The Project Gutenberg EBook of Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise s�dlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet., by Gerhard Rohlfs This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise s�dlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet. Author: Gerhard Rohlfs Release Date: May 24, 2005 [EBook #15890] Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUFENTHALT IN MAROKKO *** Produced by Magnus Pfeffer, Robert Kropf and the Online Distributed Proofreading Team. This file was produced from images generously made available by the Biblioth�que nationale de France (BnF/Gallica) at http://gallica.bnf.fr. Transcriber's notes: _ Kursiv / italic [] Korrektur von Satzfehlern / correction of typos Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise s�dlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet. Von Gerhard Rohlfs. BREMEN, 1873. Verlag von J. K�htmann's Buchhandlung, U. L. Fr. Kirchhof 4. #VORWORT.# * * * * * Indem ich dem geneigten Leser die Beschreibung meines ersten Aufenthaltes in Marokko �bergebe, verweise ich dabei auf die ausgezeichneten Karten, die seiner Zeit in den Petermann'schen Mittheilungen �ber meine Routen erschienen sind. Ich habe mir die gr�sste M�he gegeben, durch Vergleichung mit anderen Angaben ein ann�hernd genaues Resultat �ber die Einwohnerzahl des Landes und der St�dte zu erlangen, und hoffe das Richtige getroffen zu haben, so weit das �berhaupt durch Sch�tzung zu erm�glichen ist. Sehr bedauerlich ist f�r mich, dass durch einen Schreibfehler in meinem Manuscripte die Zahl 25,000 statt 250,000 f�r die Draabev�lkerung auch in Dr. Behm's geogr. Jahrb�cher �bergegangen ist. Im vorliegenden Buche bitte ich ausserdem bei Dar beida statt 300 Einwohner 3000, und bei Asamor statt 30,000 Einwohner 3000 lesen zu wollen. Weimar, September 1872. #GERHARD ROHLFS.# #INHALT.# * * * * * 1. Ankunft in Marokko 2. Bodengestalt und Klima 3. Bev�lkerung 4. Religion 5. Krankheiten und deren Behandlung 6. Uesan el Dar Demana 7. Eintritt in marokkanische Dienste 8. Die Hauptstadt Fes 9. Mikenes und Heimreise nach Uesan 10. Politische Zust�nde 11. Consulatswesen 12. Aufenthalt beim Grossscherif von Uesan 13. Reise l�ngs des atlantischen Oceans 14. Reise s�dlich vom Atlas nach der Oase Draa 15. Die Oase Draa. Mordversuch auf den Reisenden. Ankunft in Algerien * * * * * 1. Ankunft in Marokko. * * * * * Am 7. April 1861 verliess ich Oran und schiffte an Bord eines franz�sischen Messagerie-Dampfers in Mers el kebir ein. Es war Nachmittag, als wir beim herrlichsten Wetter aus der grossen Bucht hinausdampften. Die meisten an Bord befindlichen Passagiere wollten, wie ich, nach Marokko, doch waren auch einige, die Nemours, Gibraltar und Cadix als Reiseziel hatten. Der gr�sseren Ersparniss wegen hatte ich einen Deckplatz genommen, da mein Geldvorrath �usserst gering war; das Wetter war eben so sommerlich, die das Dampfboot f�hrenden Leute so freundlich und zuvorkommend, dass man kaum an die gr�sseren Unbequemlichkeiten des Decklebens dachte. Zudem hatte ich genug mit mir selbst zu thun, ich hatte mir fest vorgenommen, ins Innere von Marokko zu gehen, um dort im Dienste der Regierung meine medicinischen Kenntnisse zu verwerthen. Zu der Zeit sprach man in Spanien und Algerien viel von einer Reorganisation der marokkanischen Armee; es hiess, der Sultan habe nach dem Friedensschlusse mit Spanien die Absicht ausgesprochen, Reformen einzuf�hren; man las in den Zeitungen Aufforderungen, nach Marokko zu gehen, jeder Europ�er k�nne dort sein Wissen und sein K�nnen verwerthen. Dies Alles besch�ftigte mich, ich machte die sch�nsten Pl�ne, ich dachte um so eher in Marokko fortkommen zu k�nnen, als ich durch jahrelangen Aufenthalt in Algerien acclimatisirt war; ich glaubte um so eher mich den Verh�ltnissen des Landes anschmiegen zu k�nnen, als ich in Algerien gesucht hatte, mich der arabischen Bev�lkerung zu n�hern und mit der Sitte und Anschauungsweise dieses Volkes mich bekannt zu machen. Um Mitternacht wurde ein kurzer Halt vor Nemours (Djemma Rassaua) gemacht, um Passagiere abzusetzen und einzunehmen, und wieder ging es weiter nach dem Westen, und als es am folgenden Morgen tagte, befanden wir uns gerade in gleicher H�he von Melilla. Ich unterlasse es, eine Beschreibung der K�stenfahrt zu geben, von der sich �berdies �usserst wenig sagen l�sst. Nackt, steil und abschreckend fallen die Felsw�nde ins Meer hinein. Freilich ist die K�ste gar nicht so einf�rmig, wie sie sich in einer Entfernung von circa dreissig Seemeilen ausnimmt, welche Entfernung wir gew�hnlich hielten, auch konnte man deutlich manchmal Wald und Buschwerk unterscheiden; aber das belebende Element fehlt, kein Dorf, kein St�dtchen ist zu erblicken, h�chstens die einsame Kuppel des Grabmals irgend eines Heiligen sagt dem Vorbeifahrenden, dass auch dort an der K�ste Menschen hausen. H�tte nicht Spanien einige befestigte Punkte, Strafanstalten, an dieser K�ste, sie w�rde vollkommen unbewohnt erscheinen. Alhucemas, Pegnon de Velez bekamen wir nach einander von ferne zu sehen, als einzige Zeichen von Menschenbauten. Denn wenn auch die Rifbewohner einige D�rfer an der K�ste haben, so sind diese doch so versteckt angelegt, dass sie sich dem Auge des Vorbeifahrenden entziehen. Der Seer�uber scheut das Licht, er muss Schlupfwinkel haben, und die in unmittelbarer N�he des Mittelmeers wohnenden Rifi sind nichts Anderes als Seer�uber, und zwar der schlimmsten Art. Freilich wagen sie sich heute nicht mehr aufs offene Meer, haben dazu auch weder passende Fahrzeuge noch gen�gende Waffen, aber wehe dem Schiffe, das an ihrer K�ste scheitert, wehe dem Boote, welches der Sturm in eine ihrer Buchten treiben sollte. Wie ganz anders ist die gegen�berliegende spanische K�ste, gr�ne, wein- und olivenumrankte Berge, �berall St�dte, freundliche Villen und D�rfer, kleine Schiffe, die den K�stenverkehr vermittelm [vermitteln]; man kann keinen gr�sseren Gegensatz denken. Gegen Abend desselben Tages verliessen wir die K�ste, ohne sie jedoch ganz aus den Augen zu verlieren, und hielten auf Gibraltar, welches noch Nachts erreicht wurde. Bis zum folgenden Mittag ruhte der Dampfer, sodann wurde die Meerenge durchschnitten und wir waren um 3 Uhr vor Tanger. Zahlreiche Jollen waren gleich vorhanden, uns Passagiere aufzunehmen, die jetzt ausser mir fast nur noch aus Bewohnern des Landes Marokko bestanden. Eine Jolle war bald gefunden, aber man kann auch mit diesen kleinen Fahrzeugen nicht unmittelbar ans Land kommen, sondern bedarf dazu eines Menschen, der einen heraustragen muss. Bei sehr flachem Strande ist n�mlich die Brandung so stark, dass die B�te dort nicht anlegen k�nnen. Ich miethete einen kr�ftigen Neger, der mich rittlings auf seinen Schultern vom Boote aus ans Land trug. F�r einzelne Reisende sind die Douane-Schwierigkeiten nicht l�stig, zumal f�r mich, da mein Pass bekundete, dass ich unter englischem Schutze st�nde. Die Dragomanen der verschiedenen Consulate fragen die gelandeten Fremden nach ihrer Nationalit�t, und als ich meinen Bremer Pass in die H�nde eines vornehm aussehenden Juden legte, des Dolmetsch des englischen Generalconsulates, waren im Augenblick alle Schwierigkeiten beseitigt. Die Hansest�dte standen dazumal unter grossbritanischem Schutze, w�hrend Preussen sich durch Schweden vertreten liess. Ein Absteigequartier war auch bald gefunden, das H�tel de France, welches von einem Levantiner Franzosen gehalten wurde, ein reizendes Haus, in �cht maurischem Style. Von einem fr�heren Gouverneur der Stadt erbaut, geh�rte dasselbe jetzt der marokkanischen Regierung, der Eigenth�mer der Gastwirthschaft hatte es nur miethweise. Ausser mir war noch ein Blumenh�ndler dort, der mit dem Bruder des Sultans, Mulei el Abbes, Gesch�fte machen wollte, und auch hoffte bei den europ�ischen Consuln seine Waare absetzen zu k�nnen, dann ein Spanier, vormals Offizier der spanischen Armee: Joachim Gatell. Letzterer wollte, wie ich, in Marokko Dienste nehmen und lebte nun schon seit mehreren Monaten in Tanger. Ich weiss nicht, aus welchen Gr�nden er die spanische Armee verlassen hatte; als Verwandter von Prim, der sich soeben bei Tetuan noch so ausgezeichnet hatte, h�tte er in Spanien sicher eine Zukunft gehabt. Besch�ftigt mit der Uebersetzung des spanischen Artillerie-Reglements ins Arabische, wollte er dies dem Sultan pr�sentiren und dann in die marokkanische Armee eintreten. Nebenbei hatte ihm Mulei el Abbes noch gl�nzende Versprechungen gemacht. Mein n�chster Weg war sodann zum englischen Gesandten, Sir Drummond Hay. Obwohl ich nicht reich war, vielmehr beinahe von allen Mitteln entbl�sst, obwohl ich kein einziges Empfehlungsschreiben vorzuzeigen hatte und obschon ich ihm ein vollkommen Fremder und nicht einmal ein Engl�nder war, empfing mich Sir Drummond mit liebensw�rdigster Zuvorkommenheit. Aber wie zerstieben meine Tr�ume. Ich erfuhr, dass an eine Reorganisation der Zust�nde des Landes nicht gedacht w�rde, dass der religi�se Fanatismus eher zu- als abn�hme, dass, wenn der Sultan f�r seine Person auch vielleicht Reformen in einigen Dingen w�nsche, der Religionshass der Eingeborenen gegen alles Christliche so gross sei, dass an Ausf�hrung nicht gedacht werden k�nnte. Allerdings habe der Sultan eine _regelm�ssige_ Armee gebildet, aber diese sei nur dem Namen nach regelm�ssig, und falls ich auf dem Beschluss best�nde, ins Innere des Landes gehen zu wollen, sei vor Allem _erforderlich_, �usserlich den Islam anzunehmen. Entmuthigt kehrte ich ins Hotel zur�ck. Aber eine Berathung mit Gatell, der Reiz des Neuen, das Lockende, v�llig unbekannte Gegenden durchziehen zu k�nnen, fremde V�lker und Sitten, ihre Sprache und Gebr�uche kennen zu lernen, ein Trieb zu Abenteuern, ein Hang, Gefahren zu trotzen: alles dies bewog mich, das Wagniss auszuf�hren, und nach einer zweiten Unterredung mit Sir Drummond wurde beschlossen, ich solle--(es war dies das _einzige_ Mittel, um ins Innere des Landes Zugang zu bekommen)--_�usserlich_ den Islam annehmen und eine Anstellung als Arzt in der Armee des Sultans nachsuchen. Unter dieser Verkleidung und mit solchen Intentionen, meinte Sir Drummond, sei ich in Fes eines guten Empfanges sicher und k�nne mich so lange im Lande aufhalten wie ich wollte. Mulei el Abbes, den ich versuchte zu besuchen, war indess nicht sichtbar f�r mich, jedesmal kam ich zu ungelegener Zeit. Unterdessen machte ich mich rasch und mit Energie daran, meinen Vorsatz auszuf�hren, obschon alle anderen Europ�er abriethen. Ich vermied aber so viel wie m�glich mit ihnen in weitere Ber�hrungen zu kommen, namentlich mied ich das spanische Consulat (obschon mir dasselbe sp�ter in Marokko viel Freundschaft erwiesen hat), um nicht als Spion verd�chtigt zu werden. Denn h�tten die Mohammedaner mich nach wie vor mit Christen verkehren sehen, so w�rden sie es gleich gemerkt haben, dass ich nur zum Schein �bergetreten. So war ich nur f�nf Tage in Tandja, wie der Marokkaner die Stadt nennt, und am sechsten Tage hatte ich dem Orte schon den R�cken gekehrt, in Begleitung eines Landbewohners, der es �bernommen hatte, mich nach Fes bringen zu wollen. Ich hatte meine Sachen auf das Nothd�rftigste reducirt, ein B�ndelchen mit W�sche war Alles, was ich bei mir hatte, nach Landessitte trug ich es an einem Stocke h�ngend auf der Schulter; eine weisse Djelaba (ein weisses langes wollenes, mit Capuze versehenes Hemd) war meine Kleidung. Gelbe Pantoffeln, dann eine spanische M�tze, worein ich mein letztes Geld--eine englische F�nf-Pfundnote--gen�ht hatte, endlich ein schwarzer weiter europ�ischer Ueberzug, der als Burnus dienen konnte: das war mein Anzug. Ich hatte keine Waffen, ein kleines Buch mit Bleistift, um Notizen machen zu k�nnen, war in der Tasche verborgen. Dies war meine ganze Ausr�stung. Gewiss ein Wagest�ck, unter solchen Umst�nden, mit solchen mehr als bescheidenen Mitteln in ein vollkommen fremdes Land eindringen zu wollen! Um so mehr, als ich von der arabischen Sprache nur die gew�hnlichsten Redensarten auswendig wusste und weit davon entfernt war, auch nur mangelhaft sprechen zu k�nnen. Allerdings hatte ich Eine Phrase gut auswendig gelernt, die Glaubensformel der Mohammedaner, welche, man kann es sagen, alleiniger Schl�ssel zum Oeffnen dieser von so fanatischer Bev�lkerung bewohnten Gegenden ist. Diese Glaubensformel--wer h�tte sie nicht schon geh�rt oder gelesen--lautet: _"Lah ilah il allah, Mohammed ressul ul Lah,"_[1] ausser Gott kein Gott, Mohammed ist der Gesandte Gottes. [Fu�note 1: Ganz genau so sprechen die Marokkaner den Satz aus, obschon es nach der Schreibweise eine etwas andere Aussprache sein m�sste.] Mein Gef�hrte schien vollkommen �berzeugt, ich sei zum Islam �bergetreten, nur glaube ich, vermuthete er, ich sei heimlich entflohen aus irgend einem verborgenen unlauteren Grund, vielleicht dachte er auch, dass bei den Christen der Uebertritt von einer Religion, wie bei den Mohammedanern mit dem Tode bestraft w�rde; aber das schien ihm gewiss, dass mein P�ckchen mit W�sche gestohlen sei, vielleicht noch andere Sachen enthielte und ich mich damit aus dem Staube machen wolle. Nat�rlicherweise mussten ihm solche Gedanken kommen: ein Marokkaner, wenn er auf Reisen geht, beschwert sich nie mit W�sche zum Wechseln, und wenn es selbst der Sultan w�re. Wir schlugen einen Weg ein, der in der Richtung nach Tetuan f�hrte, weil mein Begleiter im "Djebel" (Gebirge) vorher einen Freund aufsuchen wollte, und bald genug hatten wir die n�chste Umgegend Tangers verlassen. Der Weg war nicht belebt, denn es war nicht der nach Tetuan f�hrende Karavanenweg. Aber wie entz�ckend war die Umgebung, und wenn auch die Pflanzenwelt nicht neu f�r mich war, wenn auch das Thierreich n�rdlich vom Atlas �berhaupt wenig bietet, was nicht in den �brigen L�ndern am Mittelmeerbecken zu finden ist, das schon Gesehene unter anderen Verh�ltnissen �bt immer einen m�chtigen Zauber aus. Da sieht man die Wege bordirt von der Stachelfeige oder, wie der Marokkaner sagt: "Christenfeige, karmus nssara", von der langbl�ttrigen Alo�s, Lentisken- und Myrtengeb�sch, Schlingpflanzen wuchern dazwischen. Der April ist f�r Marokko die Zeit, welche in Deutschland etwa dem Ende Mai und dem Anfang Juni entsprechen w�rde. Die Pracht und F�lle der Natur hat nun keine Grenzen. Der heisse und austrocknende S�dostwind hat seine t�dtenden Wirkungen auf die ganze Natur noch nicht ausge�bt. Wie alle G�rten der St�dte Marokko's zeigen sich dann auch die Tanger's durch Ueppigkeit aus. Und da in den unteren Theilen die Bew�sserung gut ist, wird Alles gezogen, was man nur in Europa an Gem�se kennt. Aber wir waren bald im Gebirge, nicht ohne vorher einer von Tetuan kommenden Karavane begegnet zu sein, bei welcher mehrere Europ�er waren, die mich alle baten und beschworen, nicht in alleiniger Begleitung eines Mohammedaners und sogar ohne Waffen ins Innere des Gebirges zu gehen. Aber ich liess mich nicht mehr bereden, es waren die letzten Christen, die ich f�r lange Zeit zu sehen bekam. Man hatte mir in Tanger gesagt, ich solle nie aussagen, ich wolle nach Fes oder zum Sultan, sondern ich ginge nach Uesan zum Grossscherif Sidi el Hadj-Abd-es Ssalam. Da hernach noch ausf�hrlicher von dieser merkw�rdigen Pers�nlichkeit die Rede sein soll, beschr�nke ich mich darauf, hier anzuf�hren, dass er der gr�sste Heilige von Marokko ist und im ganzen Nordwesten von Afrika unter den Mohammedanern ungef�hr dieselbe Rolle spielt, wie der Papst bei den ultramontanen Katholiken. Durch viele kleine Duar (Zeltd�rfer) und Tschar (H�userd�rfer) kommend, die alle von h�bschen G�rten umgeben waren, zog ich trotz meiner halbmarokkanischen Kleidung �berall die Blicke der Eingeborenen auf mich, und Si-Embark (so nannte sich mein Gef�hrte) hatte genug zu thun, die Neugier der Leute zu befriedigen. Aber kaum hatte er gesagt: "er geht zu Sidi, ist ein zum Islam �bergetretener Inglese" (Engl�nder), als alle beruhigt waren. Der Name "Sidi" (so wird schlecht weg der Grossscherif von Uesan genannt, er bedeutet Meinherr) wirkte �berall wie Zauber. Ich liess es ruhig geschehen, dass sie glaubten, ich sei Engl�nder, die M�he, ihnen auseinanderzusetzen, welcher Nationalit�t ich angeh�re, w�rde �berdies bei ihren kindlichen geographischen Kenntnissen vergebliche Arbeit gewesen sein. Bald nach Sonnenuntergang erreichten wir ein ziemlich hoch am Berge gelegenes D�rfchen. Alle H�user und Geh�fte waren von hohen Cactushecken umgeben, ebenso die einzelnen G�rten. Vor einem Hause wurde Halt gemacht, und Si-Embark wurde vom Besitzer mit grosser Freude empfangen. "Wie ist Dein ich? Wie bist Du? Wie ist Dein Zustand? Nicht wahr, gut?" Das waren die Fragen, die Beide sich unz�hlige Male, nachdem der erste _"ssalamu alikum"_ ausgetauscht worden war, wiederholten. Dabei k�ssten sie sich recht herzlich, und allm�hlich, als etwas mehr Ruhe in die rasch erfolgenden und, wie es schien, stereotypen Fragen kam, wurden diese h�ufig untermischt mit anderen Fragen, nach den Kornpreisen, ob die Pferde auf dem letzten Markte theuer gewesen seien, ob der Sultan wirklich die und die Tribe gebrandschatzt habe, und dergleichen mehr. Nat�rlich wurde die Neugier in Betreff meiner auch gestillt. Das Haus, in welches wir sodann gef�hrt wurden, bestand wie alle �brigen nur aus Einem Zimmer. Die W�nde waren auswendig und innen �berkalkt, der Fussboden war aus gestampftem Lehm, der Plafond aus Rohr, welches auf St�mmen aus Aloes ruhte. Fenster waren nicht vorhanden, und die einzige Th�r so niedrig, dass ein f�nfj�hriges Kind allenfalls aufrecht hindurch gehen konnte. Das �ussere Dach, � cheval dar�ber gelegt, war aus Stroh. Eine Matte, ein Teppich, auf einer Erderh�hung eine Art Matratze war das ganze Ameublement. Gegen�ber dem Hause befanden sich zwei Zelte, f�r je eine Frau, denn das Haus war von zwei Br�dern bewohnt. Man findet es in Marokko �berhaupt sehr oft, dass zwei verheirathete Br�der Eine Wirthschaft haben. Der alte Vater der beiden Br�der lebte noch und bewohnte das Haus.--Der ganze folgende Tag wurde auch noch in diesem Dorfe, dessen Namen ich leider nicht erfuhr, zugebracht. Hier wurde ich in den Augen der Eingeborenen nun zum wirklichen Mohammedaner gestempelt; sie riethen mir n�mlich, oder vielmehr befahlen, mein Kopfhaar glatt abzurasiren. Sie wollten sich allerdings herbeilassen, mir eine Gotaya, d.h. einen Zopf stehen zu lassen; aber diese chinesiche [chinesische] Art, das Haar zu tragen, wollte ich nicht, und Morgens nach Sonnenaufgang bekam mein Kopf auf einmal das Ansehen, welches Mirza-Schaffy f�r den sch�nsten Schmuck des Mannes h�lt. Der alte Papa hatte selbst das Rasiren besorgt, freilich unter grossen Qualen meinerseits: er bediente sich dazu seines ganz gew�hnlichen Messers. Ein F�tha (d.h. Segen) wurde gesprochen, ein "Gottlob" entquoll jeder Brust, und nun war ich ihrer Meinung nach vollkommener Muselmann. Die Beschneidung wird bei vielen Berbertriben, wie ich das sp�ter n�her er�rtern werde, nicht als zum Islam unumg�nglich nothwendig gehalten[2]. [Fu�note 2: Siehe dar�ber auch H�st, S. 208.] Nat�rlich musste ich von nun an alle Gebr�uche, die der Islam erfordert, mitmachen. Zum ersten Male ass ich mit der Hand aus einer irdenen Sch�ssel mit dem m�nnlichen Hauspersonal. Die Leute unterrichteten mich, wie der Bissen zu fassen und zum Munde zu f�hren sei, und Nachts musste ich mich bequemen, auf hartem Erdboden zu schlafen, froh f�r diesmal eine Matte zu haben. Die Beleuchtung Abends bestand aus einer kleinen th�nernen Lampe, ganz �hnlich in Form und Gestalt den antiken griechischen und r�mischen. Ein Klumpen Butter wurde hineingeworfen, irgend ein baumwollener Fetzen zu einem Dochte zusammen gedreht, und fertig war die alte Grossmama der brillanten Gaslampe. Am dritten Tage Morgens wurde die Reise fortgesetzt, ich nat�rlich immer zu Fusse. Vor Sonnenaufgang aufgebrochen, erreichten wir um "Dhaha" beim Ued Aisascha die grosse von Tanger nach L'xor (Alcassar) f�hrende Karavanenstrasse. Eine Uhr besass ich damals nicht, und bald lernte ich wie die Marokkaner meine Zeit nach der Sonne, dem Schatten, den Magenbed�rfnissen und anderen Kleinigkeiten erkennen. Der Marokkaner hat als Zeiteintheilung vor allem Sonnenaufgang, Sonnenh�he oder Mittag, und Sonnenuntergang. Sodann die halbe Zeit zwischen Sonnenaufgang und Mittag, endlich zwischen Mittag und Sonnenuntergang ebenfalls die halbe Zeit. F�r alle diese Zeitpunkte hat man auch bestimmte Namen[3]. Wenn ich sagte, dass wir die grosse Karavanenstrasse erreichten, so denke man dabei ja nicht an eine gepflasterte oder makadamisirte Chaussee, dergleichen giebt es im ganzen marokkanischen Reiche nicht, wie denn auch der Gebrauch des Wagens noch ganz unbekannt ist. Eine solche Strasse besteht aus verschiedenen mehr oder weniger parallel neben einander herlaufenden Pfaden. Je betretener eine solche Strasse ist, um so mehr Pfade gehen neben einander, oft zwanzig, ja bis zu f�nfzig, die sich in einander schl�ngeln, so dass das Ganze von der Vogel-Perspective aus gesehen, wie ein langgezogenes Netz erscheinen w�rde. [Fu�note 3: Sonnenaufgang Seroct el schems, gegen 9 Uhr Morgens Dhaha, Mittag nus el nhar, Nachmittags 3 Uhr L'asser, Untergang der Sonne Hebut el schems. Diesen Zeiten entsprechen auch die Gebete, doch ist das Dhaha-Gebet nicht obligatorisch] Die Gegend war immer gleich strotzend von Ueppigkeit, und die weissen Gipfel der Rifberge im Osten trugen nur dazu bei, den Reiz derselben zu erh�hen. Wir waren jetzt im Monat April. Man fing schon an hie und da die Gerste zu ernten. Die Verh�ltnisse sind in dieser Beziehung in Marokko ganz anders als bei uns. Der Acker wird gemeiniglich im December, auch wohl Anfang Januar bestellt, mittelst eines primitiven Pfluges, wohl ganz derselben Art, wie sich die Araber vor 2000 Jahren desselben bedienten. Ob die Berber den Pflug _vor_ der arabischen Invasion gekannt haben, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, von allen �brigen V�lkern Afrika's kennt nur der Abessinier den Pflug, und nach Abbessinien ist er auch wahrscheinlich aus Arabien her�bergekommen. S�dlich vom Atlas, in den Oasen der Sahara, in Centralafrika wird der Boden nur mit der Hacke bearbeitet. Das Schneiden der Frucht geschieht mittelst krummer Messer, Sicheln kann man kaum sagen, und so nahe unter der Aehre, dass fast das ganze Stroh stehen bleibt, dies soll dann zugleich f�r die n�chste Bestellung des Ackers als D�ngungsmittel dienen. In Haufen l�sst man alsdann das Getreide einige Zeit auf dem Felde trocknen und hernach wird das Korn durch Rinder, _denen das Maul verbunden ist_[4] und die im Kreise herumgetrieben werden, ausgetreten. Eine aus Lehm gestampfte Tenne dient in der Regel einem ganzen Dorfe. Das Getreide, was man f�r den n�chsten Gebrauch nicht im Hause beh�lt, wird in grosse L�cher gesch�ttet. Diese Gruben von birnf�rmiger Gestalt mit engem Halse als Oeffnung nach oben, sind mehr als mannstief und unten 4 bis 5 Fuss breit; man legt sie immer auf Erh�hungen und im trockenen Erdreich an, das Getreide soll sich jahrelang darin halten. [Fu�note 4: H�st (S. 129) behauptet zwar das Gegentheil, ich habe es aber nur so ausdreschen sehen.] Es war an dem Tage ungemein warm; obschon an Gehen gew�hnt, war mir der Marsch mit blossen F�ssen in den d�nnen gelben Pantoffeln �usserst beschwerlich; nach der Sitte der Marokkaner hatte ich meine Hosen eingerichtet, d.h. bis zu den Knieen abgeschnitten und die Folge davon war, dass hier die empfindliche Haut von einem Sonnenstich bald blauroth wurde und schmerzhaft brannte. Gl�cklicherweise hatte Si-Embark eine kleine Rku�[5] bei sich, woraus wir unseren Durst stillen konnten. Abends erreichten wir einen Duar, d. i. ein Zeltdorf, in dem gen�chtigt wurde. Es war ein Kreis von 17 Zelten; eins, das sich durch gr�ssere Feinheit des Stoffes auszeichnete, auch ger�umiger als die �brigen war, geh�rte dem Mul el Duar (Dorfherr), der zu gleicher Zeit Aeltester der Familie und ihr Kaid war. Sein Zelt stand mit den �brigen im selben Kreise, manchmal lagern die Kaids in der Mitte oder auch abseits vom Duar. Nicht bei allen Triben herrscht �berdies die Sitte, die Zelte kreisf�rmig aufzuschlagen; viele lieben es, in Einer Front die Zelte zu errichten oder auch die Behausungen den �rtlichen Verh�ltnissen der Gegend anzupassen. Si-Embark hatte mir den ganzen Tag �ber gute Lehren gegeben, wie ich mich zu verhalten h�tte, und ich ersah daraus, dass es vor Allem darauf ankam, fortw�hrend Gott im Munde zu haben. Doch waren manche andere Kleinigkeiten darunter, die uns l�cherlich erscheinen werden. Als er mich das Wort "rsass", Blei, f�r Kugel anwenden h�rte, unterbrach er mich rasch und meinte, es sei unanst�ndig, dies Wort, womit man Menschen t�dte, zu nennen; er sagte mir darauf, wie ich zu sagen habe. Das Wort entfiel mir damals, aber sp�ter fand ich, dass man in Marokko allgemein f�r Bleikugel das Wort "chfif", d.h. "leicht" sagt. Gerade die dem Blei entgegenstehende Eigenschaft. Er sagte mir, ich solle nie die Frauen und jungen M�dchen ansehen und als Fremder nicht mit ihnen sprechen, kurz, er gab mir goldene Lehren, machte sich freilich auch am folgenden Tag daf�r bezahlt. [Fu�note 5: Rku�, kleiner Schlauch, den man selbst tr�gt; Girba, Schlauch, den das Vieh zu tragen bekommt.] Im Duar logirten wir nicht im Gitun el diaf oder Fremdenzelt, sondern Si-Embark hatte auch hier seinen speciellen Freund, bei dem er Unterkommen fand und ich mit ihm. Hatte ich am Abend vorher zum ersten Male eine einheimische feste Behausung kennen gelernt, so war jetzt das Leben und Weben einer Zeltfamilie mir erschlossen. Ich sah jetzt ein, welch ungemeinen Vortheil ich aus der Maske des Islam ziehen w�rde. H�tte man einen Christen oder auch einen unter Gepr�nge reisenden Mohammedaner so ohne Weiteres ins geheiligte Innere eines Familienzeltes zugelassen? Nie. Auf diese Art, unscheinbar, ohne alle Mittel, aber ganz wie die dortige Bev�lkerung selbst lebt--auf diese Art reisend, durfte ich hoffen, genau die Sitten und Gebr�uche der Eingeborenen kennen zu lernen. Vor mir war keine Scheu, keine Zur�ckhaltung, Jeder gab sich, wie er war, ja, ich kann sagen, auf dem Lande beeiferte man sich, mich mit Allem, was mir neu und unbekannt war, bekannt zu machen. Freilich war ich auch geplagt daf�r vom Morgen bis zum Abend. Ich hatte, um mich besser der zudringlichen Fragen, warum ich gekommen, weshalb ich �bergetreten, warum ich nicht heirathe und mich sesshaft mache etc. etc., erwehren zu k�nnen, ausgesagt, ich sei Arzt; aber von dem Augenblick war keine Ruhe mehr. Die mit wirklichen Krankheiten Behafteten sowohl, wie die vollkommen Gesunden, Alles wollte Mittel und Rathschl�ge vom ehemaligen christlichen Arzt haben. Freilich sch�pfte ich auch hieraus manchen Nutzen, denn ebenso gut wie in Europa der Arzt manchmal mehr erf�hrt als der Beichtvater, haben in jeder Beziehung die Marokkaner Vertrauen zu dem Arzte, wenn sie nur einmal den geringsten Beweis seiner Heilkraft erprobt haben. Das Zelt, welches wir f�r die Nacht bewohnten, war dasselbe, worin die ganze Familie unseres Gastgebers zubrachte. Im Allgemeinen sind die Zelte der Marokkaner etwas kleiner als die der Algeriner, aber gr�sser als die der Bewohner von Tripolitanien und Cyrenaika. Dies gilt indess nur f�r die Theile in Marokko, die unter der Hand des Sultans oder seiner Blutsauger stehen, in den Gebieten, welche eine unabh�ngige Herrschaft haben, besitzen die St�mme ebenso grosse, wenn nicht noch gr�ssere Zelte als die der Triben in Algerien. Man kann mit Recht von dem grossen Hause oder grossen Zelte auf den Wohlstand Einzelner, sowie auch ganzer Triben schliessen, und wie bei uns urspr�nglich die Redensart: "er ist aus einem grossen Hause", "er macht ein grosses Haus", nicht nur bildlich sondern in Wirklichkeit zu nehmen ist, so auch in Marokko; "_min dar kebira_", oder "_cheima kebira_" heisst vom grossen Hause, vom grossen Zelte und bedeutet, dass der, auf den es Bezug hat, wirklich ein grosses Haus oder grosses Zelt, mithin Reichthum und Macht besitzt. Man kann wohl denken, dass das Zelt, welches wir bewohnten, nicht zu den grossen geh�rte; in der einen H�lfte schliefen Mann und Frau, in der anderen wir und noch zwei m�nnliche halberwachsene Kinder. Die Scheidewand war durch die im Zelte �blichen M�bel gebildet: hohe S�cke mit Korn, darauf ein Sattel, Ackerger�th, zwei Flinten, ein grosser Schlauch mit Wasser, ein anderer, worin gebuttert wird und der nur halb voll zu sein schien[6], T�pfe und leere h�lzerne Sch�sseln vervollst�ndigten die trennende Barrikade. Bei Vornehmen pflegt aber aus Zeug eine Scheidewand gezogen zu sein. Ein kleines F�llen, welches an unserer Seite angebunden war, bekam mehrere Male Nachts Gesellschaft, Ziegen, Schafe, wahrscheinlich Besitz des Eigenth�mers, kamen aus der Mitte des Duars ins Zelt, um einen kurzen Besuch zu machen, wobei sie ungenirt �ber uns wegkletterten. Gl�cklicherweise sind die Hunde _des Zeltes_, in das man einmal aufgenommen ist, nicht mehr zu f�rchten, es ist, als ob sie den Gastfreund ihres Herrn respectiren wollten. Aber wehe Dem, der ohne Knittel Nachts einen Duar verlassen oder in denselben einzudringen versuchen wollte, er w�rde von der ganzen Meute der stets halbverhungerten Bestien angefallen werden. Und dennoch kommt mitunter Diebstahl vor, man lockt durch faules oder frisches Fleisch die hungerigen Thiere fort, und mit Leichtigkeit kann dann gestohlen werden, da die Eingeborenen sich Nachts nur auf die Wachsamkeit ihrer Hunde verlassen. [Fu�note 6: Man giesst mehrere Morgen nach einander die frisch gemolkene Milch in einen Ziegenschlauch, und sp�ter wird durch Sch�tteln die Butter erzeugt.] Die Heerden, d.h. Rinder, Schafe und Ziegen werden stets f�r die Nacht in den inneren Kreis getrieben und Morgens und Abends gemolken. Besitzt ein Einzelner viele Schafe, so werden sie in zwei Reihen mit den K�pfen nach vorn gerichtet, durcheinander gebunden, um so gemolken zu werden. Sobald ein Schaf gemolken ist, wird es freigelassen. Unter der Zeit f�hren die Widder der verschiedenen Heerden furchtbare K�mpfe auf und meistens lassen die Besitzer sie gew�hren. Ein jeder der K�mpfer geht ungef�hr zehn Schritt zur�ck, und sodann st�rzen beide mit gesenktem Kopfe auf einander, dass die K�pfe zu zerspringen drohen. Sie bohren nach jedem Stosse mit dem Kopfe nach vorw�rts, sie fallen auf die Knie, endlich r�umt der eine das Feld, w�hrend der andere laut schnuppernd zu seiner Heerde eilt. Das marokkanische Schaf ist nicht das fettschw�nzige. Die H�rner des Schafes sind spiralf�rmig gebogen, der Kopf ist vorn gew�lbt, die Wolle lang und fein, durch Veredlung dieses Schafes ist das spanische Merino entstanden. F�r Veredlung der Race der Schafe wird nat�rlich in Marokko gar nichts gethan, im Gegentheil wundert man sich, dass sie bei so ung�nstiger Behandlungsweise noch so ausgezeichnet gedeihen. Hems� sch�tzt die Zahl der Schafe auf vierzig bis f�nfundvierzig Millionen. Wo Schafe sind, ist gleichzeitig auch Ziegenzucht und verh�ltnissm�ssig gedeihen diese besser, weil sie weniger Wartung bed�rfen. Vorzugsweise in den gebirgigen Theilen Marokko's zieht man dieselben, und von den Einwohnern werden sie wegen ihrer Felle gesch�tzt. Die Schl�uche zum Wasserbedarf, Eimer, sind nur dann gut, wenn sie aus Ziegen- oder Bockfellen bereitet sind. Aber auch das gegerbte Leder, Safian, Maroquin, oder das, was heute am bew�hrtesten ist, Fessian und das von Tafilet wird aus Ziegenleder bereitet; als Fleisch zieht der Marokkaner jedoch Schaffleisch dem Ziegenfleisch vor. Am Morgen ehe wir den Duar verliessen, gab man uns statt der �blichen Morgensuppe, ein Gericht grosser Bohnen, welche in Wasser gekocht und mit Butter gegessen wurden. Wir hatten die Absicht, Abends noch die Stadt L'xor zu erreichen. Wie am Tage vorher war die Hitze ausserordentlich, und ich fing bald an, mich meiner �berfl�ssigen Kleidungsst�cke zu entledigen, auch mein spanisches M�tzchen wurde dem B�ndel beigef�gt und daf�r aus meinem Tuch zum besseren Schutz gegen die Sonne ein Turban gedreht. Si-Embark war freundlich genug, das Packet, mein ganzes Hab und Gut auf sein Maulthier zu nehmen, welches in zwei an beiden Seiten angebundenen K�rben, "Schuari" genannt, verschiedene Waaren seines Herrn trug. So wurde Tleta-Risane erreicht, Oertlichkeit, wo Dienstags ein Markt abgehalten wird; ungef�hr halbwegs zwischen Tanger und L'xor gelegen, zeichnet sich dieser Platz sonst durch nichts aus. Manchmal soll auch in der N�he ein Duar zu finden sein, zu der Zeit sahen wir nur eine leere St�tte, die aber auf den ersten Blick andeutete, dass zu Zeiten dort grosses Leben und Treiben sein m�sste. Hier standen leere H�tten aus Zweigen, dort waren Metzgerpl�tze, und viele Aasgeier und Raben durchw�hlten noch den blutdurchtr�nkten Boden, hier sah man Asche der Schmiedewerkst�tte, dort todte Kohlenreste einer Gark�che, aber nirgends war ein Mensch zu sehen. Da Wasser in der N�he war und die Sonne ihren h�chsten Stand erreicht hatte, w�rde gelagert, und nachdem wir etwas trockenes Brod gegessen hatten, sagte Si-Embark, er wolle einen Freund aus einem in der N�he lagernden Duar abholen, ich solle ihn erwarten, gemeinschaftlich wollten wir dann nach L'xor gehen. Ich wagte nicht, um nicht misstrauisch zu scheinen, ihn um mein B�ndelchen zu bitten, er entfernte sich und nie habe ich ihn wiedergesehen. Ich wartete und wartete, Si-Embark kam nicht wieder; die dem Untergange zueilende Sonne mahnte aber zum Aufbruch. Indess ein �ngstliches Gef�hl beschlich mich, so allein auf jetzt v�llig einsamer Strasse weiter zu ziehen, s�mmtlicher Sachen beraubt. Ich hatte vor, nach Tanger zur�ckzukehren, aber ich sch�mte mich, nach einer dreit�gigen Reise dort und noch dazu unter solchen Verh�ltnissen wieder zu erscheinen. Ich nahm noch einen t�chtigen Trunk Wasser und vorw�rts zog ich nach S�den. Da Si-Embark mir gesagt hatte, im Funduk el Sultan in L'xor absteigen zu wollen, hoffte ich noch, ihn dort zu finden; aber auch diese Hoffnung erwies sich als falsch. Es war Abend, als ich L'xor erreichte, mein eigenth�mlicher Aufzug, halb europ�isch halb marokkanisch gekleidet, erregte nat�rlich das gr�sste Aufsehen. Hunderte von Menschen umdr�ngten mich bald, Kinder l�rmten, schimpften und schrien, auch marokkanische Juden kamen hinzu, und das war ein Gl�ck f�r mich. Der P�belhaufe wollte n�mlich nicht glauben, ich sei Moslim, und wenn ich auch nicht Alles verstand, was sie mir B�ses sagten, merkte ich doch so viel, dass sie keineswegs vom Eindringen eines Christen in ihre Stadt erbaut gewesen w�ren; als aber die Juden, welche spanisch verstanden, oder wie die Marokkaner sagen, "el adjmia" reden (adjmia wendet der Marokkaner auf jede fremde Sprache an), erkl�rten, ich sei allerdings Christ gewesen, habe aber die Religion der Gl�ubigen angenommen, werwandelte [verwandelte] sich das Schimpfen in ein "Gottlob", und als die Juden nun noch hinzuf�gten, ich beabsichtige nach dem "dar demana"[7] zu pilgern, um sp�ter in die Dienste des Sultans zu treten, war Jedermann zufrieden. [Fu�note 7: Dar demana, Haus der Zuflucht, wird Uesan von den frommen Gl�ubigen genannt.] Mittlerweile waren auch ein paar Maghaseni (Reiter der Regierung, die zum Theil in den St�dten Polizeidienst versehen) hinzugekommen; ohne Weiteres ergriff der eine meine Hand und bedeutete, mit ihm zu kommen. Ich wollte nicht, der Maghaseni rief immerw�hrend: "tkellem el Kaid" (der Kaid l�sst Dich rufen), und schien gar nicht zu fassen, dass man einer solchen Aufforderung �berhaupt Widerstand entgegensetzen k�nne. Die Juden redeten zu, mitzugehen, sie selbst w�rden f�r mich dolmetschen, ich solle nur keine Furcht haben, der Kaid sei ein guter Mann.--Angekommen im Dar el Maghasen, wie jedes Regierungsgeb�ude in Marokko genannt wird, einerlei, ob man das Palais des Sultans oder die Wohnung eines gew�hnlichen Kaid damit meint, wurde ich sogleich vorgelassen. Den ganzen Weg �ber hatte mich immer der eine Maghaseni bei der Hand gehalten, w�hrend der andere hinten drein ging; erst als wir vor dem Kaid waren, wurde ich losgelassen. Auch sp�ter habe ich diese Sitte in Marokko beobachtet, dass, wenn Jemand gerufen wurde, er immer an der Hand vom Rufenden herbeigebracht wurde. Der Kaid Kassem empfing mich sehr freundlich, eine Tasse Thee erquickte mich ungemein, ich musste mich setzen und sodann begann er zu fragen, woher ich komme, nach Vaterland, wes Standes, wohin ich wolle, ob ich verheirathet, etc. etc. Der mich begleitende Jude explicirte Alles. Darauf hielt der Kaid, ich muss ihm diese Gerechtigkeit widerfahren lassen, eine eindringliche Rede, nicht ins Innere zu gehen; als ehemaliger Christ w�re ich Alles besser gewohnt, denn Alles sei schlecht in Marokko; er erbot sich sogar, mir ein Pferd zur R�ckreise nach Tanger zu stellen und mich durch einen Maghaseni begleiten zu lassen. Als er sah, dass ich darauf bestand, nach Fes gehen zu wollen, glaubte ich zu verstehen, wie er zu dem Juden sagte: "er hat gewiss gemordet oder sonst etwas verbrochen, und _darf_ zu den Christen nicht zur�ckkehren." Nach Beendigung des Verh�rs war ich unvertraut genug mit den Sitten des Landes, nach dem "Funduk el Sultan" zu verlangen; denn der Kaid hatte es nat�rlich als selbstverst�ndlich betrachtet, dass ich bei ihm wohne. Aber auch so noch erstreckte sich seine Freundlichkeit weiter, er befahl einem Maghaseni und dem Juden, mich nach dem genannten Funduk zu begleiten: ich solle dort auf seine Kosten wohnen, Nahrungsmittel wolle er schicken. Nat�rlich wird er dem Miethsmann des Funduks als Entsch�digung nichts gegeben haben, was er �berdies auch kaum n�thig hatte, da der Name "Funduk el Sultan", d.h. "Gasthof zum Kaiser" nicht etwa in unserem Sinne zu verstehen ist, sondern so viel bedeutet, als Eigenthum des Sultans oder der Regierung. In der Regel geh�ren die Funduks in Marokko entweder der Regierung oder irgend einer Djemma (Moschee) an und werden verpachtet. Die Stadt L'xor (so gesprochen ist es der marokkanischen Aussprache am n�chsten, geschrieben wird aber Alkassar) liegt ungef�hr 10 Minuten vom rechten Ufer des Ued-Kus entfernt, nach Ali Bey auf 35� 1' 10" N. B. und 8� 9' 45" W. L. v. P. in einer freundlichen Alluvialebene. Die Stadt soll nach Leo von Almansor[8] gegr�ndet sein; da aber Edris derselben unter dem Namen Kasr-Abd-el-Kerim erw�hnt, so hat wohl Sultan Almansor, wie Renou richtig bemerkt, nur zur Vergr�sserung der Stadt beigetragen. Die Bev�lkerung ist sehr schwankend, Hems� nimmt nur 5000 Einwohner an, Washington 8000, bei meiner zweiten Reise in Marokko taxirte ich die Stadt auf 30,000 Seelen, mich st�tzend auf die Anzahl der bewohnten H�user, die mir zu 2600 angegeben wurden. Fr�her muss die Stadt noch bedeutender gewesen sein, wie man aus den vielen Ruinen und leeren Djemmen schliessen kann. Eigenth�mlich f�r Marokko ist, dass die meisten H�user nicht flach sind, sondern spitze, mit Ziegeln gedeckte D�cher haben. Wie wenig Ab�nderungen in den Gebr�uchen beim Volke in Marokko vor sich gehen, ersieht man daraus, dass der von Leo als am Montage ausserhalb der Stadt abgehaltene Markt auch noch jetzt am Montage abgehalten wird. Sehr auffallend f�r alle Besucher der Stadt ist die ungeheure Anzahl von Storchnestern mit ihren Besitzern, wenn die Jahreszeit sie herbeizieht, nicht nur die H�user sind voll davon, sogar auf den B�umen erblickt man sie. Aeusserst g�nstig als Zwischenstapelplatz der H�fen L'Araisch, Arseila und Tanger einerseits, der Binnenst�dte Fes und Uesan andererseits, hat bei besserer Entwickelung des Handels L'xor eine Zukunft vor sich. [Fu�note 8: Maltzan meint, dass hier die Stadt Bauasa der Alten gelegen sei, welche Stadt freilich, als am Sebu gelegen angegeben wird, sonst stimmen die Entfernungen.] Ausserdem ist die Gegend eine der reichsten von Marokko, was man an Gem�sen nur bauen will, gedeiht um L'xor. Freilich liegt der Gem�sebau in Marokko noch arg danieder. Obschon der Marokkaner Gelegenheit hat, in den von Christen cultivirten G�rten der Hafenst�dte alle Gem�se kennen zu lernen, kann doch von einer eigentlichen Gartencultur der Marokkaner selbst kaum die Rede sein. Wie gut w�rde aber Alles hier gedeihen; versorgt doch das nahe Algerien unter nicht ganz so g�nstigen klimatischen Verh�ltnissen, wegen geringerer Feuchtigkeit des Bodens und der Luft, im Winter fast ganz Europa mit frischen Gem�sen der feinsten Art. Die uns unentbehrliche Kartoffel hat den Weg in das Innere des Landes noch nicht finden k�nnen. Mit Ausnahme der G�rten des Sultans in Fes, Mikenes, Maraksch etc. kennt man nirgends Spargel, Artischocken, Blumenkohl und andere feine Gem�se. Und selbst dort werden sie keineswegs des Nutzens halber gezogen; irgend ein Consul brachte sie vielleicht zum Geschenk, man zieht sie nun als Blumen und wundert sich, dass die Christen solches Zeug essen. Das Gem�se, was in Marokko gebaut wird, ist bald aufgez�hlt. Rothe und gelbe R�ben, Steckr�ben, grosse Bohnen, Rankbohnen, Erbsen, Linsen, Zwiebeln, Knoblauch, Kohl findet man fast �berall, Sellerie und Petersilie ebenfalls. Was aber gerade bei L'xor besonders gut gedeiht, sind die Melonen, sowohl die gew�hnlichen wie die Wassermelonen. Man sagt, dass die um L'xor wachsenden Trauben schlecht seien wegen des zu feuchten Bodens. Gegenstand der gr�ssten Neugier, blieb ich durch starken Regen gezwungen vier Tage in der Stadt und lernte immer mehr mich an die eigenth�mlichen Sitten gew�hnen, "Christ, laufe doch nicht immer auf und ab," rief mir ein alter Kaffeetrinker eines Abends zu, als er sah, wie ich im Hofe in Gedanken auf und ab ging. Ich setzte mich und fragte, ob das denn ein Verbrechen sei. "Das nicht," antwortete mir ein Anderer, "aber ohne Zweck auf- und abgehen thun nur die Thiere und ist hier nicht anst�ndig[9]." "Gott verfluche Deinen Vater," sagte ein Anderer zu mir, "wenn er Dir auch gute Lehren giebt, hat er doch kein Recht, Dich _Christ_ zu nennen; Gott sei Dank, Du glaubst jetzt an einen einigen Gott und an dessen Liebling, Gott vertilge alle Christen und lasse sie ewig brennen!"--"Aber, o Wunder!" fing ein Dritter an, "seht den ungl�ubigen Hund, wie er die H�nde gefaltet hat (ich hatte mich auf t�rkisch niedergesetzt und in Gedanken die H�nde gefaltet), gewiss betet er seine s�ndhaften Gebete!" Ich entfaltete rasch meine H�nde, und ein Anderer ermahnte mich nun, nie wieder in der Gesellschaft von Gl�ubigen solche gottvergessenen Handlungen vorzunehmen. [Fu�note 9: Ich �bersetze das Wort "drif", dessen er sich bediente so, eigentlich bedeutet es zart, elegant, fein gebildet.] So unangenehm es auch war, auf diese Art auf Tritt und Schritt wie ein kleines Kind geschulmeistert zu werden, so lernte ich doch dadurch rasch die Sitten in ihren kleinsten Einzelheiten kennen. Am peinlichsten war mir immer die Essstunde; abgesehen davon, dass am Boden hockend aus einer Sch�ssel gegessen wird, und Jeder mit halb oder gar nicht gewaschener Hand ins Essen f�hrt, haben alle Marokkaner die sehr unangenehme Angewohnheit, zwischen und gleich nach dem Essen _laut aufzustossen_. "Veizeih's [Verzeih's] Gott," ist das Einzige, was so ein alter Schlemmer mit seiner unsauberen Erleichterung zugleich ausruft, und ein "Gott sei gelobt" der Anwesenden giebt die Billigung derselben zu erkennen. Als endlich das Wetter sich aufheiterte, setzte ich in Begleitung eines Bauern aus der Umgegend von Tetuan meine Reise nach Uesan fort. Durch die strotzenden G�rten hatten wir bald den Ued Kus erreicht, setzten �ber und gingen auf die Berge los; obschon man den Weg recht gut in Einem Tage machen kann, n�chtigten wir doch abermals, da der anhaltende Regen die Wege in dem Lehmboden fast grundlos gemacht hatte. Die Gegend wurde uns als gef�hrlich geschildert, doch sch�tzte uns der Umstand, dass wir Uesan als Reiseziel hatten. Der Ruf des dortigen Grossscherif ist in der That so gross, dass Alle, die zu ihm pilgern, unter einem allgemein anerkannten Schutz stehen. Die reizende Gegend, durch die wir zogen, jeder H�gel, jeder Berggipfel, wie in der Romagna mit einem Dorf oder St�dtchen, machte einen grossen Eindruck auf mich. Mit grosser Freigebigkeit wurden wir Mittags in einem Orte, Kaschuka genannt, bewirthet, angestaunt von der ganzen Bev�lkerung, welche wohl noch nie einen Deutschen gesehen hatte. In einem dem Grossscherif geh�renden Dorfe aus Zelten wurde �bernachtet, und am anderen Morgen gegen 9 Uhr erreichten wir die heilige Pilgerstadt, das Mekka der Marokkaner. Doch bevor ich den Leser mit Uesan bekannt mache, werfen wir auf Bodengestalt, Klima und Bev�lkerung des ganzen Reiches einen Blick. * * * * * 2. Bodengestalt und Klima * * * * * Das am nordwestlichen Ende von Afrika gelegene Kaiserreich Marokko, Rharb el djoani[10] im Lande selbst genannt, ist von allen an das Mittelmeer grenzenden L�ndern Nordafrika's eins der am g�nstigsten gelegenen. Es w�rde zu nichts f�hren, wollten wir versuchen, die Gr�sse des Landes in Zahlen anzugeben; selbst eine allgemeine Bezeichnung, dass Marokko zwischen den so und so vielten L�ngen- und Breitengraden liege, giebt nur ann�hernd einen Begriff und wechselt je nachdem wir die bedeutenden Oasen von Gurara, Tuat und Tidikelt, die fast bis zum 26� N. B. nach dem S�den und bis zum 22� O. L. von Ferro reichen, hinzurechnen oder nicht. Halten wir diese letzte Ausdehnung fest und rechnen die grossen Strecken w�sten Terrains, welche zwischen den Oasen und dem atlantischen Ocean liegen, hinzu, so k�nnen wir uns den besten Begriff von der Gr�sse Marokko's machen, wenn wir dann aus der Karte ersehen, dass es um ein Drittel gr�sser ist, als Frankreich,[11] ohne diese Gebiete aber ungef�hr mit Deutschland eine gleiche Gr�sse hat. [Fu�note 10: Der Name Maghreb el aksa ist im Lande selbst nicht bekannt und gebr�uchlich, wohl aber sagt man Rharb schlechtweg, oder Bled-es-Sidi-Mohammed, oder bled Fes nach der Hauptstadt. Das Wort djoani bedeutet nach Wetzstein das "innere" und "eigentliche", also der innere und eigentliche Westen.] [Fu�note 11: Kl�den und Behm 12,210 Quadrat-Meilen. Renou 5775 Myriam.-Q.-M. Beaumier 5000 M.-Q.-M. Daniel ca. 13,000 Q.-M. A. Rey und Xavier Durrieu 24,379 Lieues car. Gr�berg de Hems� 219,400 Q.-M. italiane. Jardine 50,000 (englische) Q.-M. Donndorf 7425 Q.-M. J. Duval 57,000,000 Hectars und in Berlings Staatszeitung von 1778 giebt Tempelmann 6287 Q.-M. f�r Fes, Tafilet und Marokko an.] Wenige L�nder von Afrika haben im Verh�ltniss zum Binnenlande eine so grosse K�stenentwickelung. Die Gestadel�nge Marokko's am atlantischen Ocean betr�gt 1265, die an der Meerenge von Gibraltar 60, die am Mittelmeere 425 Kilometer, w�hrend die Landgrenze nur eine L�nge von 250 Kilometer hat.[12] [Fu�note 12: Nach Renou, der Tuat etc. nicht mit in seine Berechnungen gezogen hat.] Was die K�sten ihrer Beschaffenheit nach anbetrifft, so fallen dieselben im Norden nach dem Mittelmeere steil ab mit unz�hligen Buchten, die aber zu klein sind, um einen guten Hafen zu bilden. Dennoch sind sie gross genug, um den Rif-Piraten mit ihren kleinen Fahrzeugen Versteck und Sicherheit gegen Sturm und st�rmische Witterung zu gew�hren. Indess fehlen die guten Ankerpl�tze auch nicht. Zwischen den Djafarin-Inseln und an der K�ste bei Melilla, bei Ceuta, haben grosse Schiffe vollkommenen Schutz, und noch andere H�fen w�rden sich mit geringen Mitteln herstellen lassen, so namentlich die grosse Bucht von Alhucemas, fast gegen�ber von Malaga, liesse sich mit leichter M�he zu einem pr�chtigen Ankerplatz umwandeln. An der Strasse von Gibraltar liegt Tanger mit einer zu weiten Bucht, um nur als sichere Rhede betrachtet werden zu k�nnen; der einstige kleine Hafen der Stadt Tanger wurde von den Engl�ndern, als sie 1684 Tanger freiwillig den Marokkanern �berliessen, zerst�rt. Die ganze nun folgende l�ngs des atlantischen Oceans in s�dwestlicher Richtung streichende K�ste ist vollkommen flach und sanft das Meer hinabsteigend bis s�dlich von Mogador. Aeusserst gef�hrlich f�r die Schifffahrt, besonders bei nebeliger Witterung, hat man durchschnittlich in einer Entfernung von dreissig Seemeilen erst hundert Faden Wasser. Hohe Sandd�nen hat das Meer an dieser langen K�ste ausgeworfen, die einen eigenth�mlichen Anblick gew�hren, weil sie nach der Landseite, oft auch nach der Seeseite zu nicht kahl, sondern mit Lentisken bewachsen sind. Und wahrscheinlich durch den Wind beeinflusst, bilden diese f�nf bis acht Fuss hohen Lentiskenb�sche ein vollkommen den D�nen glatt angepasstes Ganze, als ob sie gleichm�ssig oberhalb derselben beschnitten w�ren. Gute H�fen w�rden allerdings mit leichter M�he herzustellen, der Unterhalt indessen wegen des immer stark vom Meere ausgeworfenen Sandes kostspielig sein. Andererseits haben fast alle M�ndungen der gr�sseren Fl�sse, die wohl gut zu H�fen eingerichtet werden k�nnten, sehr starke Barren. Gleich s�dlich von Mogador, wo die K�ste von Nord nach S�d bis Agadir l�uft, ist sie schroff ins Meer abfallend. Bei Agadir ist offenbar der beste nat�rliche Ankerplatz, aber vollkommene Sicherheit haben auch hier die Seeschiffe nicht. Von hier an weiter nach dem S�den bewahrt die K�ste wieder ihren D�nencharakter, die Berge treten nicht mehr bis unmittelbar an den Ocean hinan. An bedeutenden, bis ans Meer hineinragenden spitzen Vorgebirgen hat man im Mittelmeer das Cap Tres Forcas oder Ras el Deir; westlich von Melilla gelegen, hat diese Landzunge eine L�nge von ungef�hr zwanzig Kilometer auf circa sieben Kilometer Breite, und die nordwestliche hat noch auf den Seekarten den speciellen Namen Cap Viego. Das weltbekannte Cap Espartel oder Ras el kebir[13] streckt sich nach Europa hin, w�hrend die nord�stliche Landspitze bei Ceuta, Cap Almina, unserm Erdtheile noch n�her liegt. An der langen atlantischen K�ste des Landes haben wir nur das Cap Gher, nordwestlich von Agadir, zu verzeichnen. Es ist hier der Punkt, wo die Haupt-Atlaskette sich ins Meer st�rzt. Alle �brigen auf den Karten verzeichneten Vorgebirge, wie Cap Blanco und Cap Cantin n�rdlich vom Gher-Vorgebirge, oder Cap Nun s�dlich davon, spielen in der Formation der K�ste keine Rolle. [Fu�note 13: Auf den Karten auch Ras Idjberdil genannt.] Ein gewaltiges Gebirge, der Atlas, durchzieht Marokko von S�dwest nach Nordost. Wir w�rden zu irren glauben, wenn wir die Gebirge Algeriens zum grossen Atlas rechnen wollten; m�gen die franz�sischen Geographen dort immerhin ihre der K�ste parallel laufenden Gebirge als _grossen_ und _kleinen_ Atlas bezeichnen, m�gen die Franzosen f�r die Gebirge Algeriens den Namen Atlas beanspruchen--wer beide L�nder bereist hat, wird finden, dass Algerien nur ausgedehnte Hochebenen mit davorliegenden Gebirgsketten besitzt, der _grosse_ Atlas ist nur in Marokko, und in dieser Beziehung gilt auch das Zeugniss der Alten, welche den _grossen_ Atlas beim Cap Gher entspringen und beim heutigen Cap Ras el Deir enden liessen, oder umgekehrt. Im Grossen, kann man sagen, hat der Atlas eine hufeisenf�rmige Gestalt. Ge�ffnet nach Nordwesten, ist die Spitze seines einen Schenkels das Vorgebirge Ras el Deir, die Spitze des andern das Vorgebirge Gher. Der Atlas bildet eine Hauptkette, welche durchschnittlich nach dem Nordwesten, d.h. also nach der dem eigentlichen Marokko zugekehrten Seite durch breite Terrassen allm�lig ins Tiefland sich hineinzieht. Nach dem S�dosten zu senkrecht und steil abfallend, zweigt sich indess auf ungef�hr 31� N. B., 12� O. L. von Ferro eine bedeutende Kette nach S�d-S�dwest ab und l�uft demnach fast mit der Hauptkette des Atlas parallel. Der Abzweigungspunkt giebt dem Sus Ursprung. Etwas weiter von diesem Punkte haben wir �berhaupt den eigentlichen Knotenpunkt des grossen Atlas, den "St. Gotthard" dieses Gebirges. Wie bei den Schweizeralpen ist aber auch hier nicht der h�chste Gebirgspunkt, dieser scheint im S�dwesten zu liegen, etwa s�dlich von der Stadt Marokko. S�dlich von dieser Stadt haben wir den von Washington gemessenen Djebel Miltsin mit 11,700 Fuss. [3475 Meter.] H�st berichtet von diesem Berge, dass nur Einmal innerhalb eines Zeitraumes von zwanzig Jahren sein Schnee geschmolzen sei, obschon Humboldt f�r diese Breite die Grenze des ewigen Schnees h�her angiebt. Es ist dies um so auffallender, als man gerade hier erwarten sollte, die Schneegrenze h�her zu finden. Es ist also wohl anzunehmen, dass Washington's Rechnung nicht ganz richtig gewesen ist. Der Etna z.B. bei einer H�he von 10,849 Fuss und fast 7� n�rdlicher gelegen, hat nie Schnee im Sommer (das, was in einigen Felsspalten liegen bleibt, ist kaum zu rechnen und zum Theil k�nstlich von den Bewohnern Catania's zusammengetragen, um im Sommer benutzt zu werden). Nach den Aussagen der Bewohner dortiger Gegend verlieren die h�chsten Atlaspunkte den Schnee nie. Bei der Uebersteigung des grossen Atlas, die ich selbst sp�ter zwischen Fes und Tafilet, und etwas westlich vom Knotenpunkt des Gebirges ausf�hrte, erlaubte mir mein mangelhaftes Aneroid nicht, auch nur ann�hernd richtige Messungen zu machen. Zu der Zeit verstand man bloss Aneroide zu construiren, mit denen man h�chstens bis 1000 Meter messen konnte; das meine zeigte nicht einmal so hoch. Wenn ich aber bedenke, dass dasselbe schon auf dem ersten Absatz, auf der Terrasse s�dlich von Fes und Mikenes, zum Gebiete der Beni-Mtir geh�rend, den Dienst versagte, dass ich dann aber, mehrere Tage nach einander immer steigend, verschiedene Terrassen und Plateaux zu �berwinden hatte, so glaube ich, dass die h�chste Passh�he auf dieser Strecke, "Tamarakuit" genannt, kaum unter 9000 Fuss sein d�rfte. Aber wie hoch th�rmten sich daneben und nach allen Seiten hin die schneeigen Spitzen des Atlas selbst auf! Sp�teren Zeiten und sp�teren Forschern muss dies zu erforschen vorbehalten bleiben. Von diesem Knotenpunkt aus werden noch einzelne Ketten nach dem Osten und S�den gesandt, im Ganzen h�rt aber der Charakter als Kette nach diesen Richtungen auf: das Gebirge erweist sich mehr als ein Gewirr von einzelnen schroffen Felsen und zerkl�fteten Bergen. Aber die Hauptkette des Atlas ist erhalten, sie geht mittelst der Djebelaya (Gebirgsland) und dem Djebel Garet direct nach Norden, um mit dem Cap Ras el Deir am Mittelmeer zu enden. Vorher jedoch, etwa auf dem 14� O. L. von Ferro und 34� 40' N. B. entsendet diese Hauptkette einen Zweig gegen Nordwesten; es ist das Rifgebirge, welches an der Strasse von Gibraltar sein Ende erreicht. Ausserdem schickt der grosse Atlas zahlreiche kleinere Zweige in das von ihm umschlossene Dreieck zwischen Ras el Deir und Ras Gher. So sind die Gebirge bei Uesan, die Berge n�rdlich von Mikenes nur Ausl�ufer des n�rdlichen Riesengebirges, welches selbst weiter nichts als ein Zweig des Atlas ist, w�hrend das sogenannte Djebel el Hadid ein directer Zweig des _grossen_ Atlas ist, obschon Leo sagt:[14] "Der Berg Gebel el Hadid genannt, geh�rt nicht zum Atlas; denn er f�ngt gegen Norden am Gestade des Oceans an und dehnt sich nach S�den am Flusse Tensift aus." Von den H�hen des Rif-Gebirges sind nur die vom Meere aus gemessenen Punkte bekannt, deren es bis zur H�he von circa 7000 Fuss[15] giebt; weiter nach dem S�den d�rften in dieser Kette Berge von noch bedeutenderer H�he sein und diese mindestens dem Djurdjura-Gebirge in Algerien gleichkommen. [Fu�note 14: Leo, Uebersetzung von Lorsmann.] [Fu�note 15: Stielers Atlas und Petermanns Mittheilungen, 1865, Taf. 6.] Haben wir somit durch Zeichnung der Hauptlinien der Gebirge von Marokko ein Bild gewonnen, so bleibt uns nur �brig zu sagen, dass _alles_ Land von der n�rdlichen Kante des Atlas bis zum atlantischen Ocean und Mittelmeer vollkommen culturf�hig ist. Der Ausdruck "Tel" f�r culturf�higes Land ist in Marokko _nicht_ bekannt. Solche Gegenden und Unterschiede davon, existiren nur in Algerien, durch die Bodenbeschaffenheit bedingt. Der einzige Strich n�rdlich in Marokko, d.h. auf der Abdachung nach dem Mittelmeere zu, der nicht die Fruchtbarkeit des vollkommen culturf�higen Landes besitzt, ist das sogenannte Angad, s�dlich vom Gebirge der Beni-Snassen und vom mittleren Laufe der Muluya durchzogen. Aber keineswegs ist dieser Boden hier w�stenhaft, steril und vegetationslos, ebensowenig, wie es die Hochebenen Algeriens s�dlich von Sebda, Saida oder Tiaret sind. Wenn nur der feuchte Niederschlag reichlich ist und zur rechten Zeit erfolgt, sehen wir �berall den Boden in Acker umgewandelt. So im Angad auch, eine Landschaft, die seit dem ungl�cklichen Versuch Ali Bey's el Abassi, durchzureisen, als vollkommene W�ste verrufen, aber nichts weniger als vegetations- und wasserlos ist. Sie wird durchflossen von einem der m�chtigsten Str�me Marokko's, ist das nicht schon bezeichnend genug? Marokko, auf diese Art ausgezeichnet, ist das Land von Nordafrika, welches den breitesten G�rtel von culturf�higem Lande hat, und dies nicht nur n�rdlich vom grossen Atlas, sondern auch das lang gezogene Dreieck s�dlich von demselben, durch diesen und seine nach S�ds�dwest gesandten Zweige eingeschlossen: das ganze Sus-Thal ist zum Anbau geeignet. Wie Algerien und Tunis, so hat auch Marokko seine Vorw�ste. Wir verstehen f�r Marokko unter diesem Namen den Raum, der sich hinerstreckt vom atlantischen Ocean bis zur Grenze von Algerien einerseits, vom S�dabhange des Atlas bis zu den Breiten, welche durch die S�dpunkte der grossen Oasen gehen, andererseits. Wir schliessen jedoch Tuat von dieser Vorw�ste aus, beanspruchen diese Oase im Gegentheil f�r die _grosse_ W�ste. Auch diese Vorw�ste, oder, wie die Franzosen in Algerien das entsprechende Terrain benennen, "petit desert", ist keineswegs ohne Cultur und nach rechtzeitigem Regen sieht man auch hier manchmal Getreide aus dem Boden sprossen, wo vordem der Wanderer jede Cultur f�r vollkommen unm�glich gehalten haben w�rde. Wie der ganze Norden von Afrika, d.h. besonders die Berberstaaten in Bodenformation dasselbe Gepr�ge zeigt, wie wir es in den �brigen um das Mittelmeer gruppirten L�ndern finden, so zeigen auch die Fl�sse Marokko's einen Lauf, der nicht abweichend ist von dem der anderen L�nder, d.h. sie sind nicht unverh�ltnissm�ssig lang, haben zahlreiche Kr�mmungen und eine starke Ver�stelung nach der Quelle zu. Jene langgezogenen Wasserl�ufe, ohne Nebenfl�sse, wie sie der �brige weite Norden von Afrika so h�ufig aufzuweisen hat, und deren Bilder wir am besten im Draa, Irharhar und Nil wiedergegeben sehen, giebt es im eigentlichen Marokko nicht. Einer der bedeutendsten Str�me von Nordafrika (Nil nat�rlich ausgenommen) unter denen, die dem Mittelmeer tribut�r sind, ist die Muluya. Ungef�hr beim �stlichen siebenten L�ngengrad von Ferro auf der Ostseite des grossen Atlas entspringend, bekommt die Muluya ausser vielen Nebenfl�ssen ihren Hauptzustrom vom S�den, dem Ued-Scharef, ein Gew�sser, fast so m�chtig, wie die Muluya selbst. Dicht bei der algerischen Grenze, etwa 10 Kilometer westlich davon, und etwa 10 Kilometer �stlich von Cap del Agua, welches gerade s�dlich von den spanischen Inseln Djafarin liegt, ergiesst sieh die Muluya ins Mittelmeer. Die L�nge dieses Stromes auch nur ann�hernd in Zahlen ausdr�cken zu wollen, wie Hems� das gethan hat, ist jetzt, wo noch von Niemandem die Quelle des Flusses erforscht wurde, ein vollkommen �berfl�ssiger Versuch. Wir wollen nur erw�hnen, dass die L�nge der Muluya etwas geringer als die des Chelif zu sein scheint, und dass die Muluya ungef�hr ein gleiches Gebiet beherrscht wie der spanische Fluss Guadalquivir. Auf der oceanischen Seite haben wir, von Norden anfangend, den Ued Kus[16] oder el Kus. Dieser Fluss, der die fruchtbarsten Ebenen in zahllosen Kr�mmungen durchzieht, woher sein Name, geht bei L'Araisch ins Meer, empf�ngt aber dicht vor seiner M�ndung den Ued el Maghasen, bekannt durch die Drei-K�nigs-Schlacht; beide Fl�sse kommen vom Rif-Gebirge und dessen Ausl�ufern. [Fu�note 16: Bei Renou Loukous, bei H�st Luccos, Stieler Aulcos, Jackson el koss und Luccos, Maltzan Aulcus.] Weiter der K�ste folgend, kommen wir sodann auf den bedeutenden Ued Sseb�. Mit zwei Armen gleichen Namens, von denen der eine vom grossen Atlas anderthalb Grad s�dlich von Fes, der andere aber vom grossen Atlas �stlich von Tesa entspringt, haben diese Arme, welche sich ungef�hr eine Stunde n�rdlich von Fes vereinigen, verschiedene Nebenfl�sse, beide �ndern auch h�ufig den Namen, um den alten vielleicht sp�ter wieder aufzunehmen. Von Osten her erh�lt sodann nach seiner Conjunction der Sseb� auf seinem rechten Ufer den bedeutenden Uargha vom Rif-Gebirge und vom S�dosten her auf seinem linken Ufer den Bet. Der Sseb�, welcher sich bei Mamora[17] ins Meer ergiesst, w�rde leicht bis zu dem Punkte, wo sich der Uargha mit ihm vereint, schiffbar gemacht werden k�nnen. Die L�nge seines Laufes ist ebenso bedeutend, als die der Muluya. [Fu�note 17: Auf den meisten Karten so verzeichnet, Ort, der von den Marokkanern Mehdia genannt wird.] Der von den vorderen Terrassen des grossen Atlas kommende, aber unbedeutende Fluss Bu Rhaba[18], in nordwestlicher Richtung fliessend, ist nur erw�hnenswerth, weil an seiner M�ndung die bedeutenden St�dte Rbat und Sla liegen. [Fu�note 18: Der auf den Karten verzeichnete Name Buragrag d�rfte falsch sein; die Marokkaner nennen ihn Bu Rhaba, Vater des Waldes, d.h. waldreich. Bu-Rgag oder Rgig w�rde heissen der "Vater der Enge", Bu-Rhaba "Vater des Geh�lzes".] Der Fluss Um-el-Rbea (Mutter der Kr�uter, oder der Kr�uterreiche) entspringt mit einem m�chtigen Ge�ste aus dem grossen Atlas, fliesst seiner Hauptrichtung nach nach Nordwest, um bei Asamor, einer bedeutenden Stadt, den Ocean zu erreichen. Renou nennt ihn den bedeutendsten Fluss vom Norden Afrika's (nat�rlich der Nil immer ausgenommen) und stellt ihn auf gleiche Stufe mit der Garonne und Seine. Auch dieser Strom ist leicht schiffbar zu machen. Merkw�rdigerweise hat der grosse Tensift, der ebenfalls mit vielen Nebenfl�ssen aus dem Atlas entspringt, an seiner M�ndung, die zwischen Asfi und Mogador liegt, keine Besiedelung. Gerade weil er vorher der von jeher bedeutenden Stadt Marokko Wasser zuf�hrt, sollte man denken, an seiner M�ndung auch eine Stadt zu finden. Obgleich von bedeutender Breite, kann der Fluss bei Ebbezeit an der M�ndung durchwatet werden. Mit Ausnahme der Muluya entspringen alle diese Str�me am Nordwestabhange des Atlas; �bersteigt man sodann die Ausl�ufer dieses Gebirges und das Gerippe, welches im Cap Gher endet, so erreicht man die M�ndung des Sus, ungef�hr 30� 20' N. B. Der Sus hat fast vollkommen �stliche Herkunft und entspringt in dem Winkel, den der grosse Atlas und der von ihm nach Wests�dwest entsandte Zweig bilden. Weiter nach dem S�den zu kommt sodann, auf den meisten Karten verzeichnet, der Ued Nun. Der Name Ued Nun bedeutet aber weiter nichts als eine Landschaft oder Provinz, wie wir aus den neuesten Forschungen von Gatel ersehen k�nnen. Der dort existirende Strom heisst Ued Asaka, und es ist dies der Fluss, dessen Nun-M�ndung auf den Petermann'schen Karten als Aksabi verzeichnet steht, was dasselbe ist. Wir haben sodann eines echten W�stenstromes M�ndung, die des Draa[19] zu verzeichnen. Mit kleinem Ge�ste aus dem grossen Atlas entspringend, ungef�hr unter dem 13� O. L. von Ferro geht dieser Strom direct und ohne nennenswerthe Nebenfl�sse zu erhalten bis zum 29� N. L. nach S�den, schl�gt dann aber westliche Richtung ein, um unter 28� 10' in den Ocean zu fallen. Dieser lange Lauf, ein Sechstel mindestens l�nger, als der des Rheins von der Quelle bis zur M�ndung, hat best�ndig Wasser, auch im Hochsommer bis zu dem Punkte, wo der Strom von der S�drichtung eine westliche Richtung einschl�gt. Die Wassermenge, die der Draa fortschwemmt, ist in den oberen Theilen des nords�dlichen St�ckes dennoch nicht bedeutender, als etwa diejenige der Spree bei Berlin; sie wird dann am s�dlichen Ende des von Nord nach S�d fliessenden Theiles, nachdem der Strom sogar mehrere Male verschwindet und viel Wasser durch Irrigiren verbraucht ist, so gering, dass man diesen grossen Strom, wie er sich zur Herbstzeit, kurz vor dem Eintritt der Regenperiode auf dem Atlas pr�sentirt, hinsichtlich der Wasserarmuth kaum einen Bach nennen kann. [Fu�note 19: Wir erw�hnen der Ssegiat el Hamra, weil sie auf den meisten Karten als _Fluss_ verzeichnet ist, als in die M�ndung des Draa einfliessend. Der Name Ssegiat hat aber immer etwas K�nstliches in sich und Gatel auf seiner Karte verzeichnet sie nicht.] Dass �berhaupt noch so viel Wasser bis zum Umbug Jahr aus Jahr ein herabk�mmt, nachdem der heisse Wind der Sahara im Fr�hjahr und im Sommer mit Macht daran gezehrt hat, nachdem Tausende von Feldern und G�rten, die sich l�ngs der Ufer hinziehen, Tag und Nacht vom Wasser des Draa berieselt werden, das eben spricht f�r die M�glichkeit der Schneelage des Atlas, aus welchem der Fluss gespeist wird. Ob aber ein stets S�sswasser haltender See, der Debaya, auf seinem weiteren Laufe nach dem Westen zu vom Draa durchflossen wird, m�chte sehr zu bezweifeln sein. Allerdings sendet gleich nach der Regenzeit auf dem Atlas der Draa seine Wasser fort bis zum Ocean, aber in der trockenen Jahreszeit trocknet der ganze untere Theil des Flusses aus. Nicht weit von dem Orte, wo der See sein sollte, sagten mir die Bewohner, ein solcher existire nicht. Ein Sebcha, d.h. ein salziger Sumpf, wie ihn Petermann auf seinen neuesten Karten verzeichnet hat, k�nnte indess wohl vorhanden sein. Renou spricht sogar dem Debaya eine dreimalige Gr�sse des Genfer Sees zu. Als ebenfalls vom S�dostabhange des Atlas kommend und nach der Sahara abfliessend, haben wir dann den Sis zu nennen; ein echter W�stenfluss ohne alle Nebenfl�sse, und nur in seinen ersten zwei Dritteln oberirdisch verlaufend, tr�nkt er unterirdisch noch die ganze grosse Oase Tafilet, um s�dlich davon den Salzsumpf Daya el Dama zu bilden, der nach starken Regenerg�ssen zu einem See sich gestaltet. Von Nordwesten her hat der Daya el Daura noch Zufl�sse durch den Ued-Chriss. Einen ebenso langen, wenn nicht noch l�ngeren Lauf hat der Fluss, der die Oase von Tuat speist, aus verschiedenen Zweigen, von denen einige unter dem 33� N. B. entspringen, zusammengesetzt. Ich verfolgte den Fluss fast bis zum 26� N. B., ohne dass ich bei Taurhirt schon sein s�dlichstes Ende erreicht h�tte. Dieser Fluss, den man l'ued Tuat nennen k�nnte, setzt sich aus dem Ued Gher, Ued Knetsa und einigen minder bedeutenden zusammen, erh�lt nach der Vereinigung den Namen Ued Ssaura, und sobald er das eigentliche Tuat betritt, den Namen Ued Mssaud. Von Osten soll er s�dlich von Tuat durch den Fluss Acaraba verst�rkt werden. Da er schon bei seinem Entspringen aus dem Gher und Knetsa gar nicht oberirdisch Wasser h�lt, so ist es nicht wahrscheinlich, dass er dem Draa oder dem Ocean zugeht, wie Duveyrier meint, ebensowenig aber glaube ich, dass die von mir fr�her mitgetheilte Nachricht der Eingeborenen, der Mssaud erg�sse sich nach sehr starken Anschwellungen bis zum Niger, auf Wahrheit beruht. Da wir den oben angef�hrten Debaya vorl�ufig trotz Renou nicht als See anzuerkennen brauchen, ja nicht einmal mit Bestimmtheit behaupten k�nnen, ob ein Salzsumpf dort ist, so haben wir eigentlich gar keine nennenswerthen Seen in Marokko zu verzeichnen, denn der von Leo erw�hnte See unterhalb der "gr�nen Berge", den er mit dem See von Bolsena in der N�he von Rom vergleicht, ist nirgends zu finden, es m�chte denn der kleine auf der Beaumier'schen Karte verzeichnete Salzsee sein, Zyma genannt, der ungef�hr so gross wie der See von Bolsena zu sein scheint. Der einzige von mir entdeckte kleine S�sswassersee, Daya Sidi Ali Mohammed genannt, ungef�hr 3 Stunden lang und 1/2 Stunde breit, liegt auf der H�he des grossen Atlas zwischen Fes und Tafilet. Erw�hnenswerth ausser dem Daya el Daura, s�dlich von Tafilet ist nur noch der grosse Salzsumpf von Gurara im Norden von Tuat, ungef�hr zehn deutsche Meilen lang und an seiner dicksten Stelle f�nf deutsche Meilen breit, endlich der Sigri Sebcha (Salzsumpf), ungef�hr zehn Meilen s�dwestlich von Schott el Rharbi gelegen, dessen s�dwestliche H�lfte nach dem Frieden von 1844 zu Marokko, die �stliche dagegen zu Algerien gerechnet wird. Ohne Widerrede bef�rchten zu m�ssen, kann man behaupten, dass Marokko von allen Staaten Nordafrika's das gesundeste Klima besitzt. Der Grund davon ist zum Theil in der bedeutenden Erhebung des Landes zu suchen, in den erfrischenden Winden vom Mittelmeere und vom Ocean, in der Abwesenheit sumpfiger Niederungen[20], wie man sie in Algerien so h�ufig beim Anfange der Besiedelung durch die Franzosen antraf; dann in den reichen Waldungen der Stufen des Atlas, welche die Hitze mildern und zugleich den Fl�ssen in Verbindung mit dem Schnee der Gipfel im Sommer das Wasser constant erhalten; endlich in der Abwesenheit jener Schotts oder flachen Seen und S�mpfe, wie sie Algerien und Tunis von Westen nach Osten durchziehen. [Fu�note 20: Die wenigen S�mpfe bei L'Araisch kommen zum grossen Ganzen nicht in Betracht.] Im Allgemeinen kann man sagen, dass in ganz Marokko ein mildes warmes Klima herrscht; denn wenn auch die Tekna- und Nun-Gegenden mit Rhadames und den s�dlichsten Oasen Algeriens, was Breite anbetrifft, correspondiren, so wirken die constanten Seewinde doch so lindernd, dass die Temperatur bedeutend k�hler ist als in diesen Strichen. Und wenn auch die Spitzen der Atlasberge, die wie der Milstin mit einer H�he von 3475 Meter, der Alpenh�he von 2300 Meter entsprechen, oder auch dem Meeresniveau von Norderney, wenn diese Berge des Atlas eine mittlere Jahres-Temperatur von nur 0� haben, so w�rden wir nicht fehl zu greifen glauben, wenn wir sagen, die Summe der mittleren Temperaturen Marokko's w�rde 18� R. betragen. Der Atlas bildet die nat�rliche Scheide in den Temperaturverh�ltnissen. W�hrend n�rdlich am Atlas die Regenmonate im October beginnen und bis Ende Februar anhalten, ist der Regenfall s�dlich vom Atlas nur im Januar und der ersten H�lfte des Februar und erstreckt sich landeinw�rts etwa bis zum 10. L�ngengrad �stlich von Ferro, so dass die Draa-Provinzen in ihrem s�dlichen Theile nicht davon ber�hrt werden. In der Oase Tafilet ist Regenfall schon �usserst selten, und in Tuat regnet es h�chstens alle 20 Jahre ein Mal. Eine Regenlinie w�re also s�dlich vom Atlas etwa so zu ziehen: vom 10� O. L. von Ferro und 29� N. B. in schr�ger nord�stlicher Linie mit dem Atlas parallel zu den Figig-Oasen. Der feuchte Niederschlag ist in den n�rdlich vom Atlas gelegenen Theilen sehr bedeutend, ebenso auf dem Atlas selbst, s�dlich davon nur m�ssig. In der Zeit von October bis Februar herrschen fast nur Nordwestwinde und am wechselvollsten ist der Februar, wo an einem Tage sechs bis sieben Mal Winde mit einander k�mpfen. Im M�rz sind Nordwinde vorherrschend und dann von diesem Monat an bis Ende September Ost, S�dostwinde und S�d. An den K�sten des Oceans in den Sommermonaten von 9 Uhr Morgens an ein stark k�hlender Seewind bis Nachmittags, wo der S�dost wieder die Oberhand gewinnt; indess ist dieser Wind so k�hlend, dass Lempiere Recht hat zu sagen: "Mogador, obschon sehr s�dlich gelegen, hat eine ebenso k�hle Temperatur als die gem�ssigten Klimate von Europa." Die S�dost- und S�dwinde f�hren oft Heuschreckenschw�rme mit sich, so in den Jahren 1778 und 1780. Indess scheint der Atlas ein wirksamer Damm gegen diese Eindringlinge zu sein, da sie im Norden des Gebirges nur vereinzelt beobachtet werden. Bestimmte Beobachtungen f�r die mittlere Temperatur einzelner Orte liegen nur wenige vor. Tanger hat nach Renou eine mittlere Temperatur von 18� (Celsius), was aber vielleicht 2� zu viel sein d�rfte. F�r Fes kann man bei einer Erhebung von 4-500[21] Meter + 16-17� (Celsius) rechnen. Uesan, welches circa 250 Meter hoch liegt, d�rfte eine mittlere Temperatur von 18� (Celsius) haben. In der Stadt Marokko kann die mittlere Temperatur h�chstens + 20� (Celsius) sein, da die Datteln nicht reifen, diese brauchen mindestens + 22� Durchschnittsw�rme. In Tarudant, wo die Datteln schlecht reifen, d�rften vielleicht + 21� Durchschnittsw�rme sein. Hems� f�hrt noch an, dass im Winter weder in einem Hafen noch in irgend einer Stadt je das Thermometer unter + 4� R. sinkt. In Uesan beobachtete ich eines Tages im December leichten Schneefall, und die Leute sagten mir, es k�me dies allj�hrlich vor, aber der Schnee bleibt nie liegen. Aus Gatel's Beobachtungen ist in Tekna das Thermometer in dem Wintermonaten December 1864, Januar und Februar 1865 durchschnittlich um 7 Uhr Morgens + 13� (Celsius) gewesen, "es kam nie unter + 6� und stieg nicht h�her als + 18� (Celsius)". In den Monaten September und October beobachtete ich in Tuat eine mittlere Temperatur von + 19� vor Sonnenaufgang. Diese Oase des Kaiserreichs Marokko w�rde also ungef�hr dieselbe Durchschnitts-Temperatur wie Fesan haben. [Fu�note 21: Nach Renou; da aber Fes wohl niedriger liegt, wird auch die Temperatur wohl um einige Grade h�her sein.] Kleiden wir noch einmal als Ergebniss das marokkanische Klima in Worte, so m�chten wir das anf�hren, was Hems� sagt: "Il clima di tutta questa regione � di pi� salubri e di pi� belli di tutta la superficie del globo terrestre." * * * * * 3. Bev�lkerung. * * * * * F�r ein Land, in dem nie statistische Untersuchungen angestellt worden sind, auch nur ann�hernd richtig die Zahl der Einwohner angeben zu wollen, ist �usserst schwer, und wenn f�r ganz Afrika in dieser Beziehung die abweichendsten Angaben herrschen, so noch speciell f�r Marokko. W�hrend z.B. Jackson die �bertrieben grosse Zahl von 14,886,600 Einwohnern angiebt, hat Kl�den in seiner neuesten Geographie nur 2,750,000, w�hrend Daniel 3-5,000,000 annimmt. Durch Vergleich kann man am ersten auf ann�hernde Wahrheit kommen, und den besten Vergleich k�nnen wir machen mit Algerien, wo bei �hnlicher Bodenbeschaffenheit und bei fast gleichen klimatischen Verh�ltnissen eine ungef�hr gleiche _Dichtigkeit_ der Bev�lkerung besteht, die sich (im Jahre 1867) auf 2,921,246 Seelen bel�uft. Da nun Marokko mindestens noch ein Mal so gross als Algerien ist, ausserdem grosse Oasen (Draa, Tafilet und Tuat) besitzt, endlich s�dlich vom Atlas grosse und furchtbare [fruchtbare] Provinzen (Sus und Nun) l�ngs des atlantischen Oceans hat, so glauben wir nicht zu �bertreiben, wenn wir die Bev�lkerung von Marokko auf 6,500,000 Einwohner sch�tzen. Wir k�nnen jetzt mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, dass, noch ehe die Ph�nizier nach Nordafrika kamen, noch bevor die Libyer oder Numider Nordafrika bev�lkerten, ein anderes Volk dort hauste. Berbr�gger, Desor u.A. haben die Existenz von Dolmen in Algerien nachgewiesen, man findet dolmenartige Grabm�ler in Fesan, und dolmenartige H�gel konnte ich wenigstens in Einer Gegend Marokko's constatiren, an einem Bergabhange �stlich von Uesan. Ungef�hr zwei Stunden von der Stadt entfernt, f�hrte uns in Begleitung des Grossscherifs eines Tages eine Jagd dorthin. Leider war es bei der dortigen Furcht, Gr�ber zu verletzen, und sollten sie selbst von Ungl�ubigen herr�hren, vollkommen unm�glich, eine n�here Untersuchung anzustellen, oder gar die Grabh�gel zu �ffnen. Ob nun diese Dolmen auf Kelten, Tamhu oder andere Ureinwohner zur�ckzuf�hren sind, m�ssen sp�tere Zeiten entscheiden; auch Marokko wird den Zeitpunkt erleben, wo es dem europ�ischen Forscher gestattet sein wird, frei und ungehindert seine Studien dort anzustellen. Die Punier legten zahlreiche Colonialst�dte dort an; Hanno selbst gr�ndete bei seiner Umschiffung Hafenpl�tze, von denen uns die Namen erhalten sind. Aus den Schriften von Ptolem�us und Plinius ersehen wir ziemlich genau, wo die einheimischen St�mme--Mauri, Maurenses, Numidae--alles dies ist nur eine verschiedene Benennung f�r dasselbe Volk--ihr Gebiet haben. Von diesen sind als die haupts�chlichsten die Autolalen, die Sirangen, die Mausoler und Mandorer hervorzuheben; alle diese, wie die weiter im Innern wohnenden Gaetuler sind das im Norden von Afrika einheimische Berbervolk[22]. R�mische, vandalische und gothische Ber�hrung mit diesem Volke fand statt, hat aber auf den eigentlichen Bewohner Nordafrika's wenig Einfluss gehabt, da die Vermischung jener mit den Numidern nur ausnahmsweise vor sich ging. [Fu�note 22: Siehe Mannert und das interessante Schriftchen von Kn�tel.] Wichtiger f�r Nordafrika's Bev�lkerung, mithin auch f�r Marokko wurde der Einbruch der Araber. Wir haben eine zweifache Invasion, die eine direct von Osten kommend, die andere weit sp�ter vor sich gehend: die Zur�ckvertreibung der Araber aus Spanien, denn wenn auch nach Spanien gemeinsam Araber und Berber unter Mussa und Tarik gezogen waren, so kamen nur Araber von dort zur�ck. Es versteht sich wohl von selbst, dass damit nicht gemeint ist, die Berber seien in Spanien zur�ckgeblieben. Die Thatsache erkl�rt sich so, dass beide V�lker dort im fremden Lande in einander aufgingen, in Spanien waren sie Angesichts der Christen nur Mohammedaner, und die Gemeinsamkeit der Sitten, und namentlich der Religion f�hrte dort rasch die Berber zur Annahme der arabischen Sprache. Der Spanier kannte denn auch nur los Moros oder los Mahometanos. Die Sesshaftigkeit beider, sowohl der Araber als auch der Berber trug noch mehr zu einer Verschmelzung bei, so dass, als s�mmtliche Mohammedaner aus Spanien vertrieben wurden, Berber und Araber sich selbst nicht mehr unterscheiden konnten; aber die Araber hatten verm�ge ihrer geistigen Ueberlegenheit, verm�ge der Religion, deren Tr�ger sie besonders waren, �usserlich in jeder Beziehung die Berber absorbirt. Nicht so in Marokko selbst. Bis auf den heutigen Tag hat sich dort das Urvolk, die alten Numider, von den Arabern fern und unvermischt erhalten. Allerdings kommen wohl in den St�dten und gr�sseren Ortschaften Heirathen zwischen beiden V�lkern vor, auch giebt wohl der Schich einer grossen Berbertribe dem Sultan oder einem Grossen des Reiches seine Tochter zur Frau, oder sucht sich selbst eine solche unter den T�chtern der Araber, im Ganzen stehen sich aber heute Araber und Berber so fremd gegen�ber, wie zur Zeit der ersten Invasion. Der Unterschied der meisten Reisenden zwischen reinen Arabern und Halbarabern, zwischen Mauren, Mooren etc., ist ein vollkommen willk�rlicher, auf Nichts basirter; ebenso ist der Name Beduine in Marokko vollkommen unbekannt, selbst die in den Hafenst�dten sesshaften Europ�er wenden den Ausdruck nicht an. Die Araber nennen sich in Marokko Arbi, d.h. Araber; wollen sie ihr specielles jetziges Heimathsland damit in Verbindung bringen, so nennen sie sich (in diesem Falle aber ist es einerlei, ob der Redende Araber oder Berber, Jude oder auch Neger ist) "Rharbi" oder "Rharbaui" (der vom Westlande), oder auch "min el bled es Sidi Mohammed" (vom Lande des Herrn Mohammed). Was die Berber anbetrifft, so nennen sie sich "Masigh" oder "Schellah"; das Wort "Berber" ist ihnen aber keineswegs unbekannt, namentlich s�dlich vom Atlas. Aber als ob sie sich des Ursprunges des Wortes bewusst seien, h�ren sie sich nicht gerne so bezeichnen und nennen _sich selbst_ nie so. Was die Juden anbetrifft, so nennen sie sich und werden "Jhudi" genannt. Die Europ�er werden "Rumi" oder "Nssara" und die Schwarzen im Allgemeinen "Gnaui" und ihre Sprache "Gnauya" genannt. Das Spanische der Juden, die verschiedenen Sprachen der Europ�er fasst man im Lande unter dem gemeinsamen Namen "el adjmia" zusammen. Wir haben es also heute nur mit zwei Hauptv�lkern in Marokko zu thun, mit dem urspr�nglich in Nordafrika einheimischen, dem Berbervolke, und mit dem von Asien her eingewanderten, dem Arabervolke. Renou und Jackson, die versucht haben, die verschiedenen St�mme aus Triben aufzuz�hlen, zum Theil sogar versucht haben, ihnen bestimmte Wohnsitze oder Provinzen zuzutheilen, sind indess weit von der Wahrheit entfernt geblieben. Der eine f�hrt einen Stamm als irgendwo sesshaft an, wo er vielleicht seiner Zeit war, aber jetzt nicht mehr ist; der andere f�hrt Berber-Triben als Araber auf. So sagt Renou in seinem "L'Empire de Maroc", p. 393: "Die Berber bestanden urspr�nglich aus f�nf Zweigen: S'enb�dja, Ma'smouda, Haou�ra, Zn�ta und R'm�ra oder R'amra; aber alle diese Abtheilungen, welche den R�mern unbekannt geblieben sind, hatten viele Unterabtheilungen" etc. Renou sch�pft aber nur aus Leo's Berichten. Wenn dann Renou noch auf derselben Seite seines angef�hrten Werkes sagt: "Gegenw�rtig sind die Berber in verschiedene grosse Fractionen getheilt, die keineswegs den urspr�nglichen f�nf Abtheilungen entsprechen. In Marokko sind es die Chevlleuh' und die Amazir' etc.", so kann ich versichern, dass man in Marokko von dieser Abtheilung nichts weiss. F�r Algerien nimmt Renou sodann "die Kbail und im Aures die Ch�ou�a, wovon ein Zweig in der marokkanischen Provinz Temsena existirt", in Anspruch. Aber was bedeutet denn in Algerien der Name Kbail, Kabyl? Weiter nichts als Bergbewohner, und dieselbe Bedeutung hat er in Marokko auch; der Einwohner von Uesan, von Fes nennt die umwohnenden Leute der Gebirge, _einerlei_, ob sie Berber oder Araber sind: Kbail. Selbst wenn man im Stande w�re, heute mit Genauigkeit angeben zu k�nnen, ein gewisser Stamm habe irgend ein Gebiet inne, w�rde das wohl morgen immer noch der Fall sein? Ich selbst konnte in Marokko constatiren, wie ein Stamm den andern verdr�ngt. Unter diesen V�lkern findet heute noch immer eine V�lkerwanderung im Kleinen statt. Ausgebrochene Feindseligkeiten, eingetretene D�rre eines Weideplatzes, Heuschreckennoth, oft auch ganz unbedeutende Gr�nde veranlassen ganze St�mme zum Wandern, um sich beg�nstigtere Gegenden aufzusuchen. Was Zahl und Ausbreitung beider V�lker anbetrifft, so finden wir in Marokko, dass die Berber nicht nur bedeutend zahlreicher, sondern auch �ber einen viel gr�sseren Raum des Landes verbreitet sind. Ganz rein arabisch sind nur die Landschaften Rharb und Beni Hassan s�dlich davon, endlich Andjera und der K�stensaum vom Cap Espartel bis Mogador. Denn selbst die Landschaften Schauya, Dukala und Abda haben theils arabische, theils berberische Triben. Mit Ausnahme der grossen St�dte und Ortschaften, in denen die Araber �berall das �berwiegende Element bilden, kommen sie sodann nur noch sporadisch vor. So findet man einzelne Arabertriben im grossen Atlas, im Nun- und Sus-Gebiete, in der Draa-Oase finden wir zahlreiche _nur_ von Arabern bewohnte Ortschaften (sp�ter gaben mir die Draa-Bewohner an, dass die n�rdliche H�lfte des Draa-Thales, also von Tanzetta bis zum Atlas, _ausschliesslich_ von Arabern bewohnt sei, was ich aber bezweifeln m�chte), ebenso in Tafilet, ausserdem in beiden Oasen den grossen in Palmenh�tten lebenden Araber-Stamm der Beni-Mhammed. In Tuat sind die Araber nur ganz vereinzelt, die grosse Mehrheit der dortigen Bev�lkerung ist berberisch. Man kann also fast behaupten, dass an Land die Berber vier F�nftel besitzen, gegen ein F�nftel, welches auf Araber kommt. Der Zahl der Bewohner nach d�rfte das Verh�ltniss so sein, dass zwei Drittel Berber, ein Drittel Araber sind. Dass die V�lker, welche eine Zeitlang im heutigen Marokko sesshaft gewesen sind, Spuren zur�ckgelassen haben, ist unleugbar. Nur so k�nnen wir zwischen vorwiegend schwarzhaariger und schwarz�ugiger Bev�lkerung uns die hell�ugigen und blondhaarigen Individuen erkl�ren. Indess kommen dergleichen Typen bedeutend seltener bei den Arabern vor, was sich hinwiederum daraus erkl�ren l�sst, dass nach der einmal erfolgten Invasion der Araber, ein Eindringen blonder V�lker in Westafrika nicht mehr stattfand. Es beruht das auf dem Princip der Erblichkeit. So sieht man denn auch h�ufig in Familien, wo Vater und Mutter beide schwarzhaarig und schwarz�ugig sind, hell�ugige und blondhaarige Kinder. Vielleicht war irgend einer der Vorfahren dieser Familie ein Nichtberber oder Nichtaraber derart ausgestattet gewesen, welche Eigenth�mlichkeit dann sp�ter oder fr�her, oft vereinzelt, oft bei allen Nachkommen wieder hervortritt. Bemerkt muss hier werden, dass die sogenannten Kuluglis, Nachkommen der Araber und T�rken, nirgends in Marokko zu finden sind, weil eben die T�rken westlich von Tlemcen oder von der Muluya nie ihre Grenzen ausgedehnt haben. Was die Sprache der Araber in Marokko anbetrifft, so ist bekannt, dass von den vier haupts�chlichsten Dialekten dieser Sprache, hier der maghrebinische gesprochen und geschrieben wird. Vordem ist aber auch, wie aus M�nzen und Inschriften hervorgeht, Kufisch geschrieben worden. Was das heutige Schreiben anbetrifft, so unterscheidet es sich von dem Uebrigen nur darin, dass das Qaf oben statt zweier Punkte einen, dass das Fa statt eines Punktes _oben_, einen solchen _unten_ hat. Was die Aussprache anbetrifft, so zeichnen sich die Araber in Marokko dadurch aus, dass sie fast gar nicht die Vocale aussprechen, oder doch so wenig wie m�glich hervorheben. In der gew�hnlichen Schreibweise der Araber werden die aus Strichen und Punkten bestehenden Vocale weggelassen, und fast k�nnte man sagen, dass der marokkanische Araber diese Regel auch in der Aussprache anwendet, d.h. das Wort so kurz wie m�glich ausspricht; z.B. in der Redensart: "wie heisst Du, asch ismak", sagt der Marokkaner "sch-smk". Nat�rlich wird f�r den Fremden das Erlernen des Sprechens dadurch au�erordentlich erschwert. Ausserdem hat in Marokko der Araber sich zahlreiche berberische und aus romanischen Sprachen herkommende Ausdr�cke zu eigen gemacht, sogar zum Theil auch Constructionen aus diesen Sprachen her�bergenommen, z.B. die romanische Form des Genitivs, welche man in Marokko so h�ufig angewendet findet, um das Genitivverh�ltniss zwischen zwei Substantiven auszudr�cken. Die von den Berbern gesprochene Sprache, "tamasirht" oder "schellah" genannt, ist im Grunde, wie aus Sprachvergleichungen hervorgeht, eine und dieselbe. Es ist eben die, welche die Tuareg temahak im Norden und temaschek im S�den nennen, und der wir in Audjila und noch ferner im �ussersten Osten in der Oase des Jupiter Ammon begegnen. Jackson freilich behauptet, dass die Sprache der Siuaner eine vollkommen verschiedene sei; heutzutage aber wissen wir, dass Marmol vollkommen Recht hat, wenn er sagt, dass das Siuahnisch nur Dialekt der weit verbreiteten Berbersprache ist. Allerdings sind die Unterschiede der verschiedenen Dialekte dieser Sprache �usserst gross, wie das ja auch nicht anders sein kann bei einer Sprache, welche �ber einen Raum verbreitet ist, welcher ungef�hr den vierten Theil von Afrika ausmacht. Dennoch aber sind sie nicht so gross, um nicht leicht eine Verst�ndigung zwischen den verschiedenen, berberisch redenden V�lkern zu erm�glichen. Kommt der Berber, der im fernen Westen am Nun ans�ssig ist, auf seiner Pilgerreise nach Mekka zu demjenigen, der in der Oase Siuah wohnt, so ist nach einer kurzen Uebung zwischen diesen Leuten gleichen Stammes eine Unterhaltung leicht hergestellt, und als vor einigen Jahren mehrere Schichs der Tuareg nach Algier zum Besuche kamen, ward es ihnen keineswegs schwer, sich mit den Berbern des Djurdjura-Gebirges, also mit Leuten, die am Mittelmeere wohnen, zu verst�ndigen. Die Berber in Marokko haben und kennen keine Schriftzeichen wie ihre Br�der, die Tuareg. Die einzigen berberischen Schriftzeichen, die ich in Marokko vorfand, befinden sich in Tuat, und r�hren jedenfalls von Tuareg her, die fr�her vielleicht weiter nach dem Norden hinauf kamen, als dies heute der Fall ist. Ob aber �berhaupt mit berberischen Lettern geschriebene B�cher oder auch nur l�ngere Gedichte und Geschichten unter den Tuareg bestehen, ist trotz der Versicherung der Tuareg sehr zweifelhaft. Einer der intelligentesten Tuareg, Si Otman ben Bikri, hat wiederholentlich sowohl gegen Duveyrier als auch gegen mich dies ge�ussert, er hatte sogar Duveyrier versprochen, ein solches Buch sp�ter nach Algier zu bringen oder doch einzuschicken, aber bis jetzt hat Si Otman sein Versprechen nicht erf�llt, obschon er nach seinem Begegnen mit Henry Duveyrier wiederholentlich in Algier gewesen ist. Das Eigenth�mliche bei den berberischen Buchstaben, sie so schreiben zu k�nnen, dass sie bald nach rechts, bald nach links offen sind, bald diese, bald jene Seite offen haben, dass man von oben nach unten, von rechts nach links, oder von links nach rechts schreiben kann, muss eine so grosse Verwirrung herbeif�hren, dass die Existenz ganzer B�cher in berberischer Schrift kaum glaublich erscheint. Was die Berber am entschiedensten von den Arabern trennt, ist eben die Sprache, denn obschon die Berber nat�rlich viele Worte aus der arabischen Sprache aufgenommen haben, wie die marokkanischen Araber solche dem Berberischen entlehnten, unterscheidet sich im Grunde das Berberische derart vom Arabischen, dass die Sprachforscher, welche sich mit dem Berberischen besch�ftigt haben, und unter diesen vorzugsweise H.A. Hannoteau, nicht wagen, es den semitischen Sprachen beizuz�hlen. Ja, in der j�ngsten Zeit war der franz�sische General Faidherbe, welcher ebenfalls sich viel mit dem Berberischen besch�ftigt hat, geneigt, Berber und ihre Sprache f�r die Arier zu vindiciren. Sp�tere genauere Untersuchungen, namentlich wenn alle verschiedenen Dialekte der Berber bekannt sind, werden hoffentlich zu einem Resultate f�hren, ebenso wird man sodann wohl erfahren, ob im Berberischen W�rter vorhanden sind, welche auf andere �ltere Sprachen zur�ckf�hren. Unterscheiden sich nun Araber und Berber so sehr durch die Sprache, so sind die �brigen Unterschiede �usserst gering. Derselbe K�rperbau auf dem Flachlande wie im Gebirge (wegen der vielen Wanderungen), d.h. schlanker, sehnigter Wuchs mit stark ausgepr�gtem Muskelbau, gebr�untem Teint, kaukasischer Gesichtsbildung, stark gebogener Nase, schwarzen feurigen Augen, schwarzem schlichtem Haare, spitzem Kinne, etwas stark hervortretenden Bakenknochen, sp�rlichem Bartwuchse--alles dies haben Berber und Araber gemein. Allerdings sind im Allgemeinen die Gebirgsbewohner heller, aber das gilt sowohl f�r die berberischen Bewohner des Rif-Gebirges, wie f�r die arabische Bev�lkerung der Gebirge der Andjera-Landschaft. Bei den Frauen beider V�lker muss allerdings auffallen, dass das Weib des Arabers durchschnittlich kleiner sein d�rfte, als das des Berbers. Im Uebrigen sind auch sie nicht �usserlich zu unterscheiden. Man kann von beiden sagen, dass sehr fr�h entwickelt, sie in der Jugend h�bsche volle Formen haben, meist regelm�ssige Gesichtsz�ge besitzen, aber schnell alternd und durch unzul�ngliche Nahrung �usserst mager werdend, sie im Alter wegen ihrer �berfl�ssigen Hautfalten die h�sslichsten Hexen werden. Hervorzuheben ist, dass bei den Berbern die Stellung der Frauen eine bedeutend hervorragendere ist als bei den Arabern. Indess ist das Lied der meisten Reisenden, als sei die Frau bei den Arabern weiter nichts als eine Magd, ein blosses Werkzeug, ein auf oberfl�chlicher Anschauung beruhendes. Bei dem Araber ebensogut wie bei uns schwingt die Frau den Pantoffel. Liegt der Mann die gr�sste Zeit des Jahres auf der B�renhaut, so hat das seinen Grund darin, weil eben f�r ihn keine h�usliche Besch�ftigung vorhanden ist. Oder soll etwa der Mann das Wasser f�r den t�glichen Bedarf holen, soll der Mann den M�hlstein drehen, oder das Korn zu Mehl zerreiben, oder ist es Sache des Mannes das Kind auf dem R�cken zu tragen, oder Reisig zum Feuer zu holen oder Kuskussu zuzubereiten, und die heimkehrenden Heerden zu melken? Sind nicht dergleichen Gesch�fte in der ganzen Welt Sache der Frau. F�r einen europ�ischen Reisenden muss es allerdings hart erscheinen, wenn er den ganzen Tag den Mann ausgestreckt liegen oder am Boden hocken sieht, w�hrend die Frau sich abm�ht, oft stundenweit das Wasser herbeischleppt und dann m�hsam stundenlang den Stein dreht, um Mehl zu gewinnen. Kommt aber die Zeit der Arbeit f�r den Mann heran, dann ist der Berber sowohl wie der Araber bei der Hand: das Feld wird von den M�nnern bestellt, das Einheimsen des Getreides besorgen die M�nner, ebenso die Abwartung der G�rten, wo solche vorhanden sind, das H�ten der Heerde, das Abschlachten des Viehes, kurz alle schwerere Arbeit, wie sie eben auch bei anderen V�lkern von der st�rkeren H�lfte verrichtet wird. Die hervorragende Stellung der Frauen bei den Berbern datirt jedenfalls noch aus den vormohammedanischen Zeiten. Denn Mohammed, obschon ein so grosser Verehrer von Frauen, dass er sich nicht scheute manchmal ins Gehege seines N�chsten einzudringen[23], hat im Ganzen den gl�ubigen Frauen eine etwas stiefm�tterliche Stellung angewiesen. Indess haben die Berberinnen, obschon auch sie Mislemata wurden, ihren Rang beizubehalten gewusst. Bei manchen berberischen Triben offenbart sich dies in der Erbfolge, wo nicht der �lteste Sohn nachfolgt, sondern der Sohn der �ltesten Tochter oder der Schwester. Ja, in einigen St�mmen kann sogar eine Frau herrschen. S�dlich vom eigentlichen Marokko fand ich mitten unter Berbern, dass die Sauya Karsas, eine religi�se Corporation, und eine geistliche Oberbeh�rde f�r den ganzen Gehr-Fluss nicht vom allerdings vorhandenen m�nnlichen Chef Namens Sidi Mohammed ben Aly befehligt wurde, sondern dass factisch seine Frau, eine gewisse Lella-Diehleda, die geistlichen Angelegenheiten besorgte. In allen wichtigen Sachen hat die Berberfrau mitzureden, und mehr wie bei anderen V�lkern f�gen sich die M�nner dem Ausspruche der Frauen. [Fu�note 23: Siehe dar�ber die 33. Sure des Koran, worin Mohammed die Vorw�rfe, die man ihm dar�ber machte, seinen Sklaven Said gezwungen zu haben, ihm seine Frau abzutreten, damit zur�ckwies, dass er f�r sich allein, den anderen Gl�ubigen voraus, g�ttliche Natur, d.h. Unfehlbarkeit beanspruchte.] Die mohammedanische Religion hat aber in jeder Beziehung dazu beigetragen, die Verschiedenartigkeiten der Sitten und Gebr�uche nicht nur zwischen Arabern und Berbern auszugleichen, sondern auch die Eigenth�mlichkeiten der einzelnen St�mme unter sich zu verwischen. Es soll hier nur die Rede sein von den Bewohnern des Landes, welche allein treu und wahr ihre alten Ueberlieferungen beibehalten haben. Die Landbev�lkerung[24] gegen die St�dtebev�lkerung gehalten, ist in Marokko so �berwiegend, dass wenn man von jener spricht, damit der Kern des Volkes bezeichnet wird. [Fu�note 24: Jackson in seinem Account of Marokko kommt freilich zu dem Resultate von 895,600 Einw. f�r die St�dte und von diesen hat er Fes mit 380,000, Marokko mit 27,000 und Mickenes mit 11,000 Einw.] Vor allem muss daher bemerkt werden, dass nur Einweiberei in Marokko herrscht, sowohl bei den Arabern als auch bei den Berbern; die wenigen Ausnahmef�lle, wo ein reicher oder hochgestellter Araber sich einen Harem h�lt, kommen kaum in Betracht, und ein Berber, mag er eine noch so hohe Stellung einnehmen, noch so reich sein, heirathet _nie_ mehr als Eine Frau. Freilich durch die Religion beg�nstigt kommen h�ufig genug Scheidungen vor, was dann oft zu unerquicklichen Verh�ltnissen f�hrt: ein Mann trennt sich nachdem er schon ein Kind mit der Frau gehabt von dieser, heirathet wieder, die Frau auch; sie zeugt mit dem neuen Mann nochmals ein Kind, wird abermals verstossen, heirathet vielleicht zum dritten Male und hat dann manchmal drei Familien Kinder gegeben. Es ist �usserst selten, dass sich ein unverheiratetes M�dchen einem Manne hingiebt, auch Ehebruch kommt fast nie vor. Desto ungebundener leben die Frauen, welche Wittwen sind, diese glauben ihrer Sittlichkeit, namentlich wenn sie merken, dass die Hoffnung auf Wiederverheirathung vorbei ist, "keine Schranken" auferlegen zu m�ssen. Ueberhaupt zeichnen sich M�dchen und Frauen in Marokko durch unanst�ndige Gangart aus. Es scheint sich dies von den Araberfrauen den Berberweibern mitgetheilt zu haben (vielleicht ist es aber auch diesen eigenth�mlich), denn alle semitischen Frauen scheinen an einer unanst�ndigen Allure Gefallen zu haben. Schon Jesaias Cap. 3, 16. wirft den israelitischen Frauen ihren buhlerischen und herausfordernden Gang vor, ebenso Mohammed im Koran Sure 24. den arabischen Frauen. Es ist hier nicht der Ort die Ceremonien einer Verheirathung zu schildern, mehr oder weniger gleichen sich alle bei den Mohammedanern, und oft genug sind sie beschrieben worden. Hervorgehoben soll aber werden, dass in der Regel die Heirath eine zwischen Eltern oder Verwandten f�r die betreffenden Personen abgemachte Sache ist, doch auch h�ufig genug Liebesheirathen vorkommen. Es hat dies seinen Grund darin, weil alle Frauen und jungen M�dchen (ich spreche immer von der Landbev�lkerung) unverschleiert gehen, mithin hat der Freier Gelegenheit seine Zuk�nftige kennen zu lernen. Solche Liebesheirathen gelten meist f�r Lebzeiten, w�hrend die Eheb�ndnisse, welche aus Convention geschlossen sind, gemeiniglich keine Dauer haben. Ein eigentlicher Kauf der Frauen, obschon die meisten Reisenden sich so ausdr�cken, findet nicht statt; der betreffende Br�utigam erlegt nur dem zuk�nftigen Schwiegervater die Geldsumme, welcher dieser f�r die Anschaffung der Kleidungsst�cke und Schmucksachen seiner Tochter n�thig hat, der gew�hnliche Preis hierf�r ist auf 60 franz�sische Thaler normirt. Giebt die Frau Grund zur Scheidung, oder aber beantragt sie die Scheidung, so muss das Geld zur�ckbezahlt werden, verst�sst aber der Mann seine Frau, so bleibt sie Eigenth�merin ihrer Sachen und ihr Vater beh�lt obendrein das Geld. Beschneidung ist durchweg eingef�hrt, doch giebt es einige _Berberst�mme_, welche sie nicht �ben. In Marokko h�lt man die Beschneidung als nicht unbedingt erforderlich f�r den Islam. Die Berberst�mme, welche nicht Beschneidung �ben, leben sowohl im Rif-Gebirge, als auf den Geh�ngen der n�rdlichen Seite des Atlas. Ueberhaupt haben die Berber Eigenth�mlichkeiten bewahrt, die bei den Arabern nicht zu finden sind, so essen _s�mmtliche_ Rif-Bewohner das wilde Schwein trotz des Koran-Verbotes. Alle Berber rechnen nach Sonnenmonaten und haben daf�r die alten von den Christen herr�hrenden Benennungen; ja s�dlich vom Atlas haben auch die dort hausenden Araber diese Zeitrechnung angenommen. Das Leben in der Familie ist ein patriarchalisches und man h�lt ausserordentliche St�cke auf Verwandtschaft und Sippe; eigenth�mliche Familien-Namen nach unserem modernen Sinne haben weder Araber noch Berber, Familien-Namen werden nur von der ganzen Sippschaft oder dem Stamme gef�hrt, z.B. die grosse Familie der Beni Hassan in Marokko, die von einem gewissen Hassan abstammen. Oder bei den Berbern die zu einem grossen Stamme herangewachsene Familie der Beni Mtir[25], welche von einem gewissen Mtir abstammen. In diesen St�mmen setzt dann Jeder den Namen seines Vaters, manchmal auch den seines Grossvaters und Urgrossvaters hinzu (�usserst selten den der Mutter), z.B. Mohammed ben Abdallah ben Yussuf, d.h. Mohammed Sohn Abdallah's, Sohn Yussuf's. Will er aber noch n�her sich bezeichnen, so sagt er z.B. "von den uled Hassan". Letzteres ist gewissermassen der Familien- oder Zunamen. Bei den Arabern haben wir fast nur biblische und koranische Namen, sowohl bei den M�nnern als Frauen. Die beliebtesten in Marokko sind Mohammed (mit den verschiedenen Variationen), Abdallah, Mussa, Isssa [Issa] oder A�ssa, Edris, Said, Bu-Bekr und Ssalem. Die Frauen findet man fast unab�nderlich Fathma, Aischa oder Mariam benannt. Die Berber haben sich auch hierin apart gehalten und fahren fort heidnische oder berberische Namen zu f�hren, z.B. Humo, Buko, Rocho, Atta etc.[26], obschon nat�rlich arabische Namen vorwalten. [Fu�note 25: Was "Uled und Beni", d.h. S�hne, Abk�mmlinge bei den Arabern bedeutet, dr�cken sonst in der Regel die Berber durch das Wort "ait" aus.] [Fu�note 26: Berberische Frauennamen liegen mir gerade nicht vor.] Eine eigentliche Erziehung wird den Kindern nicht gegeben, die ganz jungen Kinder bleiben circa zwei Jahre auf dem R�cken ihrer M�tter, welche dieselben wenigstens zwei Jahre stillen. Allerdings hat jeder Tschar (Dorf aus H�usern), jeder Duar (Dorf aus Zelten), jeder Ksor (Dorf einer Oase) seinen Thaleb oder gar Faki, der die Schule leitet, aber die Meisten bringen es kaum dazu die zum Beten nothwendigen Korancapitel auswendig zu lernen, geschweige dass sie sich ans Lesen und Schreiben wagten. Aber jeder Marokkaner weiss doch das erste Capitel des Koran auswendig, wenn auch die meisten besonders unter den Berbern den Sinn der Verse nicht kennen. Beim Heranwachsen stehen die T�chter den M�ttern in der h�uslichen Besch�ftigung bei, w�hrend die m�nnliche Jugend zuerst zum H�ten des Viehes verwandt wird, in der Pflanzzeit den Acker mit bestellen helfen muss, und schliesslich nach einer kurzen Arbeitszeit im Jahre, die liebe lange Zeit mit Nichtsthun hinbringt. Obschon �berall Taback und Haschisch in Gebrauch und namentlich letzterer ganz allgemein ist, kann man kaum sagen, dass der Marokkaner einen unm�ssigen Gebrauch davon macht. Der Taback wird auf alle drei Arten genommen, man findet St�mme, wo geraucht wird, andere welche kauen, und das Schnupfen ist ganz allgemein, namentlich machen die Gelehrten Gebrauch davon. Haschisch wird in Marokko entweder geraucht oder pulverisirt mit Wasser hinuntergeschluckt. Der Gebrauch des Opium ist mit Ausnahme der St�dte, und der Oase Tuat, nicht eingeb�rgert. Desto allgemeiner ist in der Weinlesezeit und kurz nachher der Genuss des Weines. Marokko ist ein an Weinreben ungemein reiches Land, namentlich producirt der kleine Atlas, die Provinz Andjera, die Gegenden von Uesan, Fes und Mikenes derart viele und gute Weintrauben, dass die Leute von selbst darauf fallen mussten Wein zu bereiten. In allen diesen Gegenden sind denn auch viele Leute Weintrinker, ohne Unterschied ob sie Araber oder Berber sind. Aber unm�ssig wie Araber und Berber immer beim Essen und Trinken sind, sobald dies in H�lle und F�lle vorhanden ist, haben sie ihre Weintrinkezeit nur f�r einige Wochen. Der schlecht zubereitete Wein, man gewinnt ihn mittelst Kochen, w�rde sich auch wohl nicht lange halten. Die Marokkaner thun ihn in gr�ssere oder kleinere irdene Gef�sse, manchmal antik wie eine Amphore geformt, die enge Oeffnung wird mit Thon zugeklebt. Reiche Leute und Sch�rfa[27], welche ihn l�ngere Zeit bewahren wollen, giessen oben auf den Wein eine Schicht Oel und sodann wird die Krug�ffnung mit Thon verkittet. Von Geschmack ist der Wein nicht �bel, das Aussehen desselben aber meist tr�be. Es ist gef�hrlich zur Zeit der Lese durch jene Gegenden zu reisen, weil ein grosser Theil der Bev�lkerung dann stets betrunken ist, und da, je roher ein Mensch ist, die Intoxications�usserungen des Rausches auch um so unmanierlicher sind und oft viehisch ausarten, so vermeidet derjenige, der die Gegenden nicht unumg�nglich besuchen _muss_, dieselben. [Fu�note 27: Die Sch�rfa, d.h. die Nachkommen Mohammeds sind die haupts�chlichsten Weintrinker.] Ueberhaupt zeichnet sich das ganze marokkanische Volk durch eine gewisse Rohheit und durch wenig edle Gef�hle und wenig sanfte Neigung aus. Bei den Berbern namentlich am Nord-Abhange des Atlas streift die Rohheit sogar an's Thierische. Ich wusste nicht, wof�r ich es halten sollte, ob f�r kindliche Unschuld, mit der junge und erwachsene M�dchen den Spielen vollkommen nackter J�nglinge zusahen, oder ob es ein rohes Interesse war. Der entsetzlich verdummende Einfluss der mohammedanischen Religion, der Fanatismus, die _eitle Anmassung nur den eigenen Glauben f�r den richtigen_ zu halten, schliessen aber auch jede Besserung aus. Wie unmanierlich ist die Art und Weise zu essen! So wie man zur Zeit Abrahams ass, so wie die Juden in Pal�stina, aus Einer Sch�ssel am Boden hockend, assen, so isst noch heute der Marokkaner. Morgens nach Sonnenaufgang wird nur saure Milch mit hineingebrocktem Brode, oder eine m�ssige Suppe genommen. Die zweite Mahlzeit ist gegen Mittag: Br�de d.h. eine Art von Mehlkuchen, welche auf eisernen Platten oder erhitzten Steinen gebacken sind, heisse Butter (in diese tippt man die Brodst�cken und verf�hrt recht haush�lterisch; nur die Reichen geben harte Butter) bilden dies zweite Mahl, zu dem auch wohl noch Datteln, oder im Sommer andere Fr�chte, wie die Jahreszeit und die Gegend sie bietet, gegeben werden. Abends nach Sonnenuntergang ist die Hauptmahlzeit, welche aus Kuskussu besteht. Aber Tag f�r Tag, Jahr aus Jahr ein, kommt dies Gericht auf die Erde (auf den Tisch kann ich nicht sagen, da der Marokkaner ein solches M�bel nicht kennt) und mittelst der Hand, die Marokkaner kennen noch nicht den Gebrauch der Messer und Gabeln, wird das Gericht rasch in den Magen bef�rdert. Auch der Gebrauch der L�ffel ist nicht �berall eingeb�rgert. Am atlantischen Ocean vom Cap Spartel s�dlich bis nach der M�ndung des Sus, vielleicht noch weiter s�dlich, bedienen sich s�mmtliche Leute statt eines L�ffels einer austerartigen Muschel, wie sie der Ocean dort an den Strand wirft. Die M�nner essen getrennt von den Frauen, diese essen mit den Kindern des Hauses. Selbst bei den Berbern hat der Islam dies durchzusetzen gewusst. Oder sollten auch die Berber schon _vor_ der Einf�hrung des Islam ohne ihre Frauen ihre Mahlzeiten eingenommen haben? Fleisch wird von den Bewohnern auf dem Lande nur bei Gelegenheit eines Festes gegessen und auch dann nur in geringer Quantit�t. Wenn nicht manchmal ein St�ck Wild erlegt wird, bekommt manche arme Familie oft jahrelang kein Fleisch zu sehen, und wenn nicht der Genuss von Eiern, von Butter und Milch die animalische Kost ersetzte, k�nnte man mit Recht sagen, die Marokkaner sind der Mehrzahl nach Vegetarianer. Der in den marokkanischen St�dten so sehr beliebte Thee wird auf dem Lande nur noch bei vereinzelten Vornehmen und Reichen gefunden; das allgemeine Getr�nk ist Wasser. Nirgends kennt man in Marokko die Bereitung von Busa oder Lakby, d.h. ersteres ein gegohrenes Getr�nk aus Getreide, letzteres der den Palmen abgezapfte Saft. Es w�rde den Marokkanern ein grosses Verbrechen sein, eine Dattelpalme derart f�r das Tragen der Fr�chte unbrauchbar zu machen oder gar zu t�dten. Ebenso ist in den marokkanischen Oasen, sowohl in den grossen wie in den kleinen, der Lackby vollkommen unbekannt, und dennoch giebt es in der ganzen Sahara keine Oasen, die sich an Palmenreichthum, und auch was die G�te der Palmen anbetrifft, mit den marokkanischen Oasen messen k�nnen. Der Gebrauch die Palmen anzuzapfen beginnt erst in den s�dlich von Tunesien gelegenen Oasen. Indessen m�ssen wir doch auch einer guten Eigenschaft der Marokkaner gedenken, der Gastfreundschaft, welche ohne Prunk, ohne Ceremonie als etwas Selbstverst�ndliches in Marokko �berall ge�bt wird. In den meisten Duar, in fast allen Tschar's giebt es eigene H�user oder Zelte, Dar und Gitun el Diaf genannt, welche f�r die Reisenden bestimmt sind. Der Fremde hat dagegen keinerlei Verpflichtung. Kommt er zu einem Duar und hat sich gl�cklich durch die kl�ffenden und bissigen Hunde hindurchgearbeitet, so weisen ihm die Leute nach dem Gastzelte. Man bringt Fr�chte, wenn sie die Jahreszeit und Gegend bietet, sonst Brod oder Datteln, und wenn Abends die Zeit des Hauptmahls ist, werden die Fremden _zuerst_ bedient. In einigen Gegenden besteht die Sitte, dass die einzelnen Familien tageweise der Reihe nach die Fremden zu verpflegen haben, in anderen kommen Abends die Familienv�ter mit vollen Sch�sseln in das Fremdenzelt und das Mahl wird gemeinschaftlich verzehrt. In anderen Gegenden existirt ein Gemeindefond zur Speisung der Fremden, oder eine Sauya, d.h. eine religi�se Genossenschaft besorgt dies Gesch�ft. Nie wird daf�r irgend eine Verg�tung vom Fremdling beansprucht. Im Gegentheil, wird man nicht ordentlich verpflegt, so hat man das Recht Beschwerde zu f�hren. Nat�rlich wird man bei dieser Gelegenheit von Allen �ber Alles ausgefragt, denn Zur�ckhaltung und Schweigsamkeit kennt in dieser Beziehung der Marokkaner nicht. Die grosse Gastfreundschaft erkl�rt sich nun zum Theil dadurch, dass sie auf Gegenseitigkeit beruht: der, welcher heute Gastgeber ist, beansprucht vielleicht am n�chsten Tage von einem Anderen freie Bewirthung. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass die arabischen St�mme bedeutend liberaler sind, als die berberischen. Barth und von Maltzan haben ausgesprochen, dass in Nordafrika je weiter nach dem _Westen_, desto kriegerischer und muthiger die Bewohner seien und dass man in Marokko den gr�ssten Sinn der Unabh�ngigkeit tr�fe. Es scheint mir dies nur in sofern richtig zu sein, als man die Eigenschaft der Freiheitsliebe, den kriegerischen Sinn st�rker bei den Gebirgsv�lkern ausgepr�gt findet. Die Bewohner der Cyrenaica sind heute noch ebenso freiheitsdurstig und unabh�ngig wie die Rif-Bewohner in Marokko, bis jetzt sind sie von den T�rken noch nicht vollkommen unterworfen. Die Bewohner des Gorian-Grebirges in Tripolitanien sind bedeutend kriegerischer, als die _westlich_ davon wohnenden St�mme. Das Djurdjura-Gebirge oder die grosse Kabylie wurde zu _allerletzt_ von den Franzosen unterworfen, nachdem schon jahrelang der ganze _Westen_ von Algerien, d.h. die Provinz Oran unterworfen war. Endlich sind die im �ussersten Westen von Marokko wohnenden St�mme, die der Schauya, Abda und Dukala die geknechtetsten von allen, und seit Jahren wissen sie nicht mehr was Freiheit und Unabh�ngigkeit ist. Die Bev�lkerung von Marokko hat keinen eigentlichen Adel in unserem Sinn. Die vornehmste Classe sind die Sch�rfa, d.h. Abk�mmlinge Mohammeds, selbstverst�ndlich sind diese arabischen Stammes. Da sie sich unglaublich vermehrt haben, giebt es ganze Ortschaften, die fast nur aus Sch�rfa bestehen; man erkennt sie daran, dass sie vor dem Namen das Pr�dicat "Sidi" oder "Mulei", d.h. "mein Herr" f�hren. Die gegenw�rtige Dynastie von Marokko besteht aus Sch�rfa. Das Sherifthum ist _nicht_ erblich durch die Frau heirathet z.B. ein gew�hnlicher Marokkaner eine Sherifa, so sind die Kinder keine Sch�rfa. Aber ein Sherif kann eine Frau aus jedem Stande nehmen und die aus der Ehe entspringenden Kinder werden alle Sch�rfa. Sogar eines Sherifs Heirath mit einer Christin oder J�din, (die in ihrer Religion verbleiben k�nnen) oder mit einer Negerin (eine solche muss aber den Islam angenommen haben) hat auf das Sherifthum der Kinder keinen vernichtenden Einfluss, ebenso sind die im Concubinate erzeugten Kinder vollkommen gleichberechtigt mit den in g�ltiger Ehe erzeugten. Die Sch�rfa werden �berall in Marokko als eine besonders bevorzugte Menschenclasse angesehen. Sie haben das Recht, andere Leute zu insultiren, ohne dass man mit gleichen Waffen antworten darf. Der Mohammedaner schimpft _dann_ am st�rksten, wenn er Beleidigungen auf die Vorfahren oder Eltern des zu Beschimpfenden h�uft. Der Sherif darf zu einem Nicht-Sherif sagen "Allah rhinal buk" odes [oder] "Allah rhinal djeddek", "Gott verfluche deinen Vater", "Gott verfluche deinen Grossvater". Der Nicht-Sherif darf dies nicht erwidern, denn den Vorfahr oder Vater eines Nachkommen des Propheten beleidigen, w�re ein Verbrechen gegen die Religion. Er hat aber das Recht, die Person des Sherif selbst zu schimpfen, und gegen ein "Allah rhinalek" "Gott verfluche Dich" kann in einem solchen Falle als Entgegnung, der Sherif nicht klagen. Ich habe selbst oft Gelegenheit gehabt, so zu antworten; wenn in Uesan die jungen Sch�rfa sich darin gefielen, meinen Grossvater und Vater zu verfluchen und zu verbrennen, verbrannte und verfluchte ich sie selbst in meiner Antwort: "Allah iharkikum"--"Allah rhinalkum"[28], dagegen konnten sie nichts machen. Entschieden aber glaubten sie stets einen Sieg �ber mich davongetragen zu haben, da ich ihren Eltern und Vorfahren nichts nachsagen durfte. [Fu�note 28: Gott soll euch verbrennen, Gott verfluche euch!] Die sogenannten Marabutin, heilige Personen oder Nachkommen solcher Heiligen, stehen in Marokko in bedeutend geringerem Ansehen, sie werden zu sehr von den Sch�rfa verdunkelt. Selbst Chefs grosser St�mme, in deren Familien seit langer Zeit Kaid oder Schichthum nebst Reichth�mern und Macht erblich sind, verschwinden an der Seite der Sch�rfa. Ueber die geistige Begabung der Marokkaner l�sst sich wenig sagen. Hervorragende M�nner hat die Neuzeit nicht hervorgebracht, und bei der Verdummung, welche die Religion herbeigef�hrt hat und worin das Volk zu erhalten, der Sultan und die Grossen ihr Interesse sahen, wird hierin auch aus ihnen selbst heraus keine Abh�lfe kommen. Kunst und Handwerke findet man nur noch in den St�dten und auch da k�mmerlich genug. Edlerer Regungen ist der Marokkaner kaum f�hig; das Gute zu lieben und zu thun blos um des Guten willen, das kennt man fast bei diesen Leuten nicht. H�chstens schwingt sich der Marokkaner auf den Standpunkt, deshalb gut zu handeln, weil es die Religion vorschreibt, weil er sonst der zuk�nftigen Freuden des Paradieses verlustig ginge, oder sich wohl gar die Strafen der H�lle zuziehen k�nne. Indess ist die Unmoralit�t beim Volke lange nicht so schlimm wie in den St�dten. Ausschweifungen, eheliche Ueberschreitungen oder andere Laster h�rt man im Volke fast nie vorkommen. Diebstahl, Lug und Betrug kommen zwar oft genug vor, namentlich einer Tribe gegen die andere, indess wird dies kaum als s�ndhaft betrachtet. L�gen ist �berhaupt den Arabern und Berbern so eigen, dass es wohl kaum ein Individuum giebt, das die Wahrheit spricht. Und professionsm�ssige L�ge hat wohl immer Betrug und Diebstahl im Gefolge. Das Faustrecht, der Raub und Mord sind in all den Theilen des Landes, die nicht von der Armee des Sultans erreicht werden k�nnen, an der Tagesordnung, und Niemand findet auch etwas Ausserordentliches darin. Dass der Gastfreund den Marokkanern eine geheiligte Person sei, ist eine Farce, in vielen Gegenden respectiren die Bewohner nicht einmal die Sch�rfa. Soll ich einen Vergleich wagen zwischen Berbern und Arabern, so m�chte ich sagen, die Zukunft geh�rt den ersteren. Bis jetzt haben die Araber der Neuzeit sich der Civilisation am wenigsten geneigt gezeigt, sie sind die echten R�mlinge des Islams und mit Stolz bekennen sie sich als die Tr�ger und St�tzen dieser fanatischen Religion. Der Berber ist in dieser Beziehung bescheidener, er h�ngt weniger an Religion, und die Leute lassen sich weniger von der Religion beherrschen. In Algerien haben denn auch die Franzosen schon die Erfahrung gemacht, dass die Berber weit empf�nglicher f�r Civilisation sind, _als die nur f�r und durch ihre Religion lebenden Araber_. Was die Juden in Marokko anbetrifft, so habe ich an anderen Orten Gelegenheit, von ihrer miserabelen Stellung gegen�ber den Mohammedanern zu sprechen. Zum Theil sind sie direct aus Pal�stina hergewandert, zum Theil aus Europa zur�ck vertrieben. Ich glaube nicht, wie einige Schriftsteller annehmen, dass von den jetzt noch im grossen Atlas und in den Oasen der grossen W�ste existirenden Judengemeinden, diese Abk�mmlinge[29] der Ureinwohner Nordafrikas also Berber ihrer Herkunft nach sind. Wenn man auch annimmt, dass Berber vor der arabischen Invasion zum Theil das Christenthum, zum Theil das Judenthum angenommen hatten, so mussten h�chst wahrscheinlich Christen und Juden den Islam annehmen. Man behauptet, diese eben erw�hnten Juden haben gleiches Aeussere, gleiche Sitten und Gebr�uche mit den Berbern. Es ist das ein Irrthum. Ich habe j�dische Gemeinden des grossen Atlas und fast s�mmtliche j�dische Ortschaften der Draa- und Tafilet-Oasen besucht, aber immer gefunden, dass sie sich auszeichneten von der sie umgebenden mohammedanisch-berberischen Bev�lkerung, sowohl in der Sprache, als auch durch anderen K�rperbau, andere Gesichtsbildung und Sitten. Im Allgemeinen sind die Juden sch�ner und kr�ftiger als die Araber, aber der entsetzliche Schmutz, den sie zur Schau tragen, die nachl�ssige und �rmliche Kleidung, der sie sich bedienen m�ssen, entstellt sie mehr als es unter anderen Umst�nden der Fall sein w�rde. Die J�dinnen namentlich zeichnen sich durch Sch�nheit der K�rperformen und reizende Gesichtsz�ge aus, m�ssen daf�r aber auch oft genug, sind sie in der N�he eines Grossen und Vornehmen, in dessen Harem wandern. [Fu�note 29: Die Angaben von Richardson und Davidson �ber die frei im Atlas lebenden Juden, die berechtigt seien Waffen zu tragen, beruhen auf tr�gerischer Information. Aus _eigener_ Anschauung weiss ich, dass die Juden im Atlas und in den grossen Oasen der Sahara ebenso miserabel leben, wie nur in Fes oder irgend einer anderen Stadt des Landes.] Die direct von Pal�stina hergekommenen Juden finden sich auf dem Atlas und in der Sahara, auch in den St�dten Uesan, Fes, Tesa, Udjda giebt es deren. Sie reden kein Spanisch, sondern nur Arabisch und in rein berberischen Gegenden Schellah oder Tamasirht. Aber eigenth�mlich! Der Jude scheint nirgends die Landessprache erlernen zu k�nnen. Wir wissen alle, dass der echte Jude in Deutschland gleich an seiner lispelnden Sprache zu erkennen ist, ebenso die Juden aller �brigen europ�ischen L�nder, die stets die Sprache des Landes anders sprechen als die christlichen Bewohner. So auch in Nordafrika. Selbst wenn nicht durch Tracht und Physiognomie verschieden von dem Araber, w�rde man unter Hunderten den Juden gleich an der Sprache herauskennen. Nichts l�cherlicher als einen Juden arabisch schmunzeln zu h�ren, und die unter den Berbern ans�ssigen Israeliten, die berberisch sprechen, schmunzeln das Tamasirht, wie der Jude �berhaupt in allen Sprachen schmunzelt. Man wird wohl kaum �bertreiben, wenn man die Zahl der in Marokko lebenden Juden auf circa 200,000 Seelen angiebt. Der gr�sste Zuschub von Aussen trat 1492 bei der Vertreibung aus Spanien ein, dazu kamen 1496 die aus Portugal vertriebenen Juden. Aber fr�her schon hatten andere europ�ische L�nder ihr Contingent gestellt, 1342 fand in Italien eine Judenvertreibung, 1350 in den Niederlanden und 1403 in England und Frankreich statt[30]. Alle diese ungl�cklichen Israeliten fanden in Nordafrika und vorzugsweise in Marokko eine Zuflucht. Und wie ungl�cklich und gedr�ckt ihre Stellung auch dort ist, bis auf den heutigen Tag haben sie ausgehalten und sich vermehrt. [Fu�note 30: Don Serafin Calderon, Cuadro geografico de Marrueccos, Madrid 1844.] Auch die schwarze Race ist in Marokko vertreten und zwar sind es vorzugsweise Haussa-, Sonrhai- und Bambara-Neger, die man antrifft. Sie haben dazu beigetragen, das arabische Element kr�ftig zu durchsetzen, obschon auf dem Lande die Mischung mit den Schwarzen seltener ist als in den St�dten. Es ist weniger im arabischen _Volke_ Sitte eine Negerin zu nehmen, als bei den _Grossen_. Die ganze Familie des Sultans, alle ersten Familien der Sch�rfa haben heute eben so viel Negerblut in ihren Adern als rein arabisches. Die Berber mischen sich nie mit den Schwarzen, sie w�rden glauben sich dadurch zu degradiren. Als Sklaven werden die Schwarzen in Marokko gut behandelt und fast immer nach k�rzerer oder l�ngerer Zeit in Freiheit gesetzt. Die Zahl der Schwarzen in Marokko, welche stets durch neue Zufuhren aus Centralafrika erneuert wird, d�rfte sich auf circa 50,000 beziffern. Die in Marokko sich aufhaltenden Renegaten verdienen kaum einer Erw�hnung. Es ist meist der Abschaum der menschlichen Gesellschaft, Galeerenstr�flinge, die aus den spanischen Praesidos von Ceuta, Melilla, Alhucanas und Pe�on de la Gomera entflohen sind. Und die Aussicht auf Begnadigung ist ihnen dadurch, dass sie die mohammedanische Religion angenommen haben, vollkommen abgeschnitten, sie w�rde auch nutzlos f�r sie sein, da sie im Falle einer Begnadigung, _dem R�cherarm der allliebenden katholischen Kirche anheimfallen w�rden_. Die katholische alleinseligmachende Religion in Spanien und die mohammedanische alleinseligmachende Religion in Marokko stehen sich noch ebenso feindlich gegen einander, wie zur Zeit Ferdinand des Katholischen. Es m�gen einige Hundert Renegaten in Marokko sein, fast alle Spanier, mit Ausnahme von drei oder vier Franzosen; alle sind verheirathet, die meisten sind Soldaten und alle leben in einer sehr verachteten Stellung. Selbst die Kinder und Nachkommen solcher Oeludj[31] haben noch zu leiden von der tiefverachteten Stellung, die ihre Eltern einnahmen. [Fu�note 31: Oeludj pl. von Oeldj heisst man in Marokko den ehemaligen christlichen Sklaven und ebenso auch die Renegaten.] Europ�er, oder wie die Marokkaner sie nennen: Christen, trifft man nur in den H�fen. Im Ganzen betr�gt ihre Zahl jetzt wohl 2000; sie zeigt also eine grosse Zunahme gegen fr�her. Tanger und Mogador haben das gr�sste Contingent aufzuweisen. In den �brigen K�stenst�dten, wie Tetuan, L'Araisch, Rbat, Darbeida, Dar-Djedida und Saffi findet man nur einzelne Familien. Die H�fen von Sla, Asamor und Agadir haben _keine europ�ische Bev�lkerung_. Ueber Zu- oder Abnahme der Bev�lkerung in Marokko liegen nat�rlich keine Angaben vor. Was die St�dte anbetrifft, so hat in der neuesten Zeit Fes durch Cholera bedeutend an der Einwohnerzahl verloren. Dass die Stadt Marokko ehedem viel bedeutender bev�lkert war als jetzt, dass ein Gleiches in Mikenes, Luxor (Alcassar) und Tarudant der Fall gewesen ist, habe ich selbst beobachten k�nnen. Die grossen G�rten innerhalb der Stadtmauern, die vielen leerstehenden H�user, meistens schon Ruinen, endlich die grosse Anzahl unbenutzter Moscheen, zu gross f�r die jetzige Population, deuten darauf hin, dass die Bev�lkerung dieser St�dte bedeutend abgenommen hat. Zunahme sehen wir nur in den Hafenst�dten, namentlich in denen, welche haupts�chlich den Handel mit dem Auslande vermitteln; aber auch hier ist die Zunahme mehr unter der fremden, europ�ischen Bev�lkerung zu bemerken, als unter den Eingeborenen. Viele Hafenst�dte, welche ehemals bewohnt waren, sind in der Neuzeit sogar g�nzlich entv�lkert und verlassen worden. Ebenso kann auf dem Lande von einer merklichen Zunahme der Einwohner nicht die Rede sein; es kann sein, dass einzelne Triben sich vermehren, durch locale Einfl�sse beg�nstigt, w�hrend aber andere daf�r sich vermindern oder ganz aussterben. Constante Zunahme der Bev�lkerung und fast m�chte ich sagen Ueberv�lkerung findet man nur in den Sahara-Oasen, namentlich im Draa und Tafilet. Es scheint, dass diese gesegneten Inseln, wie sie Treibh�user f�r Pflanzen sind, auch ebenso g�nstig auf die Menschen einwirken. Dazu kommt, dass in den grossen Oasen eine verh�ltnissm�ssig grosse Sicherheit des Lebens und Eigenthums ist, dass Kriege und Raubz�ge dort seltener sind, und Beraubungen und Vexationen durch die marokkanische Regierung dort nicht vorkommen. Hauptgr�nde aber der Abnahme der Bev�lkerung Marokko's (h�chstens kann man sagen, dass diese bleibt wie sie ist) sind vor allem mangelhafte Nahrung. Die Faulheit und Sorglosigkeit der Bewohner ist derart; dass trotz des reichen und jungfr�ulichen Bodens oft Missernten erzielt werden. Nicht zur rechten Zeit eingetretener Regen, Hagelwetter oder Heuschrecken f�hren h�ufig Hungersnoth herbei. Vorr�the anlegen kennt der Marokkaner nicht. Aber selbst bei reichlichen Ernten, in Jahren, wo Marokko Getreide ausf�hren kann, ist die Nahrung wegen der Einf�rmigkeit keine die Gesundheit f�rdernde. Wie schon angef�hrt worden ist, kommt beim Landbewohner das ganze Jahr keine Fleischkost vor. Unm�ssigkeit, wenn Nahrung reichlich vorhanden ist, hat dann Krankheit im Gefolge. Das weibliche Geschlecht entkr�ftet sich durch zu langes S�ugen der Kinder. Fortw�hrende Kriege und Raubz�ge fordern Opfer unter den kr�ftigsten M�nnern. Die willk�rliche Regierung, die dem Volke den letzten Blutstropfen aussaugende mohammedanische _Geistlichkeit_, endlich die grassirenden Krankheiten, alles dieses sind Ursachen, welche auf die Entwickelung des marokkanischen Volkes hemmend und hindernd einwirken. * * * * * 4. Die Religion * * * * * Will man die Religion eines Volkes richtig beurtheilen und richtig erfassen, so muss man sich ausserhalb einer jeden Religion stellen; ein Christ wird �ber jede andere Religion immer, fasst er dieselbe von seinem _christlichen_ Standpunkte auf, ein falsches Urtheil voller Vorurtheile abgeben; eben so wenig gen�gt es, die Religion, �ber welche ein Urtheil abgegeben werden soll, zur eigenen zu machen (obschon, um in das Wesen derselben einzudringen, dies vollkommen nothwendig ist), sondern muss nachdem das geschehen, wieder heraustreten, um f�r die Kritik ohne Fessel dazustehen. In allen L�ndern ist die Religion der Grund des moralischen Volkszustandes, und derjenige, welcher L�nder durchforscht und in das Leben des Volkes der L�nder eindringen will, muss daher vor allem sich angelegen sein lassen, die Religion des Landes einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen. Von den drei f�r semitische V�lker gemachten Religionen hat keine so gewirkt, das freie Denken, die _bewusste_ Vernunft einzuschr�nken, wie der Islam. Und rechnen wir die Inquisitionszeiten, die Verbrennungen der Hexenprocesse ab, hat keine der semitischen Religionen so viele Menschenopfer gekostet, als die mohammedanische. Auch ihr ist ureigen, unter der Firma der N�chstenliebe, unter der Maske religi�ser Heuchelei jede Freiheit des Gedankens als S�nde hinzustellen; ihr ist ureigen, nur die _eigene Anschauung_ des Propheten oder Macher der Religion als allein wahr hinzustellen und den _Glauben_ zum unumst�sslichen _Gesetz_ erhoben zu haben. Der Grund der mohammedanischen Religion liegt in dem Satze: "Es giebt nur Einen Gott und Mohammed ist sein Gesandter." Wir sehen hier ausdr�cklich, dass, wie in den anderen beiden semitischen Religionen, die Einheit Gottes vor allen Dingen betont wird, aber ohne den Glauben, dass Mohammed "Gesandter"[32] Gottes ist, gilt die ganze Lehre nichts. [Fu�note 32: Gesandter ist wohl zu unterscheiden von Prophet, deren die Mohammedaner viele anerkennen, ein Prophet aber wie Moses oder Jesus bekommt nie den Beinamen "Gesandter".] Mohammed, von einem als Beduinen gekleideten Engel gefragt: "worin besteht das Wesen des Islam?"--antwortete: "zu bezeugen, es giebt nur einen Gott und ich bin sein Gesandter; die Stunden des Gebets innehalten, Almosen geben, den Monat Ramadhan beobachten, und wenn man es kann, nach Mekka pilgern."--"Das ist es," erwiederte der Engel Gabriel, indem er sich zu erkennen gab. Mit der christlichen Religion hat die mohammedanische das gemein, dass sie die _unbedingteste_ Herrschaft �ber alle Menschen anstrebt, wenn aber jene Herrschaft der christlichen Kirche erst im Mittelalter verloren ging durch die Reformation oder Revolution eines Luther[33], so sehen wir in der mohammedanischen Kirche schon 755 ein Schisma. Es bildet sich nach der Verlegung des Kalifats von Damaskus nach Bagdad ein eigenes vollkommen unabh�ngiges _westliches_ Kalifat, welches im Anfange in Cordova seinen Sitz hatte. Ausser den vielen anderen Religionssecten und Parteien, welche dann den Islam spalteten, wir erw�hnen nur der Kharegisten, der Kadarienser, der Asarakiten, der Safriensen, sind in der _rechtgl�ubigen_ mohammedanischen Welt heute diese beiden Kalifate noch zu erkennen. [Fu�note 33: Die krankhafte Anstrengung des Papstthums, diese Herrschaft bei den Katholiken jetzt wieder herzustellen, darf, wenigstens was die germanischen V�lker anbetrifft, als verfehlt und zu sp�t angesehen werden.] Der Sultan der T�rkei erkennt sich als den rechtm�ssigen Nachfolger des Kalifats von Bagdad und Damaskus, und da dies Kalifat �berhaupt nie als gleichberechtigt bestehend das westliche Kalifat von Spanien und den Maghreb anerkannt hat, so glaubt er der Alleinherrscher aller Mohammedaner zu sein. Es versteht sich von selbst, dass eben so wenig wie Protestanten, Griechen und andere christliche Bekenner von Rom f�r _rechtm�ssige_ Christen gehalten werden, auch die �brigen Bekenner des Islam, die Schiiten, Aliden, Choms, f�r rechtgl�ubige Mohammedaner angesehen werden. Der Sultan von Marokko als Nachfolger des Kalifats von Cordova erkennt aber keineswegs die Oberherrschaft des Sultans der T�rkei an, und eben so wie die Kalifen von Spanien ihre Unabh�ngigkeit von den Abassiden aufrecht zu erhalten wussten, hat _nie_ irgend ein marokkanischer Herrscher des Sultans der T�rkei Oberherrlichkeit anerkannt. Im Gegentheil, die jetzige Dynastie der Kaiser von Marokko, die sogenannte _zweite_ Dynastie der Sch�rfa, proclamirt laut und feierlich, dass sie die allein rechtm�ssigen Herrscher _aller_ Gl�ubigen seien, eben weil sie Abk�mmlinge Mohammeds sind. Der Sultan von Marokko betrachtet den Sultan von Constantinopel als einen Usurpator, der nicht einmal arabisches Blut, geschweige das "unseres gn�digen Herrn Mohammed" in seinen Adern habe. Der echte Marokkaner, wenn er auch das arabische Volk als das bevorzugte, das von Gott auserw�hlte und besonders besch�tzte betrachtet, erkennt keineswegs _Nationen_ an. F�r ihn giebt es nur Mohammedaner, oder wie er selbst in r�mischer Ueberhebung sagt, "Rechtgl�ubige Moslemin", Juden, Christen und Ungl�ubige. Zu den letzteren rechnet er alle solche, die kein "Buch", d. h. die keine g�ttliche Offenbarung bekommen haben. Da nun aber von solchen, die ein "Buch" haben, im Koran nur die Juden und Christen erw�hnt sind, so werden die Wedas der Inder, die Kings (B�cher des Confucius) der Chinesen und andere als nicht vorhanden betrachtet, und in Marokko gar hat man die Vorstellung, dass die durch "Tausend und eine Nacht" bekannten L�nder Hind (Indien) und Sind (China) ausschliesslich den Islam bekennen. Von den vier rechtm�ssigen und gleichberechtigten Bekennern des Islam, den Hanbaliten, Schaff�iten, Hanefiten und Malekiten, huldigen die Marokkaner wie in Afrika _alle_ Mohammedaner mit Ausnahme der Aegypter, dem malekitischen Systeme. F�r diejenigen, welche weniger mit dem Mohammedanismus bekannt sind, f�hre ich hier an, dass man schon gleich nach dem Tode des Propheten einzusehen angefangen hatte, dass der Koran unm�glich allein allen religi�sen Anforderungen, allen Rechtsfragen entsprechen konnte. Im Anfange der mohammedanischen Religion begn�gte man sich damit, zweifelhafte F�lle durch Mohammed selbst oder seine J�nger entscheiden zu lassen. Nach des Propheten Tode, nach dem seiner J�nger, sammelte man dann die m�ndlichen Ueberlieferungen; es ist das die Sunnah, welche im ersten Jahrhundert nach der Hedjra entstand. Da nun aber noch keineswegs Koran und Sunnah ein regelm�ssiges System boten, so f�hlte man die Notwendigkeit, f�r Theologie und Jurisprudenz einen solchen festen Anhalt zu bilden, und vier Schriftgelehrte unternahmen diese Arbeit. Jeder lieferte eine Abhandlung �ber die religi�sen Ceremonien, �ber die Grunds�tze, wonach der Moslim sein h�usliches Leben einzurichten hat, und sie sonderten die Scheria, d. h. das von Gott selbst gegebene unab�nderliche Gesetz, von dem, welches nach dem Willen und Gutd�nken der Menschen abge�ndert werden kann. Die Abhandlungen dieser vier Schriftgelehrten, obschon sie in vielen �usserlichen Sachen von einander abwichen, wurden alle als orthodox anerkannt und sie bekamen den Namen nach ihren Urhebern. Der _Malekitische Ritus_ nun (Malek ben Anas wurde 712 in Medina geboren, woselbst er 795 starb) verdr�ngte im Westen von Afrika gegen das Ende des achten Jahrhunderts den Hanefitischen Ritus, und dieser hat sich dort bis auf unsere Zeit erhalten. Neben Malek und haupts�chlich als bester Erkl�rer der Malekitischen Schriften gilt das Werk von Chalil ben Ischak ben Jacob, der 1422 starb, und aus einer Menge anderer Schriften �ber Malekitischen Ritus seine Werke zusammengesetzt hat. Sehr hoch gehalten werden in Marokko auch die Schriften des Buchari, der 200 Jahre nach Mohammeds Tode schon die Ueberlieferungen sichtete und von 7275 f�r wahr gehaltenen und 2000 zweifelhaften mehr als �ber 2000 falsche ausstiess. Der Unterschied der Malekiten von den �brigen drei rechtgl�ubigen Parteien beruht nur auf Aeusserlichkeiten, so namentlich in der Verrichtung bei den Ablutionen, in den Bewegungen beim Gebet, endlich hat Malek vor seinen gelehrten Collegen den Vorzug, dass er denen, die seine Religionsregeln befolgen, entschiedene Erleichterungen gew�hrt. Das Sultanat von Marokko als solches wurde gegr�ndet nach dem Untergange des K�nigreichs von Granada am 2. Januar 1492, als Ferdinand auf der Alhambra die Fahne von Castilien und des heiligen Jacob aufziehen konnte. Das westliche Kalifat war nun begraben, aber als Erben desselben betrachteten sich von dem Augenblicke an die Sultane von Marokko. Wenn dann noch sp�ter bis zur eigentlichen Vertreibung der Mohammedaner aus Spanien ein inniger Zusammenhang mit den afrikanischen Glaubensgenossen blieb, so hatte doch jeder politische Zusammenhang, wie fr�her schon oft, seit 1492 g�nzlich zu existiren aufgeh�rt. Marokko selbst hatte auch freilich nicht die Grenzen, welche es jezt [jetzt] inne hat, seine Ausdehnung wechselte je nach der Macht der regierenden Sultane. Einzelne dehnten ihre Oberhoheit durch die Sahara bis Timbuctu und Senegambien hin aus, und Mascara und Tlem�en haben h�ufig genug die Oberherrlichkeit derselben anerkannt. Oftmals aber regierten drei K�nige oder Sultane neben einander, daher die Namen K�nigreich Fes, Tafilet, Marokko. Nie aber, wir betonen es, namentlich weil _jetzt_ die Pforte auch die Souver�net�t �ber Marokko beanspruchen zu wollen scheint, ist im eigentlichen Marokko, d. h. westlich von der Muluya, irgend wie oder irgend wo ein t�rkischer Pascha als Regent seines Herrn, des Sultans der T�rken, gesehen worden. Im Allgemeinen sind die Begriffe des Volkes von der mohammedanischen Religion �usserst oberfl�chlich und verworren. Der gemeine Mann giebt sich auch gar keine M�he, in das Wesen des Islam einzudringen, und was die Faki und die Tholba, d. h. die Doctoren und Schrifgelehrten [Schriftgelehrten], anbetrifft, so sind diese in Marokko auf einer bedeutend tiefer stehenden Stufe der Gelehrsamkeit, als in den meisten anderen L�ndern, wo der Islam herrscht. Die Lehre von der _Pr�destination_ zieht sich auch in Marokko durch die ganze religi�se Anschauung hin: "Es stand geschrieben," dass an dem Tage der und der sterben muss, "es stand geschrieben," dass der und der das Verbrechen beging etc. Es w�rde indess lebensgef�hrlich sein, einem Thaleb zu sagen: Da Gott _allm�chtig_ ist und _Alles_ erschaffen hat, so hat er doch auch den Teufel geschaffen; oder, der Teufel als gefallener Engel hat doch nur mit _Wissen_ und _Willen_ Gottes fallen k�nnen. Man w�rde in Gefahr sein, verbrannt zu werden, wenn man einem Faki sagte: Da Gott _Alles_ geschaffen hat, so muss er doch auch das _B�se_, die _S�nde_, geschaffen haben; wie erkl�rst Du das mit der _Allgute_ Gottes, Gottes, welcher doch nur der Inbegriff _alles Guten_ sein soll? Ein marokkanischer Geistlicher w�rde nicht antworten "mit unerforschlichen Geheimnissen", die wir nicht zu ergr�nden verm�gen, sondern gleich mit "Feuer und Schwert". Gott mit "hundert guten Eigenschaften", als "gr�sster", "allbarmherziger", "allmitleidiger", denkt sich der marokkanische Mohammedaner als ein pers�nliches Wesen. Obschon der Name Gottes "Allah" immer mit besonderer Betonung und recht sonor ausgesprochen wird, so hat doch das _h�ufige_ Anrufen desselben eine v�llige Missachtung nicht nur des Namens, sondern Gottes selbst herbeigef�hrt. Die eigene Lehre Mohammed's tr�gt Schuld daran. W�hrend die j�dischen Lehrer vor allen Dingen darauf hielten, den Namen Gottes so wenig wie m�glich im Munde zu f�hren, "Du sollst den Namen des Herrn, Deines Gottes, nicht unn�tzlich f�hren; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht", und die Israeliten hierin so weit gingen, dass der Name Jehovah nur von den Priestern im Tempel ausgesprochen werden durfte, und man f�r Gott Eloah oder Adonai, d. h. "Herr" im gew�hnlichen Leben, sagte, lehrte die mohammedanische Religion, es ist _verdienstvoll_, den Namen Gottes _so viel als m�glich_ auszusprechen. Bei aussergew�hnlichen Versammlungen von Religionsgenossenschaften kann man daher sehen, wie manchmal die Versammelten mit nichts Anderm sich besch�ftigen, als wiegend mit dem K�rper den Takt zu geben, und jedesmal das Wort "Allah" auszusprechen. Eine Versammlung der religi�sen Genossenschaft der Mulei Thaib in Rhadames, der ich dort beiwohnte, behauptete, am selben Abend das Wort "Allah" 70,000 Mal ausgerufen zu haben. Wenn dies nun auch nicht genau dem Worte nach genommen werden muss, denn die Zahlen in gr�sseren Zusammensetzungen sind �berhaupt den Marokkanern ziemlich unbekannte Gr�ssen, so kann ich doch versichern, dass ich sicherlich eine nachhaltige Heiserkeit w�rde davon getragen haben, wenn ich mit gleicher Regelm�ssigkeit und Vehemenz eben so oft Allah mitgeschrien h�tte. Allah wird deshalb eigentlich weder geliebt, noch gef�rchtet und kaum verehrt, denn wenn auch das Chotba-Gebet Freitags wie die t�glichen Gebete an Gott gerichtet sind, so wendet sich doch der Marokkaner, um irgend eine Gunst zu erlangen, um irgend etwas durchzusetzen, an irgend Jemand sonst, nur nicht an Gott. Wie hat es aber auch anders sein k�nnen? Es liegt dem Menschen so nahe, dass er das, was er immer zur Hand hat, was er t�glich braucht, anf�ngt nicht zu beachten, und die Nichtbeachtung ist immer der erste Schritt zur Verachtung. Und in Marokko wird das Geringste, das unbedeutendste Gesch�ft, ja Dinge, die nach den Gesetzen aller Menschen s�ndhaft sind, um nicht noch mehr zu sagen, mit der Anrufung Gottes "Bi ism' Allah, im Namen Gottes" begonnen. Mit dieser Redensart steht der Marokkaner auf, ergreift seine Kleidungsst�cke, falls er sich derselben ausnahmsweise Nachte entledigt h�tte, unternimmt Waschungen, betritt die Strasse, geht damit zur Arbeit, pr�gelt damit seine Lehrlinge durch, ohrfeigt seine Gattin, empf�ngt damit ein Almosen, ersticht damit seinen Feind, schw�rt damit einen falschen Eid, betritt damit die Moschee, legt sich damit schlafen, um in der Regel damit auch seinen letzten Hauch von sich zu geben. Die Vorstellung, welche man sich von Engeln macht, ist im Wesentlichen der der anderen semitischen Lehre nachgebildet. Die Engel haben einen feinen und reinen K�rper; sie essen und trinken nicht, sind geschlechtslos und werden als specielle Diener Gottes betrachtet. Die Befehle Gottes, der unumschr�nkter Gebieter des Weltalls ist, werden durch die Engel vermittelt. So beginnt die 35. Sure[34]: "Lob und Preis sei Gott, dem Sch�pfer des Himmels und der Erde, der die Engel zu seinen Boten macht, so da ausgestattet sind mit je zwei, drei und vier Paar Fl�geln." Als vornehmster wird _Gabriel_ betrachtet, der manchmal auch als "Geist Gottes" erw�hnt ist; _Michael_, der Engel der Offenbarung, _Azariel_ der Todesengel, _Israful_ der Engel der Auferstehung. Man glaubt sodann an Geister, _Djenun_ (Plural von Djin), welche als aus gr�berer Materie gemacht gedacht werden und am j�ngsten Tage einem Gerichte unterliegen. [Fu�note 34: Der Koran von Dr. Ullmann. Bielefeld.] Man kann nicht sagen, dass in Marokko ein _Teufelcultus_ best�nde, und als ob man sich �berhaupt etwas aus dem Teufel mache. Er wird nicht so oft in den Mund genommen, wie Allah, und ist dem zufolge den dortigen Mohammedanern ziemlich zur Nebensache geworden. Wie bei den meisten V�lkern, wird auch hier dem Teufel Alles in die Schuhe geschoben und _"Allah rhinal Schitan, Gott verfluche den Teufel!"_ kann man t�glich h�ren. St�sst einer aus Versehen an, schneidet sich einer in den Finger, f�llt einer zur Erde, zerbricht aus Versehen ein Gef�ss, beschmutzt durch eigene Unvorsichtigkeit sein Gewand, so wird unab�nderlicherweise der Teufel verflucht. Als eigenth�mlich beobachtete ich, dass, sobald _ein Esel_ seine musikalischen T�ne ausst�sst, es zum guten Ton geh�rt, sich mit Abscheu wegzuwenden und "Gott verfluche den Teufel" auszurufen. Der Teufel wird _Iblis_ oder _Schitan_ genannt, und nach der Meinung der Mohammedaner wird er deshalb als gefallener Engel angesehen, weil er sich weigerte, Adam anzubeten[35]. [Fu�note 35: An anderen Orten und Surat 2 im Koran: "Darauf sagten wir zu den Engeln: Fallet vor dem Adam nieder, und sie thaten so, nur der hochm�thige Teufel weigerte sich, er war ungl�ubig."] Als Lohn wird den Menschen nach dem irdischen Tode ein Aufenthalt entweder im _Paradiese_ oder in der _H�lle_ zu Theil. Indess kommen die Abgeschiedenen keineswegs sofort dorthin; sondern erst _nach_ dem j�ngsten Gericht. H�st[36] sagt S. 197, und dieser Glaube ist auch heute noch in Marokko: "Wenn ein Maure gestorben ist, so glauben die Anderen, dass er gleich im Grabe von zwei Engeln befragt wird, die sie Munkir und Nakir nennen; und wenn er dann als ein echter Moslim zu ihrer Zufriedenheit antwortet, so ruhet der Leib ungest�rt bis zum Gerichtstage; wo nicht, so schlagen sie ihn mit eisernen Keulen an die Schl�fe, und er wird von giftigen Thieren gebissen und �bel behandelt. _Die Seelen der M�rtyrer verbleiben im Halse der gr�nen V�gel des Paradieses_ bis an den Tag des Gerichts; aber die anderen rechtgl�ubigen Seelen, die durch den Engel Azariel mit Gelindigkeit vom K�rper getrennt werden, halten sich um die Gr�ber herum auf, ob sie gleich gehen k�nnten, wohin sie wollen. F�r diejenigen Seelen hingegen, die verdammt werden, wissen sie keinen Platz, denn weder Himmel noch Erde will sie annehmen." [Fu�note 36: Nachrichten von Marokko und Fes, Ton G. H�st. Kopenhagen 1781.] Endlich naht der _j�ngste_ Tag, dessen Ankunft durch "Zeichen" angek�ndigt wird. So soll am Abend vorher die Sonne aufgehen, der zw�lfte Imam, der Mehedi verk�ndet aufs Neue und zuletzt den Islam, und Jesus Christus, die Lehre Mohammed's bekennend, erscheint aufs Neue. Nach dem Glauben der Mohammedaner haben sowohl Moses als auch Christus den wahren Islam gepredigt, nur wir Christen und die Juden haben unsere, respective ihre B�cher gef�lscht. Die Mohammedaner verweisen auf verschiedene Stellen des Alten und Neuen Testaments, von denen sie glauben, dieselben enthielten eine Weissagung, einen Bezug auf Mohammed. Die Trompete erschallt, die Sonne wird verfinstert, die Sterne fallen zur Erde, es herrscht Chaos. Ein zweiter Trompetenstoss ert�nt, und Alles auf Erden, was Leben hat, stirbt. Ein 40 Jahre anhaltender Regen soll zum neuen Keimen und Leben rufen, und dann werden die Engel Gabriel, Michael und Israful zuerst erweckt (an anderen Koranstellen l�sst Mohammed sie nicht sterben, wie �berhaupt die gr�ssten Widerspr�che herrschen). _Letzterer sammelt die Seelen in seiner Trompete_, und beim letzten Schall entfliegen sie derselben, um den Raum zwischen Erde und Himmel auszuf�llen. Die L�nge des j�ngsten Gerichtstages wird im Koran verschieden, im 30. Capitel zu 1000, im 70. Capitel zu 50,000 Jahren angegeben. Nachdem die Menschen von den Engeln Munkir und Gabriel gefragt sind, wiegt Gabriel in einer Waage, die so gross ist, dass sie Himmel und Erde zugleich enthalten kann, die Thaten der Menschen. Ueberwiegen die guten Thaten auch nur _Ein Haar_ die b�sen, so ist der Eingang in das Paradies gesichert. Ein Mohammedaner, der einem andern Unrecht gethan hat, muss �brigens einen Theil seiner guten Thaten demselben abgeben, hat er gar keine, so �bernimmt er daf�r des Anderen S�nden. Obschon die Verdammung an vielen Stellen als eine _ewige_ geschildert wird, so glaubt man doch nach anderen Andeutungen, wenigstens f�r die Rechtgl�ubigen auf eine _zeitweise_ Strafe rechnen zu k�nnen, "nachdem die Haut 1000 Jahre lang zu Kohle verbrannt ist". Bei der _Auferstehung_ sind die Frommen bekleidet mit Leinwand, die Gottlosen erstehen nackt, und jene, welche unrechtm�ssig Reichth�mer erworben haben, werden als Schweine auferstehen; die, welche Zinsen nehmen, werden Kopf und F�sse verkehrt tragen. Um einer solchen Strafe zu entgehen, leiht man in Marokko nie auf Zinsen, aber man umgeht das unentgeltliche Darleihen dadurch, dass man z.B. 100 Metkal ausleiht, aber gleich zur Bedingung macht, nach so und zo [so] langer Zeit das _verdoppelte_ oder _verdreifachte_ Capital zur�ckzubekommen. Nur so konnte ich mir selbst sp�ter am Tsadsee vom Mohammedaner Mohammed Sfaxi 200 Maria-Theresia-Thaler verschaffen; es war Bedingung, 400 zur�ckzuerstatten; Zeit war hierbei nicht angegeben, aber man verlangte Zahlung auf Sicht in Tripolis, und da die Karavane gleich darauf abging nach dieser Stadt und etwa neun Monate Zeit gebrauchte, so konnte der Darleiher gewiss zufrieden sein.--Die ungerechten Richter, die M�rder, Diebe etc., Alle werden in eigenen Gestalten erscheinen, um ihre Strafe anzutreten. Das Gericht wird lange dauern und Gott wird in Person richten, Mohammed wird F�rbitter sein, Adam, Noah, Abraham und Jesus weisen das Amt der F�rbitte von sich. Auch die Engel, die Geister und die Thiere werden zur Rechenschaft gezogen. Die Auferstandenen haben, um in den f�r sie bestimmten Aufenthalt zu kommen, die _Siratbr�cke_ zu passiren, die so fein wie ein Haar und so schneidig wie ein Messer ist; die frommen Seelen kommen mit telegraphischer Geschwindigkeit hin�ber, die Gottlosen st�rzen in die Tiefe. Ehe man ins Paradies gelangt, kommt man zu einer _Mauer_, welche H�lle und Paradies trennt. Diese Mauer wird zugleich als neutrales Gebiet betrachtet und dient als Aufenthalt f�r Solche, die gleichviel Gutes und B�ses, oder �berhaupt weder B�ses noch Gutes gethan haben. Das mohammedanische _Paradies_ mit den rieselnden B�chen von Milch und Honig, den schwarz�ugigen Huris, deren Leib aus duftendem Bisam besteht, dem Weine, der nicht berauscht, und den 80,000 Sklaven, die jeder Rechtgl�ubige zur Verf�gung hat, ist hinl�nglich bekannt, und der Marokkaner schm�ckt sich nach seiner Art die Versprechungen, die ihm Mohammed im Koran davon gemacht hat, noch mehr aus. So wird er dort immer seine Haschischpfeife haben, und der Haschisch wird ihn nicht schlaftrunken machen; er wird nicht schwarz�ugige Huris als Dienerinnen haben, sondern _blau�ugige, blondlockige Engl�nderinnen_, welche nach der Meinung der Marokkaner diesen Vorzug verdienen. Das Paradies befindet sich �ber den sieben Himmeln, unmittelbar unter dem Throne Gottes; was aber r�umlich _�ber_ Gott selbst ist, dar�ber nachzudenken ist dem Marokkaner nicht erlaubt. Nach der Beschreibung der die H�lle vom Paradiese trennenden Mauer sollte man denken, dass dieses letztere sich auf gleichem Niveau bef�nde mit der H�lle. Aber wie bei den �brigen semitischen Religionen und wie bei fast allen V�lkern ist mit der _H�lle_ der Begriff des "Tiefen, Unterirdischen" verbunden. Deshalb sagt man auch, die B�sen _fallen_ von der Siratbr�cke. Man stellt sich sodann die _H�lle mit sieben Stockwerken_ vor; im obersten wohnen jene Mohammedaner, die auf F�rbitte des Herrn Mohammed nach einigen tausend Jahren Eintritt ins Paradies bekommen k�nnen. Es ist sodann ein Aufenthalt f�r die Christen, f�r die Juden, f�r Sab�er, Magier, Ungl�ubige �berhaupt vorhanden. In das unterste Stockwerk werden die Heuchler kommen, d.h. Solche, die �usserlich eine Religion, vornehmlich die mohammedanische, bekannten, aber innerlich nicht daran glaubten. Die Qualen der H�lle werden eben so erfinderisch beschrieben, wie bei den �brigen V�lkern, so dass es eine wahre Lust ist, sich daneben den _allbarmherzigen_ Gott zu denken, wie er im Paradiese in seiner ewig _allg�tigen_ und _allmitleidigen_ Natur auf diese _seine_ Gesch�pfe hinabschaut, ohne dass es ihm einf�llt in seinem unerforschlichen Rathschlusse, die von ihm verh�ngten und nach seiner Vorherbestimmung (nach der Lehre Mohammed's ist ja Alles vorherbestimmt) erfolgten Qualen zu lindern oder gar zu beendigen. _Feuer_ spielt nat�rlich eine Hauptrolle in der H�lle; die Anz�ge sind von Feuer, in den Eingeweiden brennt Feuer, Feuer verkohlt die Haut, Feuerschuhe bekleiden die F�sse; ebenso heisses Wasser (22. Cap.). "Es soll auf ihre K�pfe gegossen werden, wodurch sich ihre Eingeweide und ihre Haut aufl�sen." Genug von den Freuden des mohammedanischen Paradieses und den Leiden der mohammedanischen H�lle. Unter dem Schutze des Grossscherifs von Uesan, der mir ein unwandelbarer Freund war, wagte ich einst, einem Thaleb, der mit gl�henden Farben die K�stlichkeiten des Paradieses der Gl�ubigen mir ausmalte, zu erwiedern: "wenn aber Ihr Marokkaner Alle Anspruch macht, ins Paradies zu kommen, so will ich lieber nach dem Orte kommen, der den Christen angewiesen wird." Da mein Besch�tzer zu lachen anfing, lachten Alle pflichtschuldigst �ber die Abfertigung, die der Thaleb erhalten hatte, mit. Ich konnte mir damals in Uesan eine solche Aeusserung erlauben, weil ich nach den Worten Mohammed's als _�bergetretener_ Christ den Vortritt vor den �brigen Moslemin hatte. Wenn Mohammed von Vortritt spricht, meint er darunter den in das Paradies. Folgendes ist die unwandelbare Lehre, wie sie von Gott durch die Propheten den Menschen vermittelt worden ist; sind Juden und Christen sp�ter von diesem Islam abgewichen und haben die B�cher verf�lscht, so war es die Hauptaufgabe Mohammed's, die reine Lehre wieder herzustellen. Mohammed l�sst verschiedene Offenbarungen zu seit der Erschaffung der Welt, und unter den Propheten giebt es verschiedene Rangstufen. Zu den ersten geh�ren Adam, Noah, Abraham, Moses und Jesus. Es kommen sodann Patriarchen und Propheten, welche vollkommen heilig und s�ndlos auf Erden lebten. Nach der Meinung der Marokkaner giebt es 104 heilige Schriften[37], von denen auf Adam 10, auf Seth 50, auf Edris oder Enoch 30, auf Abraham 10, auf Moses 1, auf David 1, auf Jesus 1 und auf Mohammed 1 kommen. Bis auf die vier letzten sind alle anderen verloren gegangen, und bis auf das letzte, den Koran, die drei noch �brig gebliebenen gef�lscht. Damit der Koran nicht gef�lscht werde, darf er nur _geschrieben_ und in arabischer Sprache verbreitet werden. Ein gedruckter Koran ist daher in Marokko schlecht angesehen; gleichwohl machte ich dem Grossscherif einen solchen sowie ein Altes und Neues Testament in arabischer Sprache zum Geschenk, und er nahm sie gern an. Aus demselbsn [demselben] Grunde, d.h. um den Koran verstehen zu k�nnen, m�ssen aller _nichtarabischen_ V�lker Schriftgelehrte Arabisch lernen. Ein Versuch, den die Marokkaner selbst machten, den Koran ins _Berberische_ zu �bersetzen, da die �berwiegende Mehrzahl der Marokkaner Berber sind, scheiterte vollkommen an dem Fanatismus der arabischen Tholba; die schon �bersetzten Exemplare wurden verbrannt. [Fu�note 37: Siehe Jackson, Account of Marocco, p. 197.] Unter den Propheten erkennt Mohammed Jesu den ersten Platz zu; er glaubt, dass Jesus der Sohn Mari� sei und dass diese auf wunderbare Weise empfangen habe. Er glaubt weiter, dass die Juden Jesum nicht kreuzigten, sondern eine andere Person unterschoben. Die Auferstehung und die H�llenfahrt werden also vollkommen von den Mohammedanern geleugnet. Indess glauben sie, dass Jesus lebendig gen Himmel empor gestiegen sei; und ebenfalls wird er, wie schon erw�hnt, zum j�ngsten Gericht zur�ck erwartet.-- Ein Haupterforderniss ist das _Gebet_; aber kein Gebet ist g�ltig, wenn nicht vorher eine Abwaschung des K�rpers, d.h. eine bestimmte Ceremonie, vorgenommen worden ist. Man unterscheidet in Marokko wie �berhaupt bei den Mohammedanern die _grosse Abwaschung_, el odho el kebir[38]; die _kleine_, el odho el sserhir; _die Abwaschung mit Sand_, el timum, und das blosse _Fingiren des Waschens_, el chofin. Diese Abwaschung wird in verschiedener Weise bei den vier rechtgl�ubigen Riten vorgenommen, aber nach einer der vorgeschriebenen Normen _muss_ die Ablution verrichtet werden. W�rde man z.B. zuerst das _linke_ Auge auswaschen, wenn es erforderlich ist, dass vorher das rechte gewaschen werden soll, dann ist die ganze Ablution _batal_, d.h. umsonst, und es kann nicht gebetet werden. W�rde man z.B. um den Mund auszusp�len, dies mit der linken statt mit der vorgeschriebenen rechten Hand thun, so _taugt die ganze Ablution_ nichts. Jeder K�rpertheil kommt nach _vorgeschriebener_ Ordnung an die Reihe, und je nachdem wird die _rechte_ oder _linke_ Hand zum Abwaschen benutzt. Die grosse Abwaschung unterscheidet sich von der kleinen dadurch, dass man bei jener den _ganzen_ K�rper einer Reinigung unterzieht, bei dieser indess nur die Theile des K�rpers abw�scht, welche man, ohne sich der Kleidungsst�cke zu entledigen, einer W�sche unterziehen kann. Bei der Waschung mit Sand reibt man sich nat�rlich nicht buchst�blich mit Sand ab, sondern legt die H�nde auf den reinen Erdboden und _fingirt_ die Waschung. Auch hier muss streng die _Reihenfolge_ der abzuwaschenden Theile inne gehalten werden. Bei _unreinem_ Boden und wenn kein Wasser vorhanden ist, ber�hrt man irgend einen Gegenstand, eine Wand, einen Stein, und fingirt dann die Ablution; es ist dies was man _el chofin_ nennt. Malek, der �berhaupt duldsamer als die �brigen drei mohammedanischen Gelehrten ist, erlaubt auch das _timum_ und _el chofin_ da, wo _Wasser_ vorhanden ist; deshalb findet man in den meisten marokkanischen Moscheen, namentlich in allen Djemen der Oasen, _Steine_, welche umfasst werden, nach welcher Umfassung sodann die Ablution vor sich geht. [Fu�note 38: H�st S. 204 sagt: Die grosse Abwaschung heisst Ergasel. Es ist dies ein Irrthum; Ergasel bedeutet jede beliebige Abwaschung, aber keine _religi�se_; wenigstens habe ich in Marokko dies Wort nie in diesem Sinne gebrauchen h�ren, obschon ich selbst t�glich die Ceremonien mitzumachen hatte.] Das Gebet der Marokkaner ist keineswegs ein solches nach dem Sinne solcher Christen, welche darunter vorzugsweise einen freien Herzenserguss, einen selbst�ndigen Gedankenausfluss, eine aus eigenem Herzen entspringende Bitte an Gott sehen, sondern vielmehr ein bestimmt auswendig Gelerntes, und eine mit _bestimmt_ vorgeschriebenen Ceremonien verkn�pfte Handlung. Es kann daher bei den Marokkanern nach christlicher Auffassung von keinem eigentlichen Gebet die Rede sein, sondern nur von Gebets_�bungen_, von Gebetsceremonien; und so muss man es wohl f�r alle Mohammedaner auffassen, indem die dabei vorkommenden Ceremonien und Verbeugungen f�r Alle _bestimmt vorgeschrieben_ sind. Fehlt eine dieser Ceremonien, w�rde man z.B. sich statt nach Mekka nach einer andern Richtung wenden, oder w�rde man es unterlassen; sich nach der und der Stelle zu Boden zu werfen, so ist das Gebet ung�ltig; es steigt dann nicht zu Gott auf. Man unterscheidet das _Morgengebet, essebah_, das _Mittagsgebet, eldhohor_, das _Nachmittagsgebet, elassar_, das _Abendgebet, el maghreb_, und das _Nachtgebet, elascha_. Die so h�ufige Wiederholung der Gebets�bungen ist im Anfange des Islam auf z�hen Widerstand gestossen, sp�ter gew�hnte man sich daran, so wie sich der Soldat an Disciplin gew�hnt. Und dadurch, dass Mohammed �berall das Beten erlaubt, und das Gebet auf der Strasse oder im freien Felde f�r ebenso verdienstvoll gilt, als das in der Moschee, und vom Gebet im "stillen K�mmerlein" im Koran nirgends die Rede ist, dadurch hat sich nach und nach ein Pharis�ismus in die mohammedanische Religion eingeschlichen, der anderen Leuten ganz ungeheuerlich vorkommen muss. Namentlich in Marokko hat sich _unter dem Systeme der Unfehlbarkeit des Sultans_ eine entsetzliche Scheinheiligkeit und Heuchelei aller Classen bem�chtigt. Der gew�hnlichste Marokkaner versteht es, sich beim Beten derart den Schein der Andacht, der Heiligkeit zu geben, er weiss seiner Stimme derart einen n�selnden Ton, einen feierlichen Klang beizulegen, er wendet derart seine Augen gen Himmel und scheint �berhaupt so sehr seinen ganzen K�rper dem nichtigen, irdischen Dasein zu entr�cken, dass man glauben sollte, er zerfl�sse vor Heiligkeit. Und doch ist er nichts weniger als fromm; die Worte, die er an Allah richtet, versteht er kaum, falls er nicht sehr gebildet ist. Das koranische Arabisch unterscheidet sich vom Neuarabischen und namentlich vom Magrhebinischen eben so sehr, wie das Lateinische von den neueren romanischen Sprachen. Man h�lt in Marokko darauf, beim Beten _gesehen_ zu werden, man h�lt in Marokko auch darauf, recht _laut die vorgeschriebenen_ Worte auszusprechen, damit man ja, falls man �bersehen wird, geh�rt werde. Da es nicht n�thig ist, genau die Zeit des Gebetes inne zu halten, die Gebete aber nachgeholt werden m�ssen, so trifft man allerorts, auf allen Pl�tzen, auf allen Strassen, in allen Moscheen Leute, die ihre Gebets�bungen verrichten. Besucht man einen Marokkaner, so kann man sicher sein, dass unter hundert neunundneunzig den Gast einen Augenblick zu warten bitten, "damit ein nachzuholendes Gebet erst verrichtet werde." Man will damit documentiren, dass man fromm sei! Recht eifrige Leute, namentlich Br�der einer religi�sen Innung, pflegen ausser den vorgeschriebenen Gebetsceremonien noch andere zu bestimmten Tageszeiten abzuhalten, z. B. vor dem Morgengebet das Morgenrothgebet _Fedjer_; um die Zeit des _Dhaha_, d.h. zwischen dem Morgen- und Mittagsgebete, das Dhahagebet; das _eschefah-_ und _uter-_Gebet nach dem _el ascha_ etc. In den St�dten wird von den Th�rmen der Moschee die Gebetsstunde durch Aufziehen einer weissen am Freitage zum Chotbagebet einer _dunkelblauen_ Fahne angek�ndigt, ausserdem ruft der _Muden_ von den Th�rmen zum Gebet auf. Auch dieser Aufruf ist bestimmt vorgeschrieben und beginnt nach Osten, um durch S�den, Westen und Norden wieder gen Osten beendigt zu werden. Die Worte lauten: "Gott ist der Gr�sste, Gott ist der Gr�sste, ich bezeuge, es giebt nur Einen Gott, ich bezeuge, es giebt nur Einen Gott, Mohammed ist sein Gesandter, Mohammed ist sein Gesandter[39]; kommt zum Gebet, kommt zum Gebet, kommt in den Tempel, kommt in den Tempel, Gott ist der Gr�sste, Gott ist der Gr�sste, es giebt nur Einen Gott!" [Fu�note 39: Vor dem Morgengebet werden die Worte "das Gebet ist besser als der Schlaf" eingeschaltet.] _Das Gebet selbst_ zerf�llt in Anrufung, verschiedene Rikats und Gruss[40] und wird folgendermassen bei den Malekiten abgehalten: [Fu�note 40: Siehe Ali Bey el Abassi, Voyage en Afrique etc. I, p. 153.] _Die Anrufung_: K�rper gerade und beide H�nde erhoben bis zur H�he der Ohren, "Gott ist der Gr�sste!" Erstes Rikat und erste Position: Aufrecht, die H�nde fallen herab, und man sagt das erste Capitel des Koran her. "Lob und Preis dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tage des Gerichts. Dir wollen wir dienen, und zu Dir wollen wir flehen, auf dass Du uns f�hrest den rechten Weg, den Weg derer, die Deiner Gnade sich freuen, und nicht den Weg derer, �ber welche Du z�rnest, und nicht den der Irrenden."--Es folgt jetzt ein Koranvers, z.B. "Gott ist der einzige und ewige Gott. Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt, und kein Wesen ist ihm gleich." Zweite Position: Man verbeugt sich, die H�nde auf die Knie st�tzend, und ruft: "Gott ist der Gr�sste!" Dritte Position, sich wieder aufrichtend: "Gott h�rt, wenn man ihn lobt." Vierte Position, niederknieend ber�hrt man mit beiden H�nden, mit der Stirn und Nasenspitze die Erde und ruft: "Gott ist der Gr�sste!" F�nfte Position: Man setzt sich auf die zur�ckliegenden Waden, legt die H�nde auf die Schenkel und ruft: "Gott ist der Gr�sste!" Sechste Position: Man ber�hrt abermals mit H�nden, Stirn und Nasenspitze den Boden und ruft: "Gott ist der Gr�sste!" Siebente Position: Man richtet sich auf und ruft stehend! "Gott ist der Gr�sste!" _Zweites Rikat_: Die ersten sechs Stellungen werden wiederholt, nach der sechsten bleibt man sitzen und spricht: "Die Nachtwachen sind f�r Gott, wie auch die Gebete und Almosen; Gruss und Friede sei Dir, o Prophet Gottes; Gottes Mitleid und Segen ruhe auf Dir. Heil und Friede komme auf uns und alle Diener Gottes, die gerecht und tugendhaft sind. Ich bezeuge, es giebt nur Einen Gott, ich bezeuge, dass Mohammed sein Diener und Gesandter ist!" Hat das Gebet nur zwei Rikats, so f�gt man noch hinzu, indem man in derselben Stellung bleibt und dabei immer den rechten Zeigefinger kreisf�rmig bewegt: "Und ich bezeuge, Er war es, der Mohammed zu Sich rief, und ich bezeuge die Existenz des Paradieses, die der H�lle, die des Sirat (Br�cke), die der Wage und die des ewigen Gl�ckes, welches denen gew�hrt werden soll, welche nicht zweifeln und die wahrhaftig Gott aus dem Grabe erwecken wird. O, mein Gott, giesse Deinen Segen auf Mohammed und Mohammed's Nachkommen aus, wie Du Deinen Segen auf Abraham ausgegossen hast; segne Mohammed und die von Mohammed Stammenden, wie Du Abraham und die von Abraham Stammenden gesegnet hast. Die Gnade, das Lob und die Erhebung zum Kuhme sind in Dir und bei Dir." _Der Gruss und Schluss_: Man bleibt sitzen, wendet das Gesicht erst links, dann rechts, erhebt etwas die Finger beider auf den Schenkeln ruhenden H�nde und ruft: "Friede sei mit Euch!" Fedjer und Esebah haben zwei, Dhohor und l'Asser vier, Magrheb drei, l'Ascha vier, l'Eschefa und l'Uter drei Rikats. Recht fromme Leute, namentlich solche, die sich gern beten sehen und h�ren lassen, die sich den Ruf eines "Heiligen" erwerben wollen, machen ausserdem f�nf, sechs und noch mehr Rikats. Der Freitagsgottesdienst, das Chotbagebet, wird in der Regel eine Stunde nach Mittag verrichtet. Nach vorhergegangener Ablution geht Jeder in die Moschee und betet f�r sich ein aus zwei Rikats bestehendes Gebet und setzt sich. Es dauert nicht lange, so erscheint ein Fakih, besteigt den Mimbr, ein Ger�st, �hnlich einer Treppe, und beginnt mit n�selnder Stimme eine Art Predigt _abzulesen_. In seiner Rechten hat er einen langen Stock, aber auch nur in diesem Augenblicke des Treppenbesteigens, denn sobald er dieselbe verl�sst, wird der der Moschee zugeh�rende �brigens werthlose Stock in eine Ecke gestellt. Die Fakihs und Tholba (Schriftgelehrten) der Marokkaner unterscheiden sich keineswegs in der Kleidung von ihren �brigen Glaubensgenossen. Da �berhaupt Jeder, der lesen und schreiben kann, _Thaleb_, Jeder, der den Koran lesen und interpretiren kann, _Fakih_, d.h. _Doctor_ ist, so halten die Tholba und Fakih, die sich speciell mit der Bedienung der Moscheen befassen, es nicht f�r nothwendig, sich durch besondere, z.B. _schwarze Tracht_ auszuzeichnen; sie w�rden es auch nicht wagen, da in Marokko sich Jeder wenigstens eben so fromm und von Gott geliebt glaubt, als sein N�chster, _innerlich_ sogar Jeder sich wohl f�r am fr�mmsten h�lt. Es mag anderen unbefangenen Menschen dies unglaublich vorkommen, aber die fanatische Dummheit in Marokko ist so gross, dass man der festen Ueberzeugung lebt, jedwede S�nde begehen zu k�nnen, wenn man nur mit dem Munde bereut und mit dem Munde durch Gebete seine Reue kund thut. Wirkliche Gebete, d. h. improvisirte, selbstgemachte, von Herzen kommende Anreden an Gott, meistens W�nsche und Bitten enthaltend, giebt es auch. Erfleht der Marokkaner etwas, so h�lt er beide H�nde zumal offen gen Himmel, als ob er etwas empfangen wollte; auf dieselbe Art wird auch der Segen erfleht. Selbst ein Scherif, d. h. ein Abk�mmling Mohammed's, erflehet den Segen f�r sich oder f�r die Menge derart, d. h. die Hand offen haltend. Der Mohammedaner w�rde es als grosse S�nde ansehen, wenn ein Mensch sich verm�sse, die Hand umzudrehen, um den Segen zu ertheilen, wie es bei den Christen Sitte ist. Aber "das Gebet f�hrt nur halbwegs zu Gott, die Fasten fuhren uns vor die Thore seines Palastes und das Almosen verschafft uns Einlass." Es giebt verschiedene den Mohammedanern vorgeschriebene _Fasttage_, in Marokko werden sie indess nur von aussergew�hnlich fromm sein wollenden Leuten gehalten, jeder aber ist verpflichtet, den ganzen Monat Ramadhan zu fasten: _Bruch wird mit dem Tode bestraft_. Sobald der Neumond von zwei des Lesens und Schreibens kundigen Leuten in einem Orte gesehen worden, ist f�r _den_ Ort der Ramadhan angegangen. Da nun manchmal der Himmel an einigen Stellen bew�lkt ist, so treten dort die Fasten einen Tag sp�ter ein; da die Marokkaner wie �berhaupt die Mohammedaner, _was das Religi�se anbetrifft_, nach Mondsmonaten rechnen, so muss, falls _immer_ der Himmel bew�lkt bliebe, nach Ablauf von 30 Tagen des vorhergehenden Monats der 31. der erste Tag des Rhamadhan sein. Von Morgens bis Abends, d.h. sobald man in der Morgen- oder Abendd�mmerung einen weissen von einem blauen Faden unterscheiden kann, ist sodann jeder materielle Genuss untersagt. Nicht nur dass man nicht essen, trinken, rauchen oder schnupfen darf, muss auch in dieser Zeit der Umgang mit Frauen, �berhaupt jeder Sinnengenuss gemieden werden. Ja in Marokko geht man so weit, das Riechen an eine Blume, das Erg�tzen des Auges an einer sch�nen Landschaft und das Anh�ren von Musik f�r S�nde zu erkl�ren. In diesem Monat erhielt Mohammed den Koran vom Himmel, und zwar am 27. des Monats. Diese Nacht wird daher besonders gefeiert. Es giebt Einzelne, die sich derart kasteien, dass sie Tag und Nacht in der Djemma bleiben, sich Nachts nur etwas Brot und Wasser bringen lassen. Solche Heilige nennt man Elatkaf. Man kann sich denken, dass namentlich in der ersten Zeit des Ramadhan, wo der Magen sich noch nicht an eine solche Ordnung gew�hnt hat, diese ganze Lebensweise Einfluss auf das Gem�th des Menschen hat. Streitigkeiten, Processe, Pr�geleien und Ehescheidungen sind immer am h�ufigsten in der ersten H�lfte des Ramadhan. Der Reiche entbehrt �brigens gar nichts, er f�hrt nur eine umgekehrte Lebensweise; denn Nachts entsch�digt er sich durch Essen und Trinken reichlich. Nachts sind �berhaupt alle Gen�sse erlaubt, indess pflegen manche Schnapstrinker w�hrend des Ramadhan sich geistiger Getr�nke zu enthalten; Opiumesser, Haschisch- und Tabacksraucher k�nnen, �brigens ohne dass man Anstoss daran nimmt, ihren Leidenschaften fr�hnen. Nachts d�rfen auch Hochzeiten im Ramadhan gefeiert werden, obschon auch dies selten vorkommt. Die Moscheen sind um die Zeit hell erleuchtet, die Buden und Gew�lbe in den Strassen ebenfalls, die Kaffeeh�user stark besucht; �berall h�rt man ausgelassenen L�rm, und besonders in der Nacht des 27. Ramadhan. Bricht einer aus Versehen den Ramadhan, d.h. er w�re z.B. ins Wasser gefallen und h�tte dabei einen Schluck Wasser getrunken, so muss er nachfasten. Es brauchen den Ramadhan nicht zu halten schwangere Frauen, solche, die s�ugen, Kinder unter 13 Jahren, alte Leute, Kranke und Reisende. Ebenfalls ausgenommen sind die Wahnsinnigen. Kranke und Reisende sind verpflichtet, die Fasten nachzuholen, was aber in der Regel unterbleibt. Fr�her wurde der Anfang und das Ende der t�glichen Fasten durch Hornsignale von den Th�rmen der Djemma dem Volke mitgetheilt, heute geschieht dies in den meisten marokkanischen St�dten wie im Orient durch einen Kanonenschuss. Im zweiten Capitel des Koran heisst es an verschiedenen Stellen, wo vom Almosen die Rede ist: "O, Ihr Gl�ubigen, gebet Almosen von den G�tern, die Ihr erwerbet, und von dem, was wir aus der Erde Schooss wachsen lassen; suchet aber nicht das Schlechteste zum Almosen aus, solches, was Ihr wohl selbst nicht annehmet, es sei denn, Ihr werdet get�uscht." Und etwas weiter hin: "Machet Ihr Eure Almosen bekannt, so ist's gut, doch wenn Ihr das, was Ihr den Armen gebet, verheimlicht, so ist es besser; dies wird Euch von allem B�sen befreien. Gott kennt, was Ihr thut! Was Ihr den Armen Gutes thut, wird Euch einst belohnt etc." Diese und sehr viele andere Stellen des Koran (fast in jedem Capitel ist die Rede davon) zeigen, wie grosses Gewicht Mohammed auf die Mildth�tigkeit legte, und wenn der unparteiische Mensch auch Vieles in der Lehre Mohammed's findet, was gegen die allgemein von civilisirten V�lkern angenommenen Sitten verst�sst, so muss man ihm dies hingegen hoch anrechnen. Norm ist in Marokko, den zehnten Theil aller der G�ter den Armen abzugeben, welche von L�ndereien hervorgebracht, oder aus Waaren erl�st sind, die man �ber ein Jahr im Besitz hat. Viehheerden geh�ren ebenfalls hierher. Dieser Zehnte wird vom Sultan von Marokko eingefordert. Die Armen bekommen nichts davon, wenn nicht dahin zu rechnen ist, dass der Sultan den Sch�rfa (Scherifen) von Tafilet und Mekka j�hrlich Geschenke macht, aber diese Sch�rfa sind keineswegs h�lfsbed�rftig. Man nennt diese Almosen _el-aschor_. Eine andere Art Almosen wird _Sakat_ genannt und besteht darin, dass man am ersten Tage des Monats Schual am Feste des _aid el sserir_ vor Sonnenaufgang den Armen je nach seinen Kr�ften Gerste, Weizen, Datteln etc. zum Geschenk macht, damit auch sie das Fest w�rdig begehen k�nnen. Die gew�hnliche Art, Almosen zu geben, _Ssadakat_ genannt, besteht, wie bei uns, in t�glichen Gaben, die man H�lfsbed�rftigen und Bettlern giebt, welche den Vor�bergehenden im Namen irgend eines Heiligen anrufen, oder auch selbst von Haus zu Haus gehen. Das letzte Erforderniss des Islam, _das Pilgern nach Mekka_, ist nicht unumg�nglich nothwendig und wird in Marokko im Ganzen selten ausgef�hrt. Die Pilger bekommen nach vollf�hrter Wallfahrt den Titel _el Hadj_, d.h. Pilger, und sind dann sehr geachtet. Man kann �brigens f�r Geld einen Andern f�r sich pilgern lassen; so lassen die Sultane von Marokko stets f�r sich einen andern Mann nach Mekka wallfahrten. Stirbt ein reicher Mann, ehe er Mekka gesehen, so miethen die Nachkommen bisweilen einen Mann, der nachtr�glich das Gesch�ft f�r Geld besorgen muss. Manchmal bem�chtigt sich unter diesem Vorwande der Kaid oder Bascha eines grossen Theils der Hinterlassenschaft eines reichen Mannes, um von _Amtswegen_ das nachtr�gliche Pilgern besorgen zu lassen. Die grossen _Karawanen_, welche ehemals von Fes aus nach Mekka fortzogen, haben jetzt ganz aufgeh�rt, nur in Tafilet sammelt sich noch ein H�uflein, um den weiten beschwerlichen Marsch durch die Sahara, wobei fast immer die H�lfte zu Grunde geht (ein solcher Tod auf der Pilgerschaft ist aber sehr verdienstvoll und verschafft directen Eintritt ins Paradies), zur�ckzulegen. Jetzt fahren die meisten Marokkaner mit Dampfschiffen nach Djedda, und allm�lig gew�hnt man sich daran, eine solche Wallfahrt mit Dampf f�r eben so heilig und verdienstvoll zu halten, als eine zu Fuss zur�ckgelegte. Es w�rde hier zu weit f�hren, die endlosen Ceremonien einer solchen Wallfahrt zu beschreiben, uns gen�ge diese kurze Auseinandersetzung. Wir wollen noch weiter in Marokko selbst die Entwickelung der mohammedanischen Religion verfolgen. Was die _religi�sen Festtage_, die Feiertage Marokko's, anbetrifft, so gelten im Allgemeinen dieselben Regeln, wie in den �brigen mohammedanischen L�ndern. Indess ist nirgends Zwang, irgendwie an einem Feiertage die Arbeit einzustellen, oder Handel und Wandel zu beschr�nken. So sehen wir namentlich, dass Freitags, welcher Tag bei dem Mohammedaner dem Sabath der Juden, dem Sonntage der Christen entspricht, Niemand daran denkt, irgend wie seine Arbeit einzustellen, seinen Verkaufsladen zu schliessen, oder sonst seine tagt�gliche Besch�ftigung zu unterlassen. Nur w�hrend der Zeit des Chotbagebetes liegt Alles still in den St�dten, weil jeder St�dter aus _eigenem Antriebe_[41], dann auch weil das Gesetz es erheischt, diesem Gebete in der Djemma beiwohnt. [Fu�note 41: Aus eigenem Antriebe, d.h. wer ohne Grund Freitags das Chotbagebet zweimal hinter einander vers�umt, muss der Djemma, zu der er geh�rt, Strafe zahlen; dies gilt nat�rlich nur f�r St�dter.] Die Feste religi�ser Art, welche in Marokko gefeiert werden, sind im Monat Rebi-el-ual das Geburtsfest Mohammed's, _Mulud_ genannt, am 12. des genannten Monats. Dies Fest dauert sieben Tage, aber nur der erste Tag wird durch einen besondern Gottesdienst in der Djemma gefeiert. Gefastet wird nicht, aber viel Musik gemacht, Pulver verschwendet und Phantasia geritten. Das kleine Fest, _aid el sserir_, beendigt den Fastenmonat Ramadhan; es findet vom 1. bis zum 7. Schual statt. Bei diesem Feste werden, wie schon erw�hnt, grosse Almosen gegeben, und man h�lt sodann ein grosses �ffentliches Gebet im Freien. Zu dem Ende hat jede Stadt in Marokko ausserhalb des Weichbildes einen gemauerten, weiss angekalkten Gebetsplatz, _Emssala_ genannt. Eine 5 bis 6 Fuss hohe crenelirte Mauer, 20 Schritt lang, hat in der Mitte einen steinernen _Mimbr_, d. h. eine Treppe, die f�r den Fakih, der die Predigt h�lt, bestimmt ist. Darf man Ali Bey Glauben schenken, so wohnte er einem solchen Gottesdienste bei, wo zu gleicher Zeit 250,000 Menschen sich vor Gott zur Erde beugten; es war dies in Fes zur Zeit der Regierung des Sultans Sliman. Ich wohnte in Uesan einem solchen religi�sen Feste zweimal bei; der Grossscherif, Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam, war die Hauptperson dabei; im Ganzen mochten 20,000 Menschen anwesend sein. _Nach der Predigt_ und nach dem Gebete war ein grosses _lab-el-barudh_, d. h. ein _Pferdewettrennen_ mit Flintensch�ssen. Dies Fest findet am 1. Schual statt; die �brigen sechs Tage zeichnen sich nur dadurch aus, dass man aussergew�hnlich grosse Quantit�ten Nahrung zu sich nimmt und dem s�ssen Nichtsthun huldigt. Am 10. Dulhaja ist das grosse Fest oder _aid el kebir_ zur Erinnerung des Opfers Abraham's; zugleich ist es jetzt f�r die, welche nicht nach Mekka pilgern, eine Mitfeier des dort stattfindenden grossen Festes. Dasselbe dauert drei Tage. Man verrichtet zuerst sein Gebet in der Moschee und geht sodann nach Hause, um ein Schaf zu opfern, d. h. zu schlachten und zu verspeisen. In nicht reichen Familien h�lt man f�r gen�gend, ein Schaf f�r Alle zu schlachten, in reichen Familien aber opfert jedes m�nnliche Mitglied ein Thier. Der ganz arme Mann holt sich sein Viertel bei dem Reichen, kurz, an dem Tage ist Niemand ohne Fleischkost in Marokko. H�st meint, dass an jenem Tage in Fes 40,000, in Maraksch 20,000 Schafe geschlachtet werden, und nach der Zahl zu urtheilen, die in Uesan geopfert wurden (Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam z. B. liess von einem seiner Duar 500 Schafe zum Opfern bloss f�r seinen Haushalt nach Uesan kommen), m�chte ich glauben, dass jene Zahlen eher zu niedrig als zu hoch gegriffen seien. An diesem Tage werden dem Sultan ebenfalls grosse Geschenke gemacht, von jeder Stadt und jeder Ortschaft. Die beiden folgenden Tage zeichnen sich ebenfalls durch Schmausereien aus, und Unverdaulichkeit, allgemeines Kranksein und Unf�higkeit, irgend etwas zu thun, sind immer Folge dieser Feier, namentlich f�r solche, die so wenig an animalische Kost gew�hnt sind, wie die Marokkaner. Ein halb religi�ses, halb weltliches Fest ist das _aid el tholba_, das Fest der Schriftgelehrten. Es findet im Fr�hjahr zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche statt; s�mmtliche Tholba und Fakih ziehen zur Stadt hinaus und lagern w�hrend einer Woche unter Zelten. Obschon Koranlesen und Beten der urspr�ngliche Zweck dabei sein soll, konnte ich davon in der heiligen Stadt Uesan, aber vielleicht gerade _weil_ Uesan eine heilige Stadt ist, nichts merken; im Gegentheil, bei Tage besch�ftigten sich die Doctoren und Schriftgelehrten damit, Almosen zu empfangen in Gestalt von Geld, Thee, Zucker, Lebensmitteln aller Art und leckeren Gerichten, welche die and�chtigen Frauen aus der Stadt heraussandten. Inzwischen wurde enorm gegessen, und wenn Abends profane Blicke der Bauern aus der Umgegend nicht zu bef�rchten waren, gab man sich fleissig dem Wein und Schnaps hin. War am andern Morgen ein Doctor oder Schriftgelehrter durch Trunkenheit oder Katzenjammer unf�hig, sich irgend wie vern�nftig mit Almosen bringenden Leuten aus dem Gebirge und der fernen Umgegend zu unterhalten, so _wuchs sein Ruf_, man glaubte, er habe sich durch Nachtwachen derart in einen �berreizten und heiligen Zustand versetzt, dass er dem gew�hnlichen Erdenleben entr�ckt sei. Wir haben oben bemerkt, dass in Marokko nur rechtgl�ubige Mohammedaner malekitischen Bekenntnisses sind, denn die wenigen _Choms_ (eine nicht den vier orthodoxen Secten huldigende f�nfte Partei) im Gebirge sind kaum erw�hnenswerth. Aber in dieser malekitischen Sekte haben sich nun wieder zahlreiche _religi�se Genossenschaften_ gebildet, religi�se Innungen, so dass man fast sagen kann, ein jeder Marokkaner geh�rt einer solchen an. In gewisser Beziehung haben solche religi�se Verbindungen Aehnlichkeit mit den christlichen, besonders insofern, als ihnen speciell eine gewisse Verpflichtung obliegt, gewisse Privatgesetze gemein sind, Viele noch besondere additionelle Gebete verrichten, gewisse Fasten halten, mancher Speise insbesondere sich enthalten. Sie unterscheiden sich aber am deutlichsten von christlich-religi�sen Genossenschaften dadurch, dass jedes Mitglied einer solchen Innung[42] verheirathet ist, weil Mohammed das Heirathen an und f�r sich als verdienstlich und gut hinstellt. Leute unter den Mohammedanern, die nicht verheirathet sind, werden daher unter allen Umst�nden ver�chtlich angesehen. [Fu�note 42: Mir wurde in ganz Marokko nur von einer religi�sen Genossenschaft Kunde gegeben, deren Mitglieder _unverheiratet_ sein mussten, diese nannten sich _Fokra el mulei Abd Allah el Scherif_ in Uesan. Diese Br�derschaft war �usserst schwach, die Mitglieder waren alle gelehrt und (dem Anscheine nach) sittenreine Leute. _Leo_, Bd. I, S. 251, Ausgabe von Loosbach, spricht aber von den sogenannten Romiti (Marabuten), welche ebenfalls nicht heirathen d�rfen, aber deren Lebenswandel nach seiner Beschreibung eben nicht sehr erfreulich und tugendhaft gewesen sein soll.] Die verschiedenen religi�sen Genossenschaften zu beschreiben werde ich andernorts Gelegenheit haben, hier gen�ge, dass die vornehmste religi�se Innung die der _Muley Thaib_ in Uesan ist, die ausgebreitetste im ganzen Nordwesten von Afrika. Es kommt sodann die Corporation der _Sidi Hammed ben Nasser_ mit dem Centralsitze von Tamagrut in der Draa-Oase; die der _Sidi Abd-es-Ssalam-ben-Mschisch_ mit der Hauptstadt Sauya, im Djebel Habib, s�d�stlich von Tanger; die von _Sidi Mussa_ in Karsas, und viele andere. Ohne religi�ses Centrum, Sauya[43], sodann ist der Orden der _Aissauin_, d. h. der Jesuitenorden, zu erw�hnen. Da wir gleich auf letztere etwas n�her eingehen wollen, erw�hne ich nur, dass alle �brigen religi�sen Genossenschaften als alleinigen Zweck haben, _sich die Menschen zu unterwerfen und dieselben auszubeuten_. Indem sie vorgeben, dass wer ihrem Orden beitrete, d. h. die und die Ceremonie mitmache, dies oder jenes Gebet ausserdem verrichte, an die F�rbitte dieses oder jenes Heiligen besonders glaube, den oder jenen Festtag extra halte und, worauf es besonders ankommt, freiwillige oder bestimmte Gaben der Sauya oder dem Oberhaupte darbiete, suchen sie sich mehr oder minder der Herrschaft �ber die Geldbeutel und damit �ber die Leute selbst zu bem�chtigen. Aeusserlich unterscheiden sich die Genossen einer religi�sen Innung von denen einer andern nicht, h�chstens findet man einen Unterschied im Rosenkranz. Die Mohammedaner haben mit den Katholiken gemein die Hantirung eines Rosenkranzes, der aus hundert Perlen besteht. Die Mohammedaner beten freilich nicht bei jeder der Hand entgleitenden Kugel ein Ave oder Paternoster, sondern rufen bloss Gott an (es ist vorhin gesagt, wie verdienstvoll es ist, den Namen Gottes auszusprechen), bei jeder Perle z. B. "Gott ist gross" oder "Gott ist allbarmherzig" etc. Als Unterschied von �brigen religi�sen Orden haben die Br�der des Mulei Thaib einen grossen Messingring am Rosenkranz, die des Sidi Hussa in Karsas eine grosse Perle von Bernstein, und andere �hnliche Abzeichen. [Fu�note 43: Das Wort _Sauya_ bedeutet Kloster, Pilgerort, Schule, Asyl zusammengenommen. Da aber, wie schon gesagt, die Mitglieder einer religi�sen Genossenschaft fast immer verheirathet sind, so hat eine Sauya ein ganz anderes Aussehen als ein Kloster. Wichtigkeit haben Sauya besonders, wenn sie Centralstelle eines religi�sen Ordens sind, wenn sie todte oder lebendige Heilige haben, wenn sie durch Tradition ein unverletzliches Asylrecht besitzen. Letzteres wird aber dennoch manchmal durch die _Unfehlbarkeit_ irgend eines Sultans, _dem ja keine Ueberlieferung heilig ist_, gebrochen.] Die vorhin erw�hnten _Aissauin_ oder Br�der vom Orden Jesu (Aissa heisst Jesus) sind eine der merkw�rdigsten Verbindungen. Sie haben kein bestimmtes _lebendes_ Oberhaupt, keine bestimmten Ordensregeln, keine Sauya, sie leben nur vom Aberglauben und dadurch, dass sie die Leichtgl�ubigkeit ihrer Mitmenschen t�uschen. Ihren Namen haben sie vom Propheten Jesus angenommen, den sie auch als geistiges, unsichtbares Oberhaupt anerkennen, und sie behaupten auch, ihre Wunderkraft von ihm ererbt zu haben. Sie fussen dabei auf die Worte Mohammed's im Koran, "dass ihm (d. h. Mohammed) die Gabe, Wunder zu thun, nicht verliehen gewesen sei, dass aber Jesus sie gehabt habe." Die Aissauin sind sehr zahlreich, und nicht nur in Marokko zu finden, sondern in der ganzen mohammedanischen Welt. Manchmal sind die Kunstst�cke, welche ihre wunderth�tige Heiligkeit darthun sollen, sehr einfacher Art, z. B. dass sie einen Scorpion in die Hand nehmen, Schlangen auf dem K�rper herumkriechen lassen; manchmal aber erregt es Entsetzen, wenn man sieht, wie diese Leute Schlangen lebendig verzehren, zerhackte N�gel, gestossenes Glas, scharfkantige Steine und gl�hende Kohlen hinunterschlucken, wie sie unter Anrufung von "Gott und Jesus" ihren K�rper wund schlagen, dass er blutr�nstig wird (�hnlich wie die Flagellanten der Christen etc.), und ausserdem nicht nur gegen ihren _eigenen_ K�rper Verbrechen begehen, sondern oft _�ffentlich_ und _ungestraft_ gegen die Sittlichkeit mit anderen Menschen und Thieren sich vers�ndigen, dass dergleichen in anderen L�ndern als Wahnsinn bezeichnet, oder wollte man es berichten, als erlogen betrachtet w�rde. Ich unterlasse es deshalb, Beispiele ihrer religi�sen Tugend, die ich selbst gesehen, anzuf�hren, verweise daf�r auf Leo Africanus I, S. 253 oder Lempriere's Reise durch Marokko und auf fast alle anderen Schriftsteller, welche �ber Marokko berichtet haben. Wie in der christlichen Kirche, so hat sich auch im Mohammedanismus ein _Heiligenstand_ entwickelt und namentlich in Marokko steht derselbe in Bl�the. Die mohammedanische Religion spricht aber nicht durch ein bestimmtes Organ, wie z. B. bei den Christen durch den Papst, heilig; ein solches hat die gesammte mohammedanische Religion �berhaupt nicht, sondern in einzelnen mohammedanischen L�ndern, wie Marokko, wo der Sultan Papst, der Papst Sultan ist, besorgt es das ganze Volk, welches nie Heilige genug haben kann. Die mohammedanische Religion hat nun den Vortheil, dass Menschen schon bei Lebzeiten heilig gehalten oder gesprochen werden, und da jeder Mohammedaner heirathet, _so ist die Erblichkeit in das Heiligsein gekommen_, d. h. die Nachkommen eines solchen Heiligen werden auch als heilig betrachtet. Ja, im Laufe der Jahrhunderte hat sich dies so eigenth�mlich herausgestaltet, dass die Heiligkeit nicht nur erblich, sondern _wachsend_ geworden ist, derart, dass der Nachkomme eines Heiligen stets f�r heiliger gehalten wird, als er selbst. So sehen wir, dass z. B. in Uesan der directeste Spr�ssling Mohammed's jetzt f�r viel heiliger und unfehlbarer gehalten wird, als Mohammed selbst. Wenn meistens bei Christen und anderen der Glaube obwaltet, es sei um Mohammedaner zu werden, unumg�nglich die Beschneidung nothwendig, so ist dies irrth�mlich. Im Koran ist f�r den Moslim die Beschneidung nicht gesetzlich gemacht, und so giebt es denn, namentlich unter den Berberst�mmen Marokko's, verschiedene, welche _nie die Beschneidung bei sich eingef�hrt haben_. Trotzdem zweifelt Niemand an dem Islam dieser St�mme. Ueberdies wird die Circumcision erst im siebenten oder achten Lebensjahr vorgenommen, und falls die Beschneidung _wesentlich_ zum Islam geh�rte, w�ren sodann Kinder, die jenes Alter nicht h�tten, keine Mohammedaner. Es werden nur Knaben in Marokko beschnitten. Ziehen wir schliesslich einen Vergleich, so finden wir, dass gleiche Lehren und gleicher Glaube auf das Volk dieselbe Wirkung haben. Die _Unfehlbarkeit eines Einzelnen_, die in Marokko schon seit der Regierung des Sultans Yussuf Ben Taschfin's besteht, hat die grenzenloseste Dummheit des Volkes, den kolossalsten Aberglauben, die gr�sste Scheinheiligkeit und den Ruin der Nation und des Landes zur Folge gehabt. So hat auch in der j�dischen, der ersten semitischen Religion, die Unfehlbarkeit der Bundeslade, des Hohenpriesters, Jerusalems, d. h. das starre, eiserne Festhalten eines �berlebten Grundsatzes Scheinheiligkeit, Aberglauben, Heuchelei, Selbst�bersch�tzung und dann den Ruin des Volkes zur Folge gehabt. Und bei den Christen sehen wir, dass das feste Anklammern an abgelebte Ideen, das Wiederaufrichten vorweltlicher Lehren, der eingebildete Wahn, den allein seligmachenden Glauben zu besitzen, oder die allein unfehlbare Oberkirchenbeh�rde zu sein, schliesslich zur "Unfehlbarkeit" eines einzelnen Menschen selbst f�hrte. * * * * * 5. Krankheiten und deren Behandlung. * * * * * Eine der ersten Ursachen, weshalb die Bev�lkerung in Marokko so wenig zunehmend ist, vielmehr station�r bleibt, sind die vielen im Lande herrschenden Krankheiten, und die schlechte und unrationelle Behandlung derselben. Ein Land, dessen Bewohner eben nur "Jenseits-Candidaten" sind, falls es sich um Ungl�cksf�lle handelt, die ihr gew�hnlicher durch die mohammedanische Religion erstickter Geist nicht ergr�nden kann, das Volk eines solches Land _muss_ zu Grunde gehen. Und in Marokko wird eine jede Krankheit als eine Heimsuchung "Allah's" bezeichnet, und die besten Mittel dagegen sind "Gebets�bungen" und "Amulette." Von den Lehren der grossen Doctoren, welche einst in Spanien und Marokko gelebt, ist heut zu Tage keine Spur mehr vorhanden. Man m�sste ihre Werke herausholen aus den Bibliotheken Fes' oder Uesan's, um nur den Namen derselben zu erfahren. Kein marokkanischer Arzt, geschweige ein gew�hnlicher Marokkaner weiss, dass Abu-el-Kassem-Calif-ben-Abbes (Albucasis) ihr Landsmann ist, dass er der Erfinder der Lithotomie[44] war. [Fu�note 44: Portal, Histoire de Panatomie et de la chirurgie.] Der im Dienste des marokkanischen Sultans (Yussuf [Yussuf] ben Taschfin gewesene Arzt Aven-Zoar (Abu-Meruan-ben-Abd-el-Malek-b-Sohr), der es wagte gegen die Vorurtheile seiner Zeit, Chirurgie und Medicin zu vereinigen, welcher zuerst die Idee der Bronchotomie hatte, ist in Marokko verschollen. Weder der �ltere noch j�ngere (Aven-Zoar's Sohn), der gleichfalls Arzt war, sind auch nur dem Namen nach bekannt. Verschollen ist der noch ber�hmtere Arzt und Philosoph Avero�s (Abu-Uld-Mohammed-ben-Rosch), ein Sch�ler des �lteren Aven-Zoar, welcher unter des Sultans Almansor Regierung nach Marokko berufen wurde und dort starb. Kein Grabstein, kein Andenken solch ber�hmter M�nner ist im Lande zu finden, und wenn die Marokkaner kein Ged�chtniss haben f�r so ber�hmte M�nner, welche einst unter ihnen lebten, wie ist es da zu verwundern, dass auch von anderen minder ber�hmten jede Spur ausgel�scht ist. Die heutigen Aerzte von Marokko verdienen in jeder Beziehung die untergeordnete Stellung, die sie einnehmen. Nur dann stehen sie in Ansehen, wenn sie zu gleicher Zeit Tholba, d. h. Schriftgelehrte oder Faki, d. h. Doctoren der Theologie sind. Und noch h�her ist ihr Einfluss und ihr Ruf verbreitet, wenn sie zugleich Sch�rfa, d. h. Abk�mmlinge Mohammed's sind. In dieser Eigenschaft liegt zugleich, der Meinung des Marokkaners nach, �rztliche Natur. Und so sieht man denn auch h�ufig genug Leute zu einem Scherif kommen, um seine H�lfe gegen irgend eine Krankheit zu erflehen, sei es nun, dass diese in einem Gebete oder Segen, in einem Amulet, oder geschriebenen geheimnissvollen Zauberspruche, oder auch in wirklicher medicinischer Substanz besteht. Solche Leute, die sich nur mit Aus�bung innerer Heilkunde besch�ftigen, ohne Thaleb, Faki oder Scherif zu sein, giebt es daher sehr wenige in Marokko, eher schon st�sst man auf Chirurgen von Profession, die es durch Uebung in irgend einem Zweige der Wundarzneikunde zu einem mehr oder weniger verdienten Rufe gebracht haben. Meinen grossen �rztlichen Ruf in Marokko verdankte ich denn auch nicht dem Umst�nde, dass ich Medicin studirt hatte, oder Milit�rarzt des Sultans, sp�ter sogar dessen Leibarzt war, sondern es hatte das seinen Grund darin, dass ich vorher Christ gewesen war. Nach dem Glauben der Mohammedaner ist Jesus der gr�sste Arzt gewesen, und sie meinen, er habe den Christen eine Menge wunderth�tiger Heilmittel hinterlassen. So wurden denn oft zu mir die verzweifeltesten F�lle gebracht. "Der Sohn des Jesus (uld ben Aissa) wird uns schon helfen k�nnen," meinten sie. Ebenso giebt es nirgends eigentliche Apotheken oder Pharmacien. Der Arzt bereitet immer selbst seine Arzneien und giebt sie dann dem Kranken. Ist er unbekannt und die erkrankte Pers�nlichkeit eine einflussreiche, so muss er unab�nderlich von der Arznei vorher kosten, oft sogar die H�lfte geniessen. So hatte ich die Unannehmlichkeit, mich eines Tages mit dem Bascha von Fes, Ben-Thaleb purgiren zu m�ssen. Derselbe hatte ein Abf�hrungsmittel verlangt, ich brachte ihm eine Schale mit aufgel�stem Bittersalz, aber um sicher zu sein nicht vergiftet zu werden, musste ich die H�lfte vor seinen Augen austrinken; vorher davon unterrichtet, hatte ich die Dose stark genug gemacht, um f�r uns beide eine Wirkung zu erzielen, im entgegengesetzten Falle w�rde mein Ruf gelitten haben. Indem wir hier nur die am h�ufigsten in Marokko vorkommenden Krankheiten vorf�hren, beginnen wir mit der, welche am verbreitetsten ist, so verallgemeinert, dass heute fast keine Familie in Marokko n�rdlich vom Atlas existirt, welche von dieser Krankheit unber�hrt geblieben w�re: Syphilis. Unter Syphilis verstehen die Marokkaner vom Ulcus syphiliticum an alle jene Krankheiten, welche wir als Syphilis universalis, constitutionelle Syphilis und ihre Producte bezeichnen. Der Marokkaner nennt diese Krankheit "die grosse," Mrd-el-kebir, oder die "Frauenkrankheit," Mrd-el-nssau�n. Einzelne Formen, z.B. das Ulcus syphiliticum nennt er Grah, ohne aber diese, wie andere syphilitische Erscheinungen, z.B. Bubonen, Ulcerationen im Schlunde, Ausschl�ge herpetischer Art, f�r Syphilis zu halten; ebensowenig rechnet der Marokkaner zum Mrd-el-kebir die Krankheiten der Harnr�hre und Scheide. Also unseren secund�ren und terti�ren Erscheinungen entspricht das Mrd-el-kebir, um so mehr tritt dies heraus, als selbst nicht sichtbare, sondern nur f�hlbare Erscheinungen, die n�chtlichen Knochenschmerzen (satar) von dem Marokkaner zum Mrd-el-kebir gerechnet werden. Es giebt in der That fast kein Individuum in Marokko, das sein Leben ohne diese Krankheit zubr�chte. Leo[45] schon meint, dass nicht der zehnte Theil der Einwohner der Berberei dieser Seuche entgehe. Leo behauptet ferner, diese Krankheit sei ehedem nicht in Afrika bekannt gewesen, selbst nicht dem Namen nach; er sagt: "sie fing dort zu der Zeit, als K�nig Ferdinand (der Katholische) die Juden aus Spanien verjagt hatte, an; viele von denselben waren angesiechet, und das Gift steckte die woll�stigen Mauren, die mit J�dinnen nach ihrer Ankunft in Afrika zu vertraut umgingen, auch an, und griff nach und nach so um sich, dass wohl keine Familie in der Berberei gefunden wird, die das Uebel nicht gehabt h�tte, oder noch h�tte. Sie halten es f�r unleugbar, dass es aus Spanien herkomme, und nennen es folglich auch die spanische Krankheit." Wie dem nun auch sein mag, ob diese Krankheit in Marokko erst nach der Judenvertreibung aus Spanien bekannt wurde, oder schon _vorher_ grassirte, heute ist sie unter dem Namen "spanische Krankheit" in Marokko _nicht_ bekannt. Aber Alle, die in Marokko gewesen sind, constatiren das _allgemeine_ Verkommen. So sagt Jackson in seinem Account p. 190: "they call it the _great disease_ and it had now spread itself into so many varieties, that I am persuaded, there is scarcely a moor in Barbary who has not more or less of the virus in his blood." [Fu�note 45: Leo Africanus, Uebersetzung von Lorsbach.] Es giebt wohl keine Form der syphilitischen Krankheit, welche in Marokko unbekannt w�re, und da sie keine gr�ndlichen Heilverfahren dagegen in Anwendung bringen, so wird dies Uebel erblich durch ganze Triben fortgesetzt. H�ufig genug h�rt man ein Individuum sagen, "mein Vater war ganz gesund, und ohne Ursache bin ich vom Mrd-el-kebir befallen," forscht man aber nach, so erfahrt man bald, dass m�tterlicherseits oder von grosselterlicher Seite her die Krankheit existirte und bei den Eltern nur latent war oder so schwach auftrat, dass sie nicht beachtet wurde. Als Mittel gegen den Mrd-el-kebir wenden die Marokkaner mit bestem Erfolg die heissen Schwefelquellen von Ain-Sidi-Yussuf an. Da ich nicht selbst jenes bei Fes gelegene, wahrscheinlich das zu den R�merzeiten schon unter dem Namen Aquae Dacicae bekannte Bad besucht habe, so kann ich weder �ber die Temperatur noch �ber die Bestandtheile desselben berichten. Nach den Aussagen der Araber ist aber unzweifelhaft Schwefel Hauptbestandteil und ist das Wasser so heiss, dass darin Badende das Bassin, welches die eigentliche Quelle enth�lt, nicht betreten k�nnen, dort soll das Wasser fast siedend sein. Die Badebassins befinden sich in einiger Entfernung davon, nachdem das Wasser auf Umwegen eine Abk�hlung erhalten hat. Die das Wasser Gebrauchenden baden in grossen gemeinschaftlichen Bassins, Frauen von den M�nnern getrennt. Eine Kur dauert mit t�glichem Baden, wobei mau oft stundenlang im Bassin hockt, so lange bis man geheilt ist, oder die Unwirksamkeit glaubt erprobt zu haben. Jahrelanges Baden ist nichts Seltenes, und weniger als eine dreimonatelange Kur wird wohl nie versucht. Die Marokkaner trinken das nach faulen Eiern riechende Wasser nicht. Man kann sich denken, welche Vollheit immer in Ain-Sidi-Yussuf ist, indess campiren alle Leute, f�r Badeeinrichtung ist n�mlich gar nicht gesorgt und auf einem w�chentlich Einmal abgehaltenen Markte ebendaselbst, werden die Lebensmittel und Vorr�the eingekauft. Eine besondere Di�t wird bei der Kur nicht beobachtet, was bei der einfachen marokkanischen Kost auch nicht nothwendig ist. Vom Gebrauche dieser B�der habe ich die �berraschendsten Erfolge gesehen, manchmal nach kurzem (d.h. nach 5-6monatlichem, t�glichem, meist zweimaligem Baden, wobei die Leute behaupteten, jedesmal zwei Stunden im Bade zugebracht zu haben), manchmal nach l�ngerem Gebrauche. Indess ist dies Bad wie alle Schwefelb�der kein specifisches Mittel und nicht nur kamen oft genug R�ckfalle, Wiederausbruch der Syphilis vor, sondern sehr oft zeigt sich das Bad vollkommen wirkungslos. Der Marokkaner sagt nat�rlich nie, dass das Wasser des Bades die Heilung bewirkt: Sidi Yussuf oder dessen Segen bewirken die Genesung. Mercur wird �usserst selten gebraucht, und fast nur in den St�dten. Man kennt dort, wo europ�ische Apotheken sind, die einfache Mercurialsalbe und macht �rtliche Einreibungen. Auch Juden in den St�dten des _inneren_ Landes pr�pariren und verkaufen Ung. mercuriale cinerum. Am h�ufigsten wird das Quecksilber angewandt, indem man es in seiner wahren Gestalt in eine stark erhitzte Pfanne sch�ttet und dann die Quecksilberd�mpfe einathmet. Aber wenn auch manchmal sowohl von den �rtlichen Einreibungen, wie von den Inhalationen Besserung erfolgt, so unterliegen dann aber die Meisten den Folgen der Mercurialvergiftung. Jod und seine Verbindungen sind g�nzlich unbekannt. Am gebr�uchlichsten ist noch die Sarsaparilla, nicht nur das Decoct der Wurzel, sondern auch diese selbst im pulverisirten Zustande wird genossen. Aber nur Wenige in Marokko sind im Stande, eine durchgreifende Kur mit diesem f�r dortige Verh�ltnisse recht kostspieligen Medicament, welches die Portugiesen importiren, machen zu k�nnen. Man h�lt sodann ausserordentlich viel auf Ortsver�nderung, Di�t und Schwitzen, d.h. Ortsver�nderung wird nur insofern gepriesen, als die Leute dabei in heissere Gegenden gehen, meist s�dlich vom Atlas. Die dann erfolgende gr�ssere Transpiration soll manchmal Heilung bewirken. Entziehung der Nahrung bringt indess nach den Aussagen der Marokkaner nur Stillstand der Krankheit herbei. Jackson erz�hlt, dass zur Zeit, als er in Agadir war, der dortige Bascha, Namens Hayane, seine schwarzen Soldaten dadurch von der Krankheit heilte, dass er sie schwere Lasten bergauf tragen liess, welches eine m�chtige Schweissbildung hervorbrachte. Innerlich giebt man an einigen Orten auch eine Abkochung der Rinde von Coloquinthen (Cucumis colocynthis). Dieses drastische Purgirmittel soll das Gift des Mrd-el-kebir aus dem K�rper entfernen, aber nie habe ich geh�rt, dass es irgend gewirkt h�tte. Ebenfalls giebt man diese Decoction gegen blennorrho�sche Affectionen, in der Regel aber werden diese durch eine Abkochung von Melonenkernen behandelt, welches unschuldige Mittel innerlich gegeben wird. Injectionen bei dieser Krankheit werden nie angewandt. Es braucht kaum gesagt zu werden, dass nebenher Amulette und Zauberspr�che hier wie bei _allen_ Krankheiten in Anwendung sind. Kleine Zettelchen mit Koran- oder anderen Spr�chen werden in die Kleidungsst�cke oder in kleine lederne S�ckchen gen�ht und diese umgehangen, oder ein solches beschriebenes Papierchen wird in einer Tasse mit Wasser abgewaschen und dies dem Patienten zu trinken gegeben, oder endlich das Amulet selbst wird als Medicin hinabgeschluckt; man denke sich, welche Wirkung es haben muss, wenn der Kranke einen Koran-Spruch gegessen hat. F�lle von constitutioneller Syphilis, die ich selbst behandelte mittelst Jodkali und Mercur, hatten die �berraschendsten Erfolge. Aeusserlich wandte ich die Inunctions-Kur, innerlich Jodkali an, mit 0,5 anfangend, bis zu 3 oder 4 Gr. auf einmal t�glich, in Wasser gel�st, gegeben. Aus Mangel an Medicamenten musste ich indess auch bald zu den Amuletten greifen. Intermittirende Fieber[46] kommen in den Niederungen l�ngs der Fl�sse, in den sumpfigen Ebenen best�ndig und zu jeder Jahreszeit vor. Der Marokkaner wird ebenso gut davon befallen wie der Europ�er, und das krankhafte Aussehen von Kindern und Frauen der Rharb-Provinzen deuten genug an, dass diese haupts�chlich dieser Krankheit unterliegen. Der Grund liegt darin, dass der Mann durch h�ufigen Ortswechsel seine Gesundheit leichter wieder herstellen kann. Meist ist das Fieber das gew�hnliche, alle 48 Stunden auftretende, sehr h�ufig beobachtet man auch Febr. quartanae, und die damit Behafteten werden ihr Fieber fast nie wieder los. Man kennt in Marokko den Segen des Chinin nicht, das erste Mittel, zu dem man greift (ausser den Amuletten und Zauberspr�chen), ist eine starke Purganz, die aber nat�rlich keine Heilung bewirkt. In den marokkanischen St�dten, namentlich in den Hafenst�dten, hat man in letzterer Zeit angefangen trotz des hohen Preises Chinin zu kaufen. [Fu�note 46: Fieber: el Homma.] Weit verbreitet sind Leberleiden und Gelbsucht[47], gegen welche man das Kraut des K�mmel (Cuminum cyminum L.) anwendet, arabisch Schemssuria genannt; als ger�hmtes Mittel wird dagegen auch Schih (Art. odorif.) genommen. H�ufige Magenbeschwerden, Folgen grosser Unm�ssigkeiten, die namentlich nach den Festlichkeiten beobachtet werden, und alle die Krankheiten, wie Rheumatismus, Gicht, Kopfschmerz[48], halbseitiger Kopfschmerz, der oft beobachtet wird, alle Arten von Entz�ndungen, versucht man durch �usserliches Bestreichen mit heissem Eisen zu heilen. Gegen Durchfall, Ruhr, Dysenterie wendet man Gummi arabicum, in Substanz gegessen, dann eine Pflanze "Kebbar" (Capparis spinosa) an, deren Holz gestampft und abgekocht wird, endlich auch rohes Opium. [Fu�note 47: Gelbsucht, Bu-Sfor, d.h. w�rtlich: Vater des Gelben.] [Fu�note 48: Alle diese Krankheiten, welche bei uns mit Schmerz endigen (arabisch udja), dr�ckt der Marokkaner ebenso aus, z.B. Kopfschmerz udja el ras u.s.w.] Es ist unglaublich, wie besondere Freunde die Marokkaner von der Feuerkur, �berhaupt von allen recht schmerzhaften Heilverfahren sind. In Fes giebt es daher auch eigene Special-Feuer�rzte. Man sieht sie auf der Hauptstrasse, welche Neu-Fes mit Alt-Fes verbindet, auf dem Boden hocken. Vor sich haben sie einen kleinen eisernen Topf mit einem Rost darin, worauf sich ein gut unterhaltenes Kohlenfeuer befindet. Nebenan steht ein K�rbchen mit Holzkohlen, daneben liegt auch ein Ziegenschlauch, der zum Anblasen dient. Ein Kranker erscheint, er hat Nachts ohne Zelt zubringen m�ssen, es hat geregnet, und Folge davon war, dass er sich einen Hexenschuss geholt. Er pr�sentirt sich beim ber�hmten Feuerdoctor Si-Edris, um so ber�hmter, da er lesen kann, Thaleb ist: ein dicker neben ihm liegender Foliant, einziges Buch, das er besitzt, bezeugt es. Trotzdem Doctor Si-Edris nur das eine Buch besitzt, hat er es, obschon er sechzig Jahre alt ist, noch nicht ganz durchgelesen. Ist es so schwer zu verstehen? Keineswegs! Aber das hat seine Gr�nde, erstens hat Doctor Edris es im Lesen keineswegs zu einer grossen Fertigkeit gebracht, er verf�hrt dabei so rasch wie bei uns ein sechs- oder siebenj�hriges Kind, sodann ist der Inhalt des Buches, wenn auch f�r den Mohammedaner sehr gewichtig und zu wissen nothwendig, doch �usserst langweilig. Das Buch enth�lt n�mlich von hinten bis vorn nichts Anderes als die Phrase: "Lah illaha il Allah Mohammed resul ul Lah", oder: "es giebt mir einen Gott und Mohammed ist sein Gesandter"[49]. [Fu�note 49: Als die Spanier die Stadt Tetuan einnahmen, fiel ihnen ein Buch in die Hand, welches von Anfang bis Ende nur die Worte "Gottlob", "Hamd-al-Lahi" enthielt.] Mittlerweile hat unser Specialarzt mehrere Eisenst�be, zwei Fuss lang und mit sonderbaren Kn�pfen, Haken und anderen Formen am heisszumachenden Ende versehen, in das vor ihm stehende Feuer geschoben. Mit dem Schlauche facht er die Gluth besser an, endlich ist das Eisen weiss. Der Kranke hat sich unterdessen auf den Bauch gelegt, seine Kleidungsst�cke in die H�he schiebend, und die Vorbeigehenden, welche sehen, dass einer "das Feuer bekommen" soll, bilden einen dichten Haufen. Der wichtige Augenblick ist da, der Doctor ergreift ein Eisen und mit dem Ausrufe "Bi ism Allah" macht er bed�chtig mit demselben auf dem R�cken und der Kreuzgegend einige Striche, es zischt und ein unangenehmer Geruch von verbrannter Haut zieht den Umstehenden in die Nase. Der Patient zeigt bei dieser Operation, welche Si-Edris mit wundervoller Langsamkeit vornimmt, weil er glaubt zu grosse Eile schade seinem Ansehen, die gr�sste Ausdauer und Standhaftigkeit, er beisst die Z�hne zusammen und allein die stark ausbrechenden Schweisstropfen verrathen seinen Schmerz. Wie vernichtet bleibt er nach beendeter Operation eine Zeit lang auf dem Boden liegen, aber keine Klage ber�hrt das Ohr der Umstehenden, die den Rosenkranz durch die Finger laufen lassen und mit den Lippen Gott und Mohammed preisen. Aber was geschieht? Der Patient, der wohlhabend sein muss, dreht seinen Kopf: "Si-Edris, Si-Edris," ruft er.--"Malk, was willst du?" ist die kurze Antwort des ber�hmten Arztes.--"Masal-en-nar, noch ein Feuer!--" "Mlech attini haki, gut, gieb mir mein Honorar",[50] erwiedert der Doctor. Unter Seufzen und Aechzen holt der Kranke aus irgend einer Falte eines Kleides eine Mosona (ungef�hr einen viertel Groschen), reicht sie dem Doctor und die Feuerkur beginnt aufs Neue. Si-Edris l�sst sich wie alle marokkanischen Aerzte immer im Voraus sein Honorar zahlen; sein grosser Ruf hat ihn �brigens �berm�thig gemacht, er l�sst nicht mit sich dingen. W�hrend alle anderen Aerzte und auch die Feuerdoctoren, immer mit sich handeln lassen, thut dies Si-Edris nicht, von dem festen Preise: f�r ein einmaliges Feuer eine Mosona zu nehmen, ist er seit Jahren nicht herabgekommen. [Fu�note 50: W�rtlich: gieb mir mein Recht.] Der grosse Ruf, dessen sich als Heilmittel in Marokko das Feuer erfreut, liegt eben darin, dass in vielen F�llen recht gute Erfolge erzielt werden. Aber welche Revolution brachte ich unter Fes' Aerzte, als sich auf ein Mal das Ger�cht verbreitete, ich habe "en-nar-bird" _kaltes Feuer_ und der Segen des kalten Feuers sei bedeutend gr�sser. Ich f�rchtete, da, alle Patienten zu mir kamen, um sich mit _kaltem Feuer_[51] brennen zu lassen, dass meine Collegen irgend etwas gegen mich unternehmen w�rden, und obschon ich noch Vorrath von _H�llenstein_ hatte, gab ich vor, das kalte Feuer sei zu Ende, und schickte von da an alle Kranke, die sich brennen lassen wollten, zu meinen w�rdigen Collegen. [Fu�note 51: Lapis infernalis.] Ebenso erzielte ich sp�ter mit spanischem Fliegenpflaster wenn nicht Erfolge, so doch das gr�sste Renomm�. Der Marokkaner liebt es sich selbst zu qu�len mit starken Mitteln, und wenn ein Zugpflaster nach vierundzwanzigst�ndigem Liegen auf dem R�cken, auf dem Bauche oder auf dem Kopfe (der Marokkaner tr�gt den Kopf ganz glatt rasirt) eine m�chtige mit Wasser gef�llte Blase bildete, war er zufrieden, einerlei ob er geheilt war oder nicht. Merkw�rdig genug, obschon �berall in Marokko die spanische Fliege[52] k�uflich zu haben ist, so kennt der Marokkaner die _guten_ medicinischen Eigenschaften derselben nicht. Sie dient nur dazu Begierden anzustacheln, indem Cantharidenpulver mit anderen Gew�rzen und Haschisch durch Honig oder Zucker zu einer Paste verbunden wird, Madjun genannt, welche sie angeblich gegen Impotenz einnehmen oder auch um die Potenz zu erh�hen. Es ist wohl kaum n�thig zu sagen, welch' entsetzliche Folgen oft aus dem Genuss dieses Madjun entspringen. [Fu�note 52: In den sumpfigen Niederungen von L'Areisch kommt die spanische Fliege h�ufig vor.] Lungenkrankheiten, namentlich Tuberculose sind in Marokko fast ganz unbekannt, leichtere Affectionen dieser Art werden nur durch Amulette geheilt, d.h. man l�sst die Natur walten. Ein allgemeines Uebel ist noch Wassersucht in ihren verschiedenen Vorkommnissen. Die Ursache dazu liegt wohl zum Theil in der mangelhaften Kleidung, wo bei pl�tzlich eintretender K�lte oder schnell wechselnder Witterung, die Hautausd�nstungen nicht mehr regelrecht vor sich gehen k�nnen und Unterdr�ckung des Schweisses stattfindet. Zum Theil ist, und dies gilt namentlich von den St�dtern, durch die vielen heissen B�der die Haut �usserst empfindlich geworden. Syphilitische Einfl�sse m�gen zur H�ufigkeit der Hydropsie auch noch mit beitragen. Viele Eingeborene schreiben auch einer bestimmten Oertlichkeit und deren Trinkwasser die Ursache zu; so steht das Trinkwasser von Tanger im Rufe, Wassersucht zu erzeugen, ob mit Recht, lasse ich dahin gestellt sein. Vern�nftig genug wendet man in diesem Falle Purgantien an, ohne indess allein mit diesen eine Heilung herbeif�hren zu k�nnen. Diuretica sind nicht gebr�uchlich. Ebensowenig ist die Paracentese bekannt. Eine Abzapfung, die ich in Tafilet bei einer alten Frau mit einer gew�hnlichen Schusterahle und eigends dazu angefertigten Cannule aus Blech machte, hatte den besten Erfolg: mehrere Moschee-Eimer Fl�ssigkeit w�rden abgezapft, und ich galt als der erste Arzt der Welt. Als ich ein Jahr sp�ter den Ort wieder besuchte, hatte indess eine neue Wasseransammlung die Frau get�dtet. Da die Einwohner aber nur Ged�chtniss f�r den augenblicklichen, f�r sie �berraschenden Erfolg bewahrt zu haben schienen, so war ich dort nach wie vor als ein wahrer Wunderdoctor von Kranken aller Art �berlaufen, so dass ich wirklich froh war, als ich dem Orte f�r immer Lebewohl sagen konnte. Die levantische Pest, die in fr�herer Zeit oft genug in Marokko auftrat, wahrscheinlich eingeschleppt durch die Mekka-Pilger, und welche der Marokkaner mit dem bezeichnenden Worte "er ist befallen", oder "davon betroffen" "medrub" ausdr�ckt, scheint jetzt seit Langem nicht mehr beobachtet worden zu sein. Die letzte bedeutende durchs ganze Land verbreitete Pest war im Jahre 1799, im April dieses Jahres starben daran zuerst Leute in Fes und die Krankheit soll derart gew�thet haben, dass allein in dieser Stadt 65000(?) Menschen, wenn man Jackson trauen darf, gestorben sind. Wenn aber eine solche Seuche auftritt, erniedrigt sich der d�nkelhafte Mohammedaner soweit, dass er dem�thig den "Rabiner" bittet, in den Medressen der Juden �ffentliche Gebete zum Aufh�ren der Krankheit abzuhalten, und gemeinsam durchziehen Mohammedaner und Juden die Strassen, um Gott und die Heiligen um Schonung zu bitten. Der Jude muss hinterher allerdings b�ssen, der glaubensstolze Mohammedaner erinnert sich, dass er sich so weit erniedrigte, mit Juden gemeinschaftliche Sache gemacht zu haben, und wehe dem Juden, der sich dann unter Mohammedaner wagt. Mittel sind keine in Gebrauch, man kennt nur das resignirte Sichdreingeben. Merkw�rdigerweise kommt Typhus nur selten und an bestimmte Oertlichkeiten gebunden, Hundswuth aber nie vor. Typhus, Ruhr, Dysenterien, die der Marokkaner kaum von einander unterscheidet, werden stets mit Oliven�l, innerlich getrunken, behandelt. Fehlt das Oel, so wird es durch ungesalzene fl�ssige Butter ersetzt. Man zwingt den Kranken, Oel hinabzutrinken bis zu zwei Flaschen des Tags. Wirklich habe ich nach diesem Mittel manchmal Heilung eintreten sehen; wage aber nicht zu sagen, ob es die Natur oder das Oel waren, welche Heilung bewerkstelligt hatten. Dass die Hundswuth bei den Hunden in Marokko noch nie beobachtet worden, ist wieder eine Best�tigung, dass rohes Fleisch fressende Hunde nicht spontan von dieser Krankheit befallen werden. In neuerer Zeit ist mehrfach Cholera in Marokko beobachtet worden, so noch im Jahre 1860, wo sie in verschiedenen St�dten des Innern zahlreiche Opfer forderte. Der Marokkaner hat keinen Namen f�r diese Krankheit und man sagte mir, es sei eine Art vom medrub (Pest). Man begn�gt sich damit, sobald man von der Krankheit befallen ist, zu sagen: "Gott ist der Gr�sste" oder "es stand geschrieben". Gem�ths- und Geisteskrankheiten kommen in Marokko selten vor: im ganzen Lande ist nur ein Geb�ude, um Tobs�chtige aufzunehmen. Leichte F�lle von Gem�thskranken l�sst man frei umherlaufen, sie werden als Heilige verehrt. Und die Tobs�chtigen, d.h. solche, welche ihre Mitmenschen sch�digen, werden, sind sie in oder in der N�he der Hauptstadt in ein eigenes Geb�ude in Fes eingesperrt, von einer medicinischen Behandlung ist aber nicht die Rede; das Haus ist weiter nichts als ein Gef�ngniss f�r jene Ungl�cklichen. Die durchnarbten Gesichter der Marokkaner allein geben hinl�nglich Zeugniss, wie m�chtig in diesem Lande zu Zeiten die Blattern (Djidri genannt) herrschen. F�r diese hat man nur Amulette in Gebrauch. Prophylaktisch �brigens kennen die Marokkaner die Kuhpockenimpfung, welche Heilart, wie die Marokkaner behaupten, ihre arabischen Vorfahren schon von ihrer Heimathsinsel mit hergebracht haben. Die Vaccination wird leider in Marokko gar nicht regelm�ssig vorgenommen, der Mohammedaner ist viel zu sehr Fatalist, als dass er, ohne dazu gezwungen zu sein, aus freiem Antriebe zu einem solchen Schutzmittel greifen sollte. In den arabischen Triben, wo man vaccinirt, wird folgendes Verfahren angewandt: Mit einer gesch�rften Kante eines Feuersteins werden die Zwischenr�ume der Finger an deren Wurzeln geritzt, gew�hnlich nimmt man nur die rechte Hand, weil die linke an und f�r sich als unrein gilt. Die Lymphe wird direct von der Kuh genommen, und man hat Acht, dieselbe wohl einzureiben. Uebertragen der Lymphe von dem Menschen auf den Menschen kennt man nicht. Wie in fr�heren Jahren die Pest �fter in Marokko und zwar bedeutend allgemeiner auftrat, so auch der Aussatz. Lepra orientalis, bekannt in Marokko unter dem Namen Djidam, kommt in den n�rdlichen Theilen von Marokko fast gar nicht vor. Allerdings begegnet man in Fes, Mikenes und anderen n�rdlichen St�dten Leuten mit Elephantiasis; ob aber diese Krankheit immer Folge des Aussatzes ist, wage ich nicht zu behaupten. Die mit Elephantiasis Behafteten leben �berdies nicht abgesondert von der �brigen Menschheit, sondern verheirathen sich mit Gesunden. Meistens aber wird dann beobachtet, dass von den Kindern einer solchen Ehe, eines oder das andere angeborene Elephantiasis besitzt. Die Lepr�sen d�rfen aber nur unter sich heirathen, sie d�rfen keine Stadt bewohnen, sondern m�ssen sich immer im Freien aufhalten.[53] Da Niemand etwas von ihnen kaufen w�rde, treiben sie kein Handwerk oder Gewerbe, sie leben von den Almosen ihrer Mitmenschen. Man findet sie einzeln oder in Familien am Wege, schon von Weitem rufen sie dem Vorbeikommenden "Medjdum", d.h. ein mit Aussatz Behafteter, zu, stellen ein Tellerchen an den Weg und das Almosen in Geld oder in Lebensmitteln wird hinein geworfen. Einzelne gr�ssere auss�tzige Familien besitzen sogar Heerden und ackern. [Fu�note 53: Bei der Stadt Marokko ist ein eigenes Dorf f�r Auss�tzige und die Insassen dieses Dorfes heirathen freilich nur unter sich, im Verkehr haben sie �brigens die gr�sste Freiheit mit den �brigen Bewohnern.] Was das Aeussere dieser ausgestossenen Menschen anbetrifft, so zeigen sie manchmal �ber den ganzen K�rper die widerlichsten weissen Flecke, anderen fehlen einige Partien, die Nase, die Ohren, Augen, noch andere zeigen Jauchen absondernde Wunden, von wulstiger und verdickter Haut umgeben, Krusten und hart anzuf�hlende Beulen bedecken oft den ganzen K�rper. Oft aber ist bei einem Auss�tzigen von alle dem nichts zu sehen, man bemerkt keine einzige der angegebenen Erscheinungen, er hat �usserlich vollkommen das Aussehen eines gesunden Menschen. Nach der Meinung der Marokkaner verursacht der Genuss des Argan�ls (Oel vom Baume des Elaeodendron Argan, der auf den westlichen Abh�ngen des grossen Atlas w�chst) diese Krankheit oder beg�nstigt dieselbe. Ob dies der Fall ist, wage ich nicht zu best�tigen. Die in Mogador und Asfi lebenden Europ�er haben nichts von einer solchen Wirkung dieses Oels gemerkt; und was dagegen spricht, ist das, dass in der Provinz Abda und Schiadma, wo doch haupts�chlich der Arganbaum w�chst, gar keine Lepr�se anzutreffen sind, w�hrend andererseits in Haha, wo ebenfalls der Argan vorkommt, die meisten Auss�tzigen anzutreffen sind. Auffallend ist, dass die Kranken als Linderung ihrer Schmerzen innerlich einen Absud der Arganbl�tter nehmen, und auch �usserlich auf offene Wunden zerstampfte Arganbl�tter legen. Ein Teig aus Henne-Bl�ttern[54] mit Erde gemischt wird ebenfalls zu Verband bei den offenen Geschw�ren gebraucht. [Fu�note 54: Lawsonia inermis, L.] Kr�tze kommt �berall vor, aber weniger, als man bei dem entsetzlichen Schmutze, an dem diese V�lker Gefallen finden, denken sollte. Aus Kr�tze wird nicht viel Wesen gemacht, und Heilung wird erzielt durch kr�ftige Einreibung von brauner Schmierseife und Sand; Schmierseife wird �berall in Marokko fabricirt, zu halben Theilen von beiden eingerieben, habe ich selbst Heilung bei verschiedenen F�llen erfolgen sehen. Eine ungleich widerlichere Krankheit und �usserst verbreitet ist der Kopfgrind. Meistens sind die Knaben damit behaftet, im Alter von zwanzig Jahren verliert er sich von selbst. Ob die Tinea in Marokko Folge des Rasirens ist (jeder m�nnliche Marokkaner tr�gt den Kopf von fr�hester Jugend an, rasirt), ist wohl anzunehmen. Der Reiz, der dadurch entsteht bei ganz jungen Kindern, monatlich und noch �fter mit halbscharfem Messer die Haare dicht �ber der Wurzel zu entfernen, oft abzureissen, kann wohl Veranlassung zu einer solchen Krankheit geben. Bei den M�dchen beobachtet man Grind sehr selten. Man braucht gegen diese Krankheit gar nichts, und sie ist so allgemein, dass Niemand in der Gesellschaft eines Grindigen Abscheu oder Ekel empfindet. Nach dem zwanzigsten Jahre sind die Meisten der M�he, ihren Kopf zu rasiren, �berhoben, da die Krankheit im Kindesalter sie ihrer s�mmtlichen Haare beraubt hat. Von Parasiten kommen nur Kopf- und Kleiderl�use vor, beide haften an jeder Frau, w�hrend die m�nnliche Bev�lkerung nur den Pediculus vestimenti[55] cultivirt, da sie in der Regel kein Kopfhaar hat, diejenige m�nnliche Jugend indess, welche einen Zopf tr�gt, hat auch Kopfl�use. Der Pedic. pubis ist nirgends anzutreffen, weil sich Alle, sowohl die m�nnliche als die weibliche Bev�lkerung, diejenigen Partien des K�rpers, wo derselbe vorzukommen pflegt, rasirt erhalten. [Fu�note 55: Von dem Pedic. vestimenti existiren in Marokko mehrere Arten.] Wurmkrankheiten sind selbstverst�ndlich auch im Lande. Obschon die Lebensweise und Nahrung sehr f�rderlich f�r diese Entozoen sein muss, h�rt man doch selten dar�ber klagen. Spul- und Madenw�rmer, eine h�ufige Erscheinung, werden behandelt durch eine Abkochung von Sater (Thymian[56]) und Kelil (Rosmarin[57]), denen noch andere starkduftende Kr�uter zugesetzt werden. Aber auch durch eine Decoction der Wurzel der Rtemwurzel (Genista Saharae). Genannte beide bilden indess Hauptbestandteile. Taenia Solium, der auch vorkommt, wird (nach den Aussagen der marokkanischen Collegen) erfolgreich derart behandelt, dass man zuerst eine Portion Haschisch (Cannabis ind.) geniesst und sp�ter, wenn der Wurm berauscht ist, ihn durch irgend ein Purgirmittel abtreibt. Als Dose wurde angegeben ein Essl�ffel voll pulverisirten und gedorrten Haschichkrautes [Haschischkrautes] [58], und als Abf�hrungsmittel haben sie eine Zusammensetzung aus Sennesbl�ttern (w�chst wild im s�dlichen Marokko), Schwefel und Alo�s, welches innerlich gegeben wird. Der Guineawurm kommt �usserst selten vor, und dann nur von Schwarzen aus dem S�den eingeschleppt. Die Behandlung desselben, sowie sie von den Schwarzen in Centralafrika practicirt wird, ist in Marokko nicht bekannt. [Fu�note 56: Thymus hyrtus, Willd.] [Fu�note 57: Rosmarinus offic.] [Fu�note 58: Allerdings eine starke Dosis.] Nicht nur der ungeheure Schmutz, in dem sich alle nordafrikanischen V�lker gefallen, sondern auch Oertlichkeiten und Klima haben Augenkrankheiten von je her in Marokko beg�nstigt. Und je mehr man nach dem S�den kommt, desto h�ufiger werden dieselben, bis man in den Oasen der grossen Sahara die Bev�lkerung derart von Augenleiden aller Art afficirt findet, dass ein Individuum mit beiden gesunden Augen schon zu _Ausnahmen_ geh�rt. Wie der Staub auch sein mag, ob ihn der Gebli oder Samum aufwirbelt, ob er im Norden mehr mit animalischen oder vegetabilischen Atomen, im S�den des Atlas mit anorganischen, mikroskopisch kleinen Theilen geschw�ngert ist, immer wirkt er gleich sch�dlich auf die Augen. Es hat dies zur Folge, dass Hornhautkrankheiten allt�gliche Erscheinungen sind. Chronische Hornhautentz�ndung nennt der Marokkaner Bu Tillis, d.h. den Vater des Schleiers. Manchmal heilen sie derartige F�lle im Entstehen dadurch, dass sie Feuer im Nacken, an den Schl�fen, hinter den Ohren �rtlich anwenden. Meist aber enden alle Augenkrankheiten mit Erblinden. Citronensaft und Wasser gemischt und in die Augen getr�pfelt, wird h�ufig genug angewandt. Auch Antimon (Koh�l) ist in vielen Gegenden Gebrauch; es wird dies im Atlas gefundene Metall, dessen sich alle Frauen nicht nur Marokko's, sondern ganz Nordafrika's als Sch�nheitsmittel bedienen, und das auch unsere Theaterdamen, um den Glanz der Augen zu erh�hen, anwenden, oft mit Erfolg gebraucht. Man bestreicht mit Koh�l die Augenlider, mittelst eines feinen Holzspatels und unzweifelhaft hat dies Mittel gute Pr�servativeigenschaften bei dort herrschenden Augenkrankheiten. Als Arzneimittel wird es deshalb auch vielfach von den M�nnern gebraucht. Die Wirksamkeit des Spiesglanzes als Pr�servativmittel erhellt schon daraus, dass bei weitem mehr M�nner von Augenkrankheiten betroffen werden als Frauen. Als �usserstes Mittel gegen Augenkrankheiten[59] f�hre ich noch an, dass in einigen Orten pulverisirter Pfeffer in die Augen geblasen wird. [Fu�note 59: Ich bediene mich dieses allgemeinen Ausdrucks, da der Marokkaner nicht unterscheidet, ob die Hornhaut, die Lider, der Augapfel, die Liderhaut etc. erkrankt ist, sondern alles dies Augenkrankheit, Mrd-el-aiun, nennt.] Von inneren Mitteln gegen Augenkrankheiten ist nat�rlich keine Spur vorhanden, als ich einige Male versuchte durch Calomel, innerlich gegeben, oder durch Purgantien Ableitungen herbeizuf�hren, wurde mir ernstlich gesagt, mit solchen Mitteln aufzuh�ren: "nicht der Bauch sei erkrankt, sondern die Augen". Schwarzer und grauer Staar sind unter einer Bev�lkerung, bei der fast jedes Individuum augenkrank ist, nichts Seltenes, und merkw�rdig genug, giebt es in Marokko einige Familien, die sich damit besch�ftigen, Staaroperationen und zwar mit Erfolg auszu�ben. Diese Familien sind vorzugsweise auf dem _grossen_ Atlas ans�ssig, die F�higkeit den Staar zu stechen geht vom Vater auf den Sohn �ber, der nat�rlich bei jenem in die Lehre geht. Die beiden Doctoren-Staarstecher, die ich kennen lernte, waren Berber ihrer Abkunft nach. Ohne sich mit anderen Krankheiten zu besch�ftigen, verschm�hten sie es sogar, andere Augenkrankheiten als Staarerblindungen in Behandlung zu nehmen. Sie machten f�r dortige Verh�ltnisse gute Gesch�fte und man w�rde sie wirklich als gute Special�rzte haben hinstellen k�nnen, wenn sie die F�higkeit gehabt h�tten, irgend wie eine Diagnose zu stellen, geschweige von einer Prognose zu reden. Aber da kam es oft genug vor, dass irgend eine andere Krankheit der inneren Theile des Auges, wohl gar Gutta serena mit Gutta opaca verwechselt wurde. Da ich nicht selbst der Operation eines Staares beigewohnt habe, so kann ich nur anf�hren, dass mittelst eines glattgeschliffenen nadelf�rmigen Instruments der Einstich, nach Aussage der Staardoctoren, _seitw�rts_ gemacht wird, dass nach der Beschreibung sodann die Linse zerst�ckelt wird, um sp�ter resorbirt zu werden. Eine Extraction oder Depression der Linse war offenbar diesen Leuten nicht bekannt. Sehen wir, wenn es auf eine chirurgische Operation ankommt, wie bei der Staarstechung, die Heilkunde auf einer bedeutend h�heren Stufe als bei _inneren_ Krankheiten, so ist das im Allgemeinen in der Chirurgie auch der Fall. Es ist dies auch ganz nat�rlich. Bei Verwundungen, bei �usseren Verletzungen kennt auch der gew�hnliche Mensch gemeiniglich die _Ursache_, er kann es dann bedeutend leichter unternehmen, eine Heilung zu versuchen. Und nicht nur in ganz uncivilisirten L�ndern, oder in halbcivilisirten wie Marokko, auch in den am weitesten in der Cultur vorgeschrittenen findet man, dass die Chirurgie auf einer h�heren Stufe steht als die Heilkunde innerer Krankheiten. Reine Hiebwunden, die durch das fast �berall ge�bte Faustrecht so h�ufig unter den Bewohnern Marokko's vorkommen, werden entweder mit einem Teig verbunden, der aus Henne (Lawsonia inermis) und Chobis (Malva parviflora) geknetet wird, oder man verbindet die Wunden mit geschmolzener salzloser Butter, in welche vorher, sobald die Butter siedend ist, ein S�ckchen mit Schih (Artemisia odorif.) getaucht worden ist. Hierdurch bekommt die Butter einen starken aromatischen Gehalt, nimmt einen fast K�lnischem Wasser gleichenden Geruch an, der sp�ter selbst nicht vom �belstriechenden Eiter verdr�ngt wird. Wunden auf diese Art behandelt, nehmen fast immer einen guten Verlauf. In vielen Gegenden verbindet man die Wunden mit Rinderkoth, namentlich nomadisirende St�mme glauben an die Heilkraft der verdauten Kr�uter. Verwundungen, welche die Knochen verletzen, einerlei ob sie durch Kugeln oder Hiebwunden herr�hren, werden auf gleiche Art rationell behandelt. Ist eine vollkommene Knochenzerschmetterung vorhanden, so wird ein _fester_ Verband angelegt, um die Heilung der zerschmetterten Knochen mittels Callusbildung herbeizuf�hren. Man k�mmert sich nicht um Herausziehen der Knochensplitter oder Kugelst�cken[60], so schnell wie m�glich wird der Verband angelegt. Eine aus Ziegen- oder Schafleder bestehende Binde, die ihren Halt durch kleine Rohrst�bchen, die hineingen�ht werden, bekommt, wird um die verletzten Theile gelegt und das Ganze dann mit Thon umkleistert. Ein solcher Verband soll nach den Regeln der dortigen Chirurgie 28 Tage liegen bleiben. Das einzige Misslingen bei diesem Verbande liegt darin, dass nicht geh�rig f�r Eiterabfluss gesorgt wird, und dadurch f�r den Patienten oft missliche Zust�nde eintreten. [Fu�note 60: Man ladet meistens mit zerhacktem Blei.] Fracturen werden ebenfalls durch festen Verband geheilt, ohne dass man aber vorher einrichtet. Nat�rlich werden dabei meist schiefe Heilungen erzielt, und oftmals sieht man R�hrenknochen die Weichtheile durchbohren, und es entstehen dann f�r immer offene Wunden. Nie f�llt es ein irgend wie zu amputiren. Der Marokkaner h�lt das f�r s�ndhaft. Die durch die Gerechtigkeit abgehauenen H�nde oder F�sse werden sorgf�ltig vergraben, weil sie sonst am Auferstehungstage fehlen k�nnten, und die St�mpfe werden in siedende Butter oder kochendes Oel getaucht, um die Blutung zu stillen. Verrenkungen einrichten kennt man nicht, so dass gew�hnliche Folge eine schmerzhafte Entz�ndung mit oft b�sem Ausgang ist. Nat�rlich ist selbst bei schwersten Verwundungen von einer inneren Behandlung nie die Rede, aber Amulette, Zauberspr�che u. dergl. m. sind auch hier an der Tagesordnung. Was die Geburtsh�lfe anbetrifft, so ist es schwer dar�ber nur das Geringste anzugeben, da nur Frauen als Beistand geduldet werden. Die Wendung sowie die Zange sind unbekannt, einzelne Praktiken, die mir erz�hlt wurden, sind zu abgeschmackt, als dass ich sie hier wiedergeben sollte. Nur so viel kann ich bezeugen, dass einst meine Hauswirthin in einer kleinen Oase der W�ste, Nachts mit einem Kinde niederkam und am andern Morgen trotzdem ihre gew�hnliche Besch�ftigung verrichtete. * * * * * 6. Uesan el Dar Demona. * * * * * Es giebt B�cher genug, die �ber Marokko handeln, und keine Geographie �lteren oder neueren Ursprungs unterl�sst es, irgend ein Capitel diesem Reiche zu widmen; aber wie Afrika im Allgemeinen noch heute ein Terra incognita f�r uns ist, so ist von all den Staaten, welche an den K�sten liegen, namentlich an den K�sten des Mittelmeers, kein Land so wenig bekannt wie Marokko und von allen St�dten in Marokko ist Uesan die unbekannteste. So sehen wir denn auch, dass ein Hems�, Ali Bey, Richardson und Renou nur ganz oberfl�chlich des Ortes Uesan im Vor�bergehen erw�hnen. Ali Bey verlegt Uesan auf den 24� 42' 29" N. Br. und 7� 55' 10" L. von Paris, Renou, der die Breite gelten l�sst, glaubt aber Uesan die L�nge von 7� 58' geben zu m�ssen. Dieselbe Position finden wir auch auf Petermanns trefflichen Karten von Marokko[61]. Bis genauere Messungen an Ort und Stelle angestellt sind, k�nnen wir uns auch einstweilen recht gut daran halten. Die Stadt Uesan liegt etwa 900 Fuss �ber dem Meeresspiegel, erfreut sich also unter diesen Breiten eines �usserst g�nstigen Klimas. [Fu�note 61: Mittheilungen, Jahrg. 1865.] Vortheilhafter wird die Lage noch dadurch, dass die Stadt am Fusse des m�chtigen und zweigipfligen Berges Bu-Hell�l aufgebaut ist. Dieser herrliche Berg, dessen ganze Nordseite von der Stadt an bis zum Gipfel zum Theil mit Oliven, zum Theil mit immergr�nen Eichen und Wachholder bewaldet ist, h�lt wirksam die heissen S�dwinde ab, w�hrend er zugleich den regentragenden Nord- und Nordwestwinden einen Damm entgegensetzt. Der ganze Gebirgscomplex, der sich um Uesan herumzieht, steht im innigen Zusammenhange mit dem sogenannten kleinen Atlas. Ersteigt man den Bu-Hell�l, so sieht man �ber die Rharbebenen hinweg die blauen Fluthen des atlantischen Oceans, w�hrend andererseits nach Norden und Osten der Blick eine vollkommen zusammenh�ngende Gebirgslandschaft vor sich hat bis zu den zackigen Berggipfeln, der Habib, der Srual, der Schischauun und in erster N�he der Erhona. Es scheint, dass Uesan von einem Nachkommen Mulei Edris, Namens Mulei Abd-Allah Scherif, etwa um das Jahr 900 n. Chr. als Sauya gestiftet wurde. Da nun Edris der Gr�nder der Stadt Fes als der directeste Nachk�mmling des Propheten angesehen wird, so ist seine m�nnliche Nachfolge in erster Linie noch heute in demselben Ansehen. Aus diesem Grunde sind die Sch�rfa von Uesan, d.h. die Edrisiten, bedeutend heiliger gehalten als die �brigen von Mulei Ali stammenden, wozu die Familie des Sultans geh�rt. Dennoch haben aber diese Vorrechte genug, und was der kaiserlichen Familie an Heiligkeit directer Abkunft abgeht, ersetzt sie eben dadurch dass sie die regierende ist. Bei den Mohammedanern nun ist aber das Heiligsein ganz anders als bei uns Christen. Mein seltsamer Anzug, halb christlich, halb mohammedanisch, hatte rasch einen Haufen Neugieriger herbeigezogen, mein Begleiter und ich wurden umdr�ngt und befragt, wer ich sei, was ich wolle, woher ich komme, wohin ich wolle u. dergl. unversch�mte Fragen mehr. Es ist vollkommen falsch, wenn man glaubt der Mohammedaner sei schweigsam, ernst und nicht neugierig; in Afrika habe ich �berall das Gegentheil erfahren. Manchmal freilich mag der Vornehme, der Mann vom "grossen Zelte," sich gegen Christen so zur�ckhaltend benehmen, aber nie gegen seines Gleichen. Und man erinnere sich, dass ich als Mohammedaner reiste. Nachdem die Neugier befriedigt und nachdem namentlich die Menge beruhigt war �ber meinen Glauben, d.h. nachdem ich auf ihre Aufforderungen zum "Bezeugen" mehrere Male "es giebt nur Einen Gott und Mohammed ist sein Gesandter" geantwortet hatte, sagten sie aus, "Sidi" bef�nde sich mit den Sch�rfa und Tholba im Rharsa es Ssultan, so hiess man Garten und Gartenhaus des Grossscherifs. Man kann sich denken, mit welcher Spannung ich der ersten Zusammenkunft mit diesem Manne, der in den Augen der meisten Marokkaner h�her als Gott, ja h�her als der Prophet gehalten wird, entgegen sah. Meine Begleiter und ich gingen also nach seinem Landsitze, der sich bald, er liegt nur ca. 5 Minuten ausserhalb der Stadt, unseren Blicken zeigte. Wie erstaunt war ich, ein Haus halb im neuitalienischen, halb im maurischen Style zu erblicken. Dort ist Sidna,[62] sagte man mir. Aus den Fenstern des oberen Stockes sah ich eine Menge Neugieriger herabgucken, vorne stand ein junger Mann in franz�sischer Capit�ns-Uniform mit dem Degen an der Seite, ein langes Fernrohr in der Hand. Jetzt rasch durch ein hohes gew�lbtes Steinthor in den Garten tretend, befanden wir uns bald vor der Hauptth�r, welche direct auf eine enge und so niedrig gebaute Treppe ging, dass jeder nur etwas grosse Mann sich b�cken musste, um hinaufzuschreiten. Oben angekommen, riefen uns mehrere uniformirte Sklaven ein "Okaf" (Halt) entgegen, das aber gleich vom lauten "sihd" (marokk. Ausruf, bedeutend "tritt n�her") des Grossscherifs �bert�nt wurde. [Fu�note 62: Der Titel Sidna, d.h. "unser Herr," kommt eigentlich nur dem Sultan zu. Jeder Scherif hat den Titel sidi oder mulei, was "mein Herr" bedeutet Tholba, d.h. Schriftgelehrte, Standespersonen, Beamte, haben den Titel "sid," was Herr bedeutet. Der Plural von mulei, muleina, wird nur Gott und dem Propheten gegeben.] Mein Begleiter prosternirte sich, k�sste die gelben Stiefel Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam's, und berichtete dann �ber mich. Ich selbst begn�gte mich, seine dargebotene Hand (der Grossscherif sass auf einem Teppich in einer Ecke des Zimmers) zu ergreifen, und sodann f�hrte ich die meine an Stirn und Mund. Unter der Zeit hatte ich Musse, ihn und seine Umgebung zu betrachten. Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam-ben-el-Arbi-ben-Ali-ben-Hammed-ben-Mohamm�d-ben- Thaib[63], wie sein ganzer Titel lautet, war (1861) etwa 31 Jahre alt; von fast zu hoher Statur, wurde das Ebenmaass seines K�rpers durch eine angenehme Wohlbeleibtheit hergestellt. Sein Teint ist stark gebr�unt, und auch etwas dick aufgeworfene Lippen deuteten auf Negerblut, wie denn in der That seine Mutter aus Haussa stammte. Eine gerade Nase, ein feurig schwarzes Auge, im Ganzen ein l�ngliches Gesicht, so pr�sentirte sich der Mann, dem von fast der ganzen mohammedanischen Welt eine abg�ttische Verehrung gezollt wird. Seine Bekleidung bestand in einer weiten skendrinischen[64] rothen Tuchhose, einem franz�sichen [franz�sischen] Waffenrock mit franz�sischen Epauletten, auf dem Kopfe hatte er einen tunesischen Tarbusch mit schwerer goldener Troddel. An der Seite trug er einen �usserst sch�n gearbeiteten Degen, wie ich sp�ter erfuhr, ein Geschenk vom General Prim. [Fu�note 63: In seinen Briefen titulirt sich Abd-es-Ssalam bis zum Grossvater, Thaib, seines Urgrossvaters Hammed hinauf, weil Mulei Thaib der Erneuerer der religi�sen Gesellschaft der Thaib gewesen ist, in ganz Nord-Afrika die allergr�sste religi�se Genossenschaft. Seines marokkanischen Ahnen Mulei Edris, oder des Gr�nders der Sauya Uesan, Mulei Abd Allah Scherif, wird in den Briefen nicht Erw�hnung gethan.] [Fu�note 64: Skendrinischen = Alexandrinischen.] Eine goldene Sch�rpe, die er um hatte, enthielt zugleich einen Revolver vom System Lefaucheux, der �berdies mittelst einer rothseidenen Schnur um den Hals befestigt war. "Merkw�rdig," dachte ich, "den Mohammedanern ist durch den Koran verboten, Gold und Seide auf ihren Kleidern zu tragen, und nun sehe ich den directesten Spr�ssling des Propheten damit �berladen.["] Die �brigen Anwesenden bestanden zum Theil aus nahen Anverwandten, also ebenfalls Abk�mmlingen Mohammed's, dann aus Tholba, endlich aus vielen Fremden von vornehmer und geringer Herkunft. Ueberdies ging es ohne Unterlass aus und ein, da ging kein Mann oder keine Frau aus dem Gebirge vorbei (das Gartenhaus lag an einer sehr frequenten Strasse), ohne rasch heraufzuspringen, um den Grossscherif zu k�ssen und um einige Mosonat[65] niederzulegen. Da kamen Processionen von Ferne, um den uld en nebbi (Sohn des Propheten) zu besuchen, von diesen wurde nur der "Emkadem" (geistige Vorsteher und Hauptgeldeinsammler) vorgelassen, die anderen aber einstweilen fortgeschickt, um in die f�r Fremdenaufnahme eingerichteten weiten Hallen der Sauya in Uesan einquartiert zu werden und um sp�ter en bloc den Segen zu empfangen. [Fu�note 65: Mosona, eine imagin�re marokkanische M�nze, besteht aus 6 flus, pl. von fls. Ein fls. ist ungef�hr gleich einem franz�sischen Centime.] Sidi winkte; gleich darauf brachte ein kleiner uniformirter Neger Namens Zamba eine silberne Platte, darauf stand ein silberner Theetopf, eine Schale mit grossen St�cken Zucker, eine Theeb�chse, und, ausser den sechs �blichen kleinen Theetassen, ein Glas, woraus Sidi seinen Thee nehmen sollte. Alles dieses wurde vor den Sidi zun�chstsitzenden Scherif, einen schon �lteren Mann, Namens Sidi el Hadj Abd-Allah, gesetzt, und dann ging die Bereitung des Thees vor sich. Der Hadj Abd-Allah nahm eine t�chtige Hand voll gr�nen Thees, warf ihn in den Topf, w�hrend ein anderer kleiner Neger, Ssalem, schon das siedende Wasser in Bereitschaft hielt; der erste geringe Aufguss diente nur dazu, den Thee zu reinigen. Sodann wurde eine t�chtige Portion Zucker in den Topf geworfen, und nun derselbe mit kochendem Wasser gef�llt. Unter der Zeit hatte der Hadj auch schon einige aromatische Kr�uter in Bereitschaft, als Minze, Wermuth und Luisa, die noch obendrein hineingeworfen wurden. Nach einiger Zeit wurde sodann f�r Sidi ein Glas gef�llt, nachdem jedoch vorher der Hadj Abd-Allah mehrere Male durch Kosten sich �berzeugt, dass der Thee genug gezuckert sei. Sodann wurden die �brigen sechs Tassen gef�llt, und sie den G�sten von den beiden kleinen Sklaven pr�sentirt; da wohl 30 Leute anwesend sein mochten, ohne die vielen Besucher, die ab- und zugingen, die meisten auch drei Tassen tranken, wie es die Sitte erheischt, so kann man sich denken, dass es ziemlich lange dauerte, ehe Alle, da nur sechs Tassen vorhanden waren, befriedigt wurden. Es versteht sich von selbst, dass die Theekanne verschiedene Male wieder nachgef�llt wurde. Unter der Zeit wurden die verschiedensten Gespr�che gef�hrt, Sidi wollte vor allem von den politischen Zust�nden in Europa unterrichtet sein, und ich merkte, dass es ihn �rgerte, dass einige �ltere Sch�rfa mich fragten, wann, wo und wie ich zum Islam �bergetreten, ob ich auch vollkommen �berzeugt sei, dass die mohammedanische Religion besser sei als die j�dische und christliche, ob ich auch ordentlich "bezeugen" k�nne etc. Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam, der wohl merkte, wie unangenehm mir solche Fragen sein mussten, sprang auf und winkte zu folgen. Alle erhoben sich, da er aber auf mich speciell gedeutet hatte, so blieb die ganze Versammlung im Zimmer und setzte sich wieder, w�hrend er und ich, begleitet von seinen beiden G�nstlingen und einigen Dienern, die einen Teppich, ein Fernrohr, Doppelflinte etc. trugen, in den Garten hinabgingen. Diese beiden G�nstlinge, Ibrahim und Ali, die den ganzen Tag nicht von der Seite des Grossscherifs wichen, waren Ssalami[66], d.h. j�dische Renegaten! Der eine, aus Fes geb�rtig, war Schriftgelehrter, und aus freiem Antrieb �bergetreten, Ali aber, aus Uesan geb�rtig, war, wegen Diebstahls verfolgt, in die Sauya gefl�chtet, und hatte sich dann, um der Strafe zu entgehen, mohammedanisirt. Beide trugen franz�sische Capit�ns-Uniform mit weiten Hosen und rothem Tarbusch. Sie waren beide verheirathet und wohnten sogar beide im Hause von Sidi, der ihnen je einen Fl�gel abgesondert angewiesen hatte. Sie waren zu der Zeit die Personen, die Sidi gar nicht entbehren konnte, Alles ging durch ihre H�nde. [Fu�note 66: Ein vom Judenthum zum Islam Uebertretender bekommt in Marokko den Namen Ssalami, d.h. Gl�ubiger, ein vom Christenthum Uebertretender bat den Namen Oeldj, d.h. w�rtlich christlicher Sklave.] Im Garten angekommen, gefiel sich Sidi darin, mir seine europ�ischen Einrichtungen zu zeigen; hier war auf einem Bassin ein Schiffchen mit R�dern, eine Nachahmung der europ�ischen Dampfschiffe, dort kostbare Blumen aus Europa und Amerika, Gew�chse feinerer Art, wie sie im �brigen Marokko unbekannt sind, zwischen denen k�nstliche Springbrunnen auf verschiedenste Art Wasserstrahlen auswarfen, sogar eine kleine Eisenbahn mit Wagen, welche durch ein Radwerk in Bewegung gesetzt wurde. "Der Sultan, die Grossen und auch die Sch�rfa," fing Sidi an, "wollen nichts vom Fortschritt wissen, deshalb sind wir auch von den Spaniern geschlagen; wenn ich nur k�nnte, ich w�rde Alles einf�hren wie es bei den Christen ist, d.h. vor allem eine feste Gesetzgebung und regelm�ssiges Militair."--"Aber, wenn du nur willst, Sidi," erwiederte ich, "so wird der Sultan auch wollen und m�ssen."--"Der Sultan und ich sind beide vom Volk abh�ngig, und dass ich mich christlich kleide, was doch die T�rken jetzt auch thun, nimmt man gewaltig �bel." Unter diesen Gespr�chen waren wir durch einen bl�henden Rosengarten, wo Jasmin und die k�stlich duftende Verbena Luisa mit Heliotropen und Veilchen ihre Wohlger�che der Luft spendeten, zu einem pr�chtigen Orangenhain gekommen. "Diesen ganzen Garten hat mir der Sultan geschenkt," sagte Sidi, "oder eigentlich zur�ckgeschenkt, denn mein Grossvater, Ali, schenkte ihn seinem Vater." Nach dem Orangengarten kamen ausgedehnte Olivenpflanzungen, wir drangen bis dahin durch, kehrten dann zur�ck, wo wir die Sch�rfa und Tholba noch im Zimmer versammelt fanden. Gleich nach der R�ckkehr Sidi's stellten sich Sklaven ein mit Sch�sseln auf dem Kopf. Alles nahm Platz, da wurde zuerst eine Maida (kleiner Tisch) vor Sidi gestellt, und, nachdem Sklaven ein messingenes Becken und eine Kanne gebracht, die H�nde abgewaschen. Ein Handtuch, vielleicht hatte es schon einmal als Hemd gedient, war f�r Alle zum Abtrocknen bereit. Es bildeten sich Gruppen: Sidi ass aus einer Sch�ssel mit 5 oder 6 Sch�rfa, hier sass wieder eine Gruppe, dort eine andere, ich selbst wurde eingeladen, an der Sch�ssel der beiden G�nstlinge Ali und Ibrahim, zu der ausserdem noch zwei Vettern von Sidi zugezogen waren, theilzunehmen. Man ass, mit Ausnahme des Tisches, an dem Sidi sass, mit grosser Hast, um ja nicht zu kurz zu kommen. Die Speisen waren gut, gebratenes Fleisch, gebratene H�hner, und bei jeder Sch�ssel lagen f�nf oder sechs Brode, die vorher gebrochen wurden. So, dachte ich, ass man zur Zeit Jesu aus einer Sch�ssel und mit den H�nden. Sidi, der in Frankreich gewesen, konnte es nicht lassen ein paar Mal her�berzusehen: "Mustafa (diesen Namen hatte ich angenommen), hast du schon oft mit der Hand gegessen?" fragte er. "Gott erbarm dich!" rief ein graub�rtiger Scherif, "essen denn die Christenhunde nicht mit der Hand?" "Nein," erwiederte der Grossscherif, "als ich auf der franz�sischen Fregatte nach Mekka reiste, ass ich mit einer Gabel." "Gott sei meinem Vater gn�dig," erwiederte jener, "unser Herr Mohammed hat mit der rechten Hand gegessen, Mohammad ist der Liebling Gottes, und der Segen Gottes ruht auf seinen Nachkommen." Sidi, wohl um ein religi�ses Gespr�ch abzuschneiden, rief einen Sklaven, gab ihm ein saftiges St�ck Fleisch, das er vom Knochen abgel�st hatte: "gieb das Mustafa." Von dem Augenblick, d.h. seitdem ich aus der Hand Sidi's einen Bissen erhalten hatte, wurde ich als sein erkl�rter G�nstling angesehen. Nach beendetem Essen wurde Kaffee herumgereicht, und nachdem man noch eine Zeitlang gesessen und darauf in Gemeinschaft das l'Asser Gebet abgehalten war, befahl Sidi sein Pferd. Er bestieg einen ausgezeichneten Fuchs, die beiden G�nstlinge Ali und Ibrahim hatten nicht minder sch�ne Pferde zur Verf�gung, und nun ging's heimw�rts. Vor den Thoren des Gartens lauerten Haufen von Menschen, alte und junge, M�nner und Weiber, die sich bem�hten, seinen Fuss oder den Saum des Burnus zu ber�hren, oder auch nur sein Pferd, denn diesem wird dadurch, dass der Sohn des Propheten es besteigt, ebenfalls eine Heiligkeit mitgetheilt, und man kann den Segen herausziehen. Einige von den Sch�rfa bestiegen ebenfalls Pferde oder Maulthiere, die meisten folgten zu Fuss. Unter ihnen war ich; einer der Emkadem[67] Sidi's hatte sich meiner Hand bem�chtigt, als ob ich nicht allein gehen k�nnte, oder um ja ein von Sidi ihm anvertrautes Gut nicht zu verlieren: "ich soll f�r dich sorgen," sagte er, und so betraten wir Uesan el Dar Demana. [Fu�note 67: Emkadem, Verwalter oder Intendant.] Eine enge Strasse f�hrte uns gleich in die eigentliche Sauya, d.h. das heilige Viertel, das Sidi bewohnt, welches von der �brigen Stadt durch Mauern und Thore geschieden ist. Denn wenn auch die ganze Stadt (Uesan el dar demana heisst: Uesan das Haus der Zuflucht) ein geheiligtes Asyl ist, so ist doch speciell das Stadtquartier, welches Sidi bewohnt, heilig und unverletzlich. In diesem Quartier, gleich unterhalb seiner Hauptwohnung, bekam ich im "Rheat"[68] einen Pavillon als Wohnung angewiesen, der einstmals reizend gewesen sein musste, jetzt aber etwas vernachl�ssigt aussah. [Fu�note 68: Rheat heisst eigentlich Blumengarten, Blumenterrasse.] Dieser Rheat war zur Zeit Sidi-el-Hadj-el-Arbiis, des Vaters des jetzigen Grossscherifs, ein �ppiger Garten gewesen; k�nstlich vom Djebel Bu Hell�l hergeleitete Wasser tr�nkten die Orangen- und Granatb�ume, h�bsche Veranden und Kubben im reinsten maurischen Style erbaut, aufs pr�chtigste geschm�ckt mit Stucco-Arabesken, mit echten Slaedj[69] von Fes, standen an den sch�nsten Punkten, und von einer jeden hatte man eine unvergleichliche Aussicht auf die gegen�berliegende Gebirgslandschaft. Sie dienten dazu, die zahlreichen Pilger aufzunehmen, eine einzelne Kubba enthielt manchmal hundert solcher frommer Leute, die monatelang auf m�hevollste Art gereist waren, um Uesan und den Sohn des Propheten zu sehen: hier auf den Terrassen der Kubben, im Schatten der Arkaden einer Veranda ruhten sie aus von ihren entbehrungsvollen Wegen, sie schauten auf das Bild zu ihren F�ssen, sie bewunderten die Bauten, vor allem aber priesen sie Gott, dass er ihnen die Gnade erzeigt habe, Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam sehen zu k�nnen, dass er ihnen die Gunst gew�hrt habe, seine Nahrung geniessen zu k�nnen, denn alle Pilger, mochten auch 1000 vorhanden sein, werden zweimal t�glich aus der K�che Sidi's gespeist. [Fu�note 69: Slaedj sind kleine Fliesen von Thon verschiedenfarbig glasirt, man benutzt sie um den Fussboden damit zu belegen.] Zwischen dem Rheat und dem Hauptgeb�ude befindet sich eine grosse Djema[70], die auch Freitags zum Chotba benutzt wird; ein freier Platz, auf dem die Pferde Sidi's angebunden stehen, f�hrte dann aufs Hauptgeb�ude. Dies zeigt nach aussen die Th�r, welche zu den K�chenr�umen f�hrt, eine Schule, worin die S�hne Sidi's mit vielen anderen Altersgenossen ihren t�glichen Unterricht erhalten, und eine andere sehr niedrige Th�r, welche zur eigentlichen Wohnung des Grossscherifs f�hrte. [Fu�note 70: Marokkanischer Ausdruck f�r Moschee.] Man kommt zuerst in einen von zwei Orangenb�umen beschatteten Hof, auf diesen Hof �ffnen sich eine Veranda und eine reizende Kubba[71], deren eine Seite ebenfalls nach dem Hofe zu offen war. In diesen R�umlichkeiten empf�ngt Sidi, und namentlich nach dem Freitagsgebet findet hier immer ein grosses Essen statt, woran, alle die Theil nehmen, die mit Sidi gemeinschaftlich das Chotba-Gebet verrichtet haben. Das eigentliche Wohngeb�ude, welches an diesen Hof st�sst, besteht aus mehreren Abtheilungen. Zuerst kommen verschiedene Zimmer, zu denen man mittelst einer niedrigen Th�r und einer Treppe hinangelangt und welche die Bibliothek Sidi's enthalten, dann folgen einige auf europ�ische Art eingerichtete. Ausser seinen beiden kleinen S�hnen, seinen G�nstlingen, Ali und Ibrahim, und einigen Sklaven, die Nachts vor seiner Th�r schlafen, hat der Grossscherif diese Zimmer von Niemand betreten lassen, f�r seine Frauen, f�r seine n�chsten Verwandten sind sie ein vollkommenes Harem. Da ich die Beschreibung der Zimmer gegeben habe, brauche ich wohl kaum zu sagen, dass es mir ebenfalls verg�nnt war, sie zu betreten: ich musste mehrere Male auf einem Harmonium spielen, welches in einem dieser Zimmer seinen Platz hat. Von diesen R�umen gelangt man in die H�user seiner Frauen: das Harem. Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam hatte im Anfang der sechziger Jahre drei rechtm�ssige Frauen. [Fu�note 71: Mit dem Worte Kubba bezeichnet man eine viereckige R�umlichkeit mit gew�lbtem oder nach oben spitz zulaufendem Dache.] Mittelst eines Thores gelangt man aus dieser Sauya in die eigentliche Stadt Uesan; eine enge Strasse windet sich den Berg hinan, �berall kleine L�den, hier findet man siedende Sfindj (in Oel gebackene Kuchen), dort werden Kiftah (Leber und Fleischst�ckchen) �ber Kohlenfeuer ger�stet, hier werden Fische gebacken, dort liegen flache Brode aus: es ist dies die Gark�chenstrasse, sie geht allm�lig in die Gasse der Oelh�ndler �ber, welche zugleich Butter und braune Schmierseife (diese wird in Marokko bereitet), eingemachte Oliven und Chlea (in Butter eingeschmortes Fleisch) verkaufen. Grosse Thorwege der auf die Strasse m�ndenden H�user zeigen uns Fonduks (marokkanische Gasth�fe), und die zahlreichen Esel, Maulthiere und Kameele, die man im Innern erblickt, sagen, dass hier viel Leben und Treiben herrscht. So ist es auch in der That! Die grossen Schaaren von Pilgern, welche t�glich in Uesan zusammenstr�men, ziehen viele Kaufleute herbei. Die Pilger, die in der Sauya eine dreit�gige Gastfreundschaft geniessen, bleiben oft noch l�nger, sie haben Waaren oder Kleinigkeiten zum Verkauf mitgebracht, andererseits wollen sie Uesaner Gegenst�nde erhandeln. Man kann sich denken, dass Alles was von Uesan kommt f�r besonders gut gilt, die Frau zu Hause will Brod vom "dar demana" haben, oder ein St�ck Zeug, der Sohn muss eine h�lzerne Schreibtafel vom ssuk es Uesan (Markt von Uesan) haben, dann pr�gt er sich die Koranspr�che viel leichter ein, der Grossvater muss einen neuen Rosenkranz von Mulei Thaib haben und die echten werden nur in Uesan verkauft. Zahlreiche kleine Kaffeeh�user, mit heimlichen Zimmerchen, wo "Kif"[72] geraucht wird, liegen allerorts zerstreut und meist an den sch�nsten Punkten der Stadt, welche �brigens, wohin man sieht, �ber paradiesische Gegenden das Auge schweifen l�sst. Viele dieser Kaffeeh�user, wie �berhaupt die meisten Buden, geh�ren Sidi zu, der sie vermithet oder auch an seine G�nstlinge tempor�r zum Ausnutzen �berl�sst. [Fu�note 72: Kif heisst eigentlich Ruhe, Wohlergehen, wird aber von den Marokkanern auf das Kraut Cannabis indica �bertragen, welches jene Ruhe, mit der ein starker Rausch verbunden ist, hervorbringt.] In einigen dieser Kaffeeh�user wird sogar zur Traubenzeit Wein, und fast zu allen Zeiten Schnaps, der von Gibraltar her importirt wird, verkauft. Denn auch hierin offenbart Uesan seine Aehnlichkeit mit andern religi�sen St�dten, dass es ein Ort der Laster und Schwelgerei ist. Wie h�ufig sah ich Sch�rfa, die n�chsten Anverwandten Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalams in einem total betrunkenen Zustande. Aber ebensowenig wie die gr�ssten Ausschweifungen, die gr�bsten Verst�sse gegen Sitte und Religion, je Rom den Charakter einer heiligen Stadt genommen haben, ebensowenig leidet der Ruf Uesans darunter. Der Grossscherif selbst hat bei Lebzeiten seines Vaters der Flasche fleissig zugesprochen, und ob er nicht noch manchmal im Innersten seines Hauses, an der Seite seiner G�nstlinge dem Bacchus opfert, wer wollte darauf mit Gewissheit Nein sagen? Oeffentlich freilich ist er jetzt die Enthaltsamkeit selbst, er raucht nicht, er schnupft nicht, er nimmt weder Kif noch Opium (beides, obschon ebenso religionswidrig wie Weintrinken, wird in Marokko keineswegs f�r sehr s�ndhaft gehalten), kurzum, �usserlich lebt er sehr streng nach den Vorschriften des Islam, wie duldsam er aber ist, geht daraus hervor, dass er, sobald ich mit ihm und seinen G�nstlingen allein war, uns erlaubte, in seiner Gegenwart zu rauchen. Kommt man noch weiter in die Stadt, so hat man die Kessaria vor sich, d.h. die Strassen, wo Kleidungsst�cke Tuche, Baumwollenzeuge und Wollfabrikate verkauft werden. Hier sieht man auch jene sch�nen in ganz Marokko bekannten Djelaba Uesania ausbieten, Ueberw�rfe aus feinster weisser Wolle gewebt. Man durchschreitet die Atharia, d.h. die Strassen, wo Gew�rze, Essenzen und Kramwaaren feil geboten werden, und befindet sich nun vis � vis der grossen Moschee von Mulei Abd-Allah Scherif. Diese Djemma ist eine der ber�hmtesten im ganzen marokkanischen Reiche, hier liegt der Gr�nder Uesans, der Stifter der Sauya, die heute dar demana, d.h. Zufluchtsort f�rs ganze Reich[73] ist, begraben. Wie alle marokkanischen Moscheen bildet ein grosser Hofraum, dann verschiedene S�ulenreihen, deren Gallerien man Schiffe nennen kann, die architektonische Anordnung. Ausser Mulei Abd-Allah liegt der Hadj el Arbi, der Vater des jetzigen Grossscherifs, in der Moschee begraben. Ein kostbarer Sarkophag mit Tuch �berhangen, birgt in einer Nebencapelle die irdischen Reste dieses grossen Heiligen. In der That war kein Abk�mmling des Propheten so wunderth�tig wie der Vater Sidi's, namentlich soll er die Gabe gehabt haben, die Fruchtbarkeit der Weiber zu vermehren. Er selbst hatte freilich nur einen Sohn, den jetzigen Grossscherif, der ihm im sp�ten Lebensalter von einer Sklavin geboren wurde. [Fu�note 73: H�ufig entfliehen Leute ans den Gef�ngnissen des Sultans, gelingt es ihnen Uesan zu erreichen, wo sie sich entweder in das Grabgew�lbe eines Heiligen fl�chten, oder zu den F�ssen des Pferdes des Grossscherifs legen, so werden sie immer begnadigt. Schwere Verbrecher d�rfen aber die Sauya nicht mehr verlassen, sonst sind sie vogelfrei.] Wie gross aber von jeher Macht und Ansehn der Sch�rfa von Uesan gewesen ist, geht am besten aus einer Beschreibung von Ali Bey hervor T.I. p. 269: Je parlerai ici des deux plus grands saints qui existent maintenant dans l'empire de Maroc: l'un est Sidi Ali Ben-Hamet qui r�side � Wazen (dies ist der Grossvater Sidi's und Wazen ist englische Schreibart f�r Uesan) etc. Ferner p. 270: J'ai d�j� remarqu� que ce don de saintet� �tait h�r�ditaire dans certaines familles (A. Bey best�tigt hier meine oben angef�hrte Thatsache von der mohammedanischen erblichen Heiligkeit). Le p�re de Sidi Ali �tait un grand saint, Ali l'est � pr�sent et son fils a�n� commence � l'�tre aussi. Ausser diesen Hauptstadttheilen sind dann noch verschiedene Strassen, wo Handwerke betrieben werden: hier werden gelbe Pantoffeln, dort rothe Frauenschuhe verfertigt, hier arbeiten Sattler, dort sind Schmiede, hier wird gedrechselt, dort wird geschneidert; �berall halten sie die verschiedenen Handwerke beisammen. Auch eine M�lha, d.h. ein Judenquartier, giebt es, und warum auch nicht, hatte nicht Rom auch sein Ghetto? Es giebt keine marokkanische Stadt, ja es giebt keine marokkanische Oase in der Sahara, wo nicht Juden w�ren[74]. [Fu�note 74: In Tuat, welches politisch zu Marokko gerechnet wird, sind allerdings keine Juden, Tuat aber liegt geographisch ausserhalb Marokko's, es geh�rt seiner Lage nach zu Algerien.] In Uesan unter dem milden Scepter Sidi's lebten die Juden ziemlich ertr�glich, aber in anderen St�dten Marokko's Israelit sein, heisst die H�lle hier auf Erden haben. Dennoch d�rfen sie auch in Uesan keinen rothen Tarbusch tragen, sondern nur einen schwarzen, sie d�rfen die Oeffnung des Burnus nicht wie die Muselmanen nach vorn tragen, sondern m�ssen dieselbe auf der Seite haben, sie d�rfen keine gelbe oder rothe Pantoffeln, sondern nur schwarze und auch diese nur in ihren H�usern und in der M�lha tragen. Sie m�ssen, sobald sie einem Gl�ubigen begegnen, links ausweichen, endlich sind ihnen verschiedene Strassen, wie bei der Hauptmoschee oder bei den Grabst�tten der Heiligen vorbei, g�nzlich untersagt. Sie d�rfen ausserdem in den St�dten und Oertern nie ein Pferd besteigen und m�ssen jeden Mohammedaner mit "Sidi," d.h. "mein Herr," anreden. Man k�nnte Seiten vollschreiben, wollte man all die Vexationen, die Erniedrigungen und Dem�thigungen, welchen die Juden in Marokko unterworfen sind, aufschreiben. v. Augustin[75] sagt p. 129: "Auf dem Markte m�ssen sich die armen Juden die emp�rendsten Erpressungen von den Marokkanern gefallen lassen, und unter ihren Bedr�ckern stehen obenan die Garden des Sultans, welche sich alle m�glichen Frechheiten erlauben. Nicht selten reisst ein solcher Halbmensch dem Juden eine Waare aus den H�nden, welche dieser eben einem K�ufer vorzeigt, und hat dieser selbst nicht die feste Absicht sie zu kaufen und wehrt sich gegen solche Eingriffe, so schreitet jener unbek�mmert und laut lachend mit seinem Raube fort, trotz des Jammergeschreies, welches ihm von dem Beraubten nacht�nt, welcher aber dennoch seine Bude nicht verlassen darf, um den R�uber zu verfolgen, weil sie sonst in wenigen Augenblicken rein ausgepl�ndert w�re. Wagte er es aber, sich thats�chlich zu widersetzen, so kann er sich versichert halten, halbtodt geschlagen zu werden, oder man f�hrt ihn zum Kadi, wo er Unrecht bekommen muss, da kein Jude einen Mohammedaner schlagen darf." [Fu�note 75: Marokko in seinen geographischen etc. Zust�nden, von Frhrn. v. Augustin, Pesth 1845.] Man kann die Bev�lkerung von Uesan auf 10,000 Einwohner rechnen, wenn man die der D�rfer Rmel und Kascherin, die mit Uesan zusammenh�ngend sind, hinzurechnet. Von diesen sind etwa 800 bis 1000 Juden. An manchen Tagen vermehrt sich die Bev�lkerung um einige 1000 Pilger, namentlich zur Zeit der grossen Feste. Die Tendenz des jetzigen Sultans von Marokko, Sidi-Mohammed-ben-Abd-er-Rahman, ist darauf aus, den Einfluss der Sch�rfa so viel wie m�glich einzuschr�nken, und so hat er es denn auch durchgesetzt, dass gegenw�rtig ein Kaid und einige Maghaseni (Reiter von der regelm�ssigen Cavallerie des Sultans, die in Friedenszeiten auch zu Polizeidienst gebraucht werden), welche die Regierung des Sultans repr�sentiren sollen, in Uesan wohnen. Ihr Einfluss ist aber gleich Null, und sie selbst sind angewiesen, in wichtigen Sachen die Entscheidung Sidi's einzuholen. Wie einflussreich beim marokkanischen Gouvernement der Grossscherif von Uesan ist, geht allein schon daraus hervor, dass kein marokkanischer Kaiser anerkannt wird, wenn er vorher nicht gewissermassen die Weihe vom Grossscherif von Uesan erhalten hat. Als nach dem Tode des Sultans Mulei-Abd-er-Rahman-ben-Hischam verschiedene Bewerber um den Thron von Fes auftraten, und namentlich der �lteste Sohn des Sultan Sliman, ein gewisser Mulei-Abd-er-Rahman-ben-Sliman, mit viel gr�sseren Rechten zur Nachfolge hervortrat, verdankte Sidi Mohammed seine rasche Besteigung des Thrones nur dem Umst�nde, dass Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam ihm nach Mekines entgegen reiste und durch seine Anerkennung (er stieg von seinem Pferde und f�hrte das edle Ross dem Sultan zu Fuss entgegen, der es bestieg und dann sein Pferd dem Grossscherif zum Geschenk machte) alle Mitbewerber aus dem Felde schlug. Der Einfluss des Grossscherifs ist indess nicht bloss deshalb so gross, weil er der directe Nachkomme Mohammeds, sondern weil er der reichste Mann im ganzen Kaiserreich Marokko ist. Es giebt in Marokko keinen Tschar, keinen Dnar, keinen Ksor[76], in dem der Grossscherif nicht eine Filialsauya oder einen Emkadem h�tte. Die Emkadem sind angewiesen, in ihren Sprengeln j�hrlich Geld zu sammeln, das, wie der Peterspfennig nach Rom, in die Gasse Sidi's nach Uesan fliesst. In der ganzen Provinz Oran, in der Oase Tuat sind fast alle Mohammedaner "Fkra," d.h. "Anh�nger" Mulei Thaib's von Uesan. Der reelle Einfluss geht bis Rhadames im Osten, bis Timbuktu im S�den. Aber selbst in Alexandrien, in Aegypten, in Mekka, in Arabien, sind Sauya des Grossscherifs von Uesan. [Fu�note 76: Ksor, Ortschaften in den Oasen.] Um den Glauben der Mohammedaner, d.h. die Opferwilligkeit, wach zu halten, werden j�hrlich zahlreiche Sch�rfa, die n�chsten Verwandten Sidi's in die ganze mohammedanische Welt geschickt, um die Wunder und Herrlichkeit Uesans zu verk�nden. Sidi beklagte sich bitter, dass die Franzosen in letzter Zeit den Sch�rfa von Uesan verboten hatten, in Algerien ihre Rundreisen zu machen. Es hat dies aber seinen guten Grund, zum Theil wollen damit die Franzosen verh�ten, dass so viel Geld ausser Landes geht, zum Theil aber hatten die Sch�rfa sich in Politik gemischt, die Gl�ubigen gegen ihre ketzerischen Herren aufgereizt, was die algerische Regierung sich nat�rlich nicht gefallen lassen konnte. W�hrend der ganzen Zeit meines Aufenthalts erfreute ich mich der gr�ssten Zuneigung und Gastfreundschaft des Grossscherifs. Ich musste fast den ganzen Tag mit ihm zubringen, von Morgens fr�h, wo er mich rufen liess, Kaffee mit ihm und seinen G�nstlingen zu trinken, bis Abends, wo er sich in seine Wohnung zur�ckzog. Wenn ich manchmal Zeuge war, wie er im selben Augenblicke den Leuten, die soeben ihr Geld, ihre Kostbarkeiten ihm geopfert hatten, mit ernstester Miene den Segen ertheilte, und dann, sobald sie den R�cken gekehrt hatten, sich �ber sie lustig machte, auch wohl sagte: "was f�r Thoren sind diese Leute, mir ihr Geld zu bringen", so dachte ich den aufgekl�rtesten Mann vor mir zu haben, andererseits sah ich aber so viele Thatsachen, wo er von seiner eigenen Macht, von seinem besseren "Sein" �berzeugt war, dass es mir schwer wurde, diese Widerspr�che zu erkl�ren. Aber Alles dient in Uesan dazu, von Jugend auf dem Grossscherif einzupr�gen, dass nicht nur die Mohammedaner, die vor Gott allein Gl�ubigen, sondern dass unter den Mohammedanern die Araber (der Koran darf z.B. bei allen mohammedanischen V�lkern nur arabisch gelehrt werden) das auserw�hlte Volk sind, dass im auserw�hlten Volk die Sch�rfa als Nachkommen Mohammeds den vorz�glichsten Platz einnehmen, und dass unter den Sch�rfa wieder der directeste Nachkomme der von Gott am meisten Bevorzugte ist. In dieser Art und unter dieser Auffassung wird der Sohn Sidi's erzogen. Dieser, Namens Sidi-el-Arbi, entwickelte denn auch zu der Zeit schon ganz den Stolz und Eigend�nkel, den eine solche Lehre hervorbringen muss. Dass trotzdem bei Sidi sowohl als auch, wie es den Anschein hatte, bei seinem �ltesten Sohne, Sidi-el-Arbi, Herzensg�te und eine gewisse Bescheidenheit nicht unterdr�ckt werden konnte, ist wohl darin zu suchen, dass immer fremdes Blut in die Familie kommt, wie denn Sidi's Mutter, wie schon gesagt, eine Haussa ist. Es beruht dies auf dem Gesetz der Erblichkeit, denn w�hrend Hochmuth, Eigend�nkel etc. v�terlicherseits mitgebracht wird, k�nnen andererseits die Eigenschaften, welche von m�tterlicher Seite in die Familie kommen, nicht unterdr�ckt werden. Dass aber der spanische Krieg auch keineswegs nachhaltend civilisatorisch auf den Grossscherifs wirkte, sah ich daraus, dass er, als ich sp�ter wieder Uesan besuchte, seine christliche Militairuniform abgelegt hatte, und daf�r sich mit einer Djelaba wie die �brigen Sch�rfa kleidete. Er mochte, wohl recht haben; auf meine Frage nach dem Beweggrund, erwiederte er: sein Ansehen leide, und er m�sse, um die Gelder reichlich fliessen zu machen, dem Volke in seinen Vorurtheilen nachgeben. Die Haltung des Grossscherifs hat aber nat�rlich auf das ganze Leben und Treiben in Uesan den gr�ssten Einfluss. Und wenn wir auch Fortschritte in Tanger und Mogador constatiren k�nnen, wo die gr�ssere Frequenz mit Europa neben Hotels in ersterer Stadt sogar Dampffabriken ins Leben gerufen hat, wo man angefangen hat, den Christen heute mit den Gl�ubigen eine gleichberechtigte Stellung einzur�umen, so braucht man solche Fortschritte von Uesan nicht zu f�rchten. Sollte es einem Europ�er heute gelingen, nach dieser heiligen Stadt hinzukommen, er kann sicher sein, Uesan el dar demana so zu finden, wie es geschildert ist, d.h. auf demselben Standpunkte der Bildung, auf dem es sich seit Jahrhunderten schon befunden hat: man glaubt sich ins volle Mittelalter zur�ckversetzt. * * * * * 7. Eintritt in marokkanische Dienste. * * * * * Ich blieb nicht lange in Uesan, trotzdem "Sidi" wollte, ich sollte ganz bei ihm bleiben; als er dann aber mich fest zum Weitergehen entschlossen sah, stellte er auf liebensw�rdige Art ein Maulthier zur Disposition, und empfahl mich einem Kaufmann aus Uesan, der ebenfalls nach Fes reisen wollte. Abends vorher, ehe ich Uesan verliess, musste ich im Hause dieses Kaufmanns zubringen, um die Zeit nicht zu verschlafen; der Hadj Hammed, so heisst der Mann, war ein grosser Freund von Musik und hatte als Abschiedsfest verschiedene Freunde geladen, die auch alle musikalisch waren. Man kann sagen, dass eine Art Soir�e musicale abgehalten wurde, denn Hadj Kassem, ein alter graub�rtiger Musikus aus Lxor, ber�hmt in Marokko wegen seiner Spielfertigkeit auf dem Alut, wie Liszt bei uns auf dem Klavier, war auch zugegen, andererseits war sein Sch�ler, ein Neger Ssalem, ein fast ebenso bedeutender K�nstler auf der Violine wie weiland Paganini, auch anwesend. Man denke aber ja nicht in Marokko an Fl�gel, Klaviere, Harmonium oder dergleichen, denn wenn auch Sidi sich solche Instrumente hatte kommen lassen, wenn auch beim Sultan dergleichen zu finden sein m�chten, so kennt das Volk sie nicht. Ich glaube kaum, dass das marokkanische Volk f�r unsere Musik Verst�ndniss haben w�rde; wenn es musikalisch denken k�nnte, wenn es �berhaupt ein Urtheil abgeben k�nnte, w�rde es vielleicht unsere Musik mit "Zukunftsmusik" bezeichnen. Ich konnte an dem Abend s�mmtliche Instrumente, deren sich die Marokkaner bedienen, kennen lernen. Eingeb�rgert von europ�ischen Instrumenten hat man Guitarre, Violine und Violoncell, welch letzteres in Marokko als Bass dient. Ausser diesen hat man �hnliche abenteuerlicher Art, und im Lande selbst angefertigte Instrumente![77] Da ist das Saiteninstrument "Alut", eine Art Guitarre, nur mit gew�lbtem Boden, es hat auf den vier Saiten die Laute g, e, a, d. Da ist ein Streichinstrument mit zwei Saiten, "Erbab" genannt, von dem der Hals auch hohl und resonirend ist, es hat die Grundlaute d, a; der Fiedelbogen dazu besteht aus einem Bogen so gross wie eine Hand, und die Streiche dazwischen haben nur eine Spannung von etwa 4 bis 5 Zoll. Endlich hat man noch eine gr�ssere Art "Kuitra" mit drei Saiten, dem Cello entsprechend, mit den T�nen d, h, g. Als Blasinstrumente besitzen die Marokkaner das "Schebab", eine kurze Fl�te mit verschiedenen L�chern; die "Rheita", ein kleines Instrument mit clarinetartigen T�nen, endlich eine grosse Posaune, "El-Bamut" genannt. Trommeln verschiedener Form und Gr�sse, Schellen u. dgl. vervollst�ndigen die Liste der Instrumente. Dass ein Unterschied in der Anwendung der Instrumente Seitens der Araber, Juden und Neger best�nde, wie H�st bemerkt haben will, ist mir nie aufgefallen. Von allen Instrumenten ist die "Rheita" allein das, welches einen angenehmen Ton hervorbringt. Unsere europ�ischen Instrumente, Violine, Guitarre u.s.w. werden von ihnen auf ohrzerreissende Art behandelt. Das eigentliche Nationalinstrument der Marokkaner ist aber die "Gimbri", ein kleines zweisaitiges Instrument, eine Guitarre oder Violine im Kleinen. Der Resonanzkasten ist gemeiniglich nicht grosser als 4 oder 5 Zoll Durchmesser, irgend eine trockne K�rbisschale oder auch ein aus Holz geschnitztes Becken ist gut dazu, ein St�ck d�nnes Leder oder Pergament wird dar�ber gespannt, ein Stiel daran befestigt und die Saiten aufgezogen. Jeder verfertigt es selbst, meist ist e und a Grundton. Die "Gimbri" wird nicht gestrichen, aber auch nicht einfach mit den Fingern geknipst, sondern man bedient sich dazu eines H�lzchens, wie bei uns es die Klavierstimmer haben, um �ber die Saiten dieses Instrumentes zu fahren. Bei gr�sseren Concerten findet �brigens die Gimbri keine Anwendung. [Fu�note 77: Siehe H�st p. 260, der Abbildungen von verschiedenen marokkanischen Instrumenten giebt.] Wenn _uns_ nun aber auch Alles wie Katzenmusik vorkommt, so muss man doch keineswegs glauben, dass die Marokkaner ganz ohne musikalisches Gef�hl sind, nur sind eben ihre Empfindungen f�r Musik anders als unsere. Was f�r uns Harmonie und Consonanz ist, h�ren sie als Dissonanz, ohne aber deshalb in ihrer eignen Musik gewisser Regeln zu entbehren. Der Abend ging angenehm hin; hatte ich auch keinen musikalischen Genuss, so war doch Alles neu. Mit dem Spielen der St�cke war immer Gesang verbunden. Und auffallend war es mir, dass je mehr Jemand n�selte oder Fistelt�ne hervorbrachte, er desto mehr bewundert wurde. Fr�h am andern Morgen wurde aufgesessen, ich ritt ein gutes Maulthier. Wie Spanien ist Marokko das Land der Maulthiere, die meist braun oder grau von Farbe sind. Die guten Maulthiere sind theurer als die guten Pferde, aber nicht so theuer wie die besten Pferde. Man kann schon f�r 30 bis 40 franz�sische (F�nffranken-) Thaler ein gutes Pferd kaufen, aber unter 60 bis 80 Thaler kein starkes gutes Maulthier bekommen. Edle Pferde, wie sie der Sultan besitzt oder vornehme Sch�rfa und Kaids, werden aber selbst in Marokko bis 1000 Thaler gesch�tzt. Dies ist die Summe, welche mir als die h�chste angegeben wurde. Zu Pferde oder Maulthier braucht man von Uesan nach Fes anderthalb Tage, aber da die Hitze jetzt immer gr�sser wurde, die Wege sehr schlecht waren, und weil Hadj Hammed unterwegs allerlei Gesch�fte abzuschliessen hatte, brauchten wir drei Tage. Er machte Eink�ufe, oder auch bekam hier ein T�pfchen mit Butter, dort einige Eier zum Geschenk, was zur Folge hatte, dass zuerst sein, dann auch mein Maulthier so beladen war, dass wir beide zu Fuss gehen mussten. Man kann sich einen Begriff von der Macht und dem Reichthum Sidi-el-Hadj-Abd-es-Ssalam's machen, wenn ich anf�hre, dass fast alles Land bis dicht vor Fes _sein pers�nliches Eigenthum_ ist. Dennoch glaube ich kaum, dass er viel baares Verm�gen besitzt, da die grosse Zahl der Pilger, welche in Uesan auf liberalste Weise bewirthet werden, wieder Alles verausgaben macht. Die ganze Gegend, welche man durchzieht, ist gebirgig und aufs reichste angebaut, Getreidefelder von Weizen und Gerste wechseln ab mit Olivenwaldungen, G�rten bestanden mit Orangen, Granaten, Aprikosen, Pfirsichen, Quitten, Mandeln, Feigen und Weinreben, lachen am Wege. Man hat zwei bedeutende Wasser zu �berschreiten, den Ued Uerga, ungef�hr auf halbem Wege zwischen Uesan und Fes, circa sieben Stunden von letzterer Stadt entfernt, und den Sebu. Beide waren so bedeutend angeschwollen, dass wir mit einer F�hre �bersetzen mussten. Die F�hren waren ebenfalls Eigenthum des Grossscherifs von Uesan. Abends 5 Uhr des dritten Tages waren wir endlich vor Fes, der Hauptstadt des Landes. Mich �berw�ltigte fast der Anblick der ausgedehnten H�usermasse, aus denen hier und da hohe Sma (Minarets) hervorragten. Wir, zogen rasch durch die lange Strasse dahin und ich wurde derart zur "Mhalla", d.h. der Zeltlagerung der Soldaten gef�hrt. F�r einen Obersten der Armee, Hadj Asus, hatte ich ein Empfehlungsschreiben des Grossscherifs. Nicht nur wurde ich gut aufgenommen, sondern Hadj Asus, dessen Zeltgenosse und Gast ich bleiben musste, versprach mir schon f�r den folgenden Tag eine Anstellung. Am andern Tage war grosse Revue vor dem Sultan; die ganze regelm�ssige Armee, circa 4000 Mann, musste in ziemlich guter Ordnung vor dem unter einem Baldachin sitzenden Sultan vorbeidefiliren; sobald eine Abtheilung in unmittelbare N�he des Sultans kam, riefen s�mmtliche Soldaten "Allah ibark amar Sidna", "der Herr segne die Seele unseres gn�digen Herrn". Die Anf�hrer selbst pr�sentirten die S�bel, prosternirten sich und k�ssten den Boden. Sobald die Abtheilung des Hadj Asus herankam, defilirt und gerufen, und dann Hadj Asus seinen Gruss verrichtet hatte, wurde er in die N�he des unbeweglich dasitzenden Sultans gerufen. Ursache war, dass ich mich seinem Zuge angeschlossen hatte, und mit Offizieren und Soldaten den Parademarsch mitmachte. Nat�rlich musste meine Erscheinung Aufsehen erregen, denn ich hatte einen ziemlich langen schwarzen Ueberrock an, der bis auf die Kniee reichte, darunter guckte die Unterhose kaum hervor, gelbe, recht abgenutzte Pantoffeln und ein rother Fes, das war meine �brige Bekleidung. Hadj Asus kam freudestrahlend zur�ck. Der Sultan hatte sich in der That �ber meine Pers�nlichkeit informirt; Hadj Asus hatte ihm gesagt, ich sei zum Islam �bergetreten, habe vom Grossscherif eine Empfehlung gebracht und w�nsche in die Armee als Arzt einzutreten: ein "Achiar" (Fi el cheir, d.h. das ist gut) war die Antwort des Sultans gewesen, und Hadj Asus war den ganzen Tag �ber ausser sich �ber das Gl�ck, vom Sultan angeredet worden zu sein. Nach der Parade wurde ich sodann dem Kriegsminister vorgestellt, einem Schwarzen, Si Abd-Allah genannt, der besondere Meldungen unter einem schirmartigen Zelte sitzend entgegennahm. Er war sehr zufriedengestellt �ber meine Antworten und sagte, dass ich am folgenden Tage meine Anstellung zu erwarten habe. Am folgenden Tage wurde ich denn auch benachrichtigt, ich sei zum obersten Arzte der ganzen Armee seiner Majest�t ernannt. Als Obliegenheit wurde mir bezeichnet, alle Soldaten, die sich krank meldeten, zu untersuchen und zu behandeln. Die Medicamente hatten sie von mir zu bekommen, mussten aber daf�r zahlen, da mir �berhaupt von der Regierung auch keine zur Disposition gestellt wurden. Mein Gehalt war t�glich auf 2-1/2 Unzen angesetzt, ungef�hr 3 bis 4 Groschen. So klein das nun auch klingt, so sind doch die Verh�ltnisse in Marokko derart, dass man damit recht gut existiren konnte, zumal mir volle Freiheit blieb, Privatpraxis zu treiben, wo und soviel ich wollte. Man k�mmerte sich �berdies nicht viel um mich. Mein Quartier hatte ich vorl�ufig beim Hadj Asus behalten; wenn ich aber den ganzen Tag von der "Mhalla" abwesend war, fragte Niemand danach. Ich sollte ein Pferd, Maulthiere, Diener zur Disposition erhalten, habe dieselben doch nie bekommen. Meine Nahrung hatte ich mir selbst zu beschaffen, es war das freilich meine wenigste Sorge, heute war ich Gast bei diesem, morgen bei jenem. Wenn gerade keine Hungersnoth in Marokko ist, hat ein lediger Mann daf�r nicht zu sorgen. Nach einigen Tagen liess der Baschagouverneur von Fes, Ben-Thaleb, mich rufen. Er hatte von der Ankunft eines europ�ischen Arztes geh�rt, und selbst an chronischem Asthma leidend, bat er mich ihn zu behandeln, zu gleicher Zeit aber auch bei ihm Wohnung zu nehmen. Ich nahm diesen Vorschlag mit Freuden an. Hadj Asus hatte nichts dagegen, dass ich beim Bascha wohnte; dieser, einer der reichsten und einflussreichsten Beamten des ganzen Kaiserreiches, hatte wohl Anspruch auf seine R�cksicht. Um die Zeit kam denn auch Joachim Gatell, der vorhin erw�hnte Spanier, der den Namen Sma�l angenommen hatte, nach Fes. Er wurde Si-Mohammed-Chodja, einem andern Commandanten der regelm�ssigen Truppe zugetheilt, und erhielt bald darauf ein selbstst�ndiges Commando �ber die Artillerie. Sp�ter sollten wir genauer mit einander bekannt werden, als es jetzt der Fall war. Denn der Sultan hatte nach Verlauf von ungef�hr vier Wochen Befehl zum Aufbruche gegeben. Es war die Zeit des Residenzwechsels gekommen und der Sultan beschloss, das Hoflager und die "Mhalla" nach Mikenes zu verlegen. Nat�rlich durfte ich nun auch nicht in Fes bleiben, da alle Truppen mit Ausnahme derer, welche den beiden Gouverneuren beigegeben waren, mit dem Sultan fort mussten. Schwer w�rde es sein, ein richtiges Bild von diesem eigenth�mlichen Ausmarsche zu entwerfen. Alles lief bunt durcheinander. Da waren die sogenannten regelm�ssigen Soldaten, in Begleitung ihrer Weiber (fast jeder Soldat ist verheirathet), Kinder und Sklaven. Kaufleute dr�ngten sich dazwischen, hier bot einer Brod feil, hier Zwiebeln, dort hatte ein anderer ein Brettchen mit verschiedenen F�chern und Schachteln darauf; eine ambulante Gew�rzkrambude, Zimmt, Pfeffer, Nelken u. dgl. war da zu haben. Hier bot einer Fleisch, dort Fische feil. Und da kam der Sultan selbst daher, ein grosser gl�nzender Haufe, die Minister, die h�chsten Beamten des Landes umgaben ihn, ein langer, langer Tross beladener Maulthiere und Kameele folgte. Dann der Harem, �ber hundert Frauen und junge M�dchen, dicht verschleiert auf Maulthieren daherreitend, diese allein eine geschlossene Masse bildend, denn auf schnellen Pferden hielten die Eunuchen diese Lieblingsweiber des Herrschers zusammen. Es war dies gewissermassen der ambulante Harem des Sultans, die sch�nsten, j�ngsten und fettesten Frauenzimmer der vier Harems von Fes, Mikenes, Arbat und Maraksch, meist Kinder von 12 bis 15 Jahren. Endlich kam die grosse Abtheilung der Maghaseni, der unregelm�ssigen jedoch besoldeten Cavallerie; es mochten wohl 10000 Pferde zugegen sein. Man denke sich nun diesen Menschen- und Thierkn�uel ohne Ordnung und einheitliche Leitung in Bewegung, der eine schnell, der andere langsam, der hier marschirend, der dort, dieser hier laufend, jener langsam seinen Weg fortsetzend, wie ein Jeder es eben f�r gut fand. Als wir, ich befand mich unter den Ersten, Mikenes erreichten, war der ganze Weg zwischen Fes und Mikenes noch mit Menschen und Thieren �berschwemmt, denn als die ersteren in letzterer Stadt eintrafen, waren noch lange nicht alle von Fes aufgebrochen. Zwei Tage dauerte es, bis die ganze Armee, vielleicht in allem etwa 40,000 Menschen, eingetroffen waren, und das Terrain zwischen beiden St�dten ist derart eben und sch�n, derart ohne alle Hindernisse, dass man fortw�hrend mit mehreren Armeen, fast m�chte ich sagen im Frontmarsche von einer Stadt zur andern marschiren kann. Die Armee lagerte an der Aussenseite der Stadt, der Sultan selbst bezog sein Palais. Was mich anbetrifft, gebunden, da zu sein, wo die Armee ist, hatte ich andererseits Freiheit genug, wohnen zu k�nnen wo ich wollte, und miethete deshalb in einem Funduk der Stadt ein Zimmer zum Wohnen, w�hrend ich andererseits ein "Hanut", Bude, in der belebtesten Strasse in Gemeinschaft mit einem Franzosen, Namens Abd-Allah bezog. Ich prakticirte oder hielt ein Polyclinicum ab. Meine Medicamente bestanden wie die der marokkanischen Aerzte aus einem grossen Kohlenbecken, mit Eisenst�ben zum Weissgl�hen, aus grossen T�pfen mit Salben, Kampher�l, Brechpulver, Abf�hrungsmitteln und verschiedenen unsch�dlichen gef�rbten Mehlpulversorten f�r Hypochonder und hysterische Kranke. Und was nie und nirgends in Marokko gesehen war: ich hatte ein grosses Aush�ngeschild; darauf hatte Sma�l (Joachim Gatell) mit grossen und sch�nen Buchstaben gemalt: "Mustafa nemsaui tobib ua djrahti", d.h. Mustafa der Deutsche, Arzt und Wundarzt. Es ist kaum zu glauben, welch Aufsehen es erregte in einem Lande, wo die Annoncen, Anzeigen, Aush�ngeschilde noch nicht etwa in der Kindheit liegen, sondern wo sie noch gar nicht geboren sind, ein solches Schild zu f�hren. Von Morgens fr�h bis Abends sp�t stand Jung und Alt, Vornehme und Geringe, M�nner und Weiber vor der Bude, und buchstabirten (lesen kann Niemand in Marokko, aber buchstabiren k�nnen alle St�dter) die langen arabischen Buchstaben, welche zwei grosse Bogen Papier einnahmen. Der Erfolg war vollst�ndig. Ich hatte vorhin erw�hnt, dass ich mich mit einem Franzosen Namens Abd-Allah zusammengethan hatte, weil ich allein nicht die Miethe f�r die Bude von Anfang an zu Stande bringen konnte. Dieser Franzose, ein ehemaliger Spahisoffizier, war vor ungef�hr zwanzig Jahren mit der Casse seiner Compagnie nach Marokko entflohen, hatte bei dem vorletzten Sultan Muley-Abd-er-Rahman gute Aufnahme gefunden, sein Geld (wie er selbst angab 20,000 Franken) mit liederlichen Dirnen in Saus und Braus, aber in einigen Jahren durchgebracht. Hernach hatte er sich dem Hofe angeschlossen, hatte nat�rlich geheirathet und lebte nun von mechanischen Fertigkeiten. So behauptete er, der Introducteur des soufflets in Marokko zu sein, und seine damalige Besch�ftigung bestand darin, neue P�ster anzufertigen, alte auszubessern. Von Zeit zu Zeit pflegte er nach irgend einem Hafenplatz zu gehen, von wo er sich neue Vorr�the holte. Ohne besonderes Wissen, trotzdem er darauf pochte, franz�sischer Offizier gewesen zu sein, war er ein harmloser Mensch, was man nicht immer von den �brigen Renegaten sagen kann. Er war �brigens vollkommen durch seinen langen Aufenthalt in Marokko marokkanisirt, und liess den Rosenkranz auf ebenso scheinheilige Art und Weise durch die Finger gleiten, wie der beste Thaleb oder Faki es nur kann. Aber sonderbar genug sah unsere Bude aus, auf der einen Seite arbeitete der Franzose P�ster, auf der andern Seite quacksalberte ich, denn so muss ich, wenn ich aufrichtig sein will, meine �rztliche Praxis in Marokko nennen. Das ausgeh�ngte Plakat, dann �berhaupt die Ankunft eines europ�ischen Arztes, hatten indess viel L�rm gemacht, und der Ruf davon war bis zu den Ohren des ersten Ministers, Si-Thaib-Bu-Aschrin, gedrungen. Eines Abends kamen einige seiner Diener und ergriffen meine Hand; ich hatte kaum noch Zeit, den Franzosen Abd-Allah zu bitten, als Dolmetsch mit zu kommen, und fort ging's. Wir trafen Si-Thaib gerade beim Nachtmahl mit mehreren anderen Beamten des Hofes, die seine G�ste waren. Im �ussersten Winkel des Zimmers spielten drei Musikanten auf einer Rheita, Kuitra und Erbab. Si-Thaib lud uns beide gleich ein, mit an die Maida (kleiner flacher Tisch) zu r�cken, aber Abd-Allah dankte f�r sich und mich, und wir zogen uns, w�hrend die hohen W�rdentr�ger von einer Sch�ssel zur andern �bergingen, in ein Nebenzimmer zur�ck, und bald darauf brachten uns Sklaven die angebrochenen Sch�sseln, worin allerdings noch reichliche und recht gut zubereitete Speisen sich befanden, die mir aber widerlich zu ber�hren waren, weil jene W�rdentr�ger, so hoch sie nun auch in Marokko sein m�gen, mit ihren kaum gewaschenen H�nden darin herum ger�hrt hatten. Anstandshalber _musste_ ich aber einige Bissen von jeder Sch�ssel nehmen, und dabei nicht vergessen, die Grossmuth Si-Thaib's und die G�te der Speisen zu preisen. Abd-Allah sagte mir dann auch, es w�rde sehr unschicklich gewesen sein, h�tten wir die Einladung Si-Thaib's, mit ihm zu essen, angenommen, er w�rde aber jetzt �ber unsere Bescheidenheit und unser Savoir-vivre hoch erfreut sein. Das Zimmer, worin Si-Thaib sich aufhielt, war eine sogenannte Mensa, d.h. ein Gemach im ersten Stocke. Lang, wie alle marokkanischen Zimmer, war es elegant m�blirt, d.h. durch das Zimmer zog sich ein weicher Beni-Snassen-Teppich, und der hohen ogivischen Th�r gegen�ber waren noch andere Teppiche auf diesem. Hierauf lagen sodann wollene Matratzen und Kissen. Mehrere Lampen von Messing, alterth�mlich gestaltet, hingen von der Decke des Zimmers und auch einige silberne Leuchter mit Stearinkerzen brannten in den Nischen. Der Plafond des Zimmers war bunt bemalt, und an den W�nden desselben Arabesken in Gyps. Als auch wir abgegessen hatten, wurden wir ins Zimmer gerufen und durften am Thee theilnehmen, der nur in kleinen aus sehr feinem Porzellan bestehenden T�sschen herumgereicht wurde. Si-Thaib hielt mir sodann seine F�sse hin und fragte mich, was Krankes daran sei. Abd-Allah, der Franzose, hatte mir vorher schon mitgetheilt, der Minister leide an Podagra ich hatte also eine leichte M�he, ihm seine Krankheitserscheinungen zu sagen. Dennoch bef�hlte ich die F�sse vorher genau, fragte nach einigen anderen Umst�nden, um der ganzen Sache mehr Ansehen zu geben, und als ich ihm dann schliesslich sagte, er h�tte die Ministerkrankheit (mrd el u�sirat wird in Marokko das Podagra genannt), war er h�chst erfreut, dass ich seiner Meinung nach aus blossen �usseren Kennzeichen seine Krankheit erkannt hatte.--Er fragte mich sodann, ob ich Anh�nger der heissen oder der kalten Mittel sei (nach Meinung der Marokkaner haben die Medicamente entweder erhitzende oder abk�hlende Eigenschaften), und als ich mich f�r die ersten erkl�rte, fand ich, dass ich auch darin seinen Geschmack getroffen hatte. Si-Thaib entliess uns huldvollst und f�gte beim Abschied hinzu, ich solle am andern Tage eine seiner Wohnungen beziehen, um ihn an seinem Podagra zu behandeln. Aber es sollte anders kommen, schon am folgenden Tage fr�h kamen Maghaseni vom Dar es Ssultan (Palast des Sultans) mit der Weisung, rasch dahin zu kommen; kaum liess man mir Zeit, die Pantoffeln anzuziehen und den Burnus umzuh�ngen. Dort angekommen, erkl�rte mir ein Beamter des Sultans, Ben Thaleb, der Gouverneur von Alt-Fes, habe an den Sultan geschrieben, ob ich nicht zur�ckkehren d�rfe, um ihn zu behandeln, der Kaiser habe diese Bitte gew�hrt und ich habe auf der Stelle abzureisen. Mein Protest, nach Hause zur�ckkehren zu m�ssen, um meine Sachen zu holen, um die Medicamente mitzunehmen, um den Bekannten Lebewohl zu sagen, alles das half nichts; die Antwort war immer: "der Sultan hat gesagt, du solltest _gleich_ abreisen, also _musst_ du auch _gleich_ abreisen". Ein gesatteltes Maulthier stand bereit, ein Maghaseni zu Pferde war als Begleiter da, und so musste ich fort, wie ein Packet ohne eigenen Willen. Da der Sultan befohlen hatte, selben Abends noch in Fes anzukommen, wurde scharf geritten, und vor Sonnenuntergange war die Hauptstadt erreicht und bald darauf war ich wieder beim Gouverneur der Alt-Stadt. Ich hatte indess einen guten Tausch gemacht, Ben-Thaleb sorgte daf�r, einen Dolmetsch kommen zu lassen, einen eingeborenen Algeriner Thaleb, Namens Si-Abd-Allah, der leidlich gut Franz�sisch verstand, ich bekam eine gute Wohnung, Pferde, Maulthiere, Diener zur Disposition; Essen und der dazu geh�rende Thee wurden vom Bascha geschickt, und ich hatte daf�r weiter keine Verpflichtung, als mich t�glich eine oder zwei Stunden mit dem Bascha zu unterhalten. Dass ich bei diesem mehrmonatlichen Aufenthalt in Fes hinl�nglich Gelegenheit hatte, die Stadt kennen zu lernen, braucht wohl kaum erw�hnt zu werden. * * * * * 8. Die Hauptstadt Fes * * * * * Die Hauptstadt des Sultans von Marokko ist nur von wenigen Europ�ern besucht worden, ebenso d�rftig sind die Nachrichten, welche Augenzeugen davon gegeben haben. Am ausf�hrlichsten, fast weitschweifig, handelt Leo von Fes, n�chst ihm giebt eine auf eigener Anschauung beruhende Beschreibung der spanische General Badia (Ali Bey-el-Abassi). Alle anderen Berichte �ber Fes beruhen nur auf Kundschaft und H�rensagen. Ob der Ort, wo heute Fes steht, von den R�mern bewohnt war, ist nach so wenigen Untersuchungen schwer zu entscheiden, aber h�chst wahrscheinlich. Die Lage ist so ausgezeichnet, so f�r eine Stadt in jeder Beziehung anlockend, dass eine so g�nstige Position den Alten gewiss nicht entgangen ist. Ueberdies haben wir in der N�he Punkte, welche wir mit Sicherheit als von den R�mern bewohnte kennen. Wir erkennen die Stadt Volubilis im heutigen Serone, eine Stadt, die zur Zeit Leo's Gualili oder Walili hiess, und von der er sagt, dass sie ausser dem Grabmale vom �lteren Edris nur drei oder vier H�user habe. Heute nun ist Walili oder, wie sie jetzt genannt wird, Serone, ein St�dtchen von 4-5000 Einwohnern, und das Grabmal Mulei Edris-el-Kebir, wie der Vater des Gr�nders der Stadt Fes genannt wird, ist noch immer ein ber�hmter Wallfahrtsort. Wir haben sodann in den Aquae Dacicae einen sicheren Anhaltepunkt in der N�he von Fes; k�nnen wir uns genau auf das Itinerarium Antonini verlassen, so w�rden wir nicht anstehen, Fes das alte Volubilis zu nennen, denn die Entfernung, 16 Mill., stimmt genau mit den ber�hmten heissen Schwefelquellen von Ain Sidi-Yussuf[78], die sich n�rdlich zu West von Fes befinden. Die Aquae Dacicae sollen nach dem Itinerarium Antonini 16 Mill. n�rdlich von Volubilis gelegen sein. Die alten Aquae Dacicae, jetzt Ain-Sidi-Yussuf genannt, sind heute noch die ber�hmtesten Thermalen von Marokko. [Fu�note 78: ain = Quelle.] Die heutige Stadt Fes wurde nach Leo im Jahr 185 der Hedschra von Edris gegr�ndet, dieser war ein naher Verwandter von Harun-al-Raschid und ein noch n�herer von Mohammed selbst, denn Edris war Enkel von Ali, dem Schwiegersohn Mohammed's. Edris' Vater selbst ist jener Edris-ben-Abd-Allah, der aus Jemen gekommen war und sich in Walili niedergelassen hatte, sein Sohn wurde ihm erst nach seinem Tode von einer gothischen Sklavin geboren. Renou giebt an, Edris habe die Stadt 793 n. Chr. gegr�ndet, welches Jahr mit dem 177. Jahre der Mohammedaner correspondirt Marmol l�sst Fes an Jahre 793 n. Chr. erbaut werden, stimmt aber irrth�mlicher Weise dieses Jahr mit dem 185. Jahre der Hedschra. W�hrend noch Andere f�r das Gr�ndungsjahr von Fes 808 n. Chr. ansetzen, verlegt Dapper es auf das Jahr 801 n. Chr. Es geht hieraus hervor, dass wir nicht ganz mit Bestimmtheit das Jahr angeben k�nnen, sondern uns damit begn�gen m�ssen, zu wissen, dass die Stadt gegen das Ende des 8. oder im Anfange des 9. Jahrhunderts gegr�ndet wurde. Ebenso unbestimmt sind die Angaben, woher der Name Fes kommt. Leo leitet den Namen davon her, weil bei den ersten Grabstichen die Gr�nder Gold, Silber (Fodda oder Fedda) gefunden h�tten; Andere meinen, die Stadt habe den Namen vom Fl�sschen gleichen Namens, was die Stadt durchschneidet, noch Andere leiten den Namen der Stadt von Fes her, was im Arabischen eine "Hacke" bedeutet. Was die Schreibart anbetrifft, so finden wir ebensowenig Uebereinstimmung; Einige schreiben Fes, Andere Fas, noch Andere Fez, und doch d�rfte Fes die alleinig richtige sein, wenn wir die arabische Schreib- und Aussprechungsweise zu Grunde legen. Fes liegt nach Ali Bey auf dem 34� 6' 3" n�rdl. Breite, dem 7� 18' 30" �stl. L�nge von Paris, und da bis jetzt keine anderen Bestimmungen vorliegen, so m�ssen wir diese festhalten. Es herrscht eine grosse Confusion �ber die �rtliche Lage von Fes. So sagt Leo: "Die Stadt besteht fast ganz aus Bergen und H�geln; nur der mittelste Theil ist eben, und Berge sind auf allen vier Seiten." Ali Bey: "Die Stadt Fes ist auf den Abh�ngen verschiedener H�gel gelegen, welche die Stadt von allen Seiten, mit Ausnahme von Norden her, umgeben." Thatsache ist, dass Fes, als Ganzes betrachtet, denn die Stadt besteht aus zwei vollkommen getrennten St�dten, von allen Seiten, mit Ausnahme vom S�den her, von Bergen umschlossen ist. Ebenso werden die die Stadt durchziehenden Gew�sser unter verschiedenen Namen aufgef�hrt, und es hat dies zum Theil seinen Grund darin, dass die Araber in sehr vielen F�llen f�r einen und denselben Fluss verschiedene Benennungen haben, je nach seiner Quelle, nach seinem mittleren oder unteren Laufe. So hat denn das kleine Fl�sschen, welches s�dwestlich von Fes etwa 20 Kilometer entfernt entspringt, zuerst den Namen Ras-el-ma, �ndert aber den Namen, sobald es die Stadt erreicht, in Ued-Fes um; es verbindet sich dieses Fl�sschen mit einem st�rkeren, aus S�dost kommenden Flusse zwischen Neu- und Alt-Fes, und beide durchstr�men nun die Stadt ebenfalls unter dem Namen Ued Fes, um sp�ter Ued Sebu genannt zu werden. Der gr�ssere Fluss, der von S�d-S�d-Ost in Neu-Fes eindringt, heisst aber oberhalb der Stadt, wie ich auf meiner zweiten Reise in Marokko constatiren konnte, ebenfalls Ued Sebu. Wenn noch andere Namen aufgef�hrt werden f�r diese W�sser, als von Renou Oued el Kant'ra (Br�ckenfluss), von dem Renou glaubt, es sei dies der von Edris genannte Fluss Ued S'enh�dja, oder von Graberg von Hems� Vad-el-Gieuhari und Vad-Matrusin, oder von Marmol Ouad-el-Djouhour (Perlenfluss), so muss ich gestehen, dass diese Namen mir w�hrend meines Aufenthalts in Fes nicht bekannt geworden sind. Die Stadt pr�sentirt sich also derart, dass sie fast mit von Norden nach S�den (mit etwas von Nordwest nach S�dwest geneigter) gerichteter Achse gelegen ist und aus zwei St�dten besteht, Fes-el-bali[79], Alt-Fes, und Fes-el-djedid, Neu-Fes. Beide St�dte aber liegen keineswegs dicht neben einander, sondern sind durch eine zwei Kilometer lange Strasse, aufs dichteste von H�usern bestanden, verbunden, so dass es, von oben gesehen, das Aussehen hat wie zwei getrennte St�dte, welche communiciren durch eine eng gebaute Strasse. Alt-Fes bildet den n�rdlichen Theil und ist mit Ausnahme von S�den her von Bergen umschlossen, zum Theil namentlich nach Osten zu an die Bergwand hinaufgebaut, Neu-Fes bildet den s�dlichen Stadttheil und liegt vollkommen in einer Ebene. N�rdlich von Neu-Fes verbinden sich der Sebu und das von Ras-el-ma[80] kommende W�sserchen, um Alt-Fes zu durchfliessen, Alt-Fes wird so in zwei H�lften getheilt, durch sechs steinerne Br�cken mit einander verbunden, die westliche Seite ist die kleinere. Beide St�dte sind mit 30-40 Fuss hohen Mauern umgeben, welche von etwa 500 zu 500 Schritt mit viereckigen hervorspringenden Th�rmen versehen sind. Die Mauern sind an der Basis zwei Meter und mehr dick, verj�ngen sich nach oben zu einem Meter, und haben auf der Zinne einen Umgang, gesch�tzt durch eine etwa 5 Fuss hohe und 1-2 Fuss dicke crenelirte Mauer. Die Th�rme selbst sind eingerichtet, Gesch�tze aufnehmen zu k�nnen. [Fu�note 79: Fes-el-bali sollte eigentlich Fes-el-kedim heissen, denn das Wort kedim entspricht genau unserm "alt", w�hrend "bali" mehr das "abgen�tzt" in sich schliesst.] [Fu�note 80: Ras-el-ma heisst eigentlich weiter nichts als Kopf des Wassers d.h. Quelle.] Die Mauer von Alt-Fes sowie die Th�rme befinden sich in �usserst mangelhalftem Zustande, die von Neu-Fes ist besser erhalten, und ist an manchen Stellen eine doppelte, so namentlich nach S�dwesten und S�den zu, wo die �ussere Mauer ausserdem 80 Fuss hohe Th�rme hat. Die Mauern sowohl wie die Th�rme sind aus einer gegossenen oder vielmehr gestampften Masse aufgef�hrt, welche zwischen Brettern eingestampft wird und an der Luft, mit Kalk und Cement vermischt, eine grosse H�rte erlangt. Die Ecken, Bogen, Seiten der Thore sind indess aus behauenen Steinen hergestellt, denn die Masse, so widerstandsf�hig sie im grossen Ganzen auch ist, so leicht zerbr�ckelt sie doch an den Ecken und Kanten. Aus eben dieser Masse sind auch die meisten grossen Geb�ude hergestellt, viele aber auch aus im Feuer gebrannten Ziegeln; gerundete Dachziegel endlich sind das Material, das man zur Bedeckung der Moscheen genommen hat; die Wohnh�user verlangen solche nicht, da alle platte D�cher haben. Wenn auf diese Art die Stadt gegen Landesfeinde vollkommen gesch�tzt erscheint--denn so sehr die Mauern auch Verfall drohen, w�rden sie dennoch Schutz gegen regellose Angriffe gew�hren--, so wenig haltbar w�rde sich Fes einem Angriffe irgend einer europ�ischen Macht gegen�ber zeigen. Selbst die beiden Forts ausserhalb der Stadt tragen nichts zum Schutze gegen einen Angriff von aussen her bei, weil sie selbst von anderen Anh�hen von n�chster N�he aus beherrscht sind. Das eine dieser Forts liegt im S�dosten der Stadt auf einer Anh�he und ist ein mit vier Bastionen versehenes Viereck, offenbar von ehemaligen europ�ischen Renegaten nach Vauban'schem System recht gut angelegt. Im Westen der Stadt auf der n�chsten Anh�he befindet sich eine Lunette, diese letztere, nach der Stadt zu in ihrer Kehlseite nur durch Pallisaden geschlossen, ist wie das vorhin erw�hnte Quadrilat�r aus behauenen Steinen erbaut, und beide sind �berdies mit tiefen Gr�ben versehen. Ob diese Steine, welche grosse Quadern aus Sandstein sind, eigens zu diesen Bauten gehauen worden sind oder von alten R�merwerken herstammen, konnte ich nicht erfahren; w�re letzteres der Fall, so w�re das ein Beweis mehr, an der jetzigen Stelle von Fes eine alte R�merniederlassung, vielleicht Volubilis, suchen zu m�ssen. Keines der beiden Forts hatte Kanonen im Jahr 1861/62, und beide waren auch ohne jede Bewachung. Die Stadt Fes wird in 18 Quartiere getheilt, von denen zwei auf die Neustadt, die �brigen auf Alt-Fes kommen, davon hat Alt-Fes sieben Thore, inclusive des nach der Neustadt zu f�hrenden, w�hrend Neu-Fes nur drei hat, von denen das eine auf Alt-Fes gerichtet ist. Der L�nge nach wird die Stadt von einer Strasse durchschnitten, welche hinl�nglich breit ist, denn �berall k�nnen vier oder f�nf Menschen neben einander gehen, oft auch noch mehr. Die G�sschen aber, die sich von dieser Hauptstrasse in die verschiedenen Quartiere hinschl�ngeln, sind �usserst schmal, manchmal so eng, dass zwei sich Begegnende sich an einander vorbeidr�cken m�ssen. Es sind dann zahlreiche Pl�tze vorhanden, aber kein einziger mit Ausnahme des grossen Platzes in Neu-Fes, der sich vor dem Palaste des Sultans befindet, welcher mehr als 500 Menschen aufnehmen k�nnte, wenn sie dichtgedr�ngt bei einander stehen. Hierdurch erlangt die Stadt ein �usserst d�steres Aussehen, was noch dadurch vermehrt wird, dass kein einziges Haus nach der Strassenseite Fenster hat, und fast alle zwei oder drei Stockwerke hoch sind. Ein grosser Uebelstand ist auch der, dass man gar keine Pflasterung in Fes kennt, man ist im Sommer einem entsetzlichen Staube ausgesetzt und hat im Winter die gr�sste M�he, durch den tiefen Schmutz fortzukommen. Gegen diesen haben allerdings die Bewohner eine eigene Art Holzschuhe erfunden mit 2-3 Zoll hohen Abs�tzen unter dem Hacken und den Fussspitzen, aber oft reichen selbst diese nicht aus. Auch in Tunis, wo �hnliche Verh�ltnisse w�hrend der nassen Jahreszeit sind, hat man diese Holzunterschuhe, die unter dem gew�hnlichen Schuhzeuge befestigt werden, und wie alt ihr Gebrauch ist, geht daraus hervor, dass schon Leo ihrer erw�hnt. Das Innere der H�user ist oft sehr h�bsch eingerichtet, obgleich man nat�rlich an M�bel, wie sie bei uns in Gebrauch sind, nicht denken muss. Der Marokkaner will gar keinen Fortschritt, so wie seine V�ter gelebt haben, will auch er leben, und Neuerungen einf�hren, ist die gr�sste S�nde. So sind denn auch alle Einrichtungen so, wie sie vor Hunderten von Jahren gewesen sind. Gelangt man durch eine starke, meist dick mit Eisen beschlagene Th�r durch einen umgebogenen Gang[81] in das innere einer Wohnung, so kommt man zuerst auf einen mehr oder weniger grossen nach oben offenen Hofraum, der meist viereckig von Form ist. Bei Reichen und Armen ist dieser Raum gepflastert, oft mit Marmorfliessen (weche [welche] von Spanien und Portugal kommen), meist aber mit Sleadj. Es sind dies kleine Fliesse mit bunt glasirter Farbe, und da sie in allerlei Formen hergestellt werden, sternartig, dreieckig, viereckig etc., so legen die Erbauer die h�bschesten Muster damit zusammen. Eine einzelne Sleadj ist nicht grosser als 1-2 Zoll Seitenl�nge; man verfertigt sie in Fes selbst. Auch die Zimmerb�den sind meist aufs reizendste mit diesen Sleadj ausgelegt. [Fu�note 81: Ein gerader Gang darf von der Strasse nicht ins Innere des Hauses f�hren, weil sonst, bliebe ja einmal aus Versehen die Hausth�r offen stehen, der Blick eines Fremden in den Hofraum fallen k�nnte.] In der Mitte des Haushofes befindet sich ein springender oder jedenfalls fliessender Quell, auch in der �rmsten Wohnung fehlt er nicht. Bei den Reichen befinden sich zu dem Ende meist h�bsche Marmorbecken, welche ebenfalls aus Europa bezogen werden, im Hofe. Die Vertheilung des Wassers in der Stadt ist n�mlich so ausgezeichnet, dass Can�le weit oberhalb der Stadt von den Fl�ssen abgeleitet sind, und so auch die h�chsten Stadttheile mit reinem Wasser versorgen. In Neu-Fes hat man an einem Canal sogar grosse R�der erbaut, welche, wie in Italien die Bew�sserungsr�der, mittelst ihrer eigenen vom Wasser bewirkten Umdrehung Wasser auf die H�he schaffen. Nach Leo sollen diese Wasserr�der schon 100 Jahre vor seiner Ankunft in Fes gewesen sein und von einem Genueser herr�hren. Ebenso gut ist f�r die Abf�hrung der Unreinigkeiten aus den H�usern gesorgt, das lebendige Wasser f�hrt allen Unrath mittelst kleiner unterirdischer Can�le in den Ued Fes[82]. [Fu�note 82: Leo giebt an: es seien �ber 150 �ffentliche Latrinen in Fes, und s�mmtliche wurden durch fliessendes Wasser von selbst reingehalten. Ob so viele in Fes sind, kann ich nicht behaupten, jedenfalls wird, da man in allen marokkanischen St�dten, auch in den Oasen, �ffentliche Latrinen findet, auch wohl in Fes daf�r gesorgt sein. Man findet sie �brigens nicht nur mit Moscheen verbunden, sondern h�ufig auch ganz unabh�ngig von solchen.] Die Zimmer der H�user, von denen sich in der Regel drei oder vier auf den Hofraum �ffnen, sind stets sehr lang, sehr hoch, aber auch nie breiter, als dass ein grosser Mensch der Breite nach darin liegen kann. Grosse und hohe Th�ren, wie immer mit hufeisenf�rmigen Bogen f�hren zu den Zimmern; im Sommer und bei gutem Wetter sind sie offen, im Winter verschlossen, und man gelangt durch eine kleine Th�r, eine Art Schl�pfth�r (Poterne), welche sich in jeder grossen befindet, ins Zimmer. An beiden Seiten der Th�r sind manchmal kleine viereckige, oder auch ogivische stark vergitterte Fenster, Glasscheiben hat man erst in letzter Zeit angefangen einzuf�hren, M�bel nach unserem Sinne sind nirgends vorbanden. Bei den Reichen findet man Teppiche, Wollmatratzen, feine Matten, und auch die W�nde der Zimmer 3-4 Fuss hoch mit h�bschen Matten ausgeschlagen; auch manchmal Betten an den Enden der Zimmer auf europ�ischen Bettstellen, aber diese werden mehr als Luxus, als Schmuck betrachtet, es w�rde nie Jemandem einfallen, darin zu schlafen. Die W�nde der Zimmer sind weiss ausgekalkt, aber unterhalb des Plafond laufen manchmal Arabesken herum, oft in Form von Koranspr�chen. Die Plafonds der Zimmer sind bunt bemalt, oft azur mit Gold, oft aber auch mit Holzschnitzerei bedeckt oder mit Holzst�ckchen ausgelegt. In den W�nden sind h�ufig nischenartige Vertiefungen angebracht, welche als Schr�nke dienen; ebenso findet man bei der wohlhabenden Classe Holzschr�nke, oft aus sehr h�bschen Holzschnitzwerken gearbeitet, oder mit Perlmutterst�ckchen, Elfenbein oder Ebenholzst�ckchen ausgelegt. W�hrend im Hofe rings um die inneren W�nde ein durch steinerne S�ulen getragener Bogengang l�uft, der zugleich Schatten gegen die senkrechte Sonne gew�hrt, dient dieser Bogengang f�r das zweite Stockwerk als Vorplatz, von dem aus man in die Zimmer gelangt; und ist noch ein drittes Stockwerk vorhanden, so gehen die Gallerien ebenfalls h�her. Die oberen Zimmer unterscheiden sich in der Anordnung durch nichts von den unteren; ganz oben auf dem platten Dache, welches aus gestampfter und cementirter Erdmasse besteht, befindet sich manchmal noch ein Zimmer, Mensa genannt; hier geben die Frauen vorzugsweise ihre Gesellschaften. Der Zugang nach oben geschieht mittelst Treppen, die immer sehr schmal, und, wenn im Innern des Hauses, niedrig angelegt sind; aber so sehr man darauf sieht, den Raum in Breite und H�he bei der Treppe zu beschr�nken, so wenig sieht man darauf, die Abs�tze selbst kurz zu machen; im Gegentheil, diese sind so hoch, dass manchmal ein ausserordentlicher Kraftaufwand erforderlich wird, um einen Absatz zu ersteigen. Von aussen werden die H�user bisweilen durch anstrebende Pfeiler verst�rkt oder durch Bogeng�nge auseinandergehalten; es tr�gt dies keineswegs dazu bei, die ohnehin schon schmalen Gassen passirbarer zu machen, und wo man ja einmal eine etwas breitere Strasse antrifft, kann man sicher sein, dass die Anwohner dies derart durch Ueberbauen der zweiten und dritten Etage benutzt haben, dass die breiteren Strassen hiedurch fast zu den dunkelsten gemacht sind. Nachts werden nicht nur die Stadtthore geschlossen, sondern auch die Thore, welche die verschiedenen Quartiere von einander trennen, und da die Quartiere gemeiniglich durch mehrere Strassen mit einander communiciren, so kann man sich denken, wie viele Thore alle Abende verschlossen werden m�ssen. Man sagt: es sei dies eine Sicherheitsmassregel, und haupts�chlich sei dieselbe gegen Diebe gerichtet. In der That wird dadurch alle Communication Nachts aufgehoben; nach dem l'Ascha (das letzte Gebet) ist es unm�glich, aus seiner Strasse oder seinem Quartier herauszukommen. W�hrend des Chotba-Gebetes am Freitag werden ebenfalls alle Thore abgeschlossen, nicht nur in Fes, sondern in allen St�dten Marokko's, ja im ganzen Rharb (die arabischen Geographen rechnen alles Land westlich vom Nil zum Rharb, d.h. dem Westen, alles �stlich davon zum Schirg, d.h. dem Osten) herrscht diese Sitte, wie ich sp�ter in Rhadames, Tripolis, Bengasi, Tunis und anderen St�dten zu erfahren Gelegenheit hatte. Es soll dies deshalb geschehen, weil einer alten Sage zu Folge sich um die Zeit des Chotba-Gebetes die Christen der mohammedanischen St�dte bem�chtigen w�rden. Wahrscheinlich ist es aber ein alter Brauch der Regierungen, die sich dann mit ihrer ganzen Macht in den Moscheen befinden und sich so gegen ihr eigenes Volk sichern wollen. An �ffentlichen Geb�uden der Stadt sind die Pal�ste des Sultans, die Moscheen, die Funduks, B�der und Grabst�tten hervorzuheben. Der grosse Palast des Sultans nimmt den ganzen s�dwestlichen Theil von Neu-Fes ein; von dem Innern dieses Geb�udes kann ich nur wenig berichten, da ich hier nicht dem Leser die �bertriebenen Beschreibungen der Bewohner von Fes wiedergeben mag, die mehr nach Fabeln aus 1001 Nacht klingen, als auf Wirklichkeit beruhen. Grossartige Ruinen deuten allerdings auf einstige grossartige Bauten hin, aber _alle_ Bauten der Mohammedaner haben das Eigenth�mliche, dass sie meist schon _gleich_ nach dem Entstehen ein ruinenhaftes Aussehen bekommen. Der Palast besteht eigentlich aus weiter nichts als vielen grossen mit Arkaden versehenen H�fen mit Springbrunnen, auf welche sich die Zimmer �ffnen, Pferdest�lle, Bedientenstuben, Wachtzimmer, Empfangsh�fe--diar el meshuar genannt--wechseln damit ab. An der s�d�stlichen Ecke, durch hohe Mauern von den �brigen Theilen des Palais getrennt, befindet sich das Harem, welches Platz f�r mehr als 1000 Frauen hat. Zwischen der kaiserlichen Wohnung und der s�dwestlichen Stadtmauer befindet sich ein grosser Garten, in welchen ich mehrere Male Zutritt bekam. Man findet hier fast alle feineren europ�ischen Gem�se, auch Blumenkohl, Artischocken und dgl. Von langen geraden G�ngen durchschnitten, sind diese an den Seiten eingefasst von Beeten mit Rosen, Jasmin und Luisa, und fast alle Wege sind zu Tunnels und Laubeng�ngen umgeschaffen, wo die rankenden Weinreben k�hlenden Schatten gew�hren. Eine kleine Veranda, vor einem Theil des Palais gelegen--und davor ein besonderes abgeschlossenes G�rtchen, worin nur Blumen gezogen werden, dienen zum Privatgebrauche des Kaisers. Ein zweiter Palast des Sultans ist zwischen Neu- und Alt-Fes gelegen und hat den etwas sonderbaren Namen Bu-Djelud[83]. Es ist dies, abgesehen von dem halbverfallenen Aussehen, ein h�bsches Geb�ude, und, eigenth�mlicherweise im Renaissancestyl, vermischt mit maurischer Architektur errichtet, was wohl daher r�hrt, dass europ�ische Renegaten die Erbauer waren. Es gelang mir leider nicht (da der Sultan in Mikenes war), in das Innere zu kommen; ebenso war mir auch der Garten verschlossen, welcher damit verbunden ist, und dessen herrliche Baumgruppen, aus denen schlanke Palmen hervorragten, ich oft im Vor�bergehen bewunderte. Dieser Garten war den Damen des Harems reservirt. [Fu�note 83: Bu-Djelud heisst Vater der Felle; wahrscheinlich befand sich hier am Flusse--denn dieser Palast liegt hart am Ued-Sebu--eine Gerberei. Eine �hnlich sonderbare Benennung hat ja auch der Palast der franz�sischen Herrscher in Paris: Tuilerie.] Eine halbe Stunde von Neu-Fes entfernt, nach dem S�den zu, befindet sich eine sultanatliche Wohnung, von einem �usserst grossen und mit hoher Mauer umringten Garten umgeben; in diesem Geb�ude h�lt sich der Sultan manchmal auf, um die Sommerfrische zu geniessen; zum Theil wohnen sodann die Minister, die Grossen des Reichs, die Gouverneure der Provinzen, welche zum Besuch anwesend sind, mit in dem weitl�ufigen Geb�ude, zum Theil campiren sie in ihren Zelten ausserhalb des Gartens. Zwischen diesem Landsitz in Neu-Fes ist auch gew�hnlich die Mhalla, d.h. der Lagerplatz des Heeres. Dieses muss immer da sein, wo der Sultan sich aufh�lt; und da in Neu-Fes f�r die Truppen, welche der Sultan immer um sich hat, nicht hinl�nglich Platz ist, so campiren sie hier unter Zelten. Von Weitem gesehen, sieht dieses Zeltlager, inmitten der gr�nen Wiesen, durchschl�ngelt vom Ued-Fes, sehr malerisch aus, aber im Innern herrscht die gr�sste Unreinlichkeit und Verwirrung. Die stehende Macht des Sultans bestand 1862 aus etwa 4000 Infanteristen, welche aufs bunteste cost�mirt sind. Sidi-Mohammed-ben-Abd-er-Rhaman, jetziger Sultan und derselbe, dem zu Lebzeiten seines Vaters eine so empfindliche Niederlage durch den Marschall Bugeaud bei Isly[84] beigebracht wurde, war im Feldzuge gegen die Spanier nicht gl�cklicher gewesen. Indess hatte er so viel Einsehen bekommen, dass er begriff, mit seinen regellosen Schaaren nicht gegen europ�ische Streitkr�fte k�mpfen zu k�nnen. [Fu�note 84: Am 14. August 1844. Der jetzige Sultan entkam seiner Gefangennahme nur dadurch, dass er beim Eindringen der Franzosen in sein Zelt dieses mit dem S�bel schlitzte, und aufs Pferd sich schwingend, von diesem aus dem Bereich der Feinde getragen wurde.] Er glaubte nun ein regelm�ssiges stehendes Heer zu haben, wenn er Leute auf europ�ische Art uniformiren liess, und so sah man hier Uniformst�cke s�mmtlicher Nationen, gemeinsam ist allen nur der rothe Fes und die gelben Pantoffeln; auch hatte man angefangen, kurze bis an die Knie gehende Hosen einzuf�hren, da es den Berbern und Arabern unm�glich schien, lange Hosen zu tragen. Diese Infanterie ist in vier Theile oder Bataillone getheilt, je von einem "Agha" commandirt, untergetheilt sind sie wieder in vier Abtheilungen, denen ein Kaid (Hauptmann) vorsteht, und noch kleinere Abtheilungen werden von Califat-el-kaid (Lieutenants) und Mkadem (Unterofficier) commandirt. Die Mannschaft selbst besteht aus Berbern, Arabern, Negern und spanischen Renegaten, welche letztere Str�flinge von Ceuta, Penon oder Mellila her desertiren. Diese Renegaten sind vorzugsweise Hornisten, Tamboure oder bei der Capelle angestellt. Denn da die englische Regierung die Instrumente geschenkt hat, so hat der Sultan eine Capelle einrichten lassen, welche aber auf noch viel haarstr�ubendere Art deutsche Walzer oder italienische St�cke zum Besten giebt, als die t�rkischen Regimenter. Die Capelle hat 24 Mitglieder, w�hrend der Hornisten und Tamboure f�r jede Compagnie je zwei vorhanden sind. Die Trommeln sind �hnlich wie die des deutschen Heeres, die H�rner sind gleich denen der Engl�nder. Die Bewaffnung besteht aus alten franz�sischen Steinschlossgewehren, fast alle mit der Jahreszahl 1813. Der Sultan, hat diese im Preise von 40 Fr. das St�ck kaufen lassen (er h�tte daf�r auch Z�ndnadeln bekommen k�nnen), aber die Zwischenh�ndler haben ihr Profitchen dabei gemacht. Das Commando geschieht in t�rkischer Sprache, was den Uebelstand f�r den Soldaten hat, dass derselbe das Commando nur mechanisch verstehen lernt. Jede Compagnie hat eine Fahne, jedes Bataillon (ich nenne so die vom "Agha" commandirte Atheilung [Abtheilung]) eine etwas gr�ssere, die Farben der Fahnen sind roth, gelb, blau, je nachdem der Chef Vorliebe f�r diese oder jene Farbe hat. Der gemeine Soldat bekommt sechs Mosonat L�hnung, und muss sich hierf�r Alles halten, was bei den billigen Verh�ltnissen in Marokko auch recht gut angeht, zumal die Kleidung vom Sultan geliefert wird. Die h�heren Stellen sind allerdings nicht besonders bezahlt, so bekommt ein Agha, Bataillonschef, nur ein Metcal t�glich (= 40 Mosonat oder etwa = 2 Francs). Da diese aber ausser den Pferderationen Korn, Aecker und Vieh vom Sultan bekommen, �berdies die Gelder der beurlaubten Soldaten zum gr�ssten Theil in ihre Tasche fliessen, so stehen sie sich nicht schlecht. Denn von 1000 Mann, die ein Agha commandirt, sind h�chstens 800 zur Stelle, die 200 fehlenden werden aber gef�hrt, und der Sold davon t�glich vom "Amin el Lascari," d.h. dem Zahlmeister, bezogen. Man kann sich einen Begriff von dieser regelm�ssigen Armee, welche aus den gr�ssten Taugenichtsen des ganzen Reiches zusammengesetzt ist, machen, wenn ich einige kurze Personalnotizen der Befehlshaber, mit denen ich bekannt wurde, hier gebe. Der Agha des einen Bataillons war ehedem ein Verk�ufer von roher Seide und Seidengarn in Fes, Namens Hadj-Asus, er verdankte seine Stellung bloss dem Umstande, dass er Hadj, d.h. Pilger nach Mekka war. Marokko, welches so weit von Mekka entfernt liegt, hat verh�ltnissm�ssig nur wenig Pilger aufzuweisen, und obgleich die Dampfer jetzt die frommen Gl�ubigen auf erstaunlich billige Weise von Tanger nach Alexandria und von da nach Djedda schaffen, so hat dadurch keineswegs die Zahl der Pilger zugenommen, weil eine Dampfschifffahrt nicht als so verdienstlich angesehen wird[85] wie eine Pilgerfahrt zu Fusse. Und die grosse Landpilgerkarawane, welche fr�her j�hrlich von Fes, Maraksch und Tafilet abging, hat f�r die ersten beiden Orte zu existiren aufgeh�rt. [Fu�note 85: Eine Dampfwallfahrt bei den Christen wird ebenfalls bedeutend geringer angerechnet, als wenn man den Wallfahrtsort auf Erbsen rutschend erreicht, wir d�rfen uns also keineswegs hierin �ber die Mohammedaner wundern oder gar lustig machen.] Der zweite Agha, ein gewisser Si-Hammuda, geborener Algeriner, hat sich dadurch seine Stellung erworben, weil er ein franz�sischer Proscribirter ist; seinem Stande nach schwang er, ehe der Sultan das Schwert ihm in die Hand gab, die Elle. Der dritte Agha, ein gewisser Si-Mohammed-Chodja, ein geborener Tunesier, weiss wohl selbst nicht, wie er zum Milit�rstande gekommen ist, er ist von Haus aus Thaleb, d.h. Schriftgelehrter. Der vierte und letzte Agha ist ein gewisser Ben-Kadur; von Haus aus Kaid einer Bergtribe, sind diesem letzteren wenigstens nicht kriegerische Eigenschaften abzusprechen, aber vom eigentlichen europ�ischen Milit�rwesen hat er ebensowenig einen Begriff wie die �brigen. Ich k�nnte, da ich Gelegenheit hatte, alle Kaids kennen zu lernen, so fortfahren, aber dies wird gen�gen. Indess sei noch erw�hnt, dass zwei wirkliche franz�sische Officiere, Eingeborne der Tirailleurs indig�nes, es nie weiter bringen konnten als zum Lieutenant, weil sie im Verdachte standen Christen zu sein, w�hrend ein anderer, ein "Sussi", Herumstreicher (Eingeborne aus der Provinz Sus), gleich zum Hauptmann oder Kaid ernannt wurde. Da diese Ernennung w�hrend meiner Anwesenheit in Fes erfolgte, so kann ich hier anf�hren, dass sie aus dem Grunde geschah, weil dieser "Sussi" vor den Augen des Sultans in Seilt�nzerkunstst�cken sich ausgezeichnet hatte. Er hatte ehedem einer Gesellschaft angeh�rt, wie sie h�ufig aus dem Sus kommen, und mit dieser nicht nur die ganze mohammedanische Welt, sondern auch ganz Europa durchzogen; so behauptete er auch in Deutschland gewesen zu sein, und da er mir mehrere St�dte Deutschlands mit Namen nennen konnte, musste ich es wohl glauben, denn welcher andere Marokkaner h�tte eine deutsche Stadt namentlich gekannt; das geographische Wissen der gr�ssten marokkanischen Gelehrten, soweit es Europa betrifft, beschr�nkt sich auf Baris (Paris), Lundres (London), Manta (Malta), Blad Andalus (Spanien), Bortugan (Portugal), Musgu (Russland), Nemsa (Deutschland) und Stambul (Konstantinopel). Kann ein Thaleb oder Faki der Reihe nach diese Namen auskramen, so glaubt er wenigstens ein Humboldt oder Ritter zu sein. Man�vrirt wird denn auch nie mit dieser oben geschilderten "regelm�ssigen" Truppe, und die Exercitien beschr�nken sich auf Paradem�rsche, auf ssalam dur (pr�sentirt das Gewehr) und einige andere Griffe. Ein grosser Uebelstand ist, dass die meisten Soldaten verheirathet sind und Kinder haben, viele auch Sklaven besitzen, kurz man kann sagen, dass der Sultan mit seiner bunt nach aller Herren L�nder Art uniformirten Truppe sich keineswegs eine regelm�ssige Armee oder nur den Kern dazu geschaffen hat. Aber die seit Jahrhunderten bestehende Unfehlbarkeit des Sultans hat dazu gef�hrt, dass diese Pers�nlichkeiten anfangen sich selbst f�r unfehlbar zu halten, und der Sultan glaubt in der That mit der Ernennung irgend eines Menschen zum Bataillonschef wirklich dadurch einen t�chtigen Chef gemacht zu haben. Besser ist die Cavallerie organisirt (nach Sir Drummond Hay 16000 Mann stark), weil sie auf einheimische Verh�ltnisse basirt ist. Die Cavalleristen bekommen zwei Mosonat t�glich mehr, als die Infanteristen, haben aber daf�r ihre Pferde zu unterhalten. Sie sind eingetheilt in kleine Truppen von 50-60 Pferden, welche einem Kaid untergeben sind. Das Commando ist hier arabisch. Der Cavallerist hat eine lange Steinschlossflinte und einen ziemlich geraden S�bel als Bewaffnung; wer sich selbst 1 oder 2 Pistolen anschafft, glaubt dann aufs vollkommenste ausger�stet zu sein. Der S�bel wird an einer seidenen oder baumwollenen Schnur von der rechten Schulter zur linken Seite herabh�ngend getragen. Die S�ttel sind jene mit hohen Lehnen nach hinten, mit hohem Knaufe nach vorne versehenen und allgemein unter Arabern und Berbern gebr�uchlichen. Von Exercitien und Man�vern ist bei der Cavallerie noch weniger die Rede, die ganze Kunst des Cavalleristen beschr�nkt sich darauf, im schnellsten Laufe das Pferd fortzureiten und w�hrend des Rittes die Flinte abzufeuern. Da die grossen Steigb�gel sehr kurz h�ngen und so eingerichtet sind, dass der ganze Fuss darin Platz hat, so _stehen_ beim schnellen Reiten meistens die Cavalleristen. Auf diese Art wird auch der Angriff gemacht, man saust mit Windeseile heran, schiesst ohne zu zielen das Gewehr ab, und das dann von selbst wendende Pferd tr�gt den Angreifer zur�ck. Die Cavallerie hat nur Hengste. Seit dem Kriege mit Spanien hat der Sultan von Marokko auch Feldartillerie angeschafft, aber eben so ungl�cklich berathen wie in Beschaffung seiner Uniformst�cke, hat er wohl kein einziges Gesch�tz, welches dem andern gleich w�re. Die Artilleristen, welche diese Kanonen zu bedienen haben, sind fast alle spanische Renegaten; auch einen Franzosen fand ich dort, der Hauptmann war, und einen Deutschen, der in der Heimath Maurergeselle gewesen, die Kelle mit der Kanone vertauscht und von Sidi Mohammed, dem Hakem el mumenin (Beherrscher der Gl�ubigen), dem er verschiedene Arbeiten in seinem Palais aufgemauert hatte, zum Kaid el Tobdjieh, d.h. zum Artillerie-Hauptmann war ernannt worden. Ich brauche wohl kaum hinzuzuf�gen, dass alle diese Renegaten dort verheirathet sind, mithin factisch und f�r immer sich zu marokkanischen B�rgern erkl�rt haben. Einem einzigen Europ�er gelang es jedoch, sich eine achtenswerthe Stellung in Marokko zu erringen. Freilich war auch dieser nur zum Schein Mohammedaner geworden, und, zugleich mit mir die Hauptstadt Fes betretend, hat er jetzt seit langem Marokko den R�cken gekehrt. Es ist dies der Spanier Joachim Gatell, der in Marokko den Namen Ismael angenommen hatte. Da in seiner Beschreibung "L'ouad Noun et el Tekna" eine interessante Schilderung des marokkanischen Kriegslebens enthalten ist, so lasse ich sie hier �bersetzt aus den Bulletins de la Soci�t� de Geographie de Paris folgen. Auf der 279. Seite erz�hlt Gatell: "Im Jahr 1861 war so eben der Krieg zwischen Spanien und Marokko beendet. Die Erz�hlungen, welche man zu der Zeit vom marokkanischen Volke machte, von den Sitten, vom Muthe, den barbarischen Gebr�uchen, dem Fanatismus der Bewohner, erregten in mir die Idee in das Innere des Landes einzudringen, trotz der F�hrlichkeiten, denen ich dabei ausgesetzt sein konnte. Ich reiste also nach Fes ab, wo sich der Hof befand, und, um besser meine Absicht zu erreichen, trat ich in die regelm�ssige Armee des Sultans. Obschon ich nur �usserst wenig vom Waffenhandwerk verstand, wurde ich gleich zum Officier bef�rdert." Nach einer Schilderung der Campagne gegen die Beni Hassen, wobei Gatell zum Chef der "Garde-Artillerie" des Sultans ernannt wurde, f�hrt er fort die Expedition gegen die Rhamena zu schildern: "Wir hatten 29 St�ck, einen M�rser eingeschlossen; aus den Magazinen von Arbat nahmen wir 55 Centner Pulver in F�ssern, und ausserdem eine Menge fertiger Munition in Kisten mit, und fingen so an die Aufst�ndischen zu verfolgen.["] Ein Theil der Seragua-Kabylen vereinigte sich so eben mit den Rhamena, nichts desto weniger ging auch jetzt die kaiserliche Armee mit marokkanischer W�rde und Langsamkeit vorw�rts: es schien, als wenn wir einen Spaziergang im Sonnenschein zu machen, keineswegs aber den Feind anzugreifen h�tten. Die Hauptstadt war bedroht, aber um eine solche Kleinigkeit k�mmern sich dort die Leute nicht. "--Wir werden zeitig genug ankommen, und wenn nicht, so ist es Gottes Wille. Die marokkanische Majest�t darf nie Eile zeigen, oder auch nur den Anschein haben sich zu sehr um den Gang der Ereignisse zu k�mmern." Gatell erz�hlt sodann, wie man nicht den Bewohnern den Krieg machte, sondern den Getreidefeldern, welche angez�ndet wurden, und als sie endlich vier Stunden von Marokko im Angesichte der Rhamena waren, die Aufst�ndischen auseinandergesprengt wurden; hiebei feuerte die Artillerie 15 Sch�sse ab und warf 8 Bomben. Was die sogenannte schwarze Garde des Sultans von Marokko anbetrifft, die "Buchari," die unter den fr�heren Kaisern, namentlich unter Mulei Ismael eine so grosse Rolle spielte, so ist dieselbe heute sehr zusammengeschmolzen; kaum einige hundert Mann stark, dient sie jetzt nur zu Prunkaufz�gen, und scheint gegen den Feind nicht mehr verwendet zu werden, wenigstens nahmen die Buchari am Kriege gegen Spanien keinen Antheil. Dem ganzen Heere steht ein Schwarzer, Namens Abd-Allah, als Kriegsminister vor, er hat das Verdienst ehemals als Sklave mit dem jetzigen Sultan auferzogen worden zu sein. Unter ihm stehen verschiedene "Amin," welche f�r die geldlichen und sonstigen Angelegenheiten der Armee zu sorgen haben. Nach diesem Besuche bei der Armee wenden wir uns wieder zur Stadt Fes zur�ck. Von den �brigen erw�hnenswerthen Geb�uden haben wir nur zwei Moscheen zu nennen. Es ist dies zun�chst die Djemma Karubin (die den Cherubim gewidmete Moschee). Diese Moschee ist wohl die gr�sste in ganz Nordafrika. Die Bewohner Fes' behaupten, sie ruhe auf mehr als 360 S�ulen, ja Einige sprachen von 800; ich konnte mich nat�rlich nicht daran machen sie zu z�hlen, aber wenn man von dem Hofe der Moschee ins Innere sieht, glaubt man einen Wald von S�ulen vor sich zu haben. Wenn man der Beschreibung von Leo trauen darf, so hat die Djemma 31 grosse Thore, das Dach ruht auf 38 Bogen der L�nge und 20 Bogen der Breite nach; es w�rde dies schon �ber 900 S�ulen ergeben. Ali Bey giebt 300 S�ulen an. Die Moschee Karubin liegt ziemlich im Mittelpunkt von Alt-Fes, und ist wie fast alle Moscheen derart gebaut, dass sie aus einem grossen, von hohen Mauern und Arkaden umgebenen Hofraum und aus einem bedeckten Theile besteht, der eigentlichen Moschee. Ganz aus �berkalkten Ziegeln erbaut, ist das Dach, oder vielmehr sind die Dachreihen ebenfalls mit Ziegeln � cheval gedeckt, und nicht glatt. Das ziemlich hohe Minerat ist, wie �berall in Marokko, �usserst plump und vierseitig aufgef�hrt. Im Hofe des Geb�udes springen aus zwei reizenden und grossartigen Marmorfontainen Wasserstrahlen, �berhaupt sind die Wasseranlagen, die kleinen H�uschen, worin die vor dem Gebete nothwendigen Ablutionen verrichtet werden, ausgezeichnet und zahlreich. Der verdeckte Theil der Moschee hat wie alle diese Geb�ude vollkommen nackte gegypste W�nde, der ganze Fussboden ist aber zum Theil mit kostbaren Teppichen, und �berall wenigstens mit feinen Matten belegt. Auch an den W�nden und um die S�ulen ziehen sich halbmannshoch h�bsche Strohmatten hinauf. Wie in allen Moscheen des Rharb ist an und in der �stlichen Wand die Nische, welche die Gebetsrichtung "Kibla" angiebt. Gleich links davon ist eine Treppe, von welcher herab Freitags das Chotba-Gebet abgelesen wird. Der erste Priester der Moschee tritt nach einem kurzen Gebet, mit einem langen Stock in der rechten Hand versehen, auf die dritte Stufe (die Treppe enth�lt f�nf oder sechs Stufen), und liest dann mit einf�rmiger Stimme das Freitagsgebet ab, der Schluss ist immer von einem Gebete f�r den jemaligen Regenten begleitet; im ganzen Rharb, d.h. Marokko, und auch in den s�dalgerischen Ortschaften bezieht sich das Gebet auf Mohammed-ben-Abd-er-Rhaman, im Osten aber, incl. Tunis und Aegypten, auf Abd-ul-Asis-Chan. Ob die Mohammedaner in Algerien, wie fr�her f�r den T�rkensultan, heute noch f�r denselben F�rsten den Segen herabflehen, oder f�r den jemaligen franz�sischen Regenten, kann ich nicht sagen. Die Moschee Karubin hat das Eigenth�mliche, dass _mehrere_ Mimber oder Gebetstreppen vorhanden sind. Freitags zum Chotba-Gebet wird allerdings nur die eine links von der Gebetsnische befindliche benutzt, aber die �brigen dienen als Lehrst�hle, von denen aus zu sonstiger Zeit den Gl�ubigen gepredigt und gelehrt wird. Wenn aber Ali Bey meint, nur die Karubin, habe den Vorzug eine besondere Abtheilung f�r Frauen zu haben, und es sei dies zu verwundern, weil Mohammed den Frauen im Paradiese keinen Platz zuerkannt habe, so kann ich entgegnen, dass die Frauen in allen Moscheen Zutritt haben. F�r gew�hnlich gehen die mohammedanischen Frauen allerdings Behuf des Gebetes nicht in die Moschee, keineswegs aber ist den Frauen die Moschee verboten, ebensowenig wie den Frauen das Mekka-Pilgern verboten ist. Es ist ein Irrthum zu glauben Mohammed habe den Frauen das Paradies verschlossen, in der 17. Sure heisst es w�rtlich[86]: "die in Geduld ausharren, werden wir mit herrlichem Lohn ihr Thun belohnen. Wer rechtschaffen handelt, _sei es Mann oder Frau_, und sonst gl�ubig ist, wollen wir ein _gl�ckliches Leben_ geben, und ausserdem noch mit _herrlichem Lohn_ sein Thun vergelten." Und an vielen anderen Stellen im Koran, namentlich noch in der 13. Sure erw�hnt Mohammed der Frauen als Theilnehmer der zuk�nftigen Paradiesesfreuden. [Fu�note 86: Uebersetzung des Koran von Dr. Ullmann, Bielefeld, 1867.] Was die Architektur der grossen Karubin anbetrifft, so ist dieselbe keineswegs eine sch�ne zu nennen. Zumal von aussen, wo dies grosse Geb�ude eingepfercht zwischen Buden und H�usern sich befindet, nimmt es sich h�chst unvortheilhaft aus, �berdies lassen sich immer nur einzelne Partien, da wo Thore sind, �berblicken. Aber selbst wenn die Karubin frei st�nde, w�rde sie sehr unharmonisch aussehen, da die einzelnen Theile in gar keinem Verh�ltniss zum Ganzen stehen. Die H�he der Moschee, die H�he der S�ulen, etwa 20 Fuss hoch, ist viel zu gering zur kolossalen Baute, um einen guten Anblick zu gew�hren. Der Hof w�rde einen vorteilhaften Eindruck machen, erh�ht durch die beiden herrlich skulptirten Marmorfontainen (diese sind nach den Aussagen der Bewohner von Fes von europ�ischen Renegaten gemeisselt), wenn nicht hier dieselben Missverh�ltnisse zu Tage tr�ten. Dazu kommt noch, dass der Mohammedaner, und namentlich der Araber, der geschworenste Feind von Symmetrie ist. Hier stehen zwei S�ulen 8 Fuss, dort 7 Fuss auseinander, hier ist eine S�ule 21 Fuss hoch, dort 20 oder 22 Fuss. Hier ist eine einfache, dort eine Doppels�ule, hier hat eine S�ule, dort keine ein Capit�l. Dazu sieht das Ganze so gedr�ckt aus, als wenn Alles halb in den Boden hinein versunken w�re. Es ist in keiner Zeichnung bis heute den Arabern gelungen etwas Symmetrisches zu schaffen, und im Grossen wie im Kleinen, in der Baukunst, in der Weberei, in ihren Arabesken, in ihren Holzschnitzereien, in ihrer Plafondirung, in ihrer Parquetirung, �berall tritt uns die Unregelm�ssigkeit st�rend entgegen. Es giebt keinen einzigen von Arabern gewebten Teppich, dessen Muster so wie es angefangen zu Ende gef�hrt ist, es giebt kein Zelt, welches aus gleichm�ssig gewebten St�cken vollendet ist, ein arabischer Haik (d.h. Tuch) hat sicher, falls an der einen Seite 3 Streifen als Einfassung sind, an der anderen 2 oder 4, es giebt keine Th�r, die eine vollkommen durchgef�hrte Holzschnitzerei aufzuweisen h�tte, und es giebt keinen einzigen Bau, der einen vollkommen durchgef�hrten Plan erkennen liesse. Ich kann, nicht umhin hier anzuf�hren, dass wir da, wo die Araber allein gebaut haben, nirgends ein vollkommen sch�nes Product der sogenannten maurischen Architektur vorfinden. An der ganzen Nordk�ste von Afrika finden wir nirgends eine Baute, die sich durch vollkommene Sch�nheit auszeichnete, in ihrem eigenen Vaterlande noch weniger. Aus den Abbildungen von Niebuhr ersehen wir, dass die Moscheen von Mekka und Medina plumpe, rohe Geb�ude sind. Vollkommen sch�ne maurische Geb�ude finden wir nur da, wo die Araber mit Christen untermischt sesshaft waren: in Spanien und Syrien. M�glicherweise m�gen christliche Architekten, christliche Handwerker und Sklaven mehr ihre Hand dabei im Spiele gehabt haben, als wir heute wissen. Es k�nnte nach vier- oder f�nfhundert Jahren mit den Prachtbauten, die von Mohammed Ali Pascha bis auf Ismael Pascha in Aegypten errichtet werden, ebenso ergehen, d.h. k�men unsere Nachkommen nach einer solchen Spanne Zeit nach Aegypten, so w�rden sie sagen, dass die Aegypter unserer Tage es wohl verstanden h�tten, in der maurischen Architektur Prachtbauten zu errichten. Heute aber haben wir gl�cklicherweise feste und t�gliche geschichtliche Aufzeichnungen, wir wissen, dass die Moscheen und Pal�ste in Aegypten, die in diesem Jahrhundert dort erbaut wurden, nicht von Arabern oder Aegyptern herr�hren, sondern von europ�ischen Architekten und Handwerkern errichtet worden sind; ich nenne unter ersteren bloss Hrn. Franz von Darmstadt und den verewigten v. Diebitsch von Berlin. Mit der Karubin ist ein Geb�ude verbunden, welches die ziemlich bedeutende Bibliothek, nat�rlich nur aus Manuscripten zusammengesetzt, enth�lt; nach einer oberfl�chlichen Sch�tzung, die ich machte, sind wenigstens f�nftausend B�nde vorhanden. Der ganze B�cherschatz befindet sich �brigens in einem sehr verwahrlosten Zustande, und es ist ein Wunder, dass Staub und Motten nicht schon gr�ssere Verw�stungen angerichtet haben. Es ist ziemlich leicht B�cher von der Bibliothek zum Lesen zu bekommen, auch ist es gestattet Abschriften zu nehmen (nat�rlich nur den Gl�ubigen), es ist aber streng untersagt, irgendwie ein Buch zu entlehnen, um es mit nach Hause zu nehmen, und da die dortigen Bibliotheken mit unseren Einrichtungen, Katalogen, Scheinen und dergleichen nicht bekannt sind, ist diese Massregel sehr nothwendig. Es wird heutzutage noch immer in der Karubin gelehrt, obgleich von der einst so ber�hmten Schule nur noch ein schwacher Schatten �brig ist. Man legt den Koran aus, d.h. disputirt �ber �ussere Kleinigkeiten, denn am eigentlichen Dogma darf nicht ger�ttelt werden; wer nur im Geringsten zweifelte an irgend einem Glaubenssatze, w�rde gleich als Ketzer beschuldigt werden, w�rde des Abfalls vom Islam geziehen werden, und da in Marokko noch wie ehedem bei uns f�r dergleichen Zweifler die Todesstrafe bl�ht, so h�tet sich wohl Jeder irgendwie an einem Worte des Buches, welches vom Himmel herabgekommen ist, zu r�tteln. Dagegen h�rt man die gelehrtesten Erkl�rungen �ber Formen und Aeusserlichkeiten, z.B. ob Mohammed am Feste nach dem ersten Ramadhan ein _schwarzes_ oder _weisses_ Lamm geopfert habe, wie gross die H�lle sei, ob im Paradiese auch die und die Speise w�rde verabreicht werden, und dergleichen Albernheiten mehr. Es werden sodann die vier Species gelehrt, aber nur auf nothd�rftige Art und Weise; ich bemerke hiebei, dass der Marokkaner, mit Ausnahme der Addition, bei dem Abziehen, Vervielf�ltigen und Theilen ganz andere Verfahren in Anwendung bringt, als wie wir sie in unseren Schulen zu erlernen pflegen. Auch geographischer Unterricht wird ertheilt, oder soll vielmehr gelehrt werden, denn in einem Lande, wo man von Erdbeschreibung so wenig Kenntniss hat, dass man die Vorstellung hegt, Portugal sei gr�sser als Frankreich, sieht es gewiss traurig mit der Kenntniss der Erde aus. So glauben denn auch die Marokkaner, dass ihr Land das gr�sste und ihr Volk das erste und m�chtigste der Welt sei. Auch Astronomie wird getrieben, aber nur in Verbindung mit Astrologie. Einige der gelehrten Marokkaner stehen auf dem Ptolem�ischen Standpunkte, sie haben eine Idee von den grossen Planeten; dass die Erde sich um die Sonne dreht, darf �brigens nicht gelehrt werden, wenn man sich �berhaupt zu einer solchen Vorstellung emporschwingen k�nnnte [k�nnte], es steht das im Widerspruch mit dem Koran. Es giebt sodann Geschichtslehre und im ganzen kann man dieser Lehrabtheilung noch den gr�ssten Beifall zollen. Ich h�rte interessante Vorlesungen derart mit an, welche die Geschichte der Araber im Bled Andalus (Spanien) zum Gegenstand hatten. Endlich ist eine Abtheilung f�r Djerumia, d.h. arabische Grammatik vorhanden, die aber auch aus dem Gew�hnlichen nicht herauskommt. Alle diese F�cher werden in der Karubin selbst gelehrt, so dass man hier zu jeder Tageszeit auf Lehrer und Sch�ler st�sst. Die Lehrer sind aus dem Fonds der Moschee besoldet und zum Theil die Sch�ler auch, alle haben wenigstens freies Logis und freie Kost. Die Karubin wird f�r eine der reichsten Moscheen gehalten, ein Drittel der L�den oder Gew�lbe in Fes geh�ren ihr zu, die Aecker und G�rten sind zahlreich, und wenn manchmal auch die fr�heren Machthaber von Fes sich aller Eink�nfte der Moschee und ihrer G�ter bem�chtigten, so machten daf�r andere dies doppelt wieder gut. Die mohammedanische Geistlichkeit hat ebenso gut einsehen gelernt wie andere, dass die Macht der Geistlichkeit auf _Geld und Grundbesitz_ beruhe, und, eigenth�mlich genug, obschon auch Mohammed lehrt wie Jesus Christus, "ihr sollt kein Gold und Silber in euren Taschen tragen," "ihr sollt dem Mammon nicht dienen," sehen wir, dass die mohammedanische Geistlichkeit nicht weniger darauf bedacht ist Sch�tze anzusammeln, um zu Macht zu kommen, als die aller anderen Religionen. Wie reich die Karubin schon zur Zeit Leo's war, geht aus seiner Beschreibung hervor: "die t�gliche Einnahme macht 200 Ducaten [87] aus, in der Nacht z�ndet man 900 Lampen an, ausserdem giebt es grosse Leuchter, von denen jeder Platz f�r 1500 Lampen hat etc." Jene grossen Leuchter m�ssen wohl im Laufe der Zeit verschwunden sein; aus christlichen Glocken, wie Leo erz�hlt, geschmolzen, dienten sie einem Sultan vielleicht sp�ter dazu, in Kanonen umgegossen zu werden. Die zahlreichen �brigen Oell�mpchen und grossen Krsytallkronleuchter [Krystallkronleuchter] sind aber noch vorhanden. In einem anstossenden Zimmer befinden sich noch verschiedene grosse Uhren, Compasse, Magnete u. dergl., ohne dass ich eigentlich w�sste, dass man sich dieser Sachen bediene. [Fu�note 87: "Ducaten" in der deutschen Uebersetzung Leo's von Lorsbach, ist wohl dahin zu verstehen, dass Ducaten = einem Metkal, also ungef�hr = 1 Fr. 25 C. ist, aber immerhin w�rde die t�gliche Summe 250 Fr. f�r damalige Zeit eine grosse Summe sein.] Die andere Moschee, welche wegen ihrer eigenth�mlichen Bauart einerseits, dann wegen ihrer Ber�hmtheit als Asyl zu nennen ist, ist die, welche den Namen und die irdischen Reste des Gr�nders der Stadt tr�gt, die Djemma el Mulei Edris. Sie ist dicht bei der vorigen gelegen, nur durch eine schmale Gasse davon getrennt. Sie zeigt sich eigentlich auch nur von dieser Gasse, Bab es ssinsla[88], Kettenthor genannt, mit einem grossartigen und h�bschen Portale in Hufeisenform, alle anderen Seiten sind ummauert. Die Mulei Edris Moschee unterscheidet sich dadurch von allen �brigen kirchlichen Geb�uden Marokko's, dass sie keinen Hof hat, denn eine kleine Arkadenreihe ist offenbar erst sp�ter angelegt. Es deutet dies auf das hohe Alterthum des Geb�udes hin, wobei man die Nachahmung des christlichen Tempels noch wahrnehmen kann. [Fu�note 88: Bab es ssinssla oder ssilsla = Kette, weil sie mit einer eisernen Kette quer�ber abgeschlossen ist, jedoch so dass man zu Fusse an beiden Seiten vorbeigehen kann. Aber hier in dieser heiligen Strasse, bei dem Portale Mulei Edris' vorbei, darf kein Jude (Christen kommen ja ohnedies nicht nach Fes) sich zu zeigen wagen, Tod oder sein Uebertritt zum Islam w�rde unmittelbare Folge einer Ueberschreitung des Verbotes sein. Aber auch Gl�ubige d�rfen in dieser Strasse nicht rauchen oder sich dem Opium- und Haschisch-Genusse hingeben.] Das Hauptgeb�ude, welches auf einen kleinen von Arkaden eingeschlossenen Vorhof folgt, besteht in einem einzigen nach Osten gerichteten Schiffe; fast viereckig von Form, ohne S�ulen wird das Ganze von einem sehr hohen achteckigen Dache bedeckt, welches inwendig aus Holzskulpturen besteht, dessen �ussere Seite jedoch Ziegel zeigt. Diese Dachziegeln sind bei allen monumentalen Geb�uden immer selber Art und auf selbe Art gelegt, wie in Italien und Spanien. Dicht bei der Kibla-Nische befindet sich das pr�chtige Grabmal Mulei Edris', dessen kostbare Tuchdecken alle Jahre erneuert werden. Das Innere der Moschee enth�lt ausserdem viel Gold und Silber, Ger�the, Offranden, was eigentlich gegen die Satzungen des Koran streitet. Auch an der Aussenwand der Djemma el Mulei Edris befindet sich eine silberne Tafel mit massiv goldenen und erhabenen Buchstaben, welche eine Legende der Erbauung der Moschee enth�lt. Diese Tafel ist, um der Witterung vollkommen widerstehen zu k�nnen, unter Glas. Die Moschee, welche Asyl ist, d.h. wo gefl�chtete Verbrecher vor der Verfolgung weltlicher Gerechtigkeit sicher sind, ist ausserdem Sauya. Freilich ist mit dieser Sauya kein religi�ser Orden verbunden, der eigentliche religi�se Orden Mulei Edris befindet sich in Uesan, aber sonst hat sie nicht nur Einrichtungen, um Pilger zu beherbergen und zu bewirthen, sondern auch eine grossartige Schule ist damit verbunden. Alle �brigen Moscheen von Fes, obschon noch sehr grosse vorhanden, so namentlich eine von Mulei Sliman in Neu-Fes errichtete, sind gegen diese beiden gehalten kaum der Beschreibung werth. Es befinden sich im ganzen jetzt in Fes eilf Moscheen, in welchen Freitags das Chotba-Gebet gehalten wird, welchen man also gewissermassen den Rang unserer christlichen Pfarrkirchen zuerkennen k�nnte. Im �brigen giebt es aber noch eine sehr grosse Anzahl Moscheen, manche gr�sser an Umfang als jene, worin Chotba gelesen werden, obschon die Zahl von 700, welche Leo anf�hrt, heute nicht mehr existirt und auch wohl zu seiner Zeit �bertrieben war. Ebenso existiren heute nicht jene zwei Collegien f�r Studenten, von denen Leo so grossartige Berichte giebt; ausser den Lehrst�hlen an der Karubin hat Fes nur niedrige Schulen, Medressa, worin den Sch�lern nothd�rftig und mechanisch lesen und schreiben gelehrt wird. Solcher Schulen giebt es eine grosse Anzahl, vielleicht �ber hundert. Hospit�ler hat Leo auch aufgef�hrt, es sind dies aber keine Hospit�ler nach unserem Sinne, d.h. Krankenh�user, sondern vielmehr Hospit�ler (Gasth�user) im wahren Sinne des Wortes. Schon die Beschreibung, die Leo davon giebt, deutet darauf hin, dass man es zu seiner Zeit ebenso wenig mit Hospit�lern oder Lazarethen nach unserem Sinne zu thun hatte. Es sind dies Stifte, wo Pilger, Reisende, m�de Wanderer ausruhen k�nnen, und w�hrend einer gewissen Zeit unentgeltlich Kost und Logis erhalten. Es war dieser Brauch, in den St�dten solche Stifte zu haben, nicht nur in mohammedanischen L�ndern heimisch, sondern zur Zeit, als das Gasthofleben noch nicht so ausgebildet war wie jetzt, auch in allen christlichen L�ndern zu finden. In vielen europ�ischen St�dten existiren noch jetzt solche Einrichtungen, z.B. in Savoyen, in Frankreich und Italien. Eigentliche Hospit�ler, d.h. Krankenh�user, giebt es in Fes nicht. Indess besitzt Fes eine Anstalt, wie sie keine andere Stadt Marokko's aufzuweisen hat; eine Irrenanstalt oder vielmehr ein Narrenhaus. Man denke sich aber keineswegs eine Anstalt, welche Heilung oder Wohlbehagen dieser ungl�cklichen Gesch�pfe im Auge h�tte, mit dergleichen Versuchen plagt sich der Mohammedaner nicht. Man findet in diesem Geb�ude, in dem zur Zeit als ich es besuchte etwa 30 Individuen sein mochten, nur Tobs�chtige oder Irre, die durch ihr Wesen dem Nebenmenschen sich gef�hrlich gemacht haben; gutm�thige Narren, Idioten u.s.w. l�sst man ruhig laufen, ebenso die religi�s Wahnsinnigen, die noch obendrein als Heilige verehrt werden. Der Zustand in diesem Narrenhause ist ein entsetzlicher, und es gleicht dasselbe mehr einer Gef�ngnissh�hle als sonst einem Geb�ude. In langen Zimmern, worin auf dem blossen Steinboden im gr�ssten Schmutze halbverhungerte Gestalten mit dicken eisernen Ketten an die W�nde festgemauert sind, fast alle nackt, ohne jegliche Pflege und Sorgfalt, verbleiben diese Ungl�cklichen hier, um die Welt nie wieder zu betreten. Die Anstalt selbst wird durch Verm�chtnisse unterhalten. Erw�hnt zu werden verdienen sodann die vielen B�der, welche zum Theil Privaten geh�ren, zum Theil Eigenthum der Regierung oder der Moscheen sind. Eingerichtet sind sie wie alle warmen B�der im Orient, in Aegypten oder den �brigen Berberst�dten, so dass ich eine specielle Beschreibung nicht f�r nothwendig halte. Der Luxus der algerinischen oder �gyptischen B�der ist hier aber nicht bekannt, Handt�cher zum Abtrocknen werden nicht gereicht, daf�r sind sie aber auch so billig, dass selbst der Aermste sich h�ufig den Genuss einer gr�ndlichen Reinigung gew�hren kann. Die B�der geringster Sorte kosten nur 3 Flus, die theuersten nicht ganz 2 Mosonat. Gasth�user oder Fenaduk (pl. von Funduk) giebt es zweierlei Art in Fes. Es m�chte auffallen, dass bei der Anwesenheit von Sauyat bei der Einrichtung der eben erw�hnten Hospizen, ausserdem noch Gasth�fe nothwendig sind, namentlich wenn man in Erw�gung zieht, dass der Marokkaner der gastfreieste Mensch der Welt ist. Und dennoch ist dem so. Die Gastfreiheit ist auf dem Land eine fast m�cht' ich sagen unbegrenzte; aber in den St�dten, wo t�glich ein so grosser Zusammenfluss von Fremden ist, wird sie nat�rlich nicht ge�bt. In den Sauyat und Hospizen ist es Regel, einen Fremden nicht l�nger als drei Tage zu behalten. Man hat also, um die Fremden, welche einen l�ngeren Aufenthalt nehmen wollen, zu beherbergen, Gasth�fe einrichten m�ssen. Die grosse Zahl solcher Geb�ude spricht f�r den grossen Fremdenverkehr in Fes, obschon die Zahl von 200, die Leo angiebt, wohl �bertrieben ist. Es giebt Fenaduk, welche gebaut sind, Menschen und Vieh zu beherbergen, und solche die nur Platz f�r Menschen und allenfalls f�r ihre Waaren haben. Erstere haben in der Regel eine entsetzliche Einrichtung. Ein grosser, meist viereckiger und ungepflasterter Hofraum, wo sich Pferde mit Kameelen, Maulthiere mit Eseln um den Platz streiten, wird von allen Seiten von kleinen Zimmern umgeben, die nur Zugang und Licht durch eine kleine niedrige Th�r bekommen. Meist sind diese Zimmer selbst nicht gr�sser, als dass man ausgestreckt darin liegen kann. Von Aufwartung ist nat�rlich keine Rede, der Neuangekommene muss, hat er �berhaupt Sinn f�r Reinlichkeit, den Schmutz, den sein Vorg�nger als Andenken im Zimmer zur�ckgelassen hat, eigenh�ndig hinauskehren. Ein Portier, der meist kauadji (Kaffee-Ausschenker) ist, steht dem Ganzen vor, oft ist er Besitzer, oft Verwalter, oft bloss Miether. Die Geb�hren stehen nat�rlich mit der schlechten Einrichtung im Einklange, f�r ein Zimmer zahlt man durchschnittlich t�glich nur eine Mosona, f�r ein Thier ebenso viel. Viel besser sind die Fenaduk eingerichtet, wo man nur Reisende aufnimmt, die ohne Thiere sind. Diese sind meistens mitten in der Stadt gelegen, einige sogar in der eigentlichen Kesseria, dem Handelscentrum, der "B�rse" k�nnte man fast sagen, von Fes. Grosse mehrst�ckige Geb�ude, sind die Zimmer dieser Gasth�fe ger�umig, haben oft, ausser der Th�r nach dem Hofe oder nach den Gallerien zu, noch vergitterte Fenster�ffnungen. Die Zimmer sind gut ausgeweisst, der Fussboden mit "Slaedj" belegt, sonst aber ist von M�beln nat�rlich nichts zu finden; aber der bemittelte oder reiche Kaufmann hat auch sein ganzes Meublement bei sich: eine gute Matratze, ein Teppich, einige Matten und Kisten vervollst�ndigen dasselbe. Es fehlt auch der grosse Messingteller, ssenia, nicht mit dem Theetopf aus Britannia-Metall und sechs kleinen Theetassen. Ein Bochradj, d.h. ein Kessel zum Sieden des Wassers, ist auch unentbehrlich. Die Miethe von solchen Zimmern variirt von vier Mosonat bis zu sechs und mehr per Tag. Die Kaffeebuden, welche sich am Eingang oder im Innern eines solchen Funduk befinden, geh�ren zu den besten. Solche Wirthsh�user, wie Leo sie beschreibt, als von unanst�ndigen Wirthen, sog. el kahuate bewohnt, wo auch l�derliche Weibspersonen sich herumtreiben, giebt es jetzt in Fes nicht mehr, vor den Thoren ist allerdings ein Viertel, welches in dieser Hinsicht in schlechtem Rufe steht; eigentliche Prostitution aber findet man �berhaupt in Marokko nur in Mikenes. Dagegen giebt es zahlreiche Kaffeeh�user, wo Kif, d.h. das getrocknete Kraut vom indischen Hanfe (Can. indica) geraucht und gegessen wird, auch Opium wird in diesen Kaffeeh�usern gegessen; die Sitte des _Opiumrauchens_ kennt man im Rharb nicht. Die Polizei oder Regierung thut gegen diese sch�dlichen Gen�sse nichts, wie denn auch Haschisch und Opium mit Taback zusammen nur von solchen Kaufleuten in der Stadt verkauft wird, die sich dazu einen Schein von der Regierung gekauft haben. Es herrscht also--denn nicht nur in Fes ist dies der Fall, sondern in allen binnenl�ndischen marokkanischen St�dten--f�r die St�dte eine Art Taback-, Opium- und Haschisch-Regie. Anst�ndige Leute h�ten sich indess wohl, in solche Kaffeeh�user zu gehen, obschon fast Jeder in Fes dem Gen�sse des Haschisch fr�hnt, aber nur heimlich und im Innern der Wohnung. Desto strenger ist dagegen der Verkauf von Schnaps und Wein verboten, obschon beides in Fes f�r Geld und gute Worte zu haben ist; ersterer wird von den Juden destillirt aus Feigen, Rosinen oder Datteln, wird wohl auch von Gibraltar her eingeschmuggelt; letzterer wird in der Lesezeit von Juden sowohl wie von Mohammedanern bereitet. Es w�rde zu weit f�hren, wollten wir alle Handwerke, Industrien, Manufacturen und Handelszweige einzeln auff�hren. Es gen�gt, wenn wir hier vorzugsweise das nennen, wodurch Fes heut excellirt, und wenn wir hervorheben, dass selbst heute Fes noch immer den ersten Rang unter allen Handelsst�dten vom ganzen Rharb einnimmt. Um letzteres zu erh�rten, f�hre ich nur an, dass mir w�hrend meines Aufenthaltes in Fes manchmal Facturen gezeigt wurden, von franz�sischen, englischen oder spanischen Handlungsh�usern herstammend, die sich auf 50,000 Frcs. beliefen. Man kann in der That also wohl behaupten, dass Fes auch Engros-Handel besitzt, wie es denn wirklich vornehme Kaufleute genug dort giebt, welche mit Marseille, Gibraltar, Cadix oder Lissabon Auseinandersetzungen haben, welche die eben angef�hrte Summe j�hrlich noch �bersteigen. Es versteht sich von selbst, dass dieser Handel meist durch Vermittlung abgeschlossen wird; aber auch oft genug kommt es vor, dass ein Fessi auf der Pilgerfahrt nach Mekka Station in Marseille macht, dass er in Gibraltar l�ngeren Aufenthalt hat, ja ich lernte Kaufleute in Fes kennen, die direct, bloss um Waaren zu kaufen oder um Handelsbeziehungen anzukn�pfen, eine Reise nach Cadix oder Lissabon unternommen hatten. Alle diejenigen, welche in den berberischen Staaten gewesen sind, welche sich in den leichter zug�nglichen St�dten Bengasi, Tripolis, Sfax, Tunis und anderen Orten aufgehalten haben, wissen, wie gross das Vertrauen europ�ischer Kaufleute ist; den Eingebornen werden oft Waaren von sehr bedeutendem Werth auf Credit verabfolgt. Man borgt selbst Kaufleuten aus dem fernen Innern, wo jede Reclamation, falls man betrogen w�rde, unm�glich w�re. Und doch kommt es sehr selten vor, dass irgend Jemand sich eines Betrugs schuldig macht. Von Timbuctu, Kano, Bornu, Mursuk und Rhadames sehen wir Kaufleute auf Credit in Tunis, Tripolis oder Kairo Waaren entnehmen; sie ziehen damit in ihre Heimath, jahrelang bleiben sie manchmal verschollen, aber nachdem sie ihre Waaren verkauft haben, laufen immer Gegenwaaren oder Gelder ein, und der europ�ische Kaufmann wird befriedigt. So machen es die Fessi auch; die Waaren, welche sie sich en gros von Europa holen, bestehen vorzugsweise in roher und verarbeiteter Seide, in Baumwollenstoffen, Tuchen, Papier, Waffen, d.h. langen Flinten und S�beln, Pulver, Thee, Zucker, Droguen und Gew�rzen. Es giebt �berhaupt jetzt fast keinen Artikel, den man in Fes nicht f�nde. Die Engros-H�ndler haben ihre Waaren bei sich im Hause, die meisten aber haben zugleich ein Hanut, d.h. ein Verkaufsgew�lbe, wo sie entweder selbst verkaufen oder verkaufen lassen. Der Punkt, wo der Haupthandelssitz ist, heisst die Kessaria; derselbe liegt im Centrum von Alt-Fes, dicht bei der Karubin- und Mulei-Edris-Moschee, die zum Theil von der Kessaria umgeben sind. Leo will das Wort Kessaria vom lateinischen Caesar ableiten; zur Zeit der r�mischen Herrschaft h�tten in den mauritanischen St�dten einige ummauerte Centren bestanden, damit die kaiserlichen Beamten hier ihre Zolle erh�ben, und wo zu gleicher Zeit dann die innewohnenden Kaufleute die Verpflichtung gehabt h�tten, mit ihren eigenen G�tern das Eigenthum der kaiserlichen Regierung zu besch�tzen. Man findet �brigens den Ausdruck Kessaria als Marktplatz in allen St�dten Nordafrika's. In dieser Kessaria finden wir alle feineren und vorzugsweise die von Europa kommenden Waaren. Die Kessaria besteht aus einem grossen Complex von nicht f�r Thiere zug�nglichen Strassen, zum Theil durch H�user, zum Theil aber auch nur durch Gew�lbe gebildet. Alle Strassen sind �berdacht. Wir haben hier G�nge mit Buden wo Specereien, andere wo Essenzen, andere wo Thee und Zucker[89], andere wo Porzellan, d.h. vorzugsweise Vasen, Gl�ser, Tassen und Teller, andere wo Tuche, andere wo Seidenstoffe, andere wo Lederwaaren verkauft werden. Auch Uhrl�den, zwei oder drei, ja sogar eine Pharmacie ist vorhanden, wenn man so eine Ansammlung fast aller Medicamente, worunter auch Chinin, Tartarus stib. und Ipecacuanha, nennen kann. Ein gewisser Djaffar hat sich diese Medicamente von Lissabon geholt, und ein Verzeichniss in portugiesischer Sprache zeigt zugleich die zu gebende Dose an und die Krankheit, wogegen die Medicin gegeben wird. [Fu�note 89: Thee und Zucker wird in ganz Marokko als eine zusammenh�ngende Waare verkauft, wenigstens h�lt es sehr schwer Thee allein zu bekommen. Auf ein halbes Pfund Thee werden f�nf Pfund Zucker gerechnet. Der Thee selbst, von Engl�ndern importirt, ist von der gr�nen Sorte und schlechter Qualit�t.] Tritt man aus der Kessaria heraus, so kommt man ins eigentliche industrielle Leben hinein. Hier eine lange Reihe von Buden, wo gelbe, rothe und buntfarbige Pantoffel verarbeitet werden, dort dicht dabei Gerber, welche das buntgef�rbte weiche Corduan, Marocain- und Saffian-Leder verkaufen. Zeigt schon der Name an, dass zuerst die Kunst, das Schaf- und Ziegenleder zu jener sch�nen Weiche, mit der gr�ssten Z�higkeit verbunden, zuzubereiten, von den Mohammedanern in Cordova erfunden wurde, sp�ter aber die ber�hmtesten Gerbereien in Marokko selbst und noch sp�ter in Saffi (Asfi) sich befanden, so scheinen heute die sch�nsten Leder in Fes bereitet zu werden, wenigstens sind in ganz Nordafrika die Leder von Fes als die feinsten und dauerhaftesten ger�hmt. Aber man kommt nicht gleich aus der Kessaria in die labyrinthischen Handwerkerstrassen, man hat, wenigstens auf dem Wege nach Neu-Fes hin, zuerst die Blumenbuden zu durchwandern, und es bilden die Blumen einen h�bschen Uebergang von der Industrie zum Handel. Es ist eigenth�mlich, welche Vorliebe von jeher die Bewohner von Fes vor den �brigen Marokkanern f�r Blumen gehabt zu haben scheinen, wie denn auch die Cultur derselben in G�rten �berall hervortritt. Das Haus, welches der Bascha-Gouverneur von Fes mir als Aufenthalt angewiesen hatte, lag am Abhange der �stlichen H�gel. Von einem Arme des Ued Fes durchflossen, waren ausser Orangen, Feigen, Oliven, Aprikosen, Pfirsichen und Granaten, �berall bl�hende Rosenst�cke, grosse B�sche Jasmin, Nelken, Veilchen und stark duftende Kr�uter. Diese findet man denn auch vorzugsweise in der Blumenabtheilung, hier sind Jasmin, Basilik, Nelken, Hyazinthen, Rosen, Narcissen, Pfefferminze, Absinth, Thymian, Majoran, dort sind ganze Blumenbouquets, Meschmum en nuar genannt, zu haben. Gem�se und Obstbuden schliessen sich daran. Von solchen Gewerken, worin Fes noch heute vorzugsweise gl�nzt, nenne ich ferner die T�pferwaaren. Grosse Sch�sseln, kleine Leuchter und Lampen und dergleichen Gegenst�nde werden aus einem porcellanartigen Thone sehr sch�n hergestellt. Nach Art unserer alten deutschen Thonwaaren sind sie mit groben blauen Figuren bemalt und glasirt. Hieran schliessend, erw�hne ich der "Slaedj," kleine Fliesen von bunten Farben, die ebenfalls in Fes fabricirt werden. Wenn einst die Waffenschmiede in diesen L�ndern ber�hmt waren, so sieht man jetzt in den Gew�lben nur europ�ische Fabrikate ausgestellt. Ebenso haben die fr�her so bekannten rothen M�tzen (daher der Name "Fes," den wir jetzt noch den rothen M�tzen geben) sich nicht auf ihrer einstigen H�he halten k�nnen, nicht nur die von Tunis sind jetzt bedeutend besser, sondern selbst in Livorno werden sie billiger und sch�ner hergestellt. Besonders hervorheben m�ssen wir sodann die Manufacturwaaren von seidenen Sch�rpen, 3-4 Fuss breit, 40-50 Fuss lang; es sind diese seidenen von Gold durchwirkten Stoffe das Kostbarste, was Fes auf den mohammedanischen Markt bringt, und heutzutage das Einzige, worin es un�bertroffen dasteht. Von allen �brigen Handwerken finden wir in Fes nichts, was die Stadt vorzugsweise auszeichnete, aber alle sind in so grosser Menge vertreten, dass man auf den ersten Blick sieht, es wird hier nicht bloss f�r die Bed�rfnisse der Stadt gearbeitet, sondern f�r das ganze Land. Die lange Strasse, welche Alt-Fes mit Neu-Fes verbindet, ist denn auch weiter nichts als ein Bazar, und es herrscht hier nat�rlich die gr�sste Frequenz, nicht nur weil alle Leute vorzugsweise diesen verh�ltnissm�ssig breiten Weg benutzen, um von einer zur andern Stadt zu kommen, sondern auch weil ein Hauptkarawanenweg hier durchf�hrt, auf dem sich best�ndig lange Reihen von beladenen Kameelen, Maulthieren und Eseln fortbewegen. Verfolgt man diesen Weg weiter nach Neu-Fes hinein, so findet man sich gleich darauf vor dem ummauerten Stadttheile der Juden, der Melha. Die Juden aber d�rfen _nur_ in Neu-Fes und hier abgesondert von den Gl�ubigen in einem ummauerten Viertel, das gleich an das kaiserliche Palais st�sst, wohnen. Und sie sind gern hier, denn so sehr sie auch den Vexationen und Erpressungen der Regierung des Sultans ausgesetzt sind, so haben sie doch l�ngst einsehen gelernt, dass es besser ist unter dem Schutze selbst der despotischsten Herrschaft zu wohnen, als der Willk�r eines dummen und fanatischen Volkes preisgegeben zu sein. Im Judenviertel herrscht �brigens, was Handel und Wandel, was Industrie und Handwerke anbetrifft, eben das gesch�ftliche und rege Treiben, wie in der Kessaria und den Strassen von Alt-Fes. Vorzugsweise sieht man Gold- und Silberarbeiten in den H�nden der Juden, die Nadeln, welche dazu dienen, das Haar der Frauen oder ihre Kleider zu befestigen, Fingerringe, Arm- und Fussb�nder (auch die marokkanischen Frauen tragen oberhalb der Kn�chel schwere kupferne oder silberne Ringe) werden fast ausschliesslich von den Juden hergestellt. Ebenso ist die Secca, d.h. M�nze, nur von den Juden bedient. Es ist dies ein ziemlich ansehnliches Geb�ude, welches Theil des Palastes des Sultans ist und unmittelbar an die Melha anst�sst. An einheimischen M�nzen haben die Marokkaner jetzt nur den Fls (pl. flus), eine kleine Kupferm�nze, welcher auf einer Seite das Salomon'sche Siegel, d.h. das bayerische Bierzeichen (zwei durcheinandergehende Dreiecke), und auf der anderen Seite Jahreszahl und Pr�gungsort (auch in Tetuan befindet sich eine M�nze) zeigt, dann zwei Flus-St�cke, udjein genannt, ebenfalls gepr�gt. Sechs Flus bilden die imagin�re M�nze, Mosona genannt: eine Mosona giebt es nicht gepr�gt. Sie ist ungef�hr gleich einem Sou. Vier Mosonat bilden sodann eine Okia, d.h. Unze, ebenfalls nur ein Ausdruck, aber acht Mosonat oder zwei Unzen ist die kleinste, und 10 Mosonat oder 2-1/2 Unzen die gr�sste _gepr�gte_ Silberm�nze. 10 Unzen bilden die imagin�re M�nze Metkal. Und die einzige _gepr�gte_ Goldm�nze, Bendki genannt, besteht aus 2-1/2 Metkal. Im �brigen gelten die franz�sischen und die spanischen Silberm�nzen im ganzen Lande, und franz�sisches, spanisches und englisches Geld �berall n�rdlich vom Atlas. Der einst so beliebte spanische Bu-Medfa-Thaler, so genannt von den beiden Herkuless�ulen, welche die Marokkaner f�r Kanonen halten, ist fast ganz aus dem Handel verschwunden, dagegen hat der franz�sische f�nf Francs-Thaler Platz gegriffen. Frankreich l�sst f�r Marokko auch silberne 20 Centimes-St�cke schlagen[90], welche in Marokko im Werthe einer Unze cursiren. Der �sterreichische Maria-Theresien-Thaler, der sonst in ganz Afrika ohne Nebenbuhler herrscht, wird in Marokko �usserst selten gefunden. [Fu�note 90: Wenigstens muss man so annehmen, da man in Frankreich selbst die 20 Cent.-St�cke fast gar nicht sieht, hingegen in Marokko sie �usserst zahlreich und von allen Jahrg�ngen vertreten findet.] Die Maasse und Gewichte sind in Marokko fast f�r jede Stadt _verschieden_, f�r die L�nge hat man die Elle, Draa mit Br�chen als Unterabtheilung, dann Zoll, f�r das Gewicht das Pfund, Unze, Metkal (letzteres f�r Goldstaub) f�r fl�ssige und trockene Sachen, endlich verschiedene Maasse. Administrirt wird die Stadt von zwei Gouverneuren, von denen der eine den Titel "Bascha" hat und Alt-Fes vorsteht, w�hrend der andere "Kaid" genannt wird und �ber Neu-Fes herrscht. Es scheint hieraus hervorzugehen, einestheils dass die Regierung des Sultans beide St�dte als vollkommen getrennt betrachtet, und andererseits Neu-Fes mehr als eine Festung angesehen, w�hrend Alt-Fes als wichtiger gehalten wird, dadurch dass man es von einem Bascha administriren l�sst. In den Wohnungen des Bascha und Kaid wird zu gleicher Zeit t�glich Recht gesprochen. Der Kadi jeder Stadt findet sich dort t�glich ein, und alle Rechtsf�lle werden auf der Stelle zur Entscheidung gebracht. Es kann sodann an den Bascha oder Kaid appellirt werden, und von diesen an den Grosswessier oder Sultan selbst. Es kommt gar nicht selten vor, dass Kl�ger sich von dem Kadi an den Bascha und von diesem an den Sultan wenden. Gegen Stockstrafe oder Knutenhiebe wird fast nie remonstrirt, wohl aber gegen Geldbusse. Der Kadi and Bascha haben Strafverm�gen in unbegrenztem Masse, indess werden selten Knutenhiebe �ber 300 an der Zahl ausgetheilt, die Geldbussen aber so hoch wie m�glich hinaufgetrieben. Gr�sserer Diebstahl hat immer das Abhacken zuerst der linken, dann beim R�ckfall das der rechten Hand zur Folge. Hat man keine H�nde mehr zum Abschlagen, so kommen die F�sse an die Reihe, oft bei grossen Diebst�hlen oder gravirenden Umst�nden werden auch gleich die F�sse abgehauen. So wurden einem Landbewohner, der im Sommer, als ich mich in Fes befand, ein Pferd des Sultans gestohlen hatte, der rechte Fuss und die linke Hand abgehackt. Das aus der Altstadt nach Neu-Fes zu f�hrende Thor hat immer eine Menge solcher Troph�en auszuweisen, auch K�pfe von hingerichteten Verbrechern haben hier ihren Ausstellungsort, w�hrend meiner Anwesenheit in Fes sah ich indess keinen Kopf ausgestellt. Das Recht wird �brigens vollkommen willk�rlich gesprochen, und Bestechungen sind an der Tagesordnung. In Neu-Fes war in den ersten sechziger Jahren ein Schwarzer, ein ehemaliger Sklave Namens Faradji Kaid. Dieser hatte schon seit mehr als 50 Jahren diesen Posten inne, und galt als ein Ph�nomen. Er hatte unter Sultan Sliman die Stelle bekommen, sie unter Abd-er-Rhaman behauptet, und war auch von Sidi Mohammed, dem jetzigen Sultan, best�tigt worden. Im ersten Jahre der Regierung des jetzigen Kaisers wurde Faradji verl�umdet, man machte den Sultan auf seine ungeheuren Reichth�mer aufmerksam, man deutete darauf hin, dass Faradji, der doch ehemals nur Sklave gewesen, diese grossen Reichth�mer wohl nur durch Erpressung, Bestechung oder gar dadurch, dass er sich am Eigenthum des Sultans selbst vergriffen, habe erwerben k�nnen. Der Sultan liess Faradji kommen, und befahl ihm, da er geh�rt habe Faradji habe _fremdes_ Eigenthum, er �berdies ja als ehemaliger Sklave nichts besessen habe, das fremde Eigenthum, und namentlich das was ihm, dem Sultan, zukomme, von seinem zu sondern. Der schlaue Faradji erwiederte nichts, ging in den Pferdestall des Sultans, entledigte sich seiner Kleidungsst�cke, zog einen alten wollenen Kittel �ber, und fing an den Stall zu kehren. Der Sultan fragte einige Zeit sp�ter nach Faradji, und war erstaunt als derselbe im �rmlichsten Anz�ge vor ihm erschein. Befragt, warum dies, erwiederte er: "Ja Herr, Du befahlst meine Habe von der Deinigen zu trennen! Als ich von Deinem Grossoheim Mulei Sliman gekauft wurde, hatte ich nichts als diesen wollenen Sklavenkittel, den ich zum Andenken meiner Herkunft aufbewahrt habe, und auch dieser geh�rt ja, streng genommen, nicht einmal mir, wie konnte ich also mein Eigenthum von Deinem trennen, bin ich nicht noch immer Dein Sklave? Lass von Deinem Diener alles nehmen, alles was ich verwaltete, ist Dein rechtm�ssiges Eigenthum." Man kann sich denken, dass der auf diese Art die Grossmuth des Sultans anrufende Faradji leichtes Spiel hatte, in der That umarmte ihn Sidi Mohammed, und Faradji wurde aufs neue in seine Kaidw�rde eingesetzt, und ihm alle seine G�ter gelassen. Als der Sultan von Neu-Fes nach Mikenes �bersiedelte, besuchte ich mehreremal Faradji, er war immer sehr freundlich und zuvorkommend, pflegte den ganzen Morgen, auf einem Teppich sitzend, vor dem Magazin (es ist dies der officielle Ausdruck f�r das Palais des Sultans, und bedeutet zugleich die ganze Regierung) zuzubringen. Faradji war ein stattlicher schwarzer Greis mit intelligenten Gesichtsz�gen und sch�nem, wenn auch nur sp�rlichem weissem Barte. Seiner eigenen Meinung nach war er 1863 neunzig Jahre alt, was wohl eher zu wenig als zu viel sein d�rfte, da er schon unter Sultan Sliman[91], also zur Zeit als Ali Bey Marokko besuchte, Kaid war. [Fu�note 91: Die jetzige Dynastie in Marokko wird die der Filali genannt, weil der Gr�nder Mulei Ali ans Tafilet (der Bewohner Tafilets heisst ein Filali) stammt. Dessen Sohn Mulei Mohammed wurde von seinem Bruder Mulei Arschid vom Throne gest�rzt, und dieser, der von 1664-1672 regierte, war nach Jussuf ben Taschfin der m�chtigste Monarch. Die Grausamkeit dieses Sultans wurde von den raffinirten Grausamkeiten Mulei Isma�ls, der sein Bruder war und ihm 1672 folgte, noch �bertroffen. Isma�l, jetzt einer der gr�ssten Heiligen von Marokko, regierte bis 1727. Nach ihm folgte Mulei Ahmed Dehabi, vierter Sohn Isma�ls, regierte jedoch nur bis 1729; sein Bruder Mulei-Abd-Allah folgte bis 1757, und nach ihm kam sein Sohn Sidi Mohammed, der bis 1790 regierte und im Jahre 1760 Mogador gr�ndete. Die beiden folgenden S�hne, Mulei Mohammed Mahdi el Tisid und Mulei Haschem regierten nach einander zusammen nur zwei Jahre. Mulei Sliman behauptete sodann den Thron von 1792-1822, und nach ihm regierte Mulei Abd-er-Rhaman ben Hischam bis 1859, und dessen zweiter Sohn, Sidi Mohammed, behauptet heute noch den Thron.] Si Mohammed ben Thaleb, der Bascha von Alt-Fes, dessen Gast ich w�hrend der ganzen Zeit meines Aufenthalts in Fes war, hatte freilich ein ganz anderes Schicksal. Er war ein Mann von rechtlichem Charakter und vollkommen vorurteilsfrei, was in Marokko viel sagen will; ich finde in meinem Tagebuch sogar die Notiz: "Ben Thaleb war der einzige wirklich ehrliche und durchaus rechtliche Mensch, den ich in Marokko kennen lernte." Geb�rtig aus Ain Tifa, einem Orte etwa einen Tagemarsch s�d�stlich von der Stadt Marakisch gelegen, war er fast unabh�ngiger Herrscher �ber eine dortige Berbertribe, welche seiner eigenen Aussage nach sieben Hauptst�mme umfasste. M�chtig und reich (er verkaufte j�hrlich f�r etwa 200,000 Fr. Mandeln nach Ssuera), w�re er gewiss lieber in seiner Stellung als Berberchef geblieben, wie er �berhaupt nie fr�hlicher und vergn�gter war, als wenn seine Stammgenossen, Berber von der Heimath, ihn in Fes besuchten und er mit ihnen Schellah oder Tamashirt reden konnte. Aufst�nde, wie sie so h�ufig in Marokko vorkommen, verwickelten seine Berberst�mme im Jahre 1846 gegen die kaiserliche Regierung; Ben Thaleb selbst betheiligte sich jedoch nicht daran, sondern hielt mit seiner ganzen Familie zum Sultan. Der Aufstand endete, wie in der Regel, mit der Niederlage der Rebellen, der Sultan Abd-er-Rhaman aber, um einen so m�chtigen Stamm f�r immer an sein Haus zu ketten, ernannte ihren Schich Ben Thaleb zum Bascha-Gouverneur von Fes, welche Stelle als die erste nach dem U�sirat (Ministerium) im ganzen Reich betrachtet wird. Der Berberstamm wurde durch eine so schmeichelhafte Auszeichnung, die seinem Chef widerfuhr, vollkommen zum Sultan hin�bergezogen, und auch Ben Thaleb schien diesen Platz, der mehr als jeder andere abwirft, zuerst nicht ungern angenommen zu haben. Indess schon zu Lebzeiten Mulei-Abd-er-Rhaman's war Ben Thaleb wiederholt um seinen Abschied eingekommen, er hatte in Erfahrung gebracht, dass ein Gouverneur von Alt-Fes, der reichsten Stadt des Landes, nie eines nat�rlichen Todes st�rbe. In Marokko haben n�mlich die Beamten eine ganz andere Stellung als bei uns. Nicht dass sie vom Staate, wie denn dort Staat und Sultan noch eins sind, oder vom Herrscher Gehalt bekommen, m�ssen sie im Gegentheil der Regierung, oder der Casse des Sultans, Gelder abliefern. Sie k�nnen allerdings daf�r von ihren Schutzbefohlenen so viel erpressen, wie sie wollen. Da nun jeder Beamte darauf ausgeht, seinen S�ckel zu f�llen, ausserdem aber grosse Summen dem Sultan abzuf�hren hat, so kann man sich denken, wie schlecht das Volk dabei f�hrt, und meistens sind Uebersteuerungen und willk�rliche Erpressungen die Ursachen der so h�ufigen Revolten. Es ist dieses System auch andererseits Ursache der schlechten Cultur des Bodens; abgesehen davon, dass weder Berber noch Semiten je etwas im Ackerbau geleistet haben, giebt sich kein Mensch M�he, den Boden so ergiebig wie m�glich zu machen, weil er weiss, dass die Erzeugnisse der Regierung verfallen sind. Ebenso ist der Handel dadurch gel�hmt, der reiche Kaufmann von Fes sieht mit Bangen dem Tage entgegen, wo die Regierung sich seiner Ersparnisse bem�chtigt, und es giebt deshalb auch in keiner Stadt, in keinem Ort Jemand, der nicht seinen geheimen Schatz h�tte, der in der Regel vergraben ist. Der Bascha ben Thaleb regierte im Jahre, als ich Fes betrat, die Stadt seit 13 Jahren. Da er seinen Abschied auch von Sidi Mohammed nicht bekommen konnte, tr�stete er sich mit den Gedanken, diesem bei seinem Regierungsantritt den wichtigsten Dienst geleistet zu haben, und rechnete auf seine Erkenntlichkeit. Wie bei jedem Kaiserwechsel, so waren auch bei dem Tode Mulei-Abd-er-Rhaman's grosse Unruhen und Fehden um die Nachfolge ausgebrochen. Es war vor allen der �lteste Sohn des Sultan Sliman, Namens Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Sliman, der mit H�lfe der Franzosen hoffte, den Thron seines Vaters wieder zu gewinnen, aber trotzdem er seinen Sohn H�lfe bittend an den gerade mit der Niederwerfung der Beni Snassen besch�ftigten franz�sischen General Martimprey schickte, konnte er nicht aufkommen. Da war ferner der erste Sohn des verstorbenen Sultans und �lterer Bruder des jetzt regierenden, auch er wurde aus dem Felde geschlagen, und wurde wie der ersterw�hnte nach Tafilet verbannt[92]. Der jetzt regierende Sultan Sidi Mohammed verdankte seine schnelle Installirung haupts�chlich dem Umstande, dass sich Sidi el Hadj-Abd-es-Ssalam von Uesan f�r ihn erkl�rte, dass er schon bei Lebzeiten des Vaters Califa, d.h. Stellvertreter des Sultans gewesen und grosse Sch�tze angesammelt hatte, und dass sich Ben Thaleb, der Gouverneur von Fes, sofort zu seiner Partei bekannte. [Fu�note 92: Beide Prinzen, die ich dort kennen lernte im Jahre 1863, lebten in freiwilliger Verbannung, obschon man in Marokko behauptet, die Regierung habe sie dorthin verbannt. Die Lage ist aber derart, dass, wenn der Sultan seines Bruders und Vetters habhaft werden k�nnte, er sie sicher w�rde hinrichten lassen.] Der Bascha von Alt-Fes hatte indess gar nicht so leichtes Spiel, denn wenn auch Faradji, der Gouverneur von Neu-Fes, des jetzigen Sultans Panier ergriff, so hatte dieser mit seinen wenigen Soldaten genug zu thun, um das Palais des Sultans und Neu-Fes vor Pl�nderung und Angriff zu sch�tzen. Ben Thaleb hatte aber ausser einem Dutzend Maghaseni (Reiter) nur von seinen eigenen, mit Flinten bewaffneten Berbern vielleicht 50 Mann zur Verf�gung. Der jetzige Sultan war mit der Armee noch fern von der Hauptstadt. Eines der wichtigsten Quartiere der Stadt, das der Djemma Mulei Edris, vorzugsweise von Sch�rfa (Abk�mmlingen Mohammed's) bewohnt, emp�rte sich nun sofort nach dem Tode Abd-er-Khaman's und rief den �ltesten Sohn des Sultan Sliman zum Nachfolger aus. Aber sie hatten nicht auf Ben Thaleb's eiserne Energie gerechnet: er liess fast vom ganzen Quartiere die erwachsenen M�nner decimiren, die H�user der vornehmsten Sch�rfa wurden dem Boden gleich gemacht, und alles was am Leben blieb, wurde seines Eigenthums beraubt. Diejenigen nun, welche wissen was es heisst, einen Scherif in Marokko beleidigen, strafen oder gar t�dten, k�nnen sich denken, welche Aufregung dieses Verfahren Ben Thalebs hervorrief, der nicht einmal Araber, geschweige Scherif, sondern nur ein Brebber[93] war. Aber der Berber-Schich war nicht der Mann, sich einsch�chtern zu lassen, andererseits vertheilte er den anderen Quartieren der Stadt je 2000 Metkal, ein ganz artiges S�mmchen f�r 17 Quartiere. So brachte er durch Strenge und G�te es dahin, dass Fes den jetzigen Sultan gleich anerkannte, und als der Vetter des Sultans mit seinem Heere vor die Hauptstadt r�ckte, wurde er von den Bewohnern von Fes, an deren Spitze Faradji und Ben Thaleb standen, feindselig empfangen; er musste fliehen, als Sidi Mohammed herbeir�ckte, diesem wurden die Thore ge�ffnet, und damit hatte Marokko einen Sultan, [Fu�note 93: Bezeichnung f�r Berber in Marokko. Man sieht hieraus, dass der Araber den Wahn, den Mohammed lehrte, das arabische Volk sei besser als jedes andere, noch immer aufrecht erhalten. Es trug dies wesentlich zum Untergange des arabischen Volkes bei, wie denn auch die Juden den D�nkel das auserw�hlte Volk Gottes zu sein schwer genug haben b�ssen m�ssen.] Als Gast des Bascha's bezog ich mit meinem Dolmetsch, welcher Hauptmann der regelm�ssigen Armee des Sultans war, ein Zimmer, welches zur Privatmoschee des Bascha's geh�rte, welche gleich neben seiner Amtswohnung gelegen ist. Mit zunehmender W�rme wurde der Aufenthalt in diesem Zimmer bald unertr�glich, und als eines Tages der Bascha fragte, wie ich mit meiner Behandlung zufrieden sei, machte ich ihn auf die unertr�gliche Hitze aufmerksam. Er rief einen seiner Diener und fragte ihn, welche Wohnung in der N�he der seinigen auf der Stelle zu haben sei; dieser bezeichnete einen reizenden Sommersitz, welcher, obschon in der Stadt gelegen, einen h�bschen Garten habe, vom Fes-Flusse durchzogen w�rde, an die Wohnung des Bascha anstiesse, "aber, f�gte er hinzu, der Scherif, dem es geh�rt, hat seinen Sommeraufenthalt schon darin genommen." "Geh' auf der Stelle und sage ihm, ich brauche seine Wohnung," war des Bascha's kurze Antwort "Und du Mustafa,"[94] fuhr er fort, "kannst heute noch umziehen, und wirst nun gewiss zufrieden sein." Der Scherif schien indess nicht grosse Eile zu haben; vielleicht glaubte er auch, weil er Scherif (Abk�mmling Mohammed's) sei, dem Befehle trotzen zu k�nnen. Kurz, als ich am folgenden Tage Ben Thaleb besuchte und er sich nach meiner Wohnung erkundigte, musste ich gestehen ich sei, weil der Eigenth�mer sich noch immer in seinem Hause bef�nde, noch in meinem Moschee-Zimmer. Aber kaum liess der Bascha mich vollenden; ein Diener wurde gerufen, er bekam Befehl, auf der Stelle den Scherif mit seinem beweglichen Eigenthum auf die Strasse zu setzen; so geschah es, und an demselben Tage konnte ich einziehen. Es w�rde nichts gen�tzt haben, h�tte ich zartf�hlend gegen diesen Befehl, den Eigenth�mer aus seinem Besitze zu vertreiben, protestiren wollen, Niemand w�rde ein solches Benehmen verstanden haben, da das _unfehlbare Benehmen_, d.h. willk�rliches Betragen, sich vom Sultan auch auf seine Beamten �bertragen hat. [Fu�note 94: Es war dies mein in Marokko angenommener Name.] Folgendes nun wirft auch Licht auf das summarische Gerichtsverfahren in Marokko und Fes �berhaupt, und ich schreibe die hier folgenden Zeilen w�rtlich aus meinem damals gef�hrten Notizbuch ab. Das neue Haus, welches ich bezog, hat ein Stockwerk und ist nicht nach Art der Wohnh�user in Fes eingerichtet, sondern nach anderen Regeln erbaut. Mitten im Garten liegend, fliesst unter dem Hause der kleine Ued Fes, der hier in den Garten tritt und in einer 4' tiefen und 6' breiten gemauerten Rinne l�uft, bis er an eine dem Hause gegen�berliegende Veranda kommt, und unter dieser in einen andern Garten tritt. Das Haus selbst hat unten eine ger�umige Veranda, einen Salon und ein Zimmer, das alkovenartig (eine Art von Kubba) hinten angebaut ist; oben sind drei Zimmer, die wir unbewohnt liessen; ebenso wurde das platte Dach selten benutzt. Der mir als Dolmetsch beigegebene Offizier schlief mit mir im hintern alkovenartigen Zimmer; in der einzigen Th�r, welche zum Salon f�hrte, schliefen drei Diener zwei andere in der Veranda, und zwei waren in der gegen�berliegenden Veranda, wo wir der Bequemlichkeit halber auch unsere Pferde stehen hatten. So bewacht, dachten wir nicht im entferntesten an Diebstahl, zudem in Fes Nachts, weil die einzelnen Quartiere, wie fr�her schon erw�hnt ist, abgeschlossen sind, die grosse Communication ganz aufgehoben ist. Eines Abends hatten wir, der Kaid oder Hauptmann und ich, auf unserem Teppich liegend, sp�t Abends Thee getrunken, beim silbernen Mondschein, am Rande des vorbeipl�tschernden Fl�sschens, unter duftenden Orangenb�umen hatten wir die Zeit vergessen, und der Muden ilul (das erste Avertissement zum Gebet wird im Sommer schon um 1 Uhr Morgens von den Minarets gegeben) ert�nte, als wir schlafen gingen. Wir mochten kaum eine halbe Stunde geschlafen haben, als einer der Diener "Sserakin, Sserakin" (Diebe, Diebe) rief. Alle liefen wir hinaus mit Gewehren bewaffnet, aber nichts war zu finden. Wie h�tte aber auch ein Dieb herein und so schnell hinauskommen k�nnen: an drei Seiten hatte der Garten fast 20 Fuss hohe Mauern, und die vierte Seite f�hrte mittelst einer senkrechten, etwa 30 Fuss hohen Mauerwand in einen anderen Garten, unm�glich konnte er hier hinuntergesprungen sein. Indess fanden wir, nach unserer Behausung zur�ckgekehrt, dass wirklich ein Dieb dagewesen sein musste, es fehlten von meinen Kleidungsst�cken, die ich abgelegt hatte, Hosen, Pantoffeln, dann der Turban des Hauptmanns, ferner ein erst Tags zuvor angebrochener Hut Zucker, endlich unser ganzes Theeservice, Eigenthum des Bascha's. Eine genauere Untersuchung ergab, dass der Dieb unter der Gartenth�r sich durchgew�hlt, und wahrscheinlich schon mehrere G�nge gemacht hatte. Auf unsere am anderen Morgen erfolgte Anzeige wurden von Ben Thaleb s�mmtliche umwohnenden B�rger verhaftet, sie mussten die Sachen in Gemeinschaft ersetzen, ausserdem ein jeder 20 "Real" (so nennt man die franz�sischen f�nf Francs-St�cke) Caution erlegen, bis der Dieb von ihnen selbst ermittelt w�re. Mit Erlegung der 20 Reals erlangten sie zwar ihre Freiheit wieder, aber ich glaube kaum, dass sie je wieder zu ihrem Gelde gekommen sind, sollte es ihnen auch gelungen sein den Dieb zu ermitteln. Ich bemerke hiebei, dass ich einige Jahre sp�ter in Leptis magna von der t�rkischen Beh�rde eine ganz �hnliche Justiz �ben sah, als einem meiner Diener aus dem Zelt ein Revolver Nachts gestohlen wurde. Ausser den beiden Gouverneuren der Stadt giebt es sodann Vorsteher der einzelnen Quartiere, Vorsteher der Moscheen, Einsammler der Gelder, Marktv�gte, einen Marktkaid der Kessaria, und einen Marktkaid des grossen, einmal in der Woche ausserhalb der Stadt abgehaltenen Marktes. Die Marktv�gte und der Marktkaid haben haupts�chlich die Obliegenheit Streitigkeiten zu schlichten und Ordnung zu halten. An jedem Thore findet man einen Kaid el Bab, der die Thore zu �ffnen und zu schliessen, sowie den Zoll zu erheben hat, es ist sodann eine Hauptzollamt in der Stadt, endlich sind als Beh�rden noch die Zunftmeister zu nennen, da jedes Handwerk zu einer Zunft verbunden ist, welcher ein Meister, der den Titel Kebir hat, vorsteht. Die n�chste Umgebung der Stadt zeigt im Norden, Osten und Westen die bl�hendsten G�rten, die man sich nur denken kann, im S�dwesten sind Vorst�dte; fast vor allen Thoren ziehen sich Gr�berreihen und Gottes�cker hin, von denen einige �usserlich recht stattlich aussehende gr�ssere Grabmonumente aufzuweisen haben. Indess liegt in diesen kaiserlichen Grabmonumenten eine gewisse Einf�rmigkeit, alle haben viereckige Form, dar�ber eine achteckige oder viereckige oder auch ganz runde Bedachung. Im Innern findet man in der Regel einen Sarkophag, oft mit Tuch �berzogen, oft aber auch nur aus einem h�lzernen Gestell bestehend. Neben einem solchen Hauptgrabe findet man manchmal zwei bis sechs und noch mehre kleinere einfache Gr�ber; entweder waren es Kinder der hier begrabenen F�rsten oder manchmal auch Vornehme und Grosse des Landes, die gegen hohe Geldsummen das Recht erwarben, sich an der Seite ihres Sultans begraben lassen zu k�nnen. Von der jetzt _regierenden_ Dynastie ist niemand in oder ausserhalb Fes' beerdigt, sie hat ihre Grabst�tten in Mikenes. Ein grosser und f�r uns Europ�er fast unertr�glicher Uebelstand ist, dass dicht vor den Thoren sich verwesende Berge, oft 50 Fuss hoch, von crepirten Thieren befinden; seit Jahrhunderten ist es Brauch, jedes todte Vieh, allen Unrath vor die Thore der Stadt zu bringen, aber so dicht an den Wegen sind diese verpestenden H�gel errichtet, dass es eine Qual ist, aus der Stadt heraus und in dieselbe hinein zu kommen. Der die Stadt beherrschende Berg, der im Norden und Nordwesten sich um dieselbe herumzieht, heisst Djebel-Ssala, er hat vielleicht 1000 Meter absolute H�he. Unter dem Vorwande, Kr�uter f�r Bascha Ben Thaleb suchen zu wollen, bekam ich eines Tages Erlaubniss hinauf zu reiten; durch einen breiten G�rtel lachender Feigen- und Orangeng�rten, wo ausserdem Pfirsiche, Aprikosen, Granaten, Wein und Kirschen gezogen werden, gelangt man in Oelwaldungen, das zweite Drittel ist von immergr�nen Eichen, von Lentisken und anderen das Laub nicht verlierenden B�umen bestanden, das letzte Drittel hat nur Buschwerk und Zwergpalmen. Oben auf dem Berge, von dem aus man eine pr�chtige Uebersicht �ber die Stadt, �ber die Ebene bis zum grossen Atlas und �ber das nach Westen sich ziehende Serone-Gebirge hat, traf ich einen Einsiedler, Sidi Mussa, schon seit 50 Jahren in einer H�hle auf dem Ssala-Berge lebend. Im Rufe grosser Heiligkeit, lebt er von den Gaben der Pilger, hat aber ausserdem eine grosse Bienenzucht. Auf dem Plateau des Ssala-Berges sind mehrere Quellen und sogar G�rten und Ackerbau. Was die Bev�lkerung von Fes anbetrifft, welche wir auf 100,000 Seelen sch�tzen k�nnen und die vor der Cholera im Jahre 1859 wohl noch 20,000 mehr betrug, so besteht dieselbe vorzugsweise aus Arabern und Berbern. W�hrend aber auf dem Lande die Mischung von Berbern und Arabern bedeutend seltener ist, kommt sie in den St�dten h�ufiger vor, indess doch nicht der Art, dass man sagen k�nnte, ein Volk habe das andere absorbirt. Aeusserlich unterscheiden sich die Bewohner von Fes, wie die der �brigen St�dte von den Landbewohnern durch grosse Weisse der Haut, es hat dies aber einzig seinen Grund darin, dass sie fast nie der Sonne ausgesetzt sind, da selbst, wenn sie auf die Strassen gehen, diese so eng sind, dass sie nur auf kurze Zeit von der Sonne beschienen werden. Der Grund der h�ufigen Corpulenz bei den M�nnern ist denn auch nur darin zu suchen, dass sie wenig Uebung, wenig Bewegung bei verh�ltnissm�ssig kr�ftiger Kost haben. Im allgemeinen sind trotz des sehr hellen Teint die Leute von Fes sehr h�sslich, namentlich h�ufig findet man wulstige Lippen und krauses, obschon langes Haar. Negerblut ist hier unverkennbar, wie denn �berhaupt in ganz Marokko viel Negerblut unter die Arabern gekommen ist. Fes vor den �brigen St�dten des Landes zeichnet sich noch dadurch aus, dass mit den arabischen und berberischen Elementen sich stark das j�dische gemischt hat. Nicht etwa durch freiwillige Heirathen, sondern dadurch, dass h�bsche J�dinnen gezwungen werden, in den Harem des Sultans oder eines Grossen des Reichs zu treten oder durch gezwungene Uebertritte, durch Kinderraub; so pflegen denn auch die �brigen Bewohner des Landes von den Familien in Fes zu sagen: die H�lfte derselben habe j�disches Blut in ihren Adern. Die Zahl der Juden in Fes, welche, wie alle marokkanischen, zum Theil direct von Pal�stina eingewandert, zum Theil von Spanien zur�ckvertrieben sind, mag sich auf 8-10,000 belaufen. Sie leben hier ebenso ungl�ckselig wie in den �brigen marokkanischen St�dten. Der verstorbene Sultan Abd-er-Rhaman glaubte es durchsetzen zu k�nnen, den Juden eine Art Emancipation zu verschaffen, und gestattete den Juden gleiche Tracht mit den Moslemin. Der erste Ungl�ckliche, der es wagte seine Melha (den Juden-Ghetto) mit rothem Fes, mit gelben Pantoffeln zu verlassen, kehrte nie zur�ck: er wurde gesteinigt. Der Sultan hatte, trotz seiner Unfehlbarkeit, nicht die Macht den religi�s-fanatischen Wuthausbruch seiner Unterthanen zu d�mpfen. Der religi�se Fanatismus, der ja allen semitischen Religionen innewohnt, ist �berhaupt eine der schlimmen Seiten der Bewohner von Fes. Wie oft habe ich selbst mich von irgend einem Lumpen auf der Strasse angehalten gesehen, der mir mit den Worten "Scha had," d.h. bezeuge, den Weg vertrat, und er und die sich rasch ansammelnde Menge liessen mich sicher nicht eher passiren, als bis ich "Lah il Laha il Allah" gesagt hatte, bekanntlich die Glaubensformel der Mohammedaner. Die Tracht der Bewohner von Fes ist die der �brigen St�dter, d.h. es kann hier nur von der Kleidung der Reichen die Rede sein, da ein Armer nur seinen Haik, d.h. ein langes weiss wollenes Umschlagetuch und ein cattunenes Hemd darunter zum Anziehen hat, sonst aber barfuss und barhaupt daherkommt. Im Winter wird freilich der wollene Burnus dar�ber gezogen, der manchmal aus schwarzer, manchmal aus weisser Wolle besteht. Der Anzug des wohlhabenden Bewohners von Fes ist indess viel reichhaltiger. Auf dem Kopf tr�gt er einen hohen spitz zulaufenden rothen Fes, Saschia genannt, um den ein weisser Turban, Rasa, gewickelt wird. Ueber ein langes weissbaumwollenes Hemd, Camis, vervollst�ndigen eine Tuchweste mit vielen Kn�pfen, und bis oben eng anschliessend und zugekn�pft, Ssodria, dann ein Tuchkaftan aus schreienden Farben und eine weite Hose, Ssrual, den Anzug, gelbe Pantoffel bilden die Fussbekleidung. Die meisten J�nglinge und M�nner tragen Fingerringe aus Silber mit werthlosen Steinen, einige haben Ringe mit Steinen, welche man im Wasser aufl�sen kann (nach der Aussage des Besitzers), und welche Aufl�sung alsdann ein Mittel gegen Vergiftung ist. Einen solchen Ring besass Ben Thaleb auch, dennoch entging er nicht seinem Tode. Sehr unangenehm ist die entsetzliche Unreinlichkeit, welche �berall herrscht; die Kleider werden nie gewechselt, sondern, wenn einmal angezogen, immer Tag und Nacht, so lange auf dem K�rper getragen, bis man neue Kleidungsst�cke anschafft. Allerdings spricht Leo von grossen �ffentlichen Waschanstalten in Fes; ich konnte leider solche zu meiner Zeit nicht mehr constatiren. Der reiche Bewohner kauft sich einmal, wohl auch zweimal, im Jahr einen neuen Anzug, bei Gelegenheit eines grossen Festes. Das altgewordene bekommen sodann die Kinder, Verwandten, Diener, oder auch arme Freunde zum Weitertragen. Der Arme kauft sich, nachdem er lange darauf gespart hat, einen Anzug, legt ihn dann aber nie wieder ab, bis er absolut unbrauchbar geworden ist. Freilich findet _einmal_ im Jahr eine grosse Kleiderreinigung, eine allgemeine W�sche, statt: am Tage vor dem aid-el-kebir, dem grossen Bairain der T�rken. Da an diesem Tag Jeder geputzt erscheint, wer es kann sich ein neues Kleid kauft, und wer nicht, doch darauf h�lt so rein als m�glich zu erscheinen, so sehen wir denn am Tage vor dem aid-el-kebir alle Welt, Jung und Alt, M�nner und Frauen den Wasserpl�tzen zueilen; man entledigt sich der Kleidungsst�cke und wie besessen tanzt und springt Jeder auf seinem Zeuge herum, um mit den F�ssen den jahrelangen Schmutz herauszustampfen: eine einfache Handw�sche w�rde dazu nicht gen�gen. Die Nationalspeise der Fessi ist ebenfalls Kuskussu--ein Mehlgericht, welches aus geperltem Weizen- oder Gerstenmehl bereitet und mittelst Dampf gekocht wird. Der nahe Sebu liefert indess ausgezeichnete Fische, die man in einer gepfefferten und durch Tomaten rothgef�rbten Oelsauce stets fertig auf dem Marktplatze bekommen kann. Hammel-, Ziegen- und Schaffleisch ist gleichfalls billig zu haben, und in Fes wird wohl mehr animalische Nahrung consumirt, als im ganzen �brigen Lande, die St�dte ausgeschlossen, zusammen. Wie alle Marokkaner, sind auch die Fessi grosse Liebhaber von Thee, der vor dem Essen gereicht wird; die Manier zu essen ist aber eben so unsauber bei den vornehmsten Fessi, wie im ganzen Lande. Mehrere Personen hocken um eine irdene Sch�ssel, die in einem niedrigen Tischchen, etwa zwei Zoll hoch, Maida genannt, aufgetragen wird. Alles kauert auf der Erde, in solcher Stellung, wie Jeder sie nehmen will; nachdem ein Sklave oder einer der Gesellschaft Wasser zum Abwaschen der H�nde herumgereicht hat, sp�lt man sodann diese ab, und ein _gemeinsames_ Handtuch bei den Reichen dient zum Trocknen, bei Unbemittelten trocknet man sich einfach die H�nde mit dem Zipfel seines Burnus. Dann, auf ein gegebenes Zeichen, greift mit dem Worte "Bi' Ssm' Allah" (Im Namen Gottes) ein Jeder mit der Rechten in die Sch�ssel, um den erhaschten Bissen zum Munde zu f�hren. Alle befleissigen sich einer ausserordentlichen Eile, um nicht zu kurz zu kommen, nur bei sehr Reichen wird langsam gegessen, weil da mehrere Sch�sseln folgen. Es geh�rt �brigens zum guten Ton f�r die Frauen, Diener und Kinder, oder auch f�r die herumlungernden Armen, Anstandsbrocken in der Sch�ssel zu lassen. Eine grosse Auszeichnung aber ist es jedenfalls f�r einen Fremden, wenn der Wirth selbst mit seiner schmutzigen Hand in die Sch�ssel fahrt, einen Lockina, d.h. Bissen oder Mundvoll, hervorholt und ihn dem Gast in den Mund schiebt. Obschon ich nicht lange Zeit brauchte um mich an diese Art des Essens zu gew�hnen, denn Hunger �berwindet Alles, so hatte ich doch l�ngere Zeit n�thig zu lernen _geschickt_ und _anst�ndig_ zu essen, denn es geh�rt Geschicklichkeit dazu die oft halb fl�ssigen Bissen mit Eleganz an den Mund zu bef�rdern, namentlich, wenn man nicht zu kurz kommen will. Ein Trunk Wasser, eine abermalige oberfl�chliche Handabsp�lung und ein nie unterlassenes "Hamd ul Lah" (Lob sei Gott) beschliesst jedes Mahl. * * * * * 9. Mikenes und Heimreise nach Uesan. * * * * * Ben Thaleb hatte geglaubt, auf die Dankbarkeit des Sultans rechnen zu k�nnen, der seine Thronbesteigung gewissermassen ihm zum Theil verdankte. Verschiedene Male war Ben Thaleb um seinen Abschied eingekommen, er hatte nun seit mehr als 13 Jahren der reichsten Stadt des Landes vorgestanden. Vielleicht hoch in den F�nfzigen, hoffte er seine letzten Lebensjahre ruhig in seiner Heimath, inmitten seiner treuen Berbertribe beschliessen zu k�nnen. Da starb er eines Tags, pl�tzlich, ohne vorher auch nur ernstlich unwohl gewesen zu sein. Dem Sultan musste der Tod des Bascha's �usserst erw�nscht sein. Er hatte gerade jetzt Kriegsentsch�digung zu zahlen. Spanien verlangte f�r Zur�ckziehung der Truppen aus Tetuan 23 Millionen spanische Thaler. Woher das Geld nehmen? Den grossen Schatz, der in Mikenes sein soll, wollte oder konnte er nicht anbrechen. Wie froh musste der Sultan sein, dass Ben Thaleb in diesem Augenblick ihm den Gefallen that, zu sterben; er war somit Erbe seines ganzen baaren Verm�gens geworden. Sobald der Tod Ben Thaleb's ruchbar geworden war, kamen seine Diener, Sklaven und Maghaseni vor meine Wohnung unter dem drohenden Geschrei, ich habe den Bascha vergiftet, und man m�sse mich t�dten. Gl�cklicher Weise f�r mich war der �lteste Sohn des Bascha's da, um mich zu besch�tzen. Noch am Abend vorher waren wir bei seinem Vater, dem Bascha, gemeinsam zum Thee gewesen, derselbe hatte, genesen von einem leichten Unwohlsein, noch am Abend einen Ochsen, als Opfer und Geschenk an die Moschee Mulei Edris geschickt, und noch am selben Abend �usserte sich der Bascha in Gegenwart dieses Sohnes, dass Mustafa (mein angenommener Name) stets sein volles Vertrauen gehabt habe, und dass ich ihn bei seinem leichten Unwohlsein stets zur Zufriedenheit behandelt habe. "Und," f�gte er hinzu, als ob er ein Vorgef�hl seines nahen Todes habe, "wenn Gott mein Dasein verk�rzen sollte, so besch�tze Mustafa, der mein Gast gewesen ist." Eingedenk der Worte seines Vaters, trieb Si-Hammadi (so hiess der Sohn) seine Leute auseinander, und schon nach zwei Tagen befahl er, mit ihm nach Mikenes zu reisen, zum Sultan. So sagte ich denn Fes Lebewohl, um es nie wieder zu betreten. Si-Hammadi, von einer gl�nzenden Suite umgeben, dann mein Dolmetsch Si-Mustafa und ich mit unserem Tross, endlich eine Reihe von wenigstens 200, mit schweren Kisten bepackten Maulthieren und vielleicht 100 Kamelen ebenso beladen, von Maghaseni escortirt, das war unsere Karavane. Ich wusste nicht, was aus diesem gleichartig gepackten Zuge machen, seine Gep�ckthiere hatte Si-Hammadi ausserdem noch, bis ich erfuhr, dass dies das vom Bascha hinterlassene Baarverm�gen sei, ungef�hr zwei Millionen spanische und franz�sische Thaler. Die Summe mochte nicht �bertrieben sein, in Anbetracht, dass ein Maulthier mit leichter M�he hundert Pfund Silber = 2000 franz�sische Thaler, ein Kamel aber ohne Beschwerde das Dreifache tragen konnte. Ohne Anhalt erreichten wir in einem Tage das nahe Mikenes. In Mikenes angekommen, verabschiedete ich mich von Si-Hammadi und nahm im Funduk el Attarich in der Stadt Logis, ging Abends noch ins Lager hinaus, um meine milit�rischen Bekannten zu begr�ssen, welche sich ebenso sehr wunderten, mich jetzt pl�tzlich wieder zu sehen, als sie vorher erstaunt gewesen waren, eines Morgens mein Hanut mit dem sch�nen Aush�ngeschild ohne Arzt zu finden, und erst sp�ter nach und nach inne wurden, ich sei auf allerh�chsten Befehl nach Fes zur�ckgeschickt worden. Anderen Tages machte ich bei dem Grosswessier einen Besuch, er war schon von meiner Ankunft unterrichtet, und hatte, als ob ich selbst nichts dabei zu sagen h�tte, schon Befehl gegeben, f�r mich Zimmer einzurichten, in einem Hause, welches neben dem seinigen lag. Ich hatte Abends vorher Ismael (Joachim Gatell) im Lager gesehen, wie kl�glich er dort unter den thierischen Soldaten die Zeit verbrachte, und war daher froh, mich von der Armee fern halten zu k�nnen. Die mir von Si-Thaib zur Verf�gung gestellte Wohnung war neu und ger�umig und ich lud Ismael ein, dieselbe zu theilen. Da er dies Anerbieten gern annahm, hatten wir beide jetzt eine angenehme Zeit vor uns, wir konnten unsere Erlebnisse und Entt�uschungen uns mittheilen, wieder einmal europ�isch denken und f�hlen. So viel merkte ich wohl, dass Ismael von seiner Lage noch weniger erbaut war, wie ich, der ich fern von den marokkanischen Soldaten gelebt hatte. Aber auch sein Unangenehmes hatte der Aufenthalt bei Si-Thaib f�r mich. Der erste Minister hatte nicht aus Uneigenn�tzigkeit mir seine Wohnung angeboten, sondern nur um mich zur Hand haben, Krankenw�rterdienste bei ihm zu verrichten. Jeden Mittag, wenn, er vom Maghasen (Palais des Sultans und Sitz der Regierung) zur�ckkam, wurde ich gerufen. Ich hatte dann die unangenehme Pflicht, ihm seine kranken F�sse mit Kampherspiritus zu reiben. Nur auf diese Art glaubte er Linderung in seinen Podograschmerzen zu haben, versprach sich sogar Heilung davon. Und dies Gesch�ft war keineswegs ein angenehmes, beim Beginn der Operation unterhielt er mich meist �ber Politik, wobei er die verr�cktesten Ansichten auskramte, auch Religion wurde aufgetischt, nach einer halben Stunde pflegte er zur�ckgelehnt auf seiner Matratze einzuschlafen. Ich durfte aber nicht etwa das Reiben einstellen, sonst erwachte er sogleich und befahl fortzufahren; oft habe ich mit dieser Verrichtung zwei bis drei Stunden zubringen m�ssen. Si-Hammadi, der Sohn des Bascha's von Fes, hatte dann bei Ablieferung der Gelder einen so g�nstigen Bericht �ber mich gemacht, dass ich eines Tags durch die Botschaft �berrascht wurde, ich sei zum Leibarzt des Sultans ernannt und habe von jetzt an alle Tage die Frauen des Sultans zu behandeln. Vorher beschenkte mich Si-Hammadi noch mit einem meergr�nen Tuchanzug, grosse Auszeichnung als Belohnung f�r die Dienste bei seinem Vater. Es kamen nun jeden Morgen zwei Maghaseni aus dem Harem, um mich zu rufen. Dort angekommen, nahm mich der Oberste der Eunuchen, Herr Kampher, in Empfang und bald darauf wurde ich in ein Vorgemach gef�hrt, wo ich die Damen vorfand, welche sich behandeln lassen wollten. Im Anfange wollten sich die Frauen nicht entschleiern, als ich aber darauf bestand, ging Herr Kampher, der sowie einige andere Eunuchen als Herr Moschus[95], Herr Atr' urdi (Rosenessenz) etc., nat�rlich immer zugegen war, ins Harem zur�ck, meldete dies dem Sultan, kam aber dann mit dem Bescheid: "Unser Herr (Sidna) sagt, da du ja doch nur ein Rumi und eben erst �bergetretener Christenhund bist, brauchen sich die Frauen deinetwegen nicht zu geniren." Somit fielen die Umschlaget�cher (eigentliche Schleier werden weder in Marokko, noch sonst wo von mohammedanischen Frauen zum Verdecken des Gesichtes benutzt) und ich hatte alle Tage Gelegenheit, die Reize der Frauen des Sultans bewundern zu k�nnen. Man glaube �brigens nur nicht, dass irgendwie besondere Sch�nheiten im Harem w�ren, oder diese m�ssten sich nicht gezeigt haben, meistens waren es sehr junge Gesch�pfe mit recht vollen Formen. Die oft kostbaren Anz�ge und die vielen Schmucksachen waren mit Schmutz �berladen, and in der Regel an den Kleidern irgend etwas zerrissen. Die meisten schienen nur aus Neugier zu kommen, um den "Christenhund" zu sehen. Alle aber, abgesehen von ihrem albernen und l�ppischen Wesen, waren recht freundlich und h�tte ich nicht die Vorsicht gebraucht, Herrn Kampher zu sagen, die und die, nachdem sie zwei oder drei Mal zur Visite gekommen war, nicht wieder vorzuf�hren, so w�re wohl nach einiger Zeit der ganze Harem herausgekommen. Sie schienen das Krankmelden als einen angenehmen Zeitvertreib zu betrachten, eine ernstlich Kranke habe ich in der ganzen Zeit meines Aufenthaltes nicht gesehen. Ich h�tete mich denn auch sehr, irgend wie selbst Medicin zu geben, obschon mir jetzt die dem Sultan von der K�nigin Victoria geschenkte Arzneikiste zur Verf�gung stand. Ich beschr�nkte mich auf di�tetische Anordnungen und culinarische Recepte, die oft grosse Heiterkeit hervorriefen, aber, wie mir Herr Kampher sagte, immer streng befolgt wurden, da die Marokkaner jedem Extraessen (d.h. alles was nicht Kuskussu ist) irgend eine besondere Heilkraft beilegen. [Fu�note 95: Alle Eunuchen haben stets stark duftende, aromatische Namen.] Von meinem Gehalt hatte ich seit meiner Reise nach Fes nichts mehr zu sehen bekommen, wahrscheinlich regalirte sich Hadj Asus damit, auch nach der Ernennung zum Leibarzte war von meiner Gehaltsauszahlung oder Erh�hung desselben keine Rede. Allerdings sagte mir Si-Thaib mehrere Male, ich solle nur zum Amin (Schatzmeister) des Sultans gehen, der Sultan habe Befehl gegeben, ich solle jetzt t�glich 5 Unzen Silber, also ca. 8 Sgr. beziehen, ich enthielt mich aber dessen. Des Hofes war ich so m�de, dass ich nur daran dachte, wie ich fortkommen k�nne. Ueberdies fehlte es nicht an Geld, die Grossen des Reiches glaubten alle verpflichtet zu sein, weil ich Arzt des Sultans war, sich von mir behandeln zu lassen, und irgend ein Bittsteller, der bei Si-Thaib erschien, kam sicher auch um sich von mir behandeln zu lassen. Und weil er glaubte, ich geh�re mit zum Hause des Ministers, hielt er sich verpflichtet, auch mir ein Geschenk zu machen; indem er Medicin daf�r verlangte, meinte er auf diese Art zwei Fliegen mit einer Klappe zu fangen. Ich war daher so besch�ftigt, dass ich nur die Abende f�r mich hatte, bekam daher von Mikenes wenig zu sehen. Freitags hatte ich jedoch Zeit, eine oder die andere Moschee zu besuchen, die, welche den Namen Mulei Ismael hat, ist jetzt die ber�hmteste, und da der "blutd�rstige Hund" Mulei Ismael l�ngst einer der ber�hmtesten Heiligen von Marokko geworden ist, hat die Moschee, in der sich das Grabmal Mulei Ismaels, Mulei Sliman's, Mulei Abd-er-Rhaman's und noch anderer Sultane dieser Dynastie befindet, Asylrecht erhalten. Die Ber�hmtheit dieser Moschee als Asyl Verbrecher gegen das Gesetz zu sch�tzen, scheint durch die Leichen der eben genannten Herrscher Marokko's fast eben so gross geworden zu sein, wie die der heiligen Moschee Mulei Edris Serone, und die des Mulei Edris in Fes. Eines Tages war ich Zeuge, dass verschiedene Artilleristen, welche wegen nicht erhaltener L�hnung revoltirt hatten, in die Djemma Mulei Ismael's fl�chteten. Sie blieben dort mehrere Tage, sogar w�hrend eines Freitag-Gebetes, an welchem Tage der Sultan selbst in dieser Moschee das Chotba zu h�ren pflegt, und erst die positive Zusage vollkommener Straflosigkeit machte sie aus ihrem Zufluchtsorte hervorkommen. Ob diese sp�ter gehalten worden ist, weiss ich nicht, glaube es aber, da dem Sultan nat�rlich daran liegt, die Heiligkeit des Ortes, worin seine Vorfahren begraben liegen, aufrecht zu erhalten und zu erh�hen. Die Zahl der Einwohner wird von allen Schriftstellern �ber Marokko verschieden angegeben, H�st nennt �ber 10,000 Einwohner, Hems� 56,000 Ew., Leo 6000 Feuerstellen, Marmol 8000 Ew., Diezo de Torres 5000 Ew., Jackson 110,000 Ew. Das Wahre d�rfte auch hier in der Mitte liegen, wenn man eine ungef�hre Zahl von 40,000-50,000 Seelen annimmt. Marmol, H�st und Hems� haben das alte Silda des Ptolemaeus in Mikenes sehen wollen. Nach Walsin-Esterhazy[96] wurde Mikenes von einer Abtheilung der Znata, der Mekn�ca, gegen die Mitte des 10. Jahrhunderts gegr�ndet. Der eigentliche Gr�nder der Stadt war aber Mulei Ismael, der hier best�ndig residirte, und unter dem sie ihre Ber�hmtheit erlangte und von der Zeit eine der vier Residenzen des Reiches geblieben ist. Einige Stunden s�dw�rts vom Abhange des Berges Mulei Edris Serone gelegen, hat die Stadt die reizendsten G�rten, die man sich denken kann. Schon Leo hebt die kernlosen (?) Granaten und wohlriechenden Quitten hervor, und dass die Stadt einen grossen Oliven-Reichthum hat, bekundet das Beiwort Meknas-el-situna, d.h. das olivenreiche. Zum Theil liegen die G�rten innerhalb der Mauer. [Fu�note 96: Siehe: Renou pag. 254.] Das heisst die eigentliche Stadt mit der Kasbah und dem Palais des Sultans, ist durch eine sehr gut erhaltene, von hohen viereckigen Th�rmen flankirte Mauer umgeben, und innerhalb dieser hohen Mauer befindet sich auch der pr�chtige Garten des Sultans. Dann zieht sich eine Stunde entfernt eine andere, niedrigere, an manchen Stellen zwiefache Mauer um die Stadt, um die n�chsten G�rten zu sch�tzen. Mikenes hat fast durchweg eine Bev�lkerung, die in irgend einer Beziehung zum Hofe oder zum Heere steht. Die von Hems� angef�hrte und dem Leo nachgeschriebene grosse Eifersucht der M�nner auf ihre Frauen d�rfte wohl nicht gr�sser sein, als in den anderen marokkanischen St�dten, besonders sch�n fand ich die Frauen nicht. Mikenes ist die einzige Stadt in Marokko, wo �ffentliche Prostitutionsh�user sind. Im Uebrigen sind die Strassen gerader, reinlicher, die H�user in einem besseren Zustande, als in irgend einer anderen Stadt des Reiches. Sogar der Palast des Sultans zeichnet sich dadurch aus, obschon der Theil, den Mulei Ismael mit Marmors�ulen, die er von Livorno und Genua kommen liess, schm�ckte, in Ruinen liegt. Diese sch�nen Monolithen liegen als Zeugen j�ngst vergangener Gr�sse im Staube. Kein anderes Geb�ude zeichnet sich irgendwie aus, selbst die Moschee Mulei Ismaels, welche doch Begr�bnissstelle der jetzigen Dynastie ist, liegt halb in Verfall. Die Stadt wird durch eine ausgezeichnete Wasserleitung mit Wasser versorgt, irre ich nicht, von einem in den Ued Bet gehenden Bache aus, der nordw�rts von der Stadt entspringt. Erw�hnen muss ich eines Abstechers nach Mulei Edris Serone, einer ungef�hr 3 Stunden n�rdlich von Mikenes gelegenen Stadt; indess kann ich von diesem reizend gelegenen Orte nichts weiter anf�hren, als was ich bei Beschreibung der Stadt Fes schon mitgetheilt habe. Trotzdem ich Leibarzt des Sultans war, im Hause des ersten Ministers wohnte, alle Gebr�uche und Sitten der Mohammedaner aufs Genaueste mitmachte, war ich dennoch immer mit misstrauischen Augen angesehen. Nach irgend einer Oertlichkeit direct fragen, ging schon gar nicht. Man w�rde gleich gesagt haben, ich sei ein Spion. Gl�cklicher Weise trat ein Ereigniss ein, was mich aus des Sultans Dienste befreite, eine englische Gesandtschaft wurde in Aussicht gestellt, und nach einigen Wochen traf auch Sir Drummond Hay mit zahlreichem Gefolge und escortirt von einer starken Abtheilung Maghaseni in Mikenes ein. Man kann sich denken, wie gross meine Freude war. Seit �ber einem Jahre, so viel Zeit war nun verflossen, hatte ich nichts von Europa geh�rt, hatte weder einen Brief noch eine Zeitung gehabt, und erhielt nun auf einmal B�cher, Zeitungen, und konnte mich mit gebildeten Herren unterhalten. Im Anfange hatte ich grosse Schwierigkeit zu Sir Drummond Hay zu gelangen, da die marokkanische Regierung den strengsten Befehl ausgegeben hatte, keinen Renegaten auf die Gesandtschaft zuzulassen. Nur durch eine List verschaffte ich mir Einlass, indem ich Si-Tbaib sagte: ich m�sse seiner Krankheit wegen mit dem der englischen Gesandtschaft beigegebenen Arzte sprechen. Das wurde bewilligt und ich durfte dann, von meinem ehemaligen Dolmetsch begleitet, die Gesandtschaft betreten. Sir Drummond bewohnte eines der sch�nsten H�user der Stadt, worin es sogar an europ�ischen M�beln nicht fehlte, da der Sultan alle dergleichen Utensilien besitzt, sie aber f�r seine Person nicht gebraucht. Ueberhaupt wurde die Gesandtschaft mit einer Zuvorkommenheit und Artigkeit behandelt, wie sie Sir Drummond Hay, dem eigentlichen geheimen Herrscher von Marokko, zukommt. Auf den Strassen, vom Volke, �berall wo die Gesandtschaft sich zeigte, wurde sie aufs respectvollste begr�sst. So gut wie der Sultan, f�hlt das Volk, dass nur England eine wirkliche H�lfe gegen die Spanier und Franzosen ist. Es versteht sich von selbst, dass Sir Drummond sich mit aller Freiheit bewegen konnte, ebenso die �brigen Herren der Gesandtschaft. Was mich anbetrifft, so gab mir Sir Drummond ein Schreiben (arabisch ausgefertigt) und sagte mir, dasselbe durch den ersten Minister dem Sultan vorzeigen zu lassen. In diesem Schreiben war betont, die marokkanische Regierung solle mich nicht mit den �brigen Renegaten verwechseln und mir meine Freiheit wiedergeben. Das Bl�ttchen Papier wirkte Wunder. Als Si-Thaib mir dasselbe nach einigen Tagen wieder einh�ndigte, f�gte er hinzu, der Sultan habe das Blatt gelesen, und gesagt, ich k�nne thun was ich wollte, sei vollkommen frei, Mikenes zu verlassen, ja ich d�rfe �berall im "Rharb" reisen und mich aufhalten, wo ich es f�r gut f�nde. Wer war froher als ich. Jetzt aber war auch der Wunsch das eigentliche Land Marokko zu durchreisen, erst recht wachgerufen, und namentlich f�hlte ich einen starken Trieb von nun an weiter in das Innere Afrika's einzudringen. Aber ich war mir nun auch erst recht bewusst geworden, wie viel noch abging, solche gef�hrliche Reisen ohne Mittel ausf�hren zu k�nnen. Wenn auch einestheils gerade diese Mittellosigkeit ein grosser Schutzbrief f�r mich war, so hatte ich andererseits im Arabischen wenige Fortschritte bis dahin gemacht. Der Umstand, dass ich fortw�hrend einen Dolmetsch zur Seite gehabt, machte, dass ich kaum mehr von dieser Sprache verstand als beim Beginn meiner Reise. Auch war ich mit den Sitten und Gebr�uchen des eigentlichen Volkes noch zu wenig vertraut. Ebenso wenig wie man diese z.B. in London was das englische Volk, in Berlin was das deutsche Volk anbetrifft, in Erfahrung bringen kann, zu dem Ende vielmehr das eigentliche Land selbst besuchen muss, ebenso wenig ist dies in Marokko in der Hauptstadt der Fall, und bislang war ich eigentlich nur in Fes und Mikenes gewesen. Ich beschloss nun nach der heiligen Stadt Uesan zur�ckzukehren. Wo konnte ich besser Sitten, Gewohnheiten und auch die Sprache des Volkes kennen lernen, als in dieser grossen Pilgerstadt, wo t�glich Hunderte, oft Tausende von Pilgern aus ganz Nordafrika, ja oft noch von weiter her zusammenstr�men. Und es traf sich nun sehr gl�cklich f�r mich, dass gerade zwei von den n�chsten Anverwandten des Grossscherifs in Mikenes waren. Diese hatten in der Besoffenheit einen Maghaseni des Sultans ums Leben gebracht, und waren selbst nach Mikenes gekommen, um sich deshalb beim Kaiser zu entschuldigen. Sie wurden nicht nur nicht ger�gt oder gar bestraft f�r ihre im Trunk begangene Handlung, sondern der Sultan betrachtete es als einen besonderen Act der H�flichkeit, dass solche heilige Leute und noch dazu wirkliche Vettern des Grossscherifs, keinen Anstand nahmen, sich wegen einer solchen Kleinigkeit bei ihm selbst zu entschuldigen, und im Grunde genommen sah er es wohl nur f�r einen Vorwand an, Geschenke von ihm zu bekommen. Die erhielten sie denn auch beide. Sidi Mohammed ben Abd-Allah und sein Bruder, Sidi Thami, verliessen reich beschenkt die kaiserliche Residenz. Si Thaib Bu Aschrin hatte die G�te mir einen Brief f�r die beiden Sch�rfa zu geben, welche direct nach Uesan zur�ckreisen wollten. Und so sagte ich denn dem Hofe des Sultans Lebewohl, nur Trauer empfindend, dass Ismael (Joachim Gatell), der die ganze Zeit bei mir gewohnt hatte, jetzt wieder ins Lager zur�ck musste, und da er nicht, wie ich, die Protection der englischen Gesandtschaft genoss, nicht daran denken durfte, so bald seine Befreiung zu bekommen. Den folgenden Morgen begab ich mich mit meinem Gep�ck zur Wohnung der Sch�rfa, und bald war Alles gepackt und wir sattelfest. Sidi Mohammed, ein fetter junger Mann von dreissig Jahren, und sein einige Jahre j�ngerer Bruder, Sidi Thami, waren noch von zwei alten Sch�rfa begleitet und hatten mindestens 30 Diener als Gefolge. Wir verliessen gegen 8 Uhr Morgens Mikenes durch das Nordthor, zogen den Bergen entgegen, indem wir die Stadt Serone etwas �stlich liegen liessen. Die Reisen zu Pferde oder Maulthier sind in Marokko keineswegs unangenehm, die mit hohen Lehnen versehenen S�ttel, vorn mit einem Knauf, worauf man die H�nde legen, die grossen Steigb�gel, in welche man den ganzen Fuss schieben kann, lassen die Erm�dung weit sp�ter erfolgen, als bei europ�ischem Reitzeuge. Freilich muss ein Europ�er sich die M�he nehmen, den Sattel durch wollene Decken etwas zu polstern, denn wenn sich die H�rte desselben schon ertragen liesse, ist er doch sehr uneben, was auf die Dauer unbequem ist. Wir waren ohne Rast den ganzen Tag unterwegs, da Sidi Mohammed Ben Abd-Allah wohl besonderen Grund haben musste so schnell zu reisen, denn sonst pflegen die Grossen in Marokko nur, kleine Tagem�rsche zu machen. Als ich mich in der H�he der Berge von Mulei Edris etwas entfernte von unserer Karawane, wurde ich der Gegenstand einer Ovation, die in der N�he wohnenden Leute, die von der Durchkunft von Sch�rfa von Uesan geh�rt hatten, wohl im Glauben ich sei auch ein Scherif, kamen haufenweise herbei, mir die Hand und den Saum der Djilaba k�ssend. Sie verlangten auch das Foetha (Segen), das ich gl�cklicherweise auswendig wusste. Hoffentlich haben sie eben soviel Nutzen von meinem Segen gehabt, als von dem eines wirklichen Scherifs! Aber wenn sie es gewusst h�tten, ich sei ein zum Islam Uebergetretener, wie w�rden sie mich verflucht haben. Gut, dass wir in den Zeiten leben, wo Fluch und Segen von Menschen gesprochen, den Zauber ihrer Allmacht verloren haben. Bei Sonnenuntergang hielten wir bei einem dem Grossscherif von Uesan geh�renden Duar (Zeltdorf). Da ich kein Zelt hatte, luden die beiden Sch�rfa mich ein, das ihrige mit zu theilen. Das Zelt eines Grossen von Marokko zeichnet sich durch Ger�umigkeit aus. Aus starkem weiss und blaugestreiften Leinenzeug bestehend, ist es inwendig weiss und mit verschiedenartig zusammengen�htem bunter Tuch gef�ttert. Meist von nur einer Stange getragen, kann die rund ums Zelt gehende gerade aufstrebende Seitenumfassung abgenommen werden, was namentlich bei Sonnenschein und grosser Hitze eine grosse Annehmlichkeit gew�hrt, da das Dach des Zeltes, gewissermassen ein grosser Schirm, frei stehen bleibt und dem k�hlenden Winde der Durchlass offen steht.--Ich war froh, als der Koch der Sch�rfa sogleich ein Mahl auftrug, da ich den ganzen Tag nichts genossen hatte, als ein St�ckchen Brod und Trauben. Gegen Mitternacht kam denn auch der Mul' el Duar oder Dorfvorsteher, mehrere Sch�sseln voll Kuskussu verschiedener Art, und andere mit gebratenem Fleisch wurden niedergesetzt. Meine M�digkeit war indess so gross, dass ich vorzog weiter zu schlafen, trotz der wiederholten Aufforderungen am Mahle theilzunehmen. Frisch gest�rkt erweckte man mich am anderen Morgen mit einer Tasse Kaffee (die Sch�rfa von Uesan trinken auch Kaffee) und sodann kam wieder ein reichliches Mahl der Leute des Zeltdorfes, welche daf�r mit Thee bewirthet wurden. Wie am vorhergegangenen Tage war die Gegend h�gelig, wohlangebaut und zahlreiche Duar deuteten auf eine verh�ltnissm�ssig dichte Bev�lkerung. Bald nach dem Aufbruche am zweiten Tage passirten wir die Fl�sse Sebu und Uarga, letzteren etwas oberhalb der Stelle, wo er in den Sebu einf�llt. Ueberall wie am ersten Tage waren die Sch�rfa der Gegenstand der gr�ssten Verehrung, im ganzen Lande gelten die Sch�rfa Uesan's als die gr�ssten Heiligen. Die Sitte will es, dass ein Vornehmer nie seinen Einzug Abends h�lt, so wurde denn auch an dem Tage schon um 5 Uhr Nachmittags Halt gemacht in einem Duar, der Sidi Abd-Allah selbst geh�rte. Nur noch einige Stunden am anderen Morgen, und wir hatten den Berg Bu-Hall�l vor uns, an dessen anderer Seite Uesan gelegen ist. Sobald wir den Berg umgangen, kamen uns die Verwandten und Bekannten der Sch�rfa entgegen, die durch den j�ngeren Bruder, der am Abend vorher noch die Stadt erreicht hatte, waren benachrichtigt worden. Sidi Thami hatte auch dem Grossscherif schon meine Zur�ckkunft mitgetheilt. Ich konnte indess nicht direct nach der Wohnung des Grossscherifs gehen, da ich vorher bei Sidi Abd-Allah fr�hst�cken musste. Ein naher Verwandter von Sidi el Hadj Abd es Ssalam, ist er, was Reichthum und Macht anbetrifft, von den Uesaner Sch�rfa der dritte, denn Sidi Mohammed ben Akdjebar, obschon entfernterer Linie, hat nach dem Grossscherif den gr�ssten Einfluss und den gr�ssten Reichthum. Die �brigen Sch�rfa, fast die ganze Stadt besteht aus Abk�mmlingen Mohammed's, haben in Uesan selbst gerade keinen Einfluss, da ihrer zu viele sind. Gleich darauf ging ich dann, nachdem ich meinen meergr�nen Anzug angelegt hatte, zum Grossscherif, den ich von einer zahlreichen Menge umgeben in seinem Landhause antraf. Aufs freundlichste aufgenommen, liess er sogleich eine Wohnung f�r mich einrichten, und mich ein �ber das andere Mal willkommen heissend, sagte er, ich solle mich von nun an ganz wie zu seinem Hause geh�rig betrachten. Ehe ich nun meine Erlebnisse in Uesan schildere, m�chte ich Einiges �ber die derzeitigen politischen Zust�nde in Marokko sagen, und kn�pfe daran zugleich einige Worte �ber die sonstige und jetzige Stellung der christlichen Consuln. * * * * * 10. Politische Zust�nde * * * * * Marokko hat eine Regierung so despotisch und tyrannisch eingerichtet, wie man sie eben nur da findet, wo zu gleicher Zeit geistige und weltliche Herrschaft in _einer_ Person vereint ist, und der Grund zu diesem absolutesten Despotismus liegt doch keineswegs im Charakter des arabischen oder berberischen Volkes, einzig und allein die _mohammedanische Religion_ ist Schuld daran. In allen L�ndern, auf welche sich der Islam ausgedehnt hat, ist es �hnlich. In der T�rkei, in Persien, in Aegypten, in Tunis, �berall die absoluteste monarchische Herrschaft, ja sogar in Centralafrika hat die mohammedanische Religion in den Staaten, von denen sie Besitz ergriffen hat, dem jeweiligen F�rsten unbeschr�nkte Macht verliehen, so in Uadai, Bornu, Sokoto und Gando. _Vor_ dem Islam lebten die Araber in kleinen Triben unter patriarchalischen Herrschern, und wenn die Berber Nordafrika's es zuweilen vermochten, sich zu K�nigreichen zu vereinigen, so war dennoch die Gemeindeabtheilung, kleine von einander unabh�ngige Republiken, ihre Urregierungsform. So finden wir in Nordafrika die Araber und Berber noch da, wo sie sich unabh�ngig von den grossen Staaten zu erhalten gewusst haben. Nach der Entstehung des Islam folgte es von selbst, die politische Autorit�t mit der des obersten Priesters in einer Person zu vereinigen. Nach unten giebt es im Mohammedanismus keine Hierarchie, keine Priesterkaste, keine privilegirten Menschen, mit Ausnahme derer, welche Mohammed selbst als bevorzugt bezeichnete: das sind seine eigenen Nachkommen. Freilich die vollkommene Unbeschr�nktheit, wie sie jetzt die Sultane von Marokko gemessen, "absolute Unfehlbarkeit," kam erst dann zu Stande, als im Anfange des 16. Jahrhunderts Sultane aus der Familie der Sch�rfa auf den marokkanischen Thron kamen. Seit der Zeit hat im eigenen Lande der Marokkaner die Macht und _Unfehlbarkeit_ der Herrscher immer mehr zugenommen, das Wohl, die Bildung und der Fleiss des Volkes aber von dem Augenblick an auf merkw�rdige Weise abgenommen. Der Sultan von Marokko nennt sich "Beherrscher" oder auch "F�rst der Gl�ubigen," Hakem el mumenin, oder will er politisch als Herr des Landes sich bezeichnen, schreibt er Mul' el Rharb el Djoani[97]. [Fu�note 97: Alle anderen Titel, wie z.B. bei Lempiere: "Emperor of Africa" (die Marokkaner wissen gar nicht was Afrika ist), "emperor of Marokko, King of Fes, Suz and Gago, Lord of Dara and Guinea and great Sherif of Mohamet" (?), sind Erfindungen der Europ�er selbst.] Von seinen Unterthanen wird er "Sidna," unser Herr, oder auch "Sultan," "Sultana," Sultan, unser Sultan genannt. Andere Ansprachen sind nicht �blich. Seine erste Frau, die nicht nothwendig ein weiblicher Scherif zu sein braucht, hat den Titel Lella-Kebira, und gebiert sie einen Thronfolger, so hat sie f�r immer das Recht den Harem zu regieren und bei der Wahl der �brigen Weiber eine gewichtige Stimme. Der �lteste Sohn bekommt den Titel Sidi el Kebir oder Mulei el Kebir, denn Sidi und Mulei im Singular wird immer gleichbedeutend gebraucht, w�hrend Muleina, der Plural, nur auf den Propheten angewendet wird. Wie alle Mohammedaner, hat der Sultan gleichzeitig nur vier rechtm�ssige Frauen, die nach Belieben fortgeschickt oder erneuert werden; wie viele unrechtm�ssige, d.h. nicht angetraute junge M�dchen und Frauen in den vier Harems sind, weiss der Sultan, _trotz seiner Unfehlbarkeit_ wohl selbst nicht. Ein Gesetz �ber Erbfolge giebt es bei den Mohammedanern nicht, also existirt darin auch keine Regel f�r Marokko. Der augenblicklich auf dem Thron sitzende F�rst ist der zweite Sohn des verstorbenen Sultans, und dieser selbst war Neffe seines Vorg�ngers. Er heisst Sidi Mohammed ben Abd-er-Rhaman und ist im Jahre 1805 geboren. Wenn schon unter seinen Vorg�ngern, Sultan Sliman und Abd-er-Rhaman, Vieles anders am marokkanischen Hof geworden ist, so wechselte noch mehr unter der Regierung des jetzigen Herrschers, und trotzdem dieser nicht wie sein Vater Gelegenheit gehabt hat, mit Europ�ern auf gleichem Fuss zu verkehren und sie so besser kennen zu lernen, sch�tzt doch gerade Sidi Mohammed mehr als einer seiner Vorg�nger die Christen. Der Vater Mohammed's war n�mlich vor seiner Thronbesteigung Bascha in Mogador gewesen, hatte dort viel mit den Consuln verkehrt und somit europ�ische Gewohnheiten und Gebr�uche kennen gelernt. Sidi Mohammed war aber fortw�hrend Bascha von der Stadt Marokko gewesen, ehe er Sultan ward. Die Regenten von Marokko haben keinen eigentlichen Divan oder Midjelis, und die Etikette am Hofe ist �usserst streng. Es giebt aber gewisse Leute, die den Vorzug haben, sich setzen zu d�rfen, z.B. die Prinzen, Gouverneure der Provinzen, vornehme Sch�rfa, w�hrend die gew�hnlichen Sterblichen vor dem Kaiser nur hocken oder knieen d�rfen. Vorgelassene Bittsteller d�rfen nur von weitem ihr Anliegen vorbringen in knieender Stellung, und nachdem sie vorher den Erdboden gek�sst haben. In Gegenwart des Sultans darf das Wort "gestorben" nicht ausgesprochen werden, damit er nie an den Tod erinnert werde. Man umschreibt dies, z.B. mit: er hat seine Bestimmung erf�llt, ebenso darf nie die Zahl "f�nf" vor dem Sultan ausgesprochen werden, man sagt daf�r "4 und 1" oder "3 und 2". Dieser sonderbare Brauch[98] erkl�rt sich wohl daraus, weil f�nf die Zahl der Finger das Symbol der Hand, der despotischen Macht ist. In allen mohammedanischen Landen wird man auch h�ufig an den H�usern eine rothangemalte Hand oder einfach den Abdruck einer Hand oder mehrerer finden, man glaubt dadurch Gewalt und Einbruch abhalten zu k�nnen, das Haus wird hiemit unter die unsichtbare Macht einer starken Hand gestellt. [Fu�note 98: S. Jackson, Account] Spricht man in Gegenwart des Sultans von einem Juden, so wird vorher "Verzeihung" gebeten, "Haschak," weil die Juden f�r unrein gehalten werden. Fr�her galt das auch von den Christen, aber schon unter Abd-er-Rhaman kam diese Unsitte ab. Es versteht sich von selbst, dass Niemand mit Pantoffeln vor dem Sultan erscheint, doch haben die hohen Beamten die Erlaubniss, ihre gelben ledernen Stiefelchen anbehalten zu d�rfen. Decorationen giebt es in Marokko nicht, indess dachte man im Jahre 1864 daran, einen Orden zu stiften, den vom Sultan Salomon (dem j�dischen K�nig). Modelle waren angefertigt, �hnlich wie die, welche K�nig Theodor von Abessinien hatte machen lassen. Die gr�sste Auszeichnung, die der Sultan von Marokko gew�hrt, ist die, wenn er selbst seines Burnus sich entledigt, und ihn einem der Anwesenden schenkt. Vornehme Personen werden zum Handkusse zugelassen, seine Kinder, seine Br�der und die allern�chsten G�nstlinge d�rfen auch die _innere_ Fl�che der Hand k�ssen[99]. [Fu�note 99: S. Aly Bei el Abassi.] Der vom Sultan gemachte Aufwand ist verh�ltnissm�ssig gering und besteht haupts�chlich in sch�nen Waffen, herrlichen Pferden und einem grossen Harem, bewacht von einer gl�nzend gekleideten Schaar von Eunuchen. Die einflussreiche Stellung, welche diese ungl�cklichen Gesch�pfe unter den fr�heren marokkanischen F�rsten hatten, hat indess jetzt ganz aufgeh�rt und beschr�nkt sich lediglich darauf, unbeschr�nkt in dem Theile des Palastes zu herrschen, in den auser [au�er] dem Sultan keine Mannsperson eintreten darf. Aehnlich gekleidet wie die marokkanischen Maghaseni oder Reiter, haben s�mmtliche Eunuchen silbergestickte Leibg�rtel. Alle haben einen stark riechenden duftenden Namen; so hiess in Mikenes der Eunuchenoberst "Kaid Kampher", andere hiessen Moschus, Amber, Thymian etc. Ein Theil des Harems ist stets mit dem Sultan unterwegs, dieser besteht aus den Lieblingsfrauen, Quintessenz der vier Harem von Fes, Mikenes, Rbat und Marokko. Marschirt der Sultan, so hat er zwei grosse Zelte, ein jedes umgeben von einer �usseren vom Hauptzelte unabh�ngigen Zeltwand. Beide Zelte sind durch einen Zeltgang verbunden: das eine bewohnt der Sultan, das andere ist f�r die Frauen. Im �usseren Umgang des f�r die Frauen bestimmten Zeltes halten sich die Eunuchen auf. Die Regierung des jetzigen Sultans besteht aus dem ersten Minister, der vom Volke Uisir el Kebir genannt wird, sonst aber den Titel "Ketab el uamer", Schreiber des F�rsten, hat. Dieser ist der allm�chtigste Mann im Reiche, ehemaliger Lehrer des Sultans, und sein Einfluss, namentlich in allen �usseren Angelegenheiten, ist entscheidend; sein Name ist Si-Tha�b-Bu-Aschrin-el-Djemeni. Der unmittelbare Verkehr mit den europ�ischen Consuln findet in Tanger statt, durch den dortigen Gouverneur, der den Titel Uisir-el-uasitha hat, und der seine Instructionen in dieser Beziehung vom Uisir-el-Kebir oder auch direct vom Sultan bekommt. In allen despotischen Staaten, und vorzugsweise in mohammedanisch-despotischen Staaten, wird manchmal der niedrigste und d�mmste Mann durch eine Laune des _unfehlbaren_ Herrschers zum obersten Posten hinaufgehoben. Wer sollte sich dem auch widersetzen? In Marokko Niemand; allerdings giebt es fast allm�chtige Kaids, unabh�ngig in ihren Provinzen regierend; allerdings giebt es die Classe der Sch�rfa, der Abk�mmlinge Mohammeds, die sich wohl erdreisten, fern vom Sultan in Gegenwart des ganzen Volkes zu sagen: "Ich bin auch Scherif, und der Sultan hat kein besseres Blut in seinen Adern als ich;" allerdings ist da der Grossscherif von Uesan, der sagt, er stamme directer von Mohammed, als der Sultan selbst, und dieser allein wagt auch manchmal zu trotzen--aber sonst ist Niemand im Lande, der in Gegenwart des unfehlbaren Herrschers nicht von seiner eigenen Nichtigkeit und Unbedeutendheit �berzeugt w�re. So ist denn auch der zweitm�chtigste Mann im Reiche, Si-Mussa, den ich gewisserma�en "Minister des kaiserlichen Hauses" tituliren m�chte, weiter nichts, als ein ehemaliger Sklave, ein Neger von Haussa. Er hat nur das Verdienst, mit dem jetzigen Sultan aufgewachsen zu sein, und leitet augenblicklich alle inneren Palast-Affairen. Sein Bruder, Si-Abd-Allah, ebenfalls ein Haussa-Neger und ehemaliger Sklave, ist dermalen Kriegsminister. Wichtiger Posten am Hofe von Marokko ist der des Mschuar. Der Kaid el Mschuar hat das Amt, Bittende, Fremde, Besuchende dem Sultan vorzuf�hren. Da man nur ausnahmsweise, um vom Sultan empfangen zu werden, sein Gesuch durch einen andern Minister anbringen lassen kann, ist dieser Posten sehr eintr�glich, folglich auch einflussreich. Denn jedes derartige Gesuch muss erst durch ein Geschenk, angemessen nach dem Reichthum des Petenten, unterst�tzt sein. Ebenso werden Consuln, wenn sie in Gesandtschaft zum Sultan kommen, oder auch in Rbat in gew�hnlicher Audienz empfangen werden, durch den Kaid el Mschuar eingef�hrt. Wie viele Plackereien damit f�r Europ�er verbunden sind, wie vom Kaid el Mschuar abw�rts Jeder, der ein Aemtchen hat, seinen Fremden auszubeuten bestrebt ist, davon hat Maltzan eine anziehende Schilderung gegeben. Der, welchen man in Marokko den Minister des Innern nennen k�nnte, der aber zugleich auch Gross-Siegelbewahrer ist, der Mul-el-taba oder Kaid-el-taba, ist derzeit auch eine vollkommen aus dem Staub, oder, wie der Marokkaner sich viel kr�ftiger ausdr�ckt, aus dem Dr. ... "Sebel" heraufgekommene Pers�nlichkeit. Der Mul-el-Taba ber�th mit dem Sultan die Besetzung der Kaid- oder Gouverneurstellen in den Provinzen und St�dten. Es giebt keinen eigentlichen Schatzmeister in Marokko, oder gar einen Finanzminister, denn den Schl�ssel zur Hauptcasse, welche in Mikenes sein soll, hat der Sultan selbst. Dass eine Hauptabtheilung des dortigen Palastes, von aussen einen vollkommen viereckigen steinernen W�rfel darstellend, "el dar-el chasna," oder "bit el mel", Schatzhaus heisst, kann ich aus eigener Anschauung best�tigen; anscheinend hat dieses massive Geb�ude von aussen gar keinen Zugang, indess liegt eine Seite nach dem Harem zu, von wo aus der Eingang wohl sein wird. Die Marokkaner behaupten, der Zugang zum Schatz sei unterirdisch vermittelst eines Tunnels. Das Innere wird beschrieben als eine ausgemauerte H�hlung, in deren Innerem wieder ein gemauertes Gemach enthalten sei[100]. Alles dies ist wohl Fabel, denn Niemand, auch nicht der Kaid-etsard oder Schatzmeister, hat wohl je einen Blick ins Innere gethan. Ebenso sind die Summen, welche im Schatzhaus angeh�uft liegen sollen, wohl lange nicht so bedeutend, als Manche herausgerechnet haben. Franz�sische Schriftsteller haben die Ersparnisse der marokkanischen Regenten auf 300 Millionen Franken, ja auf eine Milliarde veranschlagt, ohne zu bedenken, dass das, was der eine Sultan zur�ckgelegt hatte, oft vom folgenden, der durch Usurpation und Gewaltmittel auf den Thron kam, in einem Tage der Pl�nderung preisgegeben wurde. Als z.B. an Spanien jene 22 Millionen spanische Thaler Kriegsentsch�digung gezahlt werden mussten, fand es sich, dass der Staatsschatz leer war. Oder durfte und wollte der Sultan ihn nicht angreifen? Das Nichtvorhandensein des Geldes ist das Wahrscheinlichere. [Fu�note 100: S. H�st p. 221, der die H�be des damaligen Schatzes auf 50 Millionen Thaler angiebt.] Eine kirchliche Beh�rde giebt es in Marokko nicht, der Sultan als unfehlbar vereinigt Papst, Cultusministerium oder oberste Synode, wie man bei den Christen dergleichen Einrichtungen nennt, in seiner Person. Ich unterlasse es, auf niedere Aemter am Hofe von Marokko einzugehen, werde jedoch einige derselben, wie sie jetzt noch existiren, erw�hnen: den Mundkoch Mul' el tabach, den Sonnenschirmtr�ger Mul' el schemsia, S�beltr�ger Mul' el skin, den Theeservirer Mul' el atei, Speisetr�ger Mul' el taam. Alle diese Aemter werden meist von Sklaven versehen, viele aber auch, und es giebt derer noch f�nfzig, von freien weissen Leuten. F�r die kleinste Handthierung ist ein besonderer Angestellter vorhanden, z.B. f�r den, der die Pantoffel des Sultans umdreht, damit er sie beim Anziehen gleich wieder fussgerecht vor sich hat. Um den Steigb�gel zu halten, um eine Schale mit Wasser zu bringen, um die ausgetrunkene Theetasse in Empfang zu nehmen, um die Serviette zu reichen, um das Waschbecken zu pr�sentiren, f�r jeden kleinen Dienst hat der Sultan einen besonderen Angestellten. Man glaube aber nicht, dass alle diese Leute besoldet sind. Ziemlich gute Kleidung, oft die, welche der Sultan oder die Prinzen abgelegt haben, und die sieh von der f�rstlichen Tracht durch nichts unterscheidet, als durch gr�ssere Fadenscheinigkeit--dann Nahrung, das ist Alles, was dieses Heer von Bedienten und Beamten bekommt. Aber keineswegs sind sie deshalb ohne Geld, von Jedem, der nach Hofe kommt, wissen sie etwas zu erpressen; gehen sie in die Stadt auf die M�rkte, so entlocken sie bald hier einem ungl�cklichen Juden, dort einem leichtgl�ubigen Landmann eine Mosona, wer w�rde der Bitte oder der Drohung eines Ssahab sidna widerstehen? Es ist das officieller Name aller Beamten und Diener. Der erste Minister des Sultans, wie sein letzter Sklave, sch�mt sich dieses Titels nicht, was wiederum seinen Grund daher hat, weil in den Augen des Sultans der h�chste Beamte keinen gr�sseren Werth hat als der letzte Sklave. Vor der marokkanischen Unfehlbarkeit verf�llt mit derselben Leichtigkeit das Haupt des rechtschaffensten Beamten dem Schwert, wie das eines Verbrechers, der es wirklich verdient hat. Eigentlich kann daher Unfehlbarkeit nur in einem solchen Lande vollkommen bl�hen und existiren wie in Marokko, d.h. in einem Lande, wo das Gesetz nichts gilt, sondern Alles sich der Laune eines schwachk�pfigen Fanatikers f�gen muss. Es giebt kein h�chstes Justizamt in Marokko; vom Kadi einer einzelnen Provinz oder einer Stadt, oder eines kleinen Ortes kann nur an den Uisir oder an den Sultan appellirt werden, welche letztere nach ihrem Gutd�nken das gef�llte Urtheil best�tigen oder verwerfen. Die einzelnen Provinzen und Ortschaften werden manchmal von Kaids und Schichs regiert, die direct, wenn es sich um Provinzen und um gr�ssere St�dte handelt, vom Sultan ernannt werden. So wie wir auf den meisten Karten die verschiedenen Provinzen abgegrenzt finden, existiren sie in administrativer und gerichtlicher Beziehung nicht. Die Kaid stehen einem Kaidat vor, das manchmal aus einer Stadt mit verschiedenen Triben oder D�rfern besteht. Oft ist ein Kaid direct vom Sultan abh�ngig, oft hat ein Kaid oder Schich 40 oder gar 100 Kaids, die unter ihm stehen. Ein Kaid hat manchmal nur einen Duar[101], einen Tschar[102], eine Tribe zu commandiren, manchmal deren 20, 50 und noch mehr. Ein Kaid commandirt z.B. vielleicht zu einer Zeit die beiden Rhabprovinzen mit den Triben darin, oder wie zur Zeit des jetzt regierenden Sultans sind sie getheilt, und werden von zwei Kaids regiert. Der Titel "Kaid" ist der allein officielle, sowohl f�r die Beamten einer grossen Provinz, wie f�r die einer kleinen Ortschaft. Gleichbedeutend ist der Name "Schich", den man vorzugsweise in den Gegenden von �berwiegender Berber-Bev�lkerung antrifft. Der Titel "Bascha" wird nur einzelnen besonders hervorragenden Gouverneuren, z.B. dem von Alt-Fes, verliehen. Der Titel "Chalifa" schliesst immer eine Stellvertretung in sich, so hat z.B. der �lteste Sohn des Sultans unter der Regierung des jetzigen Kaisers, sobald dieser nach Marokko �bersiedelt, den Titel "Chalifa von Fes" als seines Vaters Stellvertreter. Kehrt der Sultan nach Fes zur�ck, hat einer der Br�der des Sultans, Mulei Ali, in der Hauptstadt Marokko den Titel "Chalifa". Es ist dies die einzige Erinnerung daran, dass ehemals Fes und Marokko getrennte K�nigreiche waren. [Fu�note 101: Zeltdorf.] [Fu�note 102: Bergdorf aus H�usern.] Es w�rde unm�glich sein, genau die Grenzen der verschiedenen Provinzen Marokko's angeben zu wollen, da �berhaupt je nach den Launen der Regierung heute eine Provinz vergr�ssert, morgen verkleinert oder gar entzwei geschnitten wird, heute eine Tribe dieser, morgen jener Provinz einverleibt wird, manchmal mit den Provinzen eine geographische Bezeichnung f�r immer verbunden ist, manchmal auch nicht. Auf der Abdachung des Atlas nach dem Mittelmeer und Ocean, umfasst von der Gebirgskette, welche zwischen Cap Gehr und Cap el Deir hinzieht, haben wir im Norden die Andjera und Rif-Provinz, s�dlich von Andjera die beiden Rharb-Provinzen, und dann l�ngs des Oceans von Norden Beni-Hassen, Schauya, Dukala, Abda, Schiadma und Haha. S�dlich vom Rif die Hiaina, und s�dlich von der Hiaina die Provinz Fes. Auf den Stufen des Atlas liegen �stlich von Haha die Ahmar und die Erhammena, dann Maroksch (District der gleichnamigen Stadt), und n�rdlich von Maroksch, Temsena und �stlich Scheragna. Diese soeben aufgef�hrten Districte, die aber keineswegs alle eine besondere Regierung haben, und deren Grenzen nicht genau bestimmt sind, d�rften die Benennungen f�r die bezeichneten Oertlichkeiten sein. In denselben, sind indessen Districte enthalten, die ebenso gut den Namen Provinz f�hren k�nnten. Die �stliche Partie des Garet, welche Provinz westlich mit dem Rif zusammenh�ngt, ist in den letzten Jahren als Beni-Snassen bekannt geworden, ein eigener politisch begrenzter District, mit eigenem Kaid. S�dlich von der Provinz Fes, von Scheragna, Maroksch und Erhammena sind Atias aufw�rts noch die verschiedensten Districte bis zum Kamme des Gebirges, aber die Namen derselben zum Theil unbekannt, zum Theil wissen wir nicht mit derselben Sicherheit anzugeben, wohin sie setzen. Von Fes in s�d�stlicher Richtung k�nnte ich constatiren den District der Beni Mtir und der Beni Mgill. S�dlich vom Cap Gehr l�ngs des Oceans sind die Provinzen Sus und Nun (mit Tekna), der Staat des Sidi Hischam existirt nicht mehr[103]. Die Provinz Draa kommt nat�rlich nur soweit hier in Geltung, als sie bewohnt ist, das ist bis zum Umbug des Flusses nach Westen. Es folgt sodann �stlich vom Draa Tafilet mit seinen verschiedenen Districten, und nord�stlich von Tafilet die verschiedenen kleinen Oasen am s�d�stlichen Atlasabhange, die bedeutendste davon ist Figig. Endlich die s�d�stlichste Provinz von Marokko ist Tuat. [Fu�note 103: Per Name "Dschesula" oder, wie Renou auf seiner Karte hat, Gezoula, existirt nirgends s�dlich vom Atlas, vielleicht soll er auf den Karten bloss die Gaetuler der Alten in Erinnerung bringen.] Ueber die Einnahmen und Ausgaben des Sultans von Marokko l�sst sich nichts Bestimmtes sagen, da keine Staatsb�cher dar�ber existiren, die Eink�nfte dem Zufall unterworfen und der Laune der einzelnen Kaids anheimgegeben sind, oft auch andere Umst�nde eintreten, die ganz unvorhergesehen sind. Im Jahre 1778 veranschlagte H�st, auf Koustroup fussend, die Einnahme auf eine Million Piaster[104], hervorgegangen aus Zoll, Schutzgeldern, Thorsteuern, Judenabgaben, Monopolen, Miethen, Strassenz�llen und ausl�ndischen Geschenken, letztere figuriren allein mit 250,000 Piastern. An Ausgaben giebt er nur 300,000 an, so dass 700,000 Piaster f�r den Schatz geblieben w�ren. Da der zu der Zeit regierende Sultan im Jahr 1778 zwei und zwanzig Jahre regierte, meint H�st den Schatz in der Bit el mel auf 13 Millionen Piaster veranschlagen zu k�nnen. [Fu�note 104: Ein spanischer Piaster ungef�hr 1 Thlr. 13 Sgr.] Im Jahr 1821 giebt Hems� die Eink�nfte auf 2,600,000 Thaler an, darunter an Geschenken f�r 225,000 Thaler. Die Ausgaben berechnet er auf 990,000 Thaler, und wie H�st schliessend, dass Sultan Soliman seit seiner Thronbesteigung im Jahre 1793 j�hrlich eine Ersparniss von 1,600,000 Thaler gemacht habe, meinte er, m�sse in der Bit ei mel nach einer Regierung von 34 Jahren zum mindestens die Summe von 50 Millionen Thaler sein. Neuere Nachrichten liegen �ber den Staatshaushalt nicht, vor, denn Jules Duval in der Revue des deux Mondes von 1859 hat einfach von Hems� abgeschrieben, die Zahlen f�r die neuesten ausgegeben, ohne der Quelle dabei auch nur zu gedenken; ebenso wenig verdienen Calderons Angaben Glauben. Auch �ber Gesammtausfuhr und Einfuhr, �ber Handel und Wandel liegen keine statistischen Nachrichten vor. Ueber verschiedene H�fen besitzen wir in dieser Beziehung gar kein Material. Agadir mit sehr bedeutender Importation von Naturalien aus Sudan, der Sahara, Nun, Draa und Sus hat, wie Asamor, keine Consuln irgend eines Staates. Und Asamor ist eine der bedeutendsten St�dte. Aus einzelnen H�fen jedoch liegen �ber ein- und ausgelaufene Schiffe, Tonnengehalt, Aus- und Einfuhrartikel, Nationalit�t der Schiffe etc. genaue Angaben vor[105]. [Fu�note 105: Siehe Richardson Vol II, p. 316.] Serafin Calderon sch�tzt den Gesammtwerth des Handels auf 50,000,000 Thaler. England vermittle davon zwei Drittel, das dritte vertheile sich auf Spanier, Portugiesen, Franzosen, Belgier etc. Beaumier giebt die Handelsbewegung von Marokko mit einem j�hrlichen Mittel von etwa 40 Millionen Franken an, und was die Wichtigkeit der daran theilnehmenden H�fen anbetrifft, stellt er Mogador mit 5/8 voran, w�hrend L'Araisch, Tanger, Rbat, Casablanca und Masagan je mit 1/8, und Tetuan und Saffy mit je 1/16 im gleichen Verh�ltniss daran Theil nehmen[106]. [Fu�note 106: Siehe Beaumier, D�scription sommaire de Maroc, p. 31.] Obschon nun verschiedene Tractate mit den christlichen Nationen geschlossen sind �ber Zoll bei Einfuhr und Ausfuhr, so hebt sie der Sultan manchmal ohne besonderen Grund auf, weshalb sollte er auch nicht? Braucht er, der unfehlbare Herrscher der Gl�ubigen, Sklave seines Wortes zu sein? ist er nicht Herr und uneingeschr�nkter Gebieter aller Leute, die im Rharb sich aufhalten, folglich auch der Christen, so lange wie sie dort wohnen? Giebt es �berhaupt einen F�rsten, der sich mit ihm messen kann? Freilich regiert der Sultan von Stambul die andere H�lfte[107] der Gl�ubigen, aber das ist von Gott so geschrieben. Freilich schlugen die Franzosen bei Isly den jetzt regierenden Sultan aufs Haupt, aber das war auch Mektub Allah (von Gott geschrieben); freilich nahmen die Spanier Tetuan, aber auch das war Mektub Allah; einige alte Wahrsager sagen sogar, die Christen werden einst in Mulei Edris (Fes) einr�cken, und man antwortet in Marokko: "Gott verfluche sie, aber vielleicht ist es _geschrieben_." [Fu�note 107: Anschauungsweise der Marokkaner.] * * * * * 11. Consulatswesen. * * * * * Kein einziger Staat auf der ganzen Erde hat sich so in seiner Abgeschlossenheit zu erhalten gewusst wie Marokko. W�hrend die T�rkei schon seit langer Zeit in diplomatischem Verkehr mit allen europ�ischen M�chten steht, in allen europ�ischen L�ndern Gesandte und Consuln unterh�lt; w�hrend China, wenn es auch noch keine Agenten in Europa hat, doch fortw�hrend in diplomatischer Verbindung mit den christlichen M�chten steht und das Reich der Mitte jetzt den Europ�ern ge�ffnet ist, bleibt der �usserste Westen, el-Rharb-el-Djoani, geheimnissvoll verschlossen. Weder die Schlacht von Isly oder des Prinzen von Joinville Bombardement von Tanger und Mogador, noch die Einnahme von Tetuan haben vermocht, irgendwie eine Ver�nderung herbeizuf�hren. Mit Ausnahme einer einzigen Macht, Englands, sind die Beziehungen Marokko's zu allen �brigen M�chten f�rmlich und kalt; sie beschr�nken sich eigentlich auf Differenzen der Mohammedaner und Christen in den marokkanischen Hafenst�dten. Es haben indess fr�her wohl bessere Zeiten existirt, wir wissen, dass nach den heftigsten Feindseligkeiten der Christen mit den Mohammedanern Spaniens und Marokko's Pausen eintraten, in welchen beide vereint den Wissenschaften oblagen. Die erste Vertreibung der Mohammedaner aus Spanien, endlich die letzte im Jahre 1609, legte Grund zu jenem unausl�schlichen Hasse, den die Norwestafrikaner [Nordwestafrikaner] von nun an gegen alles Christliche kund geben. Dazu kamen auf den Thron von Marokko neue Dynastien, die erste der Filali oder Sch�rfa, dann zu Anfang des 17. Jahrhunderts die zweite Dynastie der Sch�rfa. Marokko wetteiferte um diese Zeit mit den �brigen Raubstaaten im Capern christlicher Schiffe, keine Macht war sicher, und hatte je ein europ�isches Schiff das Ungl�ck an der gef�hrlichen K�ste, die sich von der Strasse Gibraltars bis zur Sahara hinerstreckt, zu stranden, so waren das Schiff und was es enthielt unbedingt Beute der umwohnenden V�lker, die Bemannung aber wurde gemordet, verst�mmelt, gesch�ndet, im besten Fall aber ins Innere geschleppt, um dort als Sklaven mittelst h�rtester Arbeit das Leben zu fristen. Und haben diese Verh�ltnisse vielleicht Besserung erfahren? Keineswegs! Allerdings hat schon Sultan Soliman, oder Sliman, wie ihn die Marokkaner nennen, die Aufhebung der christlichen Sklaven decretirt, und erleidet jetzt ein Schiff irgendwo an der marokkanischen K�ste Schiffbruch, so wird die Mannschaft nicht mehr verkauft, sondern gemeiniglich nach langen Leiden ausgeliefert. Werden unter der Zeit einige davon gemordet, werden, falls Frauenzimmer dabei sind, diese nicht respectirt, so hat das noch nie Folgen gehabt. Eigenthum wird aber auch heutigen Tages noch nie geachtet; der Schiffsladung beraubt, des pers�nlichen Eigenthums bestohlen, so werden die armen Verungl�ckten dem betreffenden Consul �berh�ndigt. Sicher verlangt der mit der Uebergabe Betraute vom christlichen Consul noch ein bedeutendes Geschenk, m�glicherweise wird auch noch eine Rechnung f�r Verpflegung eingereicht. Und die Consuln zahlen und danken. Im selben Jahr 1852, als der englische Admiral Napier marokkanische Unbilden, gegen englische Unterthanen begangen, r�chen wollte, aber nur unn�tzerweise seine Flotte angesichts der marokkanischen K�ste spazieren f�hrte, im selben Jahre wurde die preussische Brigg Flora an der Rifk�ste gepl�ndert. Vier Jahre sp�ter wurde Prinz Adalbert von Preussen, der jetzige Admiral des Deutschen Reiches, an der n�mlichen K�ste beim Wassereinnehmen verr�therisch angegriffen und verwundet. Marokko hat nie Satisfaction daf�r gegeben, gegen Preussen liess es sich durch den schwedischen General-Consul damit entschuldigen (wie mir sp�ter der marokkanische Grosswessier Si Thaib Bu Aschrin selbst best�tigte): der Sultan habe keine Gewalt �ber die Rif-Bewohner, und lehne daher jede Verantwortung f�r dergleichen Acte ab, und mit England wurden die guten Beziehungen dadurch wieder hergestellt, dass das stolze K�nigreich dem Sultan Geschenke machte. Um die Politik Englands zu verstehen, m�ssen wir bis zum Jahr 1684 zur�ckgehen, zu welcher Zeit England die Stadt Tanger, welche Karl II. von seiner portugiesischen Gemahlin Katharina zwanzig Jahre fr�her bekommen hatte, freiwillig aufgab. Dieser unkluge Streich, einen St�tzungspunkt am Eingange des Mittelmeers freiwillig zu verlassen, wurde f�r die englische Regierung dadurch neutralisirt, dass schon 20 Jahre sp�ter der kaiserliche Feldmarschall Prinz Georg von Hessen-Darmstadt Gibraltar f�r England eroberte, und Grossbritannien ist seitdem im stetigen Besitze dieser Veste geblieben. War es nun in fr�heren Zeiten England haupts�chlich darum zu thun, mittelst Gibraltars die dortige Meerenge beherrschen zu k�nnen, dort am Eingange des Mittelmeeres einen sichern Punkt f�r eine Kriegsflotte zu besitzen, so hat die Dampfschifffahrt hierin eine vollst�ndige Ver�nderung hervorgerufen. Seitdem ein Dampfschiff in einer Stunde 15, ja ausnahmsweise 20 Knoten zur�cklegen kann, beherrscht der Fels von Gibraltar die Meerenge nicht mehr. Ueberdies l�sst sich mit den weittragendsten Kanonen die ganze Passage bis zum afrikanischen Ufer nicht bestreichen. F�r England aber wird Gibraltar immer Wichtigkeit behalten wegen der N�he von Marokko und als Sammelplatz f�r eine Flotte. Aber weit wichtiger in dieser Beziehung w�rde f�r England der Besitz von Ceuta sein. Was die Lage dieses Ortes anbetrifft, so ist sie ebenso g�nstig wie die von Gibraltar, in Beziehung zu Marokko aber bedeutend g�nstiger. Und insofern ist es wohl zu verstehen, dass in j�ngster Zeit immer wieder das Ger�cht auftauchte, England beabsichtige Gibraltar gegen Ceuta auszutauschen. Das Interesse nun, welches England an Marokko bindet, liegt zum Theil darin, weil der englische Handel, die englischen Producte fast ausschliesslich den marokkanischen Markt beherrschen, dann in Eifersucht gegen fremde M�chte, vorzugsweise Spanien und Frankreich. Und diese Eifersucht entspringt haupts�chlich wieder daraus, dass England f�rchtet von eben diesen M�chten vom marokkanischen Markte verdr�ngt zu werden. Wir wollen nicht zur�ckgreifen, und daran erinnern, wie England der Staat war, der die Eingeborenen Algeriens und namentlich Abd-el-Kader thats�chlich gegen Frankreich unterst�tzte, wir wollen bei den letzten Ereignissen stehen bleiben. Als am 25. M�rz 1860 Mulei Abbes und O'Donnell Frieden schlossen, hatte bald darauf der spanische General Kos de Olano, von seinen Soldaten Abschied nehmend, vollkommen Recht zu sagen: "Wir haben einen f�r uns neuen, ja einzigen Krieg in seiner Art beendigt, in welchem, nach meinem Urtheile, wir bei jeder Action siegreich gewesen sind, aber dennoch die Campagne verloren haben." Olano hatte vollkommen Recht so zu sagen, denn gewonnen haben die Spanier in diesem Feldzuge nichts. Das Versprechen Agadir abzutreten ist nicht gehalten worden, im Gegentheil, im Jahr 1862 konnte ich mich �berzeugen, dass der Sultan Sidi Mohammed aufs eifrigste damit besch�ftigt war, diesen Ort, der fr�her nur mangelhaft befestigt war, durch neue und gut ausgef�hrte Befestigungen zu sch�tzen. Eine Mission in Fes und Mikenes einzurichten, daran haben die Spanier bis jetzt nicht denken k�nnen, trotzdem, dass auch dies beim Friedensschluss verabredet war. Tetuan musste wieder herausgegeben werden, und die Kriegskosten sind noch lange nicht bezahlt, und werden es auch, wenn es so fort geht, nach eigener spanischer Berechnung in hundert Jahren noch nicht sein. Und wer brachte diesen f�r Spanien so ung�nstigen Frieden zuwege? Wer verhinderte die Spanier von Tetuan nach Tanger zu marschiren, wer verhinderte das Bombardement von Tanger, Mogador und anderen marokkanischen Hafenpl�tzen? Nur England! Sidi el Hadj Abd es Ssalam, Grossscherif von Uesan, erz�hlte mir sogar ein Jahr sp�ter, dass englische Soldaten als Marokkaner verkleidet, an den Batterien in Tanger gestanden haben, um die Kanonen zu bedienen, falls die Spanier dennoch einen Angriff wagen w�rden. Nat�rlich kann ich nicht einstehen f�r die Wahrheit dieser Aussage, sie bekundet aber, wie innigen Antheil England derzeit an Marokko nimmt. Die ersten regelm�ssigen Beziehungen Spaniens mit Marokko fanden im Jahr 1767 und 1798 statt. Wie die �brigen christlichen Nationen verstand auch Spanien sich zu einem j�hrlichen Tribut, der sich indess nur auf etwa 1000 Thlr. belief. Freilich mussten bei einem jeden Consulatswechsel 12,000 Thlr. extra bezahlt werden. Spanien betonte �brigens in dem 1798 abgeschlossenen Vertrage, die Geschenke nur deshalb leisten zu wollen, damit die in Mikenes, Marokko, L'Araisch und Tanger bestehenden Kl�ster ohne Hinderniss ihre Religion aus�ben k�nnten. Die Kl�ster im Innern waren haupts�chlich errichtet, christliche Sklaven freizukaufen und ihnen in Krankheit Beistand zu leisten, namentlich auch sie in der christlichen Religion zu st�rken und zu erhalten. H�st in seinem 1781 erschienenen Werke erw�hnt noch dieser Kl�ster. Aber da der religi�se Fanatismus in Marokko bis jetzt immer noch wachsend gewesen ist, sah sich Spanien gen�thigt, schon Ende des vorigen Jahrhunderts die Kl�ster von Mikenes und Marokko aufzuheben; das von L'Araisch wurde 1822 geschlossen. Augenblicklich lebt der spanische Generalconsul in Tanger mit der Regierung von Marokko auf gutem Fusse, spanische Agenten theilen mit denen des Sultans s�mmtliche Hafeneink�nfte aller H�fen, damit Spanien so zu seiner Kriegskostenentsch�digung komme. Der einzige Staat, der es verschm�ht hat, je Verbindung mit Marokko anzukn�pfen oder gar Tribut zu zahlen, ist Russland, und eigenth�mlich, Russland ist in Marokko am meisten gef�rchtet, den Namen "Muscu" spricht jeder Marokkaner mit einer gemessenen ehrfurchtsvollen Scheu aus. Frankreich behauptet[108], schon 1577 Consuln in Fes gehabt zu haben, ob dem so ist, wollen wir dahin gestellt sein lassen. Die ersten diplomatischen Beziehungen waren der Vertrag vom 3. Sept. 1630, vom 17. und 24. Sept. 1631, vom 16. Jan. 1635 und vom 29. Jan. 1682[109], endlich 1693 zur Zeit Louis XIV. Letzterer trat erst 1767 in Kraft. Frankreich bezahlte keine bestimmte j�hrliche Summe, aber die j�hrlichen Geschenke giebt Hems� auf mehr als 100,000 Thlr. an. [Fu�note 108: Jules Duval, Rev. des deux mondes 1859.] [Fu�note 109: Du Mont, Corps diplomatique t. V. VI. u. VII.] Von dem ersten Tage der Eroberung Algeriens an hat Frankreich best�ndig mit Marokko auf dem qui vive gestanden. Die Schlacht von Isly, durch den jetzt regierenden Sultan Sidi Mohammed verloren, das Bombardement von Mogador und Tanger haben keineswegs dazu beigetragen, die Franzosen beliebt zu machen. 1844 als Friede und ein neuer Vertrag geschlossen wurde, konnte Abd-er-Rhaman sich nicht dazu verstehen, den franz�sischen Gesandten in Fes zu empfangen, er ging eigens zu dem Ende nach Rbat. Seit der Zeit hat Frankreich keine ernste Streitigkeiten mit Marokko gehabt, die Expedition gegen die Beni-Snassen war lokal und geschah mit Genehmigung des Sultans, andere Differenzen, z.B. manchmal Auslieferungen algerinischer Verbrecher und Revolteure, wurden immer dadurch beigelegt, dass Marokko wo es nur konnte aufs schnellste Frankreichs W�nsche erf�llte. Denn England wird in Marokko geliebt, Spanien gehasst, aber Frankreich gef�rchtet. Das ist die eigene Aussage des marokkanischen ersten Ministers. Obgleich England nicht zu den M�chten geh�rt, welche die �ltesten Tractate mit Marokko geschlossen haben, so sehen wir doch schon, dass zur Zeit der Regierung der K�nigin Elisabeth englischer Handel sich an der marokkanischen K�ste entwickelte. Am 2. Januar 1718 wurde der erste[110] und unter Georg II. und Sultan Mulei Hammed el Dahabi im Juni 1729 ein zweiter Vertrag geschlossen. Von den Sultanen Sidi Mohammed 1760, von Mulei Yasid 1790, und von Mulei Sliman 1809 wurde dieser Vertrag best�tigt[111]. Denn die Sultane von Marokko anerkennen die Acte ihrer Vorg�nger nur, wenn sie dieselben ausdr�cklich best�tigt und erneuert haben, namentlich solche mit den christlichen M�chten. Ein Hauptgrund zu einem solchen Verfahren ist, dass bei einer Vertragserneuerung die betreffenden Staaten bedeutende Geschenke an den Sultan und seine Regierung zu machen haben. In einer 1815 vom englischen Parlament ver�ffentlichten Liste ersehen wir, dass Marokko mit einer j�hrlichen Liste von 16,177 Pfd. St. von 1797 bis 1814 figurirt als Kriegsunterst�tzung[112]. Ausserdem hat die grossbritannische Legation in Marokko �ber j�hrliche 10,000 Piaster zu Geschenken zu verf�gen, und versorgt zum Theil Marokko gratis mit Munition[113] und Waffen wegen der Erlaubniss, nach Gibraltar Vieh und Getreide so viel es braucht ausf�hren zu k�nnen. [Fu�note 110: Du Mont, Corps diplom. T. VIII.] [Fu�note 111: Gr�berg di Hems�, p. 232.] [Fu�note 112: Revue des deux mondes 1844. Maroc, ses moeurs et ressources.] [Fu�note 113: S. Calderon.] Die gr�ssten Erfolge verdankt England jedoch seinem jetzigen Repr�sentanten in Marokko, Sir Drummond Hay. Um M�nner zu haben, die genau mit den Sitten und mit der Sprache des Volkes bekannt sind, hat England zu seinen Vertretern in Marokko nur solche Leute genommen, die dort im Lande geboren sind. So auch Sir Drummond, der wie kein anderer das Land kennt, und mit Hoch und Niedrig umzugehen weiss. Am 9. December 1859 schloss Sir Drummond mit Abd-er-Rhaman einen neuen Handelsvertrag, und traf Bestimmungen, von denen alle christlichen M�chte profitiren sollten. Indess beanspruchte im Vertrage von 1861, der, was das Commercielle anbetrifft, revidirt wurde, England f�r sich eine Ausnahmestellung. So heisst es z.B., Englands Consuln d�rfen residiren, in welchem Hafen oder in welcher Stadt[114] es Grossbritannien f�r gut findet, w�hrend f�r die Consuln der �brigen M�chte nur die Hafen erw�hnt sind. Andererseits ist anzuerkennen, dass England in diesem Vertrage zum erstenmal f�r alle europ�ischen Agenten das Recht erlangte, die Fahne da aufzuhissen, wo man es wollte, und nicht bloss wie fr�her im "unreinen Ghetto" der Juden. Und vor allen Dingen ist hervorzuheben, dass England den Protestanten volle Freiheit bei Aus�bung ihres Cultus zusicherte. Im Jahre 1862 war Sir Drummond selbst in Mikenes w�hrend eben der Zeit wie ich dort war, und ich konnte mich selbst �berzeugen, wie allm�chtig sein Einfluss, mithin der Englands in Marokko ist, und irre ich nicht, so hat Drummond Hay im Jahre 1867 sogar in Fes den Sultan besucht. Derjenige, der weiss, wie sehr schwierig es ist, mit den marokkanischen Monarchen in Person zu verkehren, namentlich in einer der Hauptst�dte des Landes selbst, wird ermessen k�nnen, welch grosses Zutrauen der derzeitige Sultan zum jetzigen grossbritannischen Consul hat. [Fu�note 114: Um Marokko nicht zu verletzen, w�rde �brigens England wohl nie darauf bestehen, im Innern des Landes Consuln zu halten.] Aber die englische Regierung, die weiss, dass solchen V�lkern haupts�chlich durch Glanz, Reichthum und Macht imponirt wird, hat in Tanger ein Consulatsgeb�ude herstellen lassen, das seiner Zeit mehr als 70,000 Thaler kostete, der Generalconsul und Ministerresident bezieht einen Gehalt von mindestens 50,000 Francs; ausserdem stehen dem englischen Minister zur Seite ein bezahlter Viceconsul, ein Arzt, Prediger, verschiedene Dolmetsche, Cavassen und Diener, alle gleichfalls hoch besoldet. In Mogador, Asfi, Darbeida, Dar-Djedida, Rbat, L'Araisch, Arsila und Tetuan unterh�lt England ebenfalls bezahlte Consulate, Viceconsulate und Agenturen. Im Anfang der 60er Jahre vertrat England ausserdem das K�nigreich D�nemark, Oesterreich und die deutschen Hansest�dte. Die Hanseatischen St�dte zahlten auch Tribut. 1750 musste Hamburg 50 Lafetten liefern, ausserdem 300 Centner Pulver etc.[115]. [Fu�note 115: Pacy, La piraterie musulmane, Revue africaine. 1858.] Am 18. Juni 1753 (H�st, p. 284) schloss D�nemark einen Tractat mit Marokko; da die meisten �lteren Tractate �hnlicher Art sind, heben wir daraus hervor: � 6 und 10. Jeder D�ne kann im Lande reisen und hat Sicherheit (?). Keine andere Nation ist der d�nischen bevorzugt. � 9. Kein d�nisches schiffbr�chiges Schiff darf beraubt, oder die Mannschaft davon misshandelt werden (?). Kein Maure darf den D�nen zwingen, seine Waare unter dem Werthe zu verkaufen. Kein Matrose darf mit Gewalt von einem d�nischen Schiffe genommen werden. � 12. Wenn ein d�nisches Schiff einige von seinen in einem marokkanischen Hafen bereits verzollten Waaren nach einem anderen Hafen in Marokko bringen m�chte, so soll kein Zoll aufs neue von den an Bord befindlichen Waaren erlegt werden, die anderw�rts hin bestimmt sind. Von Munition und Schiffsbaumaterialien wird kein Zoll bezahlt.--D�nemark bezahlte daf�r (Hems� p. 235) j�hrlich 25,000 Thaler, und auserdem [ausserdem] f�r die Erlaubniss, eine Handelscompagnie an der K�ste von Sla bis Asfi anzulegen, ein Annuum von 50,000 Thlrn. Im Jahre 1844 hat D�nemark erst aufgeh�rt Tribut an Marokko zu zahlen, w�hrend Schweden, welches im Jahr 1763 den ersten Vertrag mit Marokko unterzeichnete, hierf�r dem Sultan einen j�hrlichen Tribut von 20,000 Thalern gab. Vorher bestanden die Geschenke Schwedens in Naturalien: Holz, Tauwerk, Munition etc. 1771 unter Gustav III. wurde ein neuer Vertrag vereinbart, wonach Schweden j�hrlich zweimal einen Gesandten mit Geschenken zu schicken hatte, aber 1803 derselbe alte Vertrag wieder erneuert, wonach Schweden 20,000 Thaler leistete, und noch die Dem�thigung erfuhr, dass dieses Geschenk _�ffentlich_ durch den Consul �berreicht werden musste. Unter Bernadotte wurde der Tribut dann g�nzlich aufgehoben; der schwedische Generalconsul hatte die Annuit�t von 20,000 Thalern eines Jahres zum Bau eines Consulatsgeb�udes[116] benutzt, und sp�ter die Zahlung nicht weiter geleistet. Zur Zeit, als ich in Marokko anwesend war, vertrat Schweden und Norwegen zugleich Preussen. [Fu�note 116: Siehe von Maltzan: "Drei Jahre im Nordwesten von Afrika."] Oesterreich, das sich jetzt auch durch England vertreten l�sst, schloss, nachdem der Kaiser Rudolph II. im Anfange des 17. Jahrhunderts einen Gesandten an Sultan Abu Fers geschickt hatte, einen Vertrag mittelst des Engl�nders Shirley; im Jahre 1783 am 17. April, also ungef�hr 150 Jahre sp�ter (Schweighover, Staatsverfassung von Marokko und Fes), erneuerte es den Vertrag. Zu der Zeit hatte Sidi Mohammed einen Gesandten an Joseph II. geschickt, Namens Mohammed Abd-el-Malek, der mit dem Rath von Jenisch den Vertrag erneuerte und besiegelte. Im Jahre 1815 verpflichtete sich Kaiser Franz gegen Marokko f�r Venedig einen j�hrlichen Tribut von 10,000 Sequinen zu zahlen, wozu sich 1765 die Republik verpflichtet hatte. Im selben Jahre jedoch brach Oesterreich jede Verbindung mit Marokko ab, und h�rte, wohl von allen europ�ischen Staaten der erste, auf, Tribut zu zahlen. Oesterreich verwies seine Unterthanen an Spanien. Die vielen Vexationen, die Sultan Abd-er-Rhaman aber gegen Oesterreicher aus�bte, zwangen diesen Staat zu einer milit�rischen Demonstration. 1829 bombardirte der �sterreichische Admiral Bandierra einige K�stenst�dte, aber ohne grossen Erfolg. Unter D�nemarks Vermittelung kam am 12. Februar 1830 ein Vertrag mit Marokko zu Stande, von dem nur bekannnt [bekannt] ist, dass Oesterreich sich nicht zu Geschenken oder Tribut verpflichtete. Die Vertretung blieb D�nemark und sp�ter England �berlassen. Mit dem Sultan Sliman hatte im Jahr 1817 Preussen versucht ebenfalls einen Vertrag abzuschliessen, der aber nicht zu Stande kam, und seit der Zeit blieb, wie angef�hrt, die Vertretung dieses Landes Schweden �berlassen. Im Anfange dieses Jahrhunderts hatte denn auch Hamburg versucht, einen Vertrag zu Stande zu bringen, da ein Hamburger Artikel fr�her wie auch jetzt (wenigstens dem Namen nach), n�mlich weisser Kattun, "Amburgese" genannt, sehr gesucht war; auch dieser kam nicht zu Stande; Hamburg liess sich dann sp�ter durch Portugal vertreten, und zuletzt mit den �brigen Hansest�dten durch England. 1825 schloss Sardinien mit Marokko einen Vertrag und verpflichtete sich, bei jedesmaliger Erneuerung des Consulats 25,000 Frcs. in Geschenken zu erlegen. Die durch die kleinen italienischen Staaten abgeschlossenen Vertr�ge, von Sardinien (und vordem von Genua), von Toscana, vom K�nigreich beider Sicilien, wurden 1859 durch einen neu zwischen Gesammt-Italien und Marokko vereinbarten Tractat aufgehoben. Mau hat im letzten Jahre von Differenzen geh�rt, die zwischen Marokko und Italien ausgebrochen waren. Italien hat ebenfalls ein Generalconsulat in Tanger, und in den meisten Hafenpl�tzen Agenturen. Die Niederlande, die am fr�hesten mit Marokko in Rapport waren, der erste Vertrag wurde am 5. Mai 1684, dann sp�ter einer 1692 am 18. Juli (von Du Mont, t. VII.) geschlossen, zahlten j�hrlich dem Sultan 15,000 Thaler. Schon 1604 hatte Sultan Abu Fers einen Gesandten nach Holland geschickt, der dort starb. Im Jahr 1815 schickte Wilhelm, K�nig der Niederlande, eigens einen General nach Marokko, um dem Sultan zu notificiren, er sei nicht mehr tribut�r. Die Holl�nder, heute durch England vertreten, besitzen eines der sch�nsten Consulatsgeb�ude in Tanger. Portugal unterh�lt wie England, Frankreich und Spanien einen Generalconsul und Ministerresidenten. Seitdem 1769 der Sultan Mohammed Masagan den Portugiesen genommen hat, sind die Beziehungen gut gewesen. Und Portugal ist der einzige Staat, von dem man sagen kann, Marokko behandle ihn auf gleichem Fuss, denn die j�hrlichen Geschenke, welche der Sultan von Marokko an den K�nig von Portugal schickt, sind allerdings nicht so werthvoll, wie die, welche er empf�ngt, deuten aber doch die Achtung vor der portugiesischen Macht an. Selbst die Vereinigten Staaten von Nordamerika konnten dem Tribute nicht entgehen, den fast alle christlichen Staaten die Feigheit begingen, Marokko j�hrlich zu entrichten. 1795 wurde mit Mulei Sliman ein Vertrag auf 50 Jahre geschlossen, also bis 1845; in diesem verpflichteten sich die Amerikaner zwar nicht zu einer bestimmten j�hrlichen Summe, indess die Zwangsgeschenke betrugen alle Jahre ungef�hr 15,000 Thaler. 1845 wurde eine neue, diesmal f�r Amerika g�nstigere Uebereinkunft getroffen. Amerika hat in Tanger ein Generalconsulat. Brasilien und einige kleinere amerikanische Staaten haben ebenfalls in Tanger und den �brigen marokkanischen Hafenorten Vertretung. Heute ist die Stellung der europ�ischen Consuln in Marokko eine ganz verschiedene, aber dennoch ist die Macht derselben weit entfernt von der, welche die christlichen Consuln in der T�rkei haben. F�r das Innere gelten auch heute alle Vertr�ge und Bestimmungen nicht, sobald sie Europ�er betreffen; das Ansehen eines europ�ischen Consuls ist im Innern gleich Null. Tribut zahlt heute kein einziges Consulat mehr, aber die mehr als k�niglichen Geschenke, die vor und nach namentlich England und Spanien an Marokko geleistet haben, habe ich selbst bewundern k�nnen; und so erfordert es ausserordentliche Klugheit und Gewandtheit f�r einen Consul mit den Marokkanern zu verkehren. Wenn F�lle wie ehedem auch wohl nicht mehr vorkommen, wo europ�ische Consuln willk�rlich auf ein Schiff gepackt und fortgeschickt wurden[117], falls sie den Marokkanern nicht gefallen, so verweigerte doch 1842 der Sultan dem franz�sischen Consul Pelissier in Mogador das Exequatur, bloss weil es Sr. marrokkanischen Majest�t so gefiel. Leon Roche musste von Tanger abberufen werden, weil er zu genau die marokkanischen Interessen und Zust�nde kannte, und England und Marokko dies nicht dulden wollten. Nach 1844 ist zwar Frankreich ganz anders aufgetreten. [Fu�note 117: Die marokkanische Regierung kann dies heute schon deshalb nicht mehr, weil sie kein einziges Schiff zur Disposition hat.] Was Marokko selbst anbetrifft, so hat es nie daran gedacht sich im Auslande vertreten zu lassen, oder aus eigenem Antriebe diplomatische und commercielle Verbindungen mit fremden M�chten anzukn�pfen. Die verschiedenen Gesandtschaften, welche die Regenten Marokko's nach Europa schickten, hatten alle nur den Zweck Geschenke fl�ssig zu machen und Gelder zu erpressen. Eine m�chten wir ausnehmen: die von Mulei Abbes, Bruder des jetzigen Sultans, nach Spanien im Jahre 1860/61. Sie hatte nat�rlich nicht im Auge Gelder oder Geschenke zu bekommen, es handelte sich darum eine Erm�ssigung der Entsch�digungsgelder f�r Marokko zu erlangen, und auch diese wurde nicht aus freiem Antriebe entsandt. Spanien hatte ausdr�cklich erkl�rt �ber diesen Gegenstand nur mit dem Bruder des Sultans im eigenen Lande verhandeln zu wollen. Und Marokko erlitt die Dem�thigung, dass, nachdem man Mulei Abbes durch Spanien spazieren gef�hrt hatte, kein Deut von den Kosten erlassen wurde. An Consuln besitzt Marokko nur einen[118]. Es ist dies der Hadj Said Guesno, der in Gibraltar gewissermassen das ganze Consulatswesen seines Monarchen gegen�ber den Christen repr�sentirt. Was f�r eine Art dieser Consul ist, davon kann sich der Leser am besten einen Begriff machen aus dem Briefe eines Freundes in Gibraltar, datirt vom 18. Mai 1871: "Mein marokkanischer College, ein Ex-Slave, jetzt Pantoffelnfabrikant und schwarz wie ein Teufel, w�rde sehr staunen, wenn ich fragen w�rde, ob er mir einige Aufkl�rungen geben k�nnte �ber diesen oder jenen Stamm, ob er arabischen oder berberischen Ursprungs sei--er w�rde mich gar nicht verstehen, erstens weil er �ber solche Dinge wohl nie nachgedacht hat, und zweitens weil sich sein ganzes Sinnen und Trachten auf seine gelben Pantoffeln concentrirt[119]." [Fu�note 118: Der ehemals in Genua residirende marokkanische Consul existirt dort seit Jahren nicht mehr.] [Fu�note 119: Ich hatte diesen Freund gebeten, mir vom marokkanischen Consul einige Noten �ber marokkanische St�mme zu erbitten.] Dies ist der einzige w�rdige Repr�sentant seiner unfehlbaren marokkanischen Majest�t im Auslande. Es tritt nun noch die Frage auf, w�re es w�nschenswerth f�r das _deutsche Reich_ eine Vertretung in Marokko zu haben? Wir m�ssen dies auf alle F�lle bejahen. Unsere politischen Interessen sind in Marokko so ziemlich identisch mit denen Englands, das ausserdem seine wichtigen commerciellen Angelegenheiten zu wahren hat. Wir stimmen insofern mit den Ansichten Englands vollkommen �berein, dass Frankreich seine Herrschaft nicht auf Marokko ausdehne. Allein schon die N�he der franz�sischen Colonie macht es f�r uns nothwendig in Marokko Vertreter zu haben. Da nat�rlich eine Consulatseinsetzung in Marokko nicht so ohne weiteres vor sich gehen kann, so m�ssten vor allen Dingen erst Unterhandlungen angekn�pft werden, entweder vermittelst eines schon in Marokko bestehenden und anerkannten Consulats oder direct mit der Regierung des Sultans. W�hlt man das erstere, so w�rde jedenfalls das grossbritannische Generalconsulat am geeignetsten sein, es ist die Pers�nlichkeit Sir Drummond Hay's, des englischen Ministers, die in Marokko beliebteste und geachtetste. W�hlt man den Weg einer directen Verst�ndigung, so w�rde jedenfalls das Beste sein den Zeitpunkt abzuwarten, wo der Sultan, der ganze Hof und die Regierung sich in Rbat befinden, dort den Abgesandten des deutschen Reiches durch einige Kriegsschiffe hinbegleiten zu lassen, damit dadurch zugleich Marokko eine _sichtbare_ Vorstellung von der Macht unseres Landes bek�me. Nat�rlich m�sste mit der Ankn�pfung diplomatischer Beziehungen ein Geschenk verbunden sein, aber einige 1000 Chassepots, dem Sultan gegeben, w�rde ein ebenso angenehmes Geschenk f�r ihn wie ein f�r uns erpriessliches [erspriessliches] sein. * * * * * 12. Aufenthalt beim Gro�scherif von Uesan. * * * * * Ein volles Jahr verlebte ich nun in Uesan unter, im Ganzen genommen, angenehmen Verh�ltnissen. Und die Zeit verbrachte ich haupts�chlich damit, recht viel unter die Leute zu gehen, um mich mit ihren Eigenth�mlichkeiten vertraut zu machen. Dabei fehlte es keineswegs an Unterhaltung, Gatell hatte mir einen Theil seiner B�cher geliehen, so dass, wenn ich allein war, ich durch Lect�re meinen Geist auffrischen konnte. Ueberdies wurde der Aufenthalt in Uesan durch verschiedene kleinere Touren unterbrochen, die ich theils allein, theils in Gesellschaft des Grossscherifs machte. So unternahm ich von hier einen Abstecher nach L'xor, um einige Medicamente zu kaufen, die in Uesan, wo man nur mit Amuletten heilt, nicht zu haben waren. Merkw�rdigerweise schien, was seine Person und seine Familie anbetraf, Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam nicht sehr an die Wunderkraft seiner Unfehlbarkeit zu glauben, da ich mehrere Male sowohl ihm selbst als auch seinen beiden kleinen S�hnen Medicin verabfolgen musste. Der Grossscherif hatte so viel Zutrauen zu mir, dass er nicht das vorherige Kosten der Medicamente verlangte. Es fiel in sp�ter Herbstzeit ein Besuch, den der Grossscherif dem Sultan in Arbat machte, wohin er von Mikenes �bergesiedelt war, und auf welcher Reise ich ihn begleitete. Und gerade auf Reisen wird das Ansehen und der Einfluss des Grossscherifs am anschaulichsten. Man hat keine Idee davon, wie weit in Marokko der Menschencultus getrieben wird. Sidi-el-Hady Abd-es-Ssalam reist entweder zu Pferde oder in einer Tragbahre, die fast wie eine verschlossene vergitterte Kiste aussieht, und die so niedrig ist, dass man nur darin liegen kann. Zwei Maulthiere, von denen eines vorne, das andere hinten geht, tragen die Bahre. Es w�rde vergeblich sein, die Zahl der sich herandr�ngenden Leute sch�tzen zu wollen, das ganze Land scheint herbeizustr�men, aus weitester Ferne kommen ganze St�mme an den Weg, den der Grossscherif durchzieht. Man sucht ihn selbst zu ber�hren, oder die Tragbahre, das Pferd oder irgend einen anderen dem Grossscherif geh�renden Gegenstand. Man glaubt aus einer solchen Ber�hrung den g�ttlichen Segen ziehen zu k�nnen. Oft gen�gen die bewaffneten Diener nicht, mit der flachen Klinge den andringenden Haufen fern zu halten, und es m�ssen dann f�rmliche Angriffe gemacht werden, die Leute auseinander zu treiben. Die Gouverneure der Provinzen, die durchzogen werden, nahen sich immer schon von weitem ehrerbietig, und nat�rlich nie mit leeren H�nden, sie betrachten es als eine besondere Gunst, wenn Sidi bei ihnen absteigt, um ein Mahl einzunehmen, oder wenn er gar in der N�he ihrer Residenz seine Zelte aufschl�gt. Der Grossscherif reist immer nur in kleinen Etappen, und mit einem zahlreichen Gefolge, welches nie aus geringerer Zahl als hundert Personen zusammengesetzt ist. Alle einflussreichen Sch�rfa, die n�chsten Verwandten, seine Tholba (Schriftgelehrten) m�ssen mit. Alle haben, ausser dass jeder beritten ist, Maulthiere f�r ihr Gep�ck und ihre Zelte, welche vom Grossscherif gestellt werden. Dieser Lagertrain marschirt immer voraus, so dass man, wenn man ankommt, das Lager schon aufgeschlagen findet. Der Grossscherif selbst hat f�r seine Person drei grosse Zelte, eins, in dem er die Nacht zubringt, eins zum Empfang bestimmt, und eins, worin er nur seine n�chsten Freunde empf�ngt. Sobald er installirt ist, d.h. auf den weichen Teppichen, welche die Beni-Snassen[120] verfertigen, und von denen ein einziger 4 Centner (eine Kameelladung) wiegt, Platz genommen hat, kommen aus Nah und Fern die Bittenden. Hier bringt einer ein Schaf, und verlangt, dass seiner Frau ein Sohn geboren werden soll, dort bringt einer Korn, und fleht um Segen f�r seinen Acker, da fragt einer ob er sein Pferd verkaufen soll, ob er Gl�ck dabei habe, das und das Haus zu kaufen; hier will ein Blinder sehend gemacht werden. Der Grossscherif hilft Allen, und je mehr die Bittsteller Geld und Gaben bringen, desto wirksamer ist der Segen. [Fu�note 120: Berbervolk an der Oranischen Grenze.] Manchmal kommen die komischesten Scenen dabei vor. So einstmals als ich mit dem Grossscherif im festverschlossenen Zelte sass, die Diener und Sklaven aber strengen Befehl hatten, Niemand ans Zelt herankommen zu lassen, sie jedoch dem andr�ngenden Publikum nicht gewachsen sein mochten, rissen pl�tzlich die Gurten, das Zelt wurde gewaltsam ge�ffnet, und herein w�lzte sich der Haufen: alte schmutzige Weiber, starkriechende Kinder, M�nner und Greise, alle fielen �ber mich her und bedeckten mich mit ihren fanatischen K�ssen. Im Halbdunkel hatten sie mich als auf dem Teppich sitzend (der Grossscherif sass in dem Augenblick auf einem Stuhl) f�r den Abk�mmling Mohammed's genommen. Und w�hrend ich unter Geschrei und Streiten ihnen klar zu machen suchte, ich sei nicht der Grossscherif, sass dieser auf seinem Stuhle, lachte aus vollem Herzen und rief: "Mustafa hennin", d.h. Wohlbekomm's. Ich musste nachher eine Extrareinigung mit mir und meinem Anz�ge vornehmen, um die greulichen und f�hlbaren Andenken dieser heiligen Umarmungen loszuwerden. In Arbat blieben wir nur wenige Tage, nahmen indem wir auf dem Hinwege den Weg durch das Gebiet der Beni-Hassen genommen hatten, den R�ckweg l�ngs des Meeres bis zur M�ndung des Ssebu. Von hier gingen wir stromaufw�rts bis fast zu dem Punkte, wo der Ordom-Fluss den Ssebu vergr�ssert, und von da aus direct nordw�rts nach der Karia ben Auda. Die Karia ben Auda, eine Art befestigter H�userhaufen, liegt an den westlichsten Vorbergen der s�dlich von Uesan streichenden Berge, die Karia selbst jedoch in vollkommener Ebene. Sie ist Residenz des Bascha's vom Rharb-el-fukani oder dem oberen Westen, wie diese Statthalterschaft heisst, dicht um die Karia liegen noch die von hohen Cactushecken umgebenen D�rfer. Die H�user sind wie im ganzen Rharb von Steinen und Lehm gebaut und mit Strohd�chern gedeckt, so dass man von Weitem ein deutsches Dorf zu sehen glaubt. Der vorz�gliche Reichthum des Landes besteht in Viehheerden, hier wie in Beni-Hassen vorzugsweise in grossen Rinderheerden; Schafe und Ziegen hingegen werden in diesen Provinzen verh�ltnissm�ssig in geringerer Zahl gez�chtet. Die marokkanischen Rinder halten aber keineswegs einen Vergleich auch nur mit den schlechtesten in Europa aus. Klein von Statur giebt eine marokkanische Kuh kaum mehr Milch als eine gute europ�ische Ziege. Der Grund davon ist die Sorglosigkeit, mit der �berhaupt die Viehzucht in Marokko betrieben wird, und dann auch die mangelhafte Nahrung im Winter. Es fallt keinem Marokkaner ein, daran zu denken Vorrath von Heu zu machen, wie denn �berhaupt Wiesen zum Heumachen nirgends existiren. Nat�rlich giebt es hier und da l�ngs der Fl�sse, dann auch in den feuchten Niederungen namentlich der Kharbprovinzen und Beni-Hassen ausgezeichnete Wiesen und Wiesengr�nde, aber das Gras wird nur gr�n benutzt, und ist, ohne dass Jemand daran denkt es zu m�hen oder zu schneiden, Mitte Juli verbrannt von der Alles austrocknenden Sonne. Im Winter sind daher Rinder und auch Schafe und Ziegen auf die vertrockneten, kraftlosen Kr�uter angewiesen, welche sie draussen finden. F�r die Pferde dient im Winter Stroh von Gerste oder Weizen. Wir waren kaum Angesichts der Karia, als der Kaid Abd-el-Kerim, von seinen Br�dern begleitet, auf uns zugesprengt kam, und uns zu einem Fr�hst�ck einlud. Das konnte nicht ausgeschlagen werden, und so zog der ganze Tross nach seiner Wohnung, wo wir ein reichliches Mahl schon vorbereitet fanden. Und der Kaid, der den Titel Bascha hat, bat Sidi so inst�ndig einen Tag zu bleiben, dass Befehl gegeben wurde, Zelte zu schlagen. Es waren dies f�rmliche Essschlachttage, denn je h�her man in Marokko einen Gast ehren will, desto mehr Speisen setzt man ihm vor. Abends kam der Kaid ins Zelt des Grossscherifs, wo er nun gleichfalls mit vielen Sch�sseln bewirthet wurde, aber kaum war er fort, als er eine noch gr�ssere Anzahl Gerichte zur�ck schickte, und am anderen Morgen, als wir eben unser reichliches Fr�hst�ck genossen hatten, kam auch schon der Kaid, um uns zu einem, zweiten Mahle abzuholen, ausschlagen durfte man nicht, kurz w�hrend der Zeit unseres dortigen Aufenthaltes hatte der Magen kaum eine Stunde Ruhe. Als wir uns verabschiedeten, legte der Kaid dem Grossscherif noch einen Beutel mit 5000 Frcs. zu F�ssen, wof�r er nat�rlich einen recht langen Segen erhielt. So langweilig, was Natur anbetrifft, die Gegend in den Rharb- und Beni-Hassen-Districten ist, wo Ebenen von Zwergpalmen, Lentisken und Lotusb�schen bestanden mit Kornfeldern und Wiesen wechseln und allerdings das Bild des fruchtbarsten Bodens zeigen, aber auf die Dauer einf�rmig erscheinen, so sehr �ndert sich dies, wenn man das Gebirge erreicht. Gewiss giebt es keine romantischere Umgegend, als die der heiligen Stadt Uesan. Die dicht bewachsenen Berge der n�chsten Umgebung, im Hintergr�nde die zackigen Felsen der Rifberge, die strotzende Fruchtbarkeit des Bodens, der dem Auge �berall das saftigste Gr�n der verschiedenen B�ume und Stauden bietet, wie sie �berhaupt die L�nder um das Mittelmeer in so grosser Mannichfaltigkeit hervorbringen, alles dies verursacht, dass die Zeit und wenn auch der Weg beschwerlich und erm�dend ist, rasch verl�uft. Gegen Mittag wurde im Westen der Stadt Halt gemacht, da der Einzug am anderen Tage stattfinden sollte. Aber Abends hatten wir schon viel Besuch von Uesan, unter anderen kamen auch die kleinen S�hne des Grossscherifs, von denen der eine 9, der andere 7 Jahre haben mochte, mit ihrem Lehrer herangeritten, so dass der Abend recht munter und vergn�gt verbracht wurde. Vor Sonnenaufgang am folgenden Tage weckten mich schon die Flintensch�sse und die schrecklichen Kl�nge der unvermeidlichen Musik, es war dies nur die Einleitung zur statthabenden Feierlichkeit. Nachdem wir in aller Eile den Kaffee (ich genoss immer die Auszeichnung zum Kaffee in des Grossscherifs Zelt gerufen zu werden, sowie ich dort auch mit essen musste) getrunken und gefr�hst�ckt, stiegen wir zu Pferde und unter knatterndem Feuer, dem L�rm der Musikanten, dem Lululu der Weiber setzte sich der Zug in Bewegung. Aber obschon wir nur eine Stunde von der Stadt entfernt waren, erreichten wir dieselbe erst gegen Mittag. Alle Augenblick kam eine neue Musikbande mit ihren abscheulichen Instrumenten und es wurde Halt gemacht, oder es kamen mit Flinten bewaffnete Abtheilungen, und gaben eine Salve dicht vor den F�ssen des Grossscherifs, man bildete Kreise und dann, wie die Teufel herumspringend, schossen sie ihre Flinten in den Boden und warfen sie darauf hoch in die L�tt, um sie hernach geschickt wieder aufzufangen. Reiter organisirten sich, und im gestreckten Galopp auf uns losjagend, schossen sie dicht vor uns die Flinten ab und schwenkten dann mit ihren Pferden zu beiden Seiten auseinander. Ich war froh, als wir endlich die Stadt erreichten, aber hier war uns das Entsetzlichste noch vorbehalten, gewissermassen der Triumphbogen, durch den der Grossscherif den Einzug in seine getreue und heilige Stadt Uesan halten sollte. Es nahten sich ungef�hr zwanzig der Secte der Aissauin. Unter zitternden convulsivischen Bewegungen, unter einf�rmigen T�nen: "Allah, Allah" tanzten sie heran; jeder hatte eine Lanze, einige waren ganz nackt, andere hatten nur die unentbehrlichsten Lumpen um. Die Lanze trugen sie in der einen Hand, in der anderen einen Rosenkranz. Die Verwundungen, welche sie sich selbst beigebracht hatten, verursachten, dass der ganze K�rper mit Blut bedeckt war, einige schlugen sich auf die Nase, dass das Blut in Str�men herausschoss, andere schlitzten sich die Lippen zu Ehren Sidi's, andere zerkrazten sich die Brust und Gesicht, Gott zu Ehren und um dem Grossscherif, dem Abk�mmling des "Liebling Gottes", ihre Hingebung zu bezeugen. Dabei steigerte sich ihr Allah, Allah zu einem wahren Geheul, einigen traten die Augen aus dem Kopfe, sie schienen wahnsinnig zu werden, andere sch�umten, die von Gott am meisten Inspirirten wollten sich vor die F�sse des Pferdes des Grossscherifs werfen, um �berritten zu werden, nur ein schneller Spornstich dr�ckte rasch das Pferd in die Menge, welche dicht zu beiden Seiten war. Ich sah, wie es auch dem Grossscherif schauderte, und er war wohl eben so froh als ich, als die eigentliche Sauya, das Allerheiligste von Uesan, erreicht war. Auch der Winter wurde nicht unangenehm verbracht; ob schon die Spitzen der Rif-Berge alle mit dickem Schnee �berzogen, merkte man in Uesan nicht viel von der K�lte. Eine Einrichtung zum Heizen hat nat�rlich Niemand, bei grosser K�lte, d.h. wenn das Thermometer Morgens auf +6 oder +4� R. herabsinkt, oder gar wohl einmal unter Null ist (es soll vorkommen, ich habe es indess nicht erlebt), l�sst man sich ein Becken mit gl�henden Kohlen ins Zimmer bringen. Und diesmal war der Winter so milde, dass die Gesellschaft, welche der Grossscherif t�glich bei sich empfing, in einer Art von Veranda seines Hauses empfangen wurde, keineswegs aber in einem geschlossenen Zimmer. Bald darauf, im Januar 1862, trat ein anderes Ereigniss ein, welches abermals eine Reise des Grossscherifs nothwendig machte, und weil es charakteristisch f�r die politisch-socialen Zust�nde des Landes ist, verdient, hier erz�hlt zu werden. Es hatte sich eine Art von Gegen-Sultan gebildet. Man erfuhr zuerst in Uesan ger�chtweise von einem Marabut oder Heiligen, der in der N�he der Stadt sich aufhielt, und vorgab alle Kranke gesund machen zu k�nnen; er predigte zugleich den heiligen Krieg gegen die Ungl�ubigen (der Krieg gegen Spanien hatte den alten Fanatismus der Gl�ubigen gegen die Christen recht wieder ins Leben gerufen) und proclamirte die Stunde des Sultans habe geschlagen, es w�rde ein neuer kommen, der bestimmt sei die gesunkene Macht der Gl�ubigen wieder aufzulichten, und der mit erneuerter Kraft und Herrlichkeit den Islam der ganzen Welt auferlegen werde. Es str�mte ihm nat�rlich viel Volks zu, da der spanisch-marokkanische Krieg R�uber und Strolche genug herangebildet hatte, und �berdies, je unwahrscheinlicher eine Prophezeiung ist, sie um so leichter bei den Marokkanern gl�ubige Anh�nger findet, namentlich wenn den Leidenschaften und religi�sen Eitelkeiten des Volkes geschmeichelt wird. Der Grossscherif verhielt sich �usserst ruhig bei diesem Treiben, da seiner Macht und seinem Einfluss kein Abbruch geschehen konnte, weil der Weltverbesserer kein Scherif seiner Herkunft war, nicht einmal ein Thaleb, d.h. ein der Schrift kundiger Mann. Nach einigen Wochen, w�hrend der Zeit Sidi Djellul (er hatte sich den Scheriftitel angemasst) einen Haufen von einigen Tausenden von Taugenichtsen um sich versammelt hatte, beging er indess die Frechheit, dem Grossscherif einen Brief zu schreiben, d.h. schreiben zu lassen, ihm zu sagen, er (Sidi Djellul) sei der Mann der Stunde (mul' el uogt, d.h. der erwartete Messias), der Grossscherif habe sich Angesichts dieses Briefes zu ihm zu begeben, und in Gemeinschaft wollten sie sodann gegen den Sultan und die grossen St�dte ziehen. Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam w�rdigte ihn nat�rlich keiner Antwort; sandte aber sofort an den Sultan einen Courier, um ihn auf die Gefahr dieses Abenteurers aufmerksam zu machen. Mittlerweile wuchs der Anhang Sidi Djellul's in grossen Proportionen. Seine Genossen lebten von Raub und Pl�ndern, und gr�ssere Raubz�ge stellte er in Aussicht: "Die grossen St�dte, wie Fes, Mikenes, m�ssten ganz verschwinden, die Bewohner h�tten ihr Geld durch Handel mit den Christen gewonnen, daher sei es ein gutes Werk sich dieser in den St�dten angeh�uften Sch�tze zu bem�chtigen."--Merkw�rdigerweise r�hrte sich nach mehreren Wochen die Regierung noch immer nicht, denn es h�lt ungemein schwer, den Sultan zu irgend einem entscheidenden Schritt zu bringen. Im Anfange Februar desselben Jahres wagte er sich schon an befestigte Punkte; mit seinem ganzen Anhang, von denen einige mit Flinten, die meisten aber nur mit Kn�tteln und Lanzen bewaffnet waren, zog er gegen die Karia-ben-Auda, und nach einer dreit�gigen st�rmischen Belagerung bem�chtigte er sich derselben mit Gewalt, und enthauptete denselben Bascha Abd-el-Kerim, der vor Kurzem dem Grossscherif eine so grossartige Gastfreundschaft erwiesen hatte. Die 16 oder 20 Mann Maghaseni, eine ebenso grosse Anzahl Diener des Bascha's wurden ebenfalls ermordet, die Bewohner der um die Karia gelegenen D�rfer entflohen zum Theil nach Uesan, zum Theil gingen sie zu Sidi Djellul �ber. Der Bascha wurde �brigens vom Volke kaum betrauert, seine Habsucht und Grausamkeit hatten ihn zum Feinde aller deren gemacht, denen er als Gouverneur vorstand. Was Sidi Djellul anbetrifft, so stieg nach der Einnahme der Karia sein Einfluss von Tage zu Tage, und obschon er durch den Bascha, der sich in der Karia hinter hohen Mauern gut vertheidigt hatte[121], einigen Verlust erlitten hatte, so behauptete das leichtgl�ubige Volk, alle die mit Sidi Djellul z�gen seien kugelfest, und namentlich er selbst unverwundbar. W�hrend 14 Tagen schwelgten die R�uber sodann auf der Karia, ihr Chef erliess Proclamationen, worin er verk�ndete mit allen Baschas so verfahren zu wollen, und namentlich auch mit dem Sultan. [Fu�note 121: Er musste sogar Revolver und Lefaucheux'sche Flinten gehabt haben, da der Grossscherif sp�ter von Leuten mehrere derartige Waffen geschenkt bekam, und die als in der Karia gefunden bezeichnet wurden.] Endlich r�hrte sich der Sultan; sein Bruder Mulei Arschid hatte Befehl bekommen mit 1000 Mann Soldaten, ebenso vielen Reitern und 4 Kanonen �ber Media, an der M�ndung des Ssebu gelegen, nach der Karia zu marschiren, und Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam war gebeten worden zum Heere zu stossen, um durch seine Anwesenheit der Sache des Sultans in den Augen des Volkes gr�sseres moralisches Gewicht zu geben. Der Grossscherif leistete der Bitte des Sultans Folge und mit grossem und kriegerischem Trosse wurde auf die Karia-el-Abessi marschirt, die wir in zwei Tagem�rschen erreichten, am selben Tage, an welchem von der anderen Seite der Bruder des Sultans, Mulei Arschid anlangte. Der Eindruck, den das Erscheinen des Grossscherifs hervorbrachte, war ein ausserordentlicher. Die ganze Rharbprovinz war im offenen Aufruhr gewesen, Mulei Arschid hatte sich von Media nur mit Gewalt einen Weg bis zur Karia-el-Abessi bahnen k�nnen. Wir selbst aber waren dort ohne auf irgend feindselige Leute zu stossen angekommen, und die Leute, welche zur�ckgeblieben waren, sagten aus: Sidi Djellul habe sich mit seinem Anhang durch die Berge nach Sidi Kassem, einem s�dlich gelegenen Orte, gefl�chtet. Mit Ausnahme derer, die keine Heimath hatten und fest zu Sidi Djellul standen, war damit der eigentliche Aufstand ged�mpft; d.h. die beiden Rharbprovinzen waren durch die Anwesenheit des Grossscherifs bei der Armee Mulei Archid's vollkommen beruhigt und hatten sich ohne weitere Zwangsmassregeln unterworfen. Merkw�rdigerweise wurde nun aber Sidi Djellul nicht durch einen raschen Marsch auf Sidi Kassem beunruhigt und er selbst mit seinen Anh�ngern vernichtet oder gefangen gebracht. Wir lagerten bis Mitte M�rz ruhig bei der Karia-el-Abessi. Aber der Anhang Sidi Djellul's verlor sich nun immer mehr, freilich hatte er auch den Ort Sidi Kassem noch �berrumpeln und pl�ndern k�nnen, die Beh�rde war mit den meisten Bewohnern schon vorher geflohen, es war dies aber sein letztes Heldenst�ck. Von fast Allen verlassen, versuchte er es das Grabmal von Mulei Edris el Akbar in Serone zu erreichen, wo er eine sichere Zufluchtsst�tte gefunden haben w�rde. Aber gleich beim Eintritt in die Stadt, wurde er erkannt und von den Sch�rfa gefangen genommen. Diese, ohne weitere Umst�nde, enthaupteten ihn, schnitten dem Rumpfe H�nde und F�sse ab, und diese Troph�en wurden dem Sultan geschickt. Sidi Mohammed, der Sultan, befahl den Rumpf ans Stadtthor von Serone zu nageln, der Kopf wurde zur Ausstellung nach Maraksch geschickt, und die �brigen Extremit�ten den anderen St�dten zur Ausstellung �berlassen. Die Sch�rfa aber, die eigenm�chtig get�dtet hatten, bekamen vom Sultan ein Geschenk von 3000 Mitcal (c. 5000 frcs.), ein f�r Marokko sehr ansehnliches Geldgeschenk. Von seinen Parteig�ngern wurden viele gefangen genommen, einfach enthauptet, einige aber auch, die etwas Verm�gen hatten, eingekerkert, um erst ihrer Habe beraubt zu werden. So endete der Versuch eines Marokkaners den Thron des Sultans umzust�rzen und eine andere Regierung einzusetzen. Nicht immer aber sind solche Revolten ohne Frucht geblieben, namentlich wenn der Emp�rer ein Scherif war, und am Hofe selbst schon Ansehen hatte, endete oft genug eine aus ebenso kleinen Anf�ngen entsprungene Revolution damit, dass der regierende Sultan das Feld r�umen musste, oft sogar das Leben verlor. Uebrigens war damit das Land keineswegs ganz beruhigt, die Hiaina, die Beni-Hassen, die Rifprovinzen waren in G�hrung, man wusste nicht ob die Rifbewohner das Gebiet um Melilla abtreten wollten; der zu dem Ende vom Sultan an die Gebirgsst�mme entsandte Scherif von Uesan, Sidi Mohammed ben Akdjebar, kehrte unverrichteter Sache zur�ck. Endlich verliessen wir mit der Armee die Karia-el-Abessi, und in �stlicher Richtung marschirend, zogen wir �ber den Ued-Teine und den Ued-Ardat, und campirten an einem Orte Had genannt. Hier blieben wir wiederum einige Tage liegen, und marschirten dann l�ngs des Ardatstroms aufw�rts, um bei einem Orte Arba zu campiren. Das Wort Arba bedeutet Mittwoch, und an dem Orte wird Mittwochs Markt abgehalten. In ganz Marokko st�sst man �berall auf Oertlichkeiten, die manchmal ohne alle Bewohner, die Bezeichnung Had Sonntag, Tnein Montag, Tleta Dienstag, Arba Mittwoch, Chamis Donnerstag, Djemma Freitag und Sebt Samstag f�hren. Solche Oertlichkeiten dienen als Marktpl�tze, und es giebt ihrer Hunderte im ganzen marokkanischen Reich. Das Land war in dieser Gegend durchaus gewellt, �berall gut angebaut, und das Erdreich, schwarzer Humus, sehr fruchtbar. Wie man an den Ufern der Fl�sse sehen konnte, hat die Humusschicht meistens eine Dicke von 5-6 Meter. Von hier aus zogen wir nach einigen Tagen nach dem Ued-Uarga und lagerten s�dlich, Angesichts der Bergkette der Uled-Aissa. Das Lager war hier in reizender Gegend aufgeschlagen, die sch�nen Ufer des Flusses, von 20 Fuss hohen Oleanderstauden und Tamarisken dicht bestanden, die Gebirge mit zahlreichen D�rfern, die aus ihren Oliven- und Feigeng�rten herauslugten, im S�dosten der eigenth�mlich geformte Berg Mulei Busta, geben der ganzen Landschaft eine grosse Abwechselung. Aber der Ramadhan war angebrochen, und da wir im Lager waren, musste ich nat�rlich aufs strengste die vorgeschriebenen Fasten mitmachen, was bei der grossen Hitze, wir waren jetzt Ende April, keineswegs angenehm war. Endlich kam ein Danksagebrief vom Sultan an den Grossscherif, wir verabschiedeten uns von Mulei Arschid und erreichten, rasch heimw�rts ziehend, in anderthalb Tagen Uesan. Mulei Arschid aber vereinigte sich mit dem Sultan, der von Arbat aus mit der ganzen �brigen Armee gegen die Beni-Hassen ins Feld ger�ckt war. Da wir ganz unerwartet in Uesan eintrafen, so war nat�rlich auch kein Empfang. Nachdem der Ramadhan vor�ber, das Aid-el-Sserir mit grossem Gepr�nge gefeiert worden war, und ich mich von den Anstrengungen des mehrere Monate dauernden Feldzuges erholt hatte, brach ich von Uesan auf, um Tetuan zu besuchen. Reichlich mit Medicamenten versehen und unter dem Titel "ssahab Sidi", d.h. Freund, Diener oder Anh�nger des Grossscherifs, wollte ich es wagen, allein die Gegenden zu durchstreifen, es sollte dies gewissermassen als Versuch und Vorbereitung zu meiner Abreise dienen. Ein Spanier, schon seit 15 Jahren in Uesan ans�ssig und dort verheirathet, begleitete mich[122]. [Fu�note 122: Einige Monate sp�ter wurde er, als er allein von Uesan ins Gebirge reiste, ermordet.] Von Uesan aufbrechend, ich hatte ein eigenes Maulthier und einen vom Grossscherif geliehenen starken Esel, ging es �ber Tscheralia nach L'xor, und nach einem mehrt�gigen Aufenthalt auf dem Westabhange der Rif-Berge, welche man von L'xor aus in einigen Stunden erreicht, nordw�rts. Vom Orte Arba el Aiascha gingen wir nach Had bei Arseila, wo ich mein Maulthier verkaufen wollte, da es sich, als nicht besonders stark, schlecht bew�hrt hatte. Aber wegen zu schlechten Wetters, welches uns zwang, einen ganzen Tag in einem Duar zuzubringen, war der Markttag des Had verpasst worden, und dicht bei dem Sanctuarium Mulei Abd-es-Ssalam ben Mschisch, einer ber�hmten Sauya und sehr besuchtem Wallfahrtsorte vorbeikommend, zogen wir dann durchs Gebirge Tetuan entgegen. Bis jetzt waren wir �berall gut aufgenommen worden, aber je n�her wir Tetuan kamen, desto misstrauischer zeigten sich die Bergbewohner, und eines Abends wollten Tholba eines Dorfes, wo wir zu �bernachten beschlossen hatten, uns nur gegen Erlegung von einigen Metkal Quartier geben, "dann w�rden wir �berdies ihres Segens theilhaftig werden." Auf meine Erwiederung, der Segen des Grossscherifs von Uesan, dessen Freund ich sei, gen�ge mir, zogen sie sich drohend zur�ck, indessen schienen sie sp�ter ihre Gesinnungen ge�ndert zu haben, denn sie brachten ein reichliches Nachtessen. Auf dem Wege von Tanger nach Tetuan angekommen, brachten wir dann eine Nacht in dem Caravanserai zu, bekannt geworden durch den letzten Krieg der Spanier. Hier erblickte ich in den Gebirgsschluchten zum ersten Male die deutsche Eiche wild wachsend, welche mir sonst nirgends mehr in Marokko aufgestossen ist. Sonst hat man in Marokko in den Ebenen vorzugsweise die Korkeiche und auf den Abh�ngen der Berge die immergr�ne Eiche und die Cerriseiche. Im Caravanserai oder Funduk hatten wir f�r n�chtliches Unterkommen, d.h. f�r eine leere Zelle und Hofraum f�rs Vieh, einige Mosonat zu zahlen, f�r Geld bekamen wir auch etwas Brod, Milch und einige Eier. Am anderen Morgen erreichten wir gegen 10 Uhr die Stadt Tetuan oder Tetaun, wie die Marokkaner sie nennen. Die Spanier waren gerade beim Abmarsch, denn Tetuan liegt bekanntlich nicht unmittelbar am Meere, so dass die Truppen nicht direct eingeschifft werden k�nnen. Ich unterlasse es eine Beschreibung dieser von reizenden Orangeng�rten umgebenen Stadt zu geben, sie ist hinl�nglich aus dem letzten Kriege bekannt. Nach einigen Tagen Aufenthalt kehrte ich Tetuan den R�cken, und begab mich mit einer grossen Karavane nach Tanger. Der Weg wird gew�hnlich in zwei Tagen gemacht, wir brauchten indess nur Einen. Sehr belebt war er durch heimkehrende Tetauni (Bewohner Tetuans), welche w�hrend der spanischen Besatzung die Stadt verlassen hatten, und die nun zur�ckkehrten, um von ihren Immobilien wieder Besitz zu nehmen. Nachdem ich sodann in Tanger mein Maulthier verkauft hatte, trat ich den R�ckweg nach Uesan an, zuerst l�ngs des Strandes. Man muss indess nicht glauben, dass ein eigentlicher Weg l�ngs des Meeres l�uft, davon ist keine Spur vorhanden. Aber der Strand ist so breit, besteht aus so festem Sande, dass er, ausgenommen f�r Wagen, vollkommen eine macadamisirte Chaussee ersetzt. Man muss aber die Ebbezeit w�hlen, weil bei Fluth das Meer bis dicht an die D�nen oder Felsen hinantritt. Man kann hier sehen, wie der Atlantische Ocean, dessen breiteste Stelle hier ist, selbst nach tagelangen Windstillen, dennoch immer grosse Wellen schl�gt, und alle Zeit ist die Brandung oder das Rauschen der den Sand hinaufrollenden Wellen weit im Innern des Landes zu h�ren. Man kann recht gut, l�ngs des Strandes reisend, in einem Tag Arseila erreichen, aber wir hatten ein Hinderniss an der M�ndung des Ued-Morharha, wor�ber ein ganzer Tag verging. Zu breit und tief an der M�ndung, um durchwatet werden zu k�nnen, hat man f�r Fahr-Einrichtung gesorgt, das Boot aber lag auf der anderen Seite, und kein F�hrmann war zu finden oder durch Rufen herbeizulocken. Wir zogen, nachdem wir vergeblich versucht hatten, hindurch zu schwimmen, flussaufw�rts, ohne eine Furt zu finden, auf das Bereden der Leute eines Duars kehrten wir um, und diesmal war denn auch der F�hrmann an Ort und Stelle, und wir wurden hin�berbef�rdert. Ehe man Arseila erreicht, hat man dann noch die M�ndung des Ued-Aiascha zu passiren. Arseila, von den Alten Zilia. Zelis und Zilis genannt, wird von einigen Schriftstellern, darunter Hems�, H�st und Barth, Asila genannt. Wenn nun aber auch die Herleitung des Namens von Zilis unzweifelhaft ist, so ist heute doch nur die Schreibweise mit einem r die einzig richtige, und ist es wohl seit Jahrhunderten gewesen, da Leo, Marmol, Lempriere, Jackson und die meisten Schriftsteller so schrieben. Ohne Zweifel von den Eingeborenen gegr�ndet, sp�ter im Besitze der Carthager, der R�mer, der Gothen, wurde nach Leo Arseila 712 n. Chr. von den Mohammedanern erobert und 200 Jahre von ihnen behauptet. Dann sollen die Engl�nder (nach Leo) eine Zeitlang die Stadt besessen haben, und sp�ter wieder im Besitze der Mohammedaner wurde sie 1471[123] von den Portugiesen erobert und bis zum Jahre 1545 behauptet. Seit der Zeit ist die Stadt im Besitze der Marokkaner geblieben. [Fu�note 123: Nach Leo 1477.] Ob das alte Zilis �brigens genau an der Stelle des heutigen Arseila gewesen ist, ob es nicht vielmehr an der M�ndung des Ued-Aiascha einige hundert Schritte weiter im Norden gelegen hat, m�chte wohl erst noch festzustellen sein. Jedenfalls ist die heutige Stadt so gelegen, dass sie nie besonders durch Handel und Wandel bl�hend gewesen sein kann. Am Strande ziehen sich allerdings rechtwinkelig ins Meer hinein Felsbl�cke, aber angenommen, sie h�tten ehemals einen Hafen gebildet, so w�rde dies Bassin kaum gross genug gewesen sein 12-16 Fischerb�te aufzunehmen. Ueberdies sind die Bl�cke so klein, dass sie bei halber Fluth schon vom Wasser bedeckt sind. Die M�ndung des Ued-Aiascha, wo man ebenfalls Mauer�berreste bemerkt hat, muss in fr�herer Zeit ein guter Hafen gewesen sein. Plinius sagt �berdies: "Zilis juxta flumen Zilia", welcher Fluss wohl kein anderer sein kann, als der ebenerw�hnte Aiascha. Arseila, in der Gegend von Hasbat gelegen, liegt unmittelbar am Meere. Ein rechtwinkliges Oblongum, von halbverfallenen Mauern und Th�rmen umgeben, mit zwei Thoren, von denen das eine nach Norden, das andere nach Osten sieht, hat Arseila c. 500 Einwohner mohammedanischer und israelitischer Confession. Man findet in Arseila wie in allen Seest�dten Marokko's zahlreiche Spuren christlicher Herrschaft an den alten Bauwerken. Einige am Boden liegende S�ulen, ebenso S�ulen, die jetzt im Innern der Djemma sind, d�rften vielleicht r�mischen Ursprungs sein. Ein Djemma, ein elendes Funduk sind die �ffentlichen Geb�ude, ein marokkanischer Jude versieht das englische Consulat. Arseila besitzt nicht einmal Fischernachen, geschweige gr�ssere Schiffe. Trotz der n�chsten sandigen Umgebung haben die Bewohner es verstanden, leidlich gute G�rten anzulegen und Feigen, Melonen, Pasteken und die Rebe gedeihen vortrefflich. Aber kein Ort ist so theuer, was Lebensmittel anbetrifft, wie Arseila, und selbst Fr�chte, die in anderen Theilen von Marokko fast umsonst zu haben sind, kosten hier verh�ltnissm�ssig viel Geld. Die ganze Stadtbev�lkerung fanden wir unter Zelten auf einer gr�nen Wiese dicht am Meere gelagert, da der Sultan f�r sein ganzes Reich eine dreit�gige Festlichkeit angeordnet hatte aus Freude �ber den gl�cklich bew�ltigten Aufstand Sidi Djellul's. Wie der Juden Laubh�ttenfest, werden alle derartigen Feierlichkeiten der Marokkaner im _Freien_ abgehalten, wie ja auch bei den grossen religi�sen Festen, Aid el kebir, aid sserir und Molud die gottesdienstliche Ceremonie nicht in der Moschee, sondern draussen auf freiem Felde celebrirt wird. Zwischen Tanger und L'Araisch k�nnen auch Christen in christlicher Tracht l�ngs des Meeres reisen, ohne bef�rchten zu m�ssen bel�stigt zu werden. So traf denn auch am selben Abend, wo wir in Arseila waren, ein spanischer Kaufmann ein (Christen giebt es sonst keine im St�dtchen), der in eben dem Funduk die Nacht zubrachte, welches uns beherbergte. Von Arseila, das wir am anderen Morgen verliessen, bis L'Araisch hat man l�ngs des Meeres, dessen Ufer immer denselben Charakter beibeh�lt, nur einen halben Tagemarsch, und man muss, um in die Stadt zu gelangen, die M�ndung des Ued-Kus �bersetzen. Ohne uns aufzuhalten, erreichten wir immer durch einen sch�nen Korkeichenwald reisend, am selben Tage L'xor. Und auch hier war kein Aufenthalt f�r uns, da uns die Kunde wurde Sidi-el-Hadj Abd-es-Ssalam beabsichtige eine Reise nach Marokko. Zwei Tage darauf waren wir wohlbehalten in Uesan nach einer Abwesenheit von drei Wochen. Der Grossscherif, der mich wie immer sehr freundlich empfing, sagte mir, allerdings habe er eine Einladung vom Sultan erhalten, ihn nach Maraksch zu begleiten, aber sp�ter habe der Sultan in einem anderen Briefe den Wunsch ausgedr�ckt, nicht zu kommen, da seine Anwesenheit in der N�he des Rharb, dessen Bev�lkerung eben erst eine Revolution durchgemacht h�tte, notwendiger sei, als in Maraksch. So glaubte ich denn auch, dass die Zeit gekommen sei, mein Geschick von dem des Grossscherifs zu trennen, dessen liebensw�rdige und uneigenn�tzige Gastfreundschaft ich nun seit einem Jahre genoss; zudem f�hlte ich, dass ich der arabischen Sprache t�glich m�chtiger wurde, denn hat man die ersten Schwierigkeiten �berwunden, so ist diese Sprache als Umgangssprache nicht schwer. Und wenn man ausgerechnet hat, dass ein europ�ischer Landmann, ein englischer Bauer z.B. in seinen gew�hnlichen Lebensverh�ltnissen nur ca. 400 W�rter braucht, mit deren H�lfe er alle seine Ideen seinen Mitmenschen mittheilen kann, so hat man sicher in Marokko auch nicht mehr n�thig. Die ganze Lebensart ist so einfach, der Gegenst�nde, die der Mensch dort n�thig hat, sind so wenige, die Unterhaltung ist so stereotyp und dreht sich so ziemlich immer um dieselben Gegenst�nde, dass, wenn man einmal erst mit der Construction der marokkanischen Redeweise vertraut ist, und den n�thigen W�rtervorrath im Ged�chtniss angesammelt hat, das Reden ganz von selbst geht. Hauptsache ist dabei, immer Gott und Prophet im Munde zu haben, von Paradies und H�lle zu sprechen, den Teufel nicht zu vergessen, und dabei and�chtig mit dem Munde murmelnd den Rosenkranz durch die Finger gleiten zu lassen. F�llt einem dann auch nicht gleich eine Redewendung ein, hat man ein Wort pl�tzlich vergessen, und sagt statt dessen: "Gott ist der Gr�sste", oder "Mohammed ist der Liebling Gottes", oder "Gott verfluche die Christen", so findet das kein Marokkaner, auch wenn diese Redensarten gar nicht dahin passen, auffallend, und er wird selbst den Satz erg�nzen, oder das gesuchte Wort finden. Ehe ich indess Uesan verliess, bot sich mir Gelegenheit dar, mit einem "Emkadem", Intendant, des Grossscherifs nach der kleinen zwischen Fes und Udjda gelegenen Stadt Tesa zu reisen; derselbe war abgeschickt worden, r�ckst�ndige Gelder f�r die Sauya Uesan einzukassiren. Den ersten Tag verfolgten wir den von Uesan nach Fes f�hrenden Weg und lagerten am Ued-Ssebu an einer Oertlichkeit, Manssuria genannt, welche aus einigen H�tten bestand und einem Duar, beides Eigenthum des Grossscherifs. Merkw�rdig ist diese Gegend dadurch, dass in der N�he von Manssuria ein steinigtes Feld ist, aus dem best�ndig Schwefeld�mpfe und nach den Aussagen der Eingeborenen mitunter auch kleine Flammen emporsteigen[124]. Es ist dies die mir einzig in Marokko bekannte Oertlichkeit, wo vulkanische Erscheinungen heute noch in Th�tigkeit sind. Am zweiten Tage, im Thale des Ssebu aufw�rts gehend, das die zahlreichen Kr�mmungen abgerechnet von Osten herkommt, blieben wir noch eine Nacht in einem Tschar (Bergdorf) und erreichten am dritten Tage das malerisch am Berge gelegene St�dtchen Tesa. [Fu�note 124: Vielleicht das Pyrron Pedion, dessen Ptolemaeus in Mauritania Tingitana erw�hnt.] Nach Ali Bey liegt Tesa auf dem 34� 9' 32" N. B. und 6� 15" W. L. v. P. auf dem Unken Ufer des Ued-Asfor (gelber Fluss, wie hier der Ssebu heisst), jedoch fast eine halbe Stunde von ihm entfernt. Ausserdem wird die Stadt vom kleinen Ued-Tesa durchstr�mt, der vom S�den kommt. In der Lage, d.h. am Abhange eines Berges gelegen, hat Tesa eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit Uesan. Leo giebt der Stadt 5000 Feuerstellen, was jedenfalls jetzt viel zu hoch ist, denn sie d�rfte kaum mehr als 5000 Einw. haben, von denen ca. 800 Seelen j�dischen Bekenntnisses sind. Hems� wagt die Vermuthung, dass Tesa das Babba der Alten ist. Die Stadt, mit einer einfachen Mauer umgeben und einer Kasbah, hat eine best�ndige Garnison von 500 Maghaseni, eine Auszeichnung, die sie nur noch mit Udjda theilt, welches eine ebenso grosse Besatzung hat, w�hrend in allen anderen St�dten des Reiches nur ca. 20 Soldaten dem Gouverneur zur Verf�gung stehen. Die Lage der Stadt, die N�he der unruhigen Hiaina, und der anderen vollkommen unabh�ngigen Bergv�lker im Osten und S�den der Stadt machen eine so starke Besatzung sehr nothwendig. Tesa ist Hauptmittelpunkt des Handels zwischen Algerien, resp. Tlem�en und Fes. Aber �stlich von Tesa ist die Gegend so unsicher, dass jede Karavane von einer Abtheilung Maghaseni begleitet sein muss. Stark besuchte Karavanenwege f�hren ausserdem von Tesa nach dem Figig und Tafilet. Die H�user im Innern der Stadt bekunden Wohlhabenheit der Einwohner, die grosse Moschee, mit antiken monolithischen S�ulen im Innern, deutet darauf hin, dass einst die Stadt noch bedeutender gewesen ist, als jetzt, und was die Gesundheit der Luft, die Reichhaltigkeit der Fruchtb�ume und die wunderbar sch�ne Gegend anbetrifft, so kann man nur mit Leo �bereinstimmen, der sagt: "Billig sollte dieser Ort, wegen der gesunden Luft, die im Winter sowohl als im Sommer hier stattfindet, die k�nigliche Residenz sein." Wir waren in Tesa in der Sauya der Tkra Mulei Thaib abgestiegen, und wurden selbstverst�ndlich gut bewirthet. Nach zwei Tagen Aufenthalt, als der Emkadem seine Gelder einkassirt hatte, gingen wir auf demselben Wege nach Uesan zur�ck, da der directere aber durch die Hiaina f�hrende Weg nicht genug Sicherheit bot, selbst f�r den Emkadem des Grossscherifs. In Uesan wieder angekommen, waren meine Tage gez�hlt; es handelte sich nur darum, die Erlaubniss zur Abreise zu bekommen. Ich durfte nicht daran denken, dem Grossscherif zu sagen, dass ich ihn f�r immer verlassen wollte, da er sich einmal vollkommen mit dem Gedanken vertraut gemacht hatte, ich w�rde immer bei ihm bleiben. So bekam ich denn endlich die Erlaubniss eine kleine Reise machen zu d�rfen, und sagte der Stadt Uesan f�r immer (wie ich damals glaubte, sp�ter kam ich aber doch noch wieder nach Uesan) Lebewohl. * * * * * 13. Reise l�ngs des atlantischen Oceans * * * * * Nach Tanger aufbrechend, deponirte ich ein K�stchen mit Papieren bei Sir Drummond und zog l�ngs der K�ste, denselben Weg bis L'Araisch weiter. Als Ausr�stung hatte ich weiter nichts als einen Esel mit zwei Schuari (Seitenk�rben), welche einige Vorr�the enthielten; ein spanischer Renegat, der gewissermassen mein Gef�hrte, Diener, Eselw�rter und Doctorgeh�lfe war, hatte sich angeschlossen. Ehe wir weiter zogen, blieben wir noch einige Zeit in der Stadt. L'Araisch liegt auf der �ussersten Seite des linken Ufers des Ued-Kus derart, dass eine Seite nach dem Flusse, die andere nach dem Ocean Front macht. Ungef�hr 4 K.-M. stromaufw�rts des Ued-Kus am rechten Ufer lag das alte Lya der Punier oder wie es sp�ter von den Griechen und R�mern genannt wurde Lina, ehedem die bedeutendste Niederlassung an dem atlantischen Ocean. Etwas weiter stromaufw�rts fallt dort der Ued-Maghasen in den Kus. Die Ruinenst�tte ist von Sir Drummond Hay und Barth besucht worden, ohne dass jedoch Beide besondere Entdeckungen gemacht h�tten, die auch wohl kaum ohne Reinigung des Bodens und Ausgrabungen zu machen sind. Von Drummond Hay werden die Ruinen Schemmies genannt. Barth will aus den Grundmauern bei der Kasbah erkannt haben, dass auch auf dem heutigen Boden der Stadt L'Araisch eine alte libysche Stadt gelegen habe, was durch Scylax's Aussage best�tigt w�rde. Von der von den Alten als in der M�ndung des Lixos liegend erw�hnten Hesperiden-Insel ist heutzutage keine Spur vorhanden. Allerdings taucht bei tiefer Ebbe eine etwa 1 K.-M. haltende Sandbank, in der beutelartigen M�ndung des Flusses auf, und m�glicherweise, man braucht nur eine allgemeine Senkung der atlantischen K�ste anzunehmen, war dies die einst so fruchtbare Hesperiden-Insel. Diese M�ndung, im Norden durch hohe Sandberge gesch�tzt, k�nnte, wollte man sich die M�he geben die Barre wegzubaggern, zu einem trefflichen Hafen eingerichtet werden. Jetzt k�nnen bei Fluth h�chstens Schiffe von 150 Tonnen Gehalt einlaufen; als wir in L'Araisch waren, befanden sich sechs europ�ische Schiffe im Hafen, ausserdem verfaulten am Strande die beiden letzten Kriegsschiffe der Marokkaner, zwei elende Brigantinen. Und doch hatte Marokko vor noch nicht hundert Jahren die Frechheit, mit seiner elenden Seemacht die ganze Welt herauszufordern. Der Name L'Araisch ist nach Hems� entstanden aus dem Worte el-araisch-ben-Aras, d.h. der Weinspalier der Beni Aros. Nachdem die Stadt wechselsweise im Besitze der Marokkaner und Portugiesen gewesen war, bem�chtigte sich 1689 nach einer f�nfmonatlichen Belagerung Mulei Isma�l derselben. Seit der Zeit ist L'Araisch von den Europ�ern noch oft angegriffen worden, so im Jahre 1785 von den Franzosen, 1829 von den Oesterreichern, die dabei der marokkanischen Flotte den Gnadenstoss versetzten. Man bemerkt in L'Araisch an den Geb�uden der Stadt noch deutlich den christlichen Einfluss. So ist der h�bsche Marktplatz ein regelm�ssiges Rechteck mit gew�lbten Arcaden versehen, die S�ulen sind Monolithen aus Sandstein. Die Hauptmoschee, die ebenfalls nach dem Marktplatze zu Front macht, muss eine christliche Kirche gewesen sein, die Fa�ade ist in dem sogenannten Jesuitenstyl gehalten. Ausserdem befindet sich noch ein anderes stattliches und mehrst�ckiges Geb�ude, mit hohen sch�nen Fenstern versehen, am Marktplatze. Vielleicht war es ehemals Gouvernementsgeb�ude, vielleicht ein Kloster, denn erst im Jahre 1822 musste eine hier bestehende spanische Mission aufgegeben werden. Heute steht das Haus leer und unbenutzt da, und der durch die Fenster streichende Wind, und die fressende Atmosph�re wird bald das ihrige thun, um das Geb�ude zu einer Ruine zu machen. Ausser recht gut erhaltenen aber widerstandslosen Mauern ist die Stadt durch ein mit vier Bastionen versehenes Fort, christlicher Anlage und urspr�nglich aus gutem Material erbaut, gesch�tzt. Dieses Fort liegt auf der westlichsten Spitze der Stadt nach dem Meere zu. Im Inneren dieses Forts ist ein Schloss, dessen runde Kuppeln man schon von Weitem sehen kann. Das Schloss soll vom Sultan Mulei Yasid erbaut sein. Unterhalb des Forts nach dem Hafen zu sind zwei gemauerte Strandbatterien. Nach S.-O. zu die Stadt beherrschend, befindet sich die Kasbah, ein Fort von viereckiger Form, an den vier Ecken mit sehr scharfwinkligen Bastionen versehen. Die Mauern der Kasbah, welche auch wohl eine Baute der Portugiesen oder Spanier ist, sind gut erhalten, aber trotz aller Vertheidigungsanstalten wird L'Araisch einem Angriffe der Europ�er nicht lange Widerstand entgegensetzen k�nnen, einerlei ob er vom Ocean aus oder vom Lande her unternommen wird. Sonst hat L'Araisch keine merkw�rdigen Geb�ude, wenn nicht eine kleine Grabst�tte in den G�rten s�dlich von der Stadt, der Lella-Minana gewidmet, einer Sherifa, die dort begraben liegt. Bei Lebzeiten soll sie Wunder gethan haben, und auch jetzt noch sollen die in der Grabcapelle der Lella-Minana betenden Frauen von Unfruchtbarkeit geheilt werden: zwei fromme in der N�he wohnende Einsiedler �ffnen den Frauen gegen eine kleine Gabe die Th�r zum Grabmal und unterst�tzen sie im Beten. Die Stadt hat ca. 5000 Einwohner, von denen wohl 1200 Juden sein m�gen, welche letztere, wie alle Juden in den Hafenst�dten Marokko's, sich der spanischen Sprache bedienen. Die wenigen Europ�er, vielleicht 30 oder 40 Individuen stehen unter dem Schutze ihrer Consuln, deren es hier mit Ausnahme eines deutschen von allen Nationen giebt. Der Handel der Stadt ist nicht unbedeutend und umfasst dieselben Artikel, die in Tanger zur Aus- und Einfuhr kommen, d.h. ausgef�hrt werden besonders Wolle, Thierh�ute, Wachs, Oel, Butter, Fr�chte: als Mandeln, Orangen, Citronen und Feigen, getrocknete Oliven, Eier, Federvieh (anderes Vieh auszuf�hren ist verboten), Getreide und H�lsenfr�chte. In L'Araisch kommt noch hinzu die Rinde der Korkeiche, die in Europa verarbeitet wird. Gummi und Kupfer wird aus Marokko nach Europa nicht mehr ausgef�hrt, da man Kupfer in Europa und Gummi von Senegal billiger beziehen kann. Blutigel werden ebenfalls von L'Araisch ausgef�hrt, doch mehr noch von Tanger und Mogador. Einfuhrartikel sind: Baumwollenstoffe, Tuche, rohe und gefertigte Seide, Papier, Waffen, Metalle, wie Eisen, Blei, Quecksilber, Schwefel, Alaun, Salpeter, Colonialwaaren, darunter besonders Thee und Zucker, und verschiedene Gegenst�nde, schlechte Schmucksachen, Porzellan und Glaswaaren, Spiegel u. dergl. m. Die eben angef�hrten Gegenst�nde sind so ziemlich in allen H�fen des Landes im Handel dieselben. Der Weg zwischen L'Araisch und Media oder Mehdia l�uft ununterbrochen auf einer Sandzunge hin, zwischen dem Meere einerseits, den S�mpfen und Landseen andererseits gelegen. Auf der ausgezeichneten Karte von A. Petermann, Mittheilungen Jahrgang 1865, Taf. 4, dann auch auf der Karte von Renou ist dies recht deutlich zur Anschauung gebracht. Nehrungen und Haffe k�nnen nur an flachen, sandigen K�sten entstehen, und so ist es ganz nat�rlich, dass, wo die �brigen Bedingungen zur Haff- und Nehrungbildung vorhanden sind, diese entstehen. Wie der Sand Product des Meeres ist, so sind die Nehrungen, die aus Sand bestehen, immer nur an flachen K�sten mit vielem Sande zu beobachten. Es giebt nun Nehrungen, die an beiden Seiten noch mit dem Festlande zusammenh�ngen, oder solche, die am Meere durchbrochen sind. Erstere k�nnen entstehen dadurch, dass hohe D�nen bei ausserordentlichen Fluthen nicht durchbrochen werden, vom Ocean aber Wasser durchlassen, welches Wasser dann hinter den parallel mit dem Meere laufenden D�nen einen See bildet, oder es sammelt sich landw�rts der D�nen das Wasser von kleinen Fl�ssen an, bildet einen See, das Wasser, ist aber nicht stark genug, die Nehrung zu durchbrechen, oder auch das Wasser aus dem Landsee ergiesst sich unter der Nehrung in den Ocean. Nehrungen werden durchbrochen dadurch, dass sich die Fl�sse einen Ausgang bahnen, oder durch den Ocean selbst, in beiden F�llen sind Haffe hergestellt. An verschiedenen Stellen von Afrika hat man Nehrungen und Haffe, so vor dem Delta des Nil in Aegypten, die bedeutender sind, als unsere deutschen in der Ostsee, oder an der K�ste von Guinea; die Nehrung an der K�ste von Marokko zieht sich von L'Araisch bis Rbat hin, hat also eine L�nge von fast 17 deutschen Meilen. Landeinw�rts von der Nehrung ist im Winter ein 2-3 Meilen breiter See, der im Sommer zum Sumpf wird, daher im Norden bei Mulei Bu Slemm der Name Mordja[125] Ras el Daura, und s�dlich von Mehdia, Mordja el Mehdia. Gleich unmittelbar �stlich vom See oder Sumpf st�sst jener ausgedehnte Korkeichenwald, der n�rdlich bei L'Araisch beginnend im S�den bei Rbat endet. [Fu�note 125: Mordja heisst Sumpf] Zahllose Wasserv�gel, Enten, Pelicane, Ibisse und andere halten sich hier auf, und im Sommer kommen Hy�nen, Schakale und Wildschweine aus dem Korkeichenwald, um im feuchten Sumpfe zu jagen. Die ganze Nehrung selbst ist bewohnt von Arabern. Meistens haben sie ihre Zelte auf der Landseite und zwar nie kreisf�rmig, sondern, als ob sie gewissermassen der langen Form der Nehrung sich anpassen wollten, immer in einer langen Reihe aufgeschlagen. Die D�nen sind zum Theil gut bewachsen, meist mit Lentisken, aber auch Grasfutter f�r Rind- und Schafheerden ist reichlich vorhanden. Gew�hnlich legt man den Weg bis Mehdia l�ngs des Wassers in zwei Tagem�rschen zur�ck, der grossen Hitze wegen, und weil wir uns h�ufig damit aufhielten, im Ocean zu baden, brauchten wir vier Tage. Ueberall fanden wir �brigens ausgezeichnete Gastfreundschaft, und die herrlichen Wassermelonen, welche die Nehrung hervorbringt, haben mir nirgends besser gemundet als hier. Zwei h�bsche Grabst�tten sind unmittelbar am Meeresstrande erbaut: Mulei Bu Slemm[126], eine Tagereise s�dlich von L'Araisch, aus mehreren Domen bestehend, dann Mulei Hammed bel Cheir, gleich vis-�-vis von Mehdia auf einer kleinen Anh�he. Gegen 3 Uhr Nachmittags am vierten Tage erreichten wir Mehdia, am linken Ufer des Sebu gelegen. [Fu�note 126: Die meisten Geographen halten Mulei Bu Slemm f�r das alte Mamora, Mamora antica, und doch glaube ich kaum, dass jemals bei Bu Slemm dieser Ort gestanden hat.] Um �berzusetzen mussten wir aber erst eine ziemlich weite Strecke ca. ein K.-M. stromaufw�rts gehen, wo sich die F�hre befand, sodann kehrten wir auf das linke Ufer zur�ck und erklommen den Pfad, der auf den steilen 417 Fuss (nach Barth) hohen felsigen H�gel f�hrt, auf dem Mehdia liegt. In einem sehr schlechten Funduk fanden wir Unterkommen. Mehdia ist ein kleines elendes Dorf, von vielleicht zweihundert Einwohnern, wegen seiner beherrschenden Lage war es einst wichtig und k�nnte am schiffbaren Sebu, dem Flusse, an dem Fes liegt, leicht wieder zu einer bl�henden Stadt gemacht werden. Die M�ndung des Sebu ist jedoch nicht breiter als vielleicht 1000 Schritt, aber sehr tief unmittelbar unterhalb der Stadt. Der Sebu ergiesst sich aber nicht in gerader Linie in den Ocean, sondern, schief nach Norden geneigt. Eine starke Barre sperrt den Fluss ab. Als ich von Aussen den Ort besichtigte, fand ich unterhalb desselben ein Labyrinth von Mauern, 4 Fuss dick und 20 Fuss hoch aus massiven Steinen aufgef�hrt; ein Netz von viereckig gemauerten R�umen darstellend. Die dar�ber befragten Bewohner wussten keine Auskunft zu geben, aber in Leo finden wir vollkommenen Aufschluss dar�ber: Von Jacob el Mansor, der von 1184 bis 1199 regierte, erbaut, als Vertheidigungsfeste des Eingangs des Sebu, wurde Mehdia sp�ter zerst�rt und im Jahre 1515 schickte Don Manuel von Portugal eine Flotte dahin ab, um dort eine Festung anzulegen. Kaum im Bau begriffen, kam aber der zu der Zeit in Fes regierende Sultan Mohammed ben Oatas mit einem Heere und �berfiel Soldaten und Arbeiter. Leo, der als Augenzeuge diesem Ueberfalle beiwohnte, giebt davon eine ergreifende Schilderung. Die Portugiesen wurden alle get�dtet, die Schiffe verbrannt. Von 6-7000 Mann Besatzung, durch Verrath zur Streckung der Waffen bewogen, wurden die Meisten niedergemacht. Aus der M�ndung des Sebu soll der K�nig von Fes hernach 400 Kanonen herausgefischt haben. Sp�ter, am 6. August 1614, nahmen die Spanier noch einmal Mamora (wie die Europ�er und auch Leo Mehdia nannten), errichteten ein Fort, welches aber am 2?. April 1681 [? unlesbar in der gedruckten Ausgabe] von Mulei Ismail �berfallen und zerst�rt wurde. Seit der Zeit ist Mehdia, was es jetzt ist, ein elendes Dorf. Was nun die eben erw�hnten Constructionen anbetrifft, so sagt Leo[127] davon: "Die Portugiesen fingen gleich nach ihrer Ankunft den Bau an; alle Fundamente waren schon gelegt, mit den Mauern und Bastionen war ein Anfang gemacht etc." Einen solchen _unfertigen_, nicht aber _zerst�rten_ Eindruck machen denn auch die Bauten bei Mehdia. Was Mamora antica anbetrifft, so d�rfte dasselbe am anderen Ufer des Sebu zu suchen sein, oder vielleicht der H�gel der Stadt, der ebenfalls befestigt war, "Alt-Mamora", die am Strande von den Portugiesen errichteten Bauten dagegen "Neu-Marmora" gewesen sein. Aber in dem entfernten Mulei Bu Slemm Alt-Mamora suchen zu wollen ist vollkommen unstatthaft, weil "Mamora" immer einen felsigen H�gel bedeutet in Tamasirht-Sprache, ein solcher aber bei Bu Slemm nicht vorhanden ist. [Fu�note 127: Uebersetzung von Lorsbach, p. 185.] Barth f�gt noch hinzu, dass keineswegs, wie die meisten Geographen anzunehmen geneigt seien, hier Banasa gestanden habe (Hems� meint, Banasa habe gelegen, wo jetzt Mulei Bu Slemm ist, eine Oertlichkeit, die gar nichts Einladendes zur Gr�ndung einer Stadt hat), welches eine Binnenstadt am oberen Laufe des Sebu gewesen, sondern dass in Mamora die vom Ptolemaeus erw�hnte Stadt Subur zu erblicken sei. Ich f�ge noch hinzu, dass im Lande bei den Eingebornen der Name Mamora vollkommen unbekannt ist. Wir blieben in Mehdia nur Nachts, am anderen Morgen fr�h aufbrechend, waren wir Mittags in Sla, setzten gleich �ber und blieben in Rbat in einem Funduk. Der Weg bot nichts Neues, Nehrungformation war auch hier, nur m�ssen die hiesigen D�nen �lter sein, denn sie waren nach der Landseite dicht mit Eichen, welche eine ausserordentlich zart- und s�ssschmeckende Frucht tragen, bestanden, ausserdem waren Korkeichen, Lentisken und wilde Oliven sichtbar. Die Stadt Sla auf dem rechten Ufer des Bu Rgak oder Bu-Raba[128] gelegen, ist ein Ort, welcher von Aussen gesehen das allerregelm�ssigste Ansehen hat. Fast viereckig ist die Stadt von hohen aber widerstandslosen Mauern, welche ausserdem viereckige Vertheidigungsth�rme haben, umgeben. Mit ca. 10,000 Einwohnern, d�rfen bis auf den heutigen Tag in Sla keine Christen und Juden wohnen, der Grund davon ist, dass die Bev�lkerung sich haupts�chlich aus aus Spanien vertriebenen Mohammedanern bildete, somit den gl�hendsten Hass gegen Juden und Christen bewahrt hat. Am Ende des vorigen Jahrhunderts war Sla, das sich den marokkanischen Herrschern gegen�ber fast als Republik gerirte, der ber�chtigtste Seer�ubersitz am atlantischen Ocean. Im Hafen von Sla und Arbat, oder in der M�ndung des Sebu, fanden die Piraten vor den verfolgenden Kriegsschiffen der Christen sichere St�tten. [Fu�note 128: Buragrag bei Leo und Maltzan.] Sla ist offenbar, wenn auch nicht genau der Lage nach, doch was den Namen anbetrifft, das alte Sala. Ptolemaeus verlegt Sala s�d�stlich von der M�ndung des Flusses, also da wo Arbat heute steht. Ebenso Plinius, der Buch V, 1 sagt: "Die Stadt Sala am Flusse gl. N. gelegen, schon nahe der W�ste, und durch Elephantenheerden, noch mehr aber durch den Stamm der Autolalen unsicher gemacht, durch welche der Weg zum Atlasgebirge f�hrt" etc. Dass nun Arbat heute nicht den Namen Sla, sondern Arbat hat, erkl�rt sich wohl aus dem Umst�nde, dass nach der Zerst�rung des alten Sala, die neue Stadt auf dem rechten Ufer des Bu Raba angelegt wurde, w�hrend gegen�ber die Stadt Rbat um 1190 von Jacub el Mansor neu gegr�ndet wurde, und nach Delaporte den Namen Rbat el Ftah, d.h. Wahlst�tte des Sieges erhielt. Es ist also nicht n�thig um das alte Sala im heutigen Rbat wiederzufinden, wie Barth es thut, auf die Grabm�ler der Beni-Merin bei der Mssala von Arbat hinzuweisen, welchen Ort Barth: "Schaleh", Hems�: "Scella, Seialla" und Marmol: "Mensala" aussprechen h�rten. Ich habe an anderen Orten gezeigt, dass jede gr�ssere marokkanische Stadt ihr Mssala hat, wo bei grossen religi�sen Festen die Gebete abgehalten werden[129]. [Fu�note 129: Maltzan sagt B. IV, p. 129: In der N�he von Rabat liegt auf demselben Ufer des Flusses ein kleiner Ort esch = Schaleh genannt. Dieser Ort hat eine auffallend grosse Aehnlichkeit mit dem des antiken "Sala". Es sind dies aber weiter nichts als H�tten und H�user, und Grabm�ler um die "Mssala" gebaut, wie das auch bei Fes, Uesan etc. vorkommt.] Die Stadt Sla ist von ihrem einstigen durch Piraterie erworbenen Reichthum sehr heruntergekommen, so dass auch die H�user der Einwohner, die sich Slaui nennen, sehr klein und unansehnlich sind. Als ich mit dem Grossscherif in der Stadt war, fand sich kein einziges Geb�ude gross genug ihn aufzunehmen, wir campirten daher am Strande in unseren Zelten. Innerhalb der Mauern ist die H�lfte der Stadt jetzt unbebaut. Die beiden Moscheen sind gross und ger�umig, aber sonst zeichnen sie sich durch nichts weiter aus. Der Markt oder Bazar, Kessarieh, ist �berdacht wie in den meisten St�dten, wie zur Zeit Leo's findet man hier auch heute noch eine grosse Kammfabrikation aus Lentiskenholz. Rbat, sowie es jetzt steht, eine Stadt von ca. 30,000 Einwohnern, hat ein fast modernes s�deurop�isches Aussehen, namentlich von der Westseite her. Hier haben sich haupts�chlich Christen und Juden H�user gebaut, und besonders letztere sind in Rbat zahlreich vertreten, da sie wie auch die Christen in Sla nicht wohnen d�rfen. In der M�ndung des Flusses k�nnten Rbat und Sla einen guten Hafen haben, wenn nicht eine gef�hrliche Barre auf der Rhede w�re, und wenn f�r eine geh�rige Ausbaggerung gesorgt w�rde. Jetzt kann der Hafen nur Schooner und kleine Briggs aufnehmen. Der Handel ist indess ziemlich lebhaft, denn eigentlich ist Rbat jetzt der nat�rliche Hafen f�r Mikenes sowohl, als auch f�r Fes. Man exportirt hier vorzugsweise Oel, H�ute und Kork. Als eigne Fabrikation betreibt man in Rbat haupts�chlich die Verfertigung wollener Teppiche, an G�te und Dauerhaftigkeit kommen sie den syrischen gleich, im Muster und in den Farben stehen sie allerdings zur�ck. Ferner sind Schuhe, Burnusse und Matten ger�hmt. Rbat auf dem bedeutend h�her gelegenen linken Ufer des Flusses gelegen, hat ein Castel auf seiner �ussersten nach dem Meere gerichteten Seite, mit sogen. bombenfesten Gew�lben, und dicht dabei eine ziemlich grosse Djemma (Moschee) mit einem sehr h�bschen Smah (Minaret). v. Maltzan taxirt den Thurm auf 180' und zieht ihn der Giralda von Spanien vor. Dieser Sma-Hassan ist wie die Moschee selbst von Sultan Mansor erbaut. Leo sagt von ihm: "Vor dem S�derthor liess er auch einen Thurm, dem zu Marokko �hnlich, errichten, er hat aber viel breitere Treppen, worauf 3 Pferde nebeneinander hinaufkommen k�nnen. Ich (Leo) rechne diesen Thurm in R�cksicht auf seine H�he zu den bewundernsw�rdigen Geb�uden."--F�r Marokko, welches in keiner einzigen Stadt einen nur irgend bedeutend hohen Minaret hat, ist dieser Thurm des Hassan allerdings eine ausnahmsweise hohe Baute, aber im Orient trifft man bei den Mohammedanern bei Weitem h�here Minarets. Der Palast des Sultans ausserhalb der Stadt Rbat im S�den und fast hart am Meere gelegen, ein vollkommen neues Geb�ude, und irre ich nicht, erst vom jetzigen Sultan erbaut, zeichnet sich nur durch Kasernenhaftigkeit aus. Es ist ein ziemlich unbedeutendes Geb�ude, mit einer Beletage, hat viele Fenster, die aber nicht Glasscheiben besitzen, sondern durch h�lzerne Jalousien verschlagen sind. Vor dem Schlosse nach dem Strande zu befinden sich Erdschanzen auf europ�ische Weise errichtet; einige Kanonen sind ebenfalls darin. Der von Maltzan erw�hnte "r�mische Aquaduct" ausserhalb der Stadt, dessen Ruinen noch heute vorhanden sind, ist indess nicht r�mischen Ursprungs, wenn man anders den Aufzeichnungen von Leo Glauben schenken kann. Derselbe sagt p. 177: "Weil in der N�he der Stadt kein sonderlich gutes Wasser war, so liess Sultan Mansor eine Wasserleitung von einer Quelle, die ungef�hr 12 Meilen von der Stadt entfernt ist, hier anlegen; sie besteht aus sch�nen Mauern, welche auf Bogen ruhen, gleich denen, die man hier und da in Italien, vornehmlich um Rom sieht. Diese Wasserleitung theilet sich in viele Theile: einige f�hren Wasser in die Moscheen, andere in die Schulen, andere in die Pal�ste des K�nigs, andere in die �ffentlichen Brunnen, dergleichen f�r alle Districte der Stadt gemacht wurden. Nach Mansor's Tode nahm die Stadt allm�lig so ab, dass nicht ein Zehntel mehr �brig ist. Die sch�ne Wasserleitung ist in den Kriegen der Meriniden gegen Mansor's Nachfolger zerbrochen worden." So Leo. Ich muss indess bekennen, dass nach Besichtigung der Ruinen dieser Wasserleitung ich ebenfalls geneigt bin mit Maltzan sie f�r r�mischen Ursprungs zu halten, da nirgends anderswo, soviel ich das Land habe kennen lernen, die Marokkaner selbst irgend �hnliche Bauten aus massiven Quadersteinen errichtet haben. Heutzutage entbehrt Rbat sehr dieser Wasserleitung, die Einwohner behelfen sich zum Theil mit dem Wasser ihrer Cisternen, zum Theil holen sie weither ihr Trinkwasser in Schl�uchen. Nirgends ist daher auch das Trinkwasser theurer als in Rbat. In allen gr�sseren marokkanischen St�dten durchziehen Wasserverk�ufer mit einem grossen Schlauch auf dem R�cken, in der einen Hand eine Glocke, in der anderen einen Becher haltend, die Strassen und verkaufen dem Durstigen f�r einen Fls. den Labetrunk, der dann so bemessen ist, dass der K�ufer so viel trinken kann, wie er Durst hat. In Rbat aber muss ganz genau das Maass inne gehalten werden. Im Uebrigen hat die Stadt nichts Merkw�rdiges, nur will ich nicht unterlassen auf die unvergleichlich sch�nen G�rten aufmerksam zu machen, die sich l�ngs des linken hohen Flussufers hinziehen. Was nur das gl�ckliche Klima des Mittelmeeres hervorbringt, findet man hier bl�hen und gr�nen. Ich blieb nur kurze Zait [Zeit] in Rbat, und durch die lang ausgedehnte jetzt leere St�tte der Mhalla (die Armee des Sultans), welche s�dw�rts der Stadt sich befand, dahin eilend, zog ich dem S�den weiter entgegen. Ich hatte nun vollkommen unbekanntes Land vor mir, bis Rbat, wo ich auch fr�her schon gewesen war, hatte ich fast alles Land kennen gelernt, was im Bereiche des "civilisirten Marokko" lag. Einsam ohne Karavanen zogen meine Begleiter und ich l�ngs des Strandes dahin, den grauen Esel vor uns hertreibend. Der Weg l�ngs des Strandes bleibt auch hier einf�rmig und langweilig. Indess so wenig die Natur bietet, so belebt ist andererseits dieser Weg durch Menschen, denn bis Asamor ist hier die Hauptroute von Rbat nach Marokko, von Asamor verl�sst die Strasse das Meer, um ins Innere sich hineinzuziehen. L�ngs der K�ste ziehen sich eine Menge Kasbahs hin, zum Theil in leidlichem Zustande, zum Theil verfallen; sie erinnern lebhaft an die Befestigungen in Spanien und Italien, deren K�sten ebenfalls �berall mit Th�rmen und Festungen garnirt sind. In diesen Kasbahs kann der Wanderer Schutz vor schlechter Witterung finden, oder �bernachten, sonst bieten sie aber in der Regel nichts, und die meisten sind ohne Insassen. Wir gingen bis Mitternacht und n�chtigten sodann in der Kasbah Scharret, am Fl�sschen gl. N. gelegen. Diese Kasbah bildet zugleich eine Cavalleriekaserne, es befanden sich etwa 200 Reiter mit ihren Pferden in derselben. Wir konnten von diesen Reitern unser Abendbrod kaufen, eigentliche Kaufleute waren aber nicht vorhanden. Zwischen Rbat und Asamor finden sich eine Menge von kleinen Fl�ssen, die von Osten kommend alle das Meer _mit Wasser_ erreichen, und auch das ganze Jahr Wasser halten. So passirten wir am folgenden Tage den Ued-Bu-Steka und drei andere kleine Fl�sse, und befanden uns Mittags am Ued-Mansuria, der an seiner M�ndung, zur Fluthzeit, nicht zu passiren ist. Nach langem Suchen fanden wir endlich stromaufw�rts gehend eine Furth, die uns durchliess. Der auf den Karten angegebene Ort Mansuria _existirt nicht_. Auf dem linken Ufer des Fl�sschens befinden sich die Tr�mmer der Kasbah Mansuria. Der Ort Mansuria soll nach Leo auch nicht am Ocean, sondern zwei Meilen stromaufw�rts am Fl�sschen, das er Guir nennt, gelegen sein. Aber schon zu Leo's Zeiten war das genannte St�dtchen nur noch ein Tr�mmerhaufe. Wir gingen selben Tags noch bis zur M�ndung des Flusses Ued-el-Milha, an dessen linkem Ufer die Kasbah Fidala liegt. Ob Fidala nach der Meinung Gosselin's das alte Kerne[130] gewesen sei, wage ich nicht zu entscheiden; eine Insel ist in der M�ndung des Flusses nicht, wohl aber ist auch hier eine Nehrung. Im Innern der sehr ger�umigen Kasbah lagerte ein ganzer Stamm unter Zelten, aber auch feste Wohnungen waren da. Namentlich zeichnete sich die in der Mitte der Burg liegende Djemma durch Sauberkeit der Arbeit und gute Conservirung aus. Die Tholba (Schriftgelehrten) luden uns freundlichst ein, in derselben die Nacht zuzubringen. Die meisten H�user, die in Fidala sind, liegen in Ruinen, der edle Styl derselben, die Abwesenheit des maurischen Schwibbogens an Fenstern und Th�ren sagen uns mit Sicherheit, dass diese Geb�ude von Europ�ern erbaut wurden. Renou behauptet indess, dass Fidala 1773 von Sultan Mohammed gegr�ndet sei. An vielen der Fenster waren sogar noch Balcons. [Fu�note 130: Kerne m�chte eher beim heutigen Agadir zu suchen sein, obgleich auch dort in der Bucht keine kleine Insel sich befindet, aber keineswegs, wie Kn�tel meint, die Insel im Rio do Ouro sein.] Am folgenden Morgen passirten wir eine lange �ber den schmalen Fluss Ued-Dir f�hrende Br�cke, derselbe soll jedoch manchmal weit austreten. Die Gegend bleibt immer dieselbe, rechts das Meer, und links die nicht enden wollende Gegend der Provinz oder Landschaft Temsena, nur einmal unterbrochen durch den grossen l�ngs der K�ste sich hinziehenden Sumpf Um-Magnudj. Die gut bev�lkerte Gegend bringt haupts�chlich Mais hervor, der den Leuten als Hauptnahrung dient, indem sie ganz wie die Italiener eine Polenta davon bereiten. Man kann sagen, dass an der ganzen K�ste von L'Araisch bis Asamor nicht die zu Kuskussu verarbeitete Gerste, sondern der Mais oder t�rkische Weizen die Nationalkost ist. Auch wird davon viel nach Spanien und Portugal exportirt. Am selben Abend noch waren wir in Dar-beida (Weissenstadt und von den Spaniern Casa bianca �bersetzt), wo wir bald bei einem Kaffeehausbesitzer, den ich von Fes her kannte, ein gastliches Unterkommen fanden. Dar-beida bildet eine Art befestigten Vierecks, dessen Mauern jedoch ausser Stande sind, den geringsten Widerstand gegen Europ�er zu leisten. Sowie von Masagan und Safi wird auch von hier aus bedeutend exportirt, und haupts�chlich sind es Wolle, Oel, Mais, Weizen, Mandeln und Felle, welche die Eingeborenen den Europ�ern zu Markte bringen. Die Einwohnerschaft von Dar-el-beida bel�uft sich auf ca. 300 [3000] Seelen, unter denen sich eine zu den �brigen Hafenst�dten Marokko's verh�ltnissm�ssig grosse Zahl von Europ�ern befindet. Ich fand es h�chst auffallend, dass alle Lebensmittel hier so theuer waren, vielleicht ist die Concurrenz der Europ�er daran Schuld. In der Meeresbucht befanden sich sieben gr�ssere europ�ische Fahrzeuge, im Begriffe, ihre Ladungen einzunehmen. Sie kommen meist ohne Waaren an, wenn man anders nicht die Silberthaler (spanische und franz�sische) als Importationsartikel rechnen will. Aber der Vortheil, den die Europ�er auf die eben angef�hrten Exportationsartikel machen, ist ein sehr grosser. Deutschland betheiligt sich gar nicht daran. An Merkw�rdigkeiten hat die Stadt nichts aufzuweisen. Maltzan nimmt an, dass Dar-beida oder Dar-el-beida die Stadt Anfa Leo's sei. Es ist auch wohl nicht daran zu zweifeln, aber Leo's Angaben �ber die Entfernung Anfa's sind h�chst ungenau, er sagt: "Anfa ist eine grosse von den R�mern erbaute Stadt am Ufer des Oceans, ungef�hr 60 Meilen vom Atlas gegen Norden, ungef�hr 60 Meilen von Azemur gegen Osten und ungef�hr 40 Meilen von Rabat gegen Westen gelegen." Leo scheint die Stadt gleich nach der Zerst�rung derselben durch die Portugiesen besucht zu haben, er fand sie ganz ver�det und von Einwohnern verlassen. Nach Maltzan wurde sie erst 1750 von Mulei Isma�l unter dem Namen Dar-el-beida wieder aufgebaut. Nach Renou wiedererbaute sie Sultan Mohammed, was wahrscheinlicher ist, da Isma�l von 1672-1727 regierte. Von Dar-beida nach Asamor brauchte ich zwei Tage. Der auf fast allen Karten Marokko's angegebene Ort Mediona, der an der K�ste liegen soll, existirt dort nicht, wohl aber ca. 3 Meilen landeinw�rts; Mediona ist weiter nichts als eine von einigen Duar umgebene Kasbah. Endlich war die weite M�ndung des Um-Rbea, oder wie man gew�hnlich sagt Mrbea erreicht. Der Fluss ist so tief, dass er selbst zur Ebbezeit nie durchwatet werden kann, aber eine gute F�hre ist vorhanden, mit der man �bergesetzt wird. Der Fluss Um-Rbea, vom Atlas entspringend, hat auf seinem linken Ufer die bedeutende Stadt Asamor; aber so bedeutend dieselbe ist, ich sch�tze die Einwohnerzahl auf 30,000 [3000] Seelen, so wird ihrer selten in den geographischen Handb�chern gedacht. Der Name Asamor bedeutet aus der Tamasirht-Sprache �bersetzt, die Oelb�ume, und eigentlich hat die ganze Stadt den Namen Asamor-es-Sidi-Bu-Schaib, d.h. die Oelb�ume des gn�digen Herrn Bu-Schaib. Urspr�nglich war hier n�mlich weiter nichts als ein Sanctuarium dieses Schaib's, dessen kleine "Kubba", in der er begraben liegt, sich noch heute in Asamor befindet und die in naher Umgegend als ein grosses Heiligthum gilt. Die Zahlenangaben �ber den Angriff von Asamor durch die Portugiesen sind bei Maltzan nicht genau. Erst 1508 begannen die Portugiesen zu belagern, jedoch ohne Erfolg, aber im Jahre 1513 wurde die Stadt erobert, zerst�rt und nach einem zweiunddreissigj�hrigen Besitze von den Christen freiwillig aufgegeben[131]. [Fu�note 131: Siehe dar�ber Leo, Dapper und Renou.] Asamor, auf einer ca. 150' hohen Anschwellung des Erdbodens gelegen, wird merkw�rdigerweise von Arlett mit nur 700 Einwohnern angegeben. Andere aber, die doch auch gute Notizen �ber die Stadt hatten oder auch Asamor selbst gesehen haben, sind dar�ber auch anderer Meinung, so nennt Dapper sie "�beraus volkreich", Lempriere "ein grosser Ort." Die Sache ist n�mlich die, dass von allen H�fen, Asamor und Agadir die einzigen sind, wohin Europ�er selten kommen. In _allen_ marokkanischen Hafenst�dten, so klein sie auch sein m�gen, giebt es Consuln und Consularagenten. So in Arseila, in L'Araisch, in Masagan etc., aber in der Stadt Asamor und Agadir sind weder christliche Consuln noch Europ�er. Allerdings sind in Sala auch keine Consuln, aber der Grund liegt mehr in der N�he von Neu-Sala oder Arbat, als in einer anderen Ursache. So ist denn auch Asamor eine vollkommen marokkanische Stadt, der ganze Handel, die Industrie hat etwas urw�chsig Marokkanisches an sich. In dieser sch�nen Flussm�ndung, welche meilenweit nach oben hin noch salziges Meerwasser hinauftreibt, sieht man nie europ�ische Schiffe. Der ganze Handel von Asamor mit dem Binnenlande beruht auf eigner Production und Manufactur. Man verfertigt namentlich Haike, Burnusse, Matten, Schuhe und T�pfergeschirr. In der N�he der Stadt ist bedeutender Gem�sebau, aber die Fr�chte werden mehr nach aussen hin, nach Dar-beida und Masagan exportirt, als in der Stadt selbst aufgebraucht. Ich durfte nicht unterlassen "den ber�hmten Heiligen Mulei Bu-Schaib zu besuchen", so sagt man in der That in Marokko, einerlei ob der Heilige noch lebt oder todt ist. Man redet dann auch einen solchen Heiligen wenn er gestorben ist so an, als ob er noch lebte: "es ssalamu alikum ia Mulei Bu-Schaib" etc. Als ich eintrat in den kleinen Grabdom, war denn auch das ganze Mausoleum voller Bittsteller, alle umhockten oder Umlagen den Sarkophag, d.h. ein h�lzernes mit rothem Tuch und reich mit Seide gesticktes umhangenes Holzgestell. Den gr�ssten und eigentlichen Segen hatten indess nur die Schriftgelehrten des Mulei Bu-Schaib, die von jedem Betenden eine Gabe zu erpressen wussten. Als h�chst merkw�rdig fiel mir auf, dass diese Tholba (Schriftgelehrte) durch besondere Tracht sich auszuzeichnen suchten von ihren Mitgl�ubigen, wie die Pharis�er der Bibel. Bei den �brigen Marokkanern unterscheidet sich aber, wie schon angef�hrt, der Schriftgelehrte von seinen Mitgl�ubigen nie durch Tracht, und wenn er auch der erste Faki der Djemma Mulei Abd Allah Scherif von Uesan w�re. Sowie durch eigne Tracht, so zeichneten sich denn auch diese Tholba durch grosse Selbstgef�lligkeit und religi�se Eitelkeit aus. Ehe ich von Asamor aus weiter zog, muss ich eines kurzen Abstechers erw�hnen, den ich von hier aus mit einer Karavane nach der Stadt Marokko, von den Eingebornen Marakesch genannt, machte. Es war nur eine kleine Karavane aus lauter Eseltreibern bestehend, welche T�pferwaaren ins Innere des Landes f�hrten, dabei bis Marokko wollten, um von dort andere Waaren zur�ckzubringen. In Gesellschaft dieser Leute war es vollkommen unm�glich irgendwie nur Aufzeichnungen zu machen. Die Gegend sah zu der Zeit sehr traurig aus, da es Herbst war und die ersehnten Regen wollten sich nicht einstellen, so dass man hatte glauben k�nnen in der Vorw�ste zu sein. Und doch muss diese Landschaft im Winter und Fr�hling ein ganz ver�ndertes Aussehen haben. Die kahlen Lotusb�sche bekleiden sich dann mit frischen hellgr�nen Bl�ttern, die einf�rmige Zwergpalme sendet neue F�cher aus der Erde und reift ihre kleinen �usserlich der Weintraube nicht un�hnlichen Beeren, Zwiebeln und Gr�ser spriessen aus der Erde und die Heerden kehren von den immergr�nen Weidepl�tzen der Atlasstufen zur�ck. Wir marschirten den ersten Tag sehr anstrengend, um zur rechten Zeit auf dem Markte el Had (Sonntag) zu sein, und noch denselben Tag wieder aufbrechend, �berzogen wir sodann einen niederen Gebirgszug von Nordwest nach S�dost streichend, der an der Gegend, wo wir ihn �berschritten, den Namen Dj. Ssara f�hrte. Sobald man den Kamm dieser H�gel, welche zugleich die Wasserscheide zwischen dem Mrbea und Tensift bilden, �berschritten hat, erblickt man die schneeigen Gipfel des grossen Atlas. Aber so nahe die Berge zu sein scheinen, so fern sind sie noch; ehe man nur die Stadt Marokko erreicht, hat man noch drei Tagem�rsche. Der Sultan war zu der Zeit mit der ganzen Armee dort; er hatte sich den Eintritt in die zweite Hauptstadt seines Landes erk�mpfen m�ssen. Die St�mme der Rhammena, s�dwestlich von Marokko auf den Abh�ngen des Atlas heimisch, hatten sich kurz vor seiner Ankunft emp�rt und hielten die Stadt umschlossen. Aber die Rhammena hatten nicht auf die Kanonen des Sultans gerechnet, trotzdem sie sich ziemlich hartn�ckig bei der Sauya-ben-Sassy s�dlich von der Stadt vertheidigten. Sobald die Kanonen erdr�hnten, wurden sie leicht bew�ltigt, und nachdem so und so viel K�pfe waren abgeschnitten worden, welche als Warnung an s�mmtliche St�dte des Reiches vertheilt wurden, nachdem sie aller Habe waren beraubt worden, war wieder Ruhe im Lande. Ich blieb nur zwei Tage in Marokko und verliess das Funduk (Gasthaus) nur Abends, um nicht Bekannten zu begegnen. Denn trotzdem der Sultan durch Vermittelung des englischen Gesandten mir beim Weggange von Mikenes freigestellt hatte, im Lande zu bleiben und �berall frei hingehen zu k�nnen, f�rchtete ich, falls er erf�hre, ich sei in Marokko, festgehalten zu werden. Die Stadt Marokko ist nach Beaumier's Beobachtungen mit einem holosterischen Barometer 408 Meter �ber dem Meere gelegen. Die Einwohnezahl [Einwohnerzahl] der Stadt ist, sehr wechselnd, je nachdem der Sultan anwesend ist oder nicht. Sir Drummond Hay, der zuverl�ssigste Gew�hrsmann, und der von allen Europ�ern am besten die St�dte des Innern kennen lernte, nimmt 70,000 Einwohner an. Zur Zeit, als er dort den Sultan besuchte, ist das auch wohl richtig gewesen, in gew�hnlichen Zeiten sind aber wohl nicht mehr Bewohner in der Stadt, als wie Maltzan, Beaumier und Lambert annehmen: 50,000. Nach Leo und den meisten Geographen soll Marokko von Yussuf-ben-Taschfin erbaut sein, Renou, sich auf Cooley st�tzend, giebt das Jahr 1073 als Erbauungsjahr an. Es ist indess wohl genauer, wenn wir mit Sedillot festhalten, dass der Feldherr Abu-Bekr, ein Partisan von Abd-Allah-ben-Taschfin, einige Jahre fr�her die Stadt anlegte. Von der Bedeutung aber, wie Marokko unter Yussuf, unter seinem Sohne Ali gewesen ist, von welcher Epoche Leo sagt, die Stadt habe hunderttausend H�user gehabt, davon hat dieselbe nur den grossen Umfang behalten. Nach Lambert sollen die jetzigen Mauern der Stadt, die aus Tabi (d.h. einer Mischung aus Thon, Kalk und kleinen Steinchen, welche Masse zwischen Brettern gestampft und gepresst wird) bestehen, und die wie die Umfassungsmauern aller marokkanischen St�dte von Entfernung zu Entfernung flankirende Th�rme haben, vom Sultan Mohammed ben Abd-Allah (1757-1790), dem f�higsten und bedeutendsten marokkanischen Kaiser der Neuzeit, gegr�ndet sein. Ganz entgegengesetzt zu Fes hat die Stadt Marokko mit wenigen Ausnahmen nur einst�ckige Wohnungen, und an den Seiten der _breiten_ Gassen findet man oft grosse G�rten. Nur im Handelscentrum der Stadt verengen die engstehenden H�user die Strassen. Im Uebrigen hat die Stadt ihre Kessaria (eine ganz neu erbaute f�r fremde Artikel ist nach Lambert k�rzlich hinzugekommen), ihre Ataria, ihre grossen und kleinen Funduks, ihre Marktpl�tze, auf denen der bedeutendste Markt vor der Djemma el Fanah und der andere ausserhalb der Stadt vor dem Thore "Chamis" abgehalten werden. Auch ein Narrenhaus, Morstan, befindet sich in Marokko mit �hnlicher Einrichtung wie in Fes. An �ffentlichen Geb�uden ist die Stadt arm, der Palast des Sultans, obschon �usserst umfangreich, zeichnet sich durch nichts aus. Die ber�hmteste Moschee ist die Kutubia, so genannt von den Adulen (Schreibern) und Ketabat (B�chern), welche dort, erstere ihr Handwerk treiben, letztere ebenda zu kaufen sind. Der hohe Thurm der Kutubia soll nach Lambert ca. 250 Fuss, nach Maltzan ca. 210 Fuss hoch sein, und v. Maltzan sch�tzt die Architektur auch dieses Thurmes h�her als die der Giralda von Sevilla, welche doch von L�bke in seiner Geschichte der Architektur als eines der sch�nsten Baudenkm�ler spanisch-maurischer Architektur hervorgehoben wird. Was die innere Anordnung der Djemma anbetrifft, so gleicht sie fast der grossen den "Erzengeln" gewidmeten Moschee in Fes. Auch hier die grosse Zahl von S�ulen, die von Spanien hergeholt sein sollen, auch hier die reizenden Springbrunnen, die aber oft genug kein Wasser spenden. Denn die einst so sch�nen Wasserleitungen der Stadt, weiche von den Bergen Misfua und Mulei Brahim das Wasser der Stadt zuf�hren, liegen in verwahrlosetstem Zustande. Von den �brigen Moscheen ist wenig zu berichten. Das gr�sste Heiligthum der Stadt ist die Sauya des Sidi-bel-Abbes, im Norden der Stadt gelegen. Sidi-bel-Abbes ist zugleich der Schutzpatron der Stadt, er liegt dort in einer kleinen Kubba begraben. Alle Fremde, namentlich Pilger, werden hier unentgeltlich drei Tage lang verpflegt; es versteht sich, dass diese Sauya auch Zufluchtsort f�r Verbrecher und unrechtm�ssig Verfolgte ist. Das Ghetto der Juden, wie in allen marokkanischen St�dten "Milha" genannt, d.h. der gesalzene Ort, wird nach Lambert h�ufig Spasses halber von den Mohammedanern "Messus", d.h. der "salzlose Ort" genannt; man sch�tzt die Zahl der Juden auf 6000 Seelen. Moses Montefiori, der im Jahre 1864 in Marokko war, um beim Sultan eine verbesserte Lage f�r seine ungl�cklichen Glaubensgenossen herbeizuf�hren, hat dies trotz seiner reichen Geschenke keineswegs zu Wege bringen k�nnen, sie leben dort heute noch in derselben ungl�cklichen und unterdr�ckten Art, wie bisher. F�r die Christen scheint aber dort ein Umschwung eingetreten zu sein. Beaumier konnte mit seiner Frau, freilich in seiner Eigenschaft als Consul, im Jahre 1868 unbehindert die Stadt nach allen Richtungen hin durchziehen, und der schon mehrere Male genannte Hr. Lambert bewohnt Marokko seit Jahren. Um dies zu k�nnen, muss man aber vor allem der Sprache vollkommen m�chtig sein, und man muss es verstehen, Dem�thigungen und Vexationen, �hnlich wie sie von den Mohammedanern den Juden t�glich auferlegt werden, zu ertragen. Aber keineswegs m�chte ich doch empfehlen, wie Hr. Lambert das am Ende seines der Pariser geographischen Gesellschaft �berreichten Berichtes thut: "die Touristen einzuladen, statt nach oft besuchten Gegenden zu gehen, nach Marokko zu kommen, um Ausfl�ge in die Umgegend zu machen". Solche sichere Zust�nde herrschen heute im Innern dieses Landes noch nicht[132]. [Fu�note 132: Die Folge eines solchen franz�sischen Berichtes verursachte auch den Tod von Alexandrine Tinne. Sie berief sich stets auf die zwischen Colonel Mircher und den Tuareg vereinbarten Vertr�ge, als man ihr rieth nicht ins Land der Tuareg zu gehen; Obschon sie wissen musste, dass diese Vertr�ge nur auf dem franz�sischen Papiere existirten, da von Seiten der m�chtigen und besitzenden Tuaregf�rsten Niemand erschienen war mit Oberst Mircher zu unterhandeln.] Ausser diesen vereinzelten Christen und den der Zahl nach genannten Juden besteht die Bev�lkerung von Marokko aus Berbern, Arabern und Schwarzen. Letztere, vorzugsweise wie in ganz Marokko aus Haussa- und Bambara-Negern zusammengesetzt, fasst man auch hier unter dem Namen Gnaui zusammen, sie sind alle Bekenner des Islam, haben aber viele von ihren einheimischen Sitten beibehalten. Dadurch, dass man fast mehr Schellah als Arabisch in Marokko reden h�rt, k�nnte man versucht sein zu glauben, die Berberbev�lkerung sei �berwiegend. Das ist aber nur anscheinend und namentlich an den Markttagen, wo die ganze Landbev�lkerung in die Stadt hereinkommt, der Fall. Der eigentliche St�dter ist arabischer Herkunft, hat zwar oft viel fremdes Blut, pocht aber darauf, f�r einen Araber gehalten zu werden. Wie in den �brigen St�dten Marokko's findet man auch hier viele Bewohner aus den �brigen grossen Ortschaften Nordafrika's, die manchmal einzelne Jahre lang, andere auch f�r immer sich fixiren, oder auch noch im Alter, nachdem sie ein kleines Verm�gen erworben, in die Heimath zur�ckkehren. F�r die Auss�tzigen hat man im Norden der Stadt ein eignes Dorf, Harrah[133] genannt; diese, die nur unter sich heirathen, dort eine eigene Djemma (Gotteshaus) und eigne Medressen (Schulen) haben, deren Vorst�nde ebenfalls Auss�tzige sind, d�rfen nie die Stadt betreten. Dagegen sieht man dieselben den ganzen Tag vor dem Thore "Dukala" herumlungern, um Almosen zu erflehen. Es giebt �brigens auch Beg�terte unter ihnen, denn sie treiben Industrie, haben ihren eignen Grund, auf dem sie ackern und G�rten bebauen, und die �brigen Marokkaner scheuen sich nicht, mit ihnen zu handeln; wenn aber Lambert sagt, die Furchtlosigkeit vor den Auss�tzigen w�rde so weit getrieben, dass die Stadtbewohner mit den Lepr�sen aus einer Sch�ssel assen, oder in einem Zimmer schliefen, so ist das wohl �bertrieben. In diesem Harrah giebt es eine Milha f�r die auss�tzigen Juden. [Fu�note 133: Mit diesem Worte bezeichnet man in den �stlichen St�dten Nordafrika's das Judenquartier.] Der Handel von Marokko ist gegen den von Fes gehalten gering, es fehlt den Marokkanern die Geschicklichkeit und der Unternehmungsgeist. Die einst so hoch ber�hmten Gerbereien von Leder (Corduan, Maroquin, Safian) liegen im Verfall, allerdings existiren noch ganze Strassen, wo man nur gelbe und rothe Leder, oder davon fabricirte Schuhe kaufen kann, aber das sch�nste Leder wird heute in Fes bereitet. Hauptwichtigkeit hat Marokko im Handel f�r die s�dw�rts gelegenen Atlastheile und die grosse Oase des Ued-Draa. So beziehen denn auch s�mmtliche Arabertriben, die den beschwerlichen Weg �ber den Atlas scheuen, ihre Dattelvorr�the von Marokko, und die Marokkaner holen ihren Vorrath vom Draa. Schon am dritten Tage Morgens verliessen wir die Stadt wieder. Was mich anbetrifft, so hatte ich von derselben h�chstens ein Bild gewonnen, so wie es der jetzige Reisende mit nach Hause bringt, wenn er die Eisenbahn verl�sst, um sich in irgend einer Stadt am Wege einen Tag lang aufzuhalten. Aus eigner Anschauung hatte ich nur die M�rkte bei Abend, die Kutubia und die Sauya Sidi-bel-Abbes kennen gelernt. Der R�ckweg wurde auf dieselbe Art gemacht, nur f�r mich auf angenehmere Weise, da einige reiche marokkanische Kaufleute sich der Karavane angeschlossen hatten, welche Zelte hatten, und die sich ausserdem t�glich den Luxus einer Tasse Thee erlaubten, und wenn wir in der N�he eines Duars lagerten, daf�r sorgten, dass die ganze Karavane auf ihre Kosten Fleisch bekam. Es ist sehr h�ufig, dass in diesem Lande, wo das Alleinreisen mit der gr�ssten Gefahr verbunden ist, sehr reiche Kaufleute sich mit Maulthierkaravanen zusammenthun, und dass sie unter dem "Aman", Schutz einer solchen "Gofla", Karavane weite Reisen zur�cklegen. Wieder angekommen in Asamor, trennten wir uns, der reichere Theil der Karavane zog nach dem Norden, der gr�sste Theil blieb im Ort selbst, oder in der Umgegend, und wir beide zogen l�ngs des Oceans weiter, nachdem wir noch einige Tage Rast in der Stadt gemacht hatten. Bis zum n�chsten Orte el Bridja, d.h. kleine Burg, von den Europ�ern Masagan genannt, ist gerade eine deutsche Meile Weges. El Bridja, ein l�nglichtes ummauertes Viereck, wird fast nur von Europ�ern und Juden bewohnt, und der Handel, der in Asamor sein sollte, wird hier betrieben. Die Mohammedaner begn�gen sich damit ausserhalb der Stadtmauer, die �brigens halb in Ruinen ist, in H�tten und Zelten zu wohnen. In el Bridja, Masagan, oder wie sie drittens von den Gl�ubigen genannt wird: Dar djedida, d.h. Neustadt[134], ist denn auch ein bedeutender Export-Handel, den Beaumier auf 1/8 der Gesammtausfuhr vom Lande anschl�gt. Ich traf dort �ber 20 europ�ische Schiffe auf der Rhede, und wie lebhaft der Handel dort florirt, geht am besten daraus hervor, dass in diesem kleinen Orte, wo 1864 sicher nicht mehr als 1000 Einwohner waren, alle europ�ische Nationen einen Vertreter hatten. [Fu�note 134: Diese kleine Stadt scheint sich durch den Reichthum an Namen auszuzeichnen, man h�rt sie auch El-Maduma, d.h. die Zerst�rte, nennen.] Wir verliessen Masagan und wieder l�ngs des Meeres ziehend, kehrten wir Nachts bei Arabern in einem Duar (Zeltdorf) gelagert, ein. Ein neues Ungl�ck sollte mich hier erreichen, der Spanier mein Begleiter war Nachts mit dem Esel aufgebrochen und hatte das Weite gesucht. Er hatte mir nichts zur�ckgelassen, als was ich auf dem Leibe trug, und ein kleines Ledert�schchen, welches ich als Kissen unter dem Kopfe hatte, und worin gl�cklicherweise etwas Geld war. Die Hauptsumme aber, alles was ich an Kleidung besass, hatte er aufgepackt und war damit verschwunden.--Es w�re unn�tz gewesen hinterdreinlaufen zu wollen, zumal ich annehmen musste, dass die Leute des Zeltdorfes wohl mit ihm im Einverst�ndnisse gehandelt hatten, denn ohne ihr Wollen h�tte er sich unm�glich Nachts allein aus dem Duar entfernen k�nnen. "Mktub er Lah", es war von Gott geschrieben, sagte ich nach Sitte der Marokkaner, verliess das Zeltdorf, und erreichte ziemlich fr�h Ualidia. Dies ist jetzt ein kleines Dorf ohne alle Bedeutung, scheint aber fr�h eine ziemlich bedeutende Stadt gewesen zu sein. Ein Theil der Stadtmauern und der Thore sind noch vorhanden. An der K�ste befindet sich, s�dlich vom Dorfe, der beste Hafen des ganzen marokkanischen Ufers, wenn derselbe auch nicht gross ist. Es ist dieser Hafen lagunenartig, haffartig eingeschnitten, der Art, dass die davorliegende Nehrung von Felsen gebildet ist. In fr�heren Zeiten soll dieser Hafen auch benutzt worden sein, jetzt liegt derselbe unbeachtet und fast unbekannt da. Verschiedene Reisende, welche die K�sten Marokko's besucht haben, haben auch auf die Vortrefflichkeit des Hafens von Ualidia aufmerksam gemacht, unter �ndern Frejus.--Nach Jackson wird Ualidia so genannt, weil es vom Sultan Ualid erbaut worden ist. Ich blieb in diesem Orte nur um zu fr�hst�cken, das Essen wurde mir auf zuvorkommende Weise von den Schriftgelehrten der Djemma angeboten, und alle erflehten auf mich den Segen Allah's herab, um mich f�r meinen Verlust zu tr�sten, und zugleich verfehlten sie nicht den Vater des Diebes und ihn selbst (in Gedanken und mit Worten) zu verbrennen, zu verfluchen und auf ewig zu verdammen. Leider bekam ich dadurch meinen Esel nicht wieder, und ihr Segen befreite mich auch nicht vom Fieber. So musste ich Nachmittags schon wieder Zuflucht in einem Zeltdorfe suchen, da ich von wahren Sch�ttelfrosten befallen wurde. Am anderen Tage fr�h aufbrechend, erreichte ich nach einem f�r mich recht anstrengenden Tagesmarsch sp�t Abends Saffi. Saffi, wie die Europ�er die Stadt, Asfi, wie sie die Eingeborenen nennen, liegt in einer weiten nach Westen offenen Bucht, deren �usserster Nordpunkt vom Cap Cantin gebildet wird. Die Stadt liegt unmittelbar am Ocean, ist von Mauern umgeben, besitzt an der Nordseite ausserdem eine Kasbah und hat ca. 3000 Einwohner, darunter einige Hundert Juden und ca. 50 Christen. Asfi wurde 1508 von den Portugiesen erobert, und sie blieben im Besitze der Stadt bis 1541, in welchem Jahre sie dieselbe freiwillig aufgaben. Ch�nier f�hrt an mehreren Stellen an, die Portugiesen h�tten Asfi 1641 verlassen, was aber wohl irrth�mlich ist, wenn man anders nicht nachweisen kann, dass sie es zum zweiten Male genommen. Das beim Cap Cantin anfangende oder endigende Gebirge Dj. Megher tritt, Asfi umgehend, zur�ck, sendet aber kleine Ausl�ufer bis dicht zur Stadt, dadurch wird die Ufer-Gegend weniger einf�rmig, und das Gebirge selbst muss seines reichen Baumschmuckes halber je n�her man kommt desto romantischer sein. Ich fand in Asfi alle Funduks besetzt, fand aber bei einem Juden Unterkommen. Mein erster Gang war zum englischen Consul Mr. Carstensen, denn so sehr ich sonst auch mied, mit Europ�ern in Ber�hrung zu kommen, so zwang mich andererseits mein Zustand, mich auf alle F�lle wieder in den Besitz von Chinin zu setzen. Ich fand selbstverst�ndlich den freundlichsten Empfang, nicht nur fand ich das ersehnte Medicament, auch mit einer kleinen Geldsumme half Hr. Carstensen (die ich ein Jahr sp�ter die Freude hatte, ihm pers�nlich in Tanger zur�ckerstatten zu k�nnen) auf edelm�thige Art aus. Ehemaliger d�nischer Officier, hatte Mr. Carstensen sp�ter in dem Krimkriege unter den Engl�ndern Dienste genommen, und war durch Verheirathung in die englische Consulatscarri�re gekommen. Seine Einladung, auf dem Consulate zu logiren, schlug ich indess wohlweislich aus, ebenso verf�hrten mich auch nicht die Anerbietungen des franz�sischen Consuls, dessen beiden S�hne, obschon Christen, auffallenderweise immer in marokkanischer Tracht gingen. Aber das Essen, welches mir Hr. Carstensen nach meinem Judenquartier w�hrend meines Aufenthaltes schickte, Teller, Messer und Gabeln, Servietten und Wein fehlten auch nicht, liess ich mir herrlich schmecken. Seit zwei Jahren das erste Mal, dass ich das Essen nicht direct mit _den Fingern_ in den Mund zu bringen brauchte. Ich blieb zwei Tage in dieser regen Handelsstadt, auf welche nach Beaumier 1/8 des gesammten Seehandels kommt. Auf der Rhede lagen auch hier mehrere europ�ische Kauffahrer. Der Weg von Asfi bis zum Fluss Tensift ist �usserst beschwerlich; wenn Fluth ist, tritt das Wasser n�mlich dicht an die Felsen, und �ber diese muss man dann bergauf bergab klettern, da das Gebirge gegen das Meer hin sich durch zahllose Rinnsale zerkl�ftet. Man braucht von der Hauptstadt der Landschaft Abda, d.h. von Asfi bis zum Ued-Tensift, der zugleich die Grenze der Landschaft Schiadma ist, 6 Wegstunden. Obschon die M�ndung des Tensift sehr breit ist und hohe absch�ssige Ufer hat, kann man sie zur Zeit der Ebbe durchwaten. Aber die Eingebornen m�ssen zur Hand sein, um die Stelle zu zeigen. Das �usserste rechte Ufer wird gebildet durch den s�dlichen Vorsprung des Megher-Gebirges, welches eigentlich mit dem Hadid-Gebirge Eins ist, denn am linken Ufer des Tensift zeigen die Gesteinmassen des Dj. Hadid so vollkommene Uebereinstimmung mit dem Megher-Gebirge, dass man zur Annahme berechtigt ist, der Ued-Tensift habe diesen Gebirgszug durchbrochen, um das Meer zu gewinnen. Einen Ort Rabat el Kus, wie er im Maltzan und auf verschiedenen Karten an der M�ndung des Tensift angegeben ist, fand ich nicht. Hingegen stiess ich (das Uebersetzen hatte viel Zeit weggenommen) auf dem linken Ufer auf die kleine Sauya Sidi el Hussein, in der ich freundliche Aufnahme fand und n�chtigte. H�chst romantisch nahmen sich von hier ca. 1 Stunde entfernt, im Osten die Ruinen einer alten Burg, Namens Kasbah Hammiduh, aus. Mitten im Walde auf schroffem Felsen gelegen, hatte es ehemals wohl die Aufgabe, die Einfahrt in den Tensift zu vertheidigen. Die Gegend wird jetzt immer abwechselnder, tiefe Buchten, welche das Meer macht, bewaldete Bergabh�nge, entsch�digen f�r den langweiligen Marsch auf dem weissen Sande des Strandes. Ich n�chtigte noch einmal bei einer Grabkapelle Sidi Abd Allah Bettich und erreichte sodann am dritten Tage nach meiner Abreise von Asfi am Morgen fr�h die Stadt Ssuera oder Mogador. Mogador ist eine Sch�pfung neuester Zeit. Ob der Ort Tamusiga des Ptolemaeus oder, wie Kn�tel will, Suriga hier gelegen hat, lasse ich dahin gestellt sein. Letzterer meint, der Name Ssuera sei von Suriga abgeleitet. So �hnlich nun auch beide Namen sind, so d�rfte die Etymologie de Laporte's die richtigere sein. Er leitet Ssuera von Ssura Bildniss her, Ssuera w�rde dann kleines Bild bedeuten, und da in Marokko manchmal mit dem arabischen Diminutiv etwas H�bsches, Niedliches, verbunden gedacht wird, so w�rde Ssuera "liebliches Bildchen" bedeuten. Diese Herleitung des Wortes Ssuera von Ssura hat um so mehr Wahrscheinlichkeit, als die Berber die Stadt Tassurt nennen und dies bedeutet in der Berbersprache ebenfalls ein h�bsches Bildchen. Der Name Mogador kommt ohne Zweifel vom Grabmal des Heiligen Sidi Mogdal oder Mogdur her, dessen Kapelle sich s�dlich vom jetzigen Orte in nicht weiter Ferne befindet. Wenn �brigens die Stadt Mogador erst 1760 vom Sultan Mohammed-ben-Abd-Allah gegr�ndet, und wie eine noch am Hafen befindliche Inschrift bekundet 1184 (1773 nach J.C.) vollendet wurde, so wissen wir aus den Berichten der V�ter der Provinz Touraine, dass der Name Mogador, den sie auf die vor Mogador liegenden Inseln anwenden, schon bedeutend fr�her vorkommt; ja, man findet Hafen und Insel Mogador schon auf der catalanischen Karte von 1375 eingetragen[135]. [Fu�note 135: Renou p. 43.] Die Stadt liegt auf einer kurzen, flachen und nach S�dwest ins Meer sich senkenden Landspitze. Vor der Bucht, welche so gebildet wird, zieht sich dann eine gr�ssere Insel hin, und weiter nach S�den und dem Lande n�her, noch vier kleine Eilande. Die grosse Insel ist durch ein Fort befestigt, das aber jetzt nur marokkanische Str�flinge enth�lt, und seit dem Bombardement des Prinzen Joinville am 14. August 1844 nur �usserst nothd�rftig wieder hergestellt ist. Eine der kleineren flachen Inseln hat ebenfalls eine Fortification. Die Stadt, selbst, fast viereckig von Form, ist eigentlich nach der Seeseite zu befestigt, denn die Mauern nach der Landseite zu, etwa 20' hoch sind kaum 6' dick und aus dem schlechtesten Material erbaut. Nach der Wasserseite aber ist die Kasbah mit ca. 30' hohen Mauern und Bastionen, und diese Kasbah, worin der Gouverneur, die Consuln, vornehme Christen und Juden wohnen, ist auch von der eigentlichen Stadt durch eine gleich hohe Mauer getrennt. Diese hat breitere und vollkommen gerade Strassen und nur einst�ckige Wohnungen, w�hrend in der Kasbah die Strassen zwar auch gerade, aber eng sind, was noch um so mehr hervortritt, weil die H�user der Kasbah meist mehrere Stock haben. Der Marktplatz des Ortes hat S�uleng�nge, �hnlich wie in L'Araisch. Die Zahl der Bev�lkerung d�rfte 10-12000 Seelen incl. der Juden und Christen betragen. Dass Mogador, obschon am entferntesten von Europa gelegen, bislang von allen marokkanischen H�fen den bedeutendsten Handel hatte, verdankt es nicht allein den Anstrengungen der marokkanischen Regierung, sondern zum Theil seinem reichen Hinterlande; dann auch weil Agadir den Europ�ern verschlossen worden ist, und somit alle Producte der Landschaften s�dlich vom Atlas, ja von einem Theile des Sudan her, hier zusammenstr�men. Indess d�rfte Tanger, was Werth und Menge der Aus- und Einfuhr anbetrifft, wohl bald Mogador �berfl�geln. Importirt werden hier besonders Baumwollenstoffe und Thee aus England, Zucker aus Belgien und Frankreich, Tuche, Wachsz�ndh�lzchen und Stearinlichte aus Frankreich (letztere, sowie auch Salonz�ndh�lzchen, ebenfalls aus Wien), Bretter aus Oesterreich, Stahlwaaren und Waffen aus England und Deutschland, endlich eine Menge kleinerer Sachen aus Deutschland, welche aber nur durch Zwischenhandel dahin gelangen. Exportirt wird Getreide, haupts�chlich Weizen, Gerste und Mais, trockne H�lsenfr�chte, besonders Saubohnen, Thierfelle, Schafwolle, und an Fr�chten Mandeln, Datteln, Oliven; aus dem Sudan werden Federn und Elfenbein gebracht, Gummi kommt heute in Mogador wohl kaum mehr zum Export. Ebenso hat die Sclavenausfuhr von hier, die in den dreissiger Jahren auch von deutschen Schiffen unter dem Namen von "Ebenholzhandel" stark betrieben wurde, ganz aufgeh�rt. Mogador hat wirkliche Consuln aller M�chte, mit Ausnahme des Deutschen Reiches. Ich hatte mir in einem Funduk ein leidliches Zimmer zu verschaffen gewusst und blieb einige Tage in der Stadt, um meine Gesundheit wieder etwas herzustellen. Der englische Consul versorgte mich mit Chinin. Und dann sagte ich mit Mogador dem letzten Hauche der Civilisation Lebewohl; ich wusste, weiter nach dem S�den zu sei kein Christ mehr anzutreffen, ich wusste sogar, dass weiter nach dem S�den zu mir die arabische Sprache mit Ausnahme in den St�dten, nichts mehr n�tzen w�rde.--Sobald man die Stadt verl�sst, befindet man sich in grossen Sandpartien neueren Ursprunges, in D�nen, welche in j�ngster Zeit aus dem Meere ausgeworfen sein m�ssen. Ich wanderte zum s�dlichen Thore hinaus, ganz ohne Begleitung. Einige, besonders Juden und Christen, hatten mir den Weg bis Agadir sehr gefahrvoll vorgestellt; andere, Mohammedaner, meinten, ich habe nichts zu f�rchten. Nachdem man eine halbe Stunde von der Stadt entfernt die Kubba Sidi-Mogdal's passirt hat, des Heiligen, welcher der Stadt den Namen gegeben hat, und der besonders bei der weiblichen Bev�lkerung in grosser Verehrung steht, erreicht man zwei halb vom Sande verschlungene Schl�sser des Sultans. Der Weg, der sich Anfangs gen S�den l�ngs des Meeres hinzieht, wendet sich bald darauf nach Osten und die D�nen erreichen ihr Ende. Statt dessen kommt man in einen dichten 10-12' hohen Binsenwald. Die Bewohner flechten Matten und K�rbe aus diesen Binsen, die jedoch bei Weitem nicht so dauerhaft sind, wie jene aus den Bl�ttern der Zwergpalme oder aus Halfa. Dieser Binsenwald ist 3 Stunden breit, dann erreichte ich Mittags eine gut ummauerte Quelle mit herrlichem Trinkwasser. Von hier an nahm nun die Gegend einen ganz anderen Charakter an; wilde Oliven, immergr�ne Eichen, Lentisken- und Lotusgeb�sche wurden immer seltener, dagegen trat aber ein Baum, der Argan, welcher in den Landschaften von Dukala, Abda, Schiadma nur vereinzelt auftritt, hier derart seine Herrschaft an, dass man wohl annehmen muss, diese Landschaft Haha, welche die westlichsten Ausl�ufer des Atlas in sich begreift, sei die eigentliche Heimath dieses n�tzlichen Baumes. Eigenth�mlich genug, findet sich dieser Argenbaum nur in diesen Gegenden, sonst _nirgendwo_ auf der Erde. Der Elaeodendron Argan hat in der Regel die Gr�sse unserer Obstb�ume, mit dem Oelbaume hat er aber, obschon andere Reisende ihn damit verglichen haben, keine Aehnlichkeit. Das helle saftgr�ne Blatt gleicht vielmehr den Myrtenbl�ttern. Die Frucht selbst, von der Gr�sse einer Olive, sieht, wenn vollkommen reif, hochgelblich aus und hat einen widerlich s�ssen Geschmack, f�r Menschen ist sie vollkommen ungeniessbar. Aber desto mehr wird sie von den auf den Bergabh�ngen weidenden Ziegen und Schafen aufgesucht. Und da der Baum das ganze Jahr hindurch nach und nach Fr�chte zeitigt, so hat man hier die fettesten und sch�nsten Heerden. Der braune faltenreiche Stein der Frucht, l�nglich von Gestalt und so gross wie ein Aprikosenkern, schliesst einen weissen Kern ein, der �usserst bitter schmeckt, aber ein sehr gutes Oel liefert, das in diesen Gegenden allgemein von den Eingeborenen zur Speisebereitung benutzt wird. Auch in Mogador wird das Oel von den Eingeborenen benutzt, von den Europ�ern aber nicht. Ich selbst habe es nat�rlich immer essen m�ssen, und fand, hat man sich erst etwas an den eigenth�mlich angebrannten oder r�ucherigen Geschmack gew�hnt, das Oel vollkommen geniessbar. Der Arganbaum erreicht bisweilen die H�he und den Umfang, dass seine St�mme als Nutzholz verwerthet werden k�nnen. F�r die Zukunft, d.h. wenn Marokko in den Kreis der Civilisation wird gezogen worden sein, dem es sich auf die Dauer ebenso wenig wie ein anderes Land wird entziehen k�nnen--wird dieser Baum der Landschaft Haha eine grosse Rolle spielen. Leider denken jetzt die Eingeborenen so wenig daran, materiell ihre Lage zu verbessern, dass sie es verschm�hen, die Fr�chte des Arganbaumes, von dem es ausgedehnte und dichte Waldungen giebt, zu sammeln und zu Markte zu bringen, sondern es vorziehen, sie meist auf dem Boden verfaulen zu lassen. Ich �bernachtete in einer Sauya, wo nur der Thaleb Arabisch verstand, alle �brigen, Berber ihrer Nationalit�t nach, sprechen und verstanden nur Schellah. Es war hier das letzte Dorf, wenn man einige H�tten und Zelte, die sich um die Sauya herum gruppirt hatten, so nennen will. Denn wenn die Gegend schon dadurch einen eigenth�mlichen Reiz bek�mmt, dass der im herrlichsten Gr�n prangende Arganbaum so vorwiegend sein Reich hier inne hat, so wird man andererseits, je weiter man in Haha nach dem S�den zu vordringt, durch die eigenth�mliche Bauart, durch das merkw�rdige Wohnen der Eingebornen ber�hrt. Im Norden vom Atlas, im eigentlichen Marokko (Rharb el Djoani) wohnen alle Eingeborenen, einerlei ob Berber oder Araber, entweder in H�usern aus Stein zu St�dten und D�rfern _vereint_, oder in Zelten zu Zeltd�rfern _vereint. Einzelne_ Wohnungen, _einzelne_ Zelte findet man fast nie. Hier ist nun Alles anders. Man glaubt sich pl�tzlich ins Mittelalter zur�ckversetzt, die kleinen Berge und fast jeden H�gel sieht man von einer grossen kastellartigen Burg gekr�nt. Sei es nun, dass es von jeher diesen Berbern gefallen hat so zu wohnen, sei es, dass die grosse Unsicherheit der Gegend, die steten Feindseligkeiten der einzelnen St�mme und Familien, ein solches _befestigtes_ Wehrsystem nothwendig machte, gewiss ist es einzig in seiner Art. Denn die St�dte, D�rfer, Zeltd�rfer oder _unbefestigte einzelne_ Wohnungen fehlen ganz und gar. Vier, f�nf oder noch mehr Familien bewohnen solche kastellartige Schl�sser, welche meist viereckig von Form eine H�he von 20 bis 30 Fuss haben. Fast alle haben an zwei Ecken hohe flankirende Th�rme, und fast alle haben oben auf der Umfassungsmauer Zacken. Sie sind aus soliden Steinen mit M�rtel aufgef�hrt, haben einen schmalen Graben, besitzen nur Ein Thor, welches in der Regel durch eine Zugbr�cke von dem umgebenden Terrain erreicht wird. Im Innern dient der ganze untere Raum, sowie der grosse Hof f�rs Vieh, die Menschen haben in der zweiten Etage, die einen gew�lbten Boden hat, ihre St�tte, zu der man mittelst einer Leiter, die man im Nothfalle nach sich ziehen kann, hinaufk�mmt; jede Familie hat nur ein Zimmer. Da die hier vom grossen Atlas entspringenden Fl�sschen alle nur im Winter Wasser fortschwemmen, so haben die Eingeborenen f�r Cisternen gesorgt, die man manchmal am Wege, manchmal an irgend einer Oertlichkeit, die den Erbauern g�nstig schien, eingerichtet findet. Diese Cisternen sind ganz in der Art und Weise gebaut, wie die der R�mer. Es sind 15 bis 20 Fuss lange, 5 bis 10 Fuss breite, 20 Fuss tiefe und aus behauenen Steinen ausgemauerte Gruben, die oben _�berw�lbt_ sind. Durch ein kreisrundes Loch wird mittelst eines Eimers das Wasser heraufgeholt, welches selbst, aus Regeng�ssen oder aus einem Rinnsale gesammelt, mittelst eines anderen Loches hineinfliesst. Cisternen mit mehreren Abtheilungen sind mir nicht zu Gesichte gekommen, indess m�gen sie auch vielleicht existiren. Einzelne dieser Wasserbeh�lter, und dieses sind die schlechteren, scheinen aus verh�ltnissm�ssig neuer Zeit herzustammen, die Mehrzahl aber tr�gt ein sehr altes Gepr�ge an sich. Am zweiten Tage hielt ich der grossen Strasse (d.h. man muss dabei an marokkanische Strassen denken) folgend durchaus s�dliche Richtung, es ging bergauf bergab, denn ich hatte alle die unz�hligen, oft breiteren, oft schm�leren westlichen Abh�nge des Atlas zu �bersteigen. Dabei war man fortw�hrend im herrlichsten Arganwald, und hin und wieder tauchten Schl�sser und Burgen, oder auch nur die hohen Wartth�rme derselben vor meinen erstaunten Augen auf. Mittags desselben Tages hatte ich noch Gelegenheit, in einem solchen Schlosse einer Hochzeit beizuwohnen. Schon von Weitem h�rte ich durch den Wald die Musik, vorz�glich das Trommeln und das Ui-Ui-Ui der alten Weiber. Ich ging dem L�rm nach, und kaum hatte mich die lustige Gesellschaft erblickt, als ich mit "Willkommen, Willkommen" begr�sst wurde. Die Berber halten es f�r ein gutes Zeichen, wenn wirkliche Fremde von weither zu einer Hochzeit sich einstellen. Man war am zweiten Tage; die Braut, das Kind einer fremden Burg, war noch nicht geholt; es geschieht das erst am dritten Tage. Dagegen amusirten sich die beiderseitigen Anverwandten auf Kosten des Vaters des Br�utigams ungeheure Quantit�ten von Nahrung zu vertilgen, dabei wurde getanzt (von Sclavinnen, mit denen sich die Berber nicht nach Art der Araber vermischen), musicirt und allerlei Allotria getrieben. Der Br�utigam selbst, ein junger h�bscher Mann von etwa 25 Jahren vom Stamme der Ait-Ischar, sass in einem neuen Gewande, schweigend auf einer Erh�hung. Mit Ausnahme einiger Redensarten verstand Niemand Arabisch, selbst ihr Schriftgelehrter sprach die Religions- und Schriftsprache nur sehr mangelhaft. Es war daher sehr schwer f�r mich, mich mit ihnen n�her einzulassen. Sie hatten �brigens bald genug herausgebracht, dass ich grossen Hunger hatte, und ein reichliches Mahl von Kuskussu, von Brod, Butter und Honig half dem ab. Aber wahrscheinlich hatte ich der Mahlzeit auf zu berberische oder arabische Weise gehuldigt, d.h. meinen Magen �berladen (ich hatte seit dem Abend vorher nichts genossen); denn kaum hatte ich meine Wanderung s�dw�rts wieder angetreten, als ich vom heftigsten Fieber abermals �berfallen wurde. Nur mit M�he ging es vorw�rts, aber da ich mitten im Walde war, musste ich Abends ein Unterkommen zu erreichen suchen. Gerade als die Sonne untergehen wollte, entdeckte ich ein stattliches Schloss, wanderte den H�gel hinauf, und obschon die Leute kein Wort von dem verstanden, was ich wollte, merkten sie doch, ich w�nsche nur ein Unterkommen, und das gaben sie mir. Am anderen Morgen befand ich mich bedeutend besser, ich hatte eine grosse Gabe Chinin genommen, und das Fieber war endlich gewichen. Der Weg hielt dieselbe Richtung, die Berge wurden nun immer wilder und h�her, aber die Gegend gleich gut bev�lkert und reich mit hellgr�nen Arganb�umen bewaldet. Das leere Bett des Ued-Tamer wurde durchstiegen, der st�rkste und l�ngste Gebirgsausl�ufer des Atlas, der Dj. Ait-Uakal (Cap Gher) erreicht, und sobald ich den Kamm dieses H�henzuges �berschritten hatte, wandte sich der Weg nach Westen und bald darauf hatte ich das Meer erreicht. Es war Nachmittags, als ich es endlich zu Wege gebracht hatte, die steile K�ste hinabzuklimmen, mit gr�sstem Staunen aber bemerkte ich, wie gleich darauf ebenfalls eine Karavane, aus beladenen Eseln und Maulthieren bestehend, diesen Weg herabklomm. Hatte ich gewollt, so w�rde ich wohl noch am selben Tage Agadir erreicht haben, aber meine Schw�che n�thigte mich Zuflucht in einer dicht am Meere gelegenen Burg zu suchen. Am anderen Morgen l�ngst des Meeres weiter gehend, erreichte ich gegen 10 Uhr Fonti, das Dorf, welches am Fusse des Berges gelegen ist, auf dem sich Agadir oder Santa-Cruz befindet. Das Dorf Fonti hat seinen Namen von einer Quelle, die sich auf dem Berge von Agadir etwas unterhalb der Stadt befindet, die Portugiesen nannten die Quelle Fonte, woraus die Eingebornen Fonti machten und dies Wort auch auf das Dorf am Strande ausdehnten. Ich war anfangs der Meinung diese Oertlichkeit sei die Stadt Agadir, da wegen des starken Nebels, welcher die ganze obere Partie des Berges einh�llte, nichts von Geb�uden zu erblicken war. Fonti selbst ist nur ein �rmliches Nest aus kleinen H�tten, ist aber dennoch auf gewisse Art befestigt. Nach der Landseite zu wird es durch den Berg von Agadir und zwei Mauern, die sich l�ngs des Berges hinaufziehen, gesch�tzt, nach der Seeseite war der Ort offen, weil er der Aermlichkeit selbst wegen keinen Angriff zu f�rchten hatte. Nach dem Kriege mit Spanien scheint aber Sultan Sidi-Mohammed-ben-Abd-er-Rhaman anderer Meinung geworden zu sein. Irren wir nicht, so existirte ein geheimer Vertrag in den Friedensartikeln, wonach die Marokkaner diesen Ort, d.h. Agadir, den Spaniern abtreten sollten, oder jedenfalls war die Rede davon, dass die europ�ischen M�chte wieder das Recht haben sollten hier Consuln zu installiren. Aber nach Sitte der Marokkaner dachte man nicht daran sein Wort zu halten. Aufs Eifrigste war man deshalb besch�ftigt den Ort Fonti durch massiv steinerne Batterien auf europ�ische Weise zu befestigen, und leider waren es spanische Renegaten, die sich zu diesen Arbeiten hergaben. Auch bei der _Quelle_, Fonti wurden neue Batterien errichtet. Ob nun aber diese Befestigung dennoch hinl�nglich sein wird, auch nur ein einziges Kanonenboot vom Bombardement und von der Zerst�rung der Werke abzuhalten, m�chte ich bezweifeln. Sonst hat der untere Ort, dessen Einwohner ausschliesslich vom Fischfange leben, noch Bedeutung als Zollstation, alle Waaren, die aus dem Sus, dem Nun und s�dlich davon gelegenen Districte kommen, m�ssen hier ihren Eingangszoll zahlen, so dass bei Agadir die eigentliche politische Grenze des Kaiserreiches ist. Sobald die Sonne die Nebel zertheilte, zeigte sich hoch oben auf dem Berge Agadir, und ich machte mich auf, den steilen Berg zu erklimmen. * * * * * 14. Reise s�dlich vom Atlas nach der Oase Draa * * * * * Die eigentliche Stadt liegt auf einem nach allen Seiten fast gleich absch�ssigen Berge, der eine H�he von 800 Fuss[136] �ber dem Meere haben mag. Sie bildet ein l�ngliches Viereck, dessen schmale Seite dem Meere zugewandt ist. Die hohen krenelirten Mauern sowie die Bastionen, die jene unregelm�ssig flankiren, sind, obgleich in gutem Zustande was das Aeussere anbetrifft, doch aus schlechtem Material aufgef�hrt, so dass sie die Stadt fast ohne Widerstand gegen einen Angriff der Europ�er lassen w�rden. Ebenso sind die wenigen Kanonen, die sich in den Batterien befinden, ihres Alters wegen fast unbrauchbar. [Fu�note 136: Nach Arlett 198 Meter.] Die Stadt Agadir wurde um 1500 von einem portugiesischen Edelmann[137] gegr�ndet. Man nannte die Stadt Santa-Cruz, w�hrend die Berber den Ort Tigimi-Rumi, die Araber ihn Dar-Rumia nannten. Einige Zeit sp�ter erwarb der K�nig von Portugal die Veste, und liess den Namen Santa-Cruz bestehen. Zur Zeit Leo's war der Ort noch im Besitze von Portugal, Leo nannte den Ort Gargessem. Im Jahre 1536 wurde die Festung vom Scherif Mulei Ahmed erobert, und blieb seitdem immer im Besitze der Marokkaner. Schon 1572 liess Mulei Abdallah eine Batterie bei den Quellen "Fonti" errichten. [Fu�note 137: Siehe Renou p. 36.] Der Name Agadir, der offenbar gleich nach Eroberung der Stadt durch die Marokkaner gang und g�be wurde, bedeutet in der Tamasirht-Sprache "Umfassungsmauer," auch "Festung". Renou p. 38 f�gt noch hinzu: "Da Agadir ein generischer Name ist, sollte man noch einen zweiten, um denselben zu vervollst�ndigen, erwarten. In der That nennt sich die Stadt, die uns angeht, Agadir-n-Ir'ir, die Festung des Ellenbogen, d.h. des Vorgebirges" etc. etc. Was das Innere der Stadt anbetrifft, so sind alle H�user, ausgenommen das der Regierung, welches der Kaid bewohnt, sowie die Djemma, die sich in gutem Zustande befindet, halb oder ganz verfallen. Ich glaube die Einwohnerzahl schon zu gross anzugeben, wenn ich sie auf 1000 Seelen sch�tze[138]. Gr�berg di Hems� glaubt kaum 600 Einwohner annehmen zu d�rfen. In neuerer Zeit hat sich der Ort aber etwas gehoben, so dass jetzt vielleicht gegen 1000 Menschen in Agadir und Fonti leben m�gen. [Fu�note 138: Davidson sagt, Agadir habe bloss 47 Muselmanen und 62 Juden.] Der zweimalige Markt, der in der Woche ausserhalb vor dem einzigen Thore der Stadt abgehalten wird, f�hrt derselben einigen Handel zu, und es sind haupts�chlich die Juden, die f�r die kleinen Bed�rfnisse der Stadt sowohl als auch des umliegenden Landes Sorge tragen. Die Stadt liegt auf der s�dwestlichsten Seite des Atlas, und w�hrend nach Osten und Norden hin das Auge Nichts wahrnimmt, als sich �bereinander h�ufende Berge, verliert sich nach dem S�den zu die Aussicht in die unendliche Ebene, die den Ued-Sus vom Ued-Nun trennt. Der Ued-Sus selbst ergiesst sich eine halbe Stunde s�dlich von der Stadt in die Meeresbucht. Diese ist die vortrefflichste von ganz Marokko. Gr�berg di Hems� sagt: "Der Hafen von Agadir ist der sch�nste der ganzen K�ste, und der werthvollste f�r den Handel mit Innerafrika, namentlich wenn er in H�nden einer europ�ischen Macht sich bef�nde, die denselben sehr leicht erwerben und davon immer mehr Vortheile w�rde ziehen k�nnen." So sehr wir mit Hems�, was die Ger�umigkeit der Bucht anbetrifft, �bereinstimmen, so sehr m�chten wir bezweifeln, dass es heute leicht sein w�rde den Hafen k�uflich von Marokko zu erwerben, obschon auch wir �berzeugt sind, dass f�r den Handel kein Hafen erbiebiger [ergiebiger] sein w�rde als Agadir. Gleich beim Eintritt in die Stadt wurde ich �berrascht, indem ich �ber dem Thore neben einer arabischen Inschrift eine mit lateinischen Buchstaben geschriebene bemerkte; ich war so gl�cklich sie sp�ter unbemerkt copiren zu k�nnen. Sie lautet: VREEST . GOD . ENDE EERT DEN KONING 1746. Man darf wohl annehmen, dass diese Inschrift von einem Renegaten, der wahrscheinlich Maurer oder Steinhauer von Profession war, verfertigt wurde. In Agadir angekommen, begab ich mich zuerst nach einem Kaffeehause, um dort nach dem Funduk Erkundigungen einzuziehen; zu meinem Erstaunen erfuhr ich, dass ein solches nicht vorhanden sei, und auch dies deutet genugsam die Unbedeutendheit des Ortes an. Der Abk�mmling eines Spaniers hatte indess die Liebensw�rdigkeit, mir seine Tischlerwerkst�tte als Wohnung anzubieten, was ich dankbarlichst annahm. Ausserdem was Kleidung, Gebr�uche und Sitten anbetrifft ganz Marokkaner geworden, war er der gastfreundlichste Mann, und schickte t�glich aus seiner Wohnung einige Speisen. Aber ich hatte nicht n�thig in dieser Beziehung dem guten Manne zur Last zu fallen, denn der Kaid der Stadt sandte mir t�glich zu essen oder ich speiste in seiner Wohnung. Derselbe hatte n�mlich kaum meine Ankunft in Erfahrung gebracht, als er mich rufen liess. Ich glaubte schon, es g�lte ein Examen zu bestehen: wer ich sei, wes Landes, wohin ich wolle, was ich treibe u. dgl. m. Aber davon war keine Rede. Der arme Mann war stark erkrankt, und da sollte Rath geschafft werden. Gl�cklich f�r mich konnte ich Linderung bringen, und von dem Augenblicke an war ich in Agadir ein gern gesehener Gast. Meine eignen Fieberanf�lle stellten sich aber wieder ein, wohl hervorgerufen durch die starken Nebel, die um diese Jahreszeit t�glich dort herrschten. Es ist auffallend, wie kalt die Luft in Agadir war, selten durchdrang die Sonne den Nebel vor Mittag und die Leute versicherten, dass selbst im hohen Sommer diese starken Nebel selten vor Mittag zerstreut w�rden. Ich blieb sieben Tage in Agadir und konnte mich hinl�nglich erholen. Vom Verlassen des Ortes, um spazieren zu gehen, konnte nicht die Rede sein, da die ganze Gegend �usserst unsicher ist. Unsicherer wird sie noch dadurch, dass Schmuggler in den Gebirgsabh�ngen oberhalb von Agadir ihr Wesen treiben. Der Ort Fonti am Meere ist n�mlich, wie gesagt, das eigentliche Eingangsthor f�r die directen Karavanen vom Sudan, wenigstens f�r die, welche den Weg �ber Nun eingeschlagen haben. Ich schloss mich sodann einer durchpassirenden Karavane an, um mit ihr nach Tarudant zu gelangen. Denn wenn man auch von hier noch nicht Wassermangel zu bef�rchten hat, so herrscht das Faustrecht dennoch so sehr, dass es gerathen schien in Gesellschaft zu reisen. Gerade am selben Tage hatte ich in Fonti noch Gelegenheit mich zu �berzeugen, wie wenig fremdes Eigenthum respectirt wird: zwei Fremde kamen vollkommen ausgepl�ndert, sogar ihrer s�mmtlichen Kleider beraubt in die Stadt gefl�chtet. Gewiss ist hier nur die reine Raubsucht der Berber der Beweggrund zu solchen Handlungen, keineswegs aber Mangel. Man k�nnte den Rlnema am Ued-Ssaura entschuldigen, wenn er ein R�uber ist, weil er in einer der �rmsten Gegenden der Welt lebt, aber das Land am Sus ist eins der reichsten in ganz Marokko. Wir brachen Nachmittags von Fonti auf, und machten Abends nach Sonnenuntergang Halt in einem Dorfe; Duar, d.h. Zeltd�rfer, findet man in diesem Theile s�dlich vom Atlas nicht, die ganze Bev�lkerung ist sesshaft. Und gleich hier am ersten Tage unserer Reise sollten wir einen recht greiflichen Beweis der R�ubereien dieser V�lker haben: es wurde uns Nachts ein Kameel gestohlen. Wenn man nun bedenkt, dass die Kameele Nachts mit fest zusammengebundenen Vorderbeinen im Kreise lagen, so kann man sich einen Begriff von der Schlauheit und K�hnheit der Diebe machen. Ich sah das Thier forttreiben im schnellsten Galopp, wir machten uns gleich auf, man schoss, aber Alles war bei der Dunkelheit der Nacht vergebens. Als am anderen Morgen die Eigenth�mer der Karavane beim Schich der Oertlichkeit klagten, der w�rdige Mann hiess el-Hadj-el-Arbi, versprach er Alles zu thun die Diebe ausfindig zu machen, aber weitere Erfolge wurden nicht erzielt. Zum Gl�ck f�r die Besitzer des verlorenen Kameels waren die anderen Thiere stark genug, um die Ladung des verlorenen, die aus 4 Centner Zucker bestand, aufnehmen zu k�nnen. Mit dem Kameele waren aber 90 Metkal = 170 Fres. verloren. Ich wurde nun zum ersten Male recht in das Karavanenleben eingeweiht, das einfache Fr�hst�ck aus Sesometa (ger�stete Gerste, die grob gemahlen in Schl�uchen mitgef�hrt wird, man geniesst sie, indem man Salz, Argan�l oder Oliven�l zusetzt, ganz arme Leute setzen bloss Wasser zu), das Treiben der Kameele, Abends das Brodbacken, oder erreicht man ein gastliches Dorf, Bewirthung durch die Bewohnerschaft--das ist der gew�hnliche Gang der Sus-Karavanen. Der Weg, der sich fortw�hrend in �stlicher Richtung hinzieht, und meist dem Flusse parallel ist, geh�rt zu einem der sch�nsten, was die Reichhaltigkeit der Natur anbetrifft, den man sich nur denken kann. Als Lempriere diese herrliche Natur durchzog, er giebt die Distanz von Santa-Cruz (Agadir) nach Tarudant auf 44 engl. Meilen an, muss er sehr �bler Laune gewesen sein. Er sagt davon weiter nichts: ich hatte einen sch�nen, aber langweiligen Weg, da wir nichts als Haiden und Waldungen zu durchwandern hatten. Und doch kann man diese herrlichen Ebenen nur mit der lombardisch-venetianischen des Po vergleichen. Freilich fehlt der m�chtige Strom, aber wie entz�ckend schl�ngelt sich der stets Wasser f�hrende Sus durch die Oliven und Orangeng�rten hin. Und im Norden der stolze Atlas, zeigt er auch nicht so hohe schneegipflige Spitzen, wie der Montblanc und andere Riesenberge der Schweiz und Tirols, so hatten die Alten doch keineswegs ganz Unrecht das kolossale Atlasgebirge als Tr�ger des Himmels zu bezeichnen. Das Thal des Flusses ist ein wahrer Garten, ein Dorf, ein Haus neben dem anderen, Oel-, Feigen-, Stachelfeigen-, Granaten-, Pfirsich-, Mandel-, Aprikosen-, Orangenb�ume und Weinreben bilden ein liebliches Durcheinander. Aber so entz�ckend die Gegend ist, so unheimlich fallt es auf, dass alle Welt nur bis an die Z�hne bewaffnet ausgeht. Jeder Mann hat seine lange Flinte auf dem R�cken, sehr h�ufig sieht man hier auch schon Doppelflinten, welche vom Senegal hierher dringen: ausserdem hat Jeder seinen krummen Dolch mit meist aus Silber gearbeiteter Scheide. Ich hatte eigentlich die Absicht nach dem Nun-District vorzudringen, aber die fortw�hrenden Fieberanf�lle, dann das Verlangen wieder unter civilisirte Menschen zu kommen, endlich die Schilderung, die man in Agadir von einem gewissen Scherif Sidi-el-Hussein, der in der Sauya Sidi-Hammed-ben-Mussa residiren sollte und �ber dessen Gebiet ich kommen m�sse, liessen mich davon abstehen. Man erz�hlte in Agadir die scheusslichsten Grausamkeiten von diesem Menschen, der sogar seinen eignen Bruder und Sohn hatte k�pfen und vor Kurzem noch zwei spanische Renegaten hinrichten lassen. Das hinderte nat�rlich nicht, dass er im Rufe der gr�ssten Heiligkeit steht, und gerade um die Zeit, als ich in Agadir mich befand, war die Hauptperiode der Wallfahrt nach seiner Sauya, man nennt diese Wallfahrtszeit "Mogor". Tausende von Leuten aus der ganzen Umgegend zogen nach der Sauya-Sidi-Hammed-ben-Mussa, um dem Abk�mmling Mohammed's ihre Ersparnisse zu �berbringen, wof�r sie sodann den Segen und Ablass f�r ihre S�nden bekommen. Ich vermuthe, dass Sidi-Hammed-ben-Mussa der auf der Petermann'schen Karte angegebene Ort Wesan ist oder, wie wir Deutschen ihn schreiben w�rden, Uesan. Denn h�ufig pflegten die Pilger zu sagen, sie z�gen nach Uesan, und als ich dann meinte, da h�tten sie doch einen weiten Weg, denn Uesan l�ge weiter entfernt und jenseits Fes', erwiederten sie, nicht nach Uesan Mulei Thaib's, sondern nach Uesan Sidi-Mohammed-ben-Mussa's wollten sie pilgern. Gatell, der nach mir bis zum Nun vordrang, erw�hnt dieses Ortes nicht. Wir h�tten sicher am zweiten Tage die Stadt Tarudant erreichen k�nnen, da wir aber mit Nachforschungen nach dem gestohlenen Kameel viel Zeit verbrachten und erst Mittags aufbrachen, �bernachteten wir noch ein Mal. Und an dem Tage w�re ich selbst fast ausgepl�ndert oder gar ermordet worden. Ich hatte mich etwas von der Karavane entfernt, als auf einmal zwei bewaffnete M�nner mich anhielten, und w�hrend der eine fragte, was es Neues in Agadir g�be, spannte der andere den Hahn seines Gewehres; sie hatten unstreitig die Absicht mich auszupl�ndern, als gl�cklicherweise zwei Leute der Karavane, auch bewaffnet und die ebenfalls zur�ckgeblieben waren, zu mir stiessen und mich so der Gefahr meiner Kleidungsst�cke beraubt zu werden, �berhoben. Zugleich bekam ich einen derben Verweis von ihnen, und sie verboten mir, mich wieder von der Karavane zu entfernen, da der Kaid von Agadir die Karavane verantwortlich gemacht f�r meine gl�ckliche Ueberkunft nach Tarudant. Das Gebirge wird immer h�her, je weiter man nach Osten vordringt, obgleich man fortw�hrend in der Ebene bleibt. Unendlich viele leere Flussbetten, die nur im Fr�hjahr Wasser schwemmen, ziehen sich vom Atlas in den Sus hinein, aber nur ein einziger (auf der Petermann'schen Karte richtig eingetragen) einige Stunden westlich von Tarudant hat das ganze Jahr hindurch Wasser. Dieser Fluss ist wahrscheinlich der von Gatell erw�hnte Ued-Eluar. Zu der Zeit, als ich ihn durchwatete, konnte ich seinen Namen nicht erfragen. Abends machten wir Halt bei einem Hause, das zuf�lligerweise von Arabern bewohnt (die ganze Sus-Gegend hat durchaus Berberbev�lkerung) war, die wenig oder gar nicht Schellah verstanden. Welch ein Unterschied im Empfange! W�hrend uns am Abend vorher, als wir in einem grossen Dorfe �bernachteten, Niemand etwas zu essen brachte, sondern wir gezwungen waren, uns selbst zu bek�stigen, versorgte hier der Hausherr die ganze Karavane mit Speise auf die freigebigste Art. Und hier hatten wir wieder einen Beweis, dass Araber gastfreundlicher als Berber sind. Am folgenden Morgen waren wir schon vor Sonnenaufgang wieder unterwegs, wir hatten heute nur einen halben Marsch zu machen, da wir Mittags in Tarudant eintreffen mussten. Rechts auf der linken Flussseite tauchte jetzt auch eine Bergkette auf, die, von Nordosten kommend, sich nach S�dwesten hinzieht. Je n�her wir der Stadt kamen, desto angebauter fanden wir die Gegend, obgleich vom ganzen Lande, wie �berall, kaum der zw�lfte Theil des Bodens nutzbar gemacht wird. Kurz vor Mittag fragten mich meine Gef�hrten, ob ich die Stadt nicht s�he; auf meine Verneinung zeigte man mir einen nahen Palmwald, hinzuf�gend: das sei die Stadt, aber die Geb�ude k�nne man wegen der hohen Palmen und buschigen Olivenb�ume nicht sehen. So war es auch in der That, fortw�hrend in einem Oelbaumwald fortmarschirend, befanden wir uns pl�tzlich vor den Thoren, ohne vorher das Geringste von den Geb�uden der Stadt wahrgenommen zu haben. Es war gerade Mittag, als wir das Stadtthor durchzogen; ich trennte mich hier von den freundlichen Leuten der Karavane, um ein Unterkommen zu suchen, und war auch so gl�cklich in einem Funduk ein Zimmerchen zu finden. Die Th�r dieser Zelle war aber so niedrig, dass ein grosser Jagdhund kaum ohne zu schl�pfen, w�rde Eingang gefunden haben, und wenn ich auch der L�nge nach mich ausstrecken konnte, so betrug die Breite doch kaum mehr als halbe K�rperl�nge. Statt der M�beln bestand der Fussboden aus gut gestampftem Lehm. Tarudant, zwei kleine Tagem�rsche vom Ocean, fast am Fusse des s�dlichen Atlasabhanges[139], dessen s�dliche Vorberge bis fast zur Stadt stossen, liegt auf dem rechten Ufer des Sus, ca. eine Stunde vom Flusse selbst entfernt. Was die Einwohnerzahl anbetrifft, so vergleicht Renou dieselbe mit der von Tanger oder Lxor, Hems� giebt dieselbe auf ca. 22,000 Seelen an, Lempriere, der selbst l�ngere Zeit in Tarudant lebte, spricht sich nicht dar�ber ans. Die Stadt k�nnte indess wohl 30-40,000 Einwohner haben. Nach Renou erlangte die Stadt erst Wichtigkeit im Jahre 1516, zu welcher Zeit Sch�rfa sie neu aufbauten und betr�chtlich vergr�sserten. Aber auch hier machte ich wieder die Erfahrung, wie wenig man sich auf die Aussagen der Eingebornen verlassen kann. Man hatte mir Tarudant geschildert als eine Stadt, die man nur mit Fes oder Marokko vergleichen k�nne, sowohl was Gr�sse, als auch was die Einwohnerzahl anbetr�fe. Ich fand den Umfang der Stadt nun allerdings gross, gr�sser als den von Fes, reichlich so gross wie den von Marokko, jedoch ist fast Alles, was innerhalb der Stadtmauer sich befindet, Garten. Diese Stadtmauer, in sehr verfallenem Zustande, hat durchschnittlich eine H�he von 20 Fuss und an der Basis 4 oder 6 Fuss, ihre Breite ist oben da, wo sie noch die urspr�ngliche H�he bewahrt hat, 2 Fuss. Sie bildet eine unregelm�ssige Linie, ohne Plan und Kunst angelegt. Alle 50 Schritte werden die Zickzacke von Th�rmen flankirt, die jedoch nicht h�her als die Mauer selbst sind. Was das Material anbetrifft, aus dem sie sowie alle H�user erbaut sind, so besteht dasselbe aus mit H�ckerling gemischtem und zwischen zwei Brettern gegossenem Lehm, kann also europ�ischen Gesch�tzen, keinen Widerstand leisten; auch Gr�ben sind nicht einmal vorhanden. [Fu�note 139: Leo, Marmol und Lempriere dr�cken die Entfernung der Stadt vom Atlas in Zahlen aus, ohne bedacht zu haben, dass der Fuss des Gebirges bei Tarudant nicht steil, sondern allm�lig sich absenkt, man also auch sagen k�nnte, Tarudant liege unmittelbar am Fusse des Gebirges.] Die Stadt ist ein einziger grosser Garten, nur nach dem Centrum dr�ngen sich die H�user, welche meist nur aus einem Erdgeschoss bestehen, mehr zusammen, und hier befinden sich auch die Buden und Gew�lbe, wo man arbeitet und verkauft, hier sind auch die Funduks. Moscheen giebt es eine grosse Anzahl, gr�ssere jedoch, die ein Minaret haben, nur f�nf. Die Hauptmoschee, Djemma-el-Kebira schlechtweg genannt, zeichnet sich durch nichts Besonderes aus. Den inneren grossen Hof derselben, in den man Orangen gepflanzt hat, umgeben ungemein plumpe S�ulen, die eben so unf�rmliche Bogen tragen. Die zweite Hauptmoschee, fast eben so gross, ist dachlos, von den �brigen ist keine bedeutend. Ebenso habe ich in der ganzen Stadt kein einziges nur etwas geschmackvolles Geb�ude gefunden. Einen eigentlichen besonderen Handelszweig hat die Stadt nicht, man lobt die Lederarbeiten und F�rbereien. Hauptgewerk ist Kupferschl�gerei, indess beschr�nkt sich das bloss auf Kessel, auf kleine Geschirre und Sachen, wie sie von den Eingebornen hergestellt werden k�nnen. Aber wie ausgedehnt diese Manufactur ist, geht am besten daraus hervor, wenn ich anf�hre, dass diese kupfernen Geschirre bis Kuka, Kano und Timbuktu ausgef�hrt werden. Und wie ergiebig m�ssen erst die Kupferminen in der N�he von Tarudant sein, wenn man bedenkt, auf wie primitive Art die Eingebornen dort eine solche Mine ausbeuten. Nach der Aussage der Eingebornen soll nicht nur dies Metall, sondern auch Gold, Silber, Eisen und Magneteisenstein in grosser Menge vorkommen. Alle �brigen Landesproducte sind wie in Agadir und im ganzen Sus-Lande sehr billig. Das Pfund Fleisch wird mit 2 Mosonen bezahlt, f�r eine Mosona erh�lt man 6-10 Eier und im Fr�hjahr noch mehrere. Bei der Beschreibung von Tarudant kann ich nicht unerw�hnt lassen, dass die einst so ber�hmten Zuckerplantagen heute nicht mehr existiren. Indess findet man in Marmol und Diego de Torres so glaubw�rdige Angaben, dass an der einstigen Existenz der Zuckercultur nicht gezweifelt werden kann. Als im 16. Jahrhundert die Dynastie der Sch�rfa Marokko neu umgestaltete, suchten sie vor allen Dingen sich in Tarudant festzusetzen. Es wurde Zucker um Tarudant gepflanzt und um einen Ausgangshafen f�r das Product zu gewinnen, unternahm der Scherif Mohammed die Belagerung von Santa Croce, damals den Portugiesen geh�rend. 1536 war dieser Hafen in den H�nden der Gl�ubigen. Ein Slami oder �bergetretener Jude hatte unter der Zeit M�hlen in Tarudant errichtet und von dem Augenblick an war der Handel mit Zucker, wie Marmol als Augenzeuge berichtet, der ergiebigste von allen marokkanischen Handelszweigen. Auch christliche Sklaven wurden nun zur Fabrikation von Zucker verwandt, und nicht nur aus Marokko oder aus den Sudanl�ndern kamen Leute nach Tarudant, um Zucker zu kaufen, auch Europ�er stellten sich ein, sobald sie erfuhren, dass man sie gut behandle. Der Ertrag ergab f�r den Sultan j�hrlich 7500 Metkal, eine f�r damalige Zeit grosse Summe. In welcher Zeit der Verfall des Zuckerbaues vor sich ging, habe ich nicht ergr�nden k�nnen, vielleicht wurden bei einer der so h�ufig in Marokko stattfindenden Revolten die Zuckerg�rten zerst�rt und nachdem nicht wieder angebaut. Aber die Erinnerung vom einstigen Zuckerreichthum in der Provinz existirt in Marokko heute noch. Ich musste mehrere Wochen in Tarudant bleiben und �berstand w�hrend dieser Zeit eine f�rmliche Krankheit, da ich fortw�hrend von Wechselfiebern gesch�ttelt war.--Den zweiten Tag nach meiner Ankunft liess mich der Kadi der Stadt rufen. Er unterwarf mich einem langen Examen, woher ich komme, warum ich in Tarudant sei, wohin ich gehen wolle, warum ich Mohammedaner geworden sei, u.s.w. Ich glaubte schon, da er immer sehr ernsthaft blieb, dass er mich trotz meiner gen�genden Antworten, als Sohn eines Christen ins Gef�ngniss senden w�rde, als er pl�tzlich die Unterhaltung auf die Medizin brachte und ein Mittel gegen Gichtschmerzen von mir verlangte. Zugleich wurde Thee servirt und ein gut zubereitetes Fr�hst�ck hereingetragen. Das Gespr�ch ging dann haupts�chlich auf die christliche Civilisation �ber, und ich sah mit Erstaunen im Kadi einen dem Fortschritte huldigenden Mann vor mir. Nach beendigtem Fr�hst�cke verabschiedete er mich, und sagte, er w�rde mich rufen lassen, damit ich in seiner Gegenwart die Medizin bereite. Am folgenden Tage gegen Abend musste ich zu ihm gehen, und da ich nichts Anderes zu thun wusste, so bereitete ich eine Kamphersalbe und liess ihn Einreibungen damit machen. Ich musste wieder Thee mit ihm trinken und zu Abend essen; beim Abschiede gab er mir ausserdem einen grossen Korb mit Datteln und einen kleineren mit Mandeln, dann eine Sch�ssel mit s�ssem Backwerke, das sehr gut zubereitet war und sich fast jahrelang h�lt. Obgleich die Datteln und Mandeln von der letzten Ernte und von ausgezeichneter G�te waren, so verkaufte ich doch den gr�ssten Theil derselben. Ich bekam f�r das Pfund Mandeln den f�r dortige Gegend hohen Preis von 6 Mosonat; es war Missernte f�r die Mandeln gewesen, denn in guten Jahren erh�lt man f�r Eine Mosona mehrere Pfunde. Am vierten Tage stellte sich mein Fieber heftiger als je ein, ich glaubte schon vom Typhus befallen zu sein; acht Tage musste ich meine H�hle h�ten. Ich nahm die letzte mir �brig gebliebene Dosis Chinin, genoss die ganze Zeit hindurch bloss Wasser und Brod und alle Tage einige Granat�pfel, die mir der Fundukbesitzer aus seinem Garten brachte. Mit einer ziemlich grossen Karavane brach ich sodann auf. Sie setzte sich aus etwa 20 Mann und 30 St�ck beladenen Maulthieren und Eseln zusammen. Die Leute selbst waren aus der Oase Draa. Vom Thaleb des Kadi war ich ihnen empfohlen und deshalb gut bei ihnen aufgenommen worden. Diese Art Karavanen rechnen von Tarudant acht Tagem�rsche, welche aber sehr stark sind; das Vieh wird dabei von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mit der gr�sstm�glichsten Eile vorw�rts getrieben. Es war also eine harte Tour f�r mich, da ich von den Fiebern mitgenommen, sehr ersch�pft war, und manchmal daf�r, dass ich mitgenommen wurde, und was Nahrung anbetrifft von den Eigenth�mern des Viehs freigehalten wurde, das Vieh mit treiben helfen musste. Den ganzen ersten Tag folgten wir dem Ued-Sus, der an beiden Seiten lachende G�rten bildet. Rechts und links hatten wir hohe Berge, doch ist die Kette im Norden wenigstens noch einmal so hoch, als die nach S�dwesten streichende, welche �berdies nur ein Zweig vom grossen Atlas ist. Gegen Mittag, wir marschirten immer in �stlicher Richtung, machten wir bei einem Dorfe der Beni-Lahia Halt; es wurde dort Markt abgehalten, und die Leute unserer Karavane wollten nun noch Getreide einkaufen, um es mit in ihre Heimath zu nehmen. Nach beendetem Einkauf ging es weiter. Ich weiss nicht, durch welchen Zufall es kam, dass der Theil der Karavane, bei dem ich mich befand, von dem anderen sich trennte, kurz, wir verloren den Weg und es war, glaube ich, Mitternacht, als wir das Dorf erreichten, wo die Anderen seit Abends campirten. Dazu hatten wir elende Wege gehabt, da das ganze Land von breiteren und schm�leren Rinnsalen, welche zur Bew�sserung des Bodens dienen, durchschnitten ist, in der Dunkelheit geriethen wir nun alle Augenblick in ein solches Wasser, oder auch ein Esel versank in den Schlamm und sein Herausziehen konnte nur mit M�he und Zeitverlust bewerkstelligt werden. Desto k�rzer war der folgende Tagesmarsch, wir mussten sehr bald in einem Dorfe Halt machen, weil vor uns zwei Volksst�mme sich bekriegten und dadurch die Gegend unsicher gemacht war. Sieben Tage mussten wir in diesem Orte liegen bleiben, fanden jedoch die gastlichste Aufnahme daselbst. Ich war mit vier Anderen in einem grossen Bauernhofe einquartiert und so war die ganze Karavane vertheilt. Endlich schienen die feindlichen Parteien Frieden gemacht zu haben und wir konnten aufbrechen, der Weg war offen. Wir folgten dem Ued-Sus, bis fast an seine Quelle, welcher Landestheil, wie �berall, den Namen Ras-el-Ued hat, und schlugen von da an eine s�d�stliche Richtung ein. So scharf markirt der s�dwestlich vom Atlas sich abzweigende Gebirgszug, vom Sus-Thale gesehen, sich ausnimmt, so wenig ist er es in der That, man k�mmt s�d�stlich fortgehend in keinen Gebirgszweig, sondern in ein zerrissenes Gebirge. Obschon man nun auch aus dem eigentlichen �berall culturf�higen Lande heraus ist, hat man doch noch die eigentliche Sahara nicht erreicht. Allerdings sind die Berge nackt und kahl, aber die Gegend ist �usserst abwechselnd, Wasser nicht selten und kleine Oasen auf Schritt und Tritt. Gegen Sonnenuntergang erreichten wir eine Oase, die erste echte Palmpflanzung, die ich zu sehen bekam (den Palmen in Marokko und Tarudant merkt man gleich an, dass sie eigentlich f�r den dortigen Boden und das Klima noch fremd sind), einige D�rfer lagen darin versteckt. Wir lagerten von jetzt an nie mehr im Dorfe, sondern immer im Freien, und suchten dann zu dem Ende ein zwischen Felsen liegendes sicheres Versteck auf. Auf diese Art marschirten wir 4 Tage immer in s�d�stlicher Richtung fort. Die Gegend bewahrte ihren eigenth�mlichen Charakter, nackte, kahle Felsen, von Bergen eingeschlossene Ebenen, ohne Vegetation, nur von Steinen bedeckt, hie und da eine Oase, welche sich schon von Weitem durch die hohen Palmen ank�ndigte, manchmal auch noch grosse Strecken mit Schih (Artemisia) bedeckt, Zeichen, dass wir die eigentliche Sahara noch nicht erreicht hatten, solche Bilder waren stets vor unseren Augen. Am f�nften Marschtage kamen wir, nachdem wir verschiedene Ebenen durchschritten hatten, an einen Bergpass, wie ich noch nie einen gesehen habe, und auch wohl kein �hnlicher auf der Erde existirt. Mit diesem Bergpass, oder vielmehr mit dieser Schlucht, die ebenfalls durchschnittlich in unserer Marschrichtung war, hatten wir zugleich das eigentliche Gebirge hinter uns. Diese Schlucht war etwa 5 Schritt breit, an beiden Seiten von senkrechten Marmorw�nden gebildet, und in derselben rieselte ein kleiner Bach mit reizenden gr�nen Ufern. Am Austritte der Schlucht gab der Bach Veranlassung zu einer Oase. Der Marmor, der sich in der Sonne spiegelte und stellenweise so glatt war, als ob er k�nstlich polirt w�re, gl�nzte in allen m�glichen Farben. Was das Interesse dieser einzigen Schlucht noch erh�hte, war, dass sich am Austritte oder am s�d�stlichen Ende derselben eine kohlensaure Quelle befand. Ich glaube, es giebt wohl kaum ein zweites an Kohlens�ure so reiches Wasser, wie dieses; dicke Blasen steigen fortw�hrend auf, und beim Trinken prickelte es Einem im Munde, als ob man Champagner tr�nke. Das Land, worin sich diese Schlucht und Quelle befindet, heisst Tassanacht, und die vom Fl�sschen gebildete Oase, Tesna[140]. Die Gegend war hier, wie auch sonst fast �berall, �usserst metallreich, ich fand auf dem Wege bei Tesna offen zu Tage liegend, Antimon-St�cke von 1-1/2 Zoll Dicke, reines, unvermischtes Metall. [Fu�note 140: Siehe Petermann's Mitteilungen 1865, Tafel 6.] Die n�chsten Tage gingen vor�ber, ohne dass sich etwas Besonderes ereignete, ich hatte jedoch grosse M�he, diese anstrengenden M�rsche mitzumachen, zumal mich eine ersch�pfende Diarrh�e, durch die ungewohnte Nahrung hervorgerufen, befallen hatte. Die Leute mischten n�mlich Mehl mit gestampften Datteln zu einem Teige, gossen etwas Oel hinzu, und roh wurde dies genossen, oder man ass auch, bloss mit Wasser vermischt, gestampfte Datteln. Dazu kam, dass wir manchmal sehr an Durst zu leiden hatten, denn die Thiere waren alle �berm�ssig beladen, so dass man f�r Wasser keinen Platz hatte. Die schlimmste Strecke war die letzte. Wir waren noch einen guten Tag vom Draa entfernt und lagerten Abends in einem �den Thale. Um den Ued-Draa am folgenden Tage fr�h zu erreichen, brachen wir um Mitternacht auf. Ungl�cklicher Weise waren meine Schuhe g�nzlich unbrauchbar geworden, die Sohlen waren abgefallen. Ich behalf mich damit, dass mir die Leute aus den Lederresten Sandalen zusammenflickten, welche mit Riemen an den F�ssen befestigt wurden. Ueberhaupt tragen s�dlich vom Atlas fast alle Leute Sandalen. F�r Einen, der nicht daran gew�hnt ist, ist es aber ein qualvolles Schuhzeug, da die Riemen gleich tief einschneiden. In der dunklen Nacht stiess ich nun jeden Augenblick gegen einen Stein, und es schien mir eine Ewigkeit bis die Morgenr�the anbrach. Als endlich der Tag anfing und wir fr�hst�ckten, hatten wir kaum das n�thige Wasser, aber die Aussicht, noch wenigstens einen halben Tagemarsch gehen zu m�ssen, ohne Hoffnung einen Brunnen oder Quelle anzutreffen. Gegen Mittag war mein Gaumen ganz trocken, und als wir endlich von Weitem die Palmen sahen, mit dem lachenden Gr�n der Orangen, Feigen, Granaten, Pfirsichen und Aprikosen darunter, glaubte ich, sie nicht erreichen zu k�nnen; erst um 4 Uhr Nachmittags waren wir im Dorfe Tanzetta, wo mehrere Leute unserer Karavane zu Hause waren. Mein Erstes war, meinen brennenden Durst zu l�schen, ich trank wenigstens 3 Liter Wasser auf ein Mal. * * * * * 15. Die Draa-Oase. Mordversuch auf den Reisenden. Ankunft in Algerien. * * * * * Vom ewigen Schnee des Atlas gespeist, hat der Ued-Draa, der l�ngste der marokkanischen Str�me, Veranlassung zu einer der sch�nsten Oasenbildungen gegeben, wie man sie �berhaupt nur in der Sahara findet. Denn nur da, wo �berirdisch immer rieselndes Wasser ist, bildet sich so �ppige Vegetation und gedeihen die Fruchtb�ume, die das gl�ckliche Klima des Mittelmeerbeckens hervorbringt. Und wenn man nach tagelangen M�rschen durch die steinigte und vegetationslose brennende W�ste, jenes lachende Gr�n erblickt, wie es sich frisch unter dem schirmenden Dache hochst�mmiger Palmen entwickelt, dann vergisst man fast die M�hen und Beschwerlichkeiten einer Fussreise durch die W�ste, denn man glaubt eine der Inseln der Gl�ckseligen erreicht zu haben. Der bewohnteste und fruchtbare Theil des Ued-Draa ist das vom Gebirge nach dem S�den zu laufende Flussthal, sobald der Draa nach dem Westen umbiegt, d.h. etwa unter dem 29� N. B. f�ngt er an unbewohnt und unfruchtbar zu werden. Es hat das seinen Grund darin, weil die vom Atlas kommenden Gew�sser _st�ndig_ nur bis zu dem Punkte fliessen, den atlantischen Ocean aber nur ein Mal im Jahr, nach der _grossen_ Schneeschmelze des Gebirges, erreichen. Ist der Draa-Fluss aus dem sonderbar geformten Gebirgslande, welches s�dw�rts vom Atlasgebirge, unabh�ngig von diesem, liegt, heraus, dann durchstr�mt er sein mehr oder weniger breites Thal, welches er sich selbst geschaffen hat. Aber auch hier sind die Ufer und B�nke des urspr�nglichen Flussthales manchmal so hoch, so sonderbar geformt, dass man, vom Flussbette aus gesehen, sie f�r zwei nach S�den streichende paralell laufende Gebirge halten k�nnte. Einmal und zwar ziemlich in der Mitte des von Norden nach S�den laufenden Flusses erhebt sich aber ein wirklicher Berg, der Sagora, auf dem _linken_ Ufer des Ued-Draa. Dass der grosse Debaya weiter nichts ist als ein Sebcha und nur zeitweise ein See genannt werden darf, wage ich Renou und Delaporte gegen�ber aufrecht zu erhalten. Renou sagt p. 180: "ce grand lac d'eau clouce est remplie de poissons et les indig�nes naviguent dessus et y font la p�che d'apr�s Mr. Delaporte."--Ich will nicht in Abrede stellen, dass der Debaya sich ein Mal im Jahre mit Wasser f�llt, ich will ebenfalls nicht bezweifeln, dass er zu der Zeit ohne Fische sei, dass er mit Schiffchen befahren werde, aber das dauert nur eine kurze Zeit, vielleicht nur einige Wochen; so rasch, so gewaltig die Gew�sser vom Atlas herabbrausen, so rasch und schnell eilen sie dem Ocean zu. Und wenn diese ausserordentlichen Schwemmungen den Debaya nicht mehr erreichen, so trocknet er rasch aus, wird Sebcha und zuletzt vielleicht weiter nichts als eine grosse Einsenkung. Es liegen ausserordentlich wenig sichere Nachrichten �ber die Draa-Gegend vor. Freilich als solche wird dieselbe schon im Mittelalter genannt. Aber darauf, dass man die Draa Landschaft _nennt_, h�chstens noch eine Ortschaft derselben notirt, beschr�nkt sich auch Alles. Leo hebt nur den Ort Beni-Sabih hervor, offenbar die grosse von mir besuchte Ortschaft Beni-Sbih in der s�dlichen Provinz Ktaua. Marmol f�hrt die Stadt Quiteoa (offenbar Ktaua) an, er nennt auch Tinzeda, welches wohl mein Tanzetta ist. Ferner nennt er die Oerter Taragale, Tinzulin (die Provinz Tunsulin von mir), Tamegrut, Tabernost, Afra und Timesquit (wohl Mesgeta). Delaporte kennt ebenfalls Quiteoa. Mouette nennt einen Berg, den Lafera oder den h�hlenreichen Berg, Marmol nennt diesen Berg Taragale oder Taragalt, und es ist dies jedenfalls der Berg, der mir von den Eingebornen als der Dj. Sagora bezeichnet wurde[141]. Es ist das das Haupts�chlichste, was vom Draalande bekannt war, denn Cailli� streifte auch nur die s�d�stlichste Umbugsecke des Thales, beim Orte Mimmssina. [Fu�note 141: Siehe Renou, Empire de Maroc, p. 175 u.f.] Das Draa-Land zerf�llt vom Norden nach dem S�den (ich spreche immer nur von dem bewohnten Theile, der sich nach S�den bis zu dem Punkte erstreckt, wo der Draa nach dem Westen umbiegend seinen Lauf �ndert) in f�nf Provinzen: die n�rdlichste Mesgeta, dann Tinsulin oder Tunsulin (Tinjulen), drittens Ternetta, viertens Fesuoata und endlich die s�dlichste und gr�sste Provinz Ktaua. Obschon in der Provinz Ternetta ein Kaid des Sultans residirt, also eine Regierung von Marokko aus eingesetzt ist, so existirt dieselbe bloss als nominal. Das Ansehen des Kaid und seiner Maghaseni geht wohl nicht �ber seinen Wohnort hinaus. Die ganze Gegend im Draa-Gebiete ist derart, dass jede einzelne Ortschaft unabh�ngig von der anderen ist, und jede Gemeinde durch ihren Schich dem die Djemma, (Versammlung der �ltesten und angesehensten M�nner) zur Seite steht, regiert wird. Selbst nicht einmal die einzelnen Provinzen haben eine eigene gemeinsame Regierung. Als Hauptort oder Hauptstadt des Draa-Landes kann man Tamagrut bezeichnen, aber auch nur insofern, als hier eine ber�hmte religi�se Genossenschaft, eine Sauya sich befindet. Aber keineswegs ist Tamagrut eine officielle Hauptstadt, auch nicht einmal was Einwohnerzahl anbetrifft die erste. Die gr�sste Ortschaft im Draa-Thale ist die in Ktaua gelegene Stadt Beni-Sbih. S�mmtliche Ortschaften sind mit einer hohen Thonmauer umgeben, einzelne haben auch noch mehr oder weniger breite und tiefe Gr�ben. Alle haben wenigstens eine Moschee, die gr�sseren auch mehrere. Die H�user, von gestampftem Thon erbaut, haben im Innern einen meist ger�umigen Hofraum, haben alle ein flaches Dach und meistens ein Erdgeschoss und ein Stockwerk. Im Erdgeschoss verwahrt man das Vieh, und oben halten sich die Menschen auf. Die Strassen in den Ortschaften sind schmal, staubig und voller Unrath, obwohl auch hier wie in Tafilet und Tuat �berall �ffentliche Latrinen zahlreich vorhanden sind. Die Palmg�rten, welche alle wohl eingefriedigt sind durch hohe Thonmauern, erhalten ihre Berieselung durch den ewig str�menden Ued-Draa, und da das Wasser sehr reichlich vorhanden ist, so hat man keine Zeitbestimmung �ber die Vertheilung des Wassers zu treffen n�thig gehabt. Die Datteln, welche in der Draa-Oase producirt werden, geh�ren zu den vorz�glichsten der ganzen Sahara, und da sie kein anderes Absatzgebiet daf�r haben als nach Marokko, das �berdies noch von Tafilet und Tuat und anderen kleinen Oasen seinen Dattelbedarf bezieht, so sind sie �usserst billig, in guten Jahren verk�uft [verkauft] man eine Kameelladung (ca. 3 Centner) f�r einen halben Thaler. Der Getreidebedarf muss indess von aussen bezogen werden, das was die Eingebornen bauen, reicht nicht hin sie zu ern�hren, obschon das ganze Jahr hindurch gepflanzt und geerntet wird. Es kommt das deshalb, weil ein groser [grosser] Theil der G�rten nur zum Gem�sebau, Kohl, R�ben, Carotten, Zwiebeln, Pfeffer, Knoblauch, Tomaten, Melonen etc. verwandt wird, und weil die gr�sste und sch�nste Provinz, Ktaua, derart von S�ssholz (Glycirrhiza) �berwuchert ist dass dies fast den ganzen fruchtbaren Boden unter den Palmen einnimmt. Das Thierreich bietet nichts Besonderes da, das Schaf ist in den s�dlichen Provinzen von Ternetta an ohne Wolle, Pferde, Esel, Maulthiere und Ziegen sind gut und von derselben Art wie in Marokko, Rinder sind sehr selten. Von V�geln hat man wild die Taube, Sperlinge, Schwalben, dann einen reizenden kleinen Vogel, ebenfalls zu den Sperlingen geh�rend, aber mit buntem Gefieder und h�bscher Stimme. Die Eingebornen nennen ihn Marabut (der Heilige) und man findet ihn frei, aber zahm in jedem Hause, jeder Oase s�dlich vom grossen Atlas. Was die Bev�lkerung anbetrifft, deren Zahl auf 250,000[142] Seelen sich belaufen kann, so nennt man sie Draui. Der Mehrzahl nach sind sie Berber: die Araber, vornehmlich Sch�rfa, leben nur vereinzelt in Ksors. Zu erw�hnen sind noch die in Palmh�tten lebenden Beni-Mhammed, reine Araber ihrer Abkunft nach, sie sind durchs ganze Draa-Thal zerstreut in kleinen Gemeinschaften von wenigen Familien anzutreffen. Auch einige Berberst�mme haben diese Art des Wohnens in Palmh�tten. W�hrend die Araber, welche diese Oase bewohnen, vorzugsweise Sch�rfa, Marabutin und vom Stamme der Beni-Mhammed sind, geh�ren die Berber fast alle der grossen Fraction der Ait-Atta an. [Fu�note 142: In Petermann's Mittheilungen ist die Zahl der Bev�lkerung in meinem Berichte zu 25,000 angegeben: ein Schreibfehler meines Manuscriptes.] Der Neger, der nat�rlich auch zahlreich vertreten ist, hat auf die _grosse_ Menge der Bev�lkerung wenig Einfluss gehabt, aber der Draaberber, wenn er es auch nicht liebt, sich mit dem Schwarzen zu vermischen, hat doch unmerklich Negerblut aufgenommen, dann haben Sonne und Staub das Ihrige dazu beigetragen der Hautfarbe eine dunkle F�rbung zu gehen. Die Schwarzen, welche man im Draa antrifft, sind meistens von Haussa und Bambara, auch Sonrhai-Neger sind nicht selten. Die in einigen Ksors ans�ssigen Juden leben hier nicht in derselben unterdr�ckten und ausgestossenen Weise wie im �brigen Marokko, obschon sie auch hier sich manche Vexationen gefallen lassen m�ssen. Sie sind hier weniger dem Handel zugethan, vertreten hingegen mehr den eigentlichen Handwerkerstand. B�chsenschmiederei, Blechschl�gerei, Tischlerarbeit, Schneiderei und Schusterei sind ihre haupts�chlichsten Besch�ftigungen. Und eben weil sie durch diese Handwerke den Draa-Bewohnern unentbehrlich geworden sind, werden sie weniger gequ�lt. Nach dem heiligen Ort Tamagrut d�rfen sie indess nicht hinkommen, nicht einmal den dort _ausserhalb_ der Stadt abgehaltenen Wochenmarkt besuchen. Aber damit sie die Strenge dieser Maassregel weniger f�hlen, hat man doch die R�cksicht gehabt, den Markttag f�r Tamagrut auf einen Samstag zu verlegen, Tag, wo es den Juden ohne das untersagt ist zu handeln und zu verkaufen. Ausser der Sprache bemerkt man, was das Aeussere (abgesehen nat�rlich von den Schwarzen) anbetrifft, zwischen den Draui keinen Unterschied, w�re dieser nicht, w�rde man glauben, das Land sei von einem Volke bewohnt. Die Lebensweise der Bewohner ist �usserst einfach. Morgens wird eine d�nne heisse und stark gepfefferte Mehlsuppe mit Datteln gegessen, Mittags und Nachmittags Datteln, wozu die Reichen ungesalzene Butter nehmen, auch Buttermilch dazu trinken, w�hrend der Arme bloss Wasser zum Trunk hat, und Abends ist Kuskussu die allgemein �bliche Kost. So lebt der Draui t�glich und Jahr aus Jahr ein. Tanzetta, Ort wo ich zuerst ankam, ist wie alle Ortschaften durch eine hohe Mauer umgeben und befestigt. N�rdlich dicht dabei liegt der nur von Sch�rfa (Abk�mmlinge Mohammed's) bewohnte Ort Alt-Tanzetta, und ausserhalb von Alt-Tanzetta ist eine Milha (Judenviertel). Eine halbe Stunde s�dlich von Tanzetta liegt der grosse Ort Sauya-Sidi-Barca, und dicht dabei erhebt sich der sonderbar geformte und unter den Draa-Bewohnern sehr ber�hmte Berg Sagora, ber�hmt, weil er eine H�hle enth�lt, in welcher in der Vorzeit die Christen einen grossen Schatz verborgen h�tten, den bis jetzt noch Niemand gehoben. Der Sagora bildet gerade die Mitte des Draa-Landes oder Draa-Thales (d.h. des von Nord nach S�d laufenden Stromtheiles), und er ist ein wirklicher Berg, nicht nur eine Erh�hung des Ufers. Nach einem Aufenthalte von acht Tagen brach ich von Tanzetta nach dem S�den auf, um nach dem ber�hmten Hauptorte, dem heiligen Tamagrut, Oertlichkeit, die nur eine kleine Tagereise s�dlich von Tanzetta liegt, zu kommen. Ich hatte Begleitung, was mir schon deshalb lieb war, da ich mich mit der berberischen Bev�lkerung gar nicht verst�ndlich machen konnte. Da eine ausserordentliche Hitze herrschte, machten wir den Weg in zwei Tagen, und blieben am ersten Tage in einem grossen Ksor, von Berbern bewohnt, Namens Alaudra. Der Weg folgte nicht den Kr�mmungen des Flusses, sondern lief gerade s�dw�rts, und so befanden wir uns bald in steiniger W�ste, bald in einem lachenden Thale. Mittags erreichten wir am anderen Tage Tamagrut, das sich nur durch seine Gr�sse, und dadurch, dass ein best�ndiger Markt darin gehalten wird, von den �brigen Ortschaften unterscheidet. Die Sauya, nach Sidi-Hammed-ben-Nasser genannt, ist eine der gr�ssten, die ich gesehen habe. Sidi-Hammed-ben-Nasser war ein ber�hmter Heiliger, aber kein Nachkomme Mohammed's. Daf�r hatte Allah ihm die Gabe verliehen, in der eignen Sprache der Thiere mit den Thieren sich unterhalten zu k�nnen (nach dem Glauben der Marokkaner konnte das vor ihm nur Sultan Salomon, dann Harun al Raschid und Djaffer sein Minister); aber leider hat diese grosse Gabe auf seine Nachkommen sich nicht vererbt. Wenigstens kann ich constatiren, dass die Urenkel weder mit dem Kameele, noch mit dem Pferde oder anderen Thieren sich unterhalten konnten. Ich habe an anderer Stelle entwickelt, dass die Mohammedaner einen grossen Vorzug vor uns Christen haben: dass ihre Heiligen schon h�ufig _bei Lebzeiten_ heilig gesprochen werden, dass ihre Heiligen heirathen d�rfen, dass die Kinder und Nachkommen solcher Heiligen _auch_ f�r heilig erachtet werden, ja, dass das Heiligsein bei den Mohammedanern _wachsend_ ist, d.h. dass die Nachkommen solcher Heiligen f�r heiliger erachtet werden, als die Vorfahren selbst. Aber hat man im Christenthum nicht ganz dasselbe. Sind auch die P�pste nicht fleischliche Nachkommen Christi, so folgt doch einer dem anderen als geistiger Erbe, und verfolgt man vom ersten Bischof in Rom, die zunehmende Macht und Heiligkeit bis zum letzten jetzt regierenden, der sich Gott gleich gestellt hat durch seine Unfehlbarkeit, so findet man, dass wir doch nicht so sehr hinter der anderen semitischen Schwesterreligion zur�ckstehen. Und ist es in den anderen christlichen Bekenntnissen nicht ebenso? Der derzeitige Besitzer der Sauya, Si-Bu-Bekr, ein Ur-Ur-Enkel des erw�hnten Heiligen, wurde denn auch f�r viel heiliger gehalten, als der Vorfahr selbst. Seine Familie war �brigens eine, die sich von jeher durch Fr�mmigkeit, durch Gelehrsamkeit in den Schriften, aber auch durch Glaubenseifer ausgezeichnet hatte. Ich begab mich sogleich in die Sauya, wo man mich zu Sidi Bu-Bekr f�hrte. Es war gerade die Zeit des �ffentlichen Empfanges, der ehrw�rdige Greis nahm daher bei der Menge der Leute, die von allen Seiten herbeigestr�mt waren, wenig Notiz von mir, sondern gab bloss Befehl mir ein Zimmer anzuweisen. Desto zuvorkommender empfingen mich seine beiden S�hne, ich musste mehrere Wochen bei ihnen bleiben und t�glich �berh�uften sie mich mit Aufmerksamkeiten aller Art. Als ich Sidi[143] Bu-Bekr einige Tage sp�ter meine Aufwartung machte, entschuldigte er sich, dass er mich nicht zuvorkommender empfangen, indem er nicht verstanden habe, dass ich von Europa (Blad-el-Rumi) k�me; er fragte, ob ich mit Allem zufrieden sei, und gab seinen S�hnen den Auftrag f�r mich zu sorgen. [Fu�note 143: Im eigentlichen Marokko w�rde man nur Si, nicht Sidi zu ihm sagen.] Diese Sauya kam mir gerade wie ein Kloster vor; die grossen von Bogeng�ngen umgebenen H�fe, in welche die Zimmerchen oder vielmehr die Zellen m�nden, die von l�nger verweilenden Reisenden, oder von Studenten und Schriftgelehrten, die hier ihren Studien obliegen, bewohnt werden; das ewige Beten und Ablesen des Koran, die wallfahrenden Leute, die t�glich kommen, um das Grab Sidi Hammed-ben-Nasser's zu besuchen, und ihre Gaben, die in Geld oder Sachen aller Art bestehen, zu den F�ssen des Marabuts legen, alles dies erinnert an unsere Kl�ster, nur ist hier die Pr�latur in einer Familie erblich, und zwar geht bei den Marabutin die W�rde nur auf den �ltesten Sohn �ber, w�hrend die �brigen S�hne, einmal aus dem elterlichen Hause ausgeschieden, in den gew�hnlichen B�rgerstand zur�cktreten. Bei den Sch�rfa geht die W�rde auf S�hne und T�chter �ber, ist dann nur erblich durch die S�hne. Ehe ich weiter reiste, begab ich mich nach Ktaua, um einige Notizen �ber den Handel mit dem Sudan zu erhalten. Ktaua, diese grosse selbstst�ndige Oase, hat allein f�r sich gegen 100 Ksors, die von Berbern, oder auch von Araber-Sch�rfa oder vom Stamme der Beni-Mhammed bewohnt sind. Ich ging zuerst nach dem grossen Orte Aduafil, ausschliesslich von Sch�rfa bewohnt. Von hier aus wird der haupts�chlichste Handel mit dem Sudan betrieben. Gold (in geringer Qualit�t), Elfenbein, Leder und Sklaven sind die haupts�chlichsten Gegenst�nde, welche man von dorther holt. An eignen Producten liefern indess die Draui den Schwarzen Nichts, sie k�nnen ihnen nur europ�ische Producte zuf�hren, denn das Kupfer, welches sich von Tarudant aus nach dem Sudan verbreitet, geht wohl zumeist �ber Tekna und Nun. Die Sklaven kauft man im Sudan zu den billigen Preisen von 15-20 Thaler, junge h�bsche und hellfarbige M�dchen sind jedoch theurer. In Fes und Marokko werden sie dann mit bedeutendem Gewinne abgesetzt, zu 100 bis 150 Thaler. Von Aduafil bis Timbuktu brauchen die Karavanen ca. 8 Wochen, die l�ngste wasserlose Strecke soll 10 Tage (nach Aussage der Eingebornen, jedoch halte ich das f�r �bertrieben) betragen. Ich blieb in Aduafil 14 Tage, und besuchte von hier aus auch die wichtigen Handelspl�tze und M�rkte Beni-Haiun und Beni-Sbih s�dlich gelegen. Dann begab ich mich nach Beni-Smigin, Ort, der am n�rdlichsten in Ktaua liegt, und nahm die Gelegenheit wahr, mit einer Karavane von hier nach Tafilet zu gehen. W�hrend man auf dem Wege von der Provinz Ternetta nach Tafilet die grosse Oase Tessarin antrifft, hat man von Ktaua aus nur w�stes Land. Man braucht f�nf Tage und h�lt immer Nordost-Richtung. Die W�ste ist indess auch hier nicht aller Vegetation bar, man trifft hin und wieder auf Akazien. Ich war froh, als ich am f�nften Tage Nachmittags von einer Felsanh�he die Palmen Tafilets erblickte. Vom Orte Beni-Bu-Ali, dem �stlichsten Ksor, auf den wir trafen, begab ich mich direct nach dem Hauptorte der Oase Abuam, und da ich ohne Bekannte war, ging ich direct in die grosse Moschee. Ich hatte mich, m�de wie ich vom Wege war, schlafen gelegt, fand mich aber unangenehm erweckt durch einen Fusstritt. Vor mir stand ein Scherif, er fragte, wer ich sei, wie ich hiesse, was ich wolle. Wie gew�hnlich antwortete ich, ich sei ein zum Islam �bergetretener Deutscher, Namens Mustafa (ich machte nie Hehl daraus, dass ich �bergetreten sei, und konnte das auch nicht, da ich zu der Zeit das Arabische noch sehr mangelhaft sprach). F�r uns Deutsche haben die Marokkaner das durch die T�rken den Arabern zugebrachte und aus dem Slavischen entlehnte Wort Nemsi. Aber mit dieser Erkl�rung war der Scherif nicht zufrieden. Wie �berhaupt durch die drohende N�he der Franzosen in Algerien, die Filali (Bewohner Tafilets) bedeutend misstrauischer gegen Fremde sind, so schien Misstrauen, Glaubenseifer, Religionsd�nkel und jesuitischer Fanatismus in diesem Scherif personificirt zu sein. Die �brigen Tholba wurden herbeigeholt, man wollte einen sichtbaren Beweis meines Islams haben, und als sie nach einigem Kopfsch�tteln erkl�rten, dass man in dieser Beziehung mir nichts vorwerfen k�nne, fingen sie trotzdem an, meine Kleider zu durchsuchen. Und um mein Ungl�ck voll zu machen, fanden sie einen alten Pass, den ich aufbewahrt hatte. Mit fanatischem Geheul wurde ich nun von diesen Zeloten nach Rissani, der officiellen Hauptstadt, wo der Kaid des Sultans residirt, geschleppt, und ich glaubte schon mein letztes St�ndchen sei gekommen, denn was ist gegen fanatische Glaubenseiferer zu machen. Fortw�hrend br�llten sie: "er ist ein Spion, er ist ein Sendling des christlichen Sultans", womit sie den Kaiser Napoleon der Franzosen meinten, "er ist gekommen, um unser Land auszukundschaften, zu verrathen und zu verkaufen."--So dumm sind n�mlich diese fanatischen Leute, wie ja �berhaupt Dummheit und Fanatismus immer Hand in Hand mit einander gehen, dass sie �berzeugt sind, ein einzelner Christ k�nne nur so ohne Weiteres ihr Land verkaufen. Gl�cklicherweise aber traf ich im Kaid des Sultans einen Mann, der schon irgendwo einen Pass gesehen haben musste, oder doch wusste, welche Bewandniss es damit hatte, aber auch er w�rde wohl kaum den wutschnaubenden Volkshaufen haben bes�nftigen k�nnen, wenn nicht zur rechten Zeit ein marokkanischer Prinz, nach der Meinung Vieler der rechtm�ssige Sultan von Marokko, herbeigekommen w�re: Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Sliman. Als n�mlich Sultan Sliman gestorben war, folgte nicht sein Sohn, sondern sein Neffe Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Hischam, und als dieser im Jahre 1859 starb, h�tte nach dem Herkommen der Aelteste der Familie und zwar Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Sliman folgen m�ssen. Sultan Abd-er-Rhaman hatte aber bei Zeiten daf�r gesorgt, dass sein Sohn Sidi Mohammed nachfolgen w�rde, und in der That fand im Herbste 1859 Abd-er-Rhaman-ben-Sliman den Thron besetzt. Da er sich bis dahin 16 Jahre in der Sauya Sidi Hamsa's, n�rdlich von Luxabi gelegen, verborgen aufgehalten hatte, um dem Dolche und Gifte seines Vetters zu entgehen, brach er Ende 1859, von einigen wenigen Getreuen begleitet, auf nach Fes, um sich des Thrones zu bem�chtigen. Aber schon hatte sich Bascha ben Thaleb und Kaid Faradji von Fes f�r den jetzigen Sultan erkl�rt, der lange Zeit vorher dort Chalifa gewesen war und sie durch reiche Geschenke an sich gezogen hatte. Wenig fehlte, so w�re der Sohn Sliman's mit seinen einigen hundert Reitern gefangen genommen. Dieser Mulei Abd-er-Khaman-ben-Sliman lebte jetzt in Tafilet, und ihm, in seiner Eigenschaft als Prinz und seinem unfehlbaren Charakter als Scherif--ihm war es ein Leichtes das tobende Volk zu bes�nftigen. Es k�nnte befremdend erscheinen, dass dieser ge�chtete und vom Throne ausgestossene Prinz so friedlich an der Seite des Kaids des Sultans stand, aber man muss bedenken, dass die Regierung von Marokko s�dlich vom Atlas nur eine Scheinregierung ist, und namentlich dieselbe in Tafilet gar keine Autorit�t besitzt. Der Prinz fasste f�r mich Freundschaft, und diese wuchs noch, als sich herausstellte, dass ich in der Campagne der Franzosen gegen die Beni-Snassen 1859 schon seinen �ltesten Sohn, der ebenfalls Abd-er-Rhaman hiess, kennen gelernt hatte. Derselbe war dahin gekommen, um die H�lfe des franz�sischen Generals Martimprey gegen seinen Verwandten, der den Thron von Fes usurpirt hatte, anzurufen; Martimprey lehnte selbstverst�ndlich jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten Marokko's ab. Ich blieb l�ngere Zeit bei dieser gastfreundlichen Familie, die f�r gew�hnlich in Marka, Provinz Ertib der Oase Tafilet[144], wohnt, und sodann bereitete ich mich vor, meine Reise zu vollenden. [Fu�note 144: Die Beschreibung von Tafilet ist in "Uebersteigung des Atlas etc.", Bremen K�htmann, 2te Auflage, und in Petermann's Mittheilungen, Jahrgang 1865.] Ich hatte im Laufe der Zeit durch Prakticiren wieder einiges Geld zusammengebracht, allerdings durch m�hsames Sparen, denn die �rztliche Praxis muss in Marokko und namentlich in den regierungslosen Theilen ganz anders ausge�bt werden, als bei uns. Namentlich muss sich der Arzt, der keine starke Sippe oder Verwandtschaft hinter sich hat, wohl h�ten, einem Patienten eine Medicin zum inneren Gebrauche zu verabfolgen, denn hat er das Ungl�ck sodann einen Kranken durch den Tod zu verlieren, so ist entweder die Medicin, oder der Arzt die Ursache davon gewesen; andererseits hat der Arzt aber von wirklich guter Medicin gar nicht einmal den erhofften Erfolg, denn gesundet ein Kranker, dann haben weder die Medicin noch der Arzt geholfen, sondern irgend ein Heiliger, auch wohl Mohammed, in seltneren F�llen Gott[145], dies Wunder bewirkt. Es ist daher am besten die Praxis so auszu�ben, wie es landes�blich ist: durch Feuer und Amulette. [Fu�note 145: In dieser Beziehung haben die Mohammedaner viel Aehnlichkeit mit den Katholiken: bei einem Wunder denken sie zumeist an einen Heiligen, seltener an ihren Propheten, in den seltensten F�llen an Gott.] Mit einer Karavane machte ich mich sodann auf den Weg und zwei Tage nach unserem Aufbruche von Ertib erreichten wir die nord�stlich davon gelegene Oase Budeneb. Wir blieben hier nur einen Tag, und am folgenden Tage Abends erreichten wir die Oase Boanan, den ganzen Weg hatten wir ebenfalls in nord�stlicher Richtung zur�ckgelegt. Mit einem Empfehlungsbriefe vom obengenannten marokkanischen Prinzen f�r den Schich der Oase versehen, kehrte ich bei ihm ein, und wurde auch gastfreundlich empfangen. Der Schich hiess Thaleb Mohammed-ben-Abd-Allah. Zehn Tage lang war ich sein Gast, und t�glich assen wir aus Einer Sch�ssel. Ich hatte dort einen so langen Aufenthalt, weil Thaleb Mohammed der Meinung war, ich solle nur mit einer gr�sseren Karavane weiter reisen, da je n�her der algerinischen Grenze, desto unsicherer der Weg sei. Zu der Zeit nun lebte ich noch in den Illusionen, wie man dieselben so h�ufig durch B�cher solcher Reisenden gen�hrt bekommt, die nur einen oberfl�chlichen Blick in das Leben der Mohammedaner geworfen haben und uns erz�hlen, wer mit einem Muselman aus Einer Sch�ssel gegessen habe, f�r heilig und unverletzlich gehalten werde. Zu der Zeit glaubte ich noch an die Heiligkeit des Gastrechtes. Und hierdurch unvorsichtig gemacht; liess ich eines Tages mein Geld sehen. Im Ganzen mochte ich ca. 60 franz�sische Thaler haben. Aber auch f�r einige Thaler marokkanisches Kleingeld war darunter, welches ich den Schich bat, gegen franz�sisches umzutauschen, da ich wusste, dass ersteres in Algerien keinen Cours hatte. Thaleb Mohammed wechselte, aber von dem Augenblick an musste er auch schon den Entschluss gefasst haben, mich zu ermorden. Jetzt war nicht mehr die Rede davon eine Karavane abzuwarten, er meinte nun, mit H�lfe seines Dieners, der ganz gut als F�hrer w�rde dienen k�nnen, k�nne ich auch ohne Karavane die nur zwei Tagem�rsche entfernte Oase Knetsa erreichen. Er f�gte noch hinzu, ich k�nne mich vollkommen auf seinen Diener verlassen, und der Preis f�r das F�hren, 8 Frcs., wurde von mir im Voraus bezahlt. Mit Freuden war ich auf den Voschlag [Vorschlag] eingegangen, denn nach mehr als zweij�hriger Anwesenheit unter diesen durch ihre Religion verthierten Menschen hatte ich die gr�sste Sehnsucht wieder unter Civilisation zu kommen. Ich fand es auch gar nicht auff�llig, als Thaleb Mohammed vorschlug, Abends abzureisen, da man in der Sahara ja so h�ufig die Nacht zu H�lfe nimmt, um der Sonne zu entgehen, und um vom Durste minder gequ�lt zu werden. So machten wir uns Abends auf den Weg, der F�hrer, ein Diener und ich. Es hatte sich n�mlich vom Draa her ein Pilger an mich angeschlossen, der gegen Kost, aber sonst ohne Lohn, in ein Dienstverh�ltniss zu mir getreten war. Nach einem Marsche von etwa 4 Stunden lagerten wir in der N�he eines kleinen Flusses und machten von trocknen Tamarisken-Aesten ein hoch und hell loderndes Feuer an, welches der F�hrer besonders gut im Brennen unterhielt, um damit seinem Herrn den Ort zu zeigen, wo wir gelagert w�ren. Mein Diener und ich beim Feuer ausgestreckt, waren bald eingeschlafen, ebenso schien der F�hrer sich der Ruhe hinzugeben. Ausser dass ich eine Pistole trug, hatte der Diener und ich keine Waffen, der F�hrer hatte einen Karabiner. Wie lange ich geschlafen, erinnere ich nicht. Als ich erwachte, stand der Schich der Oase dicht �ber mich gebeugt vor mir, die rauchende M�ndung seiner langen Flinte war noch auf meine Brust gerichtet. Er hatte aber nicht, wie er wohl beabsichtigt hatte, mein Herz getroffen, sondern nur meinen linken Oberarm zerschmettert; im Begriff mit der Rechten meine Pistole zu ergreifen, hieb nun der Schich mit seinem S�bel meine rechte Hand auseinander. Von dem Augenblick sank ich auch schon durch das aus dem linken Arm in Str�men entquellende Blut, wie todt zusammen. Mein Diener rettete sich durch Flucht. Als ich am folgenden Morgen zu mir kam, fand ich mich allein, mit 9 Wunden, denn auch noch, als ich schon bewusstlos dalag, mussten diese Unmenschen, um mich ihrer Meinung nach vollkommen zu t�dten, auf mich geschossen und eingehauen haben. Meine s�mmtlichen Sachen, mit Ausnahme der blutdurchtr�nkten Kleider, hatten sie weggenommen. Obgleich das Wasser nicht weit von mir entfernt war, konnte ich es nicht erreichen, ich war zu entkr�ftet, um mich zu erheben, ich versuchte mich hinzurollen, Alles vergebens, ich litt entsetzlich vom brennenden Durste. In dieser h�lflosen Lage blieb ich zwei Tage und zwei N�chte. Halb war mein Zustand wachend, halb ohnm�chtig. Ich hatte dann die schrecklichsten Visionen. Manchmal glaubte ich Leute zu sehen, und strengte nun alle Kr�fte an, um sie herbeizurufen, aber immer war es T�uschung. Mit dem Leben hatte ich vollkommen abgeschlossen. Haupts�chlich qu�lte mich die f�rchterlichste Angst von Hy�nen oder Schakalen angefallen und lebendig verzehrt zu werden. Denn diese Uebergangsgegend der Sahara ist besonders das Gebiet dieser feigen Raubthiere. Ich w�re ihnen eine vollkommen h�lflose Beute geworden. Endlich am dritten Tage kamen zwei Menschen. War es diesmal Wirklichkeit, oder wieder T�uschung? Nein, es waren Menschen, sie antworteten auf mein schwaches Rufen durch Winken, mit der Stimme. Es waren Marabutin der unfernen kleinen Sauya Hadjui. Ihre Freude mich lebend anzutreffen, war fast gr�sser als die meine. Ich stammelte nur "el ma, el ma!" (Wasser). Aber, dachte ich dann, ist ihre Freude auch aufrichtig? Sie hatten eiserne Hacken auf der Schulter, offenbar in der Absicht mich zu beerdigen, aber haupts�chlich waren sie wohl durch den Umstand hergezogen, der jedenfalls ruchbar geworden war: n�mlich dass man mir meine Kleidungsst�cke gelassen hatte, f�r die dortige so sehr arme Gegend immer noch ein sehr kostbarer Gegenstand. Und nun erkl�rten sie zwar freundlichst mich retten zu wollen, aber sie m�ssten nach dem zwei Stunden entfernten Hadjui zur�ckkehren, um behuf meines Transportes ein Maulthier zu holen. So entfernten sie sich wieder, und jetzt durchlebte ich erst die entsetzlichste Zeit. Diese vier Stunden, die ich jetzt allein zubrachte, kamen mir vor, wie eine nie enden wollende Ewigkeit. "Sie haben dich nur verlassen, um dich sterben zu lassen, und um, wenn du gestorben bist, sich deiner Kleidungsst�cke zu bem�chtigen", das war der Gedanke, der fortw�hrend durchgedacht wurde, nachdem ich soeben durch einen Trunk Wasser zu etwas erneuertem Leben gekommen war. Wie konnte ich �berhaupt nach einem solchen Mordversuche noch Glauben zu den dortigen Menschen haben. Da endlich h�rte ich Ger�usch, ich versuchte den Kopf zu erheben, ich sah ein starkes Maulthier, getrieben von mehreren Menschen, sich n�hern, meine Retter waren wieder da. Mit Vorsicht luden sie mich auf das Thier, was keine Kleinigkeit war, da mein linker Arm nur noch an Haut und Muskeln hing, meine rechte Hand auseinanderklaffte, mein rechter Oberschenkel ebenfalls durchschossen war. Das Bluten hatte schon l�ngst von selbst aufgeh�rt, es mussten sich Pfr�pfe gebildet oder die Ohnmachten das bewirkt haben. Wie lachte mein Herz, als ich die Palmen von Hadjui auftauchen sah, und doch wusste ich nicht, wie ich vor Schmerzen auf dem Maulthiere es w�rde aushalten k�nnen. Und die wenigen Palmen, die wenigen armseligen H�user[146] schienen mir ein Paradies zu sein. [Fu�note 146: Die Oase Hadjui ist nur eine ganz kleine von circa 100 Palmen bestandene Insel, mit etwa 50 Wohnungen.] Ich wurde nach der Wohnung des Schichs der Oase gebracht. Das Haus Sidi-Laschmy's war aber keineswegs gross, es bestand aus einem Vorzimmer, Aufenthaltsort f�r das Maulthier, f�r einen Esel und zwei Ziegen, dann kam ein gr�sseres Gemach, das als Wohnzimmer f�r die ganze Familie und zugleich als K�che diente. Daran stiess ein kleines Zimmer, Vorrathskammer, endlich waren oben zwei Mensa, d.h. R�umlichkeiten, die auf dem flachen Dache gebaut waren, und worin die beiden Br�der, denn Sidi-Laschmy bewohnte das Haus mit seinem j�ngeren Bruder Abd-er-Rhaman, mit ihrer resp. Frau schliefen. Man machte mir dicht neben der Feuerstelle mein Lager. Mein erster Wunsch war, nachdem ich etwas Mehlsuppe genossen hatte, nach einem Messer, und als man ein solches brachte, bat ich Sidi-Laschmy, mit einem herzhaften Schnitt meinen herabh�ngenden Arm abzuschneiden. Aber da kam ich schlecht an. "Das kann bei euch Christen Sitte sein," sagte der Marabut, "aber wir schneiden nie ein Glied ab, und da du, der H�chste sei gelobt, jetzt rechtgl�ubig bist, wirst du deinen Arm behalten." Mittlerweile hatten sie auch schon aus Ziegenfell eine Binde gen�ht, in welche St�be aus Rohr, um dem Ganzen Halt zu geben, eingezogen waren. Diese Binde wurde umgelegt, mit Thon umschmiert, und so eine Art festen Verbandes hergestellt. Der Arm wurde auf weissen W�stensand gebettet. H�tte man nicht vergessen gehabt, den Verband zu fenstern, so w�re er vollkommen gewesen. Die �brigen Wunden wurden einfach mit Baumwolle verbunden, welche von Butter, in welche man vorher Artemisia getaucht hatte, um sie aromatisch zu machen, durchtr�nkt war. Welch' wonniges Gef�hl hatte ich Abends, als ich mich unter Dach und Fach wusste, zwar hart gebettet, denn ich lag auf Stroh und war nur mit Teppichen bedeckt, aber doch in Sicherheit mit der Aussicht wieder hergestellt zu werden und noch leben zu k�nnen. Man hatte mir meine Kleidung vom Leibe geschnitten, um das Blut heraus zu waschen, aber w�hrend der Zeit befand ich mich in Adam's Kleidern, denn die Leute waren so arm, dass sie mir keine anderen verschaffen konnten. Ueberhaupt schien Hadjui einer der d�rftigsten Oerter zu sein, die Leute der Oase waren aber auch die gastfreundlichsten der Welt. Sie waren so arm, dass sie in der ganzen Ortschaft nicht einmal Weizen hatten, aber im Glauben, ich d�rfe ihre schwere Kost aus Gerstenmehl nicht geniessen, wurde f�r mich auf Gemeindekosten Weizen von einer anderen Oase gekauft. Auch Butter wurde f�r mich auf Gemeindekosten geholt, und die jungen Leute mussten dann und wann hinaus, um Strausseneier zu suchen, oder wo m�glich einen Strauss zu erlegen, damit ich animalische Kost bek�me. Es war r�hrend, wie die jungen M�dchen t�glich an mein Lager kamen, um mir frisch aufgesprossene Gerste zu bringen. In dieser an Gr�n so armen Gegend, wo Gem�se, wie R�ben, Zwiebeln und Kohl zu den feinsten und kostbarsten Gartentr�chten [Gartenfr�chten] gerechnet werden, verschm�ht man es nicht, das zarte Gras der Gerste zu geniessen.--Ja, fast erstickten mich im Anfange die Frauen durch ihre G�te: von dem Grundsatze ausgehend, dass der grosse Blutverlust nur durch grosse Quantit�ten von Nahrung zu ersetzen sei, waren in den ersten Tagen best�ndig zwei Frauen an meiner Seite damit besch�ftigt, mir grosse Klumpen Kuskussu in den Mund zu schieben, und ich, des Gebrauches meiner beiden H�nde zu der Zeit beraubt, musste es ruhig geschehen lassen. Endlich nach langem Schmerzenslager, um so unangenehmer deshalb, weil ich keine Kleidungsst�cke zum Wechseln hatte, konnte ich das Ende meiner Reise antreten. Die Wunden am K�rper, an den rechten Hand, der Schuss durchs rechte Bein waren geheilt, der zerschossen gewesene linke Arm hatte zwar durch Callusbildung um den zerschmetterten Oberarmknochen Festigkeit gewonnen, aber die Wunden waren offen und von Zeit zu Zeit eiterten Splitter[147] heraus. [Fu�note 147: Erst im Jahre 1868 war der Arm vollst�ndig geheilt, nachdem ich stets mit offenen Wunden, die Reise nach dem Tschad-See und die Expedition nach Abessinien damit zur�ckgelegt hatte.] Wir nahmen Abschied von einander und Sidi-Laschmy liess es sich nicht nehmen, mich bis zur grossen Ortschaft Knetsa zu begleiten. Auf dem Wege dahin haben die Beni-Sithe Minen mit Blei und Antimon, die sie bearbeiten. Knetsa mit einer Einwohnerschaft von ca. 5000 Seelen ist eine f�r dortige Gegend ber�hmte Sauya, indess ebenfalls nicht von Sch�rfa, sondern nur von Marabutin gegr�ndet. Die Schichs Sidi Mohammed-ben-Abd-Allah und Sidi Ibrahim sind die ansehensten. Da ersterer sich in Fes befand, stieg ich bei letzterem ab, f�r beide hatte ich Empfehlungsschreiben von Mulei Abd-er-Rhaman-ben-S�iman von Tafilet. Merkw�rdigerweise hatte mir n�mlich der Schich Thaleb Mohammed-ben-Abd-Allah von Boanan auf Bitten der Marabutin von Hadjui nicht nur meine Empfehlungsbriefe, sondern auch einen Theil meines Tagebuches zur�ckerstattet. Aber hartn�ckig den Mordanfall l�ugnend, behauptete er, diese Gegenst�nde dort gefunden zu haben, leider waren Croquis, sowie Notizen �ber Einwohner, Einwohnerzahl der Ortschaften und eine ganze Reihe von Berge-, Fl�sse- und Orts-Namen unwiederbringlich verloren. Ich wurde gut in Knetsa aufgenommen, aber auf meine Klage, mich zu unterst�tzen gegen Thaleb Mo-hammed-ben-Abd-Allah, erwiederte Sidi Ibrahim, Nichts thun zu k�nnen, da sie keine obrigkeitliche Regierung h�tten. In der That ist in diesen Gegenden von Regierung und Obrigkeit keine Spur vorhanden, das Faustrecht in der ganzen primitiven Bedeutung des Wortes herrscht �berall. Knetsa selbst liegt in einem breiten Ued gleichen Namens, der meist oberirdisch ohne Wasser ist, indess st�st [st�sst] man in geringer Tiefe auf eine Schicht desselben. Nach einigen Tagen Aufenthalt vernahm ich, dass eine Karavane von Tafilet nach Tlem�en den westlich einen Tagemarsch entfernt sich erstreckenden Ued-Gehr passiren w�rde; mit mehreren Gef�hrten brachen wir also von Knetsa auf. Unsere Richtung war den ganzen Tag �ber westlich, und nach einem f�r mich entsetzlich m�hevollen Marsche erreichten wir sp�t Abends den Gehr. H�tten an dem Tage die Gef�hrten mich nicht unterst�tzt, so w�re ich auf halbem Wege liegen geblieben; mein Schuhzeug war ganz zerrissen, meine Kr�fte aber so wenig hergestellt, dass ich alle paar hundert Schritt ausruhen musste. Und am Gehr angekommen, erfuhr ich, die Karavane w�rde gar nicht nach Tlem�en gehen, sondern nach dem Ued-Ssaura. Ich musste also nach Knetsa zur�ck, aber bald darauf traf ich denn auch Leute, die nach der Oase Figig reisen wollten. Sobald man Tafilet hinter sich hat, h�rt die eigentliche Sahara auf. Man hat alle Tage Wasser, Fl�sse, Brunnen und Ortschaften. Aber nirgends hat die Gegend einen eigenth�mlicheren, wild durch einander gemischten Charakter wie hier. Selbst in Abessinien, obschon dort die Berge m�chtiger und bedeutend h�her sind, man aber nur Berge hat, giebt es kaum wunderlichere Formen. So sieht man auf dem Wege zwischen Hadjui und Knetsa einen Berg, der vollkommen die Gestalt einer Kirche mit daneben stehendem Thurm hat, senkrecht aus der Ebene hervorragen. Als ich von Weitem diese eigenth�mliche Formation erblickte, glaubte ich zuerst, es sei eine alte kolossale Baute ehemaliger Christen. Hier ist denn auch die Heimath der Antilopen, Gazellen und Strausse, gr�ssere reissende Thiere sind sehr selten, Hy�nen, F�chse und Schakale h�ufig. Man braucht von Knetsa nach Figig drei Tagem�rsche, die aber t�chtig gemessen sind. Meine Gef�hrten gingen indess nur bis zum Orte Bu-Schar[148], einer kleinen Oase am Flusse gl. N., von den Uled Djerir bewohnt. Die Bu-Schar-Oase hat ausserdem noch zwei kleinere Ksors. Ich glaubte schon zu einem l�ngeren Aufenthalte verdammt zu sein, als sich ein Mann erbot, mich nach Figig bringen zu wollen, gegen den geringen Lohn von einem (franz�sischen) Thaler. Er hatte den Empfehlungsbrief des Scherif-Prinzen von Tafilet an Schich Humo-ben-Taher von Figig gelesen und meinte, der w�rde den Thaler zahlen. Mit diesem guten Manne, der noch dazu einen Schlauch Wasser und einige Lebensmittel trug, brach ich auf. Nach zwei harten Tagem�rschen sahen wir die dichten Palmw�lder der Oase Figig vor uns. Es ist dies die letzte Oase nach dem Norden zu, deren Datteln noch gesucht werden; alle von hier an n�rdlich gelegenen Oasen produciren wohl noch Datteln, jedoch von geringerer G�te. Renou t. IX, p. 120 f�hrt nach Carette noch Figig als eine von "Berbern bewohnte Stadt mit 400 bis 500 H�usern oder 2000 bis 2500 Einwohnern" an. Figig ist kein Ort oder keine Stadt, sondern eine ziemlich grosse, 3 bis 4 Stunden im Umfange haltende sehr fruchtbare Oase, mit acht Ksors, die alle befestigt sind, und fast fortw�hrend in Feindseligkeiten mit den ausw�rtigen Ortschaften oder unter sich selbst sind. Der Hauptort heisst Snaga, im SO der Oase gelegen, hier residirte auch Schich Humo-ben-Taher. Von den anderen Orten kann ich Maise, dann Hammam-Tachtani und Hammam-Fukkani (oberes und unteres Bad) nennen. Der Name deutet schon an, dass hier Thermalen sind, denn unter Hammam versteht der Araber immer "heisses Bad." Es d�rfte wohl nicht �bertrieben sein, wenn wenn [wenn] man die Gesammtbev�lkerung der Oase Figig auf 10,000 Seelen annimmt. Auch Juden wohnen in Snaga und Maise. Die Oase producirt ausser der Dattel s�mmtliche Fr�chte der Mittelmeerzone. Der Handel ist sehr lebhaft, Araber-Nomaden, besonders aus Algerien bringen Butter, Oel, Felle, Wolle, Schafe, Ziegen und Getreide, und holen daf�r Pulver, Kleidungsst�cke, Datteln, Waffen und Sklaven. [Fu�note 148: Ort, von Moula-Ah'med auf seiner Pilgerreise erw�hnt. S. Renou.] Leider konnte ich mein Versprechen, dem F�hrer einen Thaler zu geben, nicht halten. Schich Humo-ben-Taher nahm mich zwar sehr freundlich auf, aber einen harten Thaler f�r mich auszugeben, dazu war er nicht zu bewegen. Statt dessen rief er den armen Kerl, und ertheilte ihm seinen Segen, er meinte der Segen w�rde besser sein, als Geld. Betr�bt schlich der arme Mann von dannen, er nahm selbst Abschied von mir ohne Fluch und Verw�nschung, meinte nur, wenn ich das Geld gehabt h�tte, w�rde ich ihn wohl belohnt haben. Und darin hatte er nicht Unrecht, denn als ich sp�ter auf meiner zweiten Reise in der heiligen Stadt Uesan mit ihm zusammentraf, konnte ich ihm reichlich sein mir erwiesenes Gute zur�ckerstatten. Von Figig bis zur franz�sischen Grenze hat man noch einen starken Tagemarsch, nach einem mehrt�gigen Aufenthalt in Snaga brach ich mit einer grossen Karavane von Algerinern auf und mit Isch hat man die Grenze des Gebietes, das dem Namen nach zu Marokko geh�rt, hinter sich, und bald darauf ist man auf franz�sischem Grund und Boden. Ehe ich aber �ber Ain-Sfran, Schellala etc. und durch zahlreiche Duars nomadisirender Araber kommend, G�ryville, die s�dwestlichste von den Franzosen besetzte Stadt, erreichte, vergingen noch saure, mit starken Anstrengungen verkn�pfte Tage. Mit G�ryville aber hatten meine Leiden ein Ende. Herr Burin, Commandant des Ortes, dann der dortige Militairarzt, nahmen mich mit der offensten Gastfreundlichkeit auf, wochenlang wurde ich dort aufs liebevollste im Hospitale der Garnison verpflegt, und bald darauf bekam ich Briefe aus der Heimath, mein �ltester Bruder Dr. Hermann schickte die Mittel zur Weiterreise, und als ich dann, kurze Zeit sp�ter, in Algier selbst anlangte, brachte nach einigen Tagen der Dampfer eben diesen Bruder, der die weite Reise von Bremen nicht gescheut hatte, "den Wiedergefundenen" an sein treues Herz zu dr�cken. End of the Project Gutenberg EBook of Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise s�dlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet., by Gerhard Rohlfs *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUFENTHALT IN MAROKKO *** ***** This file should be named 15890-8.txt or 15890-8.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: https://www.gutenberg.org/1/5/8/9/15890/ Produced by Magnus Pfeffer, Robert Kropf and the Online Distributed Proofreading Team. This file was produced from images generously made available by the Biblioth�que nationale de France (BnF/Gallica) at http://gallica.bnf.fr. Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need, is critical to reaching Project Gutenberg-tm's goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at https://pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: https://www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.