr�ften gekommen ist und ihre Wundfl�chen sich vernarbt haben, fliegt sie fort aus ihrem Schlupfwinkel unter der Br�cke. Sie hat sich dort von einem Mondwechsel bis zum andern aufgehalten und Frieden gehabt, denn um diese Jahreszeit gab es ja keine Arbeit auf den Feldern. Wochenlang fliegt sie herum und sucht -- sucht nach gro�en W�ldern mit hohlen B�umen, nach alten, leeren Eichen. Sie sucht nach Ruhe und Frieden, nach der gro�en Einsamkeit, die ihr Schreien ertragen kann, ohne sich zu entsetzen ... wo sich der Wald ohne Hilfe der Menschen verj�ngt, wo die Sonnenstrahlen spielen und der Wind saust, wo niemand au�er _ihr_ sich in die Weltenordnung einmischt -- da will sie sein, da will sie hin ... W�hrend sie so umherschweift, folgt sie, ohne es zu wissen, einem uralten Naturgesetz. Es liegt heimlich verborgen in dem Fluge ihrer Fl�gel wie in dem Bed�rfnis ihres Herzens: sie fliegt im Kreise und landet in einer sch�nen Mitternacht in heimischen Gegenden. W�hrend ihrer Luftfahrt mit Klein-Taa hat sie in einem einzigen Fluge eine Wegesl�nge zur�ckgelegt, zu der sie in fr�heren Zeiten Jahre und Tage gebraucht hat. Sie ist �ber den Westerwald dahingeflogen und �ber seine jetzt so kultivierten S�mpfe und Moore; sie ist �ber ihre einstmals so gro�e Heide geflogen, die jetzt zum gr��ten Teil umgepfl�gt und bepflanzt ist. Der H�gelabhang, hinter dem sie in der Nacht landete, liegt nicht weit von dem verfallenen, von Ratten wimmelnden Torfschuppen, und der Wald, in den sie jetzt Einkehr h�lt, ist -- wilder Wald. Aber sie kennt ihren gro�en wilden Wald nicht wieder! Dort, wo noch vor zwei Jahrzehnten, als sie in der hohlen Buche auf der H�gelkette vor dem Waldsee wohnte, alte, herrlich dichte Tannen wuchsen, wo es selbst an gl�henden Sommertagen dunkel und k�hl war, ragen jetzt lange, gestengelte St�cke in die H�he. Und da ist immer Spektakel! Die Menschen treiben sich dort herum und hauen weg, so da� nur die steifsten von den St�cken �brig bleiben. Der neue Wald sieht aus wie hohes Gras. Und treiben die Menschen sich dort nicht herum, so zerrt der Wind fast immer an den Wipfeln; die B�ume ihrer Kindheit standen frei und offen, sie konnten sich, ohne einander zu hindern, wiegen und biegen. Und nun die alten Riesen mit den vielen Knorren, Narben und L�chern, die _sie_ B�ume zu nennen pflegte und nicht Gras -- die sind weg. Die Axt hat sie wohl genommen, lange bevor der Sturm sie hat holen m�gen. In einer kleinen, krummen, dichtkronigen Buche l��t sie sich nieder! Es ist eine Kr�ppel-Buche -- einigen B�umen ergeht es n�mlich wie einigen Menschen: je mehr sie in Regelm��igkeit und Schemaform hineingezw�ngt werden, um so mehr kommen sie mit der Neigung zum Ausschreiten zur Welt. Sie werden sonderlich -- und wollen nicht gut tun! Viel von dem Samen, den die langaufgeschossenen, hochkultivierten Buchen um sich werfen, und den sie von Winden und V�geln �ber das umliegende Land hinaustragen lassen, artet nicht im geringsten nach seinem Ursprung. Der Nachwuchs wird krumm und buckelig, treibt Zweige in rechten Winkeln und bildet, wenn er Erlaubnis erh�lt, lange genug zu stehen, die wunderlichsten Labyrinthe aus seiner Kronenw�lbung. Die Forstleute haben geradezu neue Namen f�r diese Sonderlinge; sie nennen sie Kr�ppel. In der dichtverfilzten Zweigkrone einer solchen Kr�ppelbuche haust Strix fast einen ganzen Monat. Aber was hilft es ihr, da� sie endlich H�usung gefunden hat -- Tagesruhe und Waldesfrieden hat sie nicht gefunden. In alten Zeiten waren Tagesruhe und Waldesfrieden so sicher wie die Sonne am Himmel. Wenn sie damals aus ihrem Mittagsschlummer in dem hohlen Baumstamm erwachte, hatte sie nur den Gesang der Jahreszeit im Walde geh�rt: im Winter den Sturm und das Sieden und Brausen. Im Herbst den Regen und den Tropfenfall und das Pl�tschern. Im Fr�hling das Bersten der Knospenschalen und das Glucksen und Saugen des Holzsaftes aus Wurzel und Faser. Und im Sommer hatte sie damals nur das Zittern der Bl�tter, das Summen der Insekten, den Diskant der M�nchgrasm�cke und das Gurren der Holztaube geh�rt, alles das, was naturgem�� mit zu dem Waldfrieden geh�rte und gleichsam die Stille verdoppelte. Jetzt dahingegen -- nein, sie gew�hnt sich niemals daran, sondern f�hrt jede zweite, dritte Minute auf: Ein Wagen nach dem andern kommt dahergerollt, Rufen und Rennen von Menschen ert�nt; dann bellt ein Hund, ein Schu� knallt; das Gellen von Pfiffen erschallt und das aufgeschreckte Gebr�ll von Waldh�rnern. Der Wald hat sich ver�ndert; der neue Wald hat andere Gewohnheiten als der alte -- und die sind ihrem Wesen und ihrer Natur ganz zuwider. So mu� sie denn weiter, -- nach nur ein paar Monaten! Sie mu� den Kreis schlie�en und die letzte Strecke der weiten, starkgebogenen Kurve zur�cklegen, in der sie seit ihren fr�hesten Tagen vorw�rts getrieben wurde. Gewandert ist sie auf ihre Weise -- und nun geschieht es, da� der Instinkt und die neuen Verh�ltnisse in den Gegenden, aus denen sie kommt, sie nach den gro�en F�rdenw�ldern zur�ckziehen, wo sie einstmals gebr�tet hat, und wo sie vor bald achtzig Jahren das Licht der Welt erblickte. Der gro�e Eichenstumpf, unter dem sie ihren Horst gehabt und ihr erstes Gelege Junge mit Uf ausgebr�tet hat, ist nicht mehr da, und alles, was dunkel und urw�ldlich war, -- was sie sch�n genannt hat -- ist weg ... nur drau�en in einer Ein�de, in einem sumpfigen, tiefgelegenen Winkel, den die Menschen jetzt die _Urwaldecke_ nennen, stehen auf einigen kleinen Inseln in einem schlammigen, noch unentw�sserten Waldmoor ein paar alte, geschonte Rieseneichen. Jahrhunderte und Jahrhunderte sind �ber die Eichen dahingegangen! Winter auf Winter, Fr�hling auf Fr�hling haben sie erlebt, haben sie genossen. Sie kennen den Himmel in Frostk�lte mit Schneegest�ber, in Lenzesblau mit Schneewolken, in Sommersonne und Herbstnebel; sie kennen Edelhirsch und Wildsau, Wolf und B�r -- und sie kennen den Menschen! Aus dem Baumgewimmel des Urwaldes, aus seinem Chaos von Alt und Jung, Heimgegangenem und Neuem sind sie herausgestiegen, haben sie sich emporgelitten, emporgetrotzt und sich den Platz erk�mpft, auf dem sie stehen. Vor hunderten und aber hunderten von Jahren haben sie gebl�ht und die Wonne der Best�ubung genossen; vor hunderten und aber hunderten von Jahren haben sie schwere, langapfelige Fr�chte um sich gestreut. Sie haben Generationen von Tieren und Generationen von V�geln gef�ttert, haben das Sonnenlicht von �ber tausenden von Jahren umgesetzt. Jetzt verebbt das Leben in ihnen, sie sollen der Erde zur�ckgeben, was sie einstmals empfangen haben. Auf ein paar alten Bildern an der Wand des Forsthauses steht eine jede von ihnen wie ein einsam aufragender Turm. Die Photographien sind vor fast einem Menschenalter aufgenommen, als der Tannenwald auf den H�geln rings um sie her nur eine kleine Anpflanzung war. Kein jetzt lebender Forstbeamter entsinnt sich der alten Eichen als Waldk�nige zwischen Tannenzwergen stehend. Nur Strix sieht noch heutigen Tages immer das stolze Bild. Da ist sie Nacht f�r Nacht �ber den kleinen Tannen hingeschwebt und hat manch einen jungen Hasen, manch ein Rehkitz geschlagen, und Amseln hat sie zu hunderten genommen. Die eine von den Eichen -- die �lteste -- ist �berall geborsten und gerissen, und es sind gro�e St�cke aus ihrem Stamm gefallen. Man hat Liebhaberaufnahmen, wo ein Reiter zu Pferd in der Eiche h�lt! Um sie zu bewahren, ist ihre Rinde in Eisenringe eingeschlossen und es sind starke St�tzen unter ihre �ste gestellt. So geborsten und zerrissen ist sie, da� die Leute gar nicht mehr glauben wollen, da� es _ein_ Baum mit _einem_ Stamm gewesen ist. Nein, den �rger mu� sie nun erdulden, da� kluge K�pfe unter den Forsteleven behaupten, es sei urspr�nglich ein ganzes B�ndel von Eichen gewesen, deren St�mme dann allm�hlich zusammengewachsen seien. Die andere Eiche, die am weitesten drau�en im Moore steht, umgeben von dem Geflecht des Geisblatts und dem dichten Wald der Adlerfarnen, hat noch ihre ganze �u�ere Rinde bewahrt. So m�chtig ist ihr Stamm, da� zehn Personen erforderlich sind, um ihn zu umspannen und ihre dicken, knorrigen Wurzeln greifen so weit um sich, da� ein viersp�nniger Wagen im Kreise um sie herumfahren k�nnte. Es ist ein Anblick aus der Vergangenheit! Wer sich allm�hlich durch das Gestr�pp hindurchgearbeitet hat, und nun pl�tzlich der Eiche von Angesicht zu Angesicht gegen�bersteht, stutzt ganz benommen: das ist doch endlich einmal ein Baum, den ein paar moderne Holzhauer nicht in einem Tage zu bew�ltigen verm�gen! Nur ganz oben, wo ein Ast abgeweht ist, hat das Alter eingesetzt. Hier ist die Rinde abgefallen, und ein gro�es Loch klafft aus der nackten Holzschale heraus. Durch dies Loch fliegt Strix eines Abends hinein und l��t sich auf den Boden des hohlen Stammes fallen. Hier sitzt sie den Winter hindurch -- sitzt warm und dunkel zwischen Spinnengeweben und Wurml�chern, ohne andre Gesellschaft als ein paar Frostschmetterlinge und eine gro�e Hummel im Winterschlaf. Als der Fr�hling kommt, fliegt eine ungenierte Kohlmeisenfamilie in den Baum hinein und l��t sich h�uslich nieder in dem faulen Holz �ber ihr. Das Nest, das ganz unten in einem langen und engen Loch ist, birgt fast eine ganze Stiege Eier! Und dann, eines Morgens, als Strix von der n�chtlichen Jagd heimkehrt, sieht sie auf dem Grunde der hohlen Eiche zwischen ihren gro�en Gew�llkl��en die letzten traurigen �berreste des Meisenweibchens liegen. Der kleine Vogel hat offenbar ein tragisches Ende genommen. Aber noch am Abend desselben Tages stellt sich der Meisenvater mit einem neuen Weibchen ein, das ganz ruhig das Eierlegen in dem Nest der ersten Frau fortsetzt. L�ngst hat der arme Mann die Stiege voll, aber das Ende ist noch nicht abzusehen, das kann die alte, welterfahrene Eule h�ren. Dies schreckliche Rumoren ist Strix ein wenig unbehaglich, und als das Meisenpaar erst Junge bekommt, ganze einundzwanzig, da wird das Geschrei und Gepiepse fast unertr�glich. Mehrmals versucht Strix, all das schreiende Leben mit den F�ngen herauszuziehen -- es ist ja doch Nahrung und sie ist gleich zur Hand. Aber ihre F�nge sind nicht mehr kr�ftig und nicht mehr geschmeidig genug, namentlich wollen die gro�en Horndolche sich nicht mehr in Winkel biegen lassen. So gew�hnt sie sich denn an den Spektakel ... etwas Gem�tliches hat dies L�rmen trotz alledem! Es bringt Abwechslung, es bringt Leben -- und sie entbehrt es sehr, als die Meisenkinder eines sch�nen Tages erwachsen sind und sich auf und davon machen. Strix altert jetzt. Und wie bei allen Raubv�geln meldet sich das Alter ungest�m und pl�tzlich. Ihre starken geschmeidigen Fl�gel fangen an, steif zu werden, ihre F�nge sind abgenutzt und sie greift fehl. Auch ihr Sehverm�gen ist nicht mehr wie in alten Zeiten, wo sie in der D�mmerung des Zwielichts die Motte am Stamm erkennen konnte. So ist ihr k�rzlich ein wahrer Skandal passiert -- sie h�lt einen gro�en Auswuchs an einem Stamm f�r einen Vogel! Der Auswuchs ist ein Wespennest, aber im Blendwerk des Mondlichts und zwischen dem Maskenspiel der Bl�tter wird es zu einem Birkhahn. Es ist lange, sehr lange her, seit die alte Strix Birkhahn gekostet hat, und es hungert sie f�rmlich danach, wieder einmal einen ordentlichen Bissen zu bekommen. Sie entsinnt sich ihres fr�her so gl�cklichen Verfahrens, setzt volle Fahrt auf und -- schl�gt mit allen ihren acht F�ngen in eine wunderlich schwammige Zundermasse. Sie hat sich geirrt, das merkt sie, denn dies Wesen ist ja kein Wesen ihrer Natur; es schreit nicht, es summt -- und die Daunen, die sie losrei�t, sind lebendig und stechen. F�r einen Wespenbussard w�rde diese Begebenheit ein wahrer G�tterbissen gewesen sein; der Vogel w�rde die Waben gesch�tzt haben, er h�tte es verstanden, jede Hornisse aus ihrer Federbekleidung herauszusch�len. Strix dahingegen wird nur gequ�lt und zerstochen, obwohl sie nicht zaudert, die Flucht zu ergreifen. Mehrere Tage lang ist sie hiernach in ihrem hohlen Baum sitzen geblieben und hat �ber ihr Schicksal gejammert; sie begreift nicht, warum das Gl�ck sie so pl�tzlich im Stich l��t ... Bisher war ja alles, was mit dem Beschaffen der Nahrung zusammenhing, so selbstverst�ndlich f�r Strix gegangen! Sie hatte immer fangen k�nnen und selbst aus ungleichem Kampf immer den Sieg davongetragen. Sie hatte sich aus schwierigen Lagen erretten, hatte Schutz und Versteck finden k�nnen, kurz, das Leben war trotz allen Streites und aller Widerw�rtigkeiten leicht f�r sie gewesen. Sie wird ganz melancholisch! Und w�hrend der Sommer fortschreitet und die Ernte herannaht, macht das Alter mehr und mehr sein Recht geltend. Die ehemals so selbstverst�ndlichen kleinen Gl�ckszuf�lle werden zu ebenso selbstverst�ndlichen kleinen Ungl�cksf�llen; sie fliegt immer h�ufiger in der Dunkelheit irre; bekommt Schl�ge von den Zweigen ins Auge und st��t die Fl�gel und den Kopf gegen �ste und Baumst�mpfe. Eines Abends auf der Jagd verwickelt sie sich -- bei den w�tenden Anstrengungen, ein Moorschwein zu fangen -- in ein niedriges Eisengespinst, das die gro�en zweibeinigen Spinnen um eine Anpflanzung gezogen haben. Um ein Haar h�tte sie ihr Leben dabei eingeb��t. Die Arbeit der Nacht wird schwer f�r sie; sie geht ihr nicht mehr wie ein Spiel von der Hand, sondern verursacht ihr gro�e Anstrengungen und tausende von Qualen. Das alles altert sie; sie b��t mehr und mehr von dem ein, was wir Menschen Lebenskraft nennen: Mut und gute Laune. -- -- -- Es wird wieder Winter -- und Strix hat sehr zu leiden. Namentlich peinigen ihre Erbfeinde -- die Kr�hen und Elstern -- sie schrecklich. Eines Tages wird sie von einer ganzen Schar Elstern entdeckt; es sind ihrer zw�lf -- zwei ganze Familien -- Hauskr�hen, mit langen Schw�nzen und mit Wei� an den Fl�geln, ihre Federn gl�nzen wie Metall; sie sind eingebildet und sagen, da� sie, wenn sie fliegen, sehr wohl mit Fasanenh�hnen verwechselt werden k�nnen. Sie foppen die Alte, ziehen sie auf. Sie sitzt da, verzweifelt vor Wut, und schneidet Gesichter. Aber was soll sie tun? Mit ihrem Sehverm�gen ist es schlecht bestellt, namentlich am hellen Tage, und sie kann nicht mehr, wie in ihren jungen Tagen, herausfahren und eine mit jedem Fang fassen und sie mit sich in den hohlen Baum schleppen. Sie mu� den Hohn leiden und die Qual aushalten. Aber allein das Bewu�tsein davon macht sie noch hinf�lliger. Es ist unter den Tieren nicht wie unter den Menschen. Unter den Tieren mu� ein jeder f�r sich selbst sorgen, und nur selten hilft eins dem andern beim Fang, wenn die F�nge abgegriffen und die scharfen Zahnr�nder oder Schneiden zu Zahnfleisch werden. Daher kommen auch in diesem Winter f�r Strix Zeiten wo sie Aas fressen und noch dankbar daf�r sein mu�. In ihrem langen Leben hat sie reichlich Gelegenheit gehabt, das n�chtliche Leben der Raubtiere aus der N�he zu beobachten und ihr Tun und Lassen zu ersp�hen. Sie sieht die F�chse in gro�em Umfang ihre verschiedenen Speisekammern rings umher im Erdboden versorgen. Die Kerle machen es gerade so wie der Hund, sie vergraben alles, was sie nicht auf einmal fressen k�nnen. Rings umher in den Mooren, unter Grasb�scheln und in verlassenen Ameisenhaufen verstecken sie ihren Raub -- und finden ihn mit Sicherheit selbst nach Verlauf langer Zeiten wieder. So legt sich denn Strix darauf, ihnen ihren Wechsel abzulauern und die Gelegenheit wahrzunehmen, in ungest�rter Ruhe sich die Niederlagen zunutze zu machen. Aber das Leichengift des Aases ist keine st�rkende Medizin -- sie wird schwach und altert in best�ndig zunehmendem Grade. -- -- -- Strix hat jetzt die l�ngste Zeit gelebt. Sie hat alle Qualen des Lebens erduldet -- Der Nachtfrost und der Lenzschnee l�schten den Lebensfunken in ihrem ersten Gelege Eier und sie hat mehr als einmal auf verfaulten Eierschalen gesessen; einige sp�tausgefallene Junge, die nicht fl�gge waren, als der Winter kam, sind eingegangen, und wo sind die wenigen gl�cklichen, die lebten, abgeblieben? Sie hat sich nie stark vermehrt und die Welt mit dem Abklatsch ihres eigenen Ichs bel�stigt. Andere V�gel br�teten zweimal im Jahre und setzten jedesmal vier, sechs, acht, ja, zehn Kinder in die Welt; sie war m��ig gewesen und hatte sich stets mit nur zweien begn�gt. -- -- -- Der Winter geht seinen Gang. Er wird hart werden in diesem Jahr, und Strix leidet Not -- schlimmer denn je. Sie streift nicht mehr umher, macht nicht einmal mehr kleine Ausfl�ge; sie hat keine Kr�fte dazu und f�hlt auch nicht das Bed�rfnis. Sie bleibt lieber in der Urwaldecke und hungert. Wenn dann der Novembersturm pfeift und die Schneeflocken um ihr Haus da drau�en wirbeln, wenn es so schneidend kalt ist, da� Larve und Wurm im Holz um sie her in Ruhe frieren und nicht den leisesten Laut mehr telegraphieren -- dann schlie�t sie die Augen und sitzt in sich versunken da, w�hrend sie den d�nischen Fr�hling vor sich sieht. Die Weiden stehen gelb von aufgebrochenen K�tzchen, und Schw�rme von lenzdurstigen Bienen fliegen hin und her, w�hrend ein warmer und wachstumverhei�ender Erdbrodem aus dem Boden aufsteigt. Die Schnecken sind drau�en, und mitten im Sonnenschein zwischen den gr�nen Wildkerbelb�schen thront eine gro�e, leckere Kr�te. Sie sitzt da und verzehrt M�cken, die sie in einem dichten Schwarm umtanzen. Jedesmal, wenn sie mit Blitzesgeschwindigkeit die Zunge herausgeschnellt und sie wieder hineingezogen hat, zwinkert sie wohlbefriedigt mit den Augen. Strix will sich �ber sie st�rzen; die Kr�te ist ja nun bald derjenige von den �Schnell�ufern�, mit dem sie am besten fertig werden kann -- da erwacht sie zu der n�chternen Wirklichkeit, indem sie mit dem Kopf gegen den hohlen Baumstamm st��t. Ja, Strix war alt geworden, uralt -- und das war gerade der Segen beim Altwerden, da� man die F�higkeit erhielt, in sich hineinzusehen und die Bilder hervorzurufen, die man zu Dutzenden und Aberdutzenden von Malen in einem langen Leben gesehen hatte. Man schwelgte in den Erfahrungen, man sah den Wechsel der Natur zu jeder Zeit im Strahlenglanz der Erinnerung vor sich. Wenn nichts weiter, so konnte man sich ja daran erw�rmen! Aber _sehnen_ tat sich Strix doch -- sie sehnte sich, sehnte sich -- sie konnte sich nur nicht klar dar�ber werden, wonach. Es lag wie ein best�ndiger Druck dadrinnen, wo das, was man Hoffnung und Glauben nennt, Wohnung hat ... Sie sehnte sich nach dem, was nicht mehr war, nach dem Unber�hrten, Gro�z�gigen in der Natur ihrer Heimat, oder nach den alten, guten, traulichen Zeiten, als Einsamkeit im Walde war, wo sie Aussicht auf die Heide, auf Wild und Fauna hatte und nicht einzig und allein auf Menschen und wieder Menschen. Sie sehnte sich nach dem in der nordischen Natur, womit ihre eigene Natur so innig verkn�pft war: nach dem Trotzigen, dem Unnachgiebigen. Jetzt hatten die Menschen alles auf den Kopf gestellt, und Wege und Eisenbahnen, Anpflanzungen und Korn�cker �berall hingebracht, wo fr�her Wildnis herrschte. Sie hatten die W�lder aus ihrem Naturzustande in beschnittene G�rten verwandelt und all das urspr�ngliche Tierleben aus ihnen vertrieben; sie hatten die Natur zahm gemacht, sie pfl�gten sie um und eggten sie, sie bestellten sie und klecksten ein Haus neben dem andern auf. Als einzige Erscheinung hatte sie, und nur sie, und dann die beiden alten Eichen den Untergang all des Freien �berstanden; sie sp�rte es jetzt in ihren alten Jahren mehr denn je an sich, da� sie heimatlos und verfolgt war, und da� sie es ihr ganzes Leben gewesen war. Deswegen klagte sie so oft, da� es gleichsam wie ein Unwetterschaudern durch die Umgegend ging, deswegen lag etwas unerkl�rlich Unheimliches in ihrem einsamen n�chtlichen Heulen. 13. Strix schafft sich einen Sklaven an In der Urwaldecke -- um die alten Eichen herum -- traf man eine Menge hohler und zunderiger Vergangenheitsb�ume zwischen dem Neuwuchs an. Darin wohnten die andern Eulen des Waldes, die _kleinen_ Eulen, deren Treiben und deren Lebensweise ganz so war wie Strixens. Ihre Gesellschaft hatte Strix denn auch immer zugesagt. Sie hielten Sabbath, wenn sie Sabbath hielt, bedurften des Schlafes, wenn auch sie m�de war, und kamen nicht am Tage dahergebraust und machten L�rm. Ihre N�he belebte die alte Eule, sie waren gleichsam Fleisch von ihrem Fleisch und redeten _ihre_ Sprache. Jeder Vogel singt mit seinem Schnabel, sagen die Menschen. Die eine Vogelart versteht denn auch nicht viel von dem, was die andre sagt. Die Lyrik der kleinen V�gel wird nicht von den Kr�hen verstanden, und das Kr�chzen der Kr�hen, von dem sie selbst versichern, da� es voll von den sch�nsten und am meisten in die Ohren fallenden Harmonien ist, wird von den Habichten nicht gesch�tzt. In der Vogelwelt herrscht mit andern Worten, ebenso wie in der Menschenwelt, eine babylonische Sprachenverwirrung. Eine Art spricht sozusagen Deutsch, eine andre Fl�misch, eine dritte Franz�sisch usw. Nur einzelne Sprachgenies, wie die Familien Star und Elster, gibt es; sie sind mit der F�higkeit geboren, sich in mehrere Sprachen hineinzuversetzen, und sie treten als Dolmetscher auf. Nicht alle aus diesen Familien bringen es gleich weit -- und nur ein einzelner alter, hochbegabter Star versteht zehn Sprachen! Strix hat oft um die Fr�hlingszeit von ihrem bescheidenen Platz unter der Trib�ne dem Vortrag eines solchen �Professors� beigewohnt. Das meiste klang in Strix' Ohren chinesisch, aber vereinzelte Male, wenn ein paar hohle, orgelt�nende Brauselaute kamen, spitzte sie die H�rner und machte einen langen Hals ... es war, als wenn wir Menschen auf der Reise in Italien pl�tzlich von einem Tisch im Speisesaale heimische Laute h�ren. Aber alle die langen Schrei- und Heulkonzerte der kleinen Eulen waren Strix von Anfang bis zu Ende verst�ndlich; sie sprachen ja in ihrer Zunge, nur weicher und sanfter. Von ihnen sagte sie auch, da� sie _zwitscherten_. -- -- -- In den Zeiten vor vielen, langen Jahren, nachdem ihr Gatte gestorben war, und ehe sie sich noch so recht an ihre Einsamkeit gew�hnt hatte, suchte sie mit Vorliebe die Gesellschaft der kleinen Eulen. Wenn die blanken M�rzn�chte im Anzuge waren und der Himmel wie mit blitzenden, feurigen Eulenaugen �bers�et war, wenn es in der alten hohlen Buche, in der sie damals sa�, zu kribbeln und zu krabbeln begann, und die Flederm�use oben in dem faulen Holz, die sonst immer am liebsten jede f�r sich allein h�ngen wollten, wonnevoll piepsten und liebeskrank in der Dunkelheit zusammenkrochen ... wenn sie selbst hinaus mu�te, nicht um zu fangen, sondern um zu tanzen wie auf sonnendurchgl�hter Baumrinde, w�hrend sie wahnsinnig mit den Fl�geln um sich schlug -- da hatte sie sich oft den Kavalieren der kleinen Eulen gegen�ber �u�erst angenehm gemacht. Sie fing gute Bissen f�r sie, Raub, den sie sonst niemals bekamen, wie Hasen, Birkh�hne und Rebh�hner; sie lie� sie ihre fetten Ratten kr�pfen, w�hrend sie unter anmutigen Geb�rden und gurrend wie eine Kropftaube um sie herumschw�nzelte und ihnen Anla� gab, ihr ihre Aufwartung zu machen. Aber keiner von ihnen hatte sich veranla�t gef�hlt, sich n�her mit ihr einzulassen. Wenn dann der Herbst kam, wenn der regnerische November mit seinem Tagesgrau und seiner Nachtfinsternis den Sinn schwer und das Blut reizbar machte, wenn alles Wild noch sommerstark war, nicht geschw�cht durch Winterhunger, Frost und K�lte und daher wachsam und ungeheuer schwer zu fangen -- da nahm Strix eine �berraschend blutige Rache. Sie tat es nicht bewu�t, _das_ mu� man zu ihrem Lobe sagen; sie tat es aus Instinkt und aus R�cksicht auf die Anspr�che ihres gro�en Magens. Wenn die kleinen Eulenherren auf M�usejagd gingen, schlug ihnen pl�tzlich ein gro�er Vogel in den Nacken. Strix tauchte aus der Nacht auf, als werde sie im selben Nu von ihr geboren. Sie machte kurzen Proze� und verzehrte ihre angebeteten Verwandten mit Federn und F�ngen. Die kleinen Eulen drau�en im Walde waren denn auch in Todesangst vor ihr gewesen. Jetzt sind die Zeiten mit den Paarungsgel�sten l�ngst vor�ber! Es ist mit Strix in der letzten Zeit rei�end bergab gegangen. Ihre Federn haben die blanke, dunkelbraune Farbe verloren, und statt dessen den blassen, welken Ton vorj�hrigen Laubes angenommen. Die haarfeinen Federn um ihren Schnabel sind silbergrau, ihre Fl�gel sind steif, und der Schnabel ist ungew�hnlich krumm. Sie ist keine gro�e Eule mehr. Ihr einst so muskelstarker K�rper ist zusammengeschrumpft, so da� ihr die Haut zu weit ist und in Falten und Beuteln sitzt, die Schenkel sind so d�nn, da� ihre einst so m�chtigen Marterf�nge j�mmerlich lang erscheinen und den St�ndern eines Storches gleichen. Ihr Federkleid ist zerzaust, der neue Brustbart besteht aus lauter Stoppeln ... sie �hnelt einem trocknen, eingeschrumpften Pilz. Nur ihr Kopf rollt noch in seiner vollen Gr��e unheimlich in den Schalen der knochigen Schulterbl�tter. Strix ist abgelebt -- die Greisin der Ein�de heult aus dem letzten Loch. -- -- -- Es ist ein ungew�hnlicher Fr�hling in diesem Jahr. Sie kann keine Schlafruhe unten in dem hohlen Eichenstamm finden. Jeden Augenblick str�uben sich ihre H�rner, und die Augen �ffnen sich; dann erwacht sie und ist ganz klar: zum bald achtzigsten Mal h�rt sie die gro�e Botschaft, die das M�rzsausen und die Aprilschauer verk�nden. Aber was geht das sie an -- und sie lauert wieder in sich hinein ... Bis neue Botschaften so �beraus stark werden, da� sie in ihrem Ohr rumoren: ein Wurm im Holz, ein brandgelber Zitronenfalter, der in einem Spalt �berwintert hat und w�hrend eines Sonnenstreifens durchaus hinaus will, oder auch nur die F�den in einem Kokon, die w�hrend der unmittelbar bevorstehenden Verwandlung der Puppe zu bersten anfangen. Alle diese feinen, dem menschlichen Ohr unh�rbaren Laute dringen auf sie ein und wecken sie ununterbrochen. Bald kann sie nicht mehr unten in der hohlen Eiche sein, es h�mmert und pocht, es bei�t und nagt, sie mu� aufbrechen und sich auf den Rand des Zunders, dicht unter das Eingangsloch setzen. Die bisher so wei�e Erde liegt geborsten und gefleckt vor ihr. Sie sieht schwarze Erdschollen und rotes welkes Laub hervorschimmern. Es pl�tschert um sie her, und jeden Augenblick schwindet das Wei�e mehr und mehr, es wird schmutzig und gelb, es vergeht spurlos. Bl�ulicher, dichter Nebel steigt um sie auf; sie starrt in Wolken von Feuchtigkeit hinein und sieht das Tauwetter dampfend durch den Wald schreiten. Die kleinen Schlammseen rings umher im Waldmoor, die starr und blankschwarz dagelegen haben, nehmen einen matten, milchigen Ton an. Dann berstet das Eis an einer Stelle, es gurgelt und quillt empor mit ausgelassenem, befreitem Wasserspritzen. Es ist, als l�ge ein gro�er Fisch unter dem Eise; er will Luft und Platz haben und f�hrt deswegen herum und stemmt die R�ckenflosse gegen die Eiskruste -- �berall entstehen Risse und gurgelndes Ger�usch. Dann fangen die H�gelw�nde von ihrem Baum an zu glucksen; kleine Rinns�le kommen mit rasender Geschwindigkeit herab, st�rzen sich kopf�ber den Abhang hinunter und bohren sich in den Talboden. Es summt da unten, es singt, es braust es str�mt -- ein Wildbach ist pl�tzlich entstanden. Winzig kleine, gr�ne Keime tauchen aus dem Waldboden auf, und in der Lichtung zwischen den B�umen wird es sonnig und warm. Wie es um sie her schimmert, wie es schwillt! Sie entdeckt etwas Gr�nes, sie kann schon Bl�tter sehen ... der welke Wald legt wieder sein Fr�hlingskleid an! Und w�hrend die Tage dahingehen, f�hrt eine Redseligkeit in alle die Strandv�gel; obwohl es vielen von ihnen entsetzlich schwer wird, sich auszudr�cken, schwatzen sie doch ununterbrochen drauf los. Und dann eines Morgens h�rt sie Stimmen, die im Laufe des Winters nicht dagewesen sind. Das sind alle die Zugv�gel, Drossel und Holztaube, Star und Rotkehlchen, die heimgekehrt sind. Und mit ihnen kommt das Leben. Sie sind ja weit gereist und haben viel gesehen, sie haben Eindr�cke gesammelt und k�nnen erz�hlen -- und alle lobpreisen sie wie einen Garten Eden diese alte Urwaldecke, diesen unerme�lichen absterbenden Wald, diese Baumrinde und diesen zundrigen Kern, die in langsamem Faulen begriffen sind; hier ist das reiche Insektenleben, das die modernen W�lder der Gegenwart nicht zu bieten verm�gen. Ein ohrenbet�ubender Spektakel erf�llt die Luft. Es heult und pfeift, es tutet und schreit ... Strix mu� wieder hinab in ihr dunkles Loch; �bel ist es freilich da unten, aber noch tausendmal schlimmer ist es hier oben. Und die Laute str�men ihr entgegen. Bald bettelnd, bald flehend, aber es sind auch einige tief emp�rte und geh�ssige darunter, einige, die Fang und Schnabel ahnen lassen, obwohl sie von winzig kleinen Singv�geln abstammen. Strix h�rt sie, fa�t sie auf und l��t sie durch sich hindurchsp�len, ohne sie auch nur mit einem Gedanken zu verfolgen -- dies alles ist ja nur der gew�hnliche Weltrummel! Es ist ein stiller, warmer, lieblicher Lenzabend! Aus den Gipfelzweigen der Tannen, aus der Kuppelw�lbung der Buchen singen die Drosseln ihr letztes Lied, und der gro�e, rote Fr�hlingsmond h�ngt wie ein Riesen-Pigeon ganz oben in einem Baumwipfel. W�hrend die D�mmerung mit Sturmesschritten durch den Wald rennt, singen die V�gel dem Tage ein letztes Lebewohl: Wittewit, wittewit! Das ist die Drossel. Wittwii, wittwii, eine andre. Sie sind vor Strix und hinter ihr und �berall -- Pan bl�st: der Zapfenstreich geht durch den Wald. Strix ist mehrmals auf dem Wege nach oben gewesen. Es ist ja jetzt ihre Stunde, und der Magen macht Anspr�che. Aber die Krallen wollen heute abend nicht in den Zunder bei�en, und die Fl�gel, die ihr m�hseliges Sichhinaufschleppen zu unterst�tzen pflegen, lassen sich nicht heben. Die Kr�fte haben sie pl�tzlich ganz verlassen. Sie ist tr�bselig, die alte Strix. W�hrend sie sich ausdauernd, aber vergeblich, unten in dem hohlen Stamm abm�ht, klagt sie vor sich hin. Es ist nicht das lange, prachtvolle Ho--o--o, das andere Lenzabende gekannt haben, hinausgerollt mit dem Fanfarenklang der Paarungslust, mit verhei�ungsvollen breiten Fl�geln und einem �berma� von Kraft, nein es ist ein kleines, furchtsames, abgerissenes Ho, nur bis ins Unendliche wiederholt, eine Art Zeitvertreib, eine Art Trost in der Einsamkeit, oder m�glicherweise ein instinktiver Ruf nach Hilfe. Diese schwachen, herabgestimmten Ho-Rufe, die viel �hnlichkeit mit den Paarungsrufen der kleinen Eulen haben, werden denn auch von einem kleinen feurigen Eulenhahn aufgefangen, der schon lange ungepaart im Walde herumgeflogen ist. Er geh�rt zu der Rasse +asio otus+ und ist auch eine Horneule mit sich str�ubenden Federb�scheln und gelben Kugellichtern; aber das ganze Pers�nchen ist keine drei K�se hoch, und Strix kann ihn mit Leichtigkeit in ihrem einen Fang zu einem Federklumpen zusammenrollen. Trotz seines eifrigsten Suchens hat _Glip_ -- so hei�t die kleine Horneule -- kein Weibchen finden k�nnen, und dies Ungl�ck ist ihm nun im dritten Jahre widerfahren. Er ist deswegen sehr aufgelegt zu freien, und sei es auch um seine alte Gro�tante! Der Grund f�r seinen best�ndigen Mi�erfolg liegt auf der Hand: Die Zeit der Bedr�ngnis, unter der Strix ihr ganzes Leben gelitten hat, beginnt nun auch f�r die kleinen Eulen. Die Kultur hat in immer st�rkerem Grad um sich gegriffen, jetzt raubt man den kleinen Eulen ihre Waldestiefe und haut ihre hohlen B�ume um. An vielen Stellen verfolgt man sie auch geradezu! Die Vorliebe f�r Fasanen hat sich verbreitet: der Kampf zugunsten von dem, was die Menschen das _Nutzwild_ nennen, ist versch�rft, kein Raubvogel, er mag noch so klein und unsch�dlich sein, ist mehr sicher. Das m�gen die G�tter wissen; wenn jemand bestrebt gewesen ist, auf ehrliche Eulenweise zu einem Weibchen zu gelangen, so ist es Glip. Er kann mit gutem Gewissen behaupten, da� er weder zu bescheiden, noch zu unnat�rlich w�hlerisch gewesen ist. Aber Verh�ltnisse, �ber die er, wie erw�hnt, nicht Herr ist, haben ihn zum Verzicht gezwungen. Einmal im vergangenen Jahr sah es einen Augenblick licht f�r ihn aus. Es war ihm gelungen, einen jungfr�ulichen Vogel zu finden, ein ganz freies, ungepaartes Eulenfr�ulein. Es bewarben sich freilich noch dreizehn Herren au�er ihm um sie, aber was machte das -- der Schatz war ja da. Es kam nun nur darauf an, wer ihn besitzen w�rde. Es war dr�ben auf der andern Seite der F�rde, drau�en in einem dichten Tannenwald, wo er die Sch�ne traf. Sie sa� in einer kleinen Tanne, und die Freier hingen dicht in den Zweigen rings um sie her. So war auf alle F�lle die Sachlage am Tage. Aber des Nachts hatte das Bild einen weniger friedlichen Charakter, da k�mpfte man wie die jungen H�hne und umschw�rmte die Zuckertaube wie zudringliche Fliegen, so da� sie zu nichts in der Welt mehr Frieden hatte. Leider lenkte der F�rster des Gutes eines Tages wohlbedachterweise seine Schritte durch den Tannenwald. Er traf die ganze Versammlung an, die, ermattet von den n�chtlichen Ausschreitungen, in sich selbst versunken da sa� wie kleine, schlaffe Kasperlepuppen. Mit schief gestr�ubten H�rnern und zwinkernden Augen schielt ein Einzelner auf ein wei�es Gesicht herab, aber das Gesicht verschwindet bald wieder. Dann, sp�terhin am Tage, ert�nen kleine, kurze Sch�sse -- und einer nach dem andern gleiten die lebenden Tannenzapfen hinten�ber von dem Zweig herab. Der F�rster war schleunigst zur�ckgeradelt und hatte sein Tesching geholt. Er verstand sein Handwerk aus dem ff und beurteilte die Sache, wie sie war: so lange es ihm gelang, eine gewisse kleine, helle Eule, die mitten in dem Klumpen sa�, nicht zu treffen, w�rden die andern schon festsitzen wie die Kletten. Er bekam neun! Dann war der Bann gebrochen. Die kleine, helle Jungfer glitt mit zum Himmel erhobenen Augen hinten�ber, und nun zerstob der Rest in alle Winde. Glip floh in den Wald und machte sich daran, die B�ume von oben bis unten zu durchsuchen. Aber sie waren entweder eulenleer, oder er traf Paare an, die in gl�cklicher Ehe lebten, mit Kindern bis �ber die Ohren. Wohl strengte er sich an, hier, wenn m�glich, Eindruck zu machen, war sowohl �u�erst grob wie auch �u�erst liebensw�rdig. Aber er erreichte nichts weiter als eine unfreundliche Behandlung, war er doch ein aufdringlicher Kavalier! So wurde Glip denn auch in dem Jahre um seine Flitterwochen betrogen. In diesem Fr�hling aber ist er wieder Feuer und Flamme. Er hat weit und breit gesucht und seine hohlsten und tiefsten T�ne erklingen lassen. Bei jedem gl�cklich br�tenden Paar, von dem er geh�rt hat, ist er offen und mit Gewalt eingebrochen ... In manch einem Eulenhorst hat es einen Kampf auf gute alte Art gegeben, und es hat aus blutigen Rissen rot getropft auf wei�blanke, zertrampelte Eier. Glip hat aus dem Wege r�umen wollen, um sp�ter entf�hren zu k�nnen, aber er ist �berall der Kleine geblieben und hat m�rderliche Pr�gel bekommen. Da l�chelt ihm endlich eines Abends das Gl�ck; er ist pl�tzlich auf seiner Paarungswanderung auf das Ho einer Horneule gesto�en. Er spitzt die Ohren --! Ja, er ist seiner Sache sicher; es ist ein Weibchen, und zwar ein ungepaartes. Das kann er an der Weise h�ren, wie sie ruft. Er kauert sich auf einen Zweig nieder und heult wonnevoll zur�ck ... hu, hu, hu, hu! Mit angehaltenem Atem lauscht er lange auf Antwort. Hoo! kommt es so tief da unten aus dem Waldkessel. Nicht so sehr freundlich freilich, wie Glip es erwartet hatte; aber eine Antwort bekommt er doch -- und er ist ja nicht verw�hnt. Er fliegt gleich in der Richtung weiter, und es w�hrt auch nicht lange, bis er ausfindig gemacht hat, da� seine vermeintliche Anbeterin unten in dem Bauch der gro�en Eiche sitzt. Mit schnellen, weichen Fl�gelschl�gen ist er dort. Er erreicht das gro�e Eingangsloch unter eifrigem Scharren und Kratzen seiner F�nge; es jubelt in ihm: ein langsam rinnender Strom von Ho-Rufen gleitet aus dem hohlen Stamm in sein Ohr hinauf, und nun sieht er -- so da� ihm einen Augenblick der Atem ausgeht -- ein paar rote Lichter unten auf dem Grunde funkeln. Er begr��t sie mit Kaskaden seines wildesten Geheuls. Glip ist gerade zur rechten Stunde gekommen. Sie baut ja ein Nest, das kann er h�ren; sie w�hlt da unten herum und legt die Unterlage zurecht -- und er beeilt sich, Strix seine erste Liebeserkl�rung zu bringen: ein trocknes -- und knorrenloses Reis. Da faucht Strix den frechen Eindringling an. Und doch -- eine schwache Hoffnung blitzt in ihren Augen auf: sollte er sich nur so weit hinabwagen, da� sie ihn fassen kann, da h�tte sie doch endlich einen Bissen. Glip seinerseits, der in der rabenschwarzen Finsternis und infolge der Engigkeit des hohlen Baumes die Gr��e des alten Uhus nicht erkennen kann, fa�t die Ablehnung des Reises als ganz selbstverst�ndliche Spr�digkeit auf. Sie verlangt nat�rlich mehr! Da f�ngt die kleine Horneule an, sich mit M�usen f�r Strix einzustellen. Sie macht gro�e Augen und entrei�t ihrem verliebten Anbeter die ersten leckern Fleischst�cke; er h�tte sie ja f�r den eigenen Schnabel bestimmen k�nnen -- und sie beeilt sich, ihm zuvor zu kommen. Sie kokettiert mit ihm, sitzt da und sperrt den Schnabel auf, sobald er sich zeigt -- und der verliebte Bursche kann so vielem Entgegenkommen nicht widerstehen. Am Tage setzt sich Glip zu ihr in den hohlen Baum, nat�rlich nur gerade vor das Eingangsloch -- und ein ganzes Ende von Strix entfernt. Es will ihm ja zuweilen scheinen, als sei sie eine Art Ungeheuer, aber gleich darauf macht ihn die Liebe wieder blind. Ihr Mienenspiel ist ja unvergleichlich, findet das kleine N�rrchen. Noch nie hat Glip eine Eule gesehen, die imstande gewesen w�re, Kummer, Freude, Zorn und Ha� bessern Ausdruck zu verleihen als dieser s��e alte Uhu. Ihre gro�en, sonnenflammenden Lichter, die ihn zu Anfang ganz bange machten, wenn er in sie hineinstarrte -- siehe, das sind ja in Wirklichkeit ein paar kluge, gute Seher mit einem bestimmten, festen Blick. Sie kann Einen ja freilich ansehen, da� man ein Gef�hl hat, als wolle sie Einen im n�chsten Augenblick verschlingen, aber das kommt daher, weil ihr Blick so gro� ist; er beherrscht mehr als Einen selbst, er umfa�t alles, alles -- um Einen und hinter Einem! Glip bewundert Strix, er ist wahnsinnig verliebt. Wenn er sie nur herauf bekommen k�nnte! Er hat eine so schreckliche Lust, ihr sein Wiwit ins Ohr zu tuten! Strix ist nicht mehr im stande, sich im Nacken zu kraulen, aber auch hierf�r wei� ihr kleiner Sklave Rat. Sie braucht nur ihren gro�en Katzenkopf in die H�he zu recken, dann kratzt er in ihrer zerzausten Per�cke herum. Er geht ganz bis auf den Grund und macht es so vorsichtig und kitzelnd, ja, mit Befriedigung bemerkt Strix, da� der Sklave wieder und wieder seinen Schnabel und seine Zunge gl�ttend an ihren Federh�rnern hinaufgleiten l��t. Jetzt mu� es doch kommen! denkt das N�rrchen ... jetzt gilt es nur, auszuharren, dann ergibt sich die alte Jungfer. Immer eifriger f�ngt er f�r sie, immer k�hner wird er auf seinen Raubz�gen. -- -- -- Lautlos wie er selber, streichen die lenzfrohen Schnepfen die langen Talstrecken drinnen im Walde entlang. Glip kann in dem Zwielicht der D�mmerung, dicht an einen Stamm gedr�ckt, verborgen da sitzen und sie auf und ab, ab und auf schweben sehen. Es ist, als h�tte eine jede Schnepfe ihre bestimmten Luftwege; aber wenn sie sich begegnen, geschieht es wohl, da� sie sich zu Zweien, ja zuweilen zu Dreien, gegeneinander st�rzen, und dann stimmen sie ein sonderbares Murksen und Pfuitzen an. Da benutzt Glip die Gelegenheit. Wenn sie gerade vor ihm sind, f�hrt er blitzschnell auf sie ein -- er zielt auf die zun�chst fliegende und schl�gt die F�nge in der Luft um sie zusammen. Aber einen so gro�en Fang mu� er auf der Stelle zerlegen, er ist leider nicht im stande, sein reiches G�tteropfer in ungeteiltem Zustande darzubringen. Es wird still im Hain, wo Strix' kleiner, dummdreister Sklave sich blicken l��t. Die kleinen V�gel lassen Eier und Junge im Stich. Das geht nicht mit Schreien und Flattern vor sich, wie wenn der Sperber auftaucht, -- nein, vorl�ufig treibt Glip sein Gewerbe nur des Nachts und raubt die kleinen V�gel, wenn sie schlafen. Seine feinen Ohren h�ren die Jungen des grauen Fliegenschn�ppers im Nest piepsen, da holt er die eine Nacht das Weibchen, das M�nnchen die n�chste Nacht. Strix kr�pft und stopft in sich hinein, so viel sie nur kann -- ihr Sklave ist ein t�chtiger Sklave! Bald aber gen�gt es nicht mehr, wenn Glip nur des Nachts arbeitet, er mu� jetzt auch den Tag mit zu Hilfe nehmen. Man trifft ihn �berall im Walde: Im Dickicht wie l�ngs der Wege; er sitzt stumm auf einem Ast, gegen den Stamm geklebt. Man glaubt, da� er schl�ft, aber er ist wachsam genug, und das leiseste Ger�usch veranla�t ihn sofort zu sp�hen. Bald ist er auf M�usejagd unten im Laube, bald in irgendeinem Baume hinter V�geln her. So �berraschen ihn eines Nachmittags ein paar alte Waldh�ter, als er im Begriff ist, junge Dohlen zu rauben. Sie sehen, wie sich eine kleine Eule an ein Nestloch anklammert und hineinguckt, aber die alten Dohlen umflattern das Nest. Der eine von den Waldh�tern will sich b�cken und einen Stein aufnehmen, aber der andre h�lt ihn zur�ck. -- Nein, la� das, Pist Lak! Bedenke, wie es �Vogel� erging ... es bringt immer Ungl�ck, wenn man eine Eule totschl�gt. Glip l��t sich nicht im mindesten st�ren. Mit der einen Klaue greift er in das Nest hinein, holt ein Junges heraus und fliegt damit zu Strix. Zehn Minuten sp�ter ist er wieder bei dem Nest -- eine nach der andern holt er alle die jungen Dohlen. Sie kamen durch einen Ungl�cksfall ums Leben -- so etwas geschieht auch tagt�glich im Walde! Auch die Stare verschont Glip nicht. In der Morgend�mmerung l��t er sich auf dem Starenkasten nieder und pocht mit dem Schnabel gegen das Holzwerk. Dann glauben die Jungen, da� es die Starenmutter ist -- sie stecken den Kopf heraus, und -- wupp hat Glip sie im Nacken gefa�t. Es geh�rt etwas dazu, um Strix mit dieser Art von Kost zu versorgen -- aber nun ergibt sich das verlockende Ungeheuer auch wohl bald! Strix wird kindisch; sie verwandelt sich mehr und mehr aus einem gro�en, gef�rchteten Nachtraubvogel in einen hilflosen jungen Kuckuck, der Tag und Nacht gef�ttert werden mu�. Es wird Glip schwer, alle die kostbaren Liebesgaben zu beschaffen, er ist nahe daran zu erm�den -- und l��t nach in seinem Eifer. Er greift nach allem, was ihm in den Weg kommt und bringt Fr�sche und Kr�ten statt warmer, leckerer Spatzen. Strix mu� ihre schlimmsten Hungertage noch einmal durchleben und Eidechsen, Schlangen und kleine Kreuzottern fressen, ja, an einem warmen Abend wird ihr sogar eine dicke, schleimige Waldschnecke pr�sentiert. Es wird Strix schwer, den schwarzen Klo� zu verschlucken, und sie rollt schrecklich mit den halbblinden, gleichsam verschimmelten Lichtern, obwohl sie ja nie im Leben ein Kostver�chter gewesen ist. Es ist leicht, das Ende vorauszusagen --: Eines sch�nen Nachts, als die Paarungsbrunst aus dem Blut gewichen ist, erwachte Glip aus dem Liebesrausch und sah, da� er ein Sklave war. Da hob er die Verlobung auf -- und machte sich aus dem Staube. 14. Strix Bubos Tod Glip kehrte nicht wieder. Strix hat infolgedessen seit zwei Tagen keinen Fra� bekommen, sie ist matt und ausgehungert und noch lichtscheuer als sonst. Sie ist kaum im stande, sich aufrecht zu halten; unten auf dem Boden der hohlen Eiche kriecht sie auf dem Bauch zusammen. Sie ist halb von Verstand, hat fortw�hrend Visionen und sitzt da und heult ihren eigenen Namen. Schu--hu! seufzt sie ... Schu--hu! -- -- -- Da sitzt sie in dem alten verfaulten Vergangenheitsbaum, vertrieben, lebensm�de und verbraucht. Ebenso wie die Eiche, ist sie schon l�ngst ein Fremdling in der Zeit gewesen. Sie ha�t die Zeit, ihre Unruhe, ihren L�rm und den �berflu� an Menschen �berall; sie tr�gt Urzeit in sich, und der sind die Menschen entwachsen. Das dumpfe Brummen des B�ren, das Gebr�ll des Elchhirsches, das Heulen des Wolfes und das Knarren und Krachen des Urwalds selber, das waren Laute, die f�r sie pa�ten. Sie hat dasselbe Wilde und D�monische in ihrer Stimme gehabt ... aber niemand hat ihr in verst�ndlicher Sprache geantwortet. Sie sind dahin, alle die urspr�nglichen Mitgesch�pfe ihrer Sippe, sie, in denen, o wie in ihr, das Gro�z�gige wohnte. Die Menschen haben sie genommen und sich selbst nach eigener Machtvollkommenheit an ihre Stelle gesetzt. Ihre Tage sind jetzt vergangen ... ihre vielen, vielen Jahre. Es hat Zeiten in ihrem Leben gegeben, die schnell dahingesaust sind, wie das Gewitter �ber die Heide dahinjagt. Da hat sie geliebt und gehofft, gekr�pft und sich Tag und Nacht beim Raube erg�tzt. Dann kamen andre Zeiten, harte Zeiten, wo sie hat entbehren und leiden, fl�chten und wandern m�ssen, wo sie kaum eine Maus f�r ihren Schlund hat finden k�nnen. Aber das alles steht jetzt vor ihrem Innern wie ein undurchsichtiger Nebelschleier vor fernen W�ldern; sie wei�, die W�lder liegen dahinter -- viel mehr wei� sie nicht. Das Leben ist dahingeschwunden -- f�r Strix wie f�r den Eichenriesen, in dessen Bauch sie sitzt. Das lange, lange Leben ist pl�tzlich zu etwas unfa�lich Kurzem zusammengeschrumpft. Auf einmal zuckt sie zusammen -- ihre matten, ausgebrannten Lichter werden so gro� wie Teetassen. Da senkt sie die H�rner und wirft den Kopf zur�ck und bewegt den Schnabel wie in beginnender Kampfekstase ... komm auf mich zu, komm auf mich zu! Mit steifen Blicken starrt sie vor sich hin ... Sie sieht, wie damals, als sie eben fl�gge geworden und auf dem Zweig sa�, ein wunderliches Tier auf sich zu kommen. Es geht auf der hohen Kante und gleicht einer Rieseneidechse, -- selbst der Schwanz fehlt nicht. Es ist ein Waldarbeiter, den Strix in ihrem Todesaugenblick vor sich sieht; er schleppt einen Baum hinter sich her, den er gef�llt hat. Da ist er, der sich stark vermehrende Zerst�rer, der Mensch, dem sie nie hat widerstehen k�nnen, der ihr das Leben sauer gemacht hat, der ihr das Lebensgl�ck mit Gatten und Kindern geraubt, ihre Wohnst�tten vernichtet, ihr die Nahrung weggenommen und die Erde zahm gemacht hat. Sie wird blutgierig und b�se, sie f�hlt die Wildheit wie mit der Unb�ndigkeit der Jugend in sich fahren, und sie schl�gt ihre F�nge in den Kopf und den Hals des Menschen. Dann beginnt sie ganz besonnen, ihn zu kr�pfen; aber pl�tzlich kommt es ihr vor, als verschlinge sie ein Kaninchen, das nicht durch ihren Schlund hinunter will. Todesschwindel hat Strix schon l�ngst befallen, sie haut und zerrt in dem Eichenzunder. Dann gleitet sie vorn �ber und liegt auf der Brust, sie streckt die eingeschrumpften F�nge nach hinten unter sich, r�ttelt mit dem Kopf hin und her und zwinkert die geschwollenen Augenlider auf und zu, w�hrend sie mit bebenden Fl�geln das Leben von sich absch�ttelt. Der Herbst verging und der Winter kam -- Und neue welke Bl�tter; neue zundrige Erde und Wurmmehl aus der alten Eiche sickerten herab und f�llten den hohlen Boden aus. Strix' irdische �berreste wurden zugedeckt wie die so manch eines andern Vogels, denn hier in den hohlen Stamm der Eiche hatte sich im Laufe der Zeiten die Fauna des Waldes zur�ckgezogen, um in Frieden den Strohtod zu sterben. Schicht auf Schicht lagen die Skelette �bereinander, wie auf einem �berf�llten Friedhof, wohlbewahrt von der Eichens�ure. Da waren Skelette von Flederm�usen und Mardern und Spechten, von andern gro�en Uhus lange vor Strix, von Eichh�rnchen und Sperbern und von einer kleinen, goldbusigen Frau Meise mit einem gro�en Loch im Kopf. Eine ganze Geschichte des Waldes lag hier als Mumien aufbewahrt. Aber als das Beben des Lenzes von neuem herannahte, als der brandgelbe Zitronenfalter sich anschickte auszufliegen, lie� sich eines Abends eine kleine Horneule in den hohlen Stamm hinab. Sie setzte sich in Balzstellung, fegte mit dem Schwanz und lie� die Fl�gel schleppen. Er benahm sich ganz, als sei er hier zu Hause, n�herte sich aber doch nur mit einer gewissen Vorsicht dem unheimlichen Dunkel auf dem Boden. Lange sa� er da, reckte den Hals und starrte hinab. Da erschien die entz�ckendste kleine Chinesin von einer Eule mit langen, gestr�ubten H�rnern, flachem Antlitz und schiefen, zwinkernden Augen oben im Eingang -- und die kleine Horneule wurde Feuer und Flamme. Er lie� sich schnell entschlossen hinabplumpsen -- Es war leer in dem Stamm! Da scharrte er wie ein Hahn und gluckste seine kleine Henne hinab, und beide machten sie sich nun auf das eifrigste daran, das Loch mit Reisern zu umkr�nzen. Und dann, eines sch�nen Tages, lagen f�nf kleine, kugelrunde, kreidewei�e Eier und leuchteten in der Dunkelheit wie mit Phosphorglanz. Sie ruhten so sicher und lie�en sich so leicht ausbr�ten -- sie lagen auf einer alten, weichen Matratze -- -- -- Glip hatte gl�cklich eine Frau gefunden. Inhaltsverzeichnis Seite 1. Das Ohr des Waldes 1 2. M�nnchen und Junge 9 3. Der gefl�gelte Wolf 30 4. Das neue Gelege 41 5. Strix und die Menschen 53 6. Winterleben im entlegenen Walde 69 7. Der neue Wald r�ckt vor 85 8. Auf der Heide 98 9. Im Kampf mit einem Adler 119 10. Der Leuchtturmw�rter 130 11. Klein-Taa 149 12. Zur�ck 157 13. Strix schafft sich einen Sklaven an 170 14. Strix Bubos Tod 186 [Illustration: Verlagssigel] _Gedruckt bei Poeschel & Trepte in Leipzig_ * * * * * * * * * * * * * * Druckfehler: mit den vielen eingetrockneten Blut- und Fleisch�berbleibseln _mit dem vielen_ Die Flederm�use heben sich noch wie M�wen _M�ven_ und guckt in die Wipfel hinauf _in der Wipfel_ Ihr scharfer Blick _charfer_ Uf schwelgte und schmatzte _schmatze_ Er will dir den Raub wegnehmen, denkt Strix _denckt_ Das Eichh�rnchen ist noch sp�t drau�en. Es sitzt _Er sitzt_ Das Rottier f�hrt zusammen -- und krasselt mit dem Kalbe _�krasselt�: d�nisches Wort?_ mit gestrecktem Hals und hocherhobenem Kopf _hocher / hobenem (als ob zwei W�rte am Linienende)_ Die Schlange ist ihr bei ihrem Ausfall dicht auf den Leib ger�ckt _sei ihrem Ausfall_ feiern aufs neue einen Triumpf _Originaltext unge�ndert: Triumf oder Triumph?_ �ber die See _Uber_ Er geh�rt zu der Rasse +asio otus+ _Originaltext unge�ndert: richtige Form +Asio otus+_ f�nf kleine, kugelrunde, kreidewei�e Eier _kreideweise_ Unsichtbare Satzzeichen: und die Federn stehen Uf um die Ohren[.] Das sch�tzende Versteck ... ist umgerissen[,] liegt bunt durcheinander sitzt sie wie in einem hohlen Stamm[,] nur da� er ganz eng ist Es ist Jagd im Tierwald[,] dem letzten voll Schl�pfen in der Pfote[,] Springen im Lauf und h�ngt sie vor Strix[,] sie siedet wie ein Teekessel streicht sie dahin, quer zum Winde[.] Da streift die wilde Jagd pl�tzlich an ihm vor�ber ..[.] sie begreift nicht[,] warum das Gl�ck fliegen hin und her[,] w�hrend wo fr�her Wildnis herrschte[.] der Zapfenstreich geht durch den Wald[.] Mit steifen Blicken starrt sie vor sich hin ..[.] End of the Project Gutenberg EBook of Strix, by Svend Fleuron *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STRIX *** ***** This file should be named 19530-8.txt or 19530-8.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/1/9/5/3/19530/ Produced by Inka Weide, Louise Hope and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. 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Redistribution is subject to the trademark license, especially commercial redistribution. *** START: FULL LICENSE *** THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free distribution of electronic works, by using or distributing this work (or any other work associated in any way with the phrase "Project Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project Gutenberg-tm License (available with this file or online at http://gutenberg.org/license). Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. 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The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at http://pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. 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Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: http://www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.